Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 22. März 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/7968 18. Wahlperiode 23.03.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Dr. Petra Sitte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/7811 – Schutz von Flüchtlingen in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Straftaten gegen Asylsuchende und ihre Unterkünfte haben in Deutschland im vergangenen Jahr massiv zugenommen. Im Vergleich zum Jahr 2014 haben die Landespolizeibehörden eine Verfünffachung solcher Straftaten verzeichnet. Die Zahl von Gewalttaten ist sogar überproportional auf über 170 angestiegen. Das Leben von Flüchtlingen ist in Deutschland einer immer stärkeren Gefährdung ausgesetzt. Besorgnis erregt nicht nur diese Radikalisierung, sondern auch der Umstand, dass es für offenen Rassismus zunehmende Akzeptanz gibt. Dies wurde etwa deutlich darin, dass Anwohner angesichts einer brennenden Flüchtlingsunterkunft in Bautzen offen applaudierten. Im sächsischen Clausnitz versuchte ein rassistischer Mob die Ankunft von Flüchtlingen zu verhindern (vgl. Berichterstattung z. B. in DER TAGESSPIEGEL, 21. Februar 2016, Süddeutsche Zeitung , 20. Februar 2016). Diese demokratiegefährdende Entwicklung verlangt nicht nur nach gesellschaftlichen und politischen Gegenstrategien, sondern auch nach kurzfristigen Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Flüchtlinge. Das Bundeskriminalamt (BKA) selbst warnt schon seit Monaten davor, dass sich ein rechtsextremistischer Terror herausbilden könnte. Es warnt auch vor neuen Formen rassistischer Gewalt wie etwa der Blockade von Zufahrtswegen, um die Ankunft von Flüchtlingen zu verhindern (DIE WELT, 22. Oktober 2015 und 21. Februar 2016). Genau solch ein Szenario hat sich in Clausnitz ereignet. Die Fragestellerinnen und Fragesteller teilen die Sorge vor der Herausbildung eines rechten Terrors und weiterer rassistischer Gewalt, vermissen aber bislang ein polizeiliches Sicherheitskonzept, um Flüchtlinge effektiv vor solcher Gewalt zu schützen. In Clausnitz wurde deutlich, dass die Behörden, die in der Flüchtlingsfrage engagiert sind, auf die Aufgabe des Schutzes der ihnen Anvertrauten teilweise nicht vorbereitet, im schlimmsten Fall nicht einmal dazu bereit sind. So ist es den Fragestellerinnen und Fragestellern unerklärlich, dass zum Leiter der Flüchtlingsunterkunft in Clausnitz ausgerechnet ein Mitglied der rechtspopulis- Drucksache 18/7968 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode tischen AfD ernannt wurde, der nach Medienberichten schon mehrfach öffentlich gegen den angeblichen „Einmarsch“ von „Wirtschaftsflüchtlingen“ gehetzt und auf einer AfD-Kundgebung unter dem Motto „Asylchaos stoppen“ aufgetreten war (Süddeutsche Zeitung, 20. Februar 2016). Der zuständige Landkreis hatte daran nichts auszusetzen und äußerte sich vielmehr dahingehend, die Bewerbung des AfD-Politikers auf die Stelle zeige, „dass er eine gute Grundeinstellung habe“ – ohne die Erwägung anzustellen, ob der AfD-Mann womöglich gleichsam als U-Boot von Asylgegnern agieren und den Flüchtlingen Schaden zufügen wollte. Bei den Ereignissen in Clausnitz hat sich das Fehlen eines Konzeptes zum Umgang mit solchen Situationen offenbart. Die Polizeikräfte sind, auch nachdem sie verstärkt worden waren, nicht gegen den rassistischen Mob vorgegangen, sondern haben vielmehr gegen einige der betroffenen Flüchtlinge Maßnahmen des körperlichen Zwangs angewandt, um sie gewaltsam aus dem Bus zu holen. Die Fragestellerinnen und Fragesteller halten dieses Verhalten für völlig verfehlt . Es muss sichergestellt werden, dass der Schutz von Flüchtlingen vor einem deutschen Mob zu den Aufgaben der Polizei zählt. Aussagen von sämtlichen Polizeigewerkschaften weisen zudem darauf hin, dass die Polizei mit dem effektiven Schutz von Flüchtlingsunterkünften überfordert ist. Angesichts der großen Bedeutung nicht nur des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit, sondern auch der Bekämpfung rassistischer Gewalt darf die Bundesregierung die Länder bei diesem Thema nicht allein lassen. 1. Wann wurde in der Bundespolizei, im BKA oder in Gemeinsamen Zentren erstmals vor einer möglichen Eskalation rassistischer Gewalt im Zusammenhang mit der Flüchtlingsdebatte gewarnt? Die Sicherheitsbehörden des Bundes haben seit Herbst 2013 auf die Instrumentalisierung der Flüchtlingsthematik und der sich daraus ergebenden Gewalt- bzw. Gefährdungssituation durch das rechtsextremistische Spektrum hingewiesen. 2. Wann wurde in diesem Zusammenhang erstmals vor Szenarien wie Blockaden gewarnt, wie sie sich jetzt in Clausnitz ereignet haben? Die Sicherheitsbehörden des Bundes sensibilisierten im September 2015 im Hinblick auf die Blockade von Verkehrswegen als eine denkbare Aktionsform im Zusammenhang mit der Unterbringung von Asylbewerbern. 3. Welche allgemeinen wie konkreten Hinweise hatte das BKA, die auf solche bzw. ähnliche Szenarien hindeuteten? Inwiefern liegen dem BKA mittlerweile verdichtete Hinweise auf die Planung solcher Aktionen vor? Inwiefern erfolgen solche Planungen organisiert, und welchen Einfluss haben hierbei jeweils die rechtsextreme Szene und rechtspopulistische Kräfte (bitte benennen)? Vor den Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Ankunft von 1 400 Flüchtlingen in Dortmund am 6. September 2015 kam es bereits im Vorfeld zu einer Mobilisierung über die Sozialen Medien. In diesem Zusammenhang hatte die Partei „Die Rechte“ eine Mahnwache am Dortmunder Hauptbahnhof angemeldet . Grundsätzlich stellen „Blockadeaktionen“ im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität kein Novum dar. In der Vergangenheit kam es insbesondere innerhalb der linksextremistischen Szene bei Demonstrationen und Versammlungen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7968 zu „Blockadeaktionen“. Eine Adaption durch die rechte Szene ist bislang nur vereinzelt feststellbar gewesen. Es war allerdings bereits zuvor zu beobachten, dass die Errichtung und Ausweisung von Objekten als Unterkünfte für Asylsuchende und Flüchtlinge zu einer Erhöhung des Konfliktpotenzials im direkten Umfeld der Einrichtungen führen kann. Bei der Mobilisierung und Planung solcher Aktionen spielen das Internet und insbesondere die Sozialen Medien eine nicht zu vernachlässigende Rolle, wobei die Intensität und Quantität entsprechender Aktionen und Protestformen auch in Abhängigkeit von den organisatorischen Möglichkeiten der jeweiligen lokalen rechten Szenen stehen. 4. Welche Vorbereitungen bzw. Maßnahmen wurden im Bereich der Bundespolizei getroffen, um sich auf solche Szenarien vorzubereiten? Die Bundespolizei verfügt über entsprechende Kompetenzen und kann von den zuständigen Ländern zur Bewältigung solcher Einsatzszenarien mit Einsatzkräften und/oder Führungs- und Einsatzmitteln angefordert werden. 5. Welche Vorbereitungen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Bereich der Länderpolizeien getroffen, um sich auf solche Szenarien vorzubereiten , insbesondere in den an Tschechien und Österreich grenzenden Ländern ? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 6. Inwiefern ist das Verhalten gegenüber einem rassistischen Mob, der Flüchtlinge bedroht oder Anfahrtswege blockiert, Bestandteil neu aufgelegter Fortbildungsprogramme für Polizisten oder soll es noch werden? Das Verhalten gegen gewaltbereite Personen und Gruppen bei unfriedlichen Demonstrationen und anderen Gefährdungslagen ist fester Bestandteil der polizeifachlichen und rechtsstaatlichen Ausbildung. Im Rahmen von Verhaltenstrainings werden konkrete Maßnahmen besprochen. In speziellen Seminaren zum Ausbau der sozialen und interkulturellen Kompetenzen werden die kommunikativen Fertigkeiten weiter gestärkt, um Konfliktsituationen vorzubeugen. Die Ausbildungsinhalte vermitteln persönliche Kompetenz (Situationstraining polizeilicher Standardmaßnahmen) sowie fachliche Kompetenz (Grundrechte, Einsatzlehre , Einsatzrecht). In der Fortbildung werden in dienststelleninternen Polizeitrainings vor Ort, die durch speziell ausgebildete Polizeitrainer durchgeführt werden, die vorhandenen Kenntnisse regelmäßig durch praktische Übungen aufgefrischt und neuen Situationen angepasst. Hierzu gehört auch der Schutz von Flüchtlingen vor jeglichen Angriffen. Drucksache 18/7968 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 7. Hat das BKA ein Konzept entwickelt oder ist dies in Arbeit (bitte ggf. angeben , bis wann es abgeschlossen sein soll), um die Polizei von Bund und Ländern auf die Herausforderungen in Zusammenhang mit den vom BKA selbst beschriebenen Szenarien vorzubereiten? Wenn ja, welche Angaben kann die Bundesregierung dazu machen, und wenn nein, warum nicht? 8. Wurde ein solches Konzept nach Kenntnis der Bundesregierung im Bereich der Länderpolizeien oder der Bundespolizei entworfen bzw. ist es in Arbeit, und wenn ja, welche Angaben kann sie dazu machen? 9. Inwiefern wurde das Thema in (welchen) gemeinsamen Bund-Länder-Gremien behandelt, und welche Verabredungen wurden dort getroffen? Die Fragen 7 bis 9 werden im Zusammenhang beantwortet. Polizeilich relevante Aspekte im Zusammenhang mit dem „Schutz von Flüchtlingen und Unterbringungseinrichtungen“ werden im Rahmen einer Bund-Länder- Projektgruppe (BLPG) aufgegriffen. Am 18./19. September 2014 wurde mit Beschluss des Unterausschusses „Führung , Einsatz und Kriminalitätsbekämpfung“ (UA FEK), die BLPG „Zuwanderung “ mit folgenden Aufträgen eingerichtet, in der auch das Bundeskriminalamt (BKA) vertreten ist: Erhebung und Bewertung der sich aus der gesteigerten Zuwanderung von Personen aus Nicht-EU-Staaten aktuell für die polizeiliche Aufgabenwahrnehmung ggf. abzuleitende relevante Aspekte, handlungsorientierte Beschreibung der sich aus dieser Erhebung und Bewertung ergebenen wesentlichen polizeilichen Einsatz- und Ermittlungsanforderungen , strategische Betrachtung des Kriminalitäts- und Einsatzgeschehens, besonderer Gefährdungslagen, identitätsfeststellender Maßnahmen, des Schutzes von Flüchtlingen einschließlich deren Unterkünfte, der Aus- und Fortbildung in der Polizei sowie der Prävention. Diese Gremienbefassung ist im Wesentlichen auf die Themenfelder „Kommunikation “, „Information/Beratung“ und „Zusammenarbeit“ ausgerichtet und wendet sich dabei vorrangig an Kommunen, Betreiber von Flüchtlingsunterkünften und Polizeien der Länder. Die Federführung der BLPG „Zuwanderung“ obliegt dem Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen, sodass das BKA keine näheren Aussagen bezüglich des sich gegenwärtig noch in Erarbeitung und Abstimmung befindlichen Berichtes treffen kann. Im Übrigen sind entsprechende Einsatzverfahren und -taktiken in diesem Zusammenhang Bestandteil der Polizeidienstvorschriften. 10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragestellerinnen und Fragesteller , dass der Verzicht auf die Anwendung körperlichen Zwangs gegen den rassistischen Mob in Clausnitz und die stattdessen erfolgte polizeiliche Gewalt gegen einen Teil der Flüchtlinge dort darauf hindeutet, dass es im polizeilichen Bereich Defizite bei der Bewältigung solcher Szenarien gibt (bitte begründen)? Die Bundesregierung teilt die Auffassung der Fragesteller nicht. Die Anwendung von unmittelbarem Zwang in Form von körperlicher Gewalt richtet sich nach den Voraussetzungen des Gesetzes zur Anwendung des unmittelbaren Zwangs Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7968 (UZwG). Der Einsatz von Zwangsmitteln ist abhängig vom jeweiligen Einzelfall und wird bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen für jeden polizeilichen Adressaten zielgerichtet geprüft. 11. Welche über die vorangegangenen Angaben hinausgehenden Maßnahmen will die Bundesregierung, ggf. gemeinsam mit den Ländern oder Dritten, ergreifen , um eine Wiederholung von Szenarien wie in Clausnitz zu verhindern und den effektiven Schutz von Flüchtlingen vor Blockaden, Straftaten, Brandstiftungen und anderen Gewalttaten sicherzustellen? Die Bundesregierung verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus, der darauf zielt, alle gesellschaftlichen Ebenen zu erreichen. Er umfasst sowohl Prävention als auch Repression . Seit Februar 2014 wird in der zweimal wöchentlich stattfindenden Plenumssitzung des Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrums zur Bekämpfung des Rechtsextremismus/-terrorismus (GETZ-R) standardisiert der Tagesordnungspunkt (TOP) „Beiträge zu Ereignissen im Zusammenhang mit Asylbewerber -/Flüchtlingsheimen“ aufgerufen. Der TOP dient dem gegenseitigen Austausch zwischen Bundes- und Landes- sowie zwischen Verfassungsschutzund Polizeibehörden über alle wesentlichen Fälle und Entwicklungen mit Bezug zur Asylthematik. Die im BKA eingerichtete Clearingstelle „Straftaten gegen Asylunterkünfte“ dient dauerhaft als zentraler Ansprechpartner zur Bewertung entsprechender Ereignisse und Erstellung bundesweiter Lageberichterstattung zu direkten Angriffen auf Asylunterkünfte (mit Wirkung vom 3. Februar 2014). Im Bereich der Prävention setzt die Bundesregierung auf Programme zur Extremismusprävention und Demokratieförderung sowie auf Maßnahmen der politischen Bildung. Im Bundesprogramm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ werden in allen Bundesländern Demokratiezentren gefördert, die Beratungsarbeit im Zusammenhang mit der aktuellen Flüchtlingsdebatte leisten. Mobile Beratung und Opferberatung sollen dabei weiter gestärkt werden, um so auch im Kontext fremdenfeindlicher Proteste gegen Flüchtlingsunterbringungen , bei der Unterstützung von Kommunen, bei der Durchführung von Bürgerversammlungen zu dem Thema sowie bei der Unterstützung von Willkommensinitiativen, bei der Beratung von Personen, die von Anfeindungen oder Übergriffen betroffen sind, noch aktiver sein zu können. 12. Hält die Bundesregierung eine verstärkte (nicht unbedingt nachrichtendienstliche ) Beobachtung der Tätigkeit von Rechtspopulisten für angezeigt (bitte begründen), und was will sie hierzu ggf. unternehmen? Bezüglich einer nachrichtendienstlichen Beobachtung agiert das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) im Rahmen seiner gesetzlichen Zuständigkeiten und Befugnisse. Eine Intensivierung der Beobachtung von gesellschaftlichen und/ oder politischen Strömungen erfolgt ausschließlich nach den gesetzlichen Vorgaben . Werden zu einer Bestrebung Anhaltspunkte bekannt, die auf eine mögliche extremistische Zielsetzung hindeuten, analysiert das BfV die entsprechenden Informationen und Erkenntnisse und verstärkt auch die entsprechende Beobachtung . In diesem Sinne analysiert beispielsweise der Verfassungsschutzverbund eine rechtsextremistische Einflussnahme bzw. angestrebte rechtsextremistische Drucksache 18/7968 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Steuerung von Protestbewegungen gegen eine vorgebliche Islamisierung in Deutschland. 13. Inwiefern erfolgt von Seiten der Sicherheitsbehörden (Bund und Länder) eine intensive Beobachtung des Internets, um dort Hinweise auf besonders umstrittene (gefährdete) Flüchtlingsunterkünfte zu identifizieren (vor dem Hintergrund, dass die geplante Unterkunft in Bautzen bereits u. a. auf der Facebook-Seite „Bautzen steht auf“ nahezu unverblümt als Ziel eines Anschlags dargestellt wurde, vgl. DER TAGESSPIEGEL 21. Februar 2016). Die Sicherheitsbehörden des Bundes beobachten das Internet im Rahmen der so genannten Koordinierten Internetauswertung (KIA), die im BKA nach Phänomenbereichen aufgeteilt ist. Im Kontext „Flüchtlingsunterkünfte“ ist insbesondere die KIA-Rechts (KIA-R) betroffen. Im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität beobachtet das BKA insbesondere Internetseiten, Foren und Profile in sozialen Netzwerken mit überregionalem Bezug. Dieses Monitoring erfolgt vorwiegend mit der Zielsetzung, gefährdungsrelevante und strafrechtlich relevante Beiträge (u. a. auch im Zusammenhang mit Flüchtlingsunterkünften) sowie deren Verfasser zu identifizieren. Bei Feststellung entsprechender Inhalte werden die vorliegenden Erkenntnisse umgehend an die zuständigen Behörden in den Ländern übermittelt, damit dort die Prüfung und Einleitung weiterer erforderlicher Maßnahmen erfolgen können. Das BfV misst ebenfalls den Internetaktivitäten von Rechtsextremisten eine hohe Bedeutung zu. Nicht zuletzt der Ursprung der rechtsterroristischen „Oldschool Society“ (OSS) – hervorgegangen aus einem losen Zusammenschluss von rechtsextremistischen Internetnutzern – hat das damit verbundene Gefährdungspotenzial verdeutlicht. Aufgrund der Vielzahl an möglicherweise relevanten Internetpräsenzen kann die entsprechende Auswertung allerdings nur in Arbeitsteilung mit den regional zuständigen Landesbehörden erfolgen. Fallen hier entsprechende Erkenntnisse zu spezifischen Asylbewerberunterkünften o. ä. an, die für eine Gefährdungsbewertung relevant sind, werden diese an die zuständigen Behörden weitergeleitet. Eine abschließende Bewertung der Gefährdungssituation liegt außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des BfV. 14. Inwieweit sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit für eine personelle Aufstockung der Polizeien von Bund und ggf. Ländern? Das BKA ist mit ca. 5 000 Beschäftigten personell gut aufgestellt. Der Personalbedarf des BKA wird fortlaufend lage- und anlassbezogen erhoben und ggf. angepasst. Für das Haushaltsjahr 2016 hat das BKA zusätzlich über 300 neue Plan-/Stellen erhalten. Darüber hinaus setzt sich das Bundesministerium des Innern (BMI) angesichts der aktuellen und zukünftigen Herausforderungen dafür ein, die Sicherheitsbehörden personell und finanziell weiter zu stärken, um die Sicherheit in Deutschland gewährleisten zu können. Auch verschiedene Landesregierungen haben in ihren Haushaltsentwürfen für die kommenden Haushaltsjahre neue Planstellen und Stellen zur Stärkung der jeweiligen Landespolizeien vorgesehen. Bei der Bundespolizei ist auch unter Berücksichtigung der durch den Haushaltsgesetzgeber für die Bundespolizei bereitgestellten Planstellen und Stellen auf Grund der aktuellen Lage eine fortlaufende Priorisierung der Aufgabenwahrnehmung notwendig. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/7968 15. Inwiefern sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit für eine Intensivierung des Schutzes von Flüchtlingsunterkünften, ggf. auch durch private Dienstleister, und welche über die derzeitigen Bestimmungen hinausgehenden Regelungen müssten für eine Qualitäts- und Zuverlässigkeitsprüfung privater Wachdienste getroffen werden? Welche konkreten Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang, ggf. gemeinsam mit den Ländern? Der Schutz von Flüchtlingsunterkünften (ggf. auch durch private Dienstleister) obliegt den Ländern. Das BKA hat auf Basis einer Bund-Länder-Erhebung im November 2015 den Bundesländern eine „Zusammenfassung von Erfahrungswerten bei der Bekämpfung und Verhütung von Straftaten gegen Asylunterkünfte “ zur Verfügung gestellt. Die Bundesregierung hat ganz aktuell einen Gesetzentwurf zur Änderung bewachungsrechtlicher Vorschriften abgestimmt. Die Kabinettsbefassung ist für den 23. März 2016 vorgesehen. Ziel des Gesetzentwurfs ist eine bessere Überprüfung der Zuverlässigkeit privater Bewachungsunternehmer und des eingesetzten Bewachungspersonals . Dazu soll künftig im Rahmen der Zuverlässigkeitsüberprüfung eine Stellungnahme der örtlich zuständigen Polizeibehörde eingeholt und die Möglichkeit der Abfrage bei der zuständigen Verfassungsschutzbehörde eingeführt werden. Die Zuverlässigkeitsprüfung soll künftig regelmäßig, spätestens nach drei Jahren, wiederholt werden. Darüber hinaus soll für Bewachungsunternehmer ein Sachkundenachweis eingeführt werden, der an die Stelle des bisher erforderlichen Unterrichtungsnachweises tritt. Ein Sachkundenachweis an Stelle der bisherigen Unterrichtung soll auch für Bewachungspersonal eingeführt werden , das mit der Bewachung von Flüchtlingsunterkünften und Großveranstaltungen in leitender Funktion beauftragt wird. 16. Inwiefern sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit einer intensiveren Überprüfung von Personen, die als Leiter oder Mitarbeiter von Flüchtlingsunterkünften ernannt werden sollen, nachdem in Clausnitz ausgerechnet ein bekennender Gegner der Asylpolitik und Mitglied der rechtspopulistischen AfD zum Leiter geworden war? Welche Möglichkeiten sieht sie für ein entsprechendes Vorgehen, und was unternimmt sie konkret in dieser Hinsicht? Was wird nach ihrer Kenntnis diesbezüglich von den Behörden der Länder unternommen? Die Überprüfung von entsprechenden Personen obliegt grundsätzlich den Ländern , die im Rahmen des Vergabeverfahrens die Vorlage entsprechender Führungszeugnisse der Geschäftsführung verlangen können. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen. 17. Welche spezifischen Unterschiede gibt es aus Sicht der Bundesregierung für die Gewährleistung eines effektiven Schutzes von Flüchtlingen in ländlichen Gebieten im Vergleich zu großstädtischen Gebieten? Welche realistischen Möglichkeiten zum effektiven Schutz abgelegener Unterkünfte in ländlichen Gebieten hat die Polizei überhaupt? Es wird auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen. Drucksache 18/7968 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 18. Welche Herausforderungen stellen sich für eine Präventionsarbeit, die vor dem Hintergrund, dass zahlreiche Tatverdächtige, die Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte begehen, staatsschutzmäßig noch nicht aufgefallen sind, über bisherige Programme gegen Rechtsextremismus hinausgehen müssen? Was will die Bundesregierung unternehmen, um dem Rassismus in der sogenannten Mitte der Gesellschaft entgegenzutreten, und inwiefern will sie hier neue Programme auflegen bzw. bestehende verstärken? Was wird in diesem Bereich nach Kenntnis der Bundesregierung in den Ländern unternommen? Mit dem Programm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ (ZdT) fördert das BMI seit 2010 Projekte für demokratische Teilhabe und gegen Extremismus in strukturschwachen oder ländlichen Regionen und setzt dabei an bestehende Strukturen des zivilgesellschaftlichen Engagements an. Mit dem Programm „ZdT“ wird eine selbstbewusste, demokratische Gemeinwesenkultur, in der extremistische und verfassungsfeindliche Strömungen keinen Platz finden, gefördert. Aufgrund der aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen wurde das Programm von 6 Mio. Euro im Haushalt 2015 auf 12 Mio. Euro im Haushalt 2016 aufgestockt. Die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) engagiert sich als Regelaufgabe dauerhaft mit verschiedenen Maßnahmen politischer Bildung insbesondere in der Extremismusprävention. Die Angebote reichen von Publikationen und Online- Dossiers über präventiv wirkende Projektförderungen von Modellvorhaben bis zu Handreichungen und Netzwerken für Multiplikatoren. Die Tätigkeit der BpB zielt im Wesentlichen darauf ab, der Entstehung bzw. Verfestigung extremistischer Einstellungen und Strukturen durch politische Bildungsarbeit entgegenzuwirken. Im Mittelpunkt der Arbeit steht, extremistischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Einstellungen und Parolen bereits im Vorfeld den „Nährboden“ zu entziehen und der Zivilgesellschaft konkrete Hilfestellung zu geben, um den „Werkzeugkasten “ für die argumentative Auseinandersetzung mit extremistischen Einstellungen zu erweitern. Neben der Entwicklung ihrer eigenen Angebote engagiert sich die BpB in der Förderung anerkannter Träger der politischen Bildungsarbeit . Aspekte der Demokratieförderung und Extremismusprävention gehören zu den in besonderer Weise geförderten Schwerpunkten der Arbeit der Bildungsträger . Das Bundesprogramm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ soll ausgebaut werden. Sein ganzheitliches Prinzip der Demokratieförderung und Radikalisierungsprävention auf bundesweiter , regionaler und lokaler Ebene hat sich bewährt, da Maßnahmen entsprechend den Herausforderungen vor Ort umgesetzt werden können. Den aktuellen Herausforderungen in den Themenfeldern „Flucht und Asyl“, Rechtsextremismus , Rassismus und Islamismus/Salafismus soll u. a. mit einer Verstärkung der Arbeit der Partnerschaften für Demokratie im Bereich „Willkommenskultur“, der weiteren Unterstützung der 16 landesweiten Demokratiezentren betreffend die Beratungsarbeit und mit zusätzlichen Modellprojekten zu „Rassismusprävention“ und „Frühprävention“ begegnet werden. Die No-Hate-Speech-Kampagne des Europarates wird in der Federführung des Bundesministeriums für Familie, Senioren , Frauen und Jugend national umgesetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333