Deutscher Bundestag Drucksache 18/719 18. Wahlperiode 06.03.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. Dietmar Bartsch, Dr. André Hahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/467 – Stärkung der gesellschaftlichen Initiativen gegen Rechtsextremismus Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD ist unter anderem die Stärkung der Bekämpfung des Rechtsextremismus vereinbart. Dazu soll auch die Verstetigung zivilgesellschaftlicher Programme und die Aufstockung der Haushaltsmittel gehören. Die Verstetigung der Förderung und die Bereitstellung höherer Projektmittel ist ein wichtiges Anliegen, das seitens der Fragesteller schon seit langem gefordert wird. Im Koalitionsvertrag werden aber weder Zeitrahmen noch konkrete Zahlen genannt. Die Fragesteller halten es für erforderlich, die Mittel mindestens zu verdoppeln und diese Verdoppelung bereits für das Jahr 2014 vorzunehmen. Etwaige Stärkungen staatlicher Akteure bzw. der Bundeszentrale für politische Bildung dürfen nicht zu Lasten einer Verdoppelung der Haushaltsmittel für die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen gehen. 1. Wie genau will die Bundesregierung der Ankündigung im Koalitionsvertrag , die Bekämpfung des Rechtsextremismus strategisch, strukturell und materiell zu verstärken, nachkommen (bitte soweit wie möglich Absichten und Zeitpläne angeben)? 2. Was genau versteht die Bundesregierung unter einer „Bündelung“ der „Extremismusprävention “? Sollen die verschiedenen Programme in diesem Bereich zusammengefasst werden, und/oder will die Bundesregierung die Verantwortung für die Präventionsprogramme an einer Stelle bündeln, und wenn ja, an welcher? 3. Will die Bundesregierung die Präventionsprogramme weiterhin unter dem Stichwort „Extremismus“ führen und damit eine begriffliche Gleichsetzung Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 3. März 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. unterschiedlicher Phänomene fortführen, oder will sie hier zu einer neuen Schwerpunktsetzung kommen, und wie soll diese aussehen? Drucksache 18/719 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Will die Bundesregierung die bestehenden Programme in ihrer inhaltlichen Konzeption fortführen, und wenn es zu Neukonzeptionierungen kommen soll, bis wann will die Bundesregierung diese erarbeitet haben? a) Will die Bundesregierung das Programm „Toleranz fördern – Demokratie stärken“ fortführen oder in ähnlicher Form neu auflegen? b) Will die Bundesregierung das Programm „Initiative Demokratie Stärken “ fortführen oder in ähnlicher Form neu auflegen? c) Will die Bundesregierung das Programm „Zusammenhalt durch Teilhabe “ fortführen oder in ähnlicher Form neu auflegen? 6. Inwiefern sollen jene Programme, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen, „weiterentwickelt“ werden, und welche Programme sind dies im Einzelnen? 7. Plant die Bundesregierung bei der zukünftigen Gestaltung der Präventionsprogramme eine finanzielle Beteiligung der Bundesländer, und hat es dazu bereits Gespräche mit den Ländern gegeben, bzw. sind solche Gespräche geplant? 11. Welche weiteren Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um den „Einsatz für Demokratie und gegen Extremismus“ zu einer ressortübergreifenden Gesamtstrategie zu entwickeln? Die Fragen 1 bis 3, 5 bis 7 und 11 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Wie im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD festgelegt, wird die Bundesregierung ziviles Engagement und demokratisches Verhalten sowie den Einsatz für Vielfalt und Toleranz weiterhin stärken. Bei der Weiterentwicklung der aktuellen Bundesprogramme soll Neues mit Bewährtem verknüpft werden. Näheres dazu wird derzeit in den beteiligten Ressorts abgestimmt. Um die Extremismusprävention der Bundesregierung zu optimieren, ist darüber hinaus eine weitere Verbesserung der Zusammenarbeit der beteiligten Ressorts vorgesehen, so dass eine Bündelung der Anstrengungen im Wege der Durchführung einer ressortübergreifenden Gesamtstrategie erfolgt. Bei der Fortführung des Programms „Zusammenhalt durch Teilhabe“ überträgt die Bundesregierung in der aktuellen Programmphase (2013 bis 2016) erprobte Projektkonzepte auf ausgewählte Trägerstrukturen in den westdeutschen Bundesländern und bietet verschiedene Qualifizierungsmöglichkeiten bundesweit an. Das Programm wird auf der Grundlage der begleitenden Programmevaluation kontinuierlich weiterentwickelt. 4. Was genau versteht die Bundesregierung unter dem Begriff „verstetigen“, und ist dies synonym zu verstehen mit der Ankündigung, die bestehenden Programme würden „langfristig finanziell sichergestellt“? a) Was genau bedeutet „Langfristigkeit“ in diesem Zusammenhang? b) Inwiefern ist beabsichtigt, auch solche Programme langfristig finanziell sicherzustellen, die erst noch beginnen, und welche Konditionen sind hierfür vorgesehen? Im Koalitionsvertrag wird die Absicht beschrieben, die Präventionsprogramme zur Extremismusprävention zu verstetigen und dafür die notwendigen finanziellen Mittel dauerhaft zur Verfügung zu stellen. Unter dem Begriff „verstetigen“ ist die grundsätzliche Fortführung der bestehenden Programme zu verstehen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 3, 5 bis 7 und 11 verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/719 8. Wie will die Bundesregierung ihrer Ankündigung, die Haushaltsmittel für die Programme aufzustocken, nachkommen? a) Welchen Ansatz will die Bundesregierung im Haushalt 2014 anstreben (bitte nach jeweiligen Ressorts getrennt darstellen und Vergleichszahlen für das Jahr 2013 angeben)? b) Inwiefern soll es in den Folgejahren weitere Steigerungen geben, und welche Mittel sind jeweils vorgesehen? c) Beschränkt sich die Absicht, die Haushaltsmittel aufzustocken, auf Projekte gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, und wenn nein, inwiefern sollen sie auch hinsichtlich des Djihadismus und des sogenannten Linksextremismus aufgestockt werden? Nach den aktuellen Planungen der Bundesregierung ist – vorbehaltlich der Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers – eine Erhöhung der Mittel im Titel des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) „Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie“ (Kapitel 17 02, Titel 684 04) auf 30,5 Mio. Euro vorgesehen. Diese Aufstockung ist für den Bereich der Rechtsextremismusprävention vorgesehen, der damit im Vergleich zum Haushaltsjahr 2013 um 1,5 Mio. Euro aufgestockt würde. Dies wäre der höchste Betrag, der seit dem Beginn der Programme zur Rechtsextremismusprävention seitens des Bundes zur Verfügung gestellt wurde. Für das Programm des Bundesministeriums des Innern (BMI) „Zusammenhalt durch Teilhabe“ setzt die Bundesregierung in der aktuellen Förderperiode 2013 bis 2016 nach aktuellen Planungen 24 Mio. Euro, d. h. jährlich 6 Mio. Euro, ein. Das regierungsinterne Aufstellungsverfahren zum Haushalt 2014 (zweiter Regierungsentwurf ) dauert an. Anschließend folgt das parlamentarische Verfahren im Deutschen Bundestag. Erst nach der Verabschiedung des Haushalts 2014 (voraussichtlich Mitte 2014) kann die Frage für das BMI-Programm beantwortet werden. 9. Wie soll sich künftig der Umgang mit der sogenannten Extremismusklausel gestalten? Wird es hier zu einer einheitlichen Handhabung kommen, oder wird es bei der Anwendung dieser Klausel zu Unterschieden zwischen den einzelnen Programmen kommen? Das BMFSFJ und das BMI haben sich bei den Bundesprogrammen „Toleranz Fördern – Kompetenz Stärken“, „Initiative Demokratie Stärken“ und „Zusammenhalt durch Teilhabe“ auf eine neue Handhabung der Zuwendungsbescheide verständigt. Anstelle der bisher eigenhändig zu unterzeichnenden Demokratieerklärung wird zukünftig im Zuwendungsbescheid an die geförderten Träger klar geregelt, dass keine Steuergelder an extremistische Organisationen oder Personen gehen dürfen. Auf die daraus resultierenden Anforderungen an Personen und Organisationen, die zur inhaltlichen Durchführung von Projekten herangezogen werden, wird in einem Begleitschreiben hingewiesen. Damit wird erreicht , dass die Empfänger staatlicher Fördermittel weiterhin ihrer Verantwortung bei der Auswahl ihrer Kooperationspartner gerecht werden, so dass niemand mit Steuermitteln unterstützt wird, der sich nicht auf dem Boden des Grundgesetzes bewegt. 10. Welche weiteren Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um der angekündigten „Stärkung von Forschung und politischer Bildung“ nach- zukommen, und inwiefern ist dabei auch an die politische Bildung durch zivilgesellschaftliche Akteure gedacht? Drucksache 18/719 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) Wie soll diese Stärkung konkret aussehen, welche gesetzgeberischen, strukturellen, materiellen usw. Maßnahmen sind dabei avisiert, und bis wann sollen sie umgesetzt werden? b) Inwiefern soll die Arbeit der Bundeszentrale für politische Bildung gestärkt werden, und in welcher Höhe sollen ihr künftig Haushaltsmittel zufließen (bitte Vergleichszahlen für das Jahr 2013 angeben)? Soll die Erhöhung zweckgebunden für Bildungsarbeit gegen Rechtsextremismus sein? Die Stärkung der Forschung ist Bestandteil der Weiterentwicklung der aktuellen Bundesprogramme. Näheres dazu ist noch nicht entschieden. Insofern wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 8 und 11 verwiesen. Die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) hat bereits im Jahr 2013 sowohl durch einen personellen Aufwuchs in der Bundeszentrale selbst als auch durch zusätzliche 2 Mio. Euro Sondermittel für Maßnahmen zur zweckgebundenen Bildungsarbeit gegen Rechtsextremismus den Bereich Rechtsextremismusprävention gestärkt. Inwieweit weitere haushaltsrelevante Schritte ergriffen werden, ist derzeit Gegenstand der Aufstellung des Regierungsentwurfs zum Haushalt 2014. Grundsätzlich hat die BpB den Auftrag, Demokratie und Toleranz in der Bundesrepublik Deutschland zu stärken. Daher leistet politische Bildung an sich einen Beitrag zur Prävention gegen politischen Extremismus. Die von der BpB durchgeführten spezifischen Maßnahmen im Bereich der Rechtsextremismusprävention beziehen sich u. a. auf eine finanzielle Unterstützung zivilgesellschaftlicher Akteure auf dem Feld der Rechtsextremismusprävention, auf Fortbildungsangebote und auf weitere Angebote der Trägerförderung. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333