Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 9. Februar 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/7501 18. Wahlperiode 11.02.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Katrin Kunert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/7345 – Entwicklung der Zahl per Haftbefehl gesuchter Neonazis V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In den vergangenen Jahren hat sich die Fraktion DIE LINKE. mehrfach in Form von Kleinen Anfragen danach erkundigt, wie viele per Haftbefehl gesuchte Neonazis sich ihrer Festnahme entziehen. Zum Zeitpunkt der letzten Kleinen Anfrage nannte die Bundesregierung im August 2014 die Zahl von 253 Personen (Bundestagsdrucksache 18/2283). 70 von diesen wurden wegen eines politisch motivierten Deliktes (Politisch motivierte Kriminalität, PMK) gesucht, 64 wegen eines Gewaltdeliktes. Bei einer Aktualisierung wurden 372 Personen genannt , davon ebenfalls 70 wegen eines PMK-Deliktes, allerdings 98 wegen einer Gewalttat (Antwort der Bundesregierung auf die Schriftlichen Fragen 27 des Abgeordneten Frank Tempel vom 28. Dezember 2015 und 23 der Abgeordneten Irene Mihalic vom 29. Dezember 2015 auf Bundestagsdrucksache 18/7211). Kennzeichnend für die diesbezüglichen Statistiken ist zwar eine hohe Fluktuation , d. h. die Mehrzahl der Haftbefehle erledigt sich (durch Festnahme oder Aufhebung) innerhalb weniger Monate. Festzustellen ist aber auch, dass ein bemerkenswert hoher Anteil der Gesuchten sich seiner Festnahme über längere Zeit entzieht. 106 von insgesamt 329 Haftbefehlen (Stand: 31. März 2014) wurden im Jahr 2012 oder früher erlassen. Betroffen davon waren 82 Personen (gegen die z. T. mehrere Haftbefehle vorlagen), von denen wiederum 19 wegen eines Gewaltdeliktes gesucht wurden (Bundestagsdrucksache 18/2547). 25 dieser Personen galten polizeilich als gewaltbereit. Die Frage, ob diese Zahlen als Hinweis zu deuten sind, dass ein relevanter Anteil gewalttätiger Neonazis bewusst untergetaucht ist, konnte die Bundesregierung aber nicht beantworten. Die Sicherheitsbehörden tauschten sich diesbezüglich lediglich „im Einzelfall“ aus (Antwort zu Frage 4 auf Bundestagsdrucksache 18/2547). Über etwaige Einschätzungen der Arbeitsgruppen im Gemeinsamen Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus (GAR) konnte oder wollte die Bundesregierung nichts sagen. Die Fragestellerinnen und Fragesteller sehen hierin einen vergleichsweise nonchalanten Umgang mit der Problematik, der nach den Erfahrungen mit den Nazi-Terroristen des sog. Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) unangemessen ist. Wenn es schon solche Arbeitsgruppen zum Austausch über rechtsextremistische Kriminelle gibt, an denen sich auch Drucksache 18/7501 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Einrichtungen des Bundes beteiligen, müsste es auch möglich sein, den Deutschen Bundestag über deren Erkenntnisse zu unterrichten. Angesichts zunehmender rechtsextremer Gewalt insbesondere gegen Asylsuchende ist ein intensiver und zeitnaher Austausch über das Phänomen des Rechtsextremismus unerlässlich. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Entwicklung der dem Phänomenbereich PMK-rechts zuzuordnenden Fahndungen zur Festnahme wird durch das Bundeskriminalamt (BKA) und die weiteren datenbesitzenden Stellen – Länder, Bundespolizei (BPOL) und dem Zollkriminalamt (ZKA) – intensiv betrachtet. Hieraus können nach Auffassung der Bundesregierung die folgenden Kernbotschaften abgeleitet werden: Die Sicherheitsbehörden im Bund und in den Ländern setzen sich intensiv mit dem als besonders relevant einzustufenden Personenpotential im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität (PMK)-rechts auseinander. So werden unter anderem abgestimmte Standardmaßnahmen für sog. „Gefährder“ und „Relevante Personen“ bundesweit umgesetzt. Nach Bekanntwerden der Straftaten des „Nationalsozialistischen Untergrunds “ (NSU) haben die Sicherheitsbehörden im Bund und in den Ländern ihre Analyse- und Ermittlungsarbeit zur Bekämpfung der PMK-rechts konsequent verstärkt und den Druck auf die rechte Szene erhöht. Für die Entwicklung der Anzahl der unvollstreckten („offenen“) Haftbefehle im Phänomenbereich PMK-rechts können verschiedene Aspekte ursächlich sein. Zum Beispiel kann eine Intensivierung der Erfassung in den Dateien des Polizeilichen Staatsschutzes ursächlich sein. Die isolierte Betrachtung der Entwicklung lässt jedenfalls nicht den Schluss zu, dass es Straftätern in zunehmendem Maße gelingt, sich der Staatsgewalt zu entziehen. Die seit Ende 2011 durch das BKA in einem Halbjahresrhythmus durchgeführte Erhebung der offenen Haftbefehle rechtsmotivierter Straftäter ermöglicht es den Sicherheitsbehörden im Bund und in den Ländern, eine weitere als relevant einzustufende Personengruppe anhand eines dreistufigen Priorisierungsmodells zu bewerten, um gezielt und erfolgreich Maßnahmen zu initiieren . Bei der Erhebung handelt es sich um einen komplexen Abstimmungsprozess, der die Durchführung eines technischen Massendatenabgleichs (Fahndungsdateien mit „Staatsschutzdateien“) sowie die anschließende einzelfallbezogene Prüfung und Bewertung des Erhebungsergebnisses erfordert. Zweck der halbjährlich durchgeführten Erhebung ist es, den Sicherheitsbehörden im Bund und in den Ländern eine zum Erhebungsstichtag aktuelle Übersicht von Grundinformationen zu Fahndungen nach Personen, die mindestens den Status eines Verdächtigen im Bereich der PMK haben und zu denen ein „offener“ Haftbefehl besteht, zur Verfügung zu stellen. Der kontinuierliche bundesweite Informationsaustausch im Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrums zur Bekämpfung des Rechtsextremismus /-terrorismus (GETZ-R) führt zu einer Verbesserung der (polizeilichen ) Erkenntnislage. Personen, deren Aufenthaltsort unbekannt und deren Haftbefehl älter als ein halbes Jahr ist, sind hierbei von besonderer Relevanz und werden einer besonderen Betrachtung unterzogen. Hierbei wird re- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7501 gelmäßig im Rahmen einer personenbezogenen Einzelfallbetrachtung gemeinsam erörtert, inwiefern sich die betroffenen Personen möglicherweise gezielt der Vollstreckung eines Haftbefehls entziehen und welche konkreten Handlungsoptionen bestehen, dies zu verhindern. Bezogen auf den Phänomenbereich PMK-rechts handelte es sich in nahezu 80 Prozent der zum Stichtag 23. September 2015 in den polizeilichen Informationssystemen erfassten Haftbefehle um Fahndungen, denen keine Gewaltdelikte zugrunde lagen. Eine Vielzahl dieser Fahndungen bezieht sich auf allgemeinkriminelle Delikte, wie zum Beispiel Diebstahl (§ 242 des Strafgesetzbuches – StGB), Betrug (§ 263 StGB), Erschleichen von Leistungen (§ 265a StGB), Beleidigung (§ 185 StGB) und Verkehrsdelikte. Offene Haftbefehle, denen Terrorismusdelikte (insbesondere § 129a StGB) zugrunde lagen, bestanden zum genannten Stichtag im Phänomenbereich PMK-rechts nicht. Gleiches gilt für Haftbefehle zu Personen, die im Phänomenbereich PMK-rechts als „Gefährder“ bzw. „Relevante Person“ eingestuft waren. Die Vollstreckung der „offenen“ Haftbefehle obliegt insbesondere den Polizeien der Länder. Das BKA unterstützt die zuständigen Stellen im Rahmen der Zentralstellenfunktion und bietet z. B. regelmäßig die Unterstützung der Fahndungsdienststellen der Länder durch die Zielfahndung des BKA an. Die im medialen Raum verwendeten Begriffe „abgetaucht“ bzw. „untergetaucht“ entsprechen nicht der polizeilichen Terminologie. Ob es sich bei den festgestellten Personen um solche handelt, die sich gezielt der Festnahme entziehen, ist einzelfallbezogen unter Betrachtung aller vorliegenden kriminalpolizeilichen und ggf. nachrichtendienstlichen Informationen zur jeweiligen Person zu prüfen. 1. Wie untergliedern sich die Haftbefehle in solche zur Sicherung des Strafverfahrens , zur Strafvollstreckung und zur Durchführung asyl- oder aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen? Die nachfolgend dargestellten Zahlenwerte spiegeln das Ergebnis der zum Stichtag – 23. September 2015 – durch das BKA in Abstimmung mit den Landeskriminalämtern (LKÄ), der BPOL und dem ZKA durchgeführten Erhebung von Fahndungsnotierungen zu „offenen“ Haftbefehlen politisch motivierter Straftäter in allen Phänomenbereichen der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) wieder . Fahndungen, die nach dem Erhebungsstichtag neu ausgeschrieben wurden oder sich vor diesem erledigt haben, wurden daher nicht berücksichtigt. Zum Stichtag lagen zu 372 Personen, die auf Grund polizeilicher Erkenntnisse dem Phänomenbereich PMK-rechts zuzuordnen sind, Fahndungsnotierungen zu 466 Haftbefehlen im Polizeilichen Informationssystem (INPOL-Z) und dem Schengener Informationssystem (SIS II) vor. Hierbei handelte es sich um folgende Haftbefehlskategorien: Haftbefehle zur Strafvollstreckung gemäß § 457 der Strafprozessordnung (StPO): 405 Fahndungen Haftbefehle zur Sicherung des Strafverfahrens gemäß § 112 StPO: 48 Fahndungen Haftbefehle gemäß § 456a StPO: 8 Fahndungen Haftbefehle zur Unterbringung gemäß § 126a StPO: 2 Fahndungen Drucksache 18/7501 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Haftbefehle ausländischer Behörden: 3 Fahndungen Haftbefehle aufgrund von Regelungen des Asyl- bzw. Aufenthaltsgesetzes: Keine. a) Gegen wie viele Personen lagen Haftbefehle wegen eines PMK-Deliktes vor (bitte angeben, wenn gegen manche Personen mehrfache Haftbefehle vorlagen)? Zum Stichtag bestand zu insgesamt 65 Personen aus dem Phänomenbereich PMK-rechts mindestens ein „offener“ Haftbefehl, dem ein politisch motiviertes Delikt zugrunde lag. Gegen zehn dieser Personen lagen mehrfache Haftbefehle vor, darunter in allen Fällen auch auf allgemeinkriminellen Delikten beruhende. b) Bei wie vielen der 98 Gewaltdelikte handelt es sich um ein PMK-Delikt (falls möglich, die Gewaltdelikte näher bezeichnen)? In fünf Fällen lag dem Haftbefehl ein politisch motiviertes Gewaltdelikt zugrunde (fünf Haftbefehle zu fünf Personen). Hierbei sind die folgenden Delikte zu nennen : Körperverletzung gem. § 223 StGB (in vier Fällen) teilweise in Verbindung mit weiteren Delikten (Diebstahl, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) Gefährliche Körperverletzung gem. § 224 StGB (in einem Fall). 2. Wie erklärt sich die Bundesregierung den signifikanten Anstieg der offenen Haftbefehle von 253 auf 372 bei gleichzeitig konstanter Zahl (also relativem Rückgang) der PMK-Einstufung? Ist dies nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung eher darauf zurückzuführen, dass Rechtsextreme häufiger (nichtpolitisch motivierte) Straftaten begehen, oder darauf, dass die Zahl von Rechtsextremisten generell angestiegen ist, oder auf welche anderen Faktoren? Es ist darauf hinzuweisen, dass sich die durch die Fraktion DIE LINKE. dargestellten Zahlenwerte auf die Anzahl der zu den Stichtagen 31. März 2014 und 23. September 2015 erfassten Personen und nicht auf die Haftbefehle beziehen. Darunter befinden sich Personen mit Mehrfach-Haftbefehlen, sodass die Zahl der „offenen“ Haftbefehle insgesamt höher ist. Der Anstieg der Gesamtzahl der mit Haftbefehl gesuchten Personen des rechten Spektrums und der relative Rückgang der Anzahl der Haftbefehle, denen eine politisch motivierte Straftat zugrunde lag, lassen bei isolierter Betrachtung keine fundierten Rückschlüsse zu. Nach Auffassung der Bundesregierung könnten unter anderem die nachfolgenden Faktoren für die dargestellten Entwicklungen ursächlich sein: Im Nachgang des Bekanntwerdens der Straftaten des. „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) verstärkten die Strafverfolgungsbehörden im Bund und in den Ländern ihre Analyse- und Ermittlungsarbeit zur Bekämpfung der PMK-rechts konsequent und erhöhten den Druck auf die rechte Szene. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7501 Durch den kontinuierlichen Informationsaustausch im Gemeinsamen Extremismus - und Terrorismusabwehrzentrum zur Bekämpfung des Rechtsextremismus /-terrorismus (GETZ-R) hat sich die polizeiliche Erkenntnislage verbessert . Zudem dürfte die Intensivierung der Erfassung von politisch motivierten Straftätern in der Verbunddatei INPOL Fall-Innere Sicherheit (IF IS) sowie die verstärkte Vergabe des personenbezogenen Hinweises (PHW) „Straftäter rechtsmotiviert“ in INPOL-Z ursächlich dafür sein, dass im Rahmen des Massendatenabgleichs mehr dem Phänomenbereich PMK-rechts zuzuordnende Haftbefehle festgestellt werden. Die Erfassung einer Person in IF IS oder die Vergabe des PHW Straftäter rechtsmotiviert ist nicht zwingend damit gleichzusetzen, dass das dafür ursächliche Delikt auch Grundlage eines Haftbefehls ist. 3. In welchen einschlägigen Datenbanken deutscher Sicherheitsbehörden sind jeweils wie viele dieser mit offenem Haftbefehl gesuchten Personen gespeichert (bitte auch die personengebundenen Hinweise wie „Straftäter rechtsmotiviert “, „gewalttätig“ usw. angeben)? Die 372 dem Phänomenbereich PMK-rechts zuzuordnenden Personen mit „offenen “ Haftbefehl waren zum Stichtag 23. September 2015 alle in INPOL-Z erfasst, da die zugrunde liegenden Fahndungsnotierungen dort abgebildet werden (Grundlage der Erhebung). Darüber hinaus sind ausgewählte Personen in den nachfolgenden themenspezifischen Dateien enthalten: IF IS: 319 Personen PHW „Straftäter rechtsmotiviert“ in INPOL-Z: 155 Personen PHW „gewalttätig“ in INPOL-Z: 83 Personen Gewalttäterdatei „rechts“: drei Personen Nachrichtendienstlichen Informationssystem Wissensnetz (NADIS-WN): 121 Bestand in der Rechtsextremismusdatei (RED): 23 Personen (BKA), 7 (BfV). 4. Wie viele der gesuchten Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung Angehörige bzw. Mitglieder rechtsextremer Parteien oder Kameradschaften, der Musikszene oder anderer rechtsextremer Organisationen bzw. Subkulturen (soweit möglich, bitte auch die Namen dieser Parteien oder Zusammenschlüsse angeben)? Zu 23 der mit Haftbefehl gesuchten Personen liegen der Bundesregierung Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor: Sieben Personen weisen Bezüge zur Kameradschaftsszene auf. Über Verbindungen zur rechtsextremistischen Musikszene verfügen zwei der gesuchten Personen . Weiterhin lässt sich eine Personen dem rechtsextremistischen Parteienspektrum zuordnen. Zwei Personen gehören dem revisionistischen Spektrum an. Darüber hinaus können neun Personen anderen rechtsextremen Organisationen bzw. Subkulturen zugerechnet werden. Zwei weitere Personen weisen keinen Bezug zu einer konkreten Organisation auf. Drucksache 18/7501 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Bei wie vielen jener Personen, die per Stand vom 31. März 2014 mit Haftbefehl gesucht wurden, hat sich dieser bis heute erledigt, und wie viele Personen , die mit offenem Haftbefehl gesucht wurden, sind seither neu hinzugekommen ? Die Erhebung der „offenen“ Haftbefehle politisch motivierter Straftäter wird halbjährlich (jeweils zum Stichtag im März und September) durchgeführt. Die entsprechende Zentraldatei des BKA wird nach Abschluss einer Erhebung aktualisiert . Erledigte Haftbefehle werden aus datenschutzrechtlichen Gründen gelöscht , da diese für die Aufgabenwahrnehmung und den mit der Erhebung verfolgten Zweck nicht mehr erforderlich sind. Zu der in Rede stehenden Frage kann vor diesem Hintergrund keine Aussage getroffen werden. 6. Wie gestaltet sich die Fahndungsdifferenzierung nach terroristischen, Gewalt - und sonstigen Delikten? Die Durchführung geeigneter Fahndungsmaßnahmen liegt in der Zuständigkeit der Länder. Das BKA unterstützt im Rahmen der Zentralstellenfunktion anlassbezogen . Die Fahndungsdifferenzierung erfolgt anhand des dem Haftbefehl zugrunde liegenden Delikts nach dem folgenden dreistufigen Modell: Priorität I: Terrorismusdelikte Terrorismus ist über die terroristische Vereinigung (§§ 129a, 129b des Strafgesetzbuchs StGB) gesetzlich bestimmt. Als Terrorismus werden darüber hinaus schwerwiegende Politisch motivierte Gewaltdelikte (Katalogtaten des § 129a StGB) angesehen, die im Rahmen eines nachhaltig geführten Kampfes planmäßig begangen werden, in der Regel durch arbeitsteilig organisierte und verdeckt operierende Gruppen. Weiterhin werden die §§ 89a, 89b und 91 StGB dem Terrorismus zugeordnet. Priorität II: Gewaltdelikte mit oder ohne PMK-Bezug Die Einstufung in die Priorität II erfolgt anhand der Auflistung der Gewaltdelikte in der Begriffsdefinition „Politisch motivierte Gewaltdelikte“. Straftaten wie Brand- und Sprengstoffanschläge, aber auch alle Körperverletzungsdelikte haben gerade im Bereich der PMK eine besondere Bedeutung und werden daher einbezogen . Priorität III: Sonstige Delikte mit oder ohne PMK-Bezug. 7. In welchen Jahren sind die aktuellen Haftbefehle jeweils ausgestellt worden (dabei bitte Anzahl der gesuchten Personen nennen und zusätzlich angeben, ob der Haftbefehl wegen eines Gewaltdeliktes bzw. eines PMK-Gewaltdeliktes ausgestellt wurde und ob die jeweils gesuchte Person als gewaltbereit gilt)? Im Rahmen der Erhebung werden Informationen zu den jeweiligen Personen und Haftbefehlen berücksichtigt. Diesbezüglich wird darauf hingewiesen, dass durch das BKA bewusst inhaltlich getrennte personen- bzw. haftbefehlsbezogene Auswertungen erstellt werden. Diese sind getrennt voneinander zu betrachten, da andernfalls unterschiedliche Auswertekriterien vermischt und falsche Schlussfolgerungen abgeleitet werden könnten. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/7501 Der nachfolgenden tabellarischen Übersicht ist die Anzahl der zum Stichtag 23. September 2015 in INPOL-Z und im SIS II verzeichneten Fahndungsnotierungen zu „offenen“ Haftbefehlen von Personen, die dem Phänomenbereich PMK-rechts zugeordnet sind, aufgeschlüsselt nach dem Jahr der Ausschreibung zu entnehmen. Jahr Haftbefehle gesamt Haftbefehle auf Grund eines Gewaltdelikts Haftbefehle auf Grund eines PMK-Gewaltdelikts alle Jahre 466 98 5 2001 1 1 0 2006 1 1 0 2007 1 0 0 2008 1 0 0 2009 2 2 1 2010 2 1 0 2011 20 5 0 2012 23 4 0 2013 34 7 1 2014 77 17 0 2015 301 60 3 Jahr unbekannt1 3 0 0 Der nachfolgenden Tabelle ist die Anzahl der mit Haftbefehl gesuchten Personen mit Bezügen zum Phänomenbereich PMK-rechts zu entnehmen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass zu einer Person Haftbefehle aus verschiedenen Jahren vorliegen können. Sofern dies der Fall ist, wurde bei den betreffenden Personen bei der unten stehenden Auswertung ausschließlich der älteste Haftbefehl berücksichtigt , da andernfalls statistische Dopplungen entstehen würden. Jahr Personen alle Jahre 372 2001 1 2006 1 2007 1 2008 1 2009 2 2010 2 2011 16 2012 17 2013 29 2014 56 2015 246 Von den 121 Personen, die in NADIS-WN gespeichert sind, sind 20 als „gewaltbereit “ eingestuft. 1 Bei den Haftbefehlen mit unbekanntem Jahr handelt es sich um Fahndungen ausländischer Behörden (SIS II), bei denen nach den Vorgaben der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Offene Haftbefehle II“ (BLAG OHB II) das Ausschreibungsjahr nicht erfasst wird. Drucksache 18/7501 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Welche Anstrengungen haben die Sicherheitsbehörden unternommen, um zeitnah feststellen zu können, wie viele neue Haftbefehle gegen Neonazis erlassen worden sind, und in welchem Rhythmus wird die Übersicht über offene Haftbefehle gegen Neonazis erstellt? Die Erhebung der „offenen“ Haftbefehle politisch motivierter Straftäter für alle Phänomenbereiche der PMK wird halbjährlich und stichtagsbezogen durchgeführt . Eine zeitnahe Feststellung, wie viele Haftbefehle gegen Neonazis neu erlassen werden, ist nicht das Ziel der Erhebung und auf Grund des durchzuführenden Massendatenabgleichs und aus datenschutzrechtlichen Gründen nur eingeschränkt möglich (vgl. die Vorbemerkung und die Antwort zu Frage 5). 9. Haben sich die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sowie im GAR nach Kenntnis der Bundesregierung mit der Frage beschäftigt, ob sich Neonazis gezielt einem Haftbefehl entziehen und ob dies Rückschlüsse auf einen rechtsextremen Untergrund zulässt, und wenn ja, welche Angaben kann die Bundesregierung dazu machen, und welche Rückschlüsse zieht sie daraus? Inwiefern haben die Bundessicherheitsbehörden diesbezüglich eine Einschätzung ? Auf die Ausführungen in der Vorbemerkung wird verwiesen. Ergänzend ist anzuführen , dass der im Anschluss an die statistische Erhebung der „offenen“ Haftbefehle mit Vertretern der Sicherheitsbehörden aus Bund und Ländern durchgeführte Abstimmungsprozess im GETZ-R auch durchgeführt wird, um – unter Berücksichtigung aller in Bund und Ländern vorliegenden kriminalpolizeilichen sowie nachrichtendienstlichen Informationen – Fahndungsansätze zu konkretisieren bzw. neue zu generieren. Hierbei wird regelmäßig gemeinsam erörtert, inwiefern sich die betroffenen Personen möglicherweise gezielt einem Haftbefehl entziehen und welche konkreten Handlungsoptionen bestehen, dies zu verhindern. Es handelt sich hierbei um personenbezogene Einzelfallbetrachtungen, die eine allgemeingültige Aussage nicht zulassen. 10. Welche (ggf. weiteren) Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den aktuellen Zahlen? Auf die Vorbemerkung und auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333