Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 10. März 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/7856 18. Wahlperiode 14.03.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Hänsel, Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/7711 – Haltung der Bundesregierung zu bilateralen Schulden Deutschlands und Griechenlands aus der Zeit der deutschen Besatzung (1941 bis 1944) V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach verschiedenen Medienberichten (u. a. DER SPIEGEL, Printausgabe, Heft 7/2016, S. 41) ist in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Thetis“ des Verlags Franz Philipp Rutzen ein Aufsatz erschienen, in dem Autor Heinz A. Richter die These aufstellt, der griechische Staat schulde Deutschland seit Ende der Besatzung durch die faschistische Wehrmacht 1944 „3 000 oder 4 000 Goldpfund “ (ebd.). Aufsatz und zitierte These seien auch Thema bei einem „internen Vortragsseminar“ der Abteilung Europapolitik des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) gewesen. 1. Wann fand das „interne Vortragsseminar“ mit Heinz A. Richter im BMF statt? 2. Wer hat zu dem Seminar eingeladen? 3. Was waren die Themen (Tagesordnung bitte anfügen)? 4. War Griechenland das einzige Thema dieses Treffens, oder ging es noch um andere Staaten? 5. Wer waren die Referenten? 6. War der Bundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble, bei dem Seminar persönlich anwesend? 7. Welche anderen Seminare dieser Art und zu welchen Themen bzw. Fragestellungen hat das BMF in den Jahren 2014, 2015 sowie 2016 veranstaltet, und wer wurde dazu eingeladen? 8. Aus welchen Erwägungen heraus hat das BMF Heinz A. Richter eingeladen? 9. Ist Heinz A. Richter an das BMF herangetreten, oder hat das BMF ihn eingeladen ? Drucksache 18/7856 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Hat Heinz A. Richter für seinen Vortrag und/oder das Gutachten eine Vergütung erhalten? 11. Bestehen sonstige vertragliche Verhältnisse zwischen der Bundesregierung und Heinz A. Richter und/oder der Zeitschrift „Thetis“ und/oder dem Verlag Franz Philipp Rutzen? 12. Hat die Bundesregierung die Thesen von Heinz A. Richter über eine mutmaßliche Schuldenlast Griechenlands gegenüber Deutschland aus der Zeit der Besatzung (1941 bis 1945) von unabhängiger Seite prüfen lassen? 13. Hat das BMF auch Veranstaltungen mit Experten durchgeführt oder in Planung , die konträre Positionen vertreten, wie etwa Hagen Fleischer (bitte ggf. Datum präzisieren), und wenn nein, warum nicht? 14. Hält die Bundesregierung die in dem o. g. Seminar dargelegten Thesen für legitim und wissenschaftlich gerechtfertigt? 15. Hat die Bundesregierung Heinz A. Richter Zugang zu neuen Aktenbeständen – u. a. im politischen Archiv des Auswärtigen Amtes – gewährt, zu denen andere Forscher bisher keinen Zugang hatten? Die Fragen 1 bis 15 werden im Zusammenhang beantwortet. Bei der in Rede stehenden Veranstaltung handelt es sich um eine Klausurtagung mit einer begrenzten Anzahl von Vertretern der Europaabteilung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF), die am 5. und 6. November 2015 auf Einladung des Abteilungsleiters im BMF stattgefunden hat. Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble hat nicht an der Veranstaltung teilgenommen. Am 5. November 2015 wurden aktuelle europapolitische Themen sowie Fragen der Personalführung erörtert. Für den zweiten Veranstaltungstag hatte der Abteilungsleiter der Europaabteilung Prof. Dr. Heinz A. Richter für einen Impulsvortrag zum Thema „Die Bedeutung nationaler Strukturen und politischer Systeme für die europäische Einigung – Beispiel Griechenland“ eingeladen. Für die Vortragstätigkeit am 6. November 2015 erhielt Prof. Dr. Heinz A. Richter vom BMF ein Honorar in Höhe von 1 000 Euro, mit dem auch seine Reise- und Übernachtungskosten abgegolten wurden. Sonstige vertragliche Verhältnisse zwischen dem BMF bzw. der Bundesregierung und Prof. Dr. Heinz A. Richter und/oder der Zeitschrift „Thetis“ und/oder dem Verlag Franz Philipp Rutzen bestehen nicht. Der Anlass für die Einladung war eine Veröffentlichung von Prof. Dr. Heinz A. Richter für die Bundeszentrale für politische Bildung aus dem Jahr 2012 unter der Überschrift „Politische Kultur in Griechenland“ (siehe auch Link zur Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung: www.bpb.de/apuz/142833/politischekultur -in-griechenland?p=all). Das Ziel des Vortrags und der anschließenden Diskussion mit Prof. Dr. Heinz A. Richter war es, den Teilnehmern der Klausurtagung ausgehend von den im vorgenannten Artikel dargelegten Kernthesen einen näheren Einblick in die politische Kultur Griechenlands aus der Sicht eines Historikers zu verschaffen. Ein Aufsatz in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Thetis“ des Verlags Franz Philipp Rutzen über eine mutmaßliche Schuldenlast Griechenlands gegenüber Deutschland aus der Zeit der Besatzung, war den Teilnehmern zum Zeitpunkt der Veranstaltung nicht bekannt und daher weder der Grund für die Einladung von Prof. Dr. Heinz A. Richter, noch Gegenstand der Diskussion. Die Thesen über eine mutmaßliche Schuldenlast Griechenlands gegenüber Deutschland aus der Zeit der Besatzung (1941 bis 1945) wurden von Prof. Dr. Heinz A. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7856 Richter in seinem Vortrag zwar kurz erwähnt, auf Grund des inhaltlichen Schwerpunkts der Veranstaltung jedoch nicht näher erörtert. Die Bundesregierung sieht vor diesem Hintergrund keine Veranlassung dafür, die Thesen von Prof. Dr. Heinz A. Richter auf ihre Legitimität bzw. auf ihre wissenschaftliche Relevanz eingehend zu prüfen bzw. von unabhängiger Seite prüfen zu lassen oder an die griechische Regierung heranzutragen. 16. Bedeutet die Ausrichtung des o. g. Seminars, dass die Bundesregierung ihre Position, nach der die Frage von Reparationszahlungen von Deutschland an Griechenland „politisch und juristisch abgeschlossen“ sei, revidiert wurde und historische Abläufe ggf. neu bewertet werden müssen (siehe u. a. www. zeit.de/politik/deutschland/2015-03/griechenland-reparationszahlungen -deutschland-weltkrieg)? Die Klausurtagung war nicht auf die Reparationenfrage ausgerichtet. Der Veranstaltung kann daher keine Bedeutung für die von allen Bundesregierungen nach 1990 vertretene Auffassung, dass die Reparationenfrage – nicht nur in Bezug auf Griechenland – politisch und juristisch abgeschlossen ist, zugemessen werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 15 verwiesen. 17. Inwiefern lässt dies den Rückschluss zu, dass die bisherige Haltung der Bundesregierung ohne hinreichende wissenschaftliche Fundierung vertreten wurde? Die Bundesregierung vermag nicht zu erkennen, aus welchen Gründen diese Klausurtagung Rückschlüsse auf die wissenschaftliche Fundierung der von ihr vertretenen Haltung nahelegen könnte. Die Haltung der Bundesregierung zur Reparationenfrage , wie sie etwa in den Antworten der Bundesregierung auf die Kleinen Anfragen der Fraktion DIE LINKE. vom 30. Mai 2006 (Bundestagsdrucksache 16/1634, dort insbesondere zu den Fragen 5 und 6) und vom 6. Februar 2014 (Bundestagsdrucksache 18/451, dort insbesondere zu Frage 2) mit eingehender Begründung wiedergegeben ist, wird im Übrigen durch die Rechtsprechung und in der Fachliteratur geteilt. Exemplarisch darf auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. Juni 2003, III ZR 245/98, verwiesen werden. 18. Und wenn ja, wer trägt die Verantwortung für die bisherigen offiziellen Verlautbarungen ? Auf die Antwort zu Frage 17 wird verwiesen. 19. Will die Bundesregierung die Thesen von Heinz A. Richter an die griechische Regierung herantragen? Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung, die von den Fragestellern zitierten Aussagen des Historikers Prof. Dr. Heinz A. Richter an die griechische Regierung heranzutragen. Drucksache 18/7856 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 20. Welche Hinweise hat die Bundesregierung darauf, dass von den 155 Millionen Mark, die im Rahmen eines Entschädigungsabkommens 1960 an Griechenland gezahlt wurden, drei Viertel „zweckentfremdet [wurden] und in den Taschen von Politikern [landeten]“ (www.welt.de/geschichte/zweiterweltkrieg /article152255024/Hat-Griechenland-noch-Schulden-bei-Deutschland. html), und wer ist dafür nach Kenntnis der Bundesregierung verantwortlich? Gemäß Artikel I Absatz 1 des Vertrages vom 18. März 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland über Leistungen zugunsten griechischer Staatsangehöriger, die von nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen betroffen worden sind, zahlte die Bundesrepublik Deutschland an das Königreich Griechenland 115 Mio. Deutsche Mark zugunsten der aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung von nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen betroffenen griechischen Staatsangehörigen, die durch diese Verfolgungsmaßnahmen Freiheitsschäden oder Gesundheitsschädigungen erlitten haben, sowie besonders auch zugunsten der Hinterbliebenen der infolge dieser Verfolgungsmaßnahmen Umgekommenen. Gemäß Absatz 2 dieses Artikels blieb die Verteilung dieses Betrages dem Ermessen der griechischen Regierung überlassen. Wie auch im Hinblick auf die Verteilung von Zahlungen der Bundesrepublik Deutschland aufgrund mit anderen Staaten geschlossener sogenannter Globalabkommen , hat die Bundesregierung keinen Einfluss auf die Verteilung der an Griechenland gezahlten Gelder genommen und auch keine eigenen Erkenntnisse über die Identität der Leistungsempfänger. 21. Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung bezüglich Warenexporten von Deutschland nach Griechenland während der Besatzung? a) Um welche Waren handelte es sich? b) Wer war Nutznießer dieser Waren? c) Welchen Wert hatten diese Waren? Der Bundesregierung ist bekannt, dass die Art und der Umfang des deutsch-griechischen Warenaustausches während der Besatzungszeit Gegenstand historischer Forschung sind. Die Bundesregierung hat dazu keine darüber hinausgehenden eigenen Erkenntnisse. 22. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Verlegung von Goldbeständen der Reichsbank nach Griechenland während der Besatzung? a) Woher stammte dieses Gold? b) Was ist nach Ende der Besatzung mit den Goldvorräten geschehen? Diese Frage, die im Zusammenhang mit der grundsätzlichen Frage nach Reparationen bzw. Entschädigungen gegenüber Griechenland gesehen wird, ist nach Kenntnis der Bundesregierung Gegenstand historischer Forschung. Weitergehende Erkenntnisse liegen ihr nicht vor. Für die Bundesrepublik Deutschland ist die Reparationsfrage rechtlich abgeschlossen. Der 2+4-Vertrag zur „abschließenden Regelung in Bezug auf Deutschland“ bewirkte 1990 auch den Abschluss der Reparationsfrage. Die Reparationsfrage ist auch politisch abgeschlossen. Der Befriedungszweck von Reparationen wurde bereits auf anderem Weg durch die Schaffung der Nachkriegsordnung in Europa erreicht. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7856 23. Planen/plant das BMF und/oder die Bundesregierung nun weitere „interne Vortragsseminare“ zum Thema, und wenn ja, wann und mit wem? Weitere Veranstaltungen in einem vergleichbaren Format und mit anderen Vortragenden /Experten zu dem in Rede stehenden Thema wurden vom BMF und/ oder der Bundesregierung nicht durchgeführt und sind auch nicht geplant. Den Schwerpunkt vergleichbarer Klausurtagungen, die im BMF regelmäßig in allen Abteilungen durchgeführt werden, bilden insbesondere Themen aus dem Bereich der Personalführung und -steuerung. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333