Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 23. März 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/7997 18. Wahlperiode 29.03.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kathrin Vogler, Sabine Zimmermann (Zwickau), Katja Kipping, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/7827 – Mögliche Einflussnahme des Krankenkassen-Verbandes auf die Unabhängige Patientenberatung und Zusammenhang mit der später erfolgten Vergabe an einen privaten Anbieter V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) gGmbH bot ab 2007 als Modellprojekt und von 2011 bis 2015 als Regelangebot der gesetzlichen Krankenversicherung allen Menschen eine qualitativ hochwertige Beratung an. Trägerorganisationen der UPD waren nichtkommerzielle, gemeinnützige und traditionell patientenorientierte Organisationen, etwa Sozialverbände, Verbraucherzentralen und Patientenstellen. Neben der Beratung der Versicherten ist laut § 65b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) auch das Aufzeigen von Problemlagen im Gesundheitswesen Aufgabe der UPD gewesen. Die Berichte der UPD, der jährlich erscheinende Monitor Patientenberatung, dokumentierten diese Problemlagen, die sich aus den Beratungsgesprächen ergeben haben (www.patientenberatung.de/ dokumente/2015_upd_monitor_patientenberatung.pdf). Nach den Anteilen der Gespräche, die auf Anfrage der Versicherten geführt wurden, gab es über die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) die meisten Beschwerden . Obwohl die UPD formell inhaltlich und institutionell unabhängig von der GKV sein soll, entscheidet der GKV-Spitzenverband maßgeblich darüber , wer die Patientenberatung anbieten darf und dafür Versichertengelder erhält . Im Jahr 2015 entschied der GKV-Spitzenverband mit Zustimmung des Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, dass das Call Center-Unternehmen Sanvartis GmbH die Patientenberatung ab 2016 übernimmt . Kritikerinnen und Kritiker vermuteten, dass „der Spitzenverband Bund der GKV sich die lästigen, aber objektiven Kritiker der UPD vom Hals halten“ will, wie es der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery , ausdrückte (www.aerzteblatt.de/nachrichten/64216). Gerüchten zufolge gab es bereits im Jahr 2013 einen Brief des Vorstandes der GKV-Spitzenverbandes, Gernot Kiefer, an den damaligen Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Wolfgang Zöller, in dem er die Art und Methodik, in der die UPD Missstände im Patientenmonitor auch in Bezug auf den Umgang von gesetzlichen Krankenkassen mit Versicherten darstellte, als tendenziös kritisierte . Darin seien auch die Objektivität der Beratenden infrage gestellt und Drucksache 18/7997 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode unzulässige Rückschlüsse auf die Motivation der Krankenkassen moniert worden . Der Brief betraf dem Vernehmen nach vor allem Fälle von Bezieherinnen und Beziehern von Krankengeld, bei denen Krankenkassen aufgrund einer juristisch interpretierbaren, aber tatsächlich nicht bestehenden Krankschreibungslücke die Zahlung eingestellt hatten. Möglich machte diese politisch wohl nie gewollte Folge eine ungeschickte Formulierung im Gesetzestext, die von Krankenkassen herangezogen wurde, um die Fortzahlung des Krankengeldes (www.3sat.de/ page/?source=/ard/dokumentationen/178856/index.html, www.n-tv.de/ratgeber/ Tuecken-beim-Krankengeld-article10399096.html und andere?) und teils sogar die Mitgliedschaft der bzw. des Versicherten zu beenden (www.swr.de/betrifft/ ein-recht-auf-heilbehandlung-der-verlorene-patient-wenn-die-krankenkasse-nichtzahlt /-/id=98466/did=10733144/nid=98466/182o2fx/index.html). Es gebe nach diesen Recherchen sogar „Belege dafür, dass der Spitzenverband der Krankenkassen seinen Mitgliedern gezielt erklärt, wie man Patienten mit juristischen Spitzfindigkeiten in eine ominöse ,Krankschreibungslücke‘ lockt“ (ebenda). Dieser Missstand, der inzwischen durch eine gesetzliche Klarstellung weitgehend beendet ist (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz 2015), wurde maßgeblich durch die UPD-Berichte „Monitor Patientenberatung“ aufgedeckt (vgl. ebenda). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) gGmbH mit den Gesellschaftern Verbraucherzentrale Bundesverband, Verband unabhängiger Patientenberatung und Sozialverband VdK bot ab dem Jahre 2006 in Form eines Modellprojektes und ab 2011 als Regelangebot der gesetzlichen Krankenversicherung eine qualitativ hochwertige Beratung an. Mit der Umwandlung in ein Regelangebot der GKV war im Gesetz aufgenommen worden, dass eine Aufgabe der UPD auch das Aufzeigen von Problemlagen im Gesundheitswesen ist. Die UPD kam dieser Aufgabe mit jährlich erscheinenden Monitorberichten nach, die unter anderem im Internetangebot der Unabhängigen Patientenberatung, des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten und des GKV-Spitzenverbandes (www.gkv-spitzenverband.de) veröffentlicht werden. Bei der Bewertung der in den Monitorberichten enthaltenen Aussagen ist zu berücksichtigen , dass die Datenauswertung der Kontaktdokumentation der unabhängigen Patientenberatung keine wissenschaftliche Evaluation von Problemlagen darstellt, sondern lediglich Hinweise dafür gibt, dass sich Versicherte und Patientinnen und Patienten in der Versorgungsrealität im Gesundheitswesen nicht ausreichend beraten oder falsch behandelt fühlen und deshalb beschweren. Aufgabe der unabhängigen Patientenberatung ist insoweit die Benennung und Beschreibung von Problemkonstellationen aus dem Beratungsgeschehen. Die sozialpolitische Einordnung in einen übergeordneten Kontext, die Ursachenanalyse wie auch die Ableitung von Handlungsempfehlungen waren und sind nicht Aufgabe der politisch neutralen unabhängigen UPD, sondern müssen durch andere Akteure vorgenommen werden. So haben die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung die von der UPD aufgezeigten Problemlagen im konstruktiven Dialog analysiert und – soweit sachgerecht – Abhilfe geschaffen. Die Thematik einer so genannten Lücke in der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit wurde erst im Monitor Patientenberatung 2015 ausdrücklich erwähnt. Im Übrigen kommentiert die Bundesregierung Medienberichte nicht. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7997 1. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass Wolfgang Zöller in seiner früheren Funktion als Patientenbeauftragter der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten im Jahr 2013 einen Brief des GKV-Spitzenverbands erhalten hat, in dem Unzufriedenheit über den Monitor Patientenberatung der UPD zum Ausdruck gebracht wurde? Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten , Wolfgang Zöller, hat am 1. Juli 2013 einen Brief des GKV-Spitzenverbandes zur Vorstellung des Berichts „Monitor Patientenberatung“ erhalten. In diesem Brief wurde in einzelnen Punkten die Methodik des Monitor Patientenberatung 2013 kritisiert, gleichzeitig aber auch betont, dass das Interesse der GKV an Hinweisen auf Problemlagen und insbesondere auch problematische Verhaltensweisen weiterhin besteht, um diesen nachgehen zu können. 2. Wer hat nach Kenntnis der Bundesregierung noch von dem Brief Kenntnis erhalten? Eine Kopie des Schreibens ging an den damaligen Geschäftsführer der UPD gGmbH sowie an das Bundesministerium für Gesundheit als federführendes Ressort . Darüber hinaus hat auch der Beirat zur UPD Kenntnis von dem Brief erhalten . 3. Was war der genaue Inhalt des Briefes (nach Möglichkeit bitte Kopie beifügen )? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 4. Wie haben der Patientenbeauftragte oder die Bundesregierung auf den Brief reagiert (Kopie der Antwort bitte nach Möglichkeit beifügen)? Die künftige Erstellung des Monitors Patientenberatung und seine Beratung im Beirat wurden am 17. Dezember 2013 in einem gemeinsamen Gespräch zwischen dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten , der UPD, dem GKV-Spitzenverband und der mit der Evaluation beauftragten Einrichtung erörtert und vereinbart. 5. Hat der Patientenbeauftragte der Bundesregierung in seiner Funktion als Leiter des wissenschaftlichen Beirats der UPD die vom GKV-Spitzenverband beanstandeten Punkte im Beirat thematisiert? 6. Wie haben nach Kenntnis der Bundesregierung die Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft und der Patientenverbände im Beirat die methodische Kritik des GKV-Spitzenverbands eingeschätzt? 7. Wie hat sich der Patientenbeauftragte selbst im Beirat inhaltlich zu den Vorwürfen positioniert? Die Fragen 5 bis 7 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Beirat tagt erst seit dem 22. Juli 2014 unter der Leitung des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten. In seiner Sitzung am 25. März 2014 hat der Beirat sich ausführlich mit Methoden und Struktur des Monitorberichts befasst. Die Sitzungen sind nicht öffentlich. Drucksache 18/7997 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Inwiefern hat der Bundesbeauftragte den GKV-Spitzenverband auf eine gegebenenfalls beobachtete unzulässige Einflussnahme auf die UPD hingewiesen ? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung sowie die Antwort zu den Fragen 5 bis 7 wird verwiesen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der frühere Geschäftsführer der UPD, Dr. Sebastian Schmidt-Kähler, in seiner Stellungnahme für die Anhörung im Deutschen Bundestag am 24. Februar 2016 zum Antrag der Fragesteller (Bundestagsdrucksache 18/7042) ausgeführt hat, dass es „[…] weder inhaltliche Weisungen des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen noch […] sonst irgendeine Form der unmittelbaren Einflussnahme auf das Beratungshandeln“ gab. 9. Inwiefern betrachtet die Bundesregierung den Brief als Druckmittel gegen die UPD und inwiefern ist dies nach Ansicht der Bundesregierung mit der gesetzlich geforderten Nichteinmischung des GKV-Spitzenverbandes in die Tätigkeit der UPD unvereinbar? Die Bundesregierung betrachtet den Brief des GKV-Spitzenverbandes nicht in dieser Weise. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung und die Antworten zu den Fragen 5 bis 8 verwiesen. 10. Inwiefern kann die Bundesregierung vor diesem Hintergrund die im Vortext zitierte Interpretation des Präsidenten der Bundesärztekammer nachvollziehen , der GKV-Spitzenverband wolle sich mit der Vergabe an ein Wirtschaftsunternehmen ab 2016 einen unbequemen Kritiker vom Hals schaffen? Die Bundesregierung kommentiert die Aussage des Präsidenten der Bundesärztekammer nicht. 11. Inwiefern stimmt die Bundesregierung mit der in dem Brief dargestellten Kritik des GKV-Spitzenverbandes überein? Aufgabe der unabhängigen Patientenberatung ist neben der Beratung die Benennung und Beschreibung von Problemlagen aus dem Beratungsgeschehen. Eine konsentierte Definition, was eine Problemlage im Sinne des Gesetzes ist, besteht jedoch nicht. Vor diesem Hintergrund sind auch unterschiedliche methodische Ansätze zur Ermittlung und Darstellung von Problemlagen möglich. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 12. Inwiefern hält die Bundesregierung die von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland verfassten Jahresberichte „Monitor Patientenberatung“ für tendenziös und/oder methodisch unsauber? Die Bundesregierung teilt die in der Frage dargestellte Auffassung nicht. Sie weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Berichte als neues Instrument zum Aufzeigen von Problemlagen im Gesundheitswesen selbst einer kontinuierlichen Verbesserung unterliegen und bereits zu Verbesserungen in der Praxis geführt haben. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7997 13. Inwiefern erwartet die Bundesregierung, dass die künftigen Berichte der Sanvartis-Patientenberatung in Bezug auf die geäußerten Kritikpunkte des GKV-Spitzenverbandes anders ausfallen als die der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland? Die Bundesregierung erwartet, dass die künftigen Berichte weiterhin Problemlagen im Gesundheitswesen aufzeigen, die im konstruktiven Dialog mit den Betroffenen anschließend bearbeitet und soweit wie möglich abgestellt werden können . 14. Inwiefern ist es nach Ansicht der Bundesregierung zulässig, wünschenswert oder sogar erforderlich, dass die Patientenberatung in ihrer Beratungs- wie auch in ihrer Berichtstätigkeit ein anwaltliches Verhältnis zu den Ratsuchenden hat und bewusst ihre Perspektive gerade bei Konflikten mit Kostenträgern und/oder Leistungsträgern einnimmt? 15. Inwiefern stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass die Berichterstattung der UPD maßgeblich dazu beigetragen hat, das Problem der „Krankschreibungslücke “ beim Krankengeldbezug aufzudecken und zu identifizieren und dass dies letztlich zu einer Rechtsänderung geführt hat, die die Stellung der Versicherten in dieser Frage verbesserte? Die Fragen 14 und 15 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung hat immer wieder betont, dass die Patientenberatung in ihrer Beratungs- und Berichtstätigkeit Patientinnen und Patienten, Verbraucherinnen und Verbraucher und Versicherte bei Fragen zum Gesundheitswesen unterstützt . Ein anwaltliches Verhältnis im Sinne der Interessenvertretung ist nicht die gesetzliche Aufgabe der unabhängigen Verbraucher- und Patientenberatung nach § 65b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Problemlagenberichte der UPD haben in der Vergangenheit dazu beigetragen, nicht nur Problemlagen aufzuzeigen, sondern diese auch einer Lösung zuzuführen. Es ist zu erwarten, dass dies auch in Zukunft der Fall sein wird. 16. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass in der nunmehr von Sanvartis betriebenen Patientenberatung auch Beraterinnen und Berater tätig werden, die zuvor in einem Call Center des Unternehmens im Auftrag von Krankenkassen im so genannten Krankengeldmanagement tätig waren und dabei Versicherte in die Krankschreibungslücke getrieben haben? Der Bundesregierung liegen keine Informationen zum beruflichen Werdegang der Beraterinnen und Berater der UPD vor. Die Bundesregierung teilt jedoch ausdrücklich nicht die in der Fragestellung zum Ausdruck kommende Einschätzung, dass Krankenkassen in der Information und Beratung von Versicherten systematisch zu deren Nachteil agieren. Darüber hinaus lässt sich eine solche Einschätzung auch nicht aus der Tätigkeit der UPD ableiten. So wurden Ratsuchende von der UPD mit ihrem Anliegen am häufigsten an Krankenkassen verwiesen. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333