Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 16. Februar 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/7563 18. Wahlperiode 17.02.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Sevim Dağdelen, Katrin Kunert, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/7442 – Zum Stand der Ermittlungen im Fall Burak Bektaş und im Fall Luke Holland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 5. April 2012 wurde der 21-jährige Berliner Burak Bektaş in Berlin-Neukölln von einem bis heute unbekannten Täter erschossen, mehrere seiner Freunde wurden durch weitere Schüsse schwer verletzt (vgl. u. a. „Wer hat Burak erschossen?“ Podcast-Serie des Rundfunk Berlin-Brandenburg rbb ab dem 15. Oktober 2015, http://webdoku.rbb-online.de/burak#845). Tatumstände sowie Tatdatum legen die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Mord an Burak Bektaş um eine rassistisch motivierte Tat handelt (vgl. „Burak Bektas soll Gedenkort in Berlin-Neukölln bekommen“, Neues Deutschland vom 20. April 2015, www.neues-deutschland.de/artikel/968431.burak-bektas-soll-gedenkort-in-berlinneukoelln -bekommen.html). Am 20. September 2015 wurde der britische Staatsbürger Luke Holland in Berlin-Neukölln erschossen. Im Zuge der Wohnungsdurchsuchung des mutmaßlichen Täters Rolf Z. wurde unter anderem ein Portrait von Adolf Hitler gefunden (vgl. „War das Mordmotiv an Briten in Berlin Ausländerhass?“, Neues Deutschland vom 28. Oktober 2015, www.neues-deutschland.de/artikel/989261.war-das-mordmotiv-an-briten-inberlin -auslaenderhass.html). Hinzu kommt, dass der zum Tatzeitpunkt 62-jährige Rolf Z. nach Angaben der Anwälte der Familie Bektaş auch in polizeilichen Ermittlungsakten zum Mord an Burak Bektaş auftaucht. Ein Hinweisgeber brachte im Jahr 2013 Rolf Z. als potentiellen Täter ins Spiel, da dieser im ungefähren Alter des unbekannten Täters sei, im Besitz von Schusswaffen war und regelmäßig am Tatort verkehrt haben soll. Vertreter der Nebenklage der Familien Bektaş und Holland kritisieren, dass die Berliner Polizei diese Spur nicht weiter verfolgt habe (vgl. „Ist Rolf Z. Doppelmörder?“, Neues Deutschland vom 12. Januar 2016, www.neues-deutschland.de/artikel/997660.ist-rolf-zdoppelmoerder . html). Auch dem Wunsch eines Freundes von Burak Bektaş, der den Anschlag im April 2012 verletzt überlebte, dem potentiellen Täter zur Identifizierung gegenübergestellt zu werden, entsprach die Polizei nicht (vgl. „Der Fall Burak Bektaş muss neu aufgerollt werden!“, Pressemitteilung der Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak B. vom 14. Januar 2016, http://burak. blogsport.de/2016/01/14/pressemitteilung-der-fall-burak-bektas-muss-neuaufgerollt -werden/). In einer gemeinsamen Pressekonferenz am 11. Januar 2016 wandten sich die Familien von Burak Bektaş und Luke Holland an die Öffentlichkeit und forderten bundesweite Ermittlungen sowie die Übertragung Drucksache 18/7563 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode der Ermittlungen an den Generalbundesanwalt in Karlsruhe. Am 15. Januar 2016 berichtete „die tageszeitung“, dass der Generalbundesanwalt „nach eingehender Prüfung“ diesem Fall keine „besondere Bedeutung“ beimesse, die es rechtfertigen würde, die Ermittlungen zu übernehmen (vgl. „Bektaş-Mord in Neukölln – GBA ermittelt nicht“, die tageszeitung vom 15. Januar 2016, S.22). 1. Registriert das Bundeskriminalamt (BKA) den gewaltsamen Tod von Burak Bektaş am 5. April 2012 und den gewaltsamen Tod von Luke Holland am 20. September 2015 in Berlin-Neukölln als politisch rechts motivierte Gewaltstraftaten bzw. als Politisch Motivierte Kriminalität (PMK)-rechts motivierte Tötungsdelikt nach dem PMK-rechts Kriterienkatalog? Dem Bundeskriminalamt (BKA) wurden die Tötungsdelikte zum Nachteil von Burak Bektaş und Luke Holland bislang nicht als politisch motivierte Gewaltstraftaten gemeldet. 2. Haben Bundesbehörden im Fall von Burak Bektaş den Berliner Ermittlungsbehörden Amtshilfe geleistet oder eigene Ermittlungsmaßnahmen eingeleitet ? Wenn ja, wann, und zu welchen Komplexen? Das BKA hat den Berliner Ermittlungsbehörden Amtshilfe geleistet. Die Ermittlungen der zuständigen Mordkommission des Landeskriminalamts (LKA) Berlin wegen des Tötungsdeliktes zum Nachteil von Burak Bektaş wurden im Rahmen der Zentralstellenfunktion des BKA unterstützt, insbesondere durch den Abgleich von Daten. Ferner erfolgte eine Einbindung des BKA im Rahmen des internationalen polizeilichen Informationsaustausches in den Jahren 2012 und 2015. Eigene Ermittlungen hat das BKA nicht durchgeführt. 3. Haben Bundesbehörden im Fall von Luke Holland den Berliner Ermittlungsbehörden Amtshilfe geleistet oder eigene Ermittlungsmaßnahmen eingeleitet ? Wenn ja, wann, und zu welchen Komplexen? Das BKA hat den Berliner Ermittlungsbehörden Amtshilfe geleistet. Im Sachzusammenhang mit dem Todesermittlungsverfahren zum Nachteil des Luke Holland wurde im Jahr 2015 das BKA im Rahmen des internationalen polizeilichen Informationsaustausches eingebunden. Eigene Ermittlungen hat das BKA nicht durchgeführt . 4. Liegen Bundesbehörden Erkenntnisse zum mutmaßlichen Täter Rolf Z. vor, insbesondere Erkenntnisse, die den Verdacht stützen, dass es sich bei ihm um einen Rechtsextremen handelt? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über den mutmaßlichen Täter Rolf Z. vor. 5. Fanden Erkenntnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz bzw. von Landesämtern für Verfassungsschutz Eingang in die Ermittlungen im Fall Bektaş? 6. Fanden Erkenntnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz bzw. von Landesämtern für Verfassungsschutz Eingang in die Ermittlungen im Fall Holland? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7563 Die Fragen 5 und 6 werden gemeinsam beantwortet. Dem Bundesamt für Verfassungsschutz liegen keine Erkenntnisse zu den Sachverhalten vor. 7. Hat das BKA seit dem 4. November 2011 mit dem Mord an Burak Bektaş vergleichbare Fälle von Schusswaffendelikten gegen potenzielle Opfer rassistisch und/oder fremdenfeindlich motivierter Gewalt registriert (wenn ja, bitte unter Angabe von Tatort, Tatdatum und Bundesland auflisten)? 8. Hat das BKA seit dem 4. November 2011 mit dem Mord an Luke Holland vergleichbare Fälle von Schusswaffendelikten gegen potenzielle Opfer rassistisch und/oder fremdenfeindlich motivierter Gewalt registriert? Die Fragen 7 und 8 werden gemeinsam beantwortet. Im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes „Politisch motivierte Kriminalität “ (KPMD-PMK) übermitteln die Polizeidienststellen der Länder dem BKA Erkenntnisse zu politisch motivierten Straftaten. Erkenntnisse zu politisch motivierten Tötungsdelikten mittels scharfer Schusswaffen wurden dem BKA im Rahmen des KPMD-PMK seit dem 4. November 2011 nicht übermittelt. 9. Sind unter den 745 Fällen aus dem Zeitraum zwischen 1990 und 2011, die das BKA erneut auf mögliche rechte Tathintergründe überprüfte, auch solche , die mit dem Fall Bektaş vergleichbar sind? 10. Sind unter den 745 Fällen aus dem Zeitraum zwischen 1990 und 2011, die das BKA erneut auf mögliche rechte Tathintergründe überprüfte, auch solche , die mit dem Fall Holland vergleichbar sind? Die Fragen 9 und 10 werden gemeinsam beantwortet. Die Ermittlungen in beiden Fällen obliegen den zuständigen Landesbehörden, die auch eigenverantwortlich über die Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen entscheiden. Das gilt auch für die Durchführung von Datenabgleichen. Die 745 „Altfälle“ aus dem Zeitraum zwischen 1990 und 2011 wurden im Rahmen der Altfallanalyse allerdings mit anderen relevanten Datenbeständen abgeglichen und auf Hinweise auf einen rechtsextremistischen oder rechtsterroristischen Hintergrund ausgewertet, um mögliche Bezüge/Verknüpfungen festzustellen . In diesen Datenbeständen sind auch Informationen aus laufenden Ermittlungsverfahren der Länder enthalten. Im Rahmen der Altfallanalyse wurden die „Altfälle“ auch mit den in Datenbeständen vorhandenen (vom Land Berlin stammenden ) Informationen zum Fall Bektaş abgeglichen. Bezüge/Verknüpfungen wurden dabei nicht gefunden. 11. Zu welchem Zeitpunkt und in welchen zeitlichen Abständen fand die von dem Generalbundesanwalt erwähnte „eingehende(r) Prüfung“ des Mordfalls Bektaş statt (bitte unter Angabe der jeweiligen Daten)? Der Bundesanwaltschaft ist der Sachverhalt durch den Informationsaustausch im Gemeinsamen Abwehrzentrum gegen Rechts (GAR) bekannt. Dort hatte das LKA Berlin am 5. April (Tattag), 10. April, 12. April und 19. April 2012 über den Fall berichtet. Hinweise zum Täter und zur Tatmotivation bestanden nicht. Die in der Antwort zu Frage 2 dargestellte nachfolgende Befassung des BKA hat keine konkreten Anhaltspunkte für eine rechtsextremistische Tatmotivation und einen Tatzusammenhang mit rechtsterroristischen Strukturen erbracht. Eine Übersendung der Vorgänge durch die Staatsanwaltschaft Berlin nach Nr. 202 der Drucksache 18/7563 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren aufgrund eines Verdachts für eine in die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts fallende Straftat erfolgte nicht. Die Berichterstattung in den Medien ist der Bundesanwaltschaft ebenfalls bekannt. Am 12. Januar 2016 erfragte die Bundesanwaltschaft im Hinblick auf die Erklärungen der Eltern von Burak Bektaş und Luke Holland vom 11. Januar 2016, über die in der Presse berichtet wurde, den aktuellen Erkenntnisstand des Bundeskriminalamts. 12. Aus welchen Gründen hat der Generalbundesanwalt die Ermittlungen im Fall Bektaş nicht übernommen? Warum liegt in dem Fall Bektaş keine „besondere Bedeutung“ für eine Übernahme der Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt vor? Nach der sich für die Bundesanwaltschaft ergebenden Erkenntnislage fehlt es bereits an dem für die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts nach dem Gerichtsverfassungsgesetz (§ 120 i. V. m. § 142a des Gerichtsverfassungsgesetzes – GVG) erforderlichen Staatsschutzcharakter der Tat. Nach § 120 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 GVG müsste die Tat nach den Umständen geeignet sein, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates zu beeinträchtigen oder die Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben. Eine besondere Bedeutung des Falles könnte nicht zu einer anderen Bewertung führen. Die erwähnte Berichterstattung, dass die Bundesanwaltschaft dem Fall keine besondere Bedeutung beimesse, die es rechtfertigen würde, die Ermittlungen zu übernehmen, ist unzutreffend. 13. Hat der Generalbundesanwalt im Fall Holland einen Prüfvorgang angelegt? Wenn nein, warum nicht? Nein. Anhaltspunkte für eine in die Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft fallende Straftat haben sich aus den bestehenden Informationsquellen bislang nicht ergeben. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333