Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 22. Dezember 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/7169 18. Wahlperiode 28.12.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/6943 – Geplante Verstärkung von Abschiebungen nach Afghanistan V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 28. Oktober 2015 erklärte der Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, Afghanistan stehe im laufenden Monat und auch im Verlauf des ganzen Jahres auf Platz zwei der Liste der Asyl-Herkunftsländer. Das sei inakzeptabel : „Wir sind uns einig mit der afghanischen Regierung, das wollen wir nicht. Es kommen auch zunehmend Angehörige der afghanischen Mittelschicht. Auch hier sind wir uns einig mit der afghanischen Regierung, dass die Jugend Afghanistans und die Mittelschichtfamilien in ihrem Land verbleiben und das Land aufbauen sollen.“ Deutsche Soldaten trügen dazu bei, Afghanistan sicherer zu machen. Es seien große Summen von Entwicklungshilfe nach Afghanistan geflossen . „Da kann man erwarten, dass die Afghanen in ihrem Land bleiben. Die Menschen, die als Flüchtlinge aus Afghanistan zu uns kommen, können nicht erwarten, dass sie in Deutschland bleiben können, auch nicht als Geduldete “ (www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/10/2015-10-28-demaizi %C3%A8re-statements.html). Der Bundesinnenminister Dr. Thomas de Mazière erklärte weiter: „Wir wollen, dass in Afghanistan das Signal ankommt: ‚Bleibt dort! Wir führen euch aus Europa […] direkt nach Afghanistan zurück!“ (www.bmi.bund.de/SharedDocs/ Kurzmeldungen/DE/2015/11/bundesinnenminister-auf-dem-sonderrat-derinnenminister -in-bruessel.html). Der Beschluss der Vorsitzenden der Regierungsparteien vom 5. November 2015 zu weiteren Maßnahmen in der Asylpolitik enthält unter anderem folgende Vereinbarung : „Wir wollen zur Schaffung und Verbesserung innerstaatlicher Fluchtalternativen beitragen und vor diesem Hintergrund die Entscheidungsgrundlagen des BAMF überarbeiten und anpassen. Dies ermöglicht auch eine Intensivierung der Rückführungen.“ Auf die Mündliche Frage 30 der Abgeordneten Ulla Jelpke nach der Aussage des afghanischen Flüchtlingsministers, der im Widerspruch zur oben zitierten Erklärung des Bundesinnenministers fast zeitgleich erklärt hatte, Deutschland solle mehr Flüchtlinge aufnehmen und keine Asylsuchenden nach Afghanistan abschieben , antwortete die Bundesregierung in der Fragestunde am 4. November 2015 (Plenarprotokoll 18/132), das sei eine „isolierte Einzelmeinung“, die sowohl Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7169 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode von der Bundesregierung als auch von der afghanischen Regierung zurückgewiesen würde. Die Nachrichtenagentur „epd“ berichtete am 16. November 2015 allerdings: „Die Regierung in Kabul bat Deutschland am Montag erneut, abgelehnte Asylbewerber nicht nach Afghanistan abzuschieben.“ In einem Bericht aus „DER SPIEGEL“ vom 12. November 2015 („Prekäre Sicherheitslage: Auswärtiges Amt zweifelt an Rückführung afghanischer Flüchtlinge“, vgl. www.spiegel.de/ politik/deutschland/fluechtlinge-rueckfuehrung-nach-afghanistan-kaum-moeglicha -1062500.html) heißt es wiederum, die afghanische Regierung sperre sich gegen die Rücknahme von Flüchtlingen, woran selbst Telefonate von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und Außenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier mit dem afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani nichts hätten ändern können. 1. Inwieweit ist die Aussage, die afghanische Regierung sperre sich gegen die Rücknahme von Flüchtlingen, zutreffend (bitte im Detail ausführen und im Einzelnen mit Datum auflisten, welche Kontakte welcher Regierungspersonen es mit der afghanischen Regierung mit welchem Ziel im Zusammenhang mit Abschiebungen gab)? 2. Welche Stellungnahmen von Seiten afghanischer Regierungsmitglieder hat es gegenüber der Bundesregierung im Zusammenhang mit möglichen Abschiebungen gegeben? Die Fragen 1 und 2 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Rückkehr von ausreisepflichtigen afghanischen Staatsangehörigen war Gegenstand insbesondere folgender Kontakte mit der afghanischen Regierung : Gespräch des afghanischen Flüchtlingsministers Balkhi mit Botschaftern der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) am 11. Oktober 2015 in Kabul Telefonat der Bundeskanzlerin mit Präsident Ghani am 16. Oktober 2015 Telefonat des Bundesministers des Äußeren mit Präsident Ghani am 30. Oktober 2015 Gespräch des Botschafters der Bundesrepublik Deutschland in Kabul mit dem afghanischen Außenminister Rabbani am 10. November 2015 in Kabul Gespräch des afghanischen Nationalen Sicherheitsberaters Atmar mit dem Bundesminister des Äußeren am 13. November 2015 in Berlin Gespräch des afghanischen Außenministers Rabbani und des afghanischen Flüchtlingsministers Balkhi mit Botschaftern der EU-Mitgliedstaaten am 14. November 2015 in Kabul Gemeinsames Schreiben der Botschafter von 7 EU-Mitgliedstaaten einschließlich Deutschlands sowie Norwegen an den afghanischen Außenminister Rabbani mit der Bitte um eine bessere Kooperation von Afghanistan bei Rückführungen Gespräche von Präsident Ghani (begleitet von Außenminister Rabbani, Ministerin für Arbeit, Soziales, Märtyrer und Behinderte Oryakhil, Nationaler Sicherheitsberater Atmar, Finanzminister Hakimi, Präsidentenberater Qayoumi und Präsidentenberater Nadery) mit der Bundeskanzlerin, dem Bundespräsidenten , dem Bundesminister des Äußeren und dem Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am 2. und 3. Dezember 2015 in Berlin. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7169 Die afghanische Regierung – zuletzt Präsident Ghani am 2. und 3. Dezember 2015 – hat in Gesprächen mit der Bundesregierung und auch öffentlich erklärt, dass Afghanistan sich an seine völkerrechtliche Verpflichtung zur Rücknahme eigener Staatsangehöriger halten werde. Gleichzeitig hat die afghanische Regierung darum gebeten, dass Rückführungen auf für Afghanistan verkraftbare Weise durchgeführt werden und dass die internationale Gemeinschaft sie bei der Bekämpfung von Fluchtursachen und der Wiedereingliederung von Rückkehrern unterstützt. 3. Inwieweit ist die Aussage zutreffend: „Die Regierung in Kabul bat Deutschland am Montag erneut, abgelehnte Asylbewerber nicht nach Afghanistan abzuschieben“ (epd vom 16. November 2015; bitte im Detail Ausführungen hierzu machen)? Der Bundesregierung liegen keine Informationen über eine solche Erklärung seitens der afghanischen Regierung vom 16. November 2015 vor. 4. Wie sind die Antworten auf die obigen Fragen vereinbar mit der Antwort der Bundesregierung in der Fragestunde vom 4. November 2015 (Plenarprotokoll 18/132) auf die Mündliche Frage 30 der Abgeordneten Ulla Jelpke, wonach die Aussage des afghanischen Flüchtlingsministers, Deutschland solle mehr afghanische Flüchtlinge aufnehmen und keine Asylsuchenden abschieben , als „isolierte Einzelmeinung“ dargestellt wurde, die sowohl von der Bundesregierung als auch von der afghanischen Regierung zurückgewiesen worden sei (bitte im Detail benennen, auf welchen Auskünften von Seiten der afghanischen Regierung diese Antwort beruhte)? Auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 wird verwiesen. 5. Trifft es zu, dass das Auswärtige Amt auf der Grundlage eines Lageberichts der deutschen Botschaft in Kabul Abschiebungen für kaum möglich hält, weil sich die Bedrohungslage in Afghanistan „dramatisch“ verschärft habe? Das Auswärtige Amt stellt in seinen Berichten, insbesondere im Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage, Tatsachen und Ereignisse dar. Wertungen und rechtliche Schlussfolgerungen aus der tatsächlichen Lage obliegen im Einzelfall den gemäß Aufgabenverteilung des Grundgesetzes für Entscheidungen über Abschiebungen zuständigen Innenbehörden der Länder, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie den Gerichten. a) Welche Einschätzungen enthält der interne Lagebericht diesbezüglich? Die Antwort der Bundesregierung zu Frage 5a ist gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und wird als separater Anhang versandt.* b) Wie schätzt das Auswärtige Amt gegenwärtig die Realisierbarkeit von Abschiebungen nach Afghanistan ein, und kann es dafür die Verantwortung tragen? Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. * Das Bundesministerium des Innern hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7169 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung heute die Ausdehnung der Taliban größer als zu Beginn des militärischen Eingreifens der NATO im Jahr 2001? Kann die Bundesregierung bestätigen, dass heute selbst in Landesteilen, die bislang als relativ sicher galten, die Bedrohung „rasant“ gewachsen und mit massiven Angriffen der Taliban zu rechnen ist (bitte ausführlich darstellen)? Die Präsenz und Kontrolle, über die die Taliban 2001 in Afghanistan verfügten, ist mit der heutigen Situation in keiner Weise vergleichbar. Damals kontrollierten die Taliban die große Mehrheit der urbanen Zentren und waren in der Lage, in Teilen des Landes ungehindert staatliche (Verwaltungs-) Strukturen auszubilden. Hingegen sind die urbanen Zentren durch die afghanische Regierung „ausreichend kontrollierbar“. Insgesamt leben dort heute schätzungsweise zwei Drittel der Gesamtbevölkerung. (Die Verwendung des Begriffes „ausreichend kontrollierbar “ erfolgt gemäß des Zentralerlasses des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) SE I 3, B-150/1, „Definition der Sicherheitslage in Afghanistan als Teil der Militärischen Nachrichtenlage“ (Anlage 6.1) vom November 2013 (Az 05-13-05) VS-NfD.) Dabei bleibt die Sicherheitslage weiterhin landesweit regional unterschiedlich ausgeprägt. Es gibt Regionen mit aktiven Kampfhandlungen und Gebiete, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist und die wirtschaftlich moderat prosperieren. Eine pauschale Bewertung der Sicherheitslage der afghanischen Zivilbevölkerung ist nicht möglich. Die in Teilen des Landes im Jahr 2015 zu beobachtende Verschärfung der – von der Sicherheitslage zu unterscheidenden – Bedrohungslage bezieht sich auf afghanische administrative Einrichtungen und Sicherheitsorgane des Landes sowie westliche Staatsangehörige, deutsche und verbündete Truppen, Personal und Einrichtungen der Vereinten Nationen oder Hilfsorganisationen (Regierungs-/ und Nichtregierungsorganisationen), da diese die erklärten Hauptziele der Militanz darstellen. a) Inwieweit ist aus Sicht der Bundesregierung die Stadt Kunduz als sicher zu betrachten, die kürzlich überraschend von den Taliban überrannt worden ist, obwohl dort beim Abzug der Bundeswehr von einer „Erfolgsgeschichte “ gesprochen worden war („Afghanistan: Die letzten Tage in Kunduz“, www.bundeswehr.de vom 14. Oktober 2013)? Die afghanischen Sicherheitskräfte konnten die Stadt Kunduz in der ersten Oktoberhälfte u. a. durch die Einnahme wesentlicher Regierungsgebäude am 3./4. Oktober wieder unter staatliche Kontrolle bringen. Die Sicherheitslage in der Stadt Kunduz wird als „ausreichend kontrollierbar“ bewertet. Verglichen mit der Ausgangslage 2001 hatte sich die Sicherheitslage und wirtschaftliche Entwicklung zum Zeitpunkt der Übergabe des dortigen Standorts der Bundeswehr an die afghanische Regierung 2013 deutlich verbessert. Die dort geleistete Aufbauarbeit trägt immer noch zum Lebensstandard der Bevölkerung bei. Die Präsenz staatlicher Sicherheitskräfte in der Stadt Kunduz ist stark. Die staatliche Infrastruktur wurde von den Taliban weitgehend zerstört und muss erst wieder aufgebaut werden. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7169 b) Inwieweit können nach Einschätzung der Bundesregierung andere Gebiete in Afghanistan als sicher vor überraschenden Einnahmen durch die Taliban gelten, und auf welcher Grundlage erfolgt diese Einschätzung? Die Sicherheitslage in Afghanistan ist landesweit regional unterschiedlich ausgeprägt . Die meisten urbanen Zentren, darunter fällt die Mehrzahl der Provinzhauptstädte , bleiben durch die afghanischen Sicherheitskräfte voraussichtlich „ausreichend kontrollierbar.“ Die Taliban werden weiterhin versuchen, staatliche Strukturen und Infrastruktur anzugreifen und diese Angriffe propagandistisch auszunutzen . Bisher ist es den afghanischen Sicherheitskräften immer wieder gelungen, diese Angriffe abzuwehren oder zurückzuschlagen. Zuverlässige Aussagen über die künftige Entwicklung der Sicherheitslage sind nicht möglich. 7. Wie sind diese Einschätzungen zur Lage in Afghanistan und die Einschätzung im Artikel aus „DER SPIEGEL“ genannten internen Bericht der Botschaft , die Situation werde „auf absehbare Zeit weiterhin auch echte Asylgründe hervorbringen“, vereinbar mit den Planungen des Bundesinnenministers , die Zuflucht aus Afghanistan zu begrenzen bzw. Abschiebungen dorthin auszuweiten? Zur Sicherheitslage in Afghanistan wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Wertungen und rechtliche Schlussfolgerungen aus der tatsächlichen Lage obliegen im Einzelfall den gemäß Aufgabenverteilung des Grundgesetzes für Entscheidungen über Abschiebungen zuständigen Behörden der Länder, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie den Gerichten. Im laufenden Jahr lag die Quote der positiv beschiedenen Anträge afghanischer Staatsangehöriger auf Asyl oder Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland bei 45 Prozent. 8. Inwieweit gibt es im Auswärtigen Amt Überlegungen, wegen der fehlenden Rücknahmebereitschaft von Flüchtlingen auf Seiten der afghanischen Regierung deutsche Entwicklungshilfe zu kürzen bzw. vom Verhalten der afghanischen Regierung in der Frage von Migration(sverhinderung) und Rückführung abhängig zu machen (bitte im Detail darlegen)? Wie in der Antwort zu den Fragen 1 und 2 dargelegt wurde, ist sich die afghanische Regierung der völkerrechtlichen Verpflichtung zur Rückübernahme eigener Staatsangehörigen bewusst. 9. Ist es zutreffend, dass es derzeit keine direkten Linienflüge nach Afghanistan gibt, und wenn ja, wie sollen verstärkte Abschiebungen nach Afghanistan organisiert und durchgeführt werden? Es gibt derzeit keine direkten Linienflüge von Deutschland nach Afghanistan. Für Rückführungen bestehen jedoch Linienflugverbindungen von Deutschland über Transitstaaten nach Afghanistan. Darüber hinaus besteht die grundsätzliche Möglichkeit , in Abhängigkeit vom Bedarf der Länder, Rückführungen mit Charterflügen zu planen und durchzuführen. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7169 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Wie soll es praktisch und sicherheitstechnisch erreicht werden, innerstaatliche Fluchtalternativen in Afghanistan zu schaffen und zu verbessern, um Abschiebungen intensivieren zu können? Hat die Bundesregierung hierzu neue Konzepte entwickelt oder anvisiert, oder will sie im Wesentlichen lediglich ihre bisherige Afghanistan-Politik fortführen (bitte gegebenenfalls ausführen)? Die Schaffung von Stabilität und Sicherheit in den verschiedenen Provinzen Afghanistans wird, wie bisher auch, künftig zu den Kernzielen des deutschen Engagements in Afghanistan gehören. Mit Ende der ISAF-Mission haben die Afghanischen Nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte die Sicherheitsverantwortung für Afghanistan übernommen. Die Bundesregierung unterstützt die Afghanischen Nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte bei der Wahrnehmung ihrer Verantwortung durch Ausbildung und Beratung im Rahmen der NATO-Mission Resolute Support. Nach der Zustimmung durch den Deutschen Bundestag am 17. Dezember 2015 wird sie die Verlängerung des Einsatzes der Bundeswehr mit einem erhöhten Kontingent von 980 Soldaten bis 31. Dezember 2016 beschließen. Die Bundesregierung strebt darüber hinaus eine verstärkte Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte bei der Bekämpfung von Schleuserkriminalität und Passfälschungen und eine stärkere Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrern sowie Berufsausbildung und Beschäftigungsförderprogrammen an. 11. Wo und für welche Flüchtlingsgruppen sieht die Bundesregierung derzeit sichere inländische Fluchtalternativen in Afghanistan, die es rechtfertigen können , Flüchtlinge nach Afghanistan abzuschieben, und inwieweit spielt es nach Ansicht der Bundesregierung dabei eine Rolle, ob die Betroffenen aus der jeweiligen Region kommen, ob sie dort eine sichere und menschenwürdige Unterkunft und Existenzgrundlage finden können, ob von ihnen vernünftigerweise erwartet werden kann, sich dort niederzulassen, und ob sie diese Region auch sicher und legal erreichen können (etwa von Kabul aus; bitte genau ausführen)? Zur Sicherheitslage in Afghanistan wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Rückführungen betreffen nur vollziehbar ausreisepflichtige afghanische Staatsangehörige und nicht afghanische (anerkannte) Flüchtlinge. Entscheidungen über Rückführungen erfolgen nach sorgfältiger Prüfung des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Bestehens innerstaatlicher Fluchtalternativen im jeweiligen Einzelfall einschließlich ihrer Erreichbarkeit und der Existenzmöglichkeit. 12. Inwieweit sind die Planungen zu verstärkten Abschiebungen nach Afghanistan unter Hinweis auf innerstaatliche Fluchtalternativen mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung zur Frage von sicheren Fluchtalternativen bzw. eines internen Schutzes in Afghanistan vereinbar (bitte ausführen)? Die obergerichtliche Rechtsprechung zu internen Schutzmöglichkeiten in Afghanistan ist über frei zugängliche Rechtsquellen einsehbar. Hierauf wird verwiesen. Die Fragen, ob eine Verfolgung oder die Gefahr eines ernsthaften Schadens überhaupt droht und falls ja, ob interner Schutz (§ 3e Asylgesetz [AsylG]) möglich ist, sind stets im jeweiligen Einzelfall zu prüfen. Hierzu ergehende gerichtliche Entscheidungen binden alle Beteiligten sowie die Ausländerbehörden der Länder (§§ 6, 42 AsylG). Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/7169 13. Inwieweit wurde das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bereits angewiesen, interne Hinweise oder entscheidungsleitende Vorgaben zu innerstaatlichen Fluchtalternativen in Afghanistan zu überprüfen oder zu ändern ? a) Inwieweit hat das BAMF entsprechende Änderungen in diesem Jahr bereits vorgenommen, bzw. wie lauten die jetzigen behördeninternen Vorgaben und Leitlinien zu dieser Frage? b) Inwieweit ist geplant, das BAMF zu einer geänderten Einschätzung, c) oder Praxis bezüglich dieser Frage anzuweisen, oder mit ihm eine andere Verfahrensweise zu besprechen (bitte möglichst konkret antworten)? Die Fragen 13 bis 13c werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Für die Entscheidungspraxis im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind die jeweiligen Herkunftsländerleitsätze (VS-NfD) maßgeblich. Die Herkunftsländerleitsätze stellen die Situation im Land im Hinblick auf die Durchführung des Asylverfahrens umfassend dar. In Bezug auf den aktuellen Lagebericht zu Afghanistan des Auswärtigen Amtes vom 6. November 2015 hat das BAMF die Herkunftsländerleitsätze zu Afghanistan angepasst. Es wird dabei stärker als bisher den Aspekten der innerstaatlichen Fluchtalternative im Herkunftsland unter Beachtung der Erreichbarkeit des Gebietes und der Existenzmöglichkeiten am Ausweichort Rechnung getragen. Diese Änderungen wurden durch das Bundesministerium des Innern gebilligt. Weitere Änderungen der Herkunftsländerleitsätze des BAMF zu Afghanistan sind derzeit nicht geplant, sie können aber jederzeit in Anpassung an geänderte rechtliche und/oder tatsächliche Umstände erforderlich werden. 14. Ist es zutreffend, dass sowohl vom BAMF als auch von den Verwaltungsgerichten die Frage, ob inländische Fluchtalternativen in Afghanistan bestehen, bereits jetzt regelmäßig geprüft wird, bevor sie einen Schutzstatus zusprechen , und welche Einschätzungen fachkundiger Bediensteter des BAMF liegen dazu vor, in welchem ungefähren Umfang derzeit bei afghanischen Asylsuchenden ein Schutzstatus mit der Begründung interner Fluchtalternativen versagt wird? Bereits kraft Gesetzes ist gemäß § 3e AsylG bzw. § 4 Absatz 3 i. V. m. § 3e AsylG vor einer beabsichtigten Schutzgewährung zu prüfen, ob interne Schutzmöglichkeiten bestehen. Im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 30. November 2015 wurden insgesamt 5 457 Entscheidungen über Erst- und Folgeverfahren aus dem Herkunftsland Afghanistan getroffen; davon wurden 631 Anträge als unbegründet abgelehnt. Eine statistische Auswertung der jeweiligen Ablehnungsgründe erfolgt nicht. Bei der Vielzahl der Asylentscheidungen können auch keine Schätzwerte abgegeben werden , bei wie vielen afghanischen Asylsuchenden ein Schutzstatus wegen angenommener interner Schutzmöglichkeiten nicht gewährt wurde. 15. Wie ist die Erklärung des Bundesinnenministers: „Wir wollen, dass in Afghanistan das Signal ankommt: ‚Bleibt dort! Wir führen euch aus Europa […] direkt nach Afghanistan zurück!“, die er mit den „in der Regel niedrigen Chancen auf eine Anerkennung der Schutzbedürftigkeit“ begründete (www.bmi.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2015/11/ bundesinnenminister-auf-dem-sonderrat-der-innenminister-in-bruessel.html), Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7169 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode damit vereinbar, dass die bereinigte Schutzquote bei afghanischen Asylsuchenden im zweiten Quartal 2015 78,4 Prozent betrug (Bundestagsdrucksache 18/5785, Antwort zu Frage 1b)? Die Bundesregierung legt bei ihren Bewertungen eine durchschnittliche Schutzquote von 44,9 Prozent für Afghanistan zugrunde. Maßgeblich sind die Asylbewerber, über deren Aufenthalt in Deutschland entschieden wird. Wer legal nach Deutschland einwandert oder humanitär schutzbedürftig ist, wird in Deutschland aufgenommen. Dies gilt uneingeschränkt auch für afghanische Staatsangehörige, die in ihrer Heimat Verfolgung oder unmenschliche und erniedrigende Behandlung fürchten müssen und nicht bereits anderweitig Schutz gefunden haben oder finden können. Angesichts des beispiellosen Zustroms von Flüchtlingen und Migranten nach Deutschland ist es gleichermaßen wichtig, dass Menschen, denen unter keinem Aspekt – auch nicht humanitär – ein Aufenthaltsrecht gewährt werden kann, in ihre Herkunftsstaaten zurückkehren. Bei uneingeschränkter Wahrung der Grundrechte und der Menschenwürde der betroffenen Personen müssen daher bestehende Ausreisepflichten konsequent durchgesetzt werden, wobei in Deutschland die freiwillige Rückkehr Vorrang vor der zwangsweisen Rückführung hat. Die zuständigen Behörden des Bundes und der Länder haben in jedem Einzelfall zu prüfen, ob ein Abschiebungsverbot vorliegt. Viele afghanische Staatsangehörige , gerade auch Angehörige von Minderheiten, erfahren daher Schutz in Deutschland. 16. Wie viele Abschiebungen nach Afghanistan gab es in den letzten Jahren (bitte nach Jahren differenziert darstellen), und inwieweit ist es vor diesem Hintergrund und angesichts der aktuell verschärften Sicherheitslage in Afghanistan realistisch, die Zahl der Abschiebungen nach Afghanistan intensivieren zu können (bitte ausführen)? Nach Kenntnis der Bundesregierung stellt sich die Zahl der Abschiebungen afghanischer Staatsangehöriger in ihr Heimatland wie folgt dar: Jahr Zahl der Abschiebungen 2011 12 2012 9 2013 8 2014 9 2015 (bis Oktober) 7 Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 17. Wie viele afghanische Staatsangehörige leben derzeit mit welchem Aufenthaltsstatus in Deutschland (bitte nach Geschlecht, Alter, Bundesländern, Status und Aufenthaltsdauer differenzieren), und wie viele dieser Personen sind jeweils vollziehbar oder bestandskräftig ausreisepflichtig? Zum Stichtag 31. Oktober 2015 lebten ausweislich des Ausländerzentralregisters 105 366 afghanische Staatsangehörige in Deutschland. Die weiteren Angaben können den nachstehenden Tabellen entnommen werden: Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/7169 unbefristete Aufenthaltsrechte befristete Aufenthalts - rechte Gestattung vollziehbar oder bestandskräftig ausreisepflichtig sonstiges (z. B. kein Status gespeichert ) insgesamt 15.087 39.462 28.265 7.654 14.898 darunter: nach Geschlecht männlich 8.522 21.780 20.435 6.400 11.059 weiblich 6.565 17.666 7.778 1.237 3.705 nach Alter unter 18 Jahre 1.023 11.264 9.258 2.912 7.591 18 Jahre und älter 14.063 28.198 19.006 4.742 7.298 nach Aufenthaltsdauer unter 6 Jahre 2.097 25.528 28.210 7.054 14.343 6 Jahre und länger 12.988 13933 54 600 555 Hinweis: in einigen Fällen sind im AZR Angaben zu Geschlecht, Alter oder Aufenthaltsdauer nicht erfasst worden nach Bundesländern unbefristete Aufenthaltsrechte befristete Aufenthaltsrechte Gestattung vollziehbar oder bestandskräftig ausreisepflichtig sonstiges (z. B. kein Status gespeichert ) Baden-Württemberg 845 2.214 1.900 818 1.034 Bayern 2.768 5.689 6.222 1.651 2.915 Berlin 345 1.426 1.747 169 1.334 Brandenburg 60 639 1.267 145 242 Bremen 107 417 260 85 38 Hamburg 2.879 7.788 2.340 487 288 Hessen 3.651 6.896 2.818 749 2.645 Mecklenburg-Vorpommern 35 770 691 287 81 Niedersachsen 968 2.456 1.017 556 1.294 Nordrhein-Westfalen 2.467 6.157 2.339 696 3.090 Rheinland-Pfalz 290 1.290 1.024 674 646 Saarland 29 540 227 162 124 Sachsen 217 715 1.906 199 365 Sachsen-Anhalt 12 195 899 132 247 Schleswig-Holstein 391 1.590 2.269 700 324 Thüringen 23 680 1.339 144 231 Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7169 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 18. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung dazu, aus welchen Gründen Abschiebungen rechtskräftig oder vollziehbar ausreisepflichtiger afghanischer Staatsangehöriger nach Afghanistan nicht oder nur in geringer Zahl vollzogen werden, und inwieweit könnte sich hieran in absehbarer Zeit etwas ändern (bitte ausführen)? Nach der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung sind die Länder für den ordnungsgemäßen Vollzug der Ausreisepflicht zuständig. Nach vorliegenden Kenntnissen der Bundesregierung gibt es Hindernisse bei der Ausstellung von Passersatzpapieren . Die zuständigen afghanischen Behörden stellen diese nur bei Freiwilligkeit oder bei Vorlage identitätsklärender Dokumente bzw. persönlicher Vorsprache des afghanischen Staatsangehörigen in den afghanischen Auslandsvertretungen aus. Für die Bundesregierung ist von zentraler Bedeutung, dass alle Instrumente eingesetzt werden, um die Zusammenarbeit mit Afghanistan im Bereich der freiwilligen Rückkehr, der Rückführung und Rückübernahme zu verbessern. Ferner ist es notwendig, die Wirksamkeit des Rückkehrsystems zu erhöhen und gleichzeitig die für die Rückführung zuständigen Länder wirkungsvoll zu unterstützen. Daher prüft die Bundesregierung weitere Unterstützungsmöglichkeiten bei der Wiedereingliederung und dem Aufbau von Rückübernahmekapazitäten, um die Rahmenbedingen für Rückführungen und freiwillige Ausreisen durch Absprachen mit der afghanischen Regierung zu verbessern, z. B. durch Erstunterbringung vor Ort und Reisebeihilfen für die innerstaatliche Weiterreise aber auch beim Aufbau von Kapazitäten für die Rückübernahme, um die afghanischen Behörden besser in die Lage zu versetzen, Rückübernahmeersuchen zügig zu bearbeiten und die Identifizierung eigener Staatsangehöriger zu erleichtern und zu beschleunigen. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333