Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 7. Januar 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/7221 18. Wahlperiode 11.01.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Nicole Maisch, Dr. Thomas Gambke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/6964 – Insolvenzfolgen in der Lebensversicherung und Anlegerschutz bei Zertifikaten und Investmentvermögen 1. Können die Ansprüche von Lebensversicherungskunden nach Übertragung des Versicherungsbestandes auf den Sicherungsfonds gemäß § 125 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) um mehr als 5 Prozent gekürzt werden, wenn diese Maßnahme nicht ausreicht, um die Fortführung der Verträge zu gewährleisten und auch die freiwillige Selbstverpflichtung der Versicherungsunternehmen , Mittel von bis zu 1 Prozent der versicherungstechnischen Netto-Rückstellungen der Mitglieder bereitzustellen, nicht ausreicht oder nicht durchsetzbar ist? 2. In welchem Verhältnis stehen § 89 Absatz 2 und § 125 Absatz 2, 5 VAG? 3. Sieht die Bundesregierung einen gesetzlichen Klarstellungsbedarf, mit welcher (maximalen) Kürzung ihrer Ansprüche Lebensversicherungskunden im Fall des § 125 Absatz 5 VAG zu rechnen haben, wenn die Herabsetzung um 5 Prozent nicht ausreicht? Die Fragen 1 bis 3 werden wegen des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet . Die zitierten Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes traten zum 1. Januar 2016 außer Kraft. Sie wurden durch Regelungen im neuen Versicherungsaufsichtsgesetz ersetzt, die wortgleich sind, so dass sich lediglich die Bezeichnung ändert. An die Stelle von § 125 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) a. F. tritt § 222 VAG n. F., an die Stelle des § 89 VAG a. F. tritt § 314 VAG n. F. § 222 und § 314 VAG gelten nach der Auffassung der Bundesregierung unabhängig voneinander. Die Aufsichtsbehörde kann also nach § 314 VAG Maßnahmen anordnen, die über diejenigen nach § 222 Absatz 5 VAG hinausgehen, sofern die in § 314 Absatz 1 VAG genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Nach Auffassung der Bundesregierung ist es zweckmäßig, der Aufsichtsbehörde für den Fall der drohenden Insolvenz eines Versicherungsunternehmens den größtmöglichen Handlungsspielraum zu geben, um das für die Versicherten in der konkreten Situation bestmögliche Ergebnis erzielen zu können. Eine Klarstellung in der in Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7221 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Frage 3 erwähnten Art könnte den Handlungsspielraum der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einschränken und wäre damit kontraproduktiv . 4. Welche gesetzlichen Pflichten haben Lebensversicherungen, ihre Kunden vor Vertragsschluss über die Möglichkeit der Kürzung von Ansprüchen zu informieren, und wie sieht die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) festgestellte Praxis der Lebensversicherungen aus? Eine ausdrückliche Pflicht für Lebensversicherer, ihre Kunden vor Vertragsschluss über die Möglichkeit der Kürzung von Ansprüchen zu informieren, besteht nicht. 5. Welche gesetzlichen Folgen hat die Zahlungsunfähigkeit eines Anbieters von Altersvorsorgeverträgen auf die Ansprüche der Kunden bei den unterschiedlichen Altersvorsorgeverträgen nach § 1 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (AltZertG)? 6. Sollten sich nach Ansicht der Bundesregierung die unterschiedlichen Insolvenzfolgen bei geförderten Altersvorsorgeverträgen auf die staatliche Förderung auswirken? Die Fragen 5 und 6 werden zusammen beantwortet. Im deutschen Finanzsystem greifen auch für die Anbieter von Altersvorsorgeverträgen die in der Antwort zu Frage 7 beschriebenen Insolvenzsicherungsmechanismen. Auswirkungen auf die steuerliche Förderung ergeben sich in diesen Fällen nicht. Eine Änderung ist nicht beabsichtigt, da die Altersvorsorge des Einzelnen trotz Insolvenz des Anbieters erhalten bleiben soll. 7. Welchen Schutz haben Verbraucherinnen und Verbraucher bei den ihnen in Deutschland durch Finanzintermediäre (u. a. Kreditinstitute, Wertpapierdienstleistungsinstitute , Versicherungen, Kapitalanlagegesellschaften, Pensionskassen , Pensionsfonds) direkt oder indirekt angebotenen Geldanlageund Altersvorsorgeprodukten in der Insolvenz des Finanzintermediärs (bitte nach der jeweiligen Produktgruppe aufschlüsseln)? Wie unterscheidet sich bei den einzelnen Produktgruppen die Absicherung der Verbraucherinnen und Verbraucher im Insolvenzfall? Art und Umfang der Absicherung von Verbraucherinnen und Verbrauchern im Insolvenzfall sind abhängig von der Klassifizierung des jeweiligen Finanzintermediärs und dem jeweiligen Produkt. Einlagensicherung Kreditinstitute sind nach dem Einlagensicherungsgesetz verpflichtet, ihre Einlagen durch Zugehörigkeit zu einem gesetzlichen Einlagensicherungssystem zu sichern . Gesetzliche Einlagensicherungssysteme sind die Entschädigungseinrichtungen der privaten Banken (EdB) und der öffentlichen Banken (EdÖ) sowie die als Einlagensicherungssystem anerkannten institutsbezogenen Sicherungssysteme des Deutschen Sparkassen und Giroverbandes (DSGV) bzw. Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Durch die gesetzliche Einlagensicherung sind Einlagen im Entschädigungsfall pro Institut bis zu einem Betrag von 100 000 Euro gesetzlich geschützt. Der Schutz gilt für jeden Einleger pro Institut. Unter bestimmten Bedingungen kann sich der Maximalbe- Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7221 trag nach Eintritt besonderer Lebensereignisse für den Zeitraum von sechs Monaten nach Gutschrift auf bis zu 500 000 Euro erhöhen. Gesetzlich gesicherte Einlagen sind insbesondere Kontoguthaben oder Festgelder und Spareinlagen. Zusätzlich zur gesetzlichen Einlagensicherung existieren die freiwilligen Einlagensicherungseinrichtungen der Bankenverbände (Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e. V., Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands sowie Bausparkassen-Einlagensicherungsfonds e.V.). Diese bieten eine Absicherung der Kundengelder über den o. g. gesetzlichen Mindestrahmen hinaus und werden eigenverantwortlich betrieben . Institutssicherung Kunden von Sparkassen, Landesbanken, Landesbausparkassen und Genossenschaftsbanken werden zusätzlich durch die Institutssicherung des DSGV bzw. BVR geschützt. Ziel der institutsbezogenen Sicherungssysteme ist es, die ihnen angeschlossenen Institute vor Insolvenz und Liquidation zu bewahren. So sollen Entschädigungsfälle bei angeschlossenen Mitgliedsinstituten grundsätzlich vermieden und die Einlagen der Kunden mittelbar in voller Höhe geschützt werden. Wertpapierdienstleistungen Verbraucherinnen und Verbraucher, die Wertpapierdienstleistungen von reinen Wertpapierhandelsbanken, Finanzdienstleistungsinstituten oder Kapitalverwaltungsgesellschaften in Anspruch nehmen, sind über die Anlegerentschädigung geschützt (§ 1 des Anlegerentschädigungsgesetzes (AnlEntG)). Die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen leistet eine Entschädigung, wenn ein Wertpapierhandelsunternehmen nicht mehr in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften gegenüber seinen Kunden zu erfüllen. Abgesichert sind die Kundenforderungen aus Wertpapiergeschäften, die zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten (Primärleistungspflichten) des Instituts gehören . Entschädigungsberechtigte Hauptansprüche sind beispielsweise Ansprüche auf Auszahlung tatsächlich vorhandener Guthaben oder Herausgabe von für den Anleger verwahrter Wertpapiere. Die Entschädigung greift auch dann ein, wenn ein Institut Wertpapiere oder Gelder unterschlagen oder veruntreut hat und nicht mehr herausgeben kann (§ 4 Absatz 1, § 1 Absatz 3 AnlEntG). Der Entschädigungsanspruch beträgt 90 Prozent der Forderung des Anlegers aus Wertpapiergeschäften gegen das Institut, maximal jedoch 20 000 Euro pro Anleger, unabhängig von der Zahl der unterhaltenen Konten. Ansprüche gegen die Emittenten aus erworbenen Finanzinstrumenten fallen nicht unter die o. g. Einlagesicherungs- oder Anlegerentschädigungssysteme. Hier richten sich Ansprüche im Insolvenzfall nach dem allgemeinen Insolvenzrecht. Anteile an einem Investmentvermögen sind im Fall der Insolvenz der Kapitalverwaltungsgesellschaft rechtlich geschützt. Investmentvermögen gehören nicht zur Insolvenzmasse der Kapitalverwaltungsgesellschaft (§ 99 Absatz 3 Satz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) gilt aufgrund des Verweises in den § 112 Absatz 1 Satz 4, § 129 Absatz 1 Satz 5, § 144 Satz 4 und § 155 Absatz 1 Satz 5 KAGB nicht nur für Sondervermögen, sondern auch für Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital, offene Investmentkommanditgesellschaften , Investmentaktiengesellschaften mit fixem Kapital und geschlossene Investmentkommanditgesellschaften ). Gesetzliche Sicherungsfonds der Kranken- und Lebensversicherer Aus einem Lebensversicherungsvertrag begünstigte Personen werden durch den gesetzlichen Sicherungsfonds Protektor Lebensversicherungs-AG (Protektor) ge- Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7221 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode schützt. Für die substitutive private Krankenversicherung bietet der Sicherungsfonds Medicator AG (Medicator) die entsprechende Absicherung. Pflichtmitglieder von Protektor und Medicator sind alle Versicherungsunternehmen mit Sitz in Deutschland, die zum Betrieb der Lebensversicherung oder der substitutiven Krankenversicherung zugelassen sind. Pensionskassen sind von der Pflichtmitgliedschaft befreit, können Protektor aber freiwillig beitreten. Betriebsrenten, die über einen Pensionsfonds durchgeführt werden, sind über den Pensions-Sicherungs -Verein (PSV) gegen Insolvenz des Trägerunternehmens geschützt. Kommt es bei einem Lebens- oder Krankenversicherer zu einem Sicherungsfall, droht also die Insolvenz des Unternehmens, wird der Gesamtbestand an Versicherungsverträgen auf den zuständigen Sicherungsfonds übertragen und dort fortgeführt. Auf diese Weise sind die Verträge deutscher Lebens- und substitutiver Krankenversicherungsunternehmen als Ganzes geschützt. Durch Protektor abgesichert sind insbesondere die kapitalbildenden Lebensversicherungen für den Todes- und Erlebensfall, die Risikolebensversicherungen, private Rentenversicherungsverträge und fondsgebundene Lebensversicherungen. Ebenfalls geschützt sind Kapitalisierungsgeschäfte sowie Verträge von Pensionskassen , die Protektor freiwillig beigetreten sind. Medicator sichert die Versicherungsverträge der substitutiven Krankenversicherung ab. Dazu zählen auch die Krankheitskostenvollversicherung, die Krankentagegeldversicherung und die private Pflegepflichtversicherung. 8. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung ein anderes von Finanzintermediären direkt oder indirekt Verbraucherinnen und Verbrauchern angebotenes Geldanlage- oder Altersvorsorgeprodukt neben Zertifikaten, bei dem im Fall der Insolvenz des Finanzintermediärs ein Totalverlust droht? Bei Zertifikaten droht im Fall der Insolvenz des Finanzintermediärs nicht generell der Totalverlust. Ein Totalverlust droht vielmehr dann, wenn der Emittent ausfällt . Insofern ist es unerheblich, ob Zertifikate von einem Emittenten selbst oder von Dritten vertrieben werden. Ein Totalverlust kann zudem nicht nur aufgrund des Emittentenrisikos, sondern z. B. auch aufgrund des Marktrisikos eintreten. Das Risiko des Totalverlustes des eingesetzten Kapitals bei Insolvenz des Emittenten besteht außer bei Zertifikaten auch bei zahlreichen anderen Finanzinstrumenten , wie z. B. Aktien und Genussrechtsverbindlichkeiten sowie Inhaber- und Orderschuldverschreibungen. Diese sind nicht von der gesetzlichen Einlagensicherung umfasst (vgl. § 6 des Einlagensicherungsgesetzes). Die mit Wertpapieren verbundenen Emittenten- und Marktrisiken werden auch nicht von der Anlegerentschädigungseinrichtung abgesichert (vgl. § 1 Absatz 3 AnlEntG). Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 hingewiesen. Die gesetzlichen Sicherungsfonds im Versicherungsbereich erstrecken sich nicht auf den Schutz von Sachversicherungsverträgen. 9. Wie hoch ist das Open Interest der in Deutschland emittierten Zertifikate insbesondere auch unter Einschluss der nicht mindestens an einer deutschen Börse gelisteten Zertifikate? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Daten vor. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7221 10. Fallen nach Auffassung der Bundesregierung, der BaFin oder der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) a) Zertifikate, insbesondere in Form von Inhaberschuldverschreibungen und b) Bonitätsanleihen unter Anhang I Abschnitt C Nummer 4 bis 10 der Richtlinie 2014/65/EU (MiFID-2-RL)? Wenn nein, warum nicht ? Wenn die ESMA noch keine Festlegung getroffen hat, wie ist die Position der Bundesregierung? Nach Kenntnis der Bundesregierung werden Zertifikate generell als Schuldverschreibungen ausgegeben. Nach Verständnis der Bundesregierung gilt dies auch für Bonitätsanleihen. Nach Auffassung der Bundesregierung und der BaFin kann ein Wertpapier im Sinne des Anhangs I Abschnitt C Nummer 1 der Richtlinie 2014/65/EU (MiFID II-RL) nicht gleichzeitig ein Finanzinstrument im Sinne des Anhangs I Abschnitt C Nummer 4 bis 10 der MiFID II-RL sein. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass ESMA eine andere Auffassung vertritt. 11. Fallen den deutschen Zertifikaten ähnliche oder vergleichbare Derivatestrukturen in anderen Mitgliedstaaten der EU, die auch an Kleinanleger vertrieben werden, unter Anhang I Abschnitt C Nummer 4 bis 10 der MiFID-2-RL? Nach hiesigem Kenntnisstand fallen vergleichbare Produkte auch in anderen Mitgliedstaaten nicht unter den Derivatebegriff des Anhang I Abschnitt C Nummer 4 bis 10 der Richtlinie 2014/65/EU. 12. Wenn Zertifikate unter Anhang I Abschnitt C Nummer 4 bis 10 der MiFID-2-RL fallen würden, bestünde dann eine Clearingpflicht über zentrale Kontrahenten nach der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (EMIR-VO)? Damit eine Transaktion in Derivaten tatsächlich clearingpflichtig wird, müssen personen- und produktbezogene Voraussetzungen vorliegen. Geschäfte mit Privatpersonen fallen generell nicht unter die Clearingpflicht. Eine Clearingpflicht würde bei Geschäften zwischen grundsätzlich clearingpflichtigen Gegenparteien nur dann gelten, wenn für das dem Geschäft zugrunde liegende Instrument von der Europäischen Kommission durch Erlass eines Technischen Regulierungsstandards die Clearingpflicht festgestellt wurde. 13. Hat aus Sicht der Bundesregierung der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor dem Emittentenrisiko eines Zertifikateemittenten einen geringeren Stellenwert als der zur Wahrung der Finanzstabilität geschaffene Schutz von finanziellen Gegenparteien und großen Unternehmen vor dem Bonitätsrisiko des Vertragspartners eines Derivategeschäfts? Der Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern steht in keinem Stufenverhältnis zu anderen Zielen der Finanzmarktregulierung. Zur Verwirklichung der einzelnen Ziele müssen die jeweils am besten geeigneten Maßnahmen ergriffen werden. Zur Verwirklichung des Anlegerschutzes enthalten die bestehenden und auf europäischer Ebene vereinbarten Regulierungsvorschriften insbesondere zahlreiche Vorgaben zur Information und Beratung der Anleger. Damit soll erreicht werden, dass Anlagen entsprechend der Risikobereitschaft der Anleger durchgeführt werden und bei höherer Risikobereitschaft die Möglichkeit nicht verwehrt ist, gegebenenfalls höhere Erträge zu erzielen. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7221 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bei Derivategeschäften zwischen finanziellen Gegenparteien und großen, der Clearingpflicht unterliegenden Unternehmen steht das Ziel der Wahrung der Finanzstabilität im Vordergrund. Durch EMIR wird das Kontrahentenrisiko der beteiligten Vertragsparteien abgedeckt, nicht jedoch das Emittentenrisiko; dies geht einher mit erhöhten Aufwendungen aufgrund von Marginzahlungen und der Anwendung von Risikominderungstechniken. 14. Wie kann aus Sicht der Bundesregierung ein vergleichbares Schutzniveau für Kleinanleger vor dem Insolvenzrisiko des Zertifikateemittenten, z. B. bei Bonitätsanleihen, geschaffen werden, wie es nach der EMIR-VO für finanzielle Gegenparteien bei OTC-Derivaten (OTC – over the counter), z. B. bei CDS-Derivaten, gewährt wird? Die Ausschaltung des Emittentenrisikos bei Zertifikaten würde eine vollständige Besicherung der Zertifikate erforderlich machen. Dies würde den Charakter und das Renditeprofil von Zertifikaten grundlegend ändern und im Ergebnis zu einer Verringerung der den Anlegern zur Auswahl stehenden Anlagemöglichkeiten entsprechend ihrer Risikoneigung führen. 15. Welche Erwägungen rechtfertigen aus Sicht der Bundesregierung, dass anders als bei Einlagen und Investmentvermögen seit der Finanzkrise bei Zertifikaten keine Verbesserung der Stellung der Verbraucher im Fall der Insolvenz des Finanzintermediärs erfolgt ist? Wie ist dies insbesondere damit vereinbar, dass eine der spürbarsten negativen Auswirkungen der Finanzkrise für Verbraucherinnen und Verbraucher im Segment der Zertifikate mit der Insolvenz der Lehman Brothers Bankhaus AG bzw. einer Tochterfirma des amerikanischen Lehman-Brothers-Konzerns in den Niederlanden aufgetreten ist? Die Interessen der Anleger schützt das Aufsichtsrecht mit Blick auf Risiken insbesondere durch Transparenz- und Beratungspflichten, die den Anleger in die Lage versetzen, informiert eine (Anlage-)Entscheidung zu treffen. Daher sind Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach § 31 Absatz 1 Nummer 1 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) verpflichtet, ihre Kunden sorgfältig zu beraten und ihnen nach § 31 Absatz 2 Nummer 2 WpHG alle zweckdienlichen Informationen mitzuteilen. Hierzu gehört auch eine Aufklärung über Kosten sowie Chancen und Risiken von Zertifikaten. Auch zivilrechtlich sind Anleger im Rahmen einer Anlageberatung über das Zertifikaten immanente Emittentenrisiko aufzuklären (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10 - Rn. 28). Ähnliches gilt für das beratungsfreie Geschäft, da Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet sind zu prüfen, ob Finanzinstrumente für den Kunden angemessen sind. Die Angemessenheit beurteilt sich danach, ob der Kunde über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, um die Risiken in Zusammenhang mit der Art der Finanzinstrumente oder Wertpapierdienstleistungen angemessen beurteilen zu können (§ 31 Absatz 5 WpHG). Daher ist auch entscheidend, ob der Kunde das Emittentenrisiko eines Zertifikates erkennt. Eine Ausführung eines Kaufauftrags ohne Evaluierung der Geeignetheit oder Angemessenheit des Produkts für den Kunden („Execution-only“) ist im Rahmen von Schuldverschreibungen mit derivativem Element nach der EU-Finanzmarktrichtlinie nicht möglich. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/7221 16. Wäre der für Anleger von Lehman-Zertifikaten eingetretene Schaden auch eingetreten, wenn ein Clearing der Lehman-Zertifikate über einen zentralen Kontrahenten erfolgt wäre oder Lehman-Zertifikate mit Sicherheiten besichert gewesen wären? Der Schaden, den Anleger von „Lehman-Zertifikaten“ durch den Ausfall des Emittenten erlitten haben, wäre auch dann eingetreten, wenn ein Clearing dieser Zertifikate über einen Zentralen Kontrahenten erfolgt wäre. Denn der Zentrale Kontrahent trägt das Kontrahenten- und nicht das Emittentenrisiko. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen. 17. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung bzw. der BaFin die Kosten a) bei einem Clearing von Zertifikaten beim Verkauf an einen Verbraucher über einen zentralen Kontrahenten, b) einer Besicherung des Zertifikates durch Sicherheiten wie z. B. im COSIund ETP-Segment (COSI – ständiger Ausschuss für operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit; ETP – Exchange Traded Funds) der Schweizer Börse in Prozent des Anlagewertes pro Jahr? Der Bundesregierung bzw. der BaFin liegen keine Erkenntnisse über die Kosten des zentralen Clearings für den einzelnen Anleger oder die Kosten der Besicherung eines Zertifikats durch Sicherheiten vor. 18. Sind aus Sicht der Bundesregierung sog. Bonitätsanleihen, wie z. B. DZ- BANK-First-to-default-Credit-Linked-Note- und Commerzbank-Colibri- Plus-Anleihen, bei denen die Rückzahlung und Kuponzahlung von der Kreditwürdigkeit von bis zu fünf Referenzunternehmen derart abhängen, dass bereits das Kreditereignis bei einem Referenzunternehmen zum Totalverlust bzw. zur Andienung einer Schuldverschreibung dieses insolventen Unternehmens führen kann, für Verbraucher geeignet? Die Eignung der genannten Produkte für Verbraucher kann nicht pauschal bejaht oder verneint werden. Zum Kreis der Verbraucher zählen auch solche Anleger, die höhere Renditeerwartungen haben und bereit sind, dafür auch höhere Risiken einzugehen. Solche Produkte spielen nach aktuellen Erkenntnissen der BaFin in der Anlageberatung von Banken nur sehr vereinzelt eine Rolle, werden also den Verbrauchern kaum aktiv empfohlen. 19. In welchem Umfang (Emissionsvolumen, Open Interest) waren im Jahr 2008 Anleger derartiger Anleihen, bei denen ein Referenzschuldner ein Unternehmen des Lehman-Brother-Konzerns war (z. B. DZ-Bank-Cobold-Anleihen), von der Insolvenz des Lehman-Brother-Konzerns betroffen? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Daten oder Erkenntnisse vor. 20. Plant die Bundesregierung die Möglichkeit, das für Verbraucher durch die OGAW-Regulierung (Richtlinie 2009/65/EG; OGAW – gemeinsame Anlagen in Wertpapieren) geschaffene Schutzniveau für Verbraucher durch Zertifikate -Strukturen (u. a. Index-Tracker, Basket-Zertifikate) zu umgehen, einzuschränken? Wenn nein, warum nicht? Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7221 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Das Emittentenrisiko ist ein den Zertifikaten als Inhaberschuldverschreibungen immanentes Risiko, denn der Emittent verspricht dem Inhaber der Schuldverschreibung eine Leistung. Damit ist die Erfüllung dieser Leistung unter anderem von der Leistungsfähigkeit des Emittenten als Schuldner abhängig. Bei einem OGAW-Fonds erwirbt der Anleger hingegen Anteile oder Aktien an diesem Fonds. Die Kapitalverwaltungsgesellschaft erwirbt dann für den Fonds die zulässigen Vermögensgegenstände. Der Unterschied im Emittentenrisiko liegt daher in der Natur dieser beiden Anlageinstrumente begründet. Dementsprechend werden durch die Emission oder das Anbieten von Zertifikaten auch keine OGAW-Regulierungen umgangen. Im Übrigen wird auf die Ausführungen zur Information der Kunden beispielsweise über Risiken in der Antwort zu Frage 15 verwiesen. 21. Welche Regelungen zum Schutz der Anlegerinnen und Anleger bezüglich des Angebotes und Vertriebes von Zertifikaten wurden seit 2008 geschaffen, insbesondere bezüglich Grundsätzlich wurden keine Vorschriften geschaffen, die speziell auf Zertifikate beschränkt sind. a) Emittentenrisiko, Das Emittentenrisiko lässt sich gesetzlich bei keinem Finanzinstrument verändern , da es dem jeweiligen Finanzinstrument immanent ist. b) Produkttransparenz, Für eine größere Produkttransparenz sorgen die Informationsblätter, die mit dem Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz eingeführt wurden, das am 1. Juli 2011 in Kraft getreten ist. Nach § 31 Absatz 3a WpHG sind solche Informationsblätter u. a. auch für Zertifikate zu erstellen; danach ist auf die mit Zertifikaten verbundenen Risiken hinzuweisen. Zur Konkretisierung der Norm wurde die Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung ergänzt (§ 5a WpDVerOV). Eine weitere Konkretisierung von § 31 Absatz 3a WpHG und von § 5a WpDVerOV erfolgte durch das BaFin-Rundschreiben 4/2013 (WA). In diesem Rundschreiben sind weitere Vorgaben zu den erforderlichen Angaben zur Art des Finanzinstruments und seiner Funktionsweise formuliert. Parallel zum BaFin-Rundschreiben wurde von den Verbänden der Deutschen Kreditwirtschaft, dem früheren Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und dem vzbv unter Beteiligung eines Sprachwissenschaftlers ein Glossar zur Verbesserung der sprachlichen Verständlichkeit von Produktinformationsblättern nach dem Wertpapierhandelsgesetz mit allgemeinverständlichen Erläuterungen schwieriger Fachbegriffe erarbeitet. Die BaFin hat das Projekt begleitet und empfiehlt die Nutzung des Glossars. c) Geeignetheit für Kleinanleger, Eine speziell auf Zertifikate beschränkte Regelung zur Geeignetheit für Kleinanleger ist seit 2008 nicht geschaffen worden. Mehrere der seit 2008 geschaffenen Regelungen im Bereich der Finanzregulierung wirken sich auch auf das Angebot und den Vertrieb von Zertifikaten aus. Dies gilt insbesondere für die Einführung des Beratungsprotokolls (2010), die Einführung des Produktinformationsblattes, das explizite Verbot der Empfehlung ungeeigneter Produkte, die Regulierung zu Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/7221 Vertriebsvorgaben (2011), die Schaffung des sog. Mitarbeiter- und Beschwerderegisters , die Einführung des Sachkundeerfordernisses für Anlageberater und Vertriebsbeauftragte (2012), die Einführung der Honoraranlageberatung, die Regelung der Beschwerdebearbeitung durch die BaFin (2013) sowie die Schaffung des Produktinterventionsrechts durch das Kleinanlegerschutzgesetz (2015). d) Kosten und Kostentransparenz, Zu den Kosten eines Produktes und zur Kostentransparenz weist das BaFin-Rundschreiben 4/2013 (WA) explizit darauf hin, dass eine Kostenangabe im Informationsblatt nach § 31 Absatz 3a WpHG erfolgen muss. Verweise auf das Preis- und Leistungsverzeichnis eines Instituts oder mündliche Auskünfte des Anlageberaters sind unzulässig. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 21b verwiesen. e) Handel und Handelstransparenz? Auch für den Handel und die Handelstransparenz existieren keine auf Zertifikate beschränkten Bestimmungen. Die geltenden Vorschriften für die Handelstransparenz beruhen weitgehend auf der Umsetzung der MiFID I (Richtlinie 2004/39/EG) durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) im Wertpapierhandelsgesetz sowie der Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung. 22. Bei welchen der in Frage 21 erfragten Regelungen besteht ein höheres Schutzniveau als bei Investmentvermögen? Zu Frage 21a Hinsichtlich des Emittentenrisikos unterscheiden sich Zertifikate und sonstige Schuldverschreibungen von Investmentvermögen. Dieser Unterschied liegt jedoch in der Natur der Finanzinstrumente begründet. Die einem Finanzinstrument immanenten Risiken können jedoch nicht mit dem Schutzniveau gleichgesetzt werden. Zu Fragen 21b bis 21e Das Schutzniveau beim Angebot, Vertrieb oder Handel von Finanzinstrumenten durch Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist grundsätzlich weitgehend einheitlich , es besteht kein signifikanter Unterschied zwischen Investmentvermögen und Zertifikaten. 23. Welche Sachverhalte hat die BaFin auf das Ergreifen einer Maßnahme nach § 4b des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) bisher mit welchem Ergebnis untersucht? Die BaFin hat eine Reihe von Sachverhalten daraufhin untersucht, ob eine auf § 4b WpHG gestützte Maßnahme zulässig und zweckmäßig wäre. Soweit sich hierbei herausstellte, dass die handelnden Personen nicht über eine für ihre Tätigkeit erforderliche Erlaubnis verfügen, wurden weitere Untersuchungen eingeleitet . In anderen Fällen dauert die weitere Sachverhaltsaufklärung noch an. 24. Welche Maßnahmen hat die BaFin nach § 4b WpHG bisher ergriffen? Bislang sind keine auf § 4b WpHG gestützte Maßnahmen ergriffen worden. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7221 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 25. Welche internen Verwaltungsvorschriften hat die BaFin zu § 4b WpHG erlassen ? Die BaFin hat keine internen Verwaltungsvorschriften zu § 4b WpHG erlassen. 26. Hat die BaFin bei derzeit am Markt beobachtbaren Zertifikatestrukturen (u. a. bei Bonitätsanleihen, wie in Frage 18 dargestellt) erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz? Wenn ja, welche und warum? Wenn nein, warum nicht? Angesichts der geringen Bedeutung der genannten Produkte in der Anlageberatung (s. Antwort zu Frage 18) wird derzeit keine Notwendigkeit für eine gesonderte Regulierung zur Gewährleistung des kollektiven Anlegerschutzes gesehen. Die BaFin beobachtet aber weiterhin laufend den Zertifikatemarkt und wird erforderlichenfalls die für den kollektiven Anlegerschutz erforderlichen Maßnahmen ergreifen. 27. Kann die BaFin aufgrund von § 4b WpHG das Angebot und den Vertrieb von Zertifikaten verbieten? Ein Verbot des Vertriebs von Zertifikaten auf Grundlage des § 4b WpHG ist unter Wahrung der allgemeinen und speziellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen hoheitlicher Eingriffsmaßnahmen grundsätzlich möglich. 28. Welches Gesamt-Anlagevolumen verwalten AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften (AIF – alternative Investmentfonds), die a) unter § 2 Absatz 4b des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB), Zu dem Gesamt-Anlagevolumen von AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die unter § 2 Absatz 4b KAGB fallen, liegen keine Angaben vor, da diese Regelung nach dem Regierungsentwurf des OGAW-V-Umsetzungsgesetzes aufgehoben werden soll und daher keine statistischen Daten dazu erhoben werden. b) unter § 2 Absatz 5 KAGB fallen und c) welche Überschneidungen beim Gesamt-Anlagevolumen bestehen bei den unter a und b fallenden AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften? Die Fragen 28b und 28c werden gemeinsam beantwortet. AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die unter § 2 Absatz 5 KAGB fallen, verwalten zusammen ein Gesamt-Anlagevolumen in Höhe von ca. 652 Mio. Euro. 29. Welches Leverage war nach § 263 Absatz 1 KAGB in der vom 22. Juli 2013 bis zum 18. Juli 2014 geltenden Fassung möglich (bitte an Hand des Beispiels der Begründung zum Änderungsbefehl zu Artikel 1 Nummer 65 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren – OGAW – im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle , die Vergütungspolitik und Sanktionen –OGAW-V-Umsetzungsgesetz –; Bundestagsdrucksache 18/6744 erklären)? Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/7221 Gibt es hierzu mehrere Auslegungsvarianten? Wenn ja, welche? § 263 Absatz 1 Satz 1 KAGB in der vom 22. Juli 2013 bis zum 18. Juli 2014 geltenden Fassung bezog sich seinem Wortlaut nach auf „60 Prozent des Wertes des geschlossenen Publikums-AIF“. Dieser wurde durch das Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes vom 15. Juli 2014 (BGBl. I S. 934) geändert. Der seitdem geltende Wortlaut lautet „60 Prozent des Verkehrswertes der im geschlossenen Publikums-AIF befindlichen Vermögensgegenstände “. Es handelte sich bei dieser Änderung nur um eine Klarstellung, dass mit dem Wert des geschlossenen Publikums-AIF in § 263 Absatz 1 KAGB der Verkehrswert der im geschlossenen Publikums-AIF befindlichen Vermögensgegenstände gemeint ist (siehe auch die Gesetzesbegründung, Bundestagsdrucksache 18/1305, S. 49). Am Regelungsgehalt von § 263 Absatz 1 Satz 1 KAGB hat sich durch diese Klarstellung nichts geändert. Die Klarstellung war notwendig, weil „Wert des geschlossenen Publikums-AIF“ so hätte verstanden werden können, dass „Verkehrswert der Vermögensgegenstände “ abzüglich Verbindlichkeiten gemeint ist. Wie in der Begründung zum Regierungsentwurf des OGAW-V-Umsetzungsgesetzes ausgeführt, soll durch die neuerliche Änderung des Wortlauts keine Änderung bezüglich des Prozentsatzes der zulässigen Kreditaufnahme erfolgen. Die Änderung soll sich vielmehr auf den Bezugspunkt der Berechnung der zulässigen Kreditaufnahme beziehen. 30. Gibt es inländische Spezial- oder Publikums-AIF, die so strukturiert sind (gegebenenfalls auch in Ausgestaltung von Nachschusspflichten), dass noch nicht eingefordertes, aber zugesagtes Kapital über einen längeren Zeitraum nicht eingefordert wird, und wenn ja, wie hoch ist das betroffene Anlagevolumen ? Geschlossene Publikums- oder Spezial-AIF, die als Investmentkommanditgesellschaft aufgelegt werden, können grundsätzlich so strukturiert werden, dass das insgesamt zugesagte Kapital erst nach und nach von der Kapitalverwaltungsgesellschaft abgerufen und vom Anleger damit erst aufgrund des jeweiligen Kapitalabrufs eingezahlt wird. Hintergrund dieser Strukturierung ist vielfach, dass bei AIF, die nach und nach investieren, Kapital erst dann abgerufen wird, wenn es zu Investitionszwecken benötigt wird. Eine Nachschusspflicht hat der Gesetzgeber jedoch ausgeschlossen (§ 152 Absatz 3 Satz 3 KAGB). Ein erst nach und nach erfolgender Abruf von Kapital ist nicht möglich bei der Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital, da bei dieser nach § 141 Absatz 1 KAGB Volleinzahlung erforderlich ist. Das betroffene Anlagevolumen lässt sich nicht beziffern, da die BaFin keine nach diesem Kriterium differenzierten Daten erhebt. 31. Welches Leverage wäre bei den in Frage 30 erfragten inländischen Publikums -AIF – bezogen auf das eingebrachte Kapital – nach der im OGAW-V- Umsetzungsgesetz enthaltenen Neuregelung von § 263 Absatz 1 KAGB maximal möglich? Zur grundsätzlichen Berechnung des Leverages wird auf die Antwort zu Frage 29 verwiesen. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7221 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bezugspunkt der Begrenzung ist die Summe von eingebrachtem und zugesagtem Kapital. Welche Höhe der Kreditaufnahme sich bei einem AIF bezogen nur auf das eingezahlte Kapital ergibt, hängt von der Ausgestaltung des einzelnen AIF im Hinblick auf Kreditaufnahme und Kapitalabrufe ab. Eine Bezifferung des Volumens ist nicht möglich, s. Antwort zu Frage 30. 32. Welches Leverage wäre bei der Kreditvergabe nach § 285 Absatz 2 KAGB-E bei den in Frage 30 erfragten geschlossenen Spezial-AIF – bezogen auf das eingebrachte Kapital – möglich? Nach der im Regierungsentwurf zum OGAW-V-Umsetzungsgesetz vorgesehenen Regelung in § 263 Absatz 2 Nummer 1 KAGB sollen darlehensgewährende inländische geschlossene Spezial-AIF Kredite bis zur Höhe von maximal 30 Prozent des aggregierten eingebrachten und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapitals aufnehmen dürfen. Bezugspunkt der Begrenzung ist damit die Summe von eingebrachtem und zugesagtem Kapital. Welche Höhe der Kreditaufnahme sich bei einem inländischen geschlossenen Spezial-AIF bezogen nur auf das eingezahlte Kapital ergibt, hängt von der Ausgestaltung des einzelnen AIF im Hinblick auf Kreditaufnahme und Kapitalabrufe ab. Eine Bezifferung des Volumens ist nicht möglich, s. Antwort zu Frage 30. 33. Sind die Banken nach Auffassung der Bundesregierung vor dem Hintergrund der Presseberichte, wonach Kapitalanlagegesellschaften aus den verwalteten Investmentvermögen u. a. Bestandsprovisionen an (Direkt-)Banken zahlen, die Depots für Kunden verwalten, in denen entsprechende Anteile an einem Investmentvermögen enthalten sind (Finanztest 5/2015, S. 30 f.), verpflichtet , diese Provisionen gemäß § 675 Absatz 1, § 667 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) an die Kunden herauszugeben? Die Fragestellung, inwiefern Banken gemäß §§ 675 Absatz 1, 667 BGB zivilrechtlich dazu verpflichtet sind, Vertriebsvergütungen (z. B. Bestandsprovisionen , welche Kapitalverwaltungsgesellschaften aus dem Investmentvermögen an (Direkt-)Banken zahlen, die Depots für Kunden verwalten, in denen entsprechende Anteile an einem Investmentvermögen enthalten sind) an die Kunden herauszugeben , ist − soweit ersichtlich − höchstrichterlich noch nicht abschließend entschieden worden (siehe BGH, Urt. vom 14. Januar 2014 - XI ZR 355/12, Rn. 19; BGH, Urt. vom 26. Juni 2012 - XI ZR 316/11, Rn. 42; BGH, Urt. vom 16. Oktober 2012 - XI ZR 368/11, Rn. 33). Die abschließende Klärung dieser in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung sowie im juristischen Schrifttum umstrittenen Rechtsfrage (zum Meinungsstand siehe BGH, Urt. vom 14. Januar 2014 - XI ZR 355/12, Rn. 15 bis 18) obliegt der rechtsprechenden Gewalt. 34. Ist die in Frage 33 beschriebene Praxis der Kapitalanlagegesellschaften mit den von der BaFin nach den §§ 163,162 KAGB genehmigten Anlagebedingungen vereinbar? Es ist bekannte Praxis, dass Kapitalverwaltungsgesellschaften Teile der Verwaltungsvergütung an Vermittler weiterleiten (sog. Bestandsprovisionen). In den Anlagebedingungen muss die Kapitalverwaltungsgesellschaft auch Angaben zu den Kosten für Vergütungen machen, die aus dem Investmentvermögen an die Kapitalverwaltungsgesellschaft zu leisten sind (z. B. die Verwaltungsvergütung). Im Rahmen der Genehmigung der Anlagebedingungen prüft die BaFin die Kostenregelung unter anderem darauf, ob sie nachvollziehbare Angaben zur Methode, Höhe und Berechnung von Vergütungen enthält (vgl. § 162 Absatz 2 Nummer 11 Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/7221 KAGB). Die BaFin prüft jedoch weder die Höhe der Vergütung, noch die Zwecke , für welche die Vergütung verwendet wird (z. B. Weiterleitung eines Teils der Verwaltungsvergütung an den Vertrieb), da dies der unternehmerischen Entscheidung der Kapitalverwaltungsgesellschaft unterliegt. Diese Verwaltungspraxis ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zu § 43 Absatz 2 des Investmentgesetzes , der in § 163 Absatz 2 KAGB aufgegangen ist. Somit muss die BaFin es der jeweiligen Kapitalverwaltungsgesellschaft überlassen , ob sie in den Fällen, die in Finanztest 5/2015, S. 30 f. beschrieben werden, eine insgesamt reduzierte Verwaltungsvergütung beansprucht, indem sie neue, niedrigere Bestandsprovisionen mit solchen Banken aushandelt, die die Fondsanteile lediglich über Online-Banking und damit mit einem geringeren Aufwand vertreiben. 35. Welchen gesetzlichen Anforderungen müssen Anlagebedingungen entsprechen , damit sie von der BaFin gemäß § 163 KAGB genehmigt werden können ? Gehört zu den gesetzlichen Anforderungen auch § 305 BGB? Wenn ja, warum sind Anlegebedingungen, die Zahlungen an Dritte enthalten , die weder Vergütung noch Aufwendungsersatz sind, nicht überraschend im Sinne von § 305c BGB, so dass eine Genehmigung derartiger Anlagebedingungen nicht erfolgen dürfte? Nach § 163 Absatz 2 KAGB hat die BaFin die Anlagebedingungen zu genehmigen , wenn diese den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen, müssen die Anlagebedingungen zunächst die in § 162 Absatz 2 KAGB aufgeführten Mindestangaben enthalten. Ferner handelt es sich bei den Anlagebedingungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen, so dass die Einbeziehung der jeweiligen Klauseln auch an § 305c Absatz 1 BGB (sog. Überraschungsklausel) zu messen ist. Ob eine Klausel in Anlagebedingungen als überraschend anzusehen ist, kann aber immer nur bezogen auf den konkreten Einzelfall bestimmt werden. Es kommt darauf an, ob eine Klausel von den Erwartungen des jeweiligen Vertragspartners deutlich abweicht und er mit ihr vernünftigerweise auch nicht zu rechnen braucht. Die Erwartungen des Vertragspartners werden sowohl von allgemeinen als auch individuellen Begleitumständen bestimmt. Zu ersteren zählen etwa der Grad der Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht sowie die für den Geschäftsverkehr übliche Gestaltung. Bei Vergütungsvereinbarungen ist es weder üblich, dass dem Vertragspartner die Kalkulation offen gelegt wird, noch dass ihm dargelegt wird, wie die Vergütung verwendet wird. Der BaFin ist deshalb auch keine höchstrichterliche, zivilrechtliche Rechtsprechung bekannt, die eine Vergütungsklausel allein deswegen als überraschend i. S. d. § 305c Absatz 1 BGB wertet, weil sie Zahlungen an Dritte beinhaltet, die zwar in die Kalkulation der Vergütung eingeflossen, dem Vertragspartner aber nicht offen gelegt worden sind. Anderenfalls müsste in einem arbeitsteiligen Wirtschaftssystem nahezu jede Vergütung als überraschend im Sinne des § 305c Absatz 1 BGB betrachtet werden. Unabhängig von der Frage der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Vergütungsklausel ist die BaFin jedoch der Auffassung, dass der Anleger ein berechtigtes Interesse daran hat, darüber informiert zu werden, wenn Teile der Vergütung für die Zahlung von Bestandsprovisionen an Dritte verwendet werden. Diesem Interesse trägt das KAGB allerdings bereits Rechnung. Die Kapitalverwaltungsgesellschaft Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7221 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode muss im Verkaufsprospekt offenlegen, ob und inwieweit Teile der Verwaltungsvergütung an Vermittler weitergeleitet werden (vgl. § 165 Absatz 3 Nummer 8 KAGB). 36. Stellt die eben dargestellte Praxis der Kapitalanlagegesellschaften und der Depotbanken einen Missstand im Sinne von § 4 Absatz 1 a des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes (FinDAG) dar? Vorbemerkung zu Frage 36: Gemäß Mitteilung des Deutschen Bundestages an das Bundesministerium der Finanzen vom 17. Dezember 2015 meinte der Fragesteller in dieser Frage § 4 Absatz 1a FinDAG. Die Antwort bezieht sich auf diese Vorschrift. Ein Missstand i. S. d. § 4 Absatz 1a Satz 3 FinDAG ist ein erheblicher, dauerhafter oder wiederholter Verstoß gegen ein Verbraucherschutzgesetz, der nach seiner Art oder seinem Umfang die Interessen nicht nur einzelner Verbraucherinnen oder Verbraucher gefährden kann oder beeinträchtigt. Es ist kein Verbraucherschutzgesetz ersichtlich, gegen das die dargestellte Praxis (s. Frage 33) dauerhaft oder wiederholt verstoßen würde. Dass die Kapitalverwaltungsgesellschaften in der Praxis häufig einen wesentlichen Teil ihrer Verwaltungsvergütung als Bestandsprovision an die Vermittler weiterleiten, ist bekannt. Der Gesetzgeber begegnet diesem Phänomen, indem er auf Transparenz setzt (siehe Antwort zu Frage 35). Er verpflichtet die Kapitalverwaltungsgesellschaft, im Verkaufsprospekt offen zu legen, ob „ein wesentlicher Teil der Vergütungen, die aus dem Investmentvermögen an die Verwaltungsgesellschaft geleistet werden, für Vergütungen an Vermittler von Anteilen oder Aktien des Investmentvermögens auf den Bestand von vermittelten Anteilen oder Aktien verwendet wird“ (§ 165 Absatz 3 Nummer 8 KAGB). Auf diese Weise wird der Anleger in die Lage versetzt, sich über die ihm angebotene Anlage ein begründetes Urteil zu bilden. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . 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