Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 10. März 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/7844 18. Wahlperiode 11.03.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/7512 – Ausweisungen im Jahr 2015 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In der Nacht vom 31. Dezember 2015 auf den 1. Januar 2016 kam es in Köln und anderen deutschen Städten zu Übergriffen von Gruppen junger Männer auf Frauen. In den Medien wurde in diesem Zusammenhang über mutmaßliche Täter mit einem „nordafrikanischen“ bzw. „arabischen“ Erscheinungsbild berichtet . Da Ermittlungen zu den Übergriffen noch andauern, können die Justizbehörden bislang keine belastbaren Angaben zu den mutmaßlichen Tätern machen . Dennoch wurden die Vorkommnisse in der Silvesternacht zum Anlass genommen , eine Debatte um eine Verschärfung der Asyl-, Ausländer- bzw. Ausweisungsgesetze zu beginnen. Ende Januar 2016 brachte das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes „zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern“ auf den Weg. Nach diesem Entwurf soll es zur Annahme eines berechtigten Ausweisungsinteresses bereits ausreichen, wenn wegen bestimmter Delikte – zum Beispiel Körperverletzung, Tötung oder Vergewaltigung – eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ausgesprochen wurde, auch wenn diese zur Bewährung ausgesetzt wird. Ausweisungen dürfen nur nach einer Abwägung der staatlichen mit den individuellen Interessen in jedem Einzelfall erfolgen. Dabei sind die maßgeblichen Vorgaben und Regelungen nach europäischem und internationalem Recht zu beachten. Für Flüchtlinge etwa ergibt sich ein besonderer Ausweisungsschutz aus europäischem Recht und aus der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK). Die Ausweisung eines Flüchtlings ist so zum Beispiel nach Artikel 32 GFK nur „aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung“ zulässig. Für – aus Sicht der Fragesteller – „faktische Inländer“ leitet sich der Ausweisungsschutz aus Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ab, für türkische Staatsangehörige gelten vornehmlich die Regelungen des Assoziierungsabkommens EWG-Türkei. Auch vor dem Hintergrund dieses neuen Gesetzesvorhabens möchten die Fragesteller Zahlen und Informationen zu den Ausweisungen im Jahr 2015 in Erfahrung bringen. Drucksache 18/7844 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Wie viele Ausländerinnen und Ausländer sind (mit Stand 31. Dezember 2015) im Ausländerzentralregister gespeichert, gegen die eine Ausweisungsverfügung ergangen ist (bitte Ausweisungen der Jahre 2015, 2014 und 2013 gesondert angeben)? Zum Stichtag 31. Dezember 2015 waren im Ausländerzentralregister (AZR) 285 703 Ausländer mit einer Ausweisungsverfügung erfasst. Die erbetene Differenzierung nach Jahren kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: insgesamt 285.703 darunter 2013 3.916 2014 3.411 2015 3.310 2. Wie viele Ausländerinnen und Ausländer sind (mit Stand 31. Dezember 2015) im Ausländerzentralregister gespeichert, gegen die eine Ausweisungsverfügung ergangen ist, differenziert nach Geschlecht? Zum Stichtag 31. Dezember 2015 waren im AZR 285 703 Ausländer mit einer Ausweisungsverfügung erfasst; davon waren 243 929 männlich und 41 703 weiblich . Bei 71 Personen war das Geschlecht nicht erfasst. 3. Wie viele Ausländerinnen und Ausländer sind (mit Stand 31. Dezember 2015) im Ausländerzentralregister gespeichert, gegen die eine Ausweisungsverfügung ergangen ist, differenziert nach Alter (in den Schritten 0 bis 13 Jahre, 14 bis 17 Jahre, 18 bis 21 Jahre, 22 bis 26 Jahre, 27 bis 35 Jahre, 36 bis 60 Jahre, 60 Jahre und älter)? Die Angaben können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Altersgruppe Personen 0 - 13 Jahre 79 14 - 17 Jahre 129 18 - 21 Jahre 846 22 - 26 Jahre 4.333 27 - 35 Jahre 29.968 36 - 60 Jahre 161.639 61 Jahre und älter 88.694 unbekanntes Alter 15 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7844 4. Wie viele Ausländerinnen und Ausländer sind (mit Stand 31. Dezember 2015) im Ausländerzentralregister gespeichert, gegen die eine Ausweisungsverfügung ergangen ist, differenziert nach Bundesländern (bitte für Ausweisungen der Jahre 2014 und 2015 eine gesonderte Auflistung nach Bundesländern machen)? Die Angaben können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Bundesland insgesamt 2014 2015 Baden-Württemberg 42.117 633 470 Bayern 43.164 675 709 Berlin 23.582 176 136 Brandenburg 2.389 17 6 Bremen 2.956 16 13 Hamburg 20.698 134 109 Hessen 44.122 570 624 Mecklenburg-Vorpommern 764 5 1 Niedersachsen 17.379 205 147 Nordrhein-Westfalen 59.740 615 694 Rheinland-Pfalz 9.074 63 85 Saarland 1.397 42 28 Sachsen 10.279 167 217 Sachsen-Anhalt 2.421 29 27 Schleswig-Holstein 3.707 56 40 Thüringen 1.914 8 4 Gesamt 285.703 3.411 3.310 5. Wie viele Ausländerinnen und Ausländer sind (mit Stand 31. Dezember 2015) im Ausländerzentralregister gespeichert, gegen die eine Ausweisungsverfügung ergangen ist, differenziert nach den 15 wichtigsten Herkunftsstaaten (bitte für Ausweisungen der Jahre 2014 und 2015 eine gesonderte Auflistung machen)? Die Angaben können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Die unter der Bezeichnung „Jugoslawien (ehem.)“ aufgeführten Personen waren zum Stichtag 31. Dezember 2015 im AZR noch unter dieser alten Staatenbezeichnung erfasst : Drucksache 18/7844 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Gesamt 285.703 darunter Türkei 52.855 Jugoslawien (ehemals) 31.295 Ukraine 12.675 Marokko 9.218 Italien 8.618 Russische Föderation 6.571 Indien 6.297 Kroatien 5.659 Pakistan 5.525 Algerien 5.446 Serbien 5.432 Bosnien-Herzegowina 5.172 Nigeria 4.910 Libanon 4.152 Albanien 4.054 2014 3.411 darunter Türkei 386 Serbien 330 Albanien 217 Kosovo 209 Bosnien-Herzegowina 137 Georgien 135 Marokko 129 Mazedonien 128 Nigeria 107 Algerien 106 Ukraine 97 Indien 83 Russische Föderation 78 Tunesien 77 Ungeklärt 72 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7844 2015 3.310 darunter Serbien 360 Türkei 355 Albanien 244 Kosovo 241 Georgien 169 Marokko 156 Bosnien-Herzegowina 128 Algerien 125 Ukraine 103 Mazedonien 99 Russische Föderation 89 Tunesien 81 Pakistan 67 Nigeria 61 Indien 52 6. Über welchen Aufenthaltsstatus verfügten Ausländerinnen und Ausländer laut Ausländerzentralregister (zum Stand 31. Dezember 2015), gegen die eine noch nicht wirksame Ausweisungsverfügung ergangen ist (bei Duldungen , bitte soweit möglich, nach der Rechtsgrundlage der Duldung differenzieren )? Zum Auswertungsstichtag 31. Dezember 2015 waren von den 27 661 als aufhältig erfassten Personen mit einer Ausweisungsverfügung 2 052 Personen mit einem unbefristeten und 7 445 Personen mit einem befristeten Aufenthaltsrecht sowie 7 294 Personen mit einer Duldung und 537 Personen mit einer Gestattung erfasst. 10 333 Personen waren ohne Aufenthaltsrecht oder mit einem Antrag auf einen gestellten Aufenthaltstitel erfasst. Die im AZR erfassten Duldungssachverhalte können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Duldungen gesamt 7.294 davon: Duldung nach § 60a AufenthG (alt) 296 Duldung nach § 60a Abs. 1 AufenthG 528 Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG 340 Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 2 AufenthG 47 Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG 115 Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aus sonstigen Gründen 3.043 Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG wegen fehlender Reisedokumente 2.815 Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (fam. Bindungen zu Duldungsinh. n. Nr. 1) 92 Duldung nach § 60a Abs. 2b AufenthG 14 Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aus medizinischen Gründen 4 Drucksache 18/7844 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 7. Wie viele Ausländerinnen und Ausländer sind (mit Stand 31. Dezember 2015) im Ausländerzentralregister gespeichert, gegen die eine Ausweisungsverfügung ergangen ist, differenziert nach befristet und unbefristet, und wie viele dieser Ausweisungen erfolgten in den Jahren 2013, 2014 und 2015? Die Angaben können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Ausweisungsverfügung. insgesamt 2013 2014 2015 Gesamt 285.703 3.916 3.411 3.310 darunter Wirkung unbefristet 38.439 1.801 1.434 1.594 Wirkung befristet 247.264 2.115 1.977 1.716 8. Wie viele Ausländerinnen und Ausländer, gegen die eine Ausweisungsverfügung ergangen ist, sind (mit Stand 31.Dezember 2015) im Ausländerzentralregister als „aufhältig“ bzw. „nicht aufhältig“ gespeichert (bitte bei den noch aufhältigen Personen nach Bundesländern, den 15 häufigsten Herkunftsstaaten und dem Jahr der Ausweisung differenzieren)? Wie viele Ausländerinnen und Ausländer sind (mit Stand 31. Dezember 2015) im Ausländerzentralregister gespeichert, gegen die eine Ausweisungsverfügung ergangen ist, differenziert nach „noch nicht vollziehbar“, „sofort vollziehbar“ und „unanfechtbar“, und wie viele dieser Ausweisungen erfolgten in den Jahren 2013, 2014 und 2015? Von den 285 703 Personen mit Ausweisungsverfügung waren 27 661 als aufhältig und 258 042 als nicht aufhältig erfasst. Die weiteren Angaben können den nachfolgenden Tabellen entnommen werden: Bundesland Personen Deutschland Gesamt 27.661 davon nach Bundesländern Baden-Württemberg 4.304 Bayern 2.936 Berlin 2.568 Brandenburg 245 Bremen 559 Hamburg 1.932 Hessen 3.419 Mecklenburg-Vorpommern 109 Niedersachsen 1.933 Nordrhein-Westfalen 6.624 Rheinland-Pfalz 810 Saarland 177 Sachsen 912 Sachsen-Anhalt 431 Schleswig-Holstein 503 Thüringen 199 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/7844 Deutschland Gesamt 27.661 darunter nach Hauptherkunftsländern: Türkei 3.778 Serbien 1.777 Ungeklärt 1.292 Kosovo 1.132 Kroatien 1.128 Libanon 947 Nigeria 841 Marokko 825 Algerien 738 Bosnien-Herzegowina 737 Irak 672 Indien 622 Jugoslawien (ehemals) 613 Russische Föderation 551 Iran 546 Deutschland Gesamt 27.661 davon nach Jahr der Ausweisungsverfügung bis 1999 6.536 2000 1.298 2001 1.421 2002 1.440 2003 1.664 2004 1.665 2005 1.294 2006 1.497 2007 1.394 2008 1.297 2009 1.195 2010 1.169 2011 1.163 2012 1.148 2013 1.152 2014 1.048 2015 1.280 Drucksache 18/7844 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Ausweisungsverfügung insgesamt 2013 2014 2015 Gesamt 285.703 3.916 3.411 3.310 davon noch nicht vollziehbar 26.095 555 544 942 sofort vollziehbar 55.465 1.057 858 894 unanfechtbar 204.143 2.304 2.009 1.474 9. Wie viele der Ausländerinnen und Ausländer, gegen die eine Ausweisungsverfügung erging (bitte zum Stand 31. Dezember 2015 für Ausweisungen im Jahr 2014 und 2015), a) reisten nach Kenntnis der Bundesregierung freiwillig aus, b) wurden nach Kenntnis der Bundesregierung abgeschoben, Die Fragen 9a und 9b werden gemeinsam beantwortet. Nach Angaben des AZR zum Stichtag 31. Dezember 2015 reisten im Jahr 2014 2 363 Personen, gegen die eine Ausweisungsverfügung erging, aus Deutschland aus. Im Jahr 2015 waren es 2 030 Personen. Aus den Daten des AZR lässt sich nicht valide ermitteln, wie viele davon freiwillig bzw. unfreiwillig ausreisten. c) konnten nach Kenntnis der Bundesregierung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden (bitte Gründe so differenziert wie möglich benennen)? Nach Angaben des AZR zum Stichtag 31. Dezember 2015 war zu 329 aufhältigen Personen, gegen die im Jahr 2014 eine Ausweisungsverfügung erging, sowie zu 254 Personen, gegen die im Jahr 2015 eine Ausweisungsverfügung erging, eine Duldung nach § 60a Absatz 2 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes gespeichert. Soweit im AZR konkrete Duldungsgründe erfasst werden, beziehen sich diese fast ausschließlich auf fehlende Reisedokumente. 10. Welche Erkenntnisse oder Einschätzungen fachkundiger Bediensteter liegen der Bundesregierung zu der Frage vor, gegen wie viele Ausländerinnen und Ausländer auf der Grundlage von § 54 Absatz 5, 5a, 6 und 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) a.F. und der Nummer 9 bis 11 in § 55 Absatz 2 Satz 1 AufenthG a.F. seit Geltung der Regelungen eine Ausweisungsverfügung ergangen ist, und wie viele hiervon rechtskräftig wurden? Dazu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse oder Einschätzungen vor. 11. In wie vielen Fällen hat die Arbeitsgruppe „Statusrechtliche Begleitmaßnahmen “ (AG Status) des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im vergangenen Jahr eine Überwachungsanordnung nach § 54a AufenthG a.F. empfohlen (bitte möglichst nach den Verpflichtungen gemäß § 56 Absatz 1 bis 4 differenzieren), in wie vielen Fällen wurde dieser Empfehlung nach Kenntnis der Bundesregierung Folge geleistet, und wie viele Überwachungsanordnungen gab es insgesamt (bitte nach Jahren und Herkunftsstaat der Betroffenen aufschlüsseln)? Wie schon in den Antworten der Bundesregierung auf die Kleinen Anfragen der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/4596 vom 13. April 2015 und Bundestagsdrucksache 18/2279 vom 5. August 2014 wird zunächst auf die Vorbemerkung der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 17/13782 vom Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/7844 6. Juni 2013 zur Arbeitsweise der AG Status und den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Beantwortung der Frage verwiesen. Eine Gesamtstatistik zu Überwachungsmaßnahmen nach § 54a des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) wird auf Bundesebene nicht geführt. Die der AG Status vorliegenden Daten zu dort behandelten Fällen, bei denen Überwachungsmaßnahmen nach § 54a AufenthG angeordnet wurden, können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Überwachungsmaßnahmen insgesamt 22 davon nach Staatsangehörigkeit der Betroffenen ägyptisch 1 algerisch 3 irakisch 5 jordanisch 2 syrisch 1 tunesisch 3 türkisch 4 staatenlos 1 ungeklärt 2 12. In wie vielen Fällen hat die AG Status im vergangenen Jahr eine Abschiebungsanordnung ohne vorherige Ausweisung nach § 58a AufenthG empfohlen , in wie vielen Fällen wurde dieser Empfehlung nach Kenntnis der Bundesregierung Folge geleistet, und wie viele Abschiebungsanordnungen gab es insgesamt (bitte nach Jahren und Herkunftsstaat der Betroffenen aufschlüsseln )? Wie schon in den Antworten der Bundesregierung auf die Kleinen Anfragen der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/4596 vom 13. April 2015 und Bundestagsdrucksache 18/2279 vom 5. August 2014 wird zunächst auf die Vorbemerkung auf Bundestagsdrucksache 17/13782 vom 6. Juni 2013 zur Arbeitsweise der AG Status und den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Beantwortung der Frage verwiesen. Eine Gesamtstatistik zu Maßnahmen nach § 58a AufenthG wird auf Bundesebene nicht geführt. Aus dem Jahr 2015 ist der Bundesregierung keine Anordnung nach § 58a AufenthG bekannt. 13. In wie vielen Fällen hat das BAMF im vergangenen Jahr auf Empfehlung der „AG Status“ ein Widerrufs- bzw. Rücknahmeverfahren gegen eine Asyloder Flüchtlingsanerkennung eingeleitet (bitte nach Jahren, Staatsangehörigkeit der Betroffenen und Ausgang des Verfahrens aufschlüsseln)? Wie schon in den Antworten der Bundesregierung auf die Kleinen Anfragen der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/4596 vom 13. April 2015 und Bundestagsdrucksache 18/2279 vom 5. August 2014 wird zunächst auf die Vorbemerkung auf Bundestagsdrucksache 17/13782 vom 6. Juni 2013 zur Arbeitsweise der AG Status und den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Beantwortung der Frage verwiesen. Der AG Status liegen folgende Daten zu den dort behandelten Widerrufs- und Rücknahmeverfahren vor: Drucksache 18/7844 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Widerrufs- bzw. Rücknahmeverfahren insgesamt 42 bereits rechts- bzw. bestandskräftig abgeschlossene Verfahren 39 davon Staatsangehörigkeit der Betroffenen afghanisch 2 ägyptisch 1 algerisch 12 irakisch 10 jordanisch 4 libysch 3 syrisch 1 tunesisch 1 türkisch 3 ungeklärt 2 noch rechtsanhängige Verfahren 1 davon Staatsangehörigkeit der Betroffenen tunesisch 1 Einleitung Widerrufsverfahren in Prüfung 2 davon Staatsangehörigkeit der Betroffenen marokkanisch 1 russisch 1 14. Wie weit sind Bemühungen von Bund und Ländern gediehen, für die knapp eine halbe Million als unbefristet erlassenen Einreiseverbote ein „Bereinigungsverfahren “ (vgl. Bundestagsdrucksache 18/249, Frage 10) durchzuführen , bzw. inwiefern ist mittlerweile ein zweiter „Bereinigungsdurchgang“ (wie auf der Bundestagsdrucksache 18/4596 in der Antwort zu Frage 14 angekündigt ) mit welchen Ergebnissen erfolgt (bitte im Detail darlegen)? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 14 (Bundestagsdrucksache 18/4596 vom 13. April 2015) verwiesen. Da sich das Bereinigungsverfahren bislang nur auf die Fälle erstreckt hat, bei denen das Einreiseverbot am 30. Mai 2014 älter als fünf Jahre war, gibt es noch einige Sachverhalte bzw. Altfälle , bei denen noch ein unbefristetes Einreiseverbot besteht. Eine Bereinigung ist auch hier vorgesehen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/7844 15. Mit welcher Begründung (bitte detailliert ausführen) hält die Bundesregierung die in dem Kabinettsentwurf eines Gesetzes „zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern“ enthaltenen Verschärfungen in Bezug auf Flüchtlinge bzw. Asylsuchende für vereinbar mit a) den entsprechenden völkerrechtlichen Schutzregelungen, insbesondere Artikel 32, 33 GFK in Verbindung mit den Ausführungen des Handbuchs des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gemäß dem Abkommen von 1951 und dem Protokoll von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Neuauflage, Genf, Dezember 2011/deutsche Version 2013, S. 37, Nr. 155 - 157) als Ausdruck einer verfestigten Staatenpraxis, b) und dem absoluten Abschiebungsschutz nach Artikel 3 EMRK? Die Fragen 15a und 15b werden gemeinsam beantwortet. Nach Artikel 33 Absatz 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) gilt das Verbot der Zurückweisung unter anderem nicht für einen Flüchtling, der eine Gefahr für die Allgemeinheit des Staates bedeutet, in dem er sich befindet, weil er wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde. Eine Mindeststrafe, die zum Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung führt, wird in der GFK nicht festgelegt. Die entsprechende Verurteilung muss aber die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer aufgrund seines persönlichen Verhaltens eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet. Dazu bedarf es auch nach der neuen Regelung einer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls . Zudem findet hinsichtlich des neuen Ausschlussgrundes kein automatischer Ausschluss statt. Vielmehr ist eine Ermessensentscheidung vorzunehmen. Die Frage, ob der tatsächlichen Abschiebung ein Abschiebungsverbot nach Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) entgegensteht, ist von der Frage der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu unterscheiden. Auch wenn keine Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde, kann eine Abschiebung mit Blick auf Artikel 3 der EMRK verboten sein (vgl. § 60 Absatz 5 AufenthG). 16. Inwiefern und aus welchen Gründen vermag eine zur Bewährung ausgesetzte Strafe nach Ansicht der Bundesregierung die Ausnahmeregelung des Artikels 33 Absatz 2 GFK zu erfüllen, wonach der Ausweisungsschutz nur dann verwehrt wird, wenn der Betroffene aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes anzusehen ist, in dem er sich befindet, oder der Betroffene eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Staates bedeutet , weil er wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde (bitte insbesondere mit dem Argument auseinandersetzen, dass eine Bewährungsstrafe ja regelmäßig nur bei guter Sozialprognose und bei Nichtentgegenstehen der besonderen Schwere der Tat erfolgt)? Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage einer spezialpräventiven Ausweisung (zuletzt Urteil vom 13. Dezember 2012, 1 C 20/11) stellt die Strafaussetzung zur Bewährung durch das Strafgericht bei der ausländerrechtlichen Gefahrenprognose ein wichtiges Indiz dar, entfaltet aber keine Bindungswirkung. Die Prognose, ob der Ausländer eine entsprechende Gefahr darstellt, bestimme sich nämlich nicht nach strafrechtlichen Gesichtspunkten, auch nicht nach dem Gedanken der Resozialisierung. Vielmehr hätten die zuständigen Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte eine eigenständige Prognose über die Wiederholungsgefahr zu treffen. Dabei hätten sie auch sonstige, den Drucksache 18/7844 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Strafgerichten möglicherweise nicht bekannte oder von ihnen nicht beachtete Umstände des Einzelfalles heranzuziehen. Auch wenn im Rahmen des § 60 Absatz 8 AufenthG natürlich das spezifische Kriterium der Gefahr für die Allgemeinheit gegeben sein muss, lässt sich der Rechtsgedanke des Bundesverwaltungsgerichts , dass die Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte eine eigenständige Prognose vornehmen, grundsätzlich übertragen. Es ist dann eine Frage des Einzelfalls, ob trotz der Strafaussetzung zur Bewährung eine Gefahr für die Allgemeinheit gegeben ist. 17. Inwiefern ist die geplante Einbeziehung der „Rechtstreue“ bei der Abwägung nach § 53 Absatz 2 AufenthG vereinbar mit der Auslegung von Artikel 32, 33 GFK sowie Artikel 3 EMRK und den Bestimmungen der EU- Qualifikationsrichtlinie? Die Berücksichtigung rechtstreuen Verhaltens kann nach der Neuregelung im Rahmen der bei Ausweisungsentscheidungen vorzunehmenden Gesamtabwägung zum Tragen kommen. Bei der Entscheidung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bleibt es dabei, dass nur bei Vorliegen einer Gefahr für die Allgemeinheit von der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgesehen werden kann. 18. Inwiefern begründen nach der Einschätzung der Bundesregierung Straftaten, welche mit List begangen wurden, ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse ? Durch die Anwendung von List als Tatmittel sind die Abwehr- und Verteidigungsmöglichkeiten des Opfers typischerweise gesenkt. Das Opfer kann sich in diesen Fällen gegen die strafbare Handlung nicht in der gleichen Weise zur Wehr setzen wie bei einem Vorgehen des Täters ohne die Anwendung dieses Tatmittels . Diesen erschwerenden Umstand hat der Gesetzgeber daher auch an verschiedenen Stellen im Strafgesetzbuch (StGB) berücksichtigt. So ist z. B. in § 224 Absatz 1 Nummer 3 StGB das Tatmittel des hinterlistigen Überfalls als Qualifikationsmerkmal ausgestaltet. In § 232 Absatz 4 Nummer 1 StGB ist im Falle der Anwendung von List ein – im Vergleich zu § 232 Absatz 1 StGB – höherer Strafrahmen vorgesehen. Zugleich wird sowohl hier als auch in § 234 Absatz 1 und § 235 Absatz 1 Nummer 1 StGB die Anwendung von List u. a. der Anwendung von Gewalt im Hinblick auf den jeweils vorgesehenen Strafrahmen gleichgestellt. Ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1a AufenthG-E begründet sich im Übrigen nicht allein durch das Tatmittel der List, sondern dies nur im Zusammenspiel mit Straftaten gegen bestimmte Rechtsgüter. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333