Deutscher Bundestag Drucksache 18/797 18. Wahlperiode 13.03.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Krischer, Annalena Baerbock, Dr. Julia Verlinden, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/653 – Gefahr von Missbrauch durch Unternehmen bei der (Teil-)Befreiung der Besonderen Ausgleichsregelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) können Unternehmen – vor allem des produzierenden Gewerbes – von der EEG-Umlage von derzeit 6,24 Cent pro Kilowattstunde durch die Besondere Ausgleichsregelung (BesAR) (teil-)befreit werden, sofern sie mehr als 1 Gigawatt (GW) Strom im Jahr verbrauchen und wenn ihr Energiekostenanteil an den übrigen Kosten des Unternehmens den Grenzwert von 14 Prozent übersteigt. Diese Regelung soll vor allem diejenigen Betriebe entlasten, die im internationalen Wettbewerb stehen und besonders energieintensiv sind. Durch die Novellierung des EEG im Jahr 2012 durch die frühere schwarz-gelbe Bundesregierung wurden zudem die Schwellenwerte für die Inanspruchnahme der BesAR auf 1 GW pro Jahr gesenkt. Dadurch stieg die Zahl der von der EEG-Umlage privilegierten Unternehmen so stark an, dass mittlerweile beispielsweise Großbäckereien und Hähnchenmastanlagen eine verminderte EEG-Umlage zahlen müssen. Die Europäische Kommission hat aufgrund dieser ausufernden Befreiungen und des Verdachts auf Wettbewerbsverzerrungen Mitte Dezember 2013 ein Beihilfeprüfverfahren gegen die Industrieausnahmen in Deutschland eingeleitet. Da immer weniger Stromendkunden die EEG-Umlage tragen müssen, steigt die Höhe der EEG-Umlage folglich an. Ein damit verbundener Anstieg des Strompreises ermöglicht es den noch nicht befreiten Unternehmen durch einen prozentual höheren Stromkostenanteil an der Bruttowertschöpfung auch, schneller das Kriterium von 14 Prozent Energiekostenanteil zu erreichen. Dies führt folglich zu einer weiter ansteigenden Anzahl an befreiten Unternehmen und zu einem wiederum höheren Strompreis, was sich beliebig fortführen lässt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 10. März 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Drucksache 18/797 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Auf Grundlage welcher konkreten Zielsetzung hat sich die frühere schwarzgelbe Bundesregierung bei der EEG-Novelle 2012 nach Ansicht der derzeitigen Bundesregierung für die Absenkung der Eintrittsschwelle von 1 GW pro Jahr ausgesprochen? Ziel der Absenkung der Voraussetzung hinsichtlich des Mindeststromverbrauchs von 10 GWh auf mindestens 1 GWh an der zu begünstigenden Abnahmestelle des Unternehmens war es, die Wettbewerbsverzerrungen zwischen Unternehmen mit großen und kleineren Stromverbräuchen zu minimieren. Dadurch konnte der Mittelstand stärker von der Besonderen Ausgleichsregelung profitieren . Im Zuge der Absenkung der Voraussetzungen hinsichtlich des Mindeststromverbrauchs von 10 GWh auf 1 GWh sowie des Verhältnisses der Stromkosten zur Bruttowertschöpfung von 15 Prozent auf 14 Prozent durch das EEG 2012 wurden auch Einschränkungen (zum Beispiel der Ausschluss der Antragsberechtigung der Energie- und Wasserversorger) vorgenommen. Dies führte für das Begrenzungsjahr 2014 netto nur zu einer durch die Veränderungen des EEG 2012 zusätzlich privilegierten Gesamtstrommenge von 0,4 TWh. 2. Ist der Mechanismus, dass Unternehmen von der EEG-Umlage (teil-)befreit werden durch schlichtes Abwarten, bis der Stromkostenanteil genug angestiegen ist, der Bundesregierung bekannt und beabsichtigt? Wenn nein, was sind die geplanten Schritte, um diesen Prozess einzudämmen ? Die Voraussetzung für eine Begrenzung der EEG-Umlage nach §§ 40 ff. EEG ist, dass die Unternehmen unter anderem ein Verhältnis der vom Unternehmen zu tragenden Stromkosten zur Bruttowertschöpfung von mindestens 14 Prozent in ihrem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr nachweisen müssen. Dieses Verhältnis bemisst die wirtschaftliche Belastung der Unternehmen durch die Stromkosten, insbesondere auch durch die EEG-Umlage. Entsprechend der Entwicklung der jeweils geltenden EEG-Umlage sind unterschiedlich viele Unternehmen besonders stark von den Kosten des Ausbaus der erneuerbaren Energien betroffen. Etwaige Fehlanreize durch die bestehende Regelung werden in die Diskussion im Rahmen der Reform des EEG einbezogen. 3. Wie viele Unternehmen haben in den vergangenen vier Jahren mehrfach Anträge im Rahmen der BesAR gestellt, bis diese letztlich durch Erreichung der Schwellenwerte, des Stromkostenanteils oder durch die Beseitigung von Formfehlern etc. bewilligt wurden? Die Begrenzung der EEG-Umlage erfolgt ausschließlich auf Antrag der Unternehmen und nur für ein Kalenderjahr. In der Vergangenheit haben grundsätzlich nur Unternehmen einen Antrag zur Besonderen Ausgleichsregelung gestellt, wenn sie aus ihrer Sicht sämtliche Voraussetzungen erfüllt haben. Die Unternehmen erbringen nur dann den mit der Antragsstellung verbundenen Aufwand (zum Beispiel Zusammenstellung der Antragsunterlagen, Beauftragung eines Wirtschaftsprüfers zwecks Erstellung einer Bescheinigung, Zahlung der Gebühren für die Antragstellung, usw.), wenn sich deren Aufwand im Vergleich zu ihrer voraussichtlichen EEG-Umlagen-Entlastung wirtschaftlich lohnt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/797 4. Wie viele Unternehmen haben davon letztlich eine Bewilligung im Rahmen der BesAR erhalten (bitte Anzahl der mehrfachen Antragstellung aufschlüsseln )? Der Bundesregierung liegen keine Kenntnisse solcher Fälle vor. 5. Welche konkreten Maßnahmen haben die antragstellenden Unternehmen nach Informationen der Bundesregierung gewählt, um doch noch von der BesAR zu profitieren? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, ob und inwieweit Unternehmen konkrete Maßnahmen nur mit dem Ziel umsetzen, eine Begrenzung der EEG-Umlage durch die Besondere Ausgleichsregelung zu erhalten. Maßnahmen der Unternehmen haben nicht zuletzt immer einen unternehmerischen oder gesellschaftsrechtlichen Grund. 6. Wie hat sich nach Erkenntnissen der Bundesregierung der Stromverbrauch der Unternehmen, die von der BesAR profitieren, entwickelt, seit diese die BesAR in Anspruch nehmen können? Der Stromverbrauch eines von der Besonderen Ausgleichsregelung profitierenden Unternehmens hängt von der konjunkturellen Entwicklung im In- und Ausland sowie von seiner wirtschaftlichen Entwicklung (z. B. Auftragslage) ab. Aufgrund der von Unternehmen mit einem Stromverbrauch über 10 Gigawattstunden eingeführten Umwelt- und Energiemanagementsystemen konnten diese nach eigenen Angaben rund 4 TWh Strom sparen. 7. Welche Branchen, aus denen die Unternehmen entstammen, die die BesAR in Anspruch nehmen, haben nach Kenntnis der Bundesregierung durch die BesAR ihre Wettbewerbsstellung in Europa verbessern können? Bei der Besonderen Ausgleichsregelung handelt es sich um die Begrenzung einer Belastung. Es ist eine Maßnahme, um mögliche Wettbewerbsnachteile durch die EEG-Umlage zu begrenzen. Gesamtherstellung: H. 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