Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 18. Dezember 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/7171 18. Wahlperiode 28.12.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Klaus Ernst, Susanna Karawanskij, Jutta Krellmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/6958 – Definition von produktivitätsorientierter und verteilungsneutraler gesamtwirtschaftlicher Lohnentwicklung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In der Wirtschaftspolitik wird regelmäßig darüber gestritten, welche gesamtwirtschaftliche Lohnentwicklung angemessen ist. Häufig wird, wenn von einer produktivitätsorientierten , kostenneutralen oder verteilungsneutralen Lohnentwicklung gesprochen wird, nicht genau definiert, was jeweils damit gemeint sein soll. So heißt es beispielsweise im Jahreswirtschaftsbericht 2014 der Bundesregierung: „Beschäftigung ist zu stärken, auch durch eine produktivitätsorientierte Lohnentwicklung .“ Und: „Gute Arbeit muss sich einerseits lohnen und existenzsichernd sein. Andererseits müssen Produktivität und Lohnhöhe korrespondieren, damit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erhalten bleibt.“ Und: „Die Bundesregierung setzt sich für leistungsgerechte Löhne und faire Arbeitsbedingungen ein“ (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Jahreswirtschaftsbericht 2014, goo.gl/ltr0Gh). Wie im Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung fehlt auch in den Ausführungen der Europäischen Kommission für das „System nationaler Ausschüsse für die Wettbewerbsfähigkeit“ eine Definition für eine angemessene gesamtwirtschaftliche Lohnentwicklung (vgl. European Commission, Completing Europe´s Economic and Monetary Union, A System of National Competitiveness Boards, 22. Juni 2015, goo.gl/RvrXyk). Aus der ebenda in einer Graphik abgebildeten Produktivitätsentwicklung geht beispielsweise nicht hervor, welcher Indikator genau herangezogen wurde. Die Europäische Kommission verweist dort auf die große Bedeutung der Entwicklung des realen effektiven Wechselkurses innerhalb der Europäischen Währungsunion und bildet hierzu die Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen nominalen Lohnstückkosten (gesamtwirtschaftliche Lohnentwicklung im Verhältnis zur Produktivitätsentwicklung) ab, allerdings wiederum ohne darauf explizit hinzuweisen. Die besondere Bedeutung dieser Entwicklung liegt nach Auffassung der Europäischen Kommission darin, dass die Länder, die eine gemeinsame Währung haben, nicht den Wechselkurs benutzen können, um Ungleichgewichte auszugleichen: „This is particularly important in common currency areas, since countries which share a currency cannot use the exchange rate to adjust imbalances.“ Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7171 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode In der Empfehlung des Rates zur Errichtung nationaler Ausschüsse für Wettbewerbsfähigkeit im Euro-Währungsgebiet heißt es hierzu: „Eine Koordinierung politischer Maßnahmen, die sich auf die Dynamik der Wettbewerbsfähigkeit auswirken , wäre hilfreich, wenn sichergestellt werden soll, dass die Entwicklungen im Bereich der Wettbewerbsfähigkeit mit dem Ziel eines reibungslosen Funktionierens der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) vereinbar sind.“ Dort heißt es: „Vom Mandat der Ausschüsse abgedeckt werden sollten Themen wie die Lohndynamik …“ (vgl. Bundesrat, Unterrichtung durch die Europäische Kommission , Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Einrichtung nationaler Ausschüsse für Wettbewerbsfähigkeit im Euro-Währungsgebiet, Bundesratsdrucksache 503/15, 22. Oktober 2015, goo.gl/qnl0Zf). Entsprechend bedeutsam ist eine unmissverständliche Definition für die gesamtwirtschaftliche Lohnentwicklung. Nach dem aufgezeigten Stand wird jedoch nicht einmal deutlich, ob die Bundesregierung und die Europäische Kommission auf die gesamtwirtschaftliche Produktivitäts- und Lohnentwicklung abstellen oder auf die betriebliche. Drei Definitionen sind zur Klärung des Sachverhalts von Bedeutung: Die Zuwachsrate der in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ausgewiesenen Lohnindikatoren – Bruttolöhne und Gehälter je Arbeitnehmer bzw. Bruttolöhne und Gehälter je Arbeitnehmerstunde oder auch das Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmerstunde – soll der Zuwachsrate der Produktivität je Erwerbstätigen oder je Erwerbstätigenstunde entsprechen (kostenneutrale Lohnentwicklung) oder der Zuwachsrate der Produktivität je Erwerbstätigen oder je Erwerbstätigenstunde plus der Zuwachsrate der nationalen Verbraucherpreise oder des Harmonisierten Verbraucherpreisindexes (HVPI) (verteilungsneutrale Lohnentwicklung I) oder der Zuwachsrate der Produktivität je Erwerbstätigen oder je Erwerbstätigenstunde plus dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB), von unter , aber nahe 2 Prozent (verteilungsneutrale Lohnentwicklung II) entsprechen. 1. Welche gesamtwirtschaftliche Lohnentwicklung hält die Bundesregierung gemäß den drei genannten Definitionen für angemessen (bitte begründen)? 2. Welche der drei genannten Definitionen legt die Bundesregierung zugrunde, wenn sie von einer „produktivitätsorientierten Lohnentwicklung“ spricht oder davon, dass „Produktivität und Lohnhöhe korrespondieren [müssen]“? Oder geht die Bundesregierung, anders als in den genannten Definitionen, von der Produktivitätsentwicklung auf betrieblicher Ebene aus? 3. Strebt die Bundesregierung eine produktivitätsorientierte bzw. kostenneutrale Lohnentwicklung oder eine verteilungsneutrale Lohnentwicklung an, und wenn ja, welche der drei genannten Definitionen legt sie hierfür zugrunde ? Die Fragen 1 bis 3 werden aufgrund ihrer engen thematischen Nähe im Zusammenhang beantwortet. Die Bundesregierung verfolgt wegen der grundgesetzlich geschützten Tarifautonomie weder lohnpolitische Ziele noch macht sie lohnpolitische Vorgaben. Die Bundesregierung strebt deshalb auch keine bestimmte gesamtwirtschaftliche Lohnentwicklung nach einer der drei Definitionen an. Wenn sie sich wie im Jahreswirtschaftsbericht 2014 für eine produktivitätsorientierte Lohnentwicklung ausspricht oder dafür, dass Produktivität und Lohnhöhe korrespondieren müssen, Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7171 dann spricht sie in allgemeiner Weise den Zusammenhang von Lohnentwicklung und Wettbewerbsfähigkeit an. Es ist Sache der Tarifpartner, die Entwicklung von Lohnhöhe und Produktivität unter Beachtung struktureller Unterschiede in Branchen und Unternehmen so auf-einander abzustimmen, dass sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erhalten und gestärkt wird. Dazu sind Beschäftigungsstand , Arbeitslosenquote sowie Lohn- und Produktivitätsniveau im jeweiligen Ausgangszeitpunkt zu berücksichtigen. Auch allgemein gilt, dass Darstellung und Bewertung von Lohn- und Produktivitätsentwicklungen – unabhängig vom gewählten Indikator – entscheidend von der Wahl des Ausgangszeitpunkts der Analyse abhängen. 4. Welche der drei genannten Definitionen erachtet die Bundesregierung für sinnvoll bzw. notwendig, um das Inflationsziel der EZB von unter, aber nahe 2 Prozent zu erreichen bzw. einzuhalten, um Wettbewerbsverzerrungen und damit verbundene außenwirtschaftliche Ungleichgewichte innerhalb der Europäischen Währungsunion zu vermeiden (bitte begründen)? Ob die Lohnentwicklung vor dem Hintergrund der Produktivitätsentwicklung in einem Mitgliedstaat mit dem Ziel der Preisniveaustabilität der EZB kompatibel ist bzw. dazu beiträgt, Wettbewerbsverzerrungen und außenwirtschaftliche Ungleichgewichte zu vermeiden, hängt immer entscheidend von der Ausgangslage und vom Ausgangszeitpunkt der Betrachtung ab. Insoweit wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 3 Bezug genommen. 5. Welche der drei genannten Definitionen legt die Europäische Kommission nach Kenntnis der Bundesregierung zugrunde bzw. strebt sie eine produktivitätsorientierte oder verteilungsneutrale gesamtwirtschaftliche Lohnentwicklung gemäß den genannten Definitionen an? Oder geht die Europäische Kommission nach Kenntnis der Bundesregierung, anders als in den genannten Definitionen, von der Produktivitätsentwicklung auf betrieblicher Ebene aus? Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse darüber, von welchen Definitionen die Europäische Kommission in ihren internen Analysen ausgeht. Im Rahmen des makroökonomischen Ungleichgewichteverfahrens kommt ein Scoreboard zum Einsatz, in dem u. a. die Veränderungsraten der nominalen Lohnstückkosten dargestellt werden. 6. Welche der drei genannten Definitionen gesamtwirtschaftlicher Lohnentwicklung im „System nationaler Ausschüsse für die Wettbewerbsfähigkeit“ wird nach Kenntnis der Bundesregierung seitens der Europäischen Kommission empfohlen bzw. für allgemein verbindlich erklärt? Die Europäische Kommission hat in Mitteilung COM (2015) 601 die Einrichtung nationaler Ausschüsse für Wettbewerbsfähigkeit vorgeschlagen, die u. a. Informationen für Lohnbildungsprozesse bereitstellen sollen. Die Bundesregierung lehnt jeden Eingriff in die nationalen Lohnfindungsprozesse unmissverständlich ab. Im Übrigen enthält der Vorschlag keine Definition gesamtwirtschaftlicher Lohnentwicklung. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333