Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 4. Februar 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/7486 18. Wahlperiode 08.02.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Annette Groth, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/7328 – Auslieferungen mithilfe des Europäischen Haftbefehls: Der Fall Tomás Elgorriaga Kunze V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 16. November 2015 wurde der spanische Staatsangehörige Tomás Elgorriaga Kunze nach mehr als einem Jahr in Auslieferungshaft auf Grundlage eines Europäischen Haftbefehls von Mannheim aus an Frankreich ausgeliefert (Neues Deutschland vom 25. November .2015). Brisant ist dieser Fall aus Sicht der Fragesteller vor dem Hintergrund, dass Tomás Elgorriaga Kunze nach der Festnahme in Spanien 1998 während der sogenannten „Detención incomunicada “ schwer gefoltert wurde und über mehrere Tage keinen Zugang zu Anwälten oder Angehörigen hatte (www.badische-zeitung.de/freiburg/wer-ist-derangebliche -eta-terrorist-aus-freiburg--105582568.html). In vergleichbaren Fällen hat Frankreich in der Vergangenheit Personen bereits an Spanien überstellt (www.univie.ac.at/bimtor/dateien/cat_2002_p.e._v_france.pdf; www. humanrights.ch/upload/pdf/091215_negCAT_Entscheid_GK_Deutschland_ Com219_2002.pdf). Deshalb ist nicht auszuschließen, dass Tomás Elgorriaga Kunze nach der Auslieferung an Frankreich anschließend wieder nach Spanien ausgeliefert wird, wo ihm aus Sicht der Fragesteller erneut Folter drohen könnte. Spanien wurde erst im April ein weiteres Mal durch den UN-Ausschuss gegen Folter kritisiert und in Übereinstimmung mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aufgefordert, die Praxis der Isolationshaft bei Terrorismusverdacht abzuschaffen (www.ohchr.org/en/NewsEvents/Pages/DisplayNews. aspx?LangID=E&NewsID=15905). Auch Amnesty International kritisiert im Länderbericht 2015 für Spanien, dass die Definitionen für Folter und Verschwindenlassen in der spanischen Gesetzgebung weiterhin nicht internationalen Menschenrechtsstandards genügen. Nach Aussagen des Umfelds von Tomás Elgorriaga Kunze durfte er keine persönlichen Gegenstände (nicht einmal seine Brille) mitnehmen und ihm wurde kein richterlicher Beschluss vorgelegt. Seine Versuche, politisches Asyl zu beantragen , wurden ignoriert. Auch wurden seine Anwälte nicht informiert, sondern erst im Nachhinein über seine Auslieferung nach Paris in Kenntnis gesetzt. Fast drei Tage lang wussten weder Angehörige noch Anwälte, wo sich Tomás Elgorriaga Kunze befand. Tomás Elgorriaga Kunze ist zwar spanischer Staatsangehöriger , hat jedoch eine Mutter mit deutscher Staatsangehörigkeit. Ein bei Drucksache 18/7486 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode deutschen Behörden eingereichtes Gesuch zur Einbürgerung ist dort angeblich unauffindbar. Obwohl, wie das Beispiel Spanien aus Sicht der Fragesteller zeigt, in einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union deutliche Defizite im Bereich der Menschenrechte existieren, wird mit dem Europäischen Haftbefehl ein deutlich verkürztes und vereinfachtes Auslieferungsverfahren praktiziert. Im Rahmen des Prüfungsverfahrens werden lediglich formelle und materielle Anforderungen geprüft. Eine Überprüfung, ob die erhobenen Tatvorwürfe zutreffen, oder unter welchen Bedingungen Urteile oder Gründe für die Ausstellung des Haftbefehls zustande gekommen sind, findet nicht statt. Alleine in den Jahren 2007 und 2008 wurden von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union 1 313 Auslieferungen bewilligt (Bundestagsdrucksache 16/12243). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Durch Nummer 1 Satz 1 der Zuständigkeitsvereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Länder wurde die Bewilligungszuständigkeit für ein- und ausgehende Ersuchen in allen Angelegenheiten des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen mit einem EU-Mitgliedstaat an die Landesregierungen übertragen. Eine Zuständigkeit der Bundesregierung zur Bewilligung einzelner Ersuchen besteht daher grundsätzlich nicht. Über ein- und ausgehende Ersuchen von bzw. an einen EU-Mitgliedstaat ist die Bundesregierung nach Nummer 8 der Zuständigkeitsvereinbarung nur in Fällen besonderer Bedeutung in politischer, rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht zu informieren. Darüber hinaus informieren die Landesjustizverwaltungen das Bundesamt für Justiz aus statistischen Gründen über die Daten der einzelnen Überstellungsverfahren. Aus diesem Grund liegen der Bundesregierung grundsätzlich keine vertieften Erkenntnisse zu konkreten Überstellungsverfahren vor. 1. Wie viele Europäische Haftbefehle sind seit 2009, und aus welchen Ländern zum Zwecke der Vollstreckung an die Bundesrepublik Deutschland übersandt worden (bitte nach Jahren darstellen)? Mitgeteilt werden die Zahlen beim Bundeskriminalamt eingehender Europäischer Haftbefehle. Einzelne, unmittelbar an die zuständigen Generalstaatsanwaltschaften übersandte Europäische Haftbefehle werden statistisch nicht erfasst. Eine Differenzierung danach, ob die Europäischen Haftbefehle zur Strafverfolgung oder zur Strafvollstreckung ausgestellt wurden, und in welchem Staat die Europäischen Haftbefehle ausgestellt wurden, findet nicht statt. Die statistischen Daten für das Jahr 2015 liegen noch nicht vor. 2009 13.452 2010 14.022 2011 14.211 2012 12.359 2013 12.392 2014 13.383 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7486 a) Wie viele wurden vollstreckt? Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich die Fragen 1a bis 1d auf die Fälle beziehen, in denen eine durch europäischen Haftbefehl gesuchte Person in Deutschland angetroffen und über die Überstellung entschieden wurde. Als „vollstreckt “ werden die Fälle angegeben, in denen eine Übergabe an den Ausstellungsstaat erfolgt. 2009 982 2010 1.006 2011 979 2012 944 2013 1.141 2014 1.197 b) Wie viele wurden nicht vollstreckt? 2009 226 2010 213 2011 182 2012 160 2013 209 2014 211 Hinweis: Die vorstehend genannten Zahlen umfassen sowohl Ersuchen, die aufgrund von Zurückweisungsgründen von der Bundesrepublik Deutschland nicht vollstreckt wurden, als auch Ersuchen, die vom Ausstellungsstaat selbst zurückgenommen wurden. c) Welche Gründe lagen den jeweiligen Nichtvollstreckungen zugrunde? 2009 Der Verfolgte hält sich nicht in Deutschland auf: 14 Der Europäische Haftbefehl entspricht nicht den formalen Voraussetzungen: 7 Die Straftat ist nach dem Recht des ersuchten Mitgliedstaates nicht mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens 12 Monaten bedroht: 1 Die zu vollstreckende restliche Freiheitsstrafe liegt unter vier Monaten: 1 Der Verfolgte wurde wegen derselben Tat bereits in einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig verurteilt : 3 Die Vollstreckung wird aufgrund eines Abwesenheitsurteils erbeten, ohne dass die in Artikel 5 des Rahmenbeschlusses zulässigen Bedingungen erfüllt werden: 4 Die Verfolgung oder Vollstreckung ist nach deutschem Recht verjährt: 42 Die beiderseitige Strafbarkeit ist bei einer Straftat, die nicht zum Katalog des Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses zählt, nicht gegeben: 6 Drucksache 18/7486 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Auslieferung würde gegen den europäischen Ordre public verstoßen: 2 Gegen den Verfolgten wird wegen derselben Tat in Deutschland ein strafrechtliches Verfahren geführt : 5 Ein Ausländer, der in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, hat der Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung nicht zugestimmt: 34 Die Rücküberstellung eines zur Strafverfolgung ausgelieferten deutschen Staatsangehörigen zur Verbüßung der Straftat ist nicht gesichert: 2 Bei der einem deutschen Staatsangehörigen vorgeworfenen Straftat liegt ein maßgeblicher Inlandsbezug im Sinne des § 80 Absatz 2 IRG vor: 2 Ein deutscher Staatsangehöriger hat der Auslieferung zur Strafvollstreckung nicht zugestimmt: 47 Sonstiges (Tod des Verfolgten, Aufenthalt im Drittstaat): 4 2010 Der Europäische Haftbefehl entspricht nicht den formalen Voraussetzungen: 9 Die Straftat ist nach dem Recht des ersuchten Mitgliedstaates nicht mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens 12 Monaten bedroht: 1 Die zu vollstreckende restliche Freiheitsstrafe liegt unter vier Monaten: 1 Der Verfolgte wurde wegen derselben Tat bereits in einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig verurteilt : 3 Die Vollstreckung wird aufgrund eines Abwesenheitsurteils erbeten, ohne dass die in Artikel 5 des Rahmenbeschlusses zulässigen Bedingungen erfüllt werden: 7 Die Verfolgung oder Vollstreckung ist nach deutschem Recht verjährt: 24 Die beiderseitige Strafbarkeit ist bei einer Straftat, die nicht zum Katalog des Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses zählt, nicht gegeben: 16 Die Auslieferung würde gegen den europäischen Ordre public verstoßen: 1 Gegen den Verfolgten wird wegen derselben Tat in Deutschland ein strafrechtliches Verfahren geführt : 3 Es kann nicht erwartet werden, dass der ersuchende Staat ein gleichartiges deutsches Ersuchen bewilligen würde (fehlende Gegenseitigkeit): 3 Ein Ausländer, der in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, hat der Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung nicht zugestimmt: 32 Die Rücküberstellung eines zur Strafverfolgung ausgelieferten deutschen Staatsangehörigen zur Verbüßung der Straftat ist nicht gesichert: 2 Bei der einem deutschen Staatsangehörigen vorgeworfenen Straftat liegt ein maßgeblicher Inlandsbezug im Sinne des § 80 Absatz 2 IRG vor: 2 Ein deutscher Staatsangehöriger hat der Auslieferung zur Strafvollstreckung nicht zugestimmt: 50 Zwei Verfolgte sind geflohen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7486 2011 Der Verfolgte hält sich nicht in Deutschland auf: 7 Der Europäische Haftbefehl entspricht nicht den formalen Voraussetzungen: 6 Die Straftat ist nach dem Recht des ersuchten Mitgliedstaates nicht mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens 12 Monaten bedroht: 1 Der Verfolgte wurde wegen derselben Tat bereits in einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig verurteilt : 1 Die Vollstreckung wird aufgrund eines Abwesenheitsurteils erbeten, ohne dass die in Artikel 5 des Rahmenbeschlusses zulässigen Bedingungen erfüllt werden: 18 Die Verfolgung oder Vollstreckung ist nach deutschem Recht verjährt: 19 Die beiderseitige Strafbarkeit ist bei einer Straftat, die nicht zum Katalog des Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses zählt, nicht gegeben: 9 Die Auslieferung würde gegen den europäischen Ordre public verstoßen: 1 Gegen den Verfolgten wird wegen derselben Tat in Deutschland ein strafrechtliches Verfahren geführt : 1 Es kann nicht erwartet werden, dass der ersuchende Staat ein gleichartiges deutsches Ersuchen bewilligen würde (fehlende Gegenseitigkeit): 1 Ein Ausländer, der in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, hat der Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung nicht zugestimmt: 22 Ein deutscher Staatsangehöriger hat der Auslieferung zur Strafvollstreckung nicht zugestimmt: 44 Wegen derselben Tat, die dem Ersuchen zugrunde liegt, wurde die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens abgelehnt oder ein bereits eingeleitetes Verfahren eingestellt: 2 Dem Auslieferungsersuchen eines dritten Staates wurde der Vorrang eingeräumt: 3 2012 Der Verfolgte hält sich nicht in Deutschland auf: 5 Der Europäische Haftbefehl entspricht nicht den formalen Voraussetzungen: 6 Die Straftat ist nach dem Recht des ersuchten Mitgliedstaates nicht mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens 12 Monaten bedroht: 1 Der Verfolgte wurde wegen derselben Tat bereits in einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig verurteilt : 1 Die Vollstreckung wird aufgrund eines Abwesenheitsurteils erbeten, ohne dass die in Artikel 5 des Rahmenbeschlusses zulässigen Bedingungen erfüllt werden: 17 Die Verfolgung oder Vollstreckung ist nach deutschem Recht verjährt: 16 Die beiderseitige Strafbarkeit ist bei einer Straftat, die nicht zum Katalog des Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses zählt, nicht gegeben: 11 Die Auslieferung würde gegen den europäischen Ordre public verstoßen: 3 Gegen den Verfolgten wird wegen derselben Tat in Deutschland ein strafrechtliches Verfahren geführt : 3 Drucksache 18/7486 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Ein Ausländer, der in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, hat der Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung nicht zugestimmt: 22 Ein deutscher Staatsangehöriger hat der Auslieferung zur Strafvollstreckung nicht zugestimmt: 35 Dem Auslieferungsersuchen eines dritten Staates wurde der Vorrang eingeräumt: 2 2013 Der Verfolgte hält sich nicht in Deutschland auf: 11 Der Europäische Haftbefehl entspricht nicht den formalen Voraussetzungen: 18 Die Straftat ist nach dem Recht des ersuchten Mitgliedstaates nicht mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens 12 Monaten bedroht: 2 Der Verfolgte wurde wegen derselben Tat bereits in einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig verurteilt (Doppelbestrafung): 1 Die Verurteilung erreicht das Mindestmaß von vier Monaten Freiheitsstrafe nicht: 1 Die Vollstreckung wird aufgrund eines Abwesenheitsurteils erbeten, ohne dass die in Artikel 5 des Rahmenbeschlusses zulässigen Bedingungen erfüllt werden: 21 Die Verfolgung oder Vollstreckung ist nach deutschem Recht verjährt: 19 Die beiderseitige Strafbarkeit ist bei einer Straftat, die nicht zum Katalog des Artikels 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses zählt, nicht gegeben: 13 Die Auslieferung würde gegen den europäischen Ordre public verstoßen: 5 Gegen den Verfolgten wird wegen derselben Tat in Deutschland ein strafrechtliches Verfahren geführt : 6 Ein Ausländer, der in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, hat der Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung nicht zugestimmt: 18 Keine Zusicherung der Rücküberstellung: 1 Ein deutscher Staatsangehöriger hat der Auslieferung zur Strafvollstreckung nicht zugestimmt: 47 Wegen derselben Tat, die dem Ersuchen zugrunde liegt, wurde die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens abgelehnt oder ein bereits eingeleitetes Verfahren eingestellt: 1 Deutscher Staatsangehöriger, Tat mit Inlandsbezug: 2 Dem Auslieferungsersuchen eines dritten Staates wurde der Vorrang eingeräumt: 2 2014 Die Vorgaben der Statistik zur Differenzierung der Ablehnungsgründe wurden ab 2014 geändert. Artikel 3.2 Rahmenbeschluss: 1 Artikel 4.1 Rahmenbeschluss: 3 Artikel 4.2 Rahmenbeschluss: 1 Artikel 4.4 Rahmenbeschluss: 21 Artikel 4.6 Rahmenbeschluss: 49 Artikel 4.7 Rahmenbeschluss: 2 Verhandlung in Abwesenheit des Angeklagten, ohne die Anforderungen zu erfüllen (Artikel 4a Rahmenbeschluss, der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI eingefügt wurde): 22 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/7486 Fehlende Garantie für die Rücküberstellung eines eigenen Staatsangehörigen / eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, zur Strafverbüßung (Artikel 5 Absatz 3 Rahmenbeschluss ): 2 Der Inhalt des europäischen Haftbefehls entspricht nicht den Anforderungen des Rahmenbeschlusses (Artikel 8 Rahmenbeschluss): 8 Fehlende erbetene zusätzliche Informationen (Artikel 15 Absatz 2 Rahmenbeschluss): 1 Erfordernis einer Mindesthöchststrafe von zwölf Monaten (Artikel 2 Absatz 1 Rahmenbeschluss) nicht erfüllt: 1 Strafe unter vier Monaten (Artikel 2 Absatz 1 Rahmenbeschluss): 0 Vorrang eines konkurrierenden Ersuchens (Artikel 16 Absätze 1, 3 und 4 Rahmenbeschluss): 1 Grundrechte (Artikel 1 Absatz 3 Rahmenbeschluss): 1 Sonstige: 38 Hinweis: Für die Nichtvollstreckung eines Ersuchens kann es unter Umständen mehr als einen Grund geben. In diesem Fall wird jeder der einschlägigen Gründe gesondert statistisch erfasst. d) Wie viele deutsche Staatsangehörige befanden sich unter den übergebenen Personen? 2009 41 2010 33 2011 26 2012 28 2013 35 2014 39 2. Wie viele Europäische Haftbefehle sind seit 2009 zum Zwecke der Vollstreckung aus der Bundesrepublik Deutschland an welche Staaten übersandt worden? 2009 2.433 2010 2.096 2011 2.138 2012 1.984 2013 1.932 2014 2.219 Europäische Haftbefehle werden in das Schengener Informationssystem eingestellt . Sie sind damit für alle teilnehmenden Staaten ersichtlich. Drucksache 18/7486 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) Wie viele wurden vollstreckt? 2009 777 2010 835 2011 855 2012 1.104 2013 900 2014 965 b) Wie viele wurden nicht vollstreckt? Statistische Daten liegen nicht vor. c) Welche Gründe lagen den jeweiligen Nichtvollstreckungen zugrunde? Statistisch aussagekräftige Informationen zu Ablehnungsgründen, die der ersuchte Staat geltend gemacht hat, liegen der Bundesregierung nicht vor. d) Wie viele deutsche Staatsangehörige befanden sich unter den übergebenen Personen? 2009 301 2010 299 2011 231 2012 230 2013 210 Die Zahl bezieht sich auf die Gesamtzahl übergebener Personen ausschließlich deutscher Staatsangehörigkeit. Eine Differenzierung nach der Grundlage der Auslieferung (Strafverfolgung oder Strafvollstreckung) findet nicht statt. Das statistische Datum für 2014 liegt noch nicht vor. 3. Wie bewertet die Bundesregierung die Auslieferungspraxis auf Grundlage des Europäischen Haftbefehls hinsichtlich der Menschenrechtslage in Mitgliedstaaten der Europäischen Union? Der Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl beruht auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten und geht davon aus, dass alle Mitgliedstaaten regelmäßig das Unionsrecht und insbesondere die dort anerkannten Grundrechte beachten. In besonders gelagerten Ausnahmefällen sieht der Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl die Möglichkeit vor, eine Überstellung abzulehnen. Das hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt in einer Entscheidung vom 15. Dezember 2015 – 2 BvR 2735/14 – ausdrücklich bestätigt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/7486 4. Welche Kenntnisse besitzt die Bundesregierung darüber, ob aufgrund eines Europäischen Haftbefehls von der Bundesrepublik Deutschland ausgelieferte Personen anschließend von Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung betroffen waren? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 5. Wie schließt die Bundesregierung aus, dass dem Europäischen Haftbefehl keine Urteile zu Grunde liegen, die auf Aussagen, die unter Folter zustande gekommen sind, basieren? Die Entscheidungen über die Zulässigkeit und die Bewilligung der Überstellung in einen EU-Mitgliedstaat werden von den zuständigen Gerichten und Staatsanwaltschaften der Länder getroffen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 6. Wie bewertet die Bundesregierung die Anwendung des erst 2006 in Deutschland in Kraft getretenen Europäischen Haftbefehls nach nunmehr neun Jahren Anwendung? Der Überstellungsverkehr nach dem Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl hat den Auslieferungsverkehr vereinfacht. Der Rahmenbeschluss stellt ein geeignetes Mittel dar, um die Strafverfolgung in dem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem Freizügigkeit herrscht, effizient zu gestalten und Rechtssicherheit zu gewährleisten. 7. Was ist der Bundesregierung über Diskussionen zur Erweiterung des Europäischen Haftbefehls, etwa hinsichtlich einer „Europäischen Fahndungsanordnung “ bekannt? Der Bundesregierung ist hierzu nichts bekannt. 8. Welche Fälle eines möglichen Missbrauchs oder Fehlgebrauchs des Europäischen Haftbefehls durch andere EU-Mitgliedstaaten wurden der Bundesregierung seit 2009 bekannt, und in welchen Mitgliedstaaten ereigneten sich diese? Zu einem bewussten Miss- oder Fehlgebrauch des Europäischen Haftbefehls durch EU-Mitgliedstaaten liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 9. Welche der in der Tageszeitung „the guardian“ berichteten Mängel in der Umsetzung und Anwendung des Europäischen Haftbefehls in anderen EU- Mitgliedstaaten sind der Bundesregierung seit 2009 bekannt geworden („Door thief, piglet rustler, pudding snatcher: British courts despair at extradition requests“, „the guardian“ vom 20. Oktober 2008)? Bei den in dem Artikel geschilderten Fällen könnte es sich um Verstöße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz handeln. Solche Verstöße sind in nennenswerter Zahl nur in den ersten Jahren nach Umsetzung des Rahmenbeschlusses aufgetreten. Drucksache 18/7486 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Inwiefern wurde das auf Bundestagsdrucksache 16/12243 skizzierte Problem einer Verweigerung ohne Verweigerungsgrund, einer mitunter fehlenden Verhältnismäßigkeit, einer langen Bearbeitungsdauer, einer im Rahmenbeschluss nicht vorgesehenen Anforderung umfangreicher weiterer Unterlagen oder einer für die Übersetzung des Europäischen Haftbefehls in die Landessprache zu kurzen vorgegebenen Frist aus Sicht der Bundesregierung inzwischen behoben? Aus Sicht der Bundesregierung hat sich die praktische Zusammenarbeit auch in diesen Punkten erheblich verbessert. 11. Welche Fälle wurden der Bundesregierung seit 2009 bekannt, in denen der Wegfall der Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit zur Anerkennung und Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls aufgrund einer Tat geführt hat, die in der Bundesrepublik Deutschland nicht strafbewehrt ist? Die Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit entfällt lediglich bei den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses aufgezählten Katalogtaten. Der Bundesregierung liegen zu der Frage keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 12. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche EU-Mitgliedstaaten die Richtlinie der „Europäischen Ermittlungsanordnung“ inzwischen innerstaatlich umgesetzt haben, und wann beabsichtigt die Bundesregierung, einen Gesetzentwurf für eine „Europäische Ermittlungsanordnung“ vorzulegen (Bundestagsdrucksache 18/1439)? Die europarechtliche Frist zur Umsetzung der Richtlinie über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen läuft bis zum 22. Mai 2017. Die Bundesregierung strebt eine pünktliche Umsetzung an (siehe bereits die Antwort auf die Kleine Anfrage 18/7183, Frage 32). Bezüglich der Umsetzungsstände in den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 13. Welche Ermittlungen hat die Generalbundesanwaltschaft nach § 129a und § 129b des Strafgesetzbuches (StGB) gegen Tomás Elgorriaga Kunze angestellt ? Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) hat am 11. November 2014 ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten Tomas Elgorriaga Kunze wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland gemäß § 129a Absatz 1 Nummer 2, Absatz 2 Nummer 2, § 129b Absatz 1 Satz 1 des Strafgesetzbuchs (StGB), der Urkundenfälschung gemäß § 267 Absatz 1 und Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 StGB, der bandenmäßigen Vorbereitung der Fälschung von amtlichen Ausweisen gemäß § 275 Absatz 1 Nummer 1 und 3, Absatz 3 StGB und des bandenmäßigen Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen gemäß § 276 Absatz 1 Nummer 2, Absatz 2 StGB eingeleitet . Die Ermittlungen dauern an. 14. Welche deutschen Behörden waren nach Kenntnis der Bundesregierung über die Festnahme und die Ermittlungen gegen Tomás Elgorriaga Kunze informiert oder involviert? Unmittelbar nach Übernahme der Strafverfolgung durch den GBA hat das Bundeskriminalamt gemäß § 4 Absatz 3 des Bundeskriminalamtsgesetzes bundesweit Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/7486 sämtliche Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden über die Festnahme und die Ermittlungen gegen den Beschuldigten Elgorriaga Kunze unterrichtet. 15. Woher stammten die Erkenntnisse über den Aufenthaltsort von Tomás Elgorriaga Kunze, die schließlich zu seiner Verhaftung führten (bitte die genaue Bezeichnung der Behörden angeben)? Die Festnahme mit dem Ziel der Überstellung nach Frankreich erfolgte aufgrund eines Hinweises spanischer Sicherheitsbehörden. Ein nationaler Haftbefehl aus dem Ermittlungsverfahrens des GBA wurde am 19. November 2014 vollstreckt. Dem lag die durch das Bundeskriminalamt mitgeteilte Information zugrunde, dass sich der Beschuldigte Elgorriaga Kunze in vorläufiger Auslieferungshaft in der Justizvollzugsanstalt Mannheim befand. 16. Inwiefern trifft es zu, dass zwar formell der Generalstaatsanwalt des Landes Baden-Württembergs den Beschluss der Auslieferung von Tomás Elgorriaga Kunze des Oberlandesgerichtes umsetzen musste, dieser aber auf Weisung oder in Kooperation mit dem Generalbundesstaatsanwalt handelte? Der Generalstaatsanwalt in Karlsruhe hat weder auf Weisung noch in Kooperation mit dem GBA einen Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe betreffend die Auslieferung des Beschuldigten Elgorriaga Kunze umgesetzt. 17. Inwiefern haben die Bundesregierung bzw. die Generalbundesanwaltschaft geprüft, inwiefern die Aussagen, die zu Ermittlungen und schließlich zum Europäischen Haftbefehl bzw. zum Auslieferungsverfahren von Tomás Elgorriaga Kunze führten, unter Folter zustande gekommen sein könnten? Aus den bisherigen Ermittlungen des GBA haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass seinen Erkenntnissen Aussagen zugrunde liegen, die unter Folter zustande gekommen sein könnten. Darüber hinaus war der GBA am Verfahren zur Entscheidung über das Ersuchen der Republik Frankreich um Auslieferung des Beschuldigten Elgorriaga Kunze nicht beteiligt und somit zu einer Beurteilung der Frage der Verwertbarkeit der den Europäischen Haftbefehlen und dem Auslieferungsersuchen zugrundeliegenden Informationen nicht berufen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 18. Auf welche Weise waren Bundesbehörden in das Auslieferungsverfahren gegen Tomás Elgorriaga Kunze involviert? Die Bundespolizeiinspektion Offenburg, Bundespolizeirevier Kehl, war in ihrer Funktion als Übergabe-/Übernahmebehörde an der Übergabe des Verfolgten an französische Behörden am 16. November 2015 beteiligt. Bundesbehörden waren im Übrigen in die Entscheidung über die Zulässigkeit und die Bewilligung der Überstellung des Verfolgten nach Frankreich sowie in die tatsächliche Überstellung nicht eingebunden. 19. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den konkreten Ablauf der Auslieferung von Tomás Elgorriaga Kunze an Frankreich? a) Sind der Bundesregierung Verfahrensfehler bei der Auslieferung bekannt ? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Drucksache 18/7486 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Hat nach Kenntnis der Bundesregierung ein richterlicher Beschluss vorgelegen , auf dessen Grundlage die Auslieferung vollzogen wurde? Das OLG Karlsruhe hat mit Beschluss vom 10. November 2015 die Auslieferung nach Frankreich für zulässig erklärt. c) Wurde Tomás Elgorriaga Kunze nach Kenntnis der Bundesregierung der richterliche Beschluss vorgelegt? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. d) Sofern dies nicht erfolgte, aus welchem Grund wurde kein Auslieferungsbeschluss vorgezeigt? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 20. Wie bewertet die Bundesregierung angesichts der Beteiligung des Generalbundesstaatsanwalts an dem Verfahren die von Tomás Elgorriaga Kunze vorgetragene Tatsache, dass ihm verweigert wurde bei der Abschiebeprozedur seine Brille aus der Zelle der Justizvollzugsanstalt (JVA) Mannheim mitzunehmen und er dadurch die aus seiner Sicht rechtswidrig handelnden beteiligten Beamtinnen und Beamten nicht identifizieren konnte? Der Generalbundesanwalt war an dem Überstellungsverfahren nicht beteiligt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 21. Hat die Bundesregierung davon Kenntnis, dass Tomás Elgorriaga Kunze vor seiner Auslieferung politisches Asyl in Deutschland beantragt hat? a) Wenn ja, welche Auswirkungen hatte dieser Asylantrag auf das Auslieferungsverfahren ? b) Wurde der Asylantrag formell aufgenommen? c) Über welche eigenen Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung zu dem von Tomás Elgorriaga Kunze vorgetragenen Vorwurf, die Justizbehörden der JVA Mannheim hätten sein mehrfach wiederholtes Gesuch auf einen Asylantrag ignoriert? d) Sofern dies zutreffen sollte, inwiefern hätten sich die Beamtinnen und Beamten aus Sicht der Bundesregierung dadurch strafbar gemacht? Die Fragen 21a bis 21d werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung äußert sich grundsätzlich nicht zu einzelnen Asylverfahren. Nach Maßgabe von Artikel 30 Buchstabe a der Richtlinie 2013/32/EU sind Asylanträge vertraulich zu behandeln; dem würde eine öffentlich zugängliche Äußerung zu gestellten Asylanträgen widersprechen. 22. Sind der Bundesregierung die kritischen Schilderungen von Tomás Elgorriaga Kunze über seine Auslieferung nach Frankreich bekannt, und wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333