Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 26. Februar 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/7749 18. Wahlperiode 01.03.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulle Schauws, Volker Beck (Köln), Dr. Franziska Brantner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/7516 – Zwangsverheiratungen in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In Deutschland finden Zwangsverheiratungen statt. Diese verstoßen nicht nur gegen internationale Menschenrechtskonventionen, sondern auch gegen deutsche Grundrechte und gegen das Strafgesetzbuch – StGB. Über das Ausmaß von Zwangsverheiratungen hierzulande liegen bislang keine gesicherten Daten vor. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mehrfach Vorschläge für einen wirksamen Schutz für Opfer von Zwangsverheiratungen vorgelegt (zuletzt: Bundestagsdrucksache 17/2491). Dessen ungeachtet verabschiedete der Deutsche Bundestag im Jahr 2011 das „Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat“. Aber wie effektiv ist dieses Gesetz eigentlich? 1. Zwangsverheiratungsbekämpfungsgesetz (2011) a) Ein neuer Straftatbestand (§ 237 StGB): Unklar ist hier zum einen, wie häufig und mit welchem Erfolg der neugeschaffene Straftatbestand bislang angewandt wurde. Fraglich ist zudem, ob dieser neue Straftatbestand umfassend genug ausgestaltet ist. So wird nicht nur in der Fachliteratur (vgl. Ensenbach : Jura 7/2012, Haas: JZ 2/2013 und Sotiriadis: Neue Kriminalpolitik 1/2015) darauf hingewiesen, dass der neue § 237 StGB weder religiöse, noch sozial geschlossene Zwangsverheiratungen bzw. das Phänomen der sog. islamischen Handschuhehe („nikāḥ“) umfasse, bei der ein (groß-)väterlicher Vormund eine solche „Eheschließung“ ggf. auch gegen den Willen eines Ehegatten vornehmen kann. Erst jüngst (im Juni 2015) hatte die 25. Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen, -minister, -senatorinnen und -senatoren (wie zuvor bereits im Jahr 2010 der Bundesrat, im Jahr 2011 der Deutsche Juristinnenbund e. V. sowie im Jahr 2014 der 70. Deutsche Juristentag ) gefordert, diese „Lücke“ im § 237 StGB zu schließen. b) Rückkehrrecht zwangsverheirateter Personen nach Deutschland: Im Hinblick auf die im Jahr 2011 erfolgte Ergänzung des § 37 des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG ist zu fragen, wie effektiv diese Rückkehrregelung ist, wenn der „Migrationsbericht 2014“ der Bundesregierung feststellt, dass seit dem Jahr 2011 keiner einzigen Person eine solche Wiedereinreise gestattet worden ist Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7749 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode (Bundestagsdrucksache 18/7235, S. 130, Fußnote 157). Zu fragen ist in diesem Zusammenhang auch, inwiefern es sachgerecht ist, den Menschenrechtsschutz (hier: die Wiedereinreise von Zwangsverheirateten) von einer Integrationsprognose – respektive vom Bezug von Sozialhilfeleistungen in Deutschland – abhängig zu machen (vgl. Bundestagsdrucksache 17/11018, S. 4). c) Humanitärer Schutz: Die Bundesregierung geht zwar auf Nachfrage davon aus, dass von Zwangsheirat betroffene Personen einen Flüchtlingsstatus gemäß § 25 Absatz 2 AufenthG erhalten können – sie weigert sich jedoch hierzu einen entsprechenden Hinweis ins Gesetz bzw. in die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz aufzunehmen (vgl. Bundestagsdrucksache 17/11223, S. 5 f.). Dennoch gibt es inzwischen eine gefestigte Rechtsprechung zur Asylerheblichkeit einer Zwangsverheiratung im Ausland (vgl. zuletzt OVG NRW, 1 A 1139/13.A vom 14. Februar 2014 m. w. N.). Zu fragen ist jedoch, wie es kommt, dass die in diesem (und anderen Urteilen) verhandelten Schutzersuchen nicht durch das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) anerkannt wurden, sondern allesamt erst vor Gericht erstritten werden mussten. 2. Schutz und Präventionsarbeit im Hinblick auf spezielle Zielgruppen Präventions- und Interventionsarbeit ist nur so effektiv, wie sie imstande ist, die jeweilige Zielgruppe erfolgreich zu adressieren. Hier ist zum einen danach zu fragen, inwiefern der im Juni 2010 von der Bundesregierung vorgelegte „Leitfaden für Schulen zum Umgang mit Zwangsverheiratungen“ in der Schulpraxis Anwendung findet bzw. sich dort bewährt hat. Unklarheit besteht auch über die Existenz bzw. die staatliche Förderung von Beratungsangeboten für Eltern bzw. Empowermentangebote für Mädchen – aber auch im Hinblick auf spezielle Präventionsangebote für Jungen (die ja ebenfalls – und zwar in mehrfacher Hinsicht – von Zwangsverheiratungen betroffen sein können). Und schließlich stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, inwiefern die bis dato faktisch inexistenten Beratungs-, Betreuungs- bzw. Schutzangebote für Homosexuelle, Behinderte bzw. für Paare, die von Zwangsverheiratungen bedroht sind, in den letzten Jahren verbessert wurden. 3. Umgang mit Verbesserungsvorschlägen Die Bundesfachkonferenz Zwangsverheiratung hatte im Jahr 2013 – wie zuvor schon die Jugend- und Familienministerkonferenz des Bundes und der Länder (JFMK) im Juni 2012 – umfangreiche Vorschläge präsentiert, um die rechtlichen Vorschriften sowie die tatsächlichen Maßnahmen für einen effektiven Schutz von Opfern von Zwangsverheiratungen in Deutschland zu reformieren. Jetzt ist es an der Zeit nachzufragen, welche dieser Vorschläge die Bundesregierung umgesetzt hat – und welche nicht. Sachstand 1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über das Ausmaß von Zwangsverheiratungen und über das Ausmaß des diesbezüglichen Dunkelfeldes in Deutschland? Aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) ergibt sich die Zahl der polizeilich bearbeiteten Fälle und Erkenntnisse zum Zeitpunkt der Abgabe an die Staatsanwaltschaft . Im Jahr 2012 wurden insgesamt 56 Fälle erfasst, im Jahr 2013 62 Fälle und im Jahr 2014 58 Fälle. Daten zum Jahr 2011 liegen nicht vor, da § 237 StGB erst mit Wirkung vom 1. Juli 2011 in Kraft getreten ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7749 Wichtige Erkenntnisse vermittelt die Studie „Zwangsverheiratung in Deutschland – Anzahl und Analyse von Beratungsfällen“ aus dem Jahr 2011, die im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von einem Konsortium von der Lawaetz-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Büro Torsten Schaak und Terre des Femmes, Tübingen, erstellt wurde. Sie beruht auf einer Befragung von Expertinnen und Experten in Beratungs- und Schutzeinrichtungen in ganz Deutschland. Dazu wurden im Jahr 2008 insgesamt 3 443 von Zwangsverheiratung Betroffene in 830 Beratungsstellen erfasst. Rund 60 Prozent von ihnen drohte eine Zwangsverheiratung, bei 40 Prozent war diese bereits geschlossen . Ein Teil der Betroffenen wurde dabei mehrfach erfasst, da schätzungsweise zwischen 14 und 43 Prozent der Betroffenen mehrere Einrichtungen aufgesucht haben. An der anschließenden Dokumentation individueller Beratungsfälle nahmen rund 100 Beratungsstellen teil. Zusätzlich wurden Untersuchungen in Schulen, Integrationszentren, Einrichtungen der Jugendhilfe und bei Migrantenselbstorganisationen durchgeführt. Wegen der großen Dunkelziffer kann aber auch diese Studie keine Hinweise auf die tatsächliche Anzahl von Zwangsehen in Deutschland geben. Die Länderabfrage über die GFMK hat Folgendes ergeben: In Berlin sind 2014 Zahlen zu Zwangsverheiratungen im Jahr 2013 veröffentlicht wurden. Die befragten Institutionen haben 460 Fälle von Zwangsverheiratung gemeldet . Das Land Berlin verweist auf ein Dokument zu Ergebnissen dieser Umfrage des BERLINER ARBEITSKREISES GEGEN ZWANGSVERHEIRATUNG, www.big-berlin.info/sites/default/files/medien/350_Zwangsverheiratung_2013b.pdf. In Mecklenburg-Vorpommern hat nach Angaben der Leitstelle für Frauen und Gleichstellung die Fachberatungsstelle für Betroffene von Menschenhandel und Zwangsverheiratung (ZORA) 2015 vier Fälle von Zwangsverheiratung beraten. Im Jahr 2014 waren es fünf Fälle. In Niedersachsen suchen im Durchschnitt jährlich 140 bis 150 Menschen Unterstützung beim Niedersächsischen Krisentelefon GEGEN Zwangsheirat (Krisentelefon ). Zahlen über Mädchen und junge Frauen, aber auch Männer, die gegen ihren Willen verheiratet wurden, liegen nicht vor. Statistik: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7749 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Im Zeitraum von 2011 bis heute wurden von der in Sachsen-Anhalt tätigen Beratungsstelle für von Menschenhandel und Zwangsverheiratung betroffene Frauen und Mädchen (VERA) etwa hundert von Zwangsverheiratung und ehrbezogener Gewalt bedrohte bzw. betroffene Mädchen und Frauen beraten und begleitet. Das Ausmaß des Dunkelfeldes im Kontext Zwangsverheiratung und ehrbezogener Gewalt wird als sehr hoch eingeschätzt. Eine Vielzahl betroffener Mädchen und Frauen berichtet in der Beratung von betroffenen Familienmitgliedern und ähnlichen Fällen im Bekanntenkreis. Viele Betroffene suchen aus Angst vor einer Eskalation im Familienverband keine Hilfe und Unterstützung in Beratungsstellen o. ä. Institutionen. Die übrigen Bundesländer haben Fehlanzeige gemeldet. 2. Wie oft wurde – nach Kenntnis der Bundesregierung – in den Jahren 2011 bis 2015 der Fall einer Zwangsverheiratung nach § 237 StGB zur Anzeige gebracht? Der Bundesregierung liegen zum Anzeigeverhalten keine Erkenntnisse vor. Zur Anzahl der polizeilich bearbeiteten Anzeigen siehe Antwort zu Frage 1. a) Wie oft hat eine deutsche Staatsanwaltschaft in den Jahren 2011 bis 2015 nach Kenntnis der Bundesregierung von sich aus begonnen, den Fall einer Zwangsverheiratung nach § 237 StGB zu ermitteln? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Die für die Beantwortung der Frage erforderlichen Daten werden in der insoweit einschlägigen vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Statistik „Staatsanwaltschaften “ nicht ausgewiesen, da diese Statistik keine deliktsspezifische Erhebung der Daten umfasst. b) Wie oft wurde – nach Kenntnis der Bundesregierung – in den Jahren 2011 bis 2015 die persönliche Anzeige nach § 237 StGB nachträglich wieder zurückgenommen? Hierzu liegen der Bundesregierung ebenfalls keine Erkenntnisse vor. c) Wie oft wurde – nach Kenntnis der Bundesregierung – in den Jahren 2011 bis 2015 eine gerichtliche Hauptverhandlung nach § 237 StGB eröffnet? Diese Frage kann die Bundesregierung nicht beantworten. Die Strafverfolgungsstatistik liefert insoweit keine Informationen, da diese Statistik die Verfahren erst nach rechtskräftigem Abschluss erfasst. d) Wie viele Gerichtsverfahren nach § 237 StGB konnten – nach Kenntnis der Bundesregierung – seit dem Jahr 2011 insofern rechtskräftig abgeschlossen werden, als dass das Strafverfahren entweder eingestellt oder die Angeklagten verurteilt oder freigesprochen wurden (bitte die die Fragen 2a bis 2d jeweils nach Jahren und Bundesländern aufschlüsseln)? Im Jahr 2011 wurde § 237 StGB nicht statistisch erfasst. Für die Jahre 2012 bis 2013 ergeben sich folgende Daten: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7749 2012: § 237 Absatz 1 StGB: ein Abgeurteilter (männlich, Erwachsener); davon ein Verurteilter § 237 Absatz 2 StGB: kein Verurteilter. 2013: § 237 Absatz 1 StGB: zwei Abgeurteilte (männlich, Erwachsene); davon ein Verurteilter und ein Freispruch ohne Maßregeln § 237 Absatz 2: kein Verurteilter. Statistiken für spätere Jahre liegen noch nicht vor. 3. Sofern diese Daten zu Frage 2 weder auf Bundesebene noch bei den Justizverwaltungen der Bundesländer erhoben werden, wie kann die Bundesregierung bzw. der Bundesgesetzgeber ohne die dafür notwendigen Informationen die Effektivität des neuen § 237 StGB nachprüfen bzw. etwaigen Korrekturbedarf erkennen? Hinsichtlich des Ausmaßes von Zwangsverheiratungen in Deutschland liegen der Bundesregierung die in der Antwort zu den Fragen 1 und 2 erwähnten Daten vor. Zudem stehen die Ergebnisse der länderübergreifenden Arbeitsgruppe zu dem Thema: Gewalt gegen Frauen – Gesetzeslücken bei Zwangsheirat und Heiratshandel noch aus. Dazu wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Religiöse und soziale Zwangsverheiratungen 4. Hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2011 neue Erkenntnisse darüber, wie häufig in Deutschland religiöse oder soziale Zwangsehen bzw. „Handschuhehen “ („nikāḥ“) geschlossen werden, und wenn ja, welche? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 5. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, wie häufig sich Betroffene in Deutschland in den Jahren 2011 bis 2015 an Beratungsstellen mit dem Hinweis gewandt haben, dass sie einer religiösen oder sozialen Zwangsehe bzw. einer „Handschuhehe“ unterworfen wurden, und wenn ja, bitte nach Jahren und Bundesländern aufschlüsseln? Wenn nein, was hat die Bundesregierung unternommen, um diese Wissenslücke zu schließen? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7749 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, ob es Probleme in der Anwendung des neuen § 237 StGB im Hinblick auf eben solche religiösen/ sozialen Zwangsehen bzw. „Handschuhehen“ gegeben hat? Wenn ja, welche Probleme traten auf? Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der 25. Konferenz der Gleichstellungs - und Frauenministerinnen, -minister, -senatorinnen und -senatoren (GFMK), die diesbezüglich von einer „[Gesetzes-]Lücke“ spricht? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, ob es Probleme in der Anwendung des § 237 StGB im Hinblick auf religiöse/soziale Zwangsehen bzw. „Handschuhehen“ gegeben hat. Eine Strafbarkeit nach § 237 StGB ist unter bestimmten Umständen möglich. Ausländische „Handschuhehen“ sowie im Ausland religiös geschlossene Ehen unterfallen dem Schutzbereich des § 237 StGB, soweit sie anerkennungsfähig sind. Auch gilt das deutsche Strafrecht in den Fällen des § 237 StGB unabhängig vom Recht des Tatorts für Taten, die im Ausland begangen werden, wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher ist oder wenn die Tat sich gegen eine Person richtet, die zur Zeit der Tat ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (§ 5 Nummer 6 Buchstabe c StGB). Die von der 25. Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen, -minister , -senatorinnen und -senatoren (GFMK) erbetene Prüfung, ob § 237 StGB auf eheähnliche Lebensgemeinschaften, die im Rahmen religiöser oder kultureller Zeremonien eingegangen sind, erweitert werden soll, ist noch nicht abgeschlossen . In die Prüfung sollen noch die Ergebnisse der vom Strafrechtsausschuss der Konferenz der Justizministerinnen, -minister, -senatorinnen und -senatoren (JuMiKo) eingerichteten länderübergreifenden Arbeitsgruppe zu dem Thema: Gewalt gegen Frauen – Gesetzeslücken bei Zwangsheirat und Heiratshandel einfließen. Die Arbeitsgruppe hat diese Frage in zwei Sitzungen im November 2015 und im Februar 2016 unter dem Vorsitz Hamburgs beraten. Ergebnisse liegen derzeit noch nicht vor; sie werden zur nächsten Frühjahrskonferenz der JuMiKo erwartet. 7. Welche Position vertritt die Bundesregierung im Hinblick auf die Forderung der 25. Konferenz der GFMK, den Anwendungsbereich des § 237 StGB auf solche „eheähnlichen Lebensgemeinschaften auszuweiten, die im Rahmen religiöser oder kultureller Zeremonien eingegangen werden und die für die Beteiligten [aber] eine vergleichbar verbindliche Wirkung entfalten“? Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/7749 Humanitärer Schutz 8. Wie viele Personen haben – nach Kenntnis der Bundesregierung – seit dem Jahr 2011 a) unter Hinweis auf eine im Herkunftsland drohende Zwangsverheiratung oder deswegen einen asylrechtlichen Erst- bzw. Folgeantrag oder b) einen Antrag auf Abschiebungsschutz gestellt, weil sie Gefahr für Leib und Leben im Herkunftsland fürchteten, da sie sich einer Zwangsehe entzogen hatten (bitte nach Herkunftsländern und Jahren aufschlüsseln)? c) Wie vielen solcher Anträge wurde stattgegeben und wie viele wurden vom BAMF abgewiesen (bitte nach Herkunftsländern, erteilten Schutzstatus bzw. Art der Ablehnung und Jahren aufschlüsseln)? Daten im Sinne der Fragestellung werden von der Bundesregierung statistisch nicht erhoben. 9. Wie werden im Asylverfahren und in den entsprechenden Anhörungen die Schilderungen von Personen, die möglicherweise von Zwangsverheiratung betroffen sind, berücksichtigt? a) Welcher Verfahrensablauf ist vorgesehen, wenn sich in der Anhörung aus der Schilderung des Sachverhalts ergibt, dass die anzuhörende Person möglicherweise von Zwangsverheiratung betroffen ist? Die Beantwortung der Fragen 9 und 9a erfolgt wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam. Alle Verfahren, in denen der Sachvortrag im Asylverfahren Bezug zu einer geschlechtsspezifischen Verfolgung, zu der auch eine (drohende) Zwangsverheiratung gehört, aufweist oder in denen aus Sicht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine diesbezügliche Vermutung im Raum steht, bedürfen einer besonders sensiblen Vorgehensweise. Diesen besonderen Erfordernissen trägt das BAMF Rechnung, indem es hierfür besonders geschulte Entscheider (Sonderbeauftragte) einsetzt. Diese werden in speziellen Schulungsmaßnahmen mit den Besonderheiten geschlechtsspezifischer Verfolgung vertraut gemacht. Die Sonderbeauftragten verfügen zudem über spezielle rechtliche, kulturelle und psychologische Kenntnisse, um die Verfahren entsprechend der besonderen Erfordernisse durchzuführen. Ergibt sich aus dem Sachvortrag im Asylverfahren, insbesondere der persönlichen Anhörung, dass die Antragstellerin oder der Antragsteller zu diesem Personenkreis gehört, ist der für die Bearbeitung des Verfahrens zuständige Mitarbeiter gehalten, einen Sonderbeauftragten hinzuziehen. Die Hinzuziehung ist aktenkundig zu machen. Die weitere Vorgehensweise wird unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zwischen Entscheider und dem Sonderbeauftragten vereinbart, um dem Interesse der Antragstellerin oder des Antragstellers weitestgehend Rechnung tragen zu können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7749 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Wäre es hier aus Sicht der Bundesregierung sachgerecht, dass den Sonderbeauftragten für geschlechtsspezifische Verfolgung regelmäßig die Fälle, in denen im Asylverfahren bzw. in der Anhörung auf den Sachverhalt einer möglichen Zwangsverheiratung hingewiesen wird bzw. sich Hinweise auf einen solchen Sachverhalt ergeben (zumindest in den Fällen , in denen eine Ablehnung des Asylantrags empfohlen wird), noch einmal gesondert vorgelegt werden, und wenn nein, warum nicht? Soweit der Sonderbeauftrage die Bearbeitung des Verfahrens und Entscheidung über den Asylantrag nicht selbst übernimmt, wird eine erneute Vorlage des Verfahrens bei ihm im Rahmen der Entscheidung über den Asylantrag durch den zuständigen Entscheider wegen zwischen ihm und dem Entscheider getroffenen Vereinbarungen (s. Antwort zu Frage 9a) nicht für erforderlich gehalten. Die Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen wird durch die Sichtung des erlassenen Bescheides im Rahmen der Qualitätskontrolle vor Zustellung der Entscheidung gewährleistet. 10. Wie viele Sonderbeauftragte für geschlechtsspezifische Verfolgung stehen dem BAMF zur Verfügung (bitte nach einzelnen Außenstellen und den vier Entscheidungszentren aufschlüsseln)? Aus der nachfolgenden Tabelle (Stand: 31. Januar 2016) ist der Einsatz von Sonderbeauftragten Entscheidern für den Bereich geschlechtsspezifische Verfolgung in den Standorten des Bundesamtes ersichtlich. Standort des Bundesamtes Anzahl der Sonderbeauftragten Entscheider für den Bereich geschlechtsspezifische Verfolgung Augsburg - Bad Berleburg - Bamberg - Bayreuth - Berlin 3 Bielefeld 3 Bramsche - Braunschweig - Bremen 1 Büdingen - Burbach - Chemnitz 2 Deggendorf - Dortmund 7 Dresden - Düsseldorf 4 Eisenhüttenstadt 3 Ellwangen - Entscheidungszentrum Ost - Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/7749 Entscheidungszentrum Süd - Entscheidungszentrum Südwest - Entscheidungszentrum West - Essen - Fallingbostel - Frankfurt am Main / Flughafen 2 Freiburg - Friedland 2 Gießen 1 Halberstadt 2 Hamburg 2 Heidelberg - Hermeskeil - Ingelheim / Bingen - Jena-Hermsdorf 2 Karlsruhe 2 Kiel 1 Köln - Lebach 1 Leipzig 1 Manching 1 Mühlhausen - München 1 Neumünster 1 Nostorf-Horst 1 Oldenburg 1 Regensburg - Reutlingen / Eningen u.A. - Schweinfurt - Suhl - Trier 3 Unna 1 Zirndorf - a) Wie und in welchen Umfang werden die Entscheider für die skizzierten Problemlagen sensibilisiert und geschult? c) Welche Schulungen müssen Entscheider absolvieren, um als Sonderbeauftragte für geschlechtsspezifische Verfolgung eingesetzt werden zu können? Die beiden Fragen 10a und 10c werden auf Grund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7749 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Alle im Bundesamt eingesetzten Entscheider durchlaufen die EASO-ETC-Schulungen mit den Grundmodulen „Anhörungstechniken“, „Beweiswürdigung“ und „Schutzgewährung“. Der Umfang pro Modul beträgt 30 bis 40 Stunden E-Learning mit anschließender dreitägiger Präsenzschulung. Darüber hinaus ist ein speziell auf § 3b Absatz 1 Nr. 4 des Asylgesetzes (AsylG – Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, wegen sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität) ausgerichtetes Modul Bestandteil der allgemeinen Grundschulung für alle Entscheider. Weiterhin wird für alle Entscheider die regelmäßig stattfindende Schulung „Glaubhaftigkeitsprüfung im Asylverfahren“ angeboten. Zusätzlich besuchen die als Sonderbeauftragte eingesetzten Entscheider eine Basis - und Aufbauschulung von jeweils zwei Tagen zum Themenbereich „geschlechtsspezifisch Verfolgte“. b) Wer führt diese Schulungen durch, über welche einschlägigen Qualifikationen verfügt das Schulungspersonal? Die Schulungen werden von Dozenten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge durchgeführt. Zusätzlich wird auf externen Sachverstand, in der Regel Psychologen/Psychotherapeuten, die mit der Zielgruppe arbeiten, zurückgegriffen . Rückkehrrecht zwangsverheirateter Personen nach Deutschland 11. Erfassen deutsche Auslandsvertretungen mittlerweile, ob bzw. wie viele Anträge auf Wiedereinreise gemäß § 37 AufenthG gestellt werden ; wie viele Minderjährige einen solchen Antrag stellten; wie viele dieser Anträge stattgegeben und wie viele abgelehnt wurden bzw. welche der in § 37 AufenthG enthaltenden Ablehnungsgründe hier wie oft zum Tragen kamen wie häufig Frauen und wie häufig Männer einen solchen Antrag stellen? a) Wenn ja, mit welchem Ergebnis (bitte bezogen auf die Jahre 2011 bis 2014 entsprechend aufschlüsseln)? b) Wenn nein, warum immer noch nicht? Wie soll der Gesetzgeber das Funktionieren bzw. den möglichen Änderungsbedarf im Hinblick auf die Anwendung einer solchen Vorschrift überprüfen, wenn derartige (nicht-personenbezogene) Basisdaten nicht erhoben werden? Die angefragten Daten werden statistisch nicht von den Auslandsvertretungen erfasst . Der Bundesregierung liegen keine Hinweise auf Anträge nach § 37 des Aufenthaltsgesetzes vor. Arbeitseffizienz und Einsatz vorhandener Ressourcen sprechen deswegen dagegen, hierzu eigens eine Statistik anzulegen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/7749 12. Wie beurteilt die Bundesregierung die Geeignetheit bzw. die Effektivität des im Jahr 2011 reformierten § 37 AufenthG angesichts dessen, dass seitdem (bzw. bis Ende des Jahres 2013) keiner einzigen Personen auf Grundlage dieser neuen Regelung eine solche Wiederkehr gestattet worden ist? Zum 31. Dezember 2015 waren ausweislich des Ausländerzentralregister (AZR) erfasst: § 37 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) (Wiederkehr) 552 Personen § 37 Absatz 5 AufenthG (Wiederkehr Rentner) 457 Personen Weitere Sachverhalte nach § 37 sind derzeit im Gesetz über das Ausländerzentralregister – AZR-Gesetz (AZRG) nicht erfasst. Mangels eines Speichersachverhaltes zu § 37 Absatz 2a AufenthG kann daher eine genauere Aussage, wie vielen Personen aufgrund einer Zwangsverheiratung ein Recht auf Wiederkehr gestattet wurde, nicht getroffen werden. 13. Hält es die Bundesregierung nach wie vor für sachgerecht und ethisch vertretbar , den Schutz vor der Menschenrechtsverletzung (hier: die Rückkehr von Opfern von Zwangsverheiratungen) vom möglichen Sozialhilfebezug der schutzsuchenden Person in Deutschland abhängig zu machen, und wenn ja, warum? Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zwecke der Wiederkehr nach § 37 Absatz 1 AufenthG nur bei gesichertem Lebensunterhalt . Gerade für den Fall, dass ein Ausländer rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung einer Ehe genötigt und an der Rückkehr nach Deutschland gehindert wurde, kann von dem Erfordernis der Sicherung des Lebensunterhaltes (und allen übrigen Erteilungsvoraussetzungen des § 37 Absatz 1 AufenthG) abgesehen werden, § 37 Absatz 2a Satz 1 AufenthG. Im Falle eines mindestens achtjährigen Voraufenthaltes in Deutschland und einer Zwangsheirat soll die Aufenthaltserlaubnis sogar erteilt werden, wenn der Lebensunterhalt nicht gesichert ist, § 37 Absatz 2a Satz 2 AufenthG. Zudem findet neben § 37 AufenthG das allgemeine humanitäre Aufenthaltsrecht stets Anwendung. Die Bundesregierung ist daher der Ansicht, dass auf die besondere Situation von Opfern von Zwangsverheiratungen auch nach der bestehenden Rechtslage angemessen reagiert werden kann. 14. Was hält die Bundesregierung von dem Vorschlag, dass die deutschen Auslandsvertretungen auf ihren Webseiten im Ausland die Möglichkeit einer online -Beratung des bundesweiten Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“ aufnehmen ? Die Websites der Auslandsvertretungen führen bereits Notfallnummern, damit Deutschen in Not vor Ort unmittelbar Hilfe nach § 1 des Konsulargesetzes geleistet werden kann. 15. Was hält die Bundesregierung von dem Vorschlag, in Deutschland einen Härtefallfonds einzurichten, der helfen könnte, Betroffenen einer Zwangsverheiratung , die über einen längerem Zeitraum im Ausland festgehalten wurden, die Wiedereinreise und die Reintegration zu erleichtern? Derzeit bestehen keine entsprechenden Pläne seitens der Bundesregierung. Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7749 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Spezielle Zielgruppen Jugendliche und ihre Familien 16. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie häufig in Deutschland lebende Schülerinnen gegen ihren Willen aus den Ferien gar nicht oder als verheiratete Frauen zurückkehren (bitte in der Antwort auch auf etwaige Unterschiede zwischen den Bundesländern eingehen)? Hierüber liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Die Länderabfrage über die GFMK hat Folgendes ergeben: Das Niedersächsische Krisentelefon hat sich seit 2011 mit jährlich durchschnittlich 14 Fällen von Heiratsverschleppungen beschäftigt. Die Mädchen waren zwischen 16 und 19 Jahre alt. Darüber hinaus liegen in Niedersachsen dazu keine belastbaren Erkenntnisse vor. Alle anderen Bundesländer haben Fehlanzeige gemeldet. 17. Hat sich die Bundesregierung darüber kundig gemacht, inwiefern der im Jahr 2010 von ihr veröffentlichte „Leitfaden für Schulen zum Umgang mit Zwangsverheiratungen“ in der Schulpraxis tatsächlich Anwendung findet bzw. sich dort bewährt hat oder ob es Korrekturwünsche gibt? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Den von der Bundesregierung Ende 2010 veröffentlichten „Leitfaden für Schulen zum Umgang mit Zwangsverheiratungen“ hatte das Sekretariat der Kultusministerkonferenz auf Bitten der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration den Schulbehörden der Länder zur weiteren Verfügung übermittelt. Der Leitfaden für Schulen wurde insgesamt in einer Auflage von 20 000 Exemplaren als Informationsbroschüre der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration im Jahr 2010 veröffentlicht. Die Verbreitung der Druckexemplare erfolgte in erster Linie über die Schulbehörden der Länder, die die Publikation jeweils in größerer Stückzahl abgerufen haben. Darüber hinaus haben zum Beispiel Polizeipräsidien oder Beratungsstellen von dem Angebot Gebrauch gemacht. Seit Juni 2013 steht der Leitfaden in unveränderter Form ausschließlich als PDF-Exemplar zum Download zur Verfügung . Wie der Leitfaden in der Schulpraxis in den hierfür zuständigen Ländern eingesetzt wurde bzw. eingesetzt wird, ist der Bundesregierung nicht bekannt. 18. Hat die Bundesregierung Schlussfolgerungen gezogen im Hinblick auf die Erkenntnisse der Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – BMFSFJ aus dem Jahr 2011 (Zwangsverheiratung in Deutschland, S. 20 f.), dass nur bei einem Drittel der Schulen, die überhaupt geantwortet hatten, Zwangsverheiratungen ein Unterrichtsthema waren – und in Gymnasien dieses Thema kein einziges Mal behandelt worden war? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/7749 19. Wurden in den Jahren 2011 bis 2015 seitens des Bundes bzw. seitens einzelner Bundesländer auf das Thema Zwangsverheiratungen bezogene a) Beratungsangebote für Eltern, b) Empowermentangebote für Mädchen bzw. c) spezielle Präventionsangebote für Jungs finanziell gefördert? Wenn ja, welche (bitte nach den Fragen 19a bis 19c, nach Jahren, nach der Projektbezeichnung, nach Bundesländern, nach den Titeln im Bundeshaushalt sowie zumindest nach der Höhe der Bundesförderung aufschlüsseln)? Eine Bundesförderung von Projekten mit spezifischer Bezugnahme auf die genannten Angebote ist im betreffenden Zeitraum nicht erfolgt. Die Länderabfrage über die GFMK hat Folgendes ergeben: Die vom Ministerium für Integration Baden-Württemberg seit 1. Juli 2012 mit jährlich bis zu 129 000 Euro (2012: 57 601 Euro; 2013: 119 152 Euro; 2014: 127 059,50 Euro; 2015: 129 303,60 Euro) finanzierte Mobile Beratungsstelle Yasemin (Evangelische Gesellschaft Stuttgart) berät landesweit auch sog. „vertraute Dritte“. Auch Eltern bzw. Erziehungsberechtigte können sich bei Yasemin beraten lassen. Yasemin führt regelmäßig Präventionsveranstaltungen an Schulen durch, die dem Empowerment von Mädchen und Frauen dienen; im Zeitraum 2011 bis 2015 wurden landesweit 132 Präventionsveranstaltungen durchgeführt. Ferner hat das Ministerium für Integration gemeinsam mit Terre des Femmes e. V. das interaktive Theaterstück „Mein Leben. Meine Familie. Meine Ehre?“ entwickelt, das seit 2014 mit ca. 30 Aufführungen über 2 000 Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter/inne/n zum Thema Bekämpfung von Zwangsverheiratung bzw. von Gewalt im Namen der sog. Ehre sensibilisiert hat. Als wichtige Präventionsmaßnahme im Bereich Zwangsverheiratung wird in drei bayerischen Städten (Augsburg, Nürnberg, Schweinfurt) das Projekt HEROES vom Freistaat Bayern gefördert. Ziel dieses Projekts ist es, junge Männer mit tradierten Ehrvorstellungen zum Überdenken überkommener Rollenbilder und Wertvorstellungen anzuregen, um über die Veränderung der Männerrolle Unterdrückung bis hin zu Gewaltanwendung gegen Frauen und Mädchen „im Namen der Ehre“ vorzubeugen. In Berlin existiert eine vielfältige Projektelandschaft für Mädchen und Frauen, die in ihrem Beratungsangebot neben weiteren Themen teilweise einen Schwerpunkt auf Gewalt im Namen der Ehre und Zwangsverheiratung legen und auch Maßnahmen zum Empowerment anbieten. Hierzu zählt beispielsweise die von der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen finanzierte Beratungsstelle Elisi Evi (www.elisi-evi.de) oder der bezirkliche Mädchentreff MaDonna (www.madonnamaedchenpower.de). Die Krisen- und Zufluchtseinrichtung Papatya (www.papatya.org) bietet neben einer pauschal finanzierten anonymen Unterkunft Angebote mit Empowerment-Charakter, wie z. B. die online-Beratung SIBEL (www.sibel-papatya.org) oder den sehr praxisbezogenen Internetauftritt der bei Papatya angesiedelten Koordinationsstelle gegen Verschleppung (stiftungsfinanziert ) an (www.verschleppung.papatya.org). Außerdem war Papatya im Berichtszeitraum an Daphne-Projekten mit Empowermentansatz beteiligt, z. B. „SHEROES – Gegen Gewalt im Namen der Ehre. Mädchen mit Migrationshintergrund stärken für ein selbstbestimmtes Leben“ (www.papatya.org/ sheroes.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7749 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Das Projekt HEROES (www.strohhalm-ev.de/heroes/kinder/87/) richtet sich an männliche Jugendliche und unterstützt sie in einer kritischen Auseinandersetzung mit Rollenbildern und Unterdrückungsmechanismen im Namen der Ehre. Die Teilnehmer werden dazu ausgebildet, selbst Workshops zu diesen Themen z. B. an Schulen durchzuführen. Die präventive Wirkung ist eine doppelte: Zum einen werden die Jugendlichen bestärkt, sich nicht selbst repressiv gegenüber Mädchen zu verhalten und diesen Mechanismen auch etwas entgegenzusetzen, zum anderen werden sie ermutigt, sich im Falle einer eigenen Betroffenheit zu wehren bzw. Unterstützung zu suchen. Das Beratungsangebot der Fachberatungsstelle für Betroffene von Menschenhandel und Zwangsverheiratung ZORA in Mecklenburg-Vorpommern richtet sich auch an Eltern. Das Niedersächsische Krisentelefon dient der Prävention. Eltern, Mädchen und Jungen können sich unter der kostenlosen Telefonnummer 0800-0667888 informieren . Eine persönliche und telefonische Erstberatung in deutscher, türkischer, kurdischer oder arabischer Sprache ist möglich. Daneben wird an qualifizierte regionale Stellen weitergeleitet. Türkisch- und russischsprachige Mitarbeiterinnen des Interkulturellen Dienstes der Polizeidirektion Hannover bieten Elternberatung zur Thematik Zwangsheirat an. Das Niedersächsische Krisentelefon führt seit April 2014 ein Präventivprojekt mit Empowermentworkshops für Schülerinnen an verschiedenen niedersächsischen Schulen und in Kulturzentren durch. Weitere Angebote und interkulturelle Beteiligungsprojekte für Mädchen und junge Frauen, sowie für Jungen werden auf Anfrage durchgeführt. Spezielle Präventionsangebote für Jungen zum Thema Zwangsheirat sind nicht bekannt. Das Land NRW fördert die Fachberatungsstelle gegen Zwangsheirat des Mädchenhauses Bielefeld (www.zwangsheirat-nrw.de) und das Projekt „Selbstbestimmte Zukunft – gegen Gewalt im Namen der Ehre“ der Beratungsstelle agisra e. V. in Köln. Beide Einrichtungen leisten neben der Beratungsarbeit auch Präventionsarbeit an Schulen, die dem Empowerment der Schülerinnen dienen. Pro Jahr werden ca. 40 Schulveranstaltungen durchgeführt. Das Ministerium für Integration Familie, Frauen und Jugend Rheinland-Pfalz fördert solche Angebote nicht direkt. Zur Förderung von SOLWODI e. V. siehe Antwort zu Frage 32. Im Mai 2010 ist die Informationskampagne „Nein zu Zwangsheirat“ im Saarland gestartet. Die Aufklärungskampagne „Nein zu Zwangsheirat“ (Federführung: Sozialministerium ) will das Thema Zwangsheirat enttabuisieren und betroffenen Personen Hilfe anbieten. Mit dem Beratungsangebot „NEIN zu Zwangsheirat“ erhalten Betroffene bei der Fachberatungsstelle für Migrantinnen des Vereins ALDONA e. V. eine anonyme und kompetente Erstberatung. Die Kontaktaufnahme zur Beratungsstelle ist durch ein Krisentelefon, über das Internet sowie per Mail möglich. Zielgruppen sind in erster Linie von Zwangsverheiratung bedrohte Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/7749 junge Frauen und ihre Bezugspersonen (Lehrer, Eltern). Spezielle Beratungsangebote für Jungen gibt es nicht. Diese können im Bedarfsfall auch bei Aldona beraten werden. Das Land Sachsen-Anhalt förderte in den Jahren 2011 bis 2014 die Beratungsstelle VERA in Höhe von jährlich 90 000 Euro, im Jahr 2015 in Höhe von 93 000 Euro und im Jahr 2016 werden 96 090 Euro zur Unterstützung der Arbeit der Beratungsstelle zur Verfügung gestellt. Die Beratung für Eltern wird auf Wunsch der Betroffenen im Rahmen des Beratungssettings mit angeboten. Darüber hinausgehende spezielle Empowermentangebote für Mädchen bzw. Präventionsangebote für Jungen wurden nicht gefördert. Alle weiteren Länder haben Fehlanzeige gemeldet. 20. Haben der Bund bzw. einzelne Bundesländer in den Jahren 2011 bis 2014 – nach Kenntnis der Bundesregierung – Schulungen für Lehrerinnen und Lehrer , Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei und Jugendämter zum Thema Zwangsheirat durchgeführt, und wenn ja, wer hat welche dieser Schulungsmaßnahmen durchgeführt? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Nach Kenntnis des Sekretariats der Kultusministerkonferenz existieren in den Ländern spezielle Materialien und Angebote zur Behandlung des Themas Zwangsverheiratungen im Unterricht sowie zur Fortbildung von Lehrkräften. Darüber hinaus sind Lehrkräfte an Schulen im Rahmen der außerschulischen und regionalen Kooperation und über die Schulsozialarbeit mit entsprechenden Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen vernetzt. In einzelnen Ländern existieren zudem Handlungsleitfäden zur Unterstützung von Zwangsverheiratungen betroffenen Schülerinnen . Die bei der GFMK durchgeführte Länderabfrage hat Folgendes ergeben: Das Ministerium für Integration Baden-Württemberg hat zwischen 2011 und 2014 folgende Schulungen durchgeführt, an denen Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter /innen sowie Mitarbeiter/innen von Jugendämtern sowie weiteren Behörden teilgenommen haben: • 30 eintägige Multiplikator/inn/en-Workshops (für Beschäftigte von Behörden; in Kooperation mit Terre des Femmes e. V.; insgesamt wurden ca. 600 Kursteilnehmer /innen qualifiziert) • drei jeweils fünftägige modularisierte und zertifizierte Fortbildungen (für die oben angeführten Personengruppen; in Kooperation mit der Aktion Jugendschutz Landesarbeitsstelle Baden-Württemberg; insgesamt wurden 63 Kursteilnehmer /innen erfolgreich fortgebildet). Die zu Zwangsverheiratung arbeitenden Beratungsstellen in Berlin werden immer wieder angefragt, um für verschiedene Berufsgruppen Fortbildungen durchzuführen . Eine Sensibilisierung der in der Frage genannten Berufsgruppen erfolgt aber auch über Materialien wie die stark nachgefragte Informationsbroschüre des Berliner Arbeitskreises gegen Zwangsverheiratung – ein Zusammenschluss verschiedener Beratungsstellen, Verwaltungen, Polizei und anderer Institutionen –, die sich primär an Multiplikatorinnen der verschiedensten Berufsgruppen (Lehrkräfte , Sozialarbeiter/innen etc.) richtet. Die letzte Neuauflage ist 2013 erschienen (www.big-berlin.info/sites/default/files/medien/350_Zwangsverheiratung_ 2013b.pdf). Der AK gegen Zwangsverheiratung hat gemeinsam mit dem Aktionsbündnis gegen häusliche Gewalt des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg eine AG „Schulaktionen gegen Gewalt“ gegründet, die sich ebenfalls mit Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7749 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Zwangsverheiratung befasst. Die AG hat hierzu Mappen mit Informationen zu Zwangsverheiratung sowie häuslicher und sexualisierter Gewalt zusammengestellt , die auch Hinweise zu Materialien, möglichen Ansprechpartner/innen und konkrete Vorschläge für Unterrichtseinheiten enthalten. Mitglieder der AG werden regelmäßig angefragt, um an Berliner Schulen Workshops zum Thema Zwangsverheiratung durchzuführen In Hamburg werden regelmäßig Fortbildungsangebote zum Thema Zwangsheirat insbesondere für Fachkräfte aus dem Schulbereich bzw. Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen /Jugendämter angeboten. Das Thema Zwangsheirat / Ehrenmord wird zudem regelhaft in der Ausbildung der Polizei berücksichtigt (siehe Drucksache der Hamburgischen Bürgerschaft 20/9462). Das Niedersächsische Krisentelefon arbeitet mit dem Niedersächsischen Sozialministerium daran, eine landesweite Vernetzung herzustellen. Beteiligt sind örtliche Jugendämter, Ausländerbehörden, Polizei, Gewaltberatungsstellen, Familiengerichte , Beratungsstellen und Migrationsselbsthilfegruppen und Vereine. Zur Prävention von Zwangsehen führt das Krisentelefon seit Jahren Aufklärungsarbeit in Form von Vorträgen, Flyern, Plakaten, Informationskoffern und Fortbildungen durch. Lehrerinnen und Lehrern sowie Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern werden spezielle Konzepte und Unterrichtsmaterialien angeboten . Zusätzlich führt das Niedersächsische Krisentelefon Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer und pädagogisches Personal durch. Im Jahr 2014 wurden fachliche Besprechungen von schulpsychologischen Dezernentinnen und Dezernenten der Niedersächsischen Landesschulbehörde für Beratungslehrkräfte durchgeführt. Das unter Federführung des Niedersächsischen Sozialministeriums konzipierte und durchgeführte Filmprojekt „ICH entscheide“ zur Thematik und Gewalt „im Namen der Ehre“ wurde bisher an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen durchgeführt. Für die Polizei werden mit verschiedenen Kooperationspartnern seit 2011 Fortbildungen durchgeführt. In den Jahren 2012 und 2013 führte das Niedersächsische Krisentelefon niedersachsenweit In-house-Schulungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamts durch. In Nordrhein-Westfalen führen die beiden zu Frage 19 b genannten Beratungsstellen gegen Zwangsheirat regelmäßig auch Schulungen für Fachkräfte sowie Multiplikatorinnen und Multiplikatoren unterschiedlicher Professionen durch. Dazu gehören auch Informationsveranstaltungen für das Lehrkollegium im Kontext der Veranstaltungen für Schülerinnen. In den Jahren 2010 und 2011 fanden jeweils auf Initiative des Ministeriums für Integration, Familie, Frauen und Jugend eintägige Fortbildungen für Schulsozialarbeiterinnen /Schulsozialarbeiter und andere Fachkräfte in der sozialen Arbeit zum Thema „Problemstellungen und Handlungsstrategien im Zusammenhang mit Zwangsverheiratung“ statt. Die Veranstaltungen vermittelten Fachwissen zu Hintergründen , Motiven und Formen von Zwangsverheiratung und boten Raum für die Auseinandersetzung über Möglichkeiten, junge Migrantinnen und Migranten in familiären Konfliktsituationen zu beraten und zu unterstützen. Im Saarland richten sich die Fortbildungen, die seit Herbst 2010 von den Beraterinnen der spezialisierten Fachberatungsstelle für Migrantinnen des Vereins Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/7749 ALDONA e. V. durchgeführt werden, an Lehrkräfte in Schulen sowie an Fachkräfte in den Jugendämtern. Die Beratungsstelle Vera führt jährlich auf Anfrage der jeweiligen Institutionen Seminare an der Fachhochschule der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt (im Abschlussstudium für den gehobenen Polizeivollzugsdienst), Seminare an der Hochschule Magdeburg-Stendal (FH) im Studiengang Soziale Arbeit (BA) und an der Otto-von-Guericke-Universität mit Lehramtsstudierenden zum Thema ‚Zwangsverheiratung und ehrbezogene Gewalt‘ und Handlungsempfehlungen im jeweiligen Berufsfeld durch. Am Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung (LISA) fanden in diesen Jahren keine Veranstaltungen für Lehrkräfte (auch inklusive Veranstaltungen weiterer Träger) statt. Lesben, Schwule, Transgender, Transsexuelle und heterosexuelle Männer 21. Hat die Bundesregierung sich seit der letzten Kleinen Anfrage (Bundestagsdrucksache 17/11223) darum bemüht, Daten über das Ausmaß und die spezifische Bedrohungslage von homosexuellen Männern und Frauen, von Transgendern, Transsexuellen bzw. von heterosexuellen Männern in Deutschland zu gewinnen, die von Zwangsverheiratungen betroffen sind? a) Wenn ja, welche Informationen hat die Bundesregierung inzwischen bekommen , und wo sind diese veröffentlicht worden? Qualitative Daten liegen nicht vor, die spezifische Bedrohungslage der in Frage 21 genannten Personen ist indirekt im Fokus der Arbeit der Bundesregierung (siehe Antwort zu Frage 22). b) Wenn nein, warum nicht? Im Rahmen der personellen Möglichkeiten und der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel wurden die in der Antwort zu Frage 22 aufgezählten Maßnahmen als Prioritäten gesetzt. 22. Wurden in den Jahren 2011 bis 2015 seitens des Bundes bzw. seitens einzelner Bundesländer a) spezialisierte Präventions- und Beratungsangebote, b) Sensibilisierungs- und Aufklärungskampagnen und c) spezielle Schutzeinrichtungen für heterosexuelle Männer, Schwule, Lesben, transsexuelle Personen, Transgender , Behinderte sowie für Paare, die in Deutschland von Zwangsverheiratungen betroffen sind, finanziell gefördert? Wenn ja, welche (bitte nach den Fragen 22a bis 22c, nach Jahren, nach der Projektbezeichnung, nach Bundesländern, nach den Titeln im Bundeshaushalt sowie zumindest nach der Höhe der Bundesförderung aufschlüsseln)? Eine wichtige Unterstützungsmaßnahme im Bereich Gewalt gegen Frauen – insbesondere auch für Migrantinnen – ist das zentrale bundesweite Hilfetelefon, das der Bund im März 2013 eingerichtet hat. Das Hilfetelefon ergänzt das in Deutschland bestehende Netz an Beratungs- und Schutzeinrichtungen mit der Funktion, für gewaltbetroffene Frauen, unabhängig von sexueller Orientierung und/oder Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7749 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Behinderung oder Migrationshintergrund, die Schwelle zu Erstberatung, Unterstützung und Information zu senken und Betroffene bei Bedarf an das Hilfesystem vor Ort weiter zu vermitteln (Lotsenfunktion). Das Angebot des Hilfetelefons ist rund um die Uhr an 7 Tagen kostenfrei unter der Telefonnummer 08000 116 016 erreichbar. Das Hilfetelefon bietet Information und Erstberatung zu allen Formen von Gewalt gegen Frauen, darunter auch Zwangsverheiratung, und bei Bedarf auch Weitervermittlung an das Unterstützungsangebot vor Ort. Die Beratung erfolgt durch qualifizierte weibliche Fachkräfte, die vertraulich und auf Wunsch anonym beraten. Das Angebot ist zudem mehrsprachig und barrierefrei. Bei Bedarf kann ein Dolmetscherdienst in 15 Sprachen dazu geschaltet werden. Die Beraterinnen des Hilfetelefons sind zudem kulturell geschult. Es wird eine E-Mail- und eine Chatberatung über die Website www. hilfetelefon.de angeboten. Zielgruppen des Hilfetelefons sind neben gewaltbetroffenen Frauen auch Personen aus dem sozialen Umfeld der Frauen sowie Fachkräfte aus dem professionellen Umfeld. Die Mittel zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Hilfetelefons werden im Haushalt des BAFzAs bereitgestellt und sind dort nicht gesondert ausgewiesen. Im Jahr 2014 wurde im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ein Querschnittsreferat „Gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Geschlechtsidentität “ eingerichtet, das die besondere Situation und die Bedarfe von Schwulen und Lesben, aber auch von transsexuellen, transgender und Menschen mit angeborenen Variationen der Geschlechtsmerkmale (intersexuellen Menschen ) in den Blick nimmt. Dazu gehört auch, gegenüber Beratungsstellen für die besonderen Belange zu sensibilisieren, damit zum Beispiel transsexuelle Frauen, die von Gewalt betroffen sind, auf sensibilisierte Beraterinnen und Berater treffen. Zurzeit wird ein allgemeiner Leitfaden „Grundsätze der Beratung zu Geschlecht und geschlechtlichen Identitäten“ zur Beratung von inter* und trans*Personen sowie ihren Angehörigen gefördert, der im Frühjahr 2016 fertiggestellt werden soll. Im Sommer 2015 startete das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderte und vom Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) konzipierte dreijährige Modellprojekt „Beratungskompetenz zu Regenbogenfamilien“ (www.regenbogenkompetenz.de). Für Sommer 2016 ist ein Fachgespräch „Beratung und Unterstützung für transsexuelle Menschen und ihre Angehörigen in den verschiedenen Lebensphasen“ geplant. Zum Thema lesbische, schwule, bisexuelle und transgeschlechtliche/transsexuelle /transgender Flüchtlinge steht das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in einem regelmäßigen Austausch mit den zuständigen Länderreferaten sowie Nichtregierungsorganisationen. Am 8. März 2016 wird auf Einladung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Berlin ein Fachaustausch zwischen Kommunen, Nichtregierungsorganisationen und den Ländern zu Fragen der Begleitung, Beratung und Unterbringung von LSBT-Flüchtlingen stattfinden. Dabei sollen Konzepte, Ideen und spezifische Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/7749 Problemlagen, wie z. B. der Bericht über Gewalterfahrungen und Zwangsverheiratungen , angesprochen werden, um von guten Ideen zu partizipieren und Doppelarbeiten und -strukturen zu vermeiden. Darüber hinaus wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Übersetzung eines Rechtsratgebers des LSVD e. V. für lesbische, schwule und transgeschlechtliche Flüchtlinge ins Arabische gefördert (Online unter www.queer-refugees.de). Die Länderabfrage über die GFMK hat Folgendes ergeben: Das Ministerium für Integration Baden-Württemberg hat gemeinsam mit Kooperationspartnern im November 2015 einen Fachtag veranstaltet, der neue Zielgruppen bei der Bekämpfung von Zwangsverheiratung zum Inhalt hatte. Im Mittelpunkt der Diskussion standen dabei auch die Personengruppe LSBTTIQ. Hamburg fördert keine spezialisierten Angebote zum Schutz und zur Beratung des angesprochenen Personenkreises. Der Personenkreis kann sich vielmehr an die bestehende Fachberatungsstellen im Kontext Zwangsverheiratung, Gewalt gegen Frauen und Männer wenden. Lesbischen Frauen und Mädchen stehen die bestehenden Schutzeinrichtungen offen (siehe Drucksache der Hamburgischen Bürgerschaft 20/10994). Hamburg fördert zwei interkulturelle Beratungsstellen bei häuslicher Gewalt und Zwangsheirat: • LÂLE in der IKB e. V., interkulturelle Beratung für Opfer von häuslicher Gewalt und Zwangsheirat und • i.bera-Verikom; Interkulturelle Beratungsstelle für Opfer von häuslicher Gewalt und Zwangsheirat. Bei Sensibilisierungs- und Aufklärungsmaßnahmen ist der genannte Personenkreis ausdrücklich zu berücksichtigen (siehe Hamburg Bürgerschaftsdrucksache 20/10994). Die Förderung der Fachberatungsstelle für Betroffene von Menschenhandel und Zwangsverheiratung ZORA in Mecklenburg-Vorpommern umfasst auch die Finanzierung für das Vorhalten einer Schutzwohnung. Niedersachsen fördert das Krisentelefon gegen Zwangsheirat (kargah e. V.) mit jährlich 143 000 Euro seit Jahren. Zusätzlich werden in Niedersachsen Präventionsmaßnahmen an Schulen gefördert (2014 bis 2016) mit gesamt 60 000 Euro. Darüber hinaus werden in Niedersachsen Wohnplätze bei der Kriseninterventionsstelle (ADA) im Umfang von jährlich 53 000 Euro gefördert. Gelegentlich fragen auch Paare und/oder Menschen mit Behinderungen sowie Lesben und Schwule um Beratung nach. Das Land Nordrhein-Westfalen fördert die Fachberatungsstelle gegen Zwangsheirat des Mädchenhauses Bielefeld (www.zwangsheirat-nrw.de) und die Beratungsstelle agisra e. V. in Köln für ihre Beratungs- und Präventionsarbeit zu Zwangsheirat. Zielgruppe sind in erster Linie Mädchen und junge Frauen. Ratsuchende Männer, Transgender und Transsexuelle erhalten eine erste Beratung und werden weitervermittelt. Auf der Homepage der Fachberatungsstelle des Mädchenhauses Bielefeld wird auch die Zielgruppe der Jungen und jungen Männer angesprochen. Explizit wird die gleichgeschlechtliche sexuelle Orientierung Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7749 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode des eigenen Kindes als Beweggrund der Eltern das Kind gegen seinen Willen zu verheiraten thematisiert. Ergänzend fördert das Land Nordrhein-Westfalen Schutzplätze für von Zwangsheirat betroffene und bedrohte Mädchen. Das schließt die Gruppe lesbischer Mädchen ein. In Rheinland-Pfalz gibt es keine gezielte Projetförderung zu diesem Themenbereich durch das Ministerium. SOLWODI e. V. würde sich bei Bedarf jedoch auch um diese Zielgruppe kümmern und zumindest eine Lotsenfunktion übernehmen. In Sachsen-Anhalt berät, begleitet oder vermittelt die Beratungsstelle VERA bei Bedarf heterosexuelle Männer, Schwule, Lesben, transsexuellen Personen, Transgender , Behinderte sowie Paare im Kontext Zwangsverheiratung. Insbesondere Anfragen von Paaren im Kontext Zwangsverheiratung/ ehrbezogene Gewalt traten seit 2011 vermehrt auf. Spezialisierte Präventions- und Beratungsangebote, Sensibilisierungskampagnen sowie spezielle Schutzeinrichtungen wurden im Zeitraum von 2011 bis 2015 für genannte spezielle Zielgruppen vom Land Sachsen-Anhalt nicht gefördert. Alle weiteren Bundesländer haben Fehlanzeige gemeldet. Reaktion des Bundes auf Problemanzeigen aus den Ländern bzw. der Zivilgesellschaft 23. Teilt die Bundesregierung die Beschreibung folgender Probleme durch die Bundesfachkonferenz Zwangsverheiratung von dem Jahr 2014 im Hinblick auf die Unterstützung von Personen, die von Zwangsverheiratung bedroht bzw. betroffen sind: a) dass die vorhandenen Jugendschutz- und Inobhutnahmestellen häufig auf die spezifischen Bedarfe der hiervon Betroffenen „nicht ausgerichtet“ seien, b) dass es bundesweit im Bereich der Jugendhilfe nur „sehr wenige“ spezialisierte Schutz- und Krisenunterbringungsplätze gäbe und c) dass die zuständigen Behörden bei jungen Volljährigen (aber auch bei Betroffenen mit einem unklaren Aufenthaltsstatus) häufig dringend benötigte Leistungen des Jugendhilferechts nicht anerkennen würden (wenn nein, bitte ausführen)? Die Jugendämter haben während der Inobhutnahme die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuweisen. Welche Maßnahmen für die Kinder und Jugendlichen am besten geeignet sind, ist im Einzelfall von dem zuständigen Jugendamt zu klären. Die gesetzlichen Grundlagen stellen daher einen ausreichenden Schutz, der sich an den individuellen Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen orientiert, grundsätzlich sicher. Zu den Problembeschreibungen, die deren Umsetzung betreffen, liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/7749 24. Sind der Bundesregierung darüber hinaus folgende Problemlagen bekannt geworden: a) wenn minderjährige Betroffene von Zwangsverheiratung zu ihrem eigenen Schutz umverteilt werden sollen, ihre Wohnsitzauflage aber an den aufenthaltsrechtlichen Status der Eltern anknüpft; Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. b) wenn eine Umverteilung daran geknüpft ist, dass die betroffene Person sich selbständig finanzieren müsste, diese dazu aber (z. B. aufgrund einer Traumatisierung) nicht in der Lage ist; Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. c) beim Schutz personenbezogener Daten von schutzsuchenden Opfern einer Zwangsverheiratung (z. B. im Zuge einer länderübergreifenden Umverteilung oder wenn Väter, vor denen eine zwangsverheiratete Mutter mit ihren Kindern geflohen ist, ein Umgangsrecht geltend machen); Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. d) dass aus einer Zwangsehe geflohene Personen häufig auch in sog. Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden; Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. e) dass Jugendämter (worauf v. a. die Bundesfachkonferenz Zwangsverheiratung auf S. 4 ihres o. g. Positionspapiers hingewiesen hatte) den jugendhilferechtlichen Hilfebedarf bei einer Unterbringung und Betreuung von jungen bis erwachsenen Opfern einer Zwangsverheiratung (z. B. im Zuge einer länderübergreifenden Intervention) immer wieder ablehnen bzw. Das SGB VIII sieht Hilfen für junge Volljährige vor, wenn diese auf Grund der individuellen Situation des jungen Menschen mit Blick auf deren Persönlichkeitsentwicklung und eigenverantwortlichen Lebensführung notwendig sind. Diese Hilfe endet in der Regel mit der Vollendung des 21. Lebensjahres, in jedem Fall aber mit der Vollendung des 27. Lebensjahres. Zur geschilderten Problemlage liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. f) dass es Probleme gibt, da der Wunsch von Paaren, die sich gemeinsam einer drohenden Zwangsverheiratung entzogen haben, zusammen untergebracht zu werden, in der Praxis keine Unterbringungsmöglichkeit gibt? Und wenn ja, wie sollte so ein Problem in der Praxis aus Sicht der Bundesregierung gelöst werden (bitte nach den Fragen 24a bis 24f aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Sollten derartige Probleme vorliegen, betreffen diese die Zuständigkeit der Länder und Kommunen und sollten dort vor Ort gelöst werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7749 – 22 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bewertung von Lösungsvorschlägen 25. Wurde die von der JFMK vor drei Jahren geforderte Überprüfung der folgenden jugendhilferechtlicher Vorschriften begonnen bzw. abgeschlossen: Klarstellung der Zuständigkeitsfragen der Jugendämter im Achten Buch Sozialgesetzbuch – SGB VIII hinsichtlich der Finanzierungsverpflichtungen und -modalitäten, damit die von einer Zwangsverheiratung betroffenen bzw. bedrohten Personen schnell und unbürokratisch in Schutzeinrichtungen untergebracht werden können; Klarstellung, wann bzw. in welchem Umfang die zuständigen Behörden gegenüber von Zwangsverheiratung Betroffenen Jugendhilfeleistungen gemäß § 41 SGB VIII gewähren sollten; Vorrang einer sozialpädagogischen Unterstützung der von Zwangsverheiratung Betroffenen (im Hinblick auf die derzeitige Gesetzeskonkurrenz des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – SGB II gegenüber SGB VIII) sowie dass auch von Zwangsverheiratung Betroffene, die keinen gewöhnlichen und/oder keinen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland haben, in Zukunft effektiv Jugendhilfeleistungen in Anspruch nehmen können sollten? a) Wenn ja, welches Ergebnis brachte diese Prüfung – und welche Position hatte die Bundesregierung bzw. haben einzelne Bundesländer diesbezüglich in der JFMK vertreten (bitte nach den vier Spiegelstrichen aufschlüsseln )? Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich die Frage auf den JFMK-Beschluss vom 31. Mai/1. Juni 2012 zu TOP 5.3. Zwangsverheiratung bezieht. Dieser Beschluss der JFMK nimmt den Entwurf eines bundesweiten und länderübergreifenden Konzepts zur Krisenintervention bei Zwangsverheiratung zur Kenntnis und bewertet dessen Vorschläge als gute Grundlage für die Verbesserung der Hilfen. Eine explizite Forderung nach Überprüfung jugendhilferechtlicher Vorschriften ist dem Beschluss nicht zu entnehmen. Die Durchführung einer Länderabfrage und die Erarbeitung einer abgestimmten Länderposition sind aufgrund der Kürze der Zeit nicht möglich. Zu Frage 25, 1. Spiegelstrich, ist darüber hinaus festzuhalten, dass die Leistungen zum Unterhalt vom zuständigen Jugendamt geleistet werden, sobald Kinder oder Jugendliche in Obhut genommen werden (§ 42 SGB VIII) oder stationäre Hilfen zur Erziehung (§ 39 SGB VIII) gewährt werden. Zu Frage 25, 2. Spiegelstrich, wird darüber hinaus auf die Antworten zu den Fragen 23 und 24e verwiesen. Zu Frage 25, 3. Spiegelstrich ist darüber hinaus festzustellen, dass Hilfen zur Erziehung nach Sinn und Zweck im Fall einer Gefährdungslage durch Zwangsheirat Vorrang vor den Regelungen des SGB II zur Eingliederungshilfe in den Arbeitsmarkt haben. Zu Frage 25, 4. Spiegelstrich ist festzuhalten, dass Ausländerinnen und Ausländer unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus Schutzmaßnahmen nach dem SGB VIII gewährt werden (§ 6 Absatz 1 Satz 2 SGB VIII), wenn sie ihren tatsächlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Sie können grundsätzlich auch Leistungen nach dem SGB VIII erhalten. Dies ergibt sich aus § 6 Absatz 4 SGB VIII und der Auslegung zwischenstaatlichen Rechts (insbesondere Verordnung [EG] Nr. 1347/2000 und Haager Kinderschutzübereinkommen). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23 – Drucksache 18/7749 b) Wenn nein, wann ist mit einem Ergebnis zu rechnen? 26. Wurde die von der JFMK vor drei Jahren geforderte Überprüfung der folgenden melde- bzw. datenschutzrechtlichen Vorschriften begonnen bzw. abgeschlossen : Eintragung eines Sperrvermerks in das Melderegister sowie Auskunftssperren bei Institutionen und Behörden (wie z. B. Arbeitsvermittlung, Berufsschulen , Banken); Keine Weitergabe des Aufenthaltsorts/der Adresse der oder des Betroffenen – auch nicht gegenüber dem Familiengericht; Anonymität für die Betroffenen auch im Rahmen von Leistungsbeantragung und -erbringung (z. B. nach SGB II); Klarstellung, dass die aktuelle Adresse des Kindes oder Jugendlichen den Eltern in keinen Fall bekannt gegeben werden darf (dass also das Jugendamt , z. B. im Falle einer Inobhutnahme, erst dann Kontakt zu den Eltern aufnimmt, wenn die Inobhutnahme bereits erfolgt ist) und schließlich Gewährleistung, dass betroffene Personen grundsätzlich nur getrennt von der Herkunftsfamilie anzuhören sind? a) Wenn ja, welches Ergebnis brachte diese Prüfung – und welche Position hatte die Bundesregierung bzw. haben einzelne Bundesländer diesbezüglich in der JFMK vertreten (bitte nach den fünf Spiegelstrichen aufschlüsseln )? b) Wenn nein, warum nicht – und wann ist mit einem Ergebnis zu rechnen? Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich die Frage auf den JFMK-Beschluss vom 31. Mai /1. Juni 2012 zu TOP 5.3. Zwangsverheiratung bezieht. Dieser Beschluss der JFMK nimmt den Entwurf eines bundesweiten und länderübergreifenden Konzepts zur Krisenintervention bei Zwangsverheiratung zur Kenntnis und bewertet dessen Vorschläge als gute Grundlage für die Verbesserung der Hilfen. Eine explizite Forderung nach Überprüfung melde- bzw. datenschutzrechtlicher Vorschriften ist dem Beschluss nicht zu entnehmen. Die JFMK hat sich 2014 mit dem Thema „Zwangsverheiratung“ befasst, indem sie den Bericht der 2012 gebildeten Arbeitsgruppe Bestandserhebung zur Kenntnis genommen und an die betreffenden Fachministerkonferenzen weitergeleitet hat. Mit dem am 1. November 2015 in Kraft getretenen Bundesmeldegesetz (BMG) werden gefährdete Personen durch die Möglichkeit der Eintragung eines bedingten Sperrvermerks im Melderegister besser geschützt. Die Betroffenen haben grundsätzlich das Recht auf Eintragung von bedingten Sperrvermerken, wenn die Person in einer Einrichtung gemäß § 52 Absatz 1 BMG wohnt, in der sich schutzbedürftige Personen aufhalten. Gefährdete Personen, denen durch eine Melderegisterauskunft eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen erwachsen kann, haben das Recht auf Eintragung einer Auskunftssperre (§ 51 BMG). Die Meldebehörde darf einer anderen Behörde Meldedaten nur übermitteln, soweit dies zur Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit oder in der Zuständigkeit des Empfängers liegenden öffentlichen Aufgaben erforderlich ist (§ 34 Absatz 1 BMG). Liegen eine Auskunftssperre oder Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung sonstiger schutzwürdiger Interessen der betroffenen Person gemäß § 8 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7749 – 24 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode BMG vor, prüft die Meldebehörde, ob im konkreten Fall eine Gefährdung vorliegt . Ergibt die Prüfung, dass eine Gefährdung nicht vorliegt, erfolgt die Datenübermittlung unter Hinweis auf das Vorliegen einer Auskunftssperre. Der Datenempfänger ist auf die Zweckbindung nach § 41 Satz 2 BMG hinzuweisen. Die Verarbeitungs- und Nutzungsbeschränkungen enthaltende Vorschrift erlaubt dem Datenempfänger die Verarbeitung und Nutzung der Meldedaten nur dann, wenn die Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der betroffenen Person ausgeschlossen werden kann. Im Falle einer Ablehnung der Datenübermittlung ist eine neutrale Antwort zu geben. Zu Frage 26, 2. Spiegelstrich, ist darüber hinaus festzustellen, dass Sorge-und Erziehungsberechtigte grundsätzlich nach den Regelungen des SGB VIII (§ 42 Absatz 3 Satz) unverzüglich über eine Inobhutnahme zu unterrichten sind. Dies umfasst grundsätzlich auch die Weitergabe von Name und Anschrift des Aufenthaltsortes (vgl. Wiesner in Wiesner Kommentar zum SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 42 Randnummer 38). In Fällen, in denen die Mitteilung des genauen Aufenthaltsortes eine Gefährdung des Kindes oder Jugendlichen darstellen würde, kann das Jugendamt auf die Weitergabe der konkreten Daten verzichten und lediglich einen Ansprechpartner im Jugendamt benennen (vgl. Wiesner a. a. O.). Dies hat insbesondere dann zu gelten, wenn sich aus der Beratung des Kindes oder Jugendlichen nach der Inobhutnahme ergibt, dass ein/e Personensorgeberechtigte/r das Wohl des Kindes oder Jugendlichen gefährdet hat bzw. nicht in der Lage war, die Gefährdung abzuwenden und/oder durch die Benachrichtigung über den Aufenthaltsort (erneut) eine unmittelbare Gefährdung des Wohls des Kindes oder Jugendlichen droht (vgl. Wiesner a. a. O.). Eine gesetzliche Klarstellung ist daher nicht erforderlich (insoweit zu Frage 26, 4. Spiegelstrich). Sofern das Jugendamt im Falle einer Inobhutnahme das Familiengericht anzurufen hat, ist es zur Weitergabe der ihm anvertrauten Daten an das Familiengericht, d. h. auch der Angaben zum Aufenthaltsort des Kindes oder Jugendlichen, gemäß § 64 Absatz 1 SGB VIII berechtigt. Das Familiengericht ist in eigener Verantwortung zur Einhaltung der gesetzlichen Datenschutzbestimmungen verpflichtet. Zu Frage 26, 5. Spiegelstrich, wird darüber hinaus auf die Antwort zu Frage 26, 2. Spiegelstrich verwiesen. 27. Haben die Bundesländer nach Kenntnis der Bundesregierung folgende – von der JFMK vor drei Jahren gemachten – Vorschläge umgesetzt: Benennung zentraler Ansprechpersonen in jedem Jugendamt, bei den Trägern , bei den Familiengerichten, den Ausländerbehörden und den Polizeidienststellen , die jeweils über eine besondere Fachkompetenz im Umgang mit den von Zwangsverheiratung betroffenen Personen verfügen sollten; Einrichtung von speziellen Schutz- und Kriseneinrichtungen für von Zwangsverheiratung betroffene oder bedrohte Personen sowie die Weiterentwicklung von spezifischen interkulturellen Betreuungskonzepten in bestehenden Frauenhäusern und schließlich verstärkte Einbeziehung und Aktivierung von Migrantenselbstorganisationen in Netzwerke zur Prävention, Beratung und zur Intervention? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25 – Drucksache 18/7749 a) Wenn ja, in welcher Form wurden diese Vorschläge wo umgesetzt (bitte nach den drei Spiegelstrichen aufschlüsseln)? b) Wenn nein, warum nicht – und wann ist mit einem Ergebnis zu rechnen? Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich die Frage auf den JFMK Beschluss vom 31. Mai/1. Juni 2012 zu TOP5.3. Zwangsverheiratung bezieht. Dieser Beschluss der JFMK nimmt den Entwurf eines bundesweiten und länderübergreifenden Konzepts zur Krisenintervention bei Zwangsverheiratung zur Kenntnis und bewertet dessen Vorschläge als gute Grundlage für die Verbesserung der Hilfen. Eine explizite Forderung über die aufgeführten Vorschläge ist dem Beschluss nicht zu entnehmen. Die JFMK hat sich 2014 mit dem Thema „Zwangsverheiratung “ befasst, indem sie den Bericht der 2012 gebildeten Arbeitsgruppe Bestandserhebung zur Kenntnis genommen und an die betreffenden Fachministerkonferenzen weitergeleitet hat. Zu Frage 27, 2. Spiegelstrich („Einrichtung von speziellen Schutz- und Kriseneinrichtungen für von Zwangsverheiratung betroffene oder bedrohte Personen sowie die Weiterentwicklung von spezifischen interkulturellen Betreuungskonzepten in bestehenden Frauenhäusern“): Die Zuständigkeit für Beratungsangebote und Schutzeinrichtungen liegt bei den Ländern und Kommunen. Als Grundlage des Berichts der Bundesregierung zur Situation der Frauenhäuser, Fachberatungsstellen und weiterer Unterstützungsangebote für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder (Bundestagsdrucksache 17/10500) wurde eine Vollerhebung aller Schutz und Beratungsangebote für gewaltbetroffene Frauen für das Jahr 2011 erstellt und als Teil des Berichts veröffentlicht. Bei dieser Untersuchung wurde unter anderem auch erhoben, inwieweit die vorhandenen Angebote für die Unterstützung von Migrantinnen geeignet oder spezialisiert sind und inwieweit dort auch Unterstützung zum Thema Zwangsverheiratung angeboten wird. Vergleichbare Daten zur Entwicklung der letzten drei Jahre liegen der Bundesregierung nicht vor. Das Thema „Unterstützung bei Zwangsverheiratung“ ist auch ein kontinuierlicher Bestandteil der Arbeit der Frauenhauskoordinierung e. V. sowie des bff – Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe – e. V., die als bundesweite Vernetzungsstellen der Frauenhäuser und der Fachberatungsstellen langjährig durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert werden. Zu Frage 27, 3. Spiegelstrich („verstärkte Einbeziehung und Aktivierung von Migrantenselbstorganisationen in Netzwerke zur Prävention, Beratung und zur Intervention“): Die Bundesregierung unterstützt die Gründung und den Ausbau eines Dachverbandes der Migrantinnenorganisationen, DaMigra. Der Dachverband hat die Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen als einen Schwerpunkt seiner Arbeit. Dabei ist auch das Thema Zwangsverheiratung relevant. Die ergänzend zu Frage 27 durchgeführte Länderabfrage über die GFMK hat Folgendes ergeben: In Baden-Württemberg haben bereits etwa 75 Prozent der insgesamt 44 Landkreise und Großen Kreisstädte Ansprechpersonen benannt, die über Fachkompetenz im Umgang mit den von Zwangsverheiratung bedrohten bzw. betroffenen Personen verfügen. Die Liste der dortigen Ansprechpersonen wird in Zusammenarbeit mit dem Landesforum gegen Zwangsverheiratung Baden-Württemberg sukzessive erweitert; die betreffenden Ansprechpersonen wurden durch die in Nr. 20 genannten Qualifizierungsmaßnahmen fortgebildet. Im Landesforum für Zwangsverheiratung ist auch eine Vertreterin des Netzwerks für Prävention an Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7749 – 26 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Schulen sowie eine Vertreterin der Präventionsstelle im Polizeipräsidium Baden- Württemberg regelmäßig vertreten. Niedersachsen hat Folgendes übermittelt: Fast alle niedersächsischen Jugendämter verfügen über eine Ansprechpartnerin /einen Ansprechpartner zum Thema „Zwangsverheiratung“. In den niedersächsischen Ausländerbehörden bestehen vereinzelt Ansprechpersonen für die Thematik Zwangsheirat. Bei den niedersächsischen Polizeidienststellen und bei den Familiengerichten sind keine zentralen Ansprechpersonen bekannt. In Niedersachsen bestanden die Beratungs- und Schutzeinrichtungen bereits vor dem JFMK-Beschluss. Die Thematik Zwangsheirat ist in Niedersachsen präsent in den Beratungsstrukturen des Netzwerks der Kooperativen Migrationsarbeit (KMN). Eine verstärkte Einbeziehung und Aktivierung von Migrantenorganisationen im Kontext Zwangsheirat ist darüber hinaus nicht bekannt. Das Land Nordrhein-Westfalen fördert Schutzplätze für von Zwangsheirat betroffene oder bedrohte Mädchen. Die interkulturelle Schulung von Mitarbeiterinnen gehört im Hinblick auf den Migrationshintergrund zahlreicher schutzsuchender Frauen im Regelfall zum Bestandteil der Weiterbildungen nordrhein-westfälischer Frauenhäuser. Bezüglich Rheinland-Pfalz wird auf die Förderung von SOLWODI (Antwort zu Frage 32) verwiesen. Das Thema „Zwangsverheiratung“ und die Aktivitäten der Landesregierung des Saarlandes in diesem Bereich sind in die Strategien des Landes zu Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer eingebettet, die von einem Runden Tisch – unter Federführung des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie – gesteuert werden. Im Rahmen einer Unterarbeitsgruppe wurde seit 2008 das Handlungskonzept „Nein zu Zwangsheirat“ erarbeitet. Es beinhaltet Lösungsstrategien für die besonderen Bedarfe der von drohender Zwangsverheiratung betroffenen Frauen und Vorschläge zu Rechtsänderungen im Sinne des Opferschutzes (Maßnahmen zur Verbesserung der Wahrung der Anonymität, zur sicheren Unterbringung der Betroffenen), zur Einrichtung des Krisentelefons, zur Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit sowie zur Präventionsarbeit in Schulen. Alle beteiligten Stellen, Behörden sowie Unterstützungseinrichtungen erhalten so ein umfassendes Konzept, das geeignet ist, auf Landesebene sowohl im Bereich des Schutzes der Opfer, der staatlichen Intervention als auch im Bereich präventiver Maßnahmen die notwendigen Schritte einzuleiten. Der entsprechende „Handlungsleitfaden zur Sicherung der sozialen Versorgung und Unterbringung für Opfer von Zwangsheirat“ enthält konkrete Maßnahmen für die sichere Unterbringung, die Existenzsicherung der Opfer von Zwangsheirat sowie für die Beachtung eines weitreichenden Datenschutzes und die Finanzierung von Leistungen, die nicht von anderen Leistungsträgern erbracht werden können. Am Runden Tisch nehmen teil: Vertreterinnen und Vertretern der Ministerien für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, für Inneres und Sport; der Justiz, der Staatsanwaltschaft Saarbrücken, der Landkreise und des Regionalverbandes Saarbrücken, des Landesverwaltungsamtes, der Fachberatungsstelle für Migrantinnen und ein Vertreter der Anwaltschaft. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27 – Drucksache 18/7749 Im Land Sachsen-Anhalt können schutzsuchende Frauen und Mädchen, die von Zwangsverheiratung betroffen sind, Aufnahme in den Frauenhäusern in den Landkreisen und kreisfreien Städten finden. Im Jahr 2014 hat der Landtag von Sachsen-Anhalt das Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt beschlossen. Unter dem Schwerpunkt der Antigewaltarbeit ist u. a. eine Maßnahme zur Einbeziehung und Aktivierung von Migranten(selbst)organisationen in die Netzwerke der Bekämpfung von Gewalt in sozialen Beziehungen enthalten. Die entsprechenden Projekte der Träger werden vom Land im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel gefördert. Alle weiteren Bundesländer haben Fehlanzeige gemeldet. 28. Was hält die Bundesregierung – und was halten nach ihrer Kenntnis die Bundesländer – von folgenden Vorschlägen der Bundesfachkonferenz Zwangsverheiratung : a) Aufnahme des Tatbestandes der (drohenden) Zwangsverheiratung, religiösen /rituellen/traditionell geschlossenen Ehe, Kinderehe, Brautgeldgeschäfte und Gewalt im Namen der „Ehre“ in den Katalog der Gefährdungssituationen nach § 8a SGB VIII; Die Regelung des § 8a SGB VIII enthält keinen Katalog von Gefährdungssituationen , sondern regelt die Gefährdung des Kindeswohls in abstrakter Weise, so dass alle Gefährdungssituationen im Einzelfall von der Regelung mitumfasst sind. Die Bundesregierung sieht keine Notwendigkeit für die Einführung eines Katalogs von Gefährdungssituationen. b) eindeutige Festlegung der Zuständigkeit der Jugendämter (Herkunfts- und Aufnahmeort) im Bereich der Kostenübernahme – insbesondere bei jungen Volljährigen und bei Minderjährigen mit unklarem Aufenthaltsstatus; Es wird auf die Antwort zu Frage 25, 4. Spiegelstrich verwiesen. c) Ergänzung von § 41 SGB VIII dahingehend, dass von Zwangsverheiratung betroffene junge Volljährige schnell und unbürokratisch in entsprechenden fachspezifischen Krisen- und Schutzeinrichtungen stationär untergebracht werden können; Es wird auf die Antwort zu Frage 24e verwiesen. Ein dem Vorschlag entsprechender Ergänzungsbedarf von § 41 SGB VIII besteht nach Auffassung der Bundesregierung nicht. d) Vorhalten einer angemessenen Zahl pauschal finanzierter Notaufnahmeplätze für von Zwangsverheiratung betroffenen Mädchen und jungen Frauen in jedem Bundesland; Dies ist eine Angelegenheit in der Zuständigkeit der Länder und Kommunen. e) Aufhebung der Residenzpflicht und von Wohnsitzauflagen bei, z. B. einer (drohenden) Zwangsverheiratung, sowie Die Bundesregierung hält die in den geltenden gesetzlichen Regelungen vorhandenen Spielräume für ausreichend, um den Sicherheitsinteressen im Einzelfall gerecht zu werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7749 – 28 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode f) Änderung der Vorschriften der Zivilprozessordnung – ZPO, dass bei Eheaufhebung/Scheidung in atypischen Fällen, wie bei Zwangsverheiratung , von der gemeinsamen Anhörung abgesehen werden kann (bitte für die Fragen 28a bis 28f jeweils ausführen)? Eine Ergänzung der bestehenden Vorschriften ist nicht erforderlich. In § 34 Absatz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) ist bereits geregelt, dass die persönliche Anhörung eines Beteiligten unterbleiben kann, wenn hiervon erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zu besorgen sind oder der Beteiligte offensichtlich nicht in der Lage ist, seinen Willen kundzutun. Daneben sieht § 128 Absatz 1 FamFG für Ehescheidungsverfahren vor, dass das Gericht das persönliche Erscheinen der Ehegatten anordnen und sie anhören soll. Die Anhörung eines Ehegatten hat in Abwesenheit des anderen Ehegatten stattzufinden, falls dies zum Schutz des anzuhörenden Ehegatten oder aus anderen Gründen erforderlich ist. Die Länderabfrage über die GFMK konnte in der Kürze keine abgestimmte Position erbringen. Vernetzung im Bund bzw. zwischen Bund, Ländern und Zivilgesellschaft 29. Hat die Bundesregierung vor, kabinettsintern eine Steuerungseinheit „Zwangsverheiratungen“ zu bilden, um die Initiativen der verschiedenen Bundesministerien gegen Zwangsverheiratungen (z. B. im Bereich der Wiedereinreise ) besser zu koordinieren, und wenn nein, warum nicht? Nein. a) Welche anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben derartige Steuerungseinheiten gebildet, und welche Erfahrungen haben diese Länder – nach Kenntnis der Bundesregierung – damit gemacht? Bekannt ist vor allem die Forced-Marriage-Unit in Großbritannien, die gute Erfahrungen gerade auch bei der Unterstützung von Betroffenen von Heiratsverschleppungen ins Ausland gemacht hat. b) Hält es die Bundesregierung für sinnvoll, ein Handbuch für Betroffene von Zwangsverheiratungen herauszugeben (analog zu dem britischen „Forced Marriages – A Survivors Handbook“), und wenn nein, warum nicht? Es gibt bereits eine Bandbreite an Beratungsmaterial für Betroffene und Beratungskräfte , die u. a. auf der Seite von Terre des Femmes www.zwangsheirat.de zusammengestellt sind. Es ist geplant, die Handreichung für die Kinder- und Jugendhilfe „Zwangsverheiratung bekämpfen – Betroffene wirksam schützen“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von 2009, die außer für Beratungskräfte auch für Betroffene hilfreich sein kann, 2016 zu überarbeiten . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29 – Drucksache 18/7749 30. Was hält die Bundesregierung – und was halten nach ihrer Kenntnis die Bundesländer – von dem Vorschlag, entweder eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zwangsverheiratungen“ zu gründen bzw. die bestehenden Bund-Länder-Arbeitsgruppen „Häusliche Gewalt“ oder „Menschenhandel“ um den Aufgabenbereich „Zwangsverheiratungen“ zu ergänzen, um so das Konzept der JFMK für eine bundesweite und länderübergreifende Krisenintervention bei Zwangsverheiratung effektiv umzusetzen (wenn nein, warum nicht)? Die Thematik „Schutz vor Zwangsverheiratung“ weist Bezüge sowohl zum Aufgabenkreis der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Häusliche Gewalt als auch zum Aufgabenkreis der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Menschenhandel auf und ist dort in der Vergangenheit wiederholt einbezogen worden. Einer ausdrücklichen Erweiterung des Aufgabenbereichs bedarf es daher nicht. Eine eigene Bund-Länder- Arbeitsgruppe zum Thema Zwangsverheiratung wird derzeit nicht als sinnvoll angesehen. 31. Wurden die folgenden – von der JFMK vor drei Jahren gemachten – Vorschläge umgesetzt: Entwicklung einer systematischen ggf. länderübergreifenden Kooperation der verschiedenen Leistungsträger; Entwicklung länderübergreifender Verfahrensrichtlinien zur Anwendung der rechtlichen Vorschriften zur örtlichen Zuständigkeit und Kostentragung bzw. Abschluss von Verfahrensvereinbarungen zwischen den in den Bundesländern für die Jugendhilfe zuständigen Behörden? a) Wenn ja, in welcher Form wurden diese Vorschläge in welchem Bundesland umgesetzt (bitte nach den drei Spiegelstrichen aufschlüsseln)? b) Wenn nein, warum nicht – und wann ist mit einem neuen Ergebnis zu rechnen? Es ist davon auszugehen, dass sich die Frage auf den JFMK Beschluss vom 31. Mai /1. Juni 2012 zu TOP 5.3. Zwangsverheiratung bezieht. Die Durchführung einer Länderabfrage und die Erarbeitung einer abgestimmten Länderposition sind aufgrund der Kürze der Zeit nicht möglich. Die JFMK hat sich 2014 mit dem Thema „Zwangsverheiratung“ befasst, indem sie den Bericht der 2012 gebildeten Arbeitsgruppe Bestandserhebung zur Kenntnis genommen und an die betreffenden Fachministerkonferenzen weitergeleitet hat. 32. Wurden/Werden auf das Thema „Zwangsverheiratungen“ spezialisierte Beratungsstellen durch die Bundesregierung bzw. durch Länderregierungen finanziell unterstützt? Wenn ja, welche (bitte nach den Jahre 2011 bis 2015, nach der Beratungsstelle sowie zumindest nach den Titeln im Bundeshaushalt bzw. nach der Höhe der Bundesförderung aufschlüsseln)? Wenn nein, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 22 wird verwiesen. Die Länderumfrage über die GFMK hat Folgendes ergeben: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7749 – 30 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Das Ministerium für Integration Baden-Württemberg fördert seit 2012 anteilig die Online-Beratungsstelle SIBEL des Türkisch-Deutschen Frauenvereins e. V. (gemeinsam mit den Ländern Berlin und Brandenburg) mit einem Förderanteil in Höhe von jährlich 35 000 Euro. Außerdem fördert es seit 1. Juli 2012 die Mobile Beratungsstelle Yasemin (vgl. hierzu die Ausführungen zu den Fragen 19a und 19b). Bayern fördert im Bereich der Zwangsverheiratung die Fachberatungsstellen Jadwiga Ökumenische gGmbH (JADWIGA) und Solwodi Bayern e. V. (SOLWODI) mit teilweise angeschlossenen Schutzwohnungen. Für von Zwangsverheiratung bedrohte junge volljährige Frauen stellt Bayern zudem drei pauschal finanzierte Krisenplätze bereit. Die Bayerische Staatsregierung fördert seit August 2012 das Wohnprojekt Scheherazade für junge Frauen (18 bis 21 Jahre) in einer bayerischen Großstadt, die akut von Zwangsverheiratung bedroht sind. Wie bereits in der Antwort zu Frage 19 erwähnt, bieten auch breiter ausgerichtete Berliner Beratungsstellen eine fachlich fundierte Beratung zu Zwangsverheiratung an. Neu hinzugekommen ist im Berichtszeitraum die Beratungsstelle LANA von TERRE DES FEMMES (www.frauenrechte.de/online/index.php/ beratungssstelle/lana-beratungsstelle), die jedoch nicht vom Land finanziert wird. Die ebenfalls bereits erwähnte Krisen- und Zufluchtseinrichtung Papatya ist über die Landesgrenzen hinaus bekannt und nimmt regelmäßig auch Mädchen und junge Frauen aus anderen Bundesländern auf. Mecklenburg-Vorpommern fördert eine Fachberatungsstelle für Betroffene von Menschenhandel und Zwangsverheiratung. Die Fachberatungsstelle ist landesweit tätig und ist mit einer Fachkraft in Vollzeit besetzt. Das Land Mecklenburg- Vorpommern ist alleiniger Zuwendungsgeber und fördert die Beratungsstelle mit einem Pauschalbetrag in Höhe von 61 200 Euro für notwendige Personal- und Sachkosten einschließlich der pauschalierten Verwaltungsgemeinkosten und das Vorhalten einer Schutzwohnung Bezüglich Niedersachsen wird auf die Antwort zu Frage 22 verwiesen. Das Land NRW fördert die Fachberatungsstelle gegen Zwangsheirat des Mädchenhauses Bielefeld (www.zwangsheirat-nrw.de) und das Projekt „Selbstbestimmte Zukunft – gegen Gewalt im Namen der Ehre“ der Beratungsstelle agisra e. V. in Köln. Das rheinland-pfälzische Frauenministerium fördert seit Jahren, so auch 2011 bis 2015 SOLWODI e. V. (Solidarity with women in distress) e. V. mit Hauptsitz in Boppard-Hirzenach. SOLWODI ist eine Beratungseinrichtung für Migrantinnen in Krisensituationen, die insbesondere von Partnergewalt, ausländerrechtlichen Problemen, Sextourismus , Heiratshandel, Zwangsprostitution und zunehmend auch von Zwangsverheiratung betroffen sind. In Rheinland-Pfalz gibt es neben der Zentrale in Boppard Fachberatungsstellen in Mainz und Ludwigshafen sowie ein Internationales Frauenhaus mit fünf Schutzplätzen in Koblenz. Das Frauenministerium fördert SOLWODI e. V. mit einem jährlichen Personalkostenzuschuss in Höhe von 77 600 Euro. Weiterhin förderte das Ministerium 2010 und 2011 SOLWODI für die Arbeit mit Migrantinnen, die von Zwangsverheiratung bedroht sind, mit zusätzlich ca. 10 000 Euro. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 31 – Drucksache 18/7749 Projektziele waren neben der unmittelbaren Opferarbeit auch • Einrichtungen, wie Frauenhäuser, Lebensberatungsstellen, Schulsozialarbeit u. ä. in schwierigen Fällen drohender Zwangsverheiratung zu unterstützen, • die Arbeit der verschiedenen Stellen besser zu koordinieren und zu vernetzen • und Fälle von Zwangsverheiratung in Rheinland-Pfalz zu dokumentieren. Der Aufgabenkatalog beinhaltete auch die Zusammenarbeit mit der Online-Beratung für junge Migrantinnen in Krisensituationen SIBEL. Die SIBEL-Beraterinnen benachrichtigen die SOLWODI Fachstelle Mainz, wenn im Einzelfall eine unmittelbare Kontaktaufnahme mit einem Opfer aus Rheinland-Pfalz oder sogar eine Notaufnahme erforderlich ist. SIBEL ist von der Frauenabteilung bis 2011 mit zuletzt 21 000 Euro gefördert worden. Das Saarland fördert seit 2010 eine spezialisierte Fachberatungsstelle im Rahmen einer Projektförderung aus Landesmitteln. Bezüglich Sachsen-Anhalt wird auf die Antwort zu Frage 19 verwiesen. 33. Was hält die Bunderegierung – und was halten nach ihrer Kenntnis die Bundesländer – von dem Vorschlag, dass Bund und Länder gemeinsam innerhalb der JFMK Folgendes initiieren: a) Entwicklung bundesweiter Standards (erarbeitet bspw. durch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter in Kooperation mit der Bundesfachkonferenz Zwangsverheiratung) u. a. zu folgenden Punkten: Umgang mit minderjährigen Betroffenen von Zwangsverheiratung im Rahmen von Inobhutnahme und weiterführenden Jugendhilfeleistungen, Umgang und Unterbringung von älteren Betroffenen in spezialisierten Schutzstellen und Sensibilisierung der Jugendhilfe für die besonderen Belange der jungen Volljährigen von Zwangsverheiratung Betroffenen; b) Aufbau von Einrichtungen u. a. der Jugendhilfe in allen Bundesländern, die auf den Schutz und die Unterstützung von Betroffenen von Zwangsverheiratung spezialisiert sind; c) Allgemeine Schulung und Sensibilisierung der örtlichen Jugendämter hinsichtlich der Unterstützung von Betroffenen von Zwangsverheiratung? Der Bundesregierung ist die Sicherstellung eines ausreichenden Schutzes von jungen Menschen vor Zwangsverheiratung ein wichtiges Anliegen. Dessen konkrete Umsetzung fällt allerdings in die Zuständigkeit der Länder und Kommunen. Aufgrund der Kürze der Zeit ist es nicht möglich, gemeinsam mit den Ländern über den Vorschlag zu beraten oder gar eine gemeinsame Position mit den Ländern abzustimmen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333