Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 11. Februar 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/7523 18. Wahlperiode 15.02.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bärbel Höhn, Oliver Krischer, Stephan Kühn (Dresden), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/7429 – Anrechnung von Treibhausgasemissionsminderungen im Rahmen der Umsetzung der EU-Kraftstoffqualitätsrichtlinie V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In der im Jahr 2015 verabschiedeten europäischen Richtlinie 2015/652/EG zur Festlegung von Berechnungsverfahren und Berichterstattungspflichten gemäß der Richtlinie 98/70/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen ist vorgesehenen, dass Emissionsminderungen nicht mehr nur durch die Verwendung von Biokraftstoffen erreicht werden können, sondern auch über alternative Wege. Dazu gehören die durch Nutzung strombasierter Kraftstoffe (Power-To-Gas oder Power-To-Liquid) erzielten Minderungen an Treibhausgas genauso wie die Nutzung von Strom in Elektrofahrzeugen. Eine weitere voll anrechenbare Methode ist die sogenannte Upstream-Emissionsreduktion (UER), die bei der Gewinnung von Erdöl selbst geschieht. Dabei werden Effizienzgewinne, z. B. durch „Flaring“ (Verbrennen) statt „Venting“ (einfaches Ablassen), von als Nebenprodukt auftretendem Gas als Reduktion gewertet. Insbesondere die Anrechnung von Gutschriften, die bei der Gewinnung von Erdöl selbst erzielt werden, wirft Fragen auf, einerseits zu den Berechnungsmethoden, andererseits zum Klimabeitrag. Da Erdöl nur zu einem geringen Teil in der Europäischen Union selbst gefördert wird, ist fraglich, inwiefern die so erzielten Reduktionen an europäische und nationale Ziele anrechenbar sind. Die Wahl der Berechnungsmethoden wiederum entscheidet mit über die Frage der Zukunft von Biokraftstoffen im Kraftstoffmarkt. Die Richtlinie 2015/652/EG muss bis spätestens April 2017 in nationales Recht umgesetzt werden. Dabei überlässt die Europäische Union den Mitgliedstaaten einen gewissen Freiraum. Angesichts der Beschlüsse der Klimakonferenz von Paris, sollten die nationalen Spielräume bei der Umsetzung der Richtlinie konsequent im Sinne des Klimaschutzes erfolgen (http://klima-der-gerechtigkeit. boellblog.org/2015/03/20/offsetting-in-der-eu-fuel-quality-directive-wie-manteersandemissionen -durch-mehr-teersandproduktion-ausgleichen-kann, www. transportenvironment.org/publications/ngo-recommendations-upstream-emissionsreductions -fuel-quality-directive und www.topagrar.com/news/Energie- Energienews-Biokraftstoffverband-fuer-Anhebung-der-Treibhausgasquote- 2647938.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7523 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Wie soll die Richtlinie 2015/652/EG zur Festlegung von Berechnungsverfahren und Berichterstattungspflichten gemäß der Richtlinie 98/70/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen in nationales Recht umgesetzt werden, und welchen Zeitplan verfolgt die Bundesregierung? Die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2015/652 sollen auf dem Verordnungswege umgesetzt werden. Rechtsgrundlage hierfür sind die Ermächtigungen in § 37d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Die Verordnungsentwürfe werden derzeit erarbeitet. Die Umsetzung ist bis spätestens März 2017 vorgesehen. Die Einleitung der Anhörung der Länder und Verbände ist für September 2016 geplant. Um die Umsetzung der Vorgaben zu Upstream-Emissions-Reduktionen (UER) in den Mitgliedstaaten zu erleichtern, sieht die Richtlinie (EU) 2015/652 vor, dass unter der Leitung der Europäischen Kommission nichtlegislative Leitlinien erstellt werden, mit denen solche UER quantifiziert, überprüft, validiert, überwacht und gemeldet werden. Die Leitlinien befinden sich derzeit in Erarbeitung. Im Fall von UER hängt der nationale Umsetzungszeitplan insofern auch von der Veröffentlichung der Leitlinien ab. 2. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Potenzial zur Minderung von sog. Upstream-Emissionsreduktionen bei der Erdölförderung innerhalb der Europäischen Union? Schätzungen des Potenzials sind nur mit erheblichen Unsicherheiten möglich, da das Potenzial u. a. von den Rahmenbedingungen und den zu erzielenden Preisen pro Tonne CO2-Äquivalent abhängt. Viele für die Abschätzung des Potenzials notwendige Informationen sind zudem nicht öffentlich zugänglich. Die Emissionen durch „Flaring“ (Abfackeln) von Erdölbegleitgas betragen laut Schätzungen der Weltbank derzeit rund 300 Mio. Tonnen-CO2-Äquivalent pro Jahr. Die Studie „The Reduction of Upstream Greenhouse Gas Emissions From Flaring And Venting“, erstellt vom International Council on Clean Transportation (icct) von 2014 im Auftrag der Europäischen Kommission, geht – u. a. in Abhängigkeit vom erzielbaren Preis pro Tonne CO2-Äquivalent und der Dauer der Anrechenbarkeit – von einem Minderungspotenzial in Höhe von rund 3 bis 45 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr aus. Der Verband International Association of Oil & Gas Producers (IOGP), der die Produzenten von Erdöl und Erdgas vertritt, schätzt das realistische Potenzial für Upstream-Emissionsminderungen in einem Schreiben an die Europäische Kommission für laufende Projekte in der Periode 2011 bis 2020 auf rund 13 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr, insbesondere in Bezug auf „Flaring“ und „Venting “. Für darüber hinausgehende Emissionsminderungen liegen dem Verband nach eigener Aussage keine Schätzungen vor. 3. Sollen nach den Vorstellungen der Bundesregierung Upstream-Emissionsreduktionen , die bei der Erdölförderung in Staaten außerhalb der Europäischen Union erreicht werden, auf deutsche bzw. europäische Ziele angerechnet werden können? Die Richtlinie (EU) 2015/652 sieht keine geographische Beschränkung der Anrechnung von Upstream-Emissions-Reduktionen vor: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7523 „UER aus einem beliebigen Land können als eine Reduktion der Treibhausgasemissionen auf von einem beliebigen Anbieter gelieferte Kraftstoffe aus jeder anderen Rohstoffquelle angerechnet werden.“ (Anhang I Teil 1 der Richtlinie (EU) 2015/652) Zur Anrechnung der Upstream-Emissions-Reduktionen auf die Klimaziele des Kyoto-Protokolls wird auch auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 4. Kann nach Kenntnis der Bundesregierung absolut sichergestellt werden, dass solche Emissionsminderungen nicht doppelt angerechnet werden, z. B. durch mehrere Mitgliedstaaten gleichzeitig, und wenn ja, wie? Es ist davon auszugehen, dass die nichtlegislativen Leitlinien auf diese Frage eingehen , da diese Frage nur auf EU-Ebene abschließend lösbar ist. In Betracht käme insbesondere eine zentrale Datenbank auf EU-Ebene. 5. Wie kann nach Kenntnis der Bundesregierung sichergestellt werden, dass Upstream-Emissionsreduktionen auch real erzielt werden und nicht nur auf dem Papier? Die Richtlinie sieht vor, dass Projekte zur Emissionsminderung vor ihrer Anerkennung validiert werden und die Emissionsminderungen während der Projektlaufzeit überwacht und regelmäßig verifiziert werden. 6. Ist es nach Auffassung der Bundesregierung in diesem Zusammenhang sinnvoll , dass etwaige Treibhausgasminderungen, die durch Upstream-Emissionsreduktionen erreicht werden, durch den Vergleich mit einem Standardwert ermittelt werden und damit unabhängig von der tatsächlichen Emissionssituation an der entsprechenden Quelle? Direkte Vergleiche der Upstream-Emissionsminderungen mit einem Standardwert sind in der Richtlinie nicht vorgesehen. 7. Entspricht der festgesetzte Standardwert des Jahres 2010 – auf den bezogen etwaige Emissionsminderungen bei der Erdölförderung errechnet werden können – noch dem aktuellen Stand oder ist die Erdölförderung seitdem aufwendiger geworden und deshalb mit zusätzlichen Treibhausgasemissionen verbunden, wenn ja, lässt sich dies beziffern? Die Richtlinie sieht für die Emissionen, auf die sich die Treibhausgasminderung beziehen soll, einen Basiswert in Höhe von 94,1 g CO2-Äq/MJ vor. Dieser ist damit höher als der im Jahr 2009 im Basisrechtsakt festgelegte fossile Vergleichswert in Höhe von 83,8 g CO2-Äq/MJ. Eine Anpassung der nationalen Regelungen auf den neuen Wert im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie ist vorgesehen. 8. Sieht die Bunderegierung durch die Anerkennung von Upstream-Emissionsreduktionen eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gegenüber erneuerbaren Energien (Strom oder Biokraftstoffe), insbesondere vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Anforderungen an Treibhausgaseinsparungen, wie unterschiedliche Nachweisführung, Netto- vs. Brutto-Einsparungen, Book & Claim vs. Massenbilanz? Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes wird nicht gesehen, da in allen genannten Fällen die erzielte Treibhausgasminderung maßgeblich für die Höhe der Anrechnung ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7523 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 9. Können die Einsparungen an Treibhausgasemissionen durch Upstream- Emissionsreduktionen, die außerhalb Deutschlands stattfinden, auf Klimaziele angerechnet werden, die Deutschland im Rahmen der UN-Klimarahmenkonvention und dem Kyoto-Protokoll eingegangen ist, und ist sichergestellt , dass eine Doppelanrechnung über CDM- (Clean Development Mechanism) oder JI-Projekte (Joint Implementation) ausgeschlossen ist, wenn ja, wie? Details zur Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie stehen derzeit noch nicht fest. Upstream-Emissionsreduktionen sind per se keine im Kyoto-System handelbaren Einheiten und können daher als solche nicht auf die Klimaziele angerechnet werden , die Deutschland im Rahmen der UN-Klimarahmenkonvention und dem Kyoto -Protokoll eingegangen ist. Ob eine Anrechnung von CDM- oder JI-Projekten auf die Treibhausgasquote erfolgen soll, ist im Rahmen der Umsetzung zu entscheiden. Im Falle einer Anrechnung müsste sichergestellt sein, dass eine Doppelanrechnung ausgeschlossen ist, indem die entsprechenden Zertifikate stillgelegt werden. 10. Wie plant die Bundesregierung die Anrechnung von strombasierten Kraftstoffen bzw. die Nutzung von Strom in Elektrofahrzeugen umzusetzen, insbesondere die Berechnung der Treibhausgasemissionsminderungen und deren Anrechnung für die Quotenverpflichteten? Details zur Anrechnung und den Nachweisverfahren stehen noch nicht fest. In Bezug auf die Berechnung der Treibhausgasemissionen macht die Richtlinie in beiden Fällen konkrete Vorgaben: Für die Anrechnung von in Elektrofahrzeugen genutztem Strom sind die durchschnittlichen Lebenszyklusstandardwerte auf nationaler Ebene nach den geeigneten internationalen Normen zu berechnen. Ferner ist für die höhere Effizienz des Elektromotors gegenüber dem Verbrennungsmotor ein Anpassungsfaktor in Höhe von 0,4 vorgesehen. Bei der Anrechnung von gasförmigen erneuerbaren Kraftstoffen nicht-biogenen Ursprungs gibt die Richtlinie konkrete Werte für Methan und Wasserstoff vor. Im Fall von flüssigen erneuerbaren Kraftstoffen hat die Kommission eine Ermächtigung zur Ergänzung der Werte. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333