Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 4. März 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/7815 18. Wahlperiode 08.03.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lisa Paus, Dr. Gerhard Schick, Dr. Thomas Gambke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –Drucksache 18/7611 – Quellensteuer auf deutsche Zinseinkünfte von Steuerausländern V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Empörung über Steueroasen ist aus Sicht der Fragesteller zu recht groß. Der Schweiz wurde gar mit der „Kavallerie“ gedroht, um deutsche Vermögen in der Schweiz und Steuerhinterzieher ausfindig machen zu können. Deutschland beklagte stets die fehlenden Mittel, um ausländische Vermögen zu besteuern und setzte sich daher für den automatischen Informationsaustausch von Bankdaten zwischen den Staaten ein. Nicht in dieses Bild des Vorkämpfers für Steuergerechtigkeit passt, dass Deutschland im Jahr 2015 auf einem unrühmlichen Platz 8 im sog. „Schattenfinanzindex “ gelandet ist. Einem Index herausgegeben vom Tax Justice Network. Danach ist Deutschland, ähnlich wie die Schweiz, ein sehr attraktiver und vor allem verschwiegener Standort für ausländische Vermögen. Der Vorwurf lautet, dass nicht nur Schweizer Banken, sondern auch deutsche Banken Gelder aus zumindest zweifelhaften ausländischen Quellen verstecken. Soweit kein Informationsaustausch besteht, erfahren die ausländischen Finanzbehörden nichts von diesen Vermögen und den daraus entstehenden Erträgen. Das in Deutschland von Steuerausländern angelegte Finanzvermögen soll angeblich bis zu 3 Billionen Euro betragen. Zinseinkünfte von Steuerausländern unterliegen nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen der beschränkten Steuerpflicht (vgl. § 49 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes – EStG). In der Regel besteuert Deutschland die Zinsen von Steuerausländern nicht und eine Meldung dieser Zinseinkünfte an die jeweiligen Heimatstaaten der Anleger ist nicht immer sichergestellt . Grundsätzlich verfolgt Deutschland das Ziel, dass Einkünfte mindestens einmal in einem Staat besteuert werden sollen. Dies soll auch für Zinszahlungen aus Deutschland gelten, die an Steuerausländer fließen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7815 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung bekämpft seit Jahren unfairen Steuerwettbewerb und aggressive Steuerplanung sowie Fälle einer doppelten Nichtbesteuerung von Einkünften. Sie hat u. a. die Arbeiten der OECD- und G20-Staaten zum Aktionsplan gegen Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung (Base Erosion and Profit Shifting – BEPS) nachdrücklich unterstützt. Das von der Bundesregierung konsequent verfolgte Ziel einer zutreffenden Einmalbesteuerung gilt ohne Einschränkungen auch für Zinseinkünfte. Dies muss jedoch nicht zu einer Erweiterung nationaler Besteuerungstatbestände im Quellenstaat führen. Gerade für Zinsen gilt, dass grenzüberschreitend eine einmalige Besteuerung im Ansässigkeitsstaat gegenüber einer Besteuerung sowohl im Quellenstaat als auch im Ansässigkeitsstaat vorzugswürdig ist. Deshalb sehen viele von Deutschland abgeschlossene Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) und die deutsche Verhandlungsgrundlage für DBA vom 22. August 2013 nur die Besteuerung im Wohnsitzstaat vor und beschränkt die EU-Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie die Erhebung von Quellensteuern auf Zinsen innerhalb der EU. Dem o. g. Ziel dient auch die weitere Verbesserung des internationalen Informationsaustausches in Steuersachen. Am 29. Oktober 2014 unterzeichneten zudem 51 Staaten und Gebiete, darunter Deutschland, die multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten , die den neuen Standard für den steuerlichen automatischen Informationsaustausch umsetzt. Mittlerweile sind 79 Staaten und Gebiete der Vereinbarung beigetreten. Innerhalb der EU wurde der neue Standard für den automatischen Informationsaustausch in die Amtshilferichtlinie aufgenommen. Danach werden die EU-Mitgliedstaaten beginnend ab dem Jahr 2017automatisch Daten über Finanzkonten austauschen. Hierauf basierend wird ein umfassender steuerlicher automatischer Informationsaustausch ermöglicht, der unter anderem auch Zinszahlungen erfasst. Auch mittels der hierdurch erhaltenen Informationen wird dem Ansässigkeitsstaat die Ausübung seiner Besteuerungsrechte erleichtert und die Gefahr der doppelten Nichtbesteuerung eingedämmt. 1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Gesamtvolumen von Bankeinlagen, Anteilen an inländischen Investmentfonds und festverzinslichen Wertpapieren, die von Steuerausländern gehalten werden (bitte schlüsseln Sie die Antwort nach juristischen und privaten Personen sowie nach dem Wohnsitzstaat des Steuerausländers auf)? Der Bundesregierung liegen keine Angaben zum Gesamtvolumen an Bankeinlagen , Anteilen an inländischen Investmentfonds und festverzinslichen Wertpapieren vor, die dahingehend untergliedert sind, ob sie von „Steuerinländern“ bzw. „Steuerausländern“ gehalten werden. 2. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Gesamtvolumen der Zinsen gezahlt auf Bankeinlagen, Anteilen an inländischen Investmentfonds und festverzinslichen Wertpapieren, die von Steuerausländern gehalten werden (bitte schlüsseln Sie die Antwort nach juristischen und privaten Personen sowie nach dem Wohnsitzstaat des Steuerausländers auf)? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7815 3. Unter welchen Voraussetzungen darf Deutschland Zinsen von Steuerausländern (Unterscheidung nach natürlichen und juristischen Personen sowie nach deutschen Betriebsstätten jeweils als Empfänger der Zinsen) nach nationalem Recht besteuern und Quellensteuer/Kapitalertragsteuer einbehalten? Welche Erstattungsmöglichkeiten bestehen im Fall des Einbehalts von Kapitalertragsteuer für Steuerausländer? In welchen Fällen entfaltet die Kapitalertragsteuer auf Zinsen bei Steuerausländern eine abgeltende Wirkung in Deutschland? § 49 Absatz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in Verbindung mit § 1 Absatz 4 EStG, §§ 2, 8 Absatz 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) regeln sowohl für natürliche als auch für juristische Personen, welche inländischen Einkünfte im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht zu erfassen sind. Hierunter fallen gemäß § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb, für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist. Dabei werden auch Kapitalerträge – z. B. aus verzinslichen Forderungen – erfasst, sofern diese der inländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind. § 49 Absatz 1 Nummer 5 EStG erfasst bei Vorliegen eines Inlandsbezugs im Wesentlichen Zinsen - aus typischen stillen Gesellschaften, partiarischen Darlehen, Gewinnobligationen sowie Wandelanleihen (§ 49 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe a EStG), - aus bestimmten dinglich (d. h. durch inländischen Grundbesitz oder vergleichbare Rechte) gesicherten Forderungen ( § 49 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe c Doppelbuchstabe aa EStG), - aus Genussrechten, mit denen kein Recht am Gewinn oder Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist (§ 49 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb EStG) und - aus so genannten Tafelgeschäften (§ 49 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe d EStG). Die inländischen Zinseinkünfte unterliegen gemäß § 43 Absatz 1 EStG grundsätzlich dem Kapitalertragsteuerabzug. Dies gilt bei Kapitalerträgen im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe c Doppelbuchstabe aa EStG jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 43 Absatz 1 Nummer 7 EStG. Gemäß §§ 50 Absatz 2 Satz 1, 43 Absatz 5 EStG gilt die Einkommensteuer für Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterliegen, durch den Steuerabzug grundsätzlich als abgegolten. Entsprechendes gilt gemäß § 32 Absatz 1 KStG für die Körperschaftsteuer. Die Abgeltungswirkung tritt nicht ein, soweit die Einkünfte einem inländischen Betrieb zugerechnet werden, § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 EStG. DBA stehen der Erhebung eines abgeltenden Quellensteuerabzugs nicht entgegen. Die Regelungen der DBA sind aber bei Durchführung eines Steuerabzugs zu beachten. Die Erstattungsmöglichkeit im Fall des Einbehalts der Kapitalertragsteuer für „Steuerausländer“ ist in § 50d Absatz 1 EStG geregelt. Zuviel einbehaltene Kapitalertragsteuer wird auf Antrag des Gläubigers der Kapitalerträge unter den dort genannten Voraussetzungen (amtlich vorgeschriebener Vordruck, Steuerbescheinigung etc.) erstattet. Eine Abzugsteuer wie die Kapitalertragsteuer ist zu viel einbehalten, wenn die Einkünfte, die dem Steuerabzug unterlagen, aufgrund eines DBA, nach der Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie (§ 50g EStG) oder der Mutter-Tochter-Richtlinie (§ 43b EStG) nicht oder nur nach einem niedrigeren Steuersatz (als dem einbehaltenen) besteuert werden können. § 50g EStG regelt, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7815 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode dass unter den dort genannten Voraussetzungen Kapitalertragsteuer für Zinsen zwischen verbundenen Unternehmen in der EU auf Antrag nicht erhoben wird. Bei beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften bestehen ferner Erstattungsmöglichkeiten nach §§ 44a Absatz 9 EStG, 32 Absatz 5 KStG. 4. Wie wurden und werden die sehr eingeschränkten Tatbestandsvoraussetzungen für eine beschränkte Steuerpflicht im Fall von Zinsen nach § 49 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe c EStG begründet? Mit welcher Begründung unterliegen nicht sämtliche Zinsen von Steuerausländern der beschränkten Steuerpflicht? Hintergrund der gesetzlichen Ausgestaltung der beschränkten Steuerpflicht im Fall von inländischen Kapitalerträgen ist dem Grunde nach schon seit 1929 das Ziel, den Finanzplatz Deutschland zu stärken. Darüber hinaus gilt für Zinsen, dass grenzüberschreitend eine einmalige Besteuerung im Ansässigkeitsstaat gegenüber einer Besteuerung sowohl im Quellenstaat als auch im Ansässigkeitsstaat vorzugswürdig ist, weil Letztere zu Erschwernissen für den internationalen Finanztransfer führt. Deshalb sehen die deutsche Verhandlungsgrundlage für DBA vom 22. August 2013 und viele von Deutschland abgeschlossene DBA nur die Besteuerung im Wohnsitzstaat vor und beschränkt die EU-Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie die Erhebung von Quellensteuern auf Zinsen innerhalb der EU. Eine Ausdehnung der Erfassung von Zinsen ausschließlich im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht wäre daher wenig sinnvoll und würde vor allem den für die Freistellung und Erstattung des Steuerabzugs erforderlichen administrativen Aufwand erhöhen. 5. Würde eine Erweiterung des Katalogs des § 49 EStG um Zinsen dazu führen, dass Deutschland eine Quellensteuer auf Zinsen von Steuerausländern abgeltend erheben könnte? Wie würde die Bundesregierung eine solche Änderung beurteilen? Im Rahmen des Katalogs des § 49 EStG sind Zinsen bereits erfasst. Deutschland könnte bei einer Erweiterung des § 49 Absatz 1 Nummer 5 EStG in Bezug auf Zinsen eine Quellensteuer lediglich in den Fällen umfassend erheben, in denen kein DBA anwendbar ist. Soweit ein DBA anzuwenden ist und dieses ein begrenztes Besteuerungsrecht des Quellenstaats vorsieht, wäre die Quellensteuer auf den jeweils nach dem DBA vorgesehenen Quellensteuersatz abzusenken, wenn dieser unterhalb des innerstaatlich vorgesehenen Steuerabzugs läge. Soweit Deutschland nach dem jeweiligen DBA kein Besteuerungsrecht oder nur ein beschränktes Besteuerungsrecht zusteht, wären die davon erfassten Zinsen auf Antrag des Steuerpflichtigen entweder von vornherein vom Steuerabzug auszunehmen (Freistellungsbescheinigung, § 50d Absatz 2 EStG) oder im Nachhinein zu erstatten (§ 50d Absatz 1 Satz 3 EStG). Gleiches gilt für konzerninterne grenzüberschreitende Zinszahlungen, die der Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie unterliegen . Diese untersagt dem Quellenstaat unter den dort genannten Voraussetzungen eine Besteuerung. Für diese Fälle wäre die Erhebung von Quellensteuer mit abgeltender Wirkung in Deutschland auf Zinszahlungen an „Steuerausländer – auch bei Erweiterung des Katalogs des § 49 EStG – daher nicht möglich. Im Übrigen wird auf die Antworten zu Frage 3 und 4 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7815 6. Welche sonstigen Rechtsänderungen wären ggf. notwendig, damit Deutschland eine ggf. abgeltend wirkende Quellensteuer auf die in Deutschland gezahlten Zinsen an Steuerausländer einbehalten kann? Für eine umfassende Erhebung einer Quellensteuer auf Zinsen wären entgegenstehende DBA sowie die Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie zu ändern. Auf nationaler Ebene müsste der Katalog der Kapitalerträge mit Steuerabzug gemäß § 43 EStG erweitert werden. 7. Welche Voraussetzungen für einen Quellensteuerabzug nach den Regelungen eines Doppelbesteuerungsabkommen – DBA (vergleichbar Artikel 11 Absatz 2 OECD-Musterabkommen 2010) müssen grundsätzlich vorliegen, damit Deutschland Quellensteuer auf Zinsen von Steuerausländern einbehalten kann? Der Steuerabzug ist eine Frage des innerstaatlichen Steuerrechts. Für die endgültige Steuererhebung bedarf es aber, soweit ein DBA anwendbar ist, eines entsprechenden Besteuerungsrechts des Quellenstaats. Zusätzlich dürfen auch EU-rechtliche Regelungen der Besteuerung nicht entgegenstehen (vgl. Antworten zu den Fragen 3, 5 und 6). 8. Welche maximal zulässigen Quellensteuersätze für Zinsen hat Deutschland in den einzelnen DBA vereinbart, und welche Quellensteuersätze für Zinsen wendet Deutschland in Bezug auf diese Länder tatsächlich an? In den aktuell geltenden von Deutschland abgeschlossenen DBA sind folgende Höchstsätze für Quellensteuern auf Zinsen enthalten: 0 Prozent mit Bosnien und Herzegowina, Dänemark, Finnland, Frankreich, Georgien , Großbritannien, Irland, Island, Kosovo, Kroatien, Kuwait, Liechtenstein, Luxemburg, Malta, Mauritius, Montenegro, Namibia, Niederlande, Norwegen, Österreich, Russland, Schweden, Schweiz, Serbien, Slowakei, Spanien, Tadschikistan , Tschechien, Ungarn, USA, Vereinigte Arabische Emirate und Zypern, 3 Prozent mit Rumänien, 5 Prozent mit Albanien, Armenien, Bulgarien, Kirgisistan, Mazedonien, Moldau, Polen, Slowenien, Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan, Venezuela und Weißrussland , 8 Prozent mit Singapur, 10 Prozent mit Algerien, Aserbaidschan, Australien, Bangladesch, China, Estland , Ghana, Griechenland, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Kasachstan , Korea, Lettland, Litauen, Malaysia, Marokko, Mexiko, Mongolei, Neuseeland , Philippinen, Sambia, Simbabwe, Sri Lanka, Südafrika, Syrien, Taiwan, Türkei , Tunesien, Uruguay und Vietnam, 12,5 Prozent mit Jamaika, 15 Prozent mit Ägypten, Argentinien, Belgien, Bolivien, Ecuador, Elfenbeinküste , Iran, Israel, Kenia, Portugal (10% bei Bankdarlehen), Trinidad und Tobago , 20 Prozent mit Liberia und Pakistan, 25 Prozent mit Thailand. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7815 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Zu beachten ist, dass in einigen DBA daneben besondere Steuersätze für Zinsen gelten, die bestimmten Personen (z. B. Zentralbanken) zufließen oder die aufgrund bestimmter Vertragsarten gezahlt werden (z. B. Warenkredite), und die Zinsdefinitionen der Abkommen teilweise voneinander abweichen. 9. Aus welchen Gründen macht Deutschland von seinem Besteuerungsrecht auf Zinsen von Steuerausländern in Höhe der jeweils zulässigen vereinbarten Quellensteuersätze nicht in vollem Umfang Gebrauch? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 10. In welcher Höhe wird eine Quellensteuer auf Zinsen von Steuerausländern einbehalten, die in einem Staat ansässig sind, mit denen Deutschland kein gültiges DBA abgeschlossen hat (zum Beispiel im Fall eines brasilianischen Anlegers)? Welche Erstattungsmöglichkeiten bestehen in diesem Fall für den Steuerausländer ? Zinsen eines solch beschränkt steuerpflichtigen Anlegers unterliegen einem Quellensteuerabzug , sofern inländische Einkünfte i. S. d. § 49 EStG vorliegen und ein Kapitalertragsteuerabzug nach § 43 EStG vorzunehmen ist. Der Steuersatz beträgt bei natürlichen Personen und juristischen Personen 25 Prozent (§§ 32d Absatz 1, 43a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG). Beschränkt steuerpflichtige Körperschaften im Sinne des § 2 Nummer 1 KStG können gemäß § 44a Absatz 9 EStG beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) die Erstattung von zwei Fünfteln der einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer beantragen. Die Belastung wird dadurch auf 15 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag reduziert und eine Gleichbehandlung von inländischen und ausländischen Körperschaften erreicht . Sofern keine inländischen Einkünfte i. S. d. § 49 EStG vorliegen, obliegt die Besteuerung grundsätzlich dem Wohnsitzstaat des Anlegers. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 3 und 4 verwiesen. 11. Wie hoch können Zinsen gezahlt auf Bankeinlagen, Anteilen an inländischen Investmentfonds und festverzinslichen Wertpapieren, die von Steuerausländern gehalten werden, maximal in Deutschland besteuert werden (bitte schlüsseln Sie die Antwort nach allen Ländern, getrennt nach DBA und Nicht-DBA-Staaten, auf)? Auf die Antworten zu den Fragen 3, 8 und 10 wird verwiesen. 12. Wie hoch wären die theoretischen Steuereinnahmen, wenn Deutschland von seinem Besteuerungsrecht von in Deutschland gezahlten Zinsen an Steuerausländer , ggf. unter der Annahme sämtliche Zinsen unterlägen der beschränkten Steuerpflicht, in voller Höhe Gebrauch machen würde (in Höhe des maximal zulässigen Quellensteuersatzes bei DBA-Staaten und in Höhe von 25 Prozent Kapitalertragsteuer bei Nicht-DBA-Staaten)? Der Deutschen Bundesbank ist es nicht möglich, Zinsen, die an im Ausland ansässige Empfänger gezahlt werden, nach natürlichen und juristischen Personen aufzuteilen. Daher ist eine fundierte Schätzung nicht möglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/7815 13. Welche Staaten machen nach Kenntnis der Bundesregierung von ihrem Recht eine Quellensteuer auf Zinsen an Ausländer zu erheben Gebrauch, und wie wird dies jeweils begründet? Unter welchen Voraussetzungen rechnet Deutschland diese Quellensteuer auf die deutsche Steuer an? Das BZSt erstellt jährlich eine Übersicht zur Anrechenbarkeit der Quellensteuer auf Dividenden und Zinsen von Staaten, mit denen Deutschland ein DBA abgeschlossen hat. Diese Übersicht ist auf folgender Internetseite zugänglich: www.bzst.de/DE/Steuern_International/Auslaendische_Quellensteuer/auslaendische _quellensteuer_node.html In den Spalten A und B ist unter Buchstabe a) angegeben, ob der Quellenstaat nach seinem nationalen Recht eine Steuer auf Dividenden und/oder Zinsen erhebt. Eine Übersicht zu Nicht-DBA-Staaten bzw. Nicht-DBA-Gebieten ist in Anhang 12 II Nummer 2 des Amtlichen Einkommensteuer-Handbuches abgedruckt. Wie die Quellensteuer im Einzelnen von dem jeweiligen ausländischen Staat begründet wird, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Ausländische Steuern, die der deutschen Einkommensteuer entsprechen, können nach Maßgabe der §§ 34c Absatz 1 EStG und 32d Absatz 5 EStG angerechnet werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 14. Wie schätzt die Bundesregierung die Möglichkeit der Erhebung einer abgeltend wirkenden Quellensteuer (ähnlich der Quellensteuer auf Zinsen in der Schweiz) ein, bei der ein Abzug nur dann vorgenommen wird, wenn Deutschland die Zinserträge tatsächlich nicht über eine der bestehenden Regelungen zum Informationsaustausch an den Heimatstaat des Zinsempfängers meldet? In welcher Höhe wäre durch solch eine Quellensteuer ein Steuermehraufkommen zu erwarten? Auf Zinsen, die nichtansässigen natürlichen Personen aus Schweizer Finanzprodukten (z. B. Schweizer Festgeldguthaben, Wertpapieren Schweizer Emittenten) zufließen, wird in der Schweiz eine – unabhängig von einem bestehenden Informationsaustausch – abgeltende Quellensteuer (Verrechnungssteuer) in Höhe von 35 Prozent erhoben. Aufgrund des deutsch-schweizerischen DBA besteht ein Anspruch auf Rückerstattung in voller Höhe. Hierzu muss ein Antrag bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung gestellt werden. Für Zinsen aus ausländischen (d. h. nicht Schweizer) Quellen, die von einer in der Schweiz gelegenen Zahlstelle an eine natürliche Person mit steuerlichem Wohnsitz in einem EU-Mitgliedsstaat geleistet werden, gilt der am 26. Oktober 2004 im „Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Regelungen, die den in der Richtlinie 2003/48/EG des Rates im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen festgelegten Regelungen gleichwertig sind“ (Zinsbesteuerungsabkommen) vereinbarte Steuerrückbehalt von 35 Prozent. Hierbei handelt es sich nicht um eine Abgeltungsteuer. Der Empfänger muss die Zinserträge unter Anrechnung des Steuerrückbehalts im Wohnsitzstaat versteuern. Alternativ zum Steuerrückbehalt besteht die Möglichkeit – durch ausdrückliche Anweisung des Zinsempfängers – die Zinserträge freiwillig dem Fiskus des Ansässigkeitsstaates mitzuteilen. Dann entfällt der Steuerrückbehalt . Dieses Abkommen wurde vor dem Hintergrund vereinbart, dass die Schweiz Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7815 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode seinerzeit nicht an einem automatischen Informationsaustausch über Zinserträge – wie in der Zinsrichtlinie vorgesehen – teilnehmen wollte. Stattdessen wendete die Schweiz eine Quellensteuer auf die betreffenden Zinserträge an. Hierdurch sollte die grenzüberschreitende Steuerhinterziehung ebenso wirksam eingedämmt werden. Das Abkommen der EU mit der Schweiz wurde mit Unterzeichnung des Änderungsprotokolls am 27. Mai 2015 grundlegend revidiert. Es sieht nunmehr einen umfassenden automatischen Informationsaustausch über Finanzkontendaten nach dem von der OECD entwickelten Standard vor (Common Reporting Standard), der ebenso in der EU-Amtshilferichtlinie als neuer Maßstab der steuerlichen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten verankert wurde. Der erste Datenaustausch soll im Jahr 2018 erfolgen. Deutschland fördert bereits seit Jahren einen Informationsaustausch. Ab dem Jahr 2017 wird auf der Grundlage der von Deutschland am 29. Oktober 2014 unterzeichneten multilateralen Vereinbarung der neue Standard für den steuerlichen automatischen Informationsaustausch angewandt. Mittlerweile sind dieser Vereinbarung 79 Staaten und Gebiete beigetreten, darunter auch die Schweiz. Hierauf basierend wird ein umfassender steuerlicher automatischer Informationsaustausch ermöglicht, der unter anderem auch Zinszahlungen erfasst. Daneben können Informationen auch auf der Grundlage anderer zwischenstaatlicher Vereinbarungen wie z. B. DBA oder im Rahmen von Spontanauskünften erteilt werden. Ein Quellensteuereinbehalt in Bezug auf Zinserträge, die in Staaten fließen, mit denen kein Informationsaustausch vereinbart wurde, würde daher nach derzeitiger Einschätzung nur in wenigen Fällen eingreifen und somit nur ein geringes, jedoch nicht bezifferbares Steueraufkommen bewirken. Darüber hinaus würden administrative Probleme entstehen (Erstellung und Pflege einer Staatenliste ohne Informationsaustausch, Prüfung der Voraussetzungen, Durchsetzung des Quellensteuerrechts ). 15. Wie fallen die Antworten auf die vorgenannten Fragen (Besteuerungsrecht nach nationalem und internationalem Recht sowie Möglichkeit einer abgeltenden Quellenbesteuerung) für Veräußerungsgewinne von Wertpapieren aus? Bei beschränkt Steuerpflichtigen kann sich eine Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an Körperschaften und vergleichbaren Anteilen im Falle des Vorliegens einer Betriebsstätte aus § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a EStG ergeben, soweit diese Anteile der inländischen Betriebsstätte zugerechnet werden. Daneben können inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe e EStG unter den Voraussetzungen des § 17 EStG vorliegen. In beiden Fällen unterliegen die Einkünfte keinem Quellensteuerabzug. Ferner unterliegen Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Körperschaften, Zinsscheinen, Zinsforderungen und sonstigen Kapitalforderungen unter den Voraussetzungen des § 49 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe d EStG der beschränkten Steuerpflicht und grundsätzlich dem Kapitalertragsteuerabzug. Eine Besteuerung dieser Einkünfte ist jedoch bei Ansässigkeit des Veräußerers in einem DBA-Staat in vielen Fällen nach den Regelungen des DBA ausgeschlossen , weil das Besteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften in DBA regelmäßig allein dem Ansässigkeitsstaat zugewiesen wird. Dies entspricht der deutschen Verhandlungsgrundlage für DBA vom Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/7815 22. August 2013 und dem OECD-Musterabkommen. Es gibt aber auch einige geltende deutsche DBA, die in Anlehnung an eine im Musterabkommen der Vereinten Nationen enthaltene Vorschrift ein Quellenbesteuerungsrecht für Anteilsveräußerungen zugunsten des Staates vorsehen, in dem die Gesellschaft ansässig ist. Das betrifft die DBA mit Ägypten, Argentinien, Armenien, Bangladesch, Bolivien , Bulgarien, China, Ecuador, Indien, Jamaika, Kenia, Liberia, Mauritius, Mexiko, Moldau, Pakistan (ab 25-Prozent-Beteiligung), Simbabwe, Slowakei, Sri Lanka und Tunesien. 16. Wie hoch sind die Zinserträge, die Deutschland gemäß der Richtlinie 2003/48/EG (sog. EU-Zinsrichtlinie) an die Vertragsstaaten gemeldet hat (bitte schlüsseln Sie die Erträge nach Vertragsstaaten auf)? Die jüngste Statistik wurde für den Meldezeitraum 2013 erstellt. Durch Deutschland erteilte Auskünfte nach der EU-Zinsrichtlinie für den Meldezeitraum 2013 Land Durch Deutschland erteilte Zinsauskünfte in EUR Summe pro Land Durch Deutschland erteilte Erlöse in EUR Summe pro Land Anzahl versandter Meldungen EU-Mitgliedstaaten: 215.359.457 1.183.434.511 480.073 Belgien 10.328.368 47.788.276 25.034 Bulgarien 1.199.116 3.704.063 1.792 Dänemark 1.810.741 7.898.681 8.017 Estland 121.052 363.733 305 Finnland 858.813 5.515.140 2.511 Frankreich 22.815.550 76.826.249 92.524 Griechenland 28.550.576 75.968.106 42.045 Irland 4.539.248 35.408.331 6.665 Italien 17.533.272 66.684.420 34.418 Kroatien 1.453.927 3.722.969 4.627 Lettland 308.966 927.949 636 Litauen 434.694 671.383 552 Luxemburg 11.674.509 19.390.444 7.589 Malta 621.972 2.939.130 710 Niederlande 14.786.576 87.715.870 43.683 Österreich 24.415.081 105.832.666 68.609 Polen 2.324.109 7.061.596 7.801 Portugal 5.356.899 40.754.901 6.659 Rumänien 1.002.533 2.625.567 2.434 Schweden 4.069.622 22.596.440 16.058 Slowakei 788.432 1.736.836 1.410 Slowenien 978.982 3.755.493 1.982 Spanien 21.437.289 111.863.342 36.075 Tschechien 4.834.990 17.404.575 14.098 Ungarn 2.738.143 7.614.181 6.793 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7815 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Land Durch Deutschland erteilte Zinsauskünfte in EUR Summe pro Land Durch Deutschland erteilte Erlöse in EUR Summe pro Land Anzahl versandter Meldungen EU-Mitgliedstaaten: 215.359.457 1.183.434.511 480.073 Vereinigtes Königreich 28.715.777 415.228.339 45.636 Zypern (nur griechischer Teil) 1.660.220 11.435.831 1.410 17. Wie viel Prozent der Zinserträge die Deutschland gemäß der EU-Zinsrichtlinie melden müsste, werden tatsächlich gemeldet? Falls nicht 100 Prozent gemeldet werden, was sind die Gründe dafür? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass nach der EU-Zinsrichtlinie meldepflichtige Zinserträge nicht gemeldet wurden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333