Deutscher Bundestag Drucksache 18/739 18. Wahlperiode 10.03.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Annalena Baerbock, Dr. Julia Verlinden, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/638 – Position der Bundesregierung zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission zu den europäischen Klima- und Energiezielen 2030 Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 22. Januar 2014 hat die Europäische Kommission ihre Vorstellungen zur zukünftigen Energie- und Klimapolitik in der Europäischen Union (EU) in Form eines Weißbuches vorgestellt. Damit hat die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Fortschreibung der derzeit für das Jahr 2020 bestehenden „20-20-20-Ziele“ für Emissionsminderung, erneuerbare Energien und Energieeffizienz bis zum Jahr 2030 unterbreitet. Das vorliegende Weißbuch ist eine informelle Sammlung mit Vorschlägen zum Vorgehen und folgt auf einen Konsultationsprozess , der im vergangenen Jahr stattgefunden hat. Die Kommission schlägt eine Minderung der Treibhausgasemissionen um minus 40 Prozent bis zum Jahr 2030 (domestic, d. h. innerhalb der EU) vor, verbunden mit einem Ausbauziel für erneuerbare Energien von mindestens 27 Prozent. Letztere werden aber ohne konkrete Zielvorgaben für einzelne Mitgliedstaaten und lediglich als gesamteuropäisches Ziel angegeben. Zur Steigerung der Energieeffizienz hat die Kommission bislang noch kein Ziel für das Jahr 2030 vorgeschlagen. Weitere Elemente, die gleichzeitig mit dem Weißbuch vorgelegt wurden, sind eine Empfehlung für den Umgang mit Schiefergas, ein Energiepreisbericht und ein Vorschlag für eine Reform des Emissionshandels ab dem Jahr 2021. Derzeit ist noch unklar, ob sich bereits der Europäischen Rat im März 2013 mit den Kommissionsvorschlägen beschäftigen wird, jedoch ist von zügigen Verhandlungen auf europäischer Ebene auszugehen. Auch das Europäische Parlament hat sich zu der künftigen Energie- und Klimapolitik der EU verhalten. Anders als in den Vorschlägen der Europäischen Kommission hat sich das EU-Parlament für eine Senkung des CO2-Ausstoßes von 40 Prozent, einen Anteil der erneuerbaren Energiequellen von 30 Prozent Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 5. März 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. und eine Verbesserung der Energieeffizienz um 40 Prozent bis zum Jahr 2030 entschlossen und fordert die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission zu einer verbindlichen Umsetzung dieser Ziele auf. Drucksache 18/739 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung die vom Europäischen Parlament am 5. Februar 2014 im Initiativbericht zu den Energie- und Klimazielen 2030 angenommene Forderung nach einem verbindlichen CO2-Minderungsziel von minus 40 Prozent bis zum Jahr 2030, und hält sie dieses Ziel für geeignet, das von der EU beschlossene Ziel die Treibhausgasreduktion bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 Prozent oder eine nach IPCC (Zwischenstaatlicher Ausschuss über Klimaänderungen) notwendige Minderung von 80 bis 95 Prozent zu erreichen? Die Bundesregierung setzt sich für eine EU-interne THG-Emissionsreduktion (THG = Treibhausgas) um mindestens 40 Prozent bis zum Jahr 2030 ein und hält diese Minderung grundsätzlich für geeignet, eine EU-interne Minderung der Treibhausgase bis zum Jahr 2050 in Höhe von mindestens 80 Prozent zu erreichen . Dies steht im Einklang mit dem vom Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) als notwendig erachteten Minderungspfad bis zum Jahr 2050. Beim Klimaziel sollte die Möglichkeit einer Ambitionssteigerung, verbunden mit einem Beitrag aus internationalen Minderungszertifikaten, im Zusammenhang mit einem internationalen Klimaschutzabkommen offengehalten werden. 2. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung die vom Europäischen Parlament am 5. Februar 2014 im Initiativbericht zu den Energie- und Klimazielen 2030 angenommene Forderung nach einem verbindlichen Ausbauziel für erneuerbare Energien von 30 Prozent bis zum Jahr 2030, und hält sie dieses Ziel für geeignet, um das von der EU beschlossene Ziel, die Treibhausgasreduktion bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 Prozent oder eine nach IPCC notwendige Minderung von 80 bis 95 Prozent zu erreichen? Die Bundesregierung hält ein verbindliches EU-Ziel für erneuerbare Energien von 30 Prozent am Bruttoendenergieverbrauch bis zum Jahr 2030 für erforderlich . Dies ist konsistent mit den langfristigen Klimazielen der EU und geeignet, eine EU-interne Minderung der Treibhausgase bis zum Jahr 2050 in Höhe von mindestens 80 Prozent zu erreichen. Dies steht im Einklang mit dem vom IPCC als notwendig erachteten Minderungspfad bis zum Jahr 2050. 3. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung die vom Europäischen Parlament am 5. Februar 2014 im Initiativbericht zu den Energie- und Klimazielen 2030 angenommene Forderung nach einem verbindlichen Energieeinsparziel von minus 40 Prozent bis zum Jahr 2030, und hält sie dieses Ziel für geeignet, um das von der EU beschlossene Ziel, die Treibhausgasreduktion bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 Prozent oder eine nach IPCC notwendige Minderung von 80 bis 95 Prozent zu erreichen? Die Bundesregierung setzt sich entsprechend der im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarung innerhalb der Europäischen Union im Hinblick auf die Energie - und Klimaziele der EU für das Jahr 2030 für eine Zieltrias aus Treibhausgasreduktion , Ausbau der erneuerbaren Energien und Energieeffizienz ein. Dementsprechend setzt sich die Bundesregierung auch für ein eigenständiges Energieeffizienzziel ein und begrüßt vor diesem Hintergrund grundsätzlich, dass sich auch das Europäische Parlament für ein eigenständiges Energieeffizienzziel ausgesprochen hat. Im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung eines solchen Energieeffizienzziels sind aus Sicht der Bundesregierung zunächst die Ergebnisse der für Juni/Juli 2014 im Rahmen von Artikel 3 der EU-Energieeffizienzrichtlinie vorgesehenen Überprüfung und Bewertung durch die Europäische Kommission abzuwarten, ob die Europäische Union ihr Energieeffizienzziel für das Jahr 2020 erreichen wird. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/739 4. Teilt die Bundesregierung die Haltung verschiedener Mitglieder des Europäischen Parlaments und von Regierungschefs, dass die Erreichung eines verbindlichen Klimaziels bis zum Jahr 2030 möglichst technologieneutral erfolgen sollte (www.spiegel.de vom 5. Februar 2014, „Energiepolitik: EUAbgeordnete rebellieren gegen feste Ausbauziele für Ökostrom“), und wenn ja, warum? Erneuerbare Energien und Energieeffizienz sind zentral für das Erreichen der langfristigen europäischen sowie nationalen Klimaziele. Entsprechende Ziele für erneuerbare Energien und zur Steigerung der Energieeffizienz sind auch notwendig, um die Investitionssicherheit zu stärken sowie klare Anreize für Technologieentwicklung und Ausschöpfung der Effizienzpotenziale zu setzen. Die Bundesregierung setzt sich aus diesen Gründen auf EU-Ebene für eine Zieltrias aus Treibhausgasziel sowie eigenständigen Zielen für den Ausbau der erneuerbaren Energien und Verbesserung der Energieeffizienz ein. Eine technologieneutrale Ausrichtung sieht die Bundesregierung hierfür als nicht zielführend an und lehnt dies daher ab. 5. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung die Einschätzung des Vorsitzenden der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Herbert Reul, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien nur einer von mehreren möglichen Wegen ist, um CO2 einzusparen, und dass die EU davon Abstand nehmen sollte, andere technologiespezifische Ziele vorzugeben (www.spiegel.de vom 5. Februar 2014, „Energiepolitik: EU-Abgeordnete rebellieren gegen feste Ausbauziele für Ökostrom“)? Die Bundesregierung stimmt zu, dass es verschiedene Wege gibt, um CO2 einzusparen . Die Bundesregierung setzt dabei insbesondere auf den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien und die Steigerung der Energieeffizienz als Schlüssel für eine erfolgreiche Energiewende. Die EU 2050 Energy Roadmap hat deutlich gezeigt, dass jeder Mitgliedstaat den Anteil der erneuerbaren Energien erhöhen sowie die Energieeffizienz steigern muss, um unsere langfristigen EU-Klimaziele zu erreichen. Unabhängig von der Frage, auf welchen Energiemix die Mitgliedstaaten setzen, ist demnach der Ausbau erneuerbarer Energien eine so genannte No-regret-Option für alle Mitgliedstaaten (alle Szenarien der EU 2050 Roadmap weisen dabei einen erneuerbaren-Energien-Anteil von mindestens 30 Prozent im Jahr 2030 auf). Das bedeutet auch, dass die damit verbundenen Herausforderungen (Netzausbau, Strommarktdesign, etc.) auf alle Mitgliedstaaten zukommen. Deshalb ist ein verbindliches EU-Ziel für erneuerbare Energien wichtig, da es einen verlässlichen und vorhersehbaren Rahmen setzt, der es ermöglicht, die Herausforderungen gemeinsam und koordiniert anzugehen . Ein verbindliches Ziel verbessert zudem die Konsistenz zwischen europäischen Emissionshandel und erneuerbaren-Energien-Ausbau. 6. Mit welcher konkreten Zielvorstellung für die Beibehaltung verbindlicher Effizienzziele geht die Bundesregierung in die europäischen Verhandlungen, insbesondere die des Europäischen Rates im März 2014, zu den EU-2030- Klima- und Energiezielen, und wird sich die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel für diese Zielvorstellung auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs einsetzen? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. Drucksache 18/739 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 7. Welche konkreten Maßnahmen ergriff und ergreift die Bundesregierung, um mit den großen EU-Mitgliedstaaten wie Polen, Frankreich und Großbritannien über die unterschiedlichen Positionen der Länder in Fragen der künftigen Energie- und Klimapolitik zu beraten? Die Bundesregierung hat sich in der Vergangenheit bereits mehrfach mit Polen, Frankreich und Großbritannien zur künftigen Energie- und Klimapolitik auf verschiedenen Ebenen beraten. Allein im Februar 2014 fanden z. B. hochrangige Gespräche zur künftigen EU-Klima- und Energiepolitik mit Frankreich im Rahmen des Deutsch-Französischen Ministerrates in Paris am 19. Februar 2014, zwischen Deutschland und Polen am 7. Februar 2014 anlässlich eines Besuch des Bundesministers für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, in Warschau und Krakau sowie anlässlich des Treffens der Umweltminister des Grünen Weimarer Dreiecks auf Einladung der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Dr. Barbara Hendricks, am 26. Februar 2014 in Berlin und mit Großbritannien anlässlich des Besuchs von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel in London am 27. Februar 2014 statt. Weitere hochrangige Gespräche der Regierungen der genannten Länder sind für März 2014 anvisiert. 8. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um die Mitgliedstaaten der EU von einer ambitionierten Klima- und Energiepolitik bis zum Jahr 2030 zu überzeugen, und schlagen sich diese auch im Stellenplan der zuständigen Ressorts nieder? Die Bundesregierung führt auf verschiedenen Ebenen eine Vielzahl von Gesprächen , um einen frühzeitigen Abschluss eines ambitionierten Klima- und Energierahmens für das Jahr 2030 sicherzustellen. Dies beinhaltet hochrangige (vgl. Antwort zu Frage 7), aber auch zahlreiche informelle Gespräche mit verschiedenen Akteuren und Mitgliedstaaten. Die Erledigung dieser Aufgaben ist überwiegend im Stellenplan der zuständigen Ressorts berücksichtigt. 9. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass das mögliche Nichterreichen der EU-Effizienzziele für das Jahr 2020 im Zusammenhang mit der mangelnden Rechtsverbindlichkeit dieser Ziele steht? Die Europäische Kommission überprüft derzeit noch, ob das EU-Energieeffizienzziel durch die Verknüpfung aus indikativem Ziel und verbindlichen Maßnahmen für das Jahr 2020 erreicht wird und wird dazu im Juni/Juli 2014 einen Bericht vorlegen. Diesen Bericht gilt es zunächst einmal abzuwarten, bevor eine konkrete Positionierung zur Rechtsverbindlichkeit erfolgen kann. 10. Welche ökonomischen Auswirkungen hätte nach Kenntnis der Bundesregierung ein rechtlich verbindliches EU-Energieeffizienzziel von minus 40 Prozent für das Jahr 2030, und welchen Einfluss hätte dies auf ein deutsches Einsparziel für das Jahr 2030? Die Bundesregierung hat selber keine Untersuchungen zu den ökonomischen Auswirkungen eines rechtlich verbindlichen EU-Energieeffizienzziels von minus 40 Prozent für das Jahr 2030 und seinen Einfluss auf ein deutsches Einsparziel für das Jahr 2030 unternommen oder in Auftrag gegeben. Aufgrund einer im Auftrag des Bundesumweltministeriums erstellten Studie des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung (www.bmub.bund.de/ service/publikationen/downloads/details/artikel/policy-report/) liegen aber Kenntnisse über das in den Mitgliedstaaten der EU bis zum Jahr 2030 vorhan- dene wirtschaftliche Primärenergieeinsparpotenzial sowie die damit möglichen Einsparungen an Energiekosten in Haushalte und Industrie bei vollständiger Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/739 Ausschöpfung dieser Potenziale vor. Haushalte und Industrie könnten dieser Studie zufolge bis zum Jahr 2030 Energiekosten in Höhe eines dreistelligen Milliardenbetrages jährlich einsparen. 11. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass verbindliche Effizienzziele den Mitgliedstaaten größere Flexibilität ermöglichen als die Vorgabe konkreter Maßnahmen durch die EU-Ebene? Ob Effizienzziele den Mitgliedstaaten größere Flexibilität ermöglichen als die Vorgabe konkreter auf EU-Ebene erlassener Maßnahmen, hängt maßgeblich von der jeweiligen konkreten Ausgestaltung der Effizienzziele bzw. der Maßnahmen ab. 12. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Klimaziel von minus 40 Prozent Emissionsreduktion zum Referenzjahr 1990, das innerhalb der EU erreicht werden soll, tatsächlich nur einer Minderung der Treibhausgasemissionen von 35 bis 37 Prozent innerhalb der EU entspräche, wenn man die derzeit bei der Zielerreichung bis zum Jahr 2020 zulässigen Anrechnungen aus dem außereuropäischen Ausland mit einbezieht, und wenn ja, plant die Bundesregierung hinsichtlich der Anrechnungen aktiv zu werden? Das von der Europäischen Kommission vorgesehene 40-Prozent-Ziel für das Jahr 2030 ist als EU-internes Treibhausgasminderungsziel definiert, was eine Nutzung und Anrechnung weiterer internationaler Zertifikate zur Erreichung dieses Ziels ausschließt. Die Bundesregierung wird sich – entsprechend ihrer Position – für eine EU-interne Minderung von mindestens 40 Prozent einsetzen (vgl. auch Antwort zu Frage 1). 13. Ist aus Sicht der Bundesregierung ein EU-weites Klimaziel von minus 40 Prozent bis zum Jahr 2030 ein wirksames Signal in Richtung der UNVerhandlungen für eine neue Klimarahmenkonvention im Jahr 2015 in Paris auf der COP 21, um zu einem Erfolg zu kommen? Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass der Beschluss eines EU-internen Treibhausgasminderungsziels von mindestens minus 40 Prozent ein positives Signal für die Verhandlungen zum neuen Klimaschutzabkommen in Paris im Jahr 2015 sein wird. 14. Welchen Minderungsbeitrag der EU bis zum Jahr 2030 hält die Bundesregierung für den angemessenen Beitrag (fair share) der EU, um die 2-Grad-Obergrenze der Erderwärmung einzuhalten, und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang aus vorliegenden Studien u. a. von Ecofys und PBL (Planbureau voor de Leefomgeving), die auf einen „fair share“ kommen, der bei einer Minderung von deutlich mehr als 40 Prozent liegt? Es bestehen sehr stark divergierende Ansätze zur Definition eines „fairen“ Beitrags der EU zum globalen Klimaschutz. Dabei muss eine Vielzahl von Faktoren , u. a. auch die Minderungs- und ökonomischen Potenziale der einzelnen Länder, berücksichtigt werden. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass ein angemessener Beitrag der EU zur Erreichung des langfristigen Ziels einer Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 2 °C bis zum Jahr 2030 mindestens eine Minderung der Treibhausgase von minus 40 Prozent sein sollte. Drucksache 18/739 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 15. Wie ist das innerhalb der Bundesregierung vereinbarte EU-Klimaziel für das Jahr 2030 von „mindestens“ 40 Prozent genau zu interpretieren? Gibt es Überlegungen der Bundesregierung, ob über die beschlossenen 40 Prozent hinausgegangen werden soll, und wenn ja, in welcher Höhe? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 12 verwiesen. 16. Beabsichtigt die Bundesregierung, sich für eine Steigerung der Ambition der EU über das EU-interne Minderungsziel hinaus durch zusätzliche im Ausland erzielte Minderungen einzusetzen? Wenn ja, in welcher Höhe und unter Anlegung welcher Qualitätskriterien? Ein möglicher Beitrag durch die Nutzung von Zertifikaten nach dem Jahr 2020, die sowohl aus den reformierten Marktmechanismen des Kyoto-Protokolls als auch aus den von der EU angestrebten Neuen Marktmechanismen (NMM) kommen können, hängt vom Abschluss und der Ausgestaltung eines internationalen Klimaschutzabkommens ab. Dabei sollte auch das Ziel verfolgt werden, dass die wirtschaftlich leistungsfähigeren Entwicklungsländer einen Eigenbeitrag zu den Emissionsminderungsmaßnahmen leisten. Der bereits eingeschlagene Weg der EU, nur Zertifikate aus klimapolitisch integren Projekten, Programmen oder Maßnahmen zuzulassen, der im Rahmen des EU-Emissionshandels mit den sog. Nutzungsbeschränkungen (use restrictions) gegangen wurde, sollte fortgesetzt werden. Bei der Nutzung internationaler Zertifikate kommt es nach Auffassung der Bundesregierung sowohl auf das internationale Regelwerk als auch auf die Verantwortung der Nutzer der Zertifikate an. Ergänzend wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 12 verwiesen. 17. Was bedeutet nach Schlussfolgerung der Bundesregierung ein auf der Ebene der Mitgliedstaaten fehlendes verbindliches Ziel für erneuerbare Energien bis zum Jahr 2030 aus Sicht der Bundesregierung für die nationale Energiewende in Deutschland? Deutschland hat sich ambitionierte verbindliche nationale Ausbauziele im Bereich erneuerbaren Energien für das Jahr 2030 und darüber hinaus gesetzt. An diesen nationalen Zielen hält die Bundesregierung fest. Die Energiewende ist jedoch kein autarkes Projekt. Der Umbau der Energieversorgung führt zu Herausforderungen , die im europäischen Verbund gelöst werden sollten. In diesem Zusammenhang ist ein gemeinsames Verständnis in Europa über die Richtung unserer Energiepolitik zentral, auch wenn nicht jeder Mitgliedstaat dabei genau den gleichen Weg gehen wird. Aus Sicht der Bundesregierung sind darum ein verbindliches EU-Ziel sowie ein verlässlicher und unterstützender EU-Rahmen für erneuerbare Energien auch für die Umsetzung der Energiewende in Deutschland wichtig. 18. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die Europäische Kommission mit ihrem Vorschlag zu den 2030-Zielen vor allem auf großtechnische Strukturen in der Stromerzeugung setzt, und befürchtet die Bundesregierung hierdurch eine nachteilige Entwicklung für die Energiewende in Deutschland? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung sieht nicht, dass durch die Vorschläge der Europäischen Kommission großtechnische Anlagen der Stromerzeugung bevorzugt würden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/739 19. Hat die Bundesregierung Kenntnis von Schätzungen oder Berechnungen über die Höhe der entgangenen Einnahmen deutscher Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien durch eine Abkehr von der Systematik verbindlicher nationaler Erneuerbaren-Ziele im EU-Raum, und wenn nicht, wird die Bundesregierung solche selber in Auftrag geben? Die Förderung der erneuerbaren Energien hängt entscheidend vom entsprechenden Fördersystem im jeweiligen Mitgliedstaat ab. Deutschland hat sich ambitionierte verbindliche nationale Ausbauziele im Bereich der erneuerbaren Energien für das Jahr 2030 und darüber hinaus gesetzt. An diesen nationalen Zielen hält die Bundesregierung fest. Eine Bewertung, inwieweit dies auch auf andere Mitgliedstaaten zutrifft, ist nicht Aufgabe der Bundesregierung. 20. Geht die Bundesregierung von Wettbewerbsvor- oder -nachteilen für deutsche Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbare Energien aus, wenn andere EU-Mitgliedstaaten verstärkt in fossile und nukleare Großtechnologien investieren, und wenn nein, warum nicht? Je mehr Mitgliedstaaten auf erneuerbare Energien setzten, desto mehr Marktchancen ergeben sich für Unternehmen aus dem Bereich erneuerbare Energien, international operierende deutsche Unternehmen eingeschlossen. Innerhalb Deutschland setzt die Bundesregierung weiterhin auf den Ausbau der erneuerbaren Energien und auf die entsprechenden Ausbauziele des Energiekonzepts. 21. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Aussage aus dem Bericht des Fraunhofer-Instituts für System - und Innovationsforschung ISI, „Analysis of a European Reference Target System for 2030“, dass ein einzelnes Treibhausgasziel für das Jahr 2030 kaum zusätzliche Energieeinsparung anreizen würde und eine wichtige Gelegenheit verstreichen würde, um Energieverschwendung und die hohen Ausgaben Europas für Energieimporte zu verringern, wohingegen verbindliche Effizienzmaßnahmen Haushalten und Industrie im Jahr 2030 netto jährlich geringere Energierechnungen in Höhe von 240 Mrd. Euro bescheren würde (und ca. 500 Mrd. Euro im Jahr 2050)? Aussagen aus Berichten und Studien, an deren Erstellung die Bundesregierung nicht beteiligt war, werden durch sie nicht bewertet. 22. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung mit Blick auf ihre eigenen Pläne zur Regulierung der Fracking-Technologie aus den Empfehlungen der Europäischen Kommission zur Schiefergasförderung mittels Fracking und die Ankündigung von EU-Umweltkommissar Janez Potocnik, keine verbindliche europäische Regulierung zur Schiefergasförderung anzustreben? Die Bundesregierung begrüßt grundsätzlich die Mitteilung und die Empfehlungen der Europäischen Kommission zum Thema „Schiefergas“. Die meisten der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Punkte sind bereits Standard des deutschen Genehmigungsprozesses bei der konventionellen Erdöl- und Erdgasförderung. Wie im Koalitionsvertrag angekündigt, beabsichtigt die Bundesregierung jedoch zusätzlich, die Vorgaben für eine Umweltverträglichkeitsprüfung bei bergbaulichen Vorhaben und das Wasserhaushaltsgesetz mit Blick auf „Fracking-Maßnahmen“ kurzfristig anzupassen. Die Empfehlungen der Kommission werden hierbei auch in die Überlegungen mit einbezogen. Drucksache 18/739 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Momentan scheint es aus Sicht der Bundesregierung angemessen, auf EU-Ebene eher im Rahmen von Empfehlungen als im Kontext neuer Legislativmaßnahmen zu agieren. Die Europäische Kommission wird die Umsetzung ihrer Empfehlungen an die Mitgliedstaaten nach 18 Monaten überprüfen und bewerten. Auf dieser Grundlage wird die Europäischen-Kommission entscheiden, ob sie Rechtsvorschläge mit rechtsverbindlichen Vorschriften für die Exploration und Förderung von Kohlenwasserstoffen durch Fracking vorlegen wird. 23. Welche Auswirkungen auf den Einsatz der Fracking-Technologie zur Schiefergasförderung in den Mitgliedstaaten erwartet die Bundesregierung aufgrund der Empfehlungen der Europäischen Kommission, und welche Folgen für den Ausbau der erneuerbaren Energien in der EU könnte dies nach sich ziehen? Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Mitgliedstaaten, die sich für die Förderung von Kohlenwasserstoffen durch Fracking entscheiden, die Empfehlungen der Europäischen Kommission entsprechend umsetzen werden. Die Bundesregierung trifft jedoch keine Annahmen, welche Mitgliedstaaten mittelbis langfristig unkonventionelles Erdgas mit Hilfe der Fracking-Technologie fördern werden und in welchem Ausmaß. 24. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Auswirkungen auf die Bilanz der Treibhausgasemissionen der EU durch den möglichen EUweiten Ausbau der Schiefergasförderung? Das vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit beauftragte und vom Umweltbundesamt begleitete Forschungsvorhaben „Umweltauswirkungen von Fracking bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten“ untersucht unter anderem die Auswirkungen der Förderung von Kohlenwasserstoffen durch Fracking auf die Treibhausgasemissionen. Endgültige Ergebnisse des Vorhabens liegen bisher noch nicht vor. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333