Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 16. März 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/7938 18. Wahlperiode 21.03.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Annalena Baerbock, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/7759 – Erneuter Preisverfall von Emissionshandelszertifikaten V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In Paris hat die Weltgemeinschaft sich völkerrechtlich dazu verpflichtet, den globalen Temperaturanstieg auf deutlich unter 2° Celsius, möglichst 1,5° Celsius , zu begrenzen und setzt dazu auch auf marktbasierte Instrumente, wie den Emissionshandel. Der europäische Emissionshandel (ETS) jedoch, der neben dem Ziel der Minderung von Treibhausgasen auch Investitionen in Klimaschutz anreizen sollte, ist derzeit kein geeignetes Modell für ein wirksames marktbasiertes Klimaschutzinstrument. Der Preis liegt seit drei Jahren kontinuierlich unter 10 Euro. Ursprünglich waren 30 Euro angepeilt. Der Überschuss von Zertifikaten beläuft sich auf über 2 Milliarden. Obwohl die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Dr. Barbara Hendricks angekündigt hatte, „den EU-Emissionshandel so rasch wie möglich wieder vom Kopf auf die Füße [zu] stellen“ (www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.interview-mit-umweltministerin-hendricks-indieser -koalition-drueckt-keiner-den-anderen-an-die-wand-page1.770a2cd3-3ef3- 4368-bf65-5724748119b4.html), werden nun lediglich rund 900 Millionen Zertifikate in eine Art Ablage geschoben (Backloading), anstatt dauerhaft aus dem Markt genommen zu werden. Ab dem Jahr 2019 soll dann die Marktstabilitätsreserve greifen. Diese, ebenso wie die am 17. Juli 2015 von der Europäischen Kommission vorgelegten Vorschläge für die vierte Handelsperiode nach dem Jahr 2020, haben jedoch kein Preissignal gesetzt. Stattdessen hat der Zertifikatepreis nun erneut einen Tiefpunkt erreicht. Mitte Februar 2016 betrug der Preis für eine Tonne CO2 gerade mal 4,65 Euro. Damit geht vom Emissionshandel weiterhin keine ökologische Lenkungswirkung für klimafreundliche Industrieinvestitionen aus. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7938 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Gründe für den erneuten Absturz der Zertifikatepreise im europäischen Emissionshandel Mitte Februar 2016 auf unter 5 Euro pro Tonne CO2? Die Bundesregierung als Markteilnehmer gibt keine eigenen Bewertungen zum Handelsgeschehen am Zertifikatemarkt ab. Marktanalysten haben verschiedene potenzielle Einflussfaktoren für die gegenwärtige Preisentwicklung identifiziert, die sich entweder nachfragevermindernd oder angebotserhöhend auf den Zertifikatemarkt auswirken (z. B. Eintrübung der weltweiten makroökonomischen Aussichten, geringerer Hedging-Bedarf der europäischen Energieversorger, Verkäufe vonseiten der Industrie, Erhöhung der Angebotsmenge durch geringere Backloading-Kürzung). 2. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus dem gegenwärtigen erneuten Preisverfall, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie in der Antwort zu Frage 25 der Kleinen Anfrage vom 28. November 2014 (Bundestagsdrucksache 18/3368) noch betonte: „Das Preisniveau von CO2-Zertifikaten im Europäischen Emissionshandel wird derzeit durch das sog. Backloading gestützt, wobei aus der Menge der jährlich zu versteigernden Menge der Jahre 2014 bis 2016 insgesamt 900 Millionen Zertifikate entnommen werden . Insofern geht die Bundesregierung nicht davon aus, dass eine weitere Absenkung des Preisniveaus bei CO2-Emissionsrechten eintreten wird. […]“? Im EU-Emissionshandel gibt es keine staatliche Intervention in die Preisbildung am Zertifikatemarkt, da er auf einem mengenbasierten Ansatz beruht. Allerdings hat sich die Bundesregierung aktiv für die Einführung einer Marktstabilitätsreserve und die Überführung von Backloading- und Restmengen in die Reserve eingesetzt, um die Überschüsse zu reduzieren und im Emissionshandel wieder stärkere Preisanreize für Investitionen in emissionsarme Technologien zu erhalten . Die Reform wird ab dem Jahr 2019 wirksam. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass die Überarbeitung des europäischen Emissionshandelssystems für die vierte Handelsperiode nach dem Jahr 2020 die bereits beschlossene Reform durch die Einführung einer Marktstabilitätsreserve nicht schwächt. 3. Inwieweit trägt die Höhe des Backloading-Volumens von 300 Millionen Zertifikaten für das Jahr 2015 zu diesem Preisverfall nach Kenntnis der Bundesregierung bei, und welche Schlüsse zieht die Bundesregierung daraus, gerade auch mit Blick auf das Backloading-Volumen von 200 Millionen Zertifikaten für dieses Jahr? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 4. Inwieweit tragen die aktuell relativ günstigen Energiepreise zu dem Preisverfall von Emissionszertifikaten bei, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 5. Plant die Bundesregierung für die laufende Handelsperiode weitere zusätzliche Maßnahmen zur Stabilisierung des europäischen Emissionshandels, nachdem der Zertifikatepreis erneut auf unter 5 Euro abgesackt ist, wenn ja, welche, und wenn nein, warum nicht? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7938 6. Wird sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für eine dauerhafte Löschung überschüssiger Emissionszertifikate einsetzen, nachdem die ab dem Jahr 2019 greifende Marktstabilitätsreserve derzeit noch keinen preisstützenden Effekt erkennen lässt, wenn nein, warum nicht? 7. Sieht die Bundesregierung zusätzlichen Handlungsbedarf im Hinblick auf eine nationale Flankierung des Emissionshandels, insbesondere auch um das deutsche Klimaziel von minus 40 Prozent bis zum Jahr 2020 nicht zu verfehlen, wenn ja, welchen, und wenn nein, warum nicht? Die Fragen 5, 6 und 7 werden aufgrund des Sachzusammenhangs wie folgt gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung hat mit dem Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 und darauf basierenden diversen Umsetzungsmaßnahmen bereits zentrale Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele 2020 beschlossen. Die Wirkung der auf europäischer Ebene beschlossenen Reform zur Stärkung des EU-Emissionshandels kann noch nicht beurteilt werden, da die Marktstabilitätsreserve erst ab dem Jahr 2019 greift. Darüber hinaus kommt es im Emissionshandel immer auf die Entwicklungen in der Gesamtheit aller Mitgliedstaaten an und nicht allein auf die Entwicklung in Deutschland. Der Emissionshandel betrifft nur einen Teil der Emissionen und Sektoren der EU und Deutschlands. Daher sind für das Erreichen der Ziele auch die Maßnahmen in den anderen Sektoren und für die anderen Treibhausgase maßgeblich. Die kontinuierliche Überprüfung und ggf. Anpassung der bereits ergriffenen Maßnahmen erfolgt in unterschiedlichen Prozessen. National erfolgt dies im Rahmen des Monitorings des Aktionsprogramms Klimaschutz 2020 sowie im Kontext des derzeit in Erarbeitung befindlichen Klimaschutzplans. Auf EU-Ebene erfolgt dies im Rahmen der Umsetzung des Klima- und Energierahmens 2030 sowie künftig im Rahmen des in Paris vereinbarten fünfjährigen Überprüfungsmechanismus . 8. Hat sich die Position der Bundesregierung angesichts des erneuten Preisverfalls und der damit weiterhin ausfallenden Lenkungswirkung bezüglich eines nationalen Mindestpreises für CO2 verändert, wenn nein, warum nicht? Die grundlegenden Vorbehalte der Bundesregierung gegenüber einem nationalen Mindestpreis für CO2 bestehen weiterhin. Diskussionen und Vorschläge hierzu auf europäischer Ebene werden seitens der Bundesregierung verfolgt und geprüft. 9. Wie wird sich der aktuell geringe CO2-Preis von unter 5 Euro pro Tonne CO2 nach Einschätzung der Bundesregierung auf die Kohleverstromung und damit auf die Emissionsentwicklung in Deutschland auswirken? Die Stromerzeugung aus Braun- und Steinkohle in Deutschland stagnierte in den vergangenen fünf Jahren auf hohem Niveau. Im selben Zeitraum sanken die Preise für Emissionsberechtigungen von etwa 15 Euro im Jahr 2010 auf unter 10 Euro im Jahr 2015 und liegen aktuell bei ca. 5 Euro. Es ist davon auszugehen, dass solche Preise im gegenwärtigen Energiepreisumfeld nur einen geringen Einfluss auf die Emissionsentwicklung der Kohleverstromung haben. Die Bundesregierung setzt sich seit Jahren für eine Stärkung des EU-Emissionshandels auf europäischer Ebene ein. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/7938 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Sind die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Weiterentwicklung des Europäischen Emissionshandels nach dem Jahr 2020 nach Einschätzung der Bundesregierung geeignet und angemessen, um den europäischen Verpflichtungen für eine Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter 2° Celsius gerecht zu werden? a) Wenn nein, warum nicht? b) Wenn nein, welche eigenen Vorschläge der Bundesregierung gibt es? Der Vorschlag der Kommission zur Weiterentwicklung des EU-Emissionshandels nach 2020 setzt hinsichtlich der Ambition das beim Europäischen Rat im Oktober 2014 beschlossene EU-Ziel einer EU-internen Reduktion von mindestens -40 Prozent bis 2030 in den von EU-Emissionshandel betroffenen Sektoren um. Auf dieses Ziel hat sich die EU in Paris mit der Meldung als national festgelegter Beitrag auch international verpflichtet. Es fehlt noch ein Legislativvorschlag zur Umsetzung des Ziels in den Sektoren außerhalb des Emissionshandels auf Basis der Beschlüsse des Rates von Oktober des Jahres 2014. Es muss nun geprüft werden, welche Implikationen sich für die europäische Klimapolitik aus den langfristigen Zielsetzungen des Paris-Abkommens (Artikel 2 und 4) ergeben. Hierzu sieht das Abkommen von Paris einen regelmäßigen Überprüfungs- und Aktualisierungsmechanismus vor. Die Bundesregierung möchte sicherstellen, dass der im Übereinkommen von Paris vorgesehene dynamische Überprüfungsmechanismus auch auf EU-Ebene widergespiegelt wird. Die EU Kommission hat mit der Mitteilung COM (2016) 110 vom 2. März 2016 „The Road from Paris“ eine erste Bewertung des Paris-Abkommens und Einschätzung zu den Folgen für die EU-Klimapolitik vorgelegt. 11. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragesteller, dass sich der Reduktionsfaktor im ETS langfristig an dem in Paris verabredeten Klimaziel und damit an einer Reduktion von 95 Prozent des CO2 (im Vergleich zum Jahr 1990) ausrichten muss? Wenn nein, warum nicht? Wie bereits in der Antwort zu Frage 10 verdeutlicht, müssen die Implikationen des Langfristziels des Übereinkommens von Paris auf die Klimaschutzpolitik der EU noch analysiert werden. Die EU-Kommission hat in ihrer Mitteilung zu den Folgen des Paris-Abkommens für die EU vom 2. März 2016 angekündigt, die Auswirkungen der Langfristziele des Paris-Abkommens mit Blick auf die EU eingehend zu analysieren und auch eine Langfristperspektive bis 2050 zu erarbeiten . In den Beschlüssen von Paris ist das Intergovernmental Panel on Climate Chance (IPCC) aufgefordert worden, bis zum Jahr 2018 einen Sonderbericht zu erstellen, der neben den Auswirkungen einer Erwärmung von 1,5 Grad auch die mit einer Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad verbundenen Minderungspfade darstellt. Was die Aufteilung der jeweiligen Minderungsziele bis 2030 auf die Sektoren im Emissionshandel und außerhalb davon betrifft, so wurde diese unter Abwägung verschiedener Gesichtspunkte (Kosteneffizienz, Potenzial, soziale Komponente) im Rahmen des Europäischen Rates im Jahr 2014 entschieden . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7938 12. Welche konkreten Positionen vertritt die Bundesregierung innerhalb der Ratsarbeitsgruppe zur Reform des Emissionshandels bezüglich neuer Benchmarks für die freie Zuteilung von Emissionszertifikaten, und anhand welcher Kriterien sollten sich diese Benchmarks bemessen? 13. Welche konkreten Positionen vertritt die Bundesregierung zur Reform des Emissionshandels bezüglich neuer Carbon Leakage-Kriterien? Die Fragen 12 und 13 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam wie folgt beantwortet: Die Bundesregierung prüft derzeit die Details des Vorschlags der Kommission zur Überarbeitung des EU-Emissionshandels für die Zeit nach 2020 und erarbeitet eine Position dazu. Maßstab sind hierfür die Beschlüsse des Europäischen Rates vom Oktober des Jahres 2014, u. a. auch im Hinblick auf die Anreizwirkung und die Vermeidung von Carbon Leakage, die vollumfänglich umgesetzt werden müssen. 14. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung für die Weiterentwicklung des ETS daraus, dass China im Jahr 2017 seinen Emissionshandel einführen wird, gerade auch mit Blick auf Carbon Leakage, was ja bisher gerade mit der fehlenden Regulierung in China begründet wurde? Die Bundesregierung beobachtet die Prozesse zur Einführung von Emissionshandelssystemen und anderen Formen der Bepreisung von Treibhausgasen in China, wie auch in anderen Drittstaaten, sehr genau. Die Bundesregierung unterstützt diese Aktivitäten in Drittstaaten – u. a. durch die Internationale Klimaschutzinitiative und bilaterale Kontakte – gerade auch vor dem Hintergrund der Angleichung der Wettbewerbsbedingungen weltweit. Inwieweit sich daraus Auswirkungen auf das Risiko von Carbon Leakage, d. h. die Produktionsverlagerung nach außerhalb der EU aufgrund des EU-Emissionshandels, ergeben, kann jedoch erst beurteilt werden, wenn die angekündigten Systeme umgesetzt worden sind und die genaue Ausgestaltung bekannt ist. Ein Carbon Leakage-Risiko besteht allerdings nicht nur im Verhältnis zu China. 15. Inwiefern besteht angesichts des Ausbaus der erneuerbaren Energien und der insbesondere dadurch stetig fallenden Strompreise überhaupt noch die Notwendigkeit einer Kompensation indirekter Kosten durch die Reform des Emissionshandels, und wird die Bundesregierung die Strompreiskompensation in Deutschland abschaffen? Die Strompreiskompensation bezieht sich auf die im Strompreis weitergegebenen Kosten für Emissionshandelszertifikate. Insofern ist der absolute Preis für Strom hier nicht maßgeblich und er ist auch nicht Grundlage der Kompensation. Diese wird – im Rahmen der europäischen Beihilferegeln – ermittelt aus dem durchschnittlich im Börsenstrompreis enthaltenen CO2-Anteil der Stromproduktion multipliziert mit den Kosten der Emissionshandelszertifikate, jeweils ermittelt aus dem durchschnittlichen Preis der Zertifikate in den Versteigerungen des zurückliegenden Jahres. Wie vom Europäischen Rat im Oktober 2014 beschlossen und im Vorschlag der Europäischen Kommission vom 15. Juli 2015 zur Fortführung des Emissionshandels für die Handelsperiode 2021 bis 2030 vorgesehen, sollte die Kompensation indirekter Kosten des Emissionshandels auch nach 2020 erfolgen. Diese Auffassung wird von der Bundesregierung geteilt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333