Deutscher Bundestag Drucksache 18/751 18. Wahlperiode 11.03.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Volker Beck (Köln), Katja Keul, Dr. Konstantin von Notz und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/643 – Klarheit für Verbraucherinnen und Verbraucher im Zusammenhang mit den Redtube-Abmahnungen Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Anfang Dezember 2013 wurden im Auftrag der in der Schweiz ansässigen The Archive AG durch die Rechtsanwaltskanzlei U+C Rechtsanwälte URMANN+ COLLEGEN Rechtsanwaltsgesellschaft mbH im großen Umfang vermeintliche Nutzer der Pornoplattform redtube.com für das Abrufen von vier gestreamten Pornovideos abgemahnt. Offenbar wurden über 10 000 Abmahnungen versendet. Die angeblichen Konsumenten sollten jeweils insgesamt 250 Euro an Anwaltskosten, Ermittlungsgebühren und Schadenersatz bezahlen und außerdem eine Unterlassungserklärung unterschreiben. Die mediale Beachtung der Abmahnungen war und ist groß. Dies erklärt sich womöglich zum einen durch die schiere Masse der Schreiben, die versendet wurden. Allerdings sind die Umstände des konkreten Falls besonders dubios: Denn erstens besitzt das Unternehmen The Archive AG offenbar überhaupt nicht die Verwertungsrechte bzw. es besteht der konkrete Verdacht, dass durch eine Umetikettierung eine unzulässige Zweitverwertung von in den USA ebenfalls unter anderem Namen verwerteten Pornostreifen erfolgt (vgl. DIE WELT vom 29. Dezember 2013, www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article123360975/ Abmahner-besitzt-Filmrechte-womoeglich-gar-nicht.html). Das verdächtigte Unternehmen The Archive AG hat zwischenzeitlich den Geschäftsführer gewechselt , die eigentlich Verantwortlichen sind untergetaucht (www.zeit.de vom 16. Januar 2014 „Pornostream-Abmahner tauchen offenbar unter“). Zweitens räumt die abmahnende Kanzlei deshalb selbst ein, dass möglicherweise umfängliche zivilrechtliche Ansprüche der Abgemahnten gegen dieses Unternehmen bestehen (www.heise.de vom 11. Januar 2014 „Redtube-Abmahner gibt Unwägbarkeiten zu“). Bei der Staatsanwaltschaft Hamburg wurden inzwischen Ermittlungsverfahren gegen die genannte Rechtsanwaltskanzlei eingeDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 7. März 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. leitet (www.lto.de vom 2. Januar 2014 „Ermittlungsverfahren gegen U+CGeschäftsführer eingeleitet“). Drittens hat die abmahnende vermeintliche Rechteinhaberin die Daten auf einem unzulässigen Weg dergestalt erlangt, dass die Abgemahnten selbst zum Teil wohl überhaupt nicht Nutzer des behaupteten Drucksache 18/751 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Portals waren. Redtube.com selbst jedenfalls hat offiziell dementiert (Pressemitteilung vom 7. Januar 2014), in irgendeiner Weise die Abmahnungen mitzubetreiben oder zu unterstützen und man habe auch keine Verkehrsdaten von Nutzern zu diesem Zweck herausgegeben. Wie sich inzwischen herausstellte, handelt es sich bei dem Unternehmen ITGuards, das angeblich die Nutzerdaten sichergestellt hat, um eine Briefkastenfirma in den USA (www.zeit.de vom 16. Januar 2014 „Pornostream-Abmahner tauchen offenbar unter“). Viertens ließ das Landgericht (LG) Köln sich durch ein offenkundig fachlich unzureichendes patentanwaltliches Gutachten der Fa. ITGuards in die Irre führen und entschied auf dieser Grundlage. Inzwischen hat das LG Köln zahlreichen Beschwerden gegen seine Entscheidung nach § 101 Absatz 9 Satz 6 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) stattgegeben, eigene Fehler im Tatsächlichen eingestanden und sich darin auch veranlasst gesehen, auf die seiner Auffassung nach allgemeine Zulässigkeit des Streamings hinzuweisen (LG Köln 209 O 188/13). Das enorme öffentliche Interesse an den Abmahnungen resultiert u. a. wohl auch daraus, dass es sich erstmalig um – wenn auch unter offenbar kriminellen Umständen und in betrügerischer Absicht – zustande gekommenen Abmahnungen wegen des Abrufens von bloßen Streams handelt. In der Literatur wird zum Teil bestritten, dass der rein rezeptive Werkgenuss im privaten Bereich durch bestimmte Formen des Streamings urheberrechtlich zulässig ist. Die Abmahnwelle hat offenbar zu einer Verunsicherung bei Verbraucherinnen und Verbrauchern geführt, die allgemein Internetportale bisher in dem guten Glauben nutzen, dies sei rechtlich ohne Weiteres zulässig. Insoweit die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/246 hierzu mitteilt, dass sie das reine Betrachten eines Videostreams unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 1 UrhG für zulässig halte, und im Übrigen ausführt, die Rechtsfrage , ob Vervielfältigungen im Rahmen des Empfangs von Streaming-Signalen ohne Zustimmung des Rechtsinhabers unabhängig vom Vorliegen einer Privilegierung gemäß § 53 Absatz 1 UrhG von § 44a UrhG gedeckt sind, bedürfe einer Klärung durch den EuGH, ist diese Aussage für Verbraucherinnen und Verbraucher weiter mit Rechtsunsicherheiten verbunden. Nach § 53 Absatz 1 UrhG können sich die Verbraucherinnen und Verbraucher nämlich nur dann auf die „Privatkopie-Schranke“ berufen, soweit beim Abruf des Streams keine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher als juristischen Laien ist es aber kaum zu beurteilen, ob die Vorlage entweder offensichtlich rechtswidrig hergestellt oder aber offensichtlich rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht worden ist. Zu den Abmahnungen konnte es nur kommen, weil das LG Köln dem Internetprovider , der Deutschen Telekom, zuvor gestattet hatte, die Adressdaten der vermeintlichen Nutzerinnen und Nutzer der Internetplattform an die Rechteinhaberin herauszugeben. Der dahingehende Auskunftsanspruch gemäß § 101 Absatz 2 UrhG setzt jedoch eine offensichtliche Rechtsverletzung voraus. Nach der Rechtsprechung (z. B. zuletzt LG Köln, Beschluss vom 2. Dezember 2013 – 228 O 173/13) begründen nicht nur eine unklare Tatsachenlage, sondern auch ungeklärte Rechtsfragen Zweifel an der erforderlichen Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung im Sinne des § 101 Absatz 2 UrhG, so dass ein entsprechender Auskunftsanspruch gegen den Internetprovider und somit eine gerichtliche Gestattung der Verwendung von Verkehrsdaten gemäß § 101 Absatz 9 UrhG ausscheiden dürften. Insbesondere, nachdem das LG Köln aktuell in einem Beschwerdeverfahren festgestellt hat, dass in den vorliegenden Fällen keine Herausgabe von Namen und Anschriften zu IP-Adressen hätte erfolgen dürfen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/751 1. Sind der Bundesregierung seit dem Inkrafttreten des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken bereits weitere Fälle bekannt, die unabhängig von der für 2015 avisierten Evaluation des Gesetzes bereits darauf hindeuten , dass weiterhin und in ganz unterschiedlichen Bereichen mit den Rechtsfrieden in erheblichem Maße beeinträchtigenden Massenabmahnungsverfahren zu rechnen sein wird, und wenn ja, welche? Die Bundesregierung verfolgt die Berichterstattung in den Medien zu Massenabmahnungsverfahren . Informationen zu anderen als den mit dieser Anfrage angesprochenen Abmahnungen liegen der Bundesregierung derzeit nicht vor. 2. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass unabhängig von der unbestrittenen Unabhängigkeit des entscheidenden Gerichts die vom LG Köln im Beschwerdeverfahren eingeräumte fehlerhafte Einschätzung hinsichtlich des vorgelegten Sachverständigengutachtens möglicherweise auf eine allgemeine Überforderung der Gerichtsbarkeit mit den in technischer Hinsicht aufgeworfenen Fragen hindeuten könnte, und welche Schritte kann die Bundesregierung trotz der an sich bestehenden Länderzuständigkeit vornehmen , um hier Entlastungen zu bewirken, bzw. sieht sie dafür Gesprächsbedarf mit den Ländern? Die Bundesregierung möchte – wie dies auch bereits in der Fragestellung anklingt – unterstreichen, dass die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland unabhängig sind. Der hier angesprochene Sachverhalt lässt nach Auffassung der Bundesregierung nicht den Schluss zu, dass deutsche Gerichte mit den in technischer Hinsicht aufgeworfenen Fragen überfordert seien. Im Übrigen arbeitet die Justiz in Deutschland im Grundsatz sehr effizient. Sie genießt auch aufgrund der Qualität ihrer Entscheidungen bei den Bürgerinnen und Bürgern ein hohes Ansehen. Dieses hohe Ansehen besteht auch im internationalen Vergleich (vgl. The Global Competitiveness Report 2013–2014). 3. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den besonderen Umständen dieses Falles insbesondere im Hinblick auf die Ausgestaltung des Auskunftsverfahrens nach § 101 UrhG, insbesondere § 109 Absatz 9 UrhG? Die Frage zielt nach Einschätzung der Bundesregierung darauf ab, ob die Umstände des hier angesprochenen Falls nach Ansicht der Bundesregierung im Bereich der Rechtsdurchsetzung Anlass zu gesetzgeberischen Maßnahmen geben, insbesondere hinsichtlich der Ausgestaltung des Auskunftsanspruchs nach § 101 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) einschließlich der Regelung des Richtervorbehalts in Absatz 9. Die Bundesregierung erinnert daran, dass § 101 UrhG die Vorgaben der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums umsetzt. Die Redtube-Abmahnungen geben keinen Anlass, die europäisch vorgegebene Regelung infrage zu stellen. 4. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass möglicherweise bereits aufgrund der Vorlage des Österreichischen Obersten Gerichtshofes (ÖOGH) im Jahr 2012 (vgl. MMR-Aktuell 2013, 352936) eine höchstrichterliche Klärung durch den Europäischen Gerichtshof erfolgen könnte, ob das Nutzen von Streamingangeboten eine Vervielfältigung darstellt, die Rechte von Urhebern oder Leistungsschutzberechtigten verletzt? Die Bundesregierung hält es nicht für sachdienlich, Spekulationen über den Ausgang des oben genannten Vorabentscheidungsverfahrens anzustellen. Drucksache 18/751 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Wann rechnet die Bundesregierung mit einem Ergebnis der gegenwärtig andauernden Prüfung der Europäischen Kommission des gemeinschaftlichen urheberrechtlichen Aquis dahingehend, ob die temporären Vervielfältigungen , die mit dem Betrachten urheberrechtlich geschützter Inhalte auf Webseiten einhergehen, nach Artikel 5 Absatz 1 der Info-Richtlinie zulässig sind (vgl. die Antwort der Bundesregierung zu Frage 2 auf Bundestagsdrucksache 18/246)? Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Europäische Kommission auf der Grundlage der laufenden Konsultation noch im Sommer 2014 ein Weißbuch vorlegen wird, mit dem sie ihre Überlegungen für die Revision des Urheberrechtsacquis vorstellen wird. Ein Legislativvorschlag wird vermutlich erst nach dem Amtsantritt der neuen Kommission vorgelegt werden. 6. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass es nicht auszuschließen ist, dass das Vorgehen der beteiligten Personen den Tatbestand des gewerbsmäßigen Betruges erfüllen könnte, und wenn nein, warum nicht (vgl. das Gutachten des Richters Buermeyer vom 22. Dezember 2013, www.heise.de/newsticker/meldung/Juristische-Analyse-Streaming-Abmahnungen -jenseits-der-roten-Linie-2071680.html)? Für die Aufklärung und Verfolgung von Straftaten sind grundsätzlich die Justizbehörden (Staatsanwaltschaften, Polizeidienststellen) und Gerichte der einzelnen Länder zuständig. Dazu gehört auch die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten die Voraussetzungen eines Straftatbestandes erfüllt. Die Gerichte sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Gegenüber den Staatsanwaltschaften der Länder stehen der Bundesregierung keine Aufsichts- und Weisungsbefugnisse zu. Die Bundesregierung sieht deshalb auch grundsätzlich davon ab, zu einzelnen Vorgängen Stellung zu nehmen, die Gegenstand eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens sind oder sein könnten. 7. Unter welchen Voraussetzungen hält die Bundesregierung bei einem Internetportal , das urheberrechtlich geschützte Inhalte zum Download oder Streaming anbietet, die offensichtliche Rechtswidrigkeit der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne des § 53 Absatz 1 UrhG für Verbraucherinnen und Verbraucher für erkennbar, und teilt sie die Auffassung, dass die Nutzer keine allgemeine Nachforschungspflicht trifft? 8. Dürfen nach Auffassung der Bundesregierung die Verbraucherinnen und Verbraucher bei einem Internetportal, das den Rechteinhabern ein Rechtsverletzungsmanagement (sog. Notice-and-Take-Down-Verfahren) anbietet , davon ausgehen, dass es sich hierbei um eine Quelle handelt, die sie im Hinblick auf das Abrufen (per Download oder Streaming) der dort angebotenen Inhalte in Ansehung des § 53 Absatz 1 UrhG bedenkenlos nutzen können? 9. Hält die Bundesregierung eine solche Streichung mit Blick auf die Interessen der Rechteinhaber vor dem Hintergrund für vertretbar, dass zum Ausgleich der Privatkopierfreiheit in § 54 Absatz 1 UrhG eine entsprechende Vergütungspflicht vorgesehen ist und die Rechteinhaber hierdurch auch nicht schutzlos gestellt sind, da ihnen weiterhin der Weg zur Verfügung steht, sich im Falle rechtswidriger Angebote direkt an die Betreiber derartiger Portale zu wenden? 10. Hält die Bundesregierung es von den durchschnittlichen Verbraucherinnen und Verbrauchern für leistbar, den unbestimmten Rechtsbegriff „offen- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/751 sichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage“ in § 53 Absatz 1 UrhG im Einzelfall zutreffend zu beurteilen? 11. Hält die Bundesregierung es für im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher zielführend, den unbestimmten Rechtsbegriff „offensichtlich rechtswidrig hergestellten oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage“ in § 53 Absatz 1 UrhG zu streichen, um die oben dargestellten möglichen Rechtsunsicherheiten für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu beseitigen , und wenn nein, welche konkreten Fallkonstellationen verlangen im Hinblick auf die „Einheitlichkeit der Rechtsordnung“ (Bundestagsdrucksache 16/1828, S. 26) die Aufrechterhaltung dieser erst im Vermittlungsausschuss vereinbarten, die Schranke des § 53 Absatz 1 UrhG einschränkenden Regelung? 12. Inwieweit sieht die Bundesregierung angesichts der möglichen Auslegungsschwierigkeiten für die Verbraucherinnen und Verbraucher hinsichtlich des unbestimmten Rechtsbegriffs „offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage“ in § 53 Absatz 1 UrhG insbesondere beim Streaming gesetzgeberischen Klarstellungsbedarf ? Die Fragen 7 bis 12 sollen wegen ihres inhaltlichen Zusammenhangs wie folgt zusammengefasst beantwortet werden. Die gesetzlich zulässige Privatkopie ist in § 53 Absatz 1 Satz 1 UrhG geregelt. Danach dürfen Verbraucher einzelne Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch herstellen, soweit sie nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder im Internet öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwenden . Die Einschränkung des letzten Halbsatzes von Satz 1, dass zur Vervielfältigung keine offensichtlich rechtswidrige Vorlage verwendet werden darf, wurde mit dem Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 11. September 2003 (BGBl. I S. 1774) aufgrund einer Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses eingefügt. Damit sollte dem Gedanken der Einheitlichkeit der Rechtsordnung Rechnung getragen werden und eine Rechtsverletzung, die in der Herstellung rechtswidriger Vorlagen besteht, nicht perpetuiert werden. Zugleich sollte aber mit dieser Einschränkung auch der Verbraucher geschützt werden. Er sollte nicht mit unerfüllbaren Prüfpflichten belastet werden. Denn die Einschränkung des letzten Halbsatzes ist so formuliert, dass es im Streitfall dem Rechtsinhaber – und nicht dem Verbraucher – obliegt zu beweisen, dass die Vorlage offensichtlich rechtswidrig hergestellt oder offensichtlich unerlaubt öffentlich zugänglich gemacht worden ist (Bundestagsdrucksache 16/1828, S. 26). Und nur wenn der Rechtsinhaber im Streitfall diesen Beweis erbringen kann, ist die Vervielfältigung durch den Verbraucher nicht zulässig. Dabei muss es für den jeweiligen Verbraucher nach seinem individuellen Bildungs- und Kenntnisstand erkennbar sein, dass die Vorlage eine offensichtliche rechtswidrige Quelle war. Hierbei sind die für den Verbraucher erkennbaren Gesamtumstände des Angebots zu berücksichtigen. Allein das Vorhandensein eines Rechtsverletzungsmanagements zur Durchführung des sog. Notice-and-Take-Down-Verfahrens lässt daher noch nicht auf ein legales Angebot schließen, wenn alle anderen Umstände eine offensichtlich unerlaubt zugänglich gemachte Vorlage erkennen lassen. Eine Pflicht zu aktiven Nachforschungen durch den Verbraucher besteht dagegen nicht. Aus Sicht der Bundesregierung ist daher bereits die geltende Rechtslage verbraucherfreundlich ausgestaltet. Im Übrigen ist eine rechtssichere Klarstellung zum Streaming nur auf europäischer Ebene möglich. Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. zu den Konsequenzen aus der Abmahnwelle gegen Nutzerinnen und Nutzer des Videostream-Portals Redtube.com (Bundestagsdrucksache 18/246), auf die insoweit Bezug genommen wird, hat dies bereits Drucksache 18/751 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode näher erläutert. Die hier einschlägige Regelung des § 44a UrhG beruht auf der zwingenden Vorgabe der europäischen Richtlinie 2001/29/EG („Info-Richtlinie “) und übernimmt wörtlich deren Regelungsgehalt. Daher können Auslegungsfragen verbindlich nur durch den Europäischen Gerichtshof oder legislatorisch mit einer klarstellenden Änderung der Richtlinie durch den europäischen Gesetzgeber entschieden werden. 13. Teilt die Bundesregierung vor dem Hintergrund der oben genannten Rechtsprechung die Auffassung, dass bezüglich des Abrufens von Streams jedenfalls bis zu einer höchstrichterlichen oder gesetzgeberischen Klärung der Frage, ob Vervielfältigungen im Rahmen des Empfangs von Streamingsignalen auch ohne Vorliegen einer Privilegierung gemäß § 53 Absatz 1 UrhG von § 44a UrhG gedeckt sind, keine richterlichen Gestattungsordnungen gemäß § 101 Absatz 9 erfolgen dürfen? Die Bundesregierung weist darauf hin, dass das Gericht, das hinsichtlich der Redtube-Abmahnungen zuvor den Anträgen der vermeintlichen Rechtsinhaberin dieser Filme auf Auskunft über die Identität der Anschlussinhaber entsprochen hatte, mit seinen jüngsten Entscheidungen den Beschwerden gegen die früheren Anordnungen stattgegeben hat. Das Gericht hat damit die Auffassung bestätigt, die die Bundesregierung in der o. g. Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. zu den Konsequenzen aus der Abmahnwelle gegen Nutzerinnen und Nutzer des Videostream-Portals Redtube.com vertreten hatte (Bundestagsdrucksache 18/246). Damit ist bereits ein gutes Maß an Rechtssicherheit erreicht. Im Übrigen weist die Bundesregierung darauf hin, dass die Entscheidung über die Anwendung des Urheberrechtsgesetzes in Einzelfällen den Gerichten obliegt, die in ihren Entscheidungen unabhängig sind. 14. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus, dass das LG Köln in 62 von 89 Verfahren gemäß § 101 Absatz 9 UrhG in dem Abruf eines Streams oder Downloads eine offensichtliche Rechtsverletzung von Seiten der Verbraucherinnen und Verbraucher gesehen hat, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus diesen Erkenntnissen? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333