Deutscher Bundestag Drucksache 18/8408 18. Wahlperiode 11.05.2016 Antwort der Bundesregierung Kleine Anfrage der Abgeordneten Harald Ebner, Bärbel Höhn, Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Uwe Kekeritz, Steffi Lemke, Peter Meiwald, Markus Tressel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ‒ Drucksache 18/8168 ‒ Neuzulassung des Pflanzenvernichtungsmittels Glyphosat Vorbemerkung der Fragesteller: Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und auch die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) machen deutlich, dass sich weder die deutschen Küstengewässer noch die gesamten deutschen Meeresgebiete in einem guten ökologischen Zustand befinden. Die Nord- und Ostsee sind auch in ausgewiesenen Schutzgebieten von einer starken Nutzung betroffen. Beispielsweise werden in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) große Mengen Sand und Kies abgebaut; ebenfalls in seit dem Jahr 2004 nach europäischem Recht geschützten Natura- 2000-Gebieten. Das Schutzziel der Natura-2000-Gebiete besteht darin, einen „günstigen Erhaltungszustand“ geschützter Lebensraumtypen und Arten zu erreichen und langfristig zu sichern. Beim Abbau von Sand und Kies vom Meeresgrund werden mit Hilfe von Baggerschiffen große Mengen von Material an die Meeresoberfläche geholt und verschifft. Das hat fatale Auswirkungen auf die Lebensgrundlagen vieler Tierarten: Laichgründe werden vernichtet, der Lebensraum von auf und im Boden lebenden Arten (Benthos) wird zerstört und diese Arten dabei in der Regel mit entfernt. Diese nicht mehr lebensfähigen Organismen werden im Anschluss mit weiterem nicht benötigtem mineralischem Material zurück ins Meer gespült. Auch dadurch entsteht weiterer Schaden an der maritimen Flora und Fauna. Vorbemerkungen der Bundesregierung: Die Bundesregierung hatte zur Beantwortung der hier vorliegenden 73 Fragen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wegen des resultierenden intensiven Abstimmungsprozesses innerhalb der Bundesregierung um Fristverlängerung um drei Wochen gebeten. Dies wurde von Seiten der fragenden Fraktion abgelehnt und stattdessen eine Fristverlängerung von lediglich einer Woche gewährt. Aus diesem Grund kann die Beantwortung nicht zu allen Aspekten umfassend erfolgen. V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 2 VON 22 Soweit sich insbesondere die Frage 18 auf bestimmte Einzelpersonen beziehen, ist der Bundesregierung nach sorgfältiger Abwägung zwischen dem Informationsrecht der Abgeordneten und dem Schutz der Grundrechte der betroffenen Personen, insbesondere deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung, eine Antwort nicht möglich. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, dem sämtliche persönlichen oder personenbezogenen Daten unterfallen, hat als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Verfassungsrang (Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes – GG – i. V. m. Artikel 1 Absatz 1 GG, vgl. BVerfGE 65, 1 [41ff.]; 118, 168 [184]; 128, 1[43, 44]). Einschränkungen dieses Rechts sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig. Bei der Abwägung mit dem parlamentarischen Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages ist zu beachten, dass das Fragerecht als politisches Kontrollrecht auf Überprüfung des Verhaltens der Bundesregierung gerichtet ist. Soweit das Verhalten einzelner Personen Gegenstand parlamentarischer Kontrolle sein kann, kommt den personenbezogenen Daten im vorliegenden Zusammenhang keine gesteigerte Aussagekraft zu. Die Bundesregierung gibt in diesem Zusammenhang außerdem zu bedenken, dass bereits im laufenden EU-Verfahren zur Wiedergenehmigung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat insbesondere Vertreter des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), die für die gesundheitliche Risikobewertung gesetzlich zuständig sind, Morddrohungen erhalten haben. Auch aus Gründen der Fürsorgepflicht der Bundesregierung gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundesministerien oder Bundesoberbehörden teilt die Bundesregierung die begehrten personenbezogenen Daten daher nicht mit. Mögliche Zusammenarbeit von Behörden mit ausgewählten Kommunikations- und Beratungsunternehmen 1. Welche Aufträge (inkl. Beratungsaufträge, Strategieberatung und weitere honorierte Leistungen) haben das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und ggf. seine nachgeordneten Behörden wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in den letzten zehn Jahren an die Beratungs- und Kommunikationsunternehmen genius bzw. die übergeordnete ADVICE PARTNERS Group (früher PRGS), Fleishman-Hillard und Dr. Knoell Consult oder deren Mitarbeiter vergeben (bitte jeweils Auftraggeber, Auftragsvolumen, Auftragsdauer sowie Auftragsinhalte bzw. -ziele benennen)? Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat in den letzten zehn Jahren keine Aufträge an die genannten Unternehmen oder deren Mitarbeiter vergeben. Dies gilt gleichermaßen für das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 3 VON 22 Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat folgende Moderationsaufträge an die Firma genius GmbH vergeben: 1. Auftragsdatum: 30.10.2007, Inhalt des Auftrags: Moderation der gesamten Veranstaltung "Rechtfertigen gefühlte Risiken staatliches Handeln?" am 07.11.2007 (inklusive der Podiumsdiskussion) im Bundespresseamt, Auftragsvolumen: 3.094,00 Euro 2. Auftragsdatum:11.11.2008, Inhalt des Auftrags: Moderation des 6. BfR Forums "Nanotechnologie im Fokus des gesundheitlichen Verbraucherschutzes" am 10. und 11.11.2008 (ohne die Moderation der einführenden Podiumsveranstaltung am 10.11.2008), Auftragsvolumen 3.176,60 Euro 3. Auftragsdatum: 06.04.2010, Inhalt des Auftrags: Moderation (inkl. Vorbereitung) des 8. BfR Forums Verbraucherschutz "Wenn Substanzen wie Hormone wirken - mögliche gesundheitliche Risiken durch Endokrine Disruptoren" am 19.04.2010 von ca. 08:30 - 18:00 Uhr und am 20.04.2010 von ca. 08:30 - ca. 15.00 Uhr inkl. Reisekosten, Auftragsvolumen: 2.942,28 Euro 4. Auftragsdatum: 26.01.2012, Inhalt des Auftrags: Moderation des 2. BfR Talks auf der Internationalen Grünen Woche 2012 am 27.01.2012, Auftragsvolumen: 178,50 Euro. 5. Auftragsdatum 22.08.2012, Inhalt des Auftrags: Zweitägige interne Schulungsveranstaltung (Nachwuchswissenschaftlerforum) im Julius-Kühn-Institut am 03. und 04.12.2012, Auftragsvolumen 2.721.50 Euro. 2. Welche Aufträge (inkl. Beratungsaufträge, Strategieberatung und weitere honorierte Leistungen) haben das Bundesministerium für Bildung und Forschung und ggf. nachgeordnete Behörden in den letzten zehn Jahren an die Beratungs- und Kommunikationsunternehmen genius bzw. die übergeordnete ADVICE PARTNERS Group (früher PRGS), Fleishman-Hillard und Dr. Knoell Consult oder deren Mitarbeiter vergeben (bitte jeweils Auftraggeber, Auftragsvolumen, Auftragsdauer sowie Auftragsinhalte bzw. -ziele benennen)? In den vergangenen zehn Jahren hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sieben Aufträge an das Beratungs- und Kommunikationsunternehmen genius sowie zwei Aufträge an das Beratungs- und Kommunikationsunternehmen Fleishman-Hillard vergeben (Details s. Anlage). 3. Welche Informationen sind den genannten Ministerien und Behörden des Bundes bekannt hinsichtlich einer Vergabe von Aufträgen an die genannten Unternehmen bzw. Personen durch die Europäische Kommission und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit in den letzten fünf Jahren? V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 4 VON 22 Der Bundesregierung liegen zu einer Vergabe von Aufträgen an die genannten Unternehmen oder Personen durch die Europäische Kommission und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in den letzten fünf Jahren keine Erkenntnisse vor. Mögliche Zusammenarbeit von Behördenmitarbeitern mit anderen Organisationen 4. Inwieweit besteht aus Sicht der Bundesregierung Änderungsbedarf hinsichtlich der Regelungen für Erklärungen zu Interessenskonflikten, die BfR-Beschäftigte abgeben müssen, sowie hinsichtlich der Kontrolle und Sanktionierung bezüglich Verstößen gegen diese Regelungen? Aus Sicht der Bundesregierung besteht hinsichtlich der genannten Regelung, deren Kontrolle oder Sanktionierung kein Änderungsbedarf. 5. Welche Personen aus welchen Institutionen sind nach Kenntnis der Bunderegierung in welchen Funktionen an der bevorstehenden Glyphosat-Neubewertung des Joint FAO/WHO Meeting on Pesticide Residues (JMPR) vom 9.-13. Mai 2016 in Genf beteiligt? Die „Food and Agriculture Organization of the United Nations“ (FAO) und die „World Health Organization“ (WHO) haben zu dieser Sitzung eine "List of experts" im Internet veröffentlicht: http://www.who.int/foodsafety/areas_work/chemical-risks/JMPR_2016_ListOfExperts.pdf. 6. Sind Mitarbeiter des BfR an der JMPR-Neubewertung von Glyphosat beteiligt? Wenn ja, wer und in welcher Funktion? 7. Sind Mitarbeiter anderer deutscher Behörden an der JMPR-Neubewertung von Glyphosat beteiligt? Wenn ja, wer und in welcher Funktion? Die Fragen 6 und 7 werden im Zusammenhang beantwortet. Nach Kenntnis der Bundesregierung nehmen weder Mitarbeiter des BfR noch anderer deutscher Bundesoberbehörden an der Neubewertung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffes Glyphosat durch das „Joint FAO/WHO Meeting on Pesticides Residues“ (JMPR) teil. V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 5 VON 22 8. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung eine Liste der an der JMPR-Neubewertung beteiligten Personen öffentlich zugänglich, vergleichbar mit dem Vorgehen von IARC? Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. 9. Wer wird im Mai über die Annahme des neuen JMPR-Bewertungsberichts abstimmen? Sind dabei nach Kenntnis der Bundesregierung deutsche Staatsangehörige bzw. Mitarbeiter deutscher Behörden stimmberechtigt? Der Bewertungsbericht zu Glyphosat wird von den Experten erarbeitet, die an dem vom 9.-13. Mai 2016 in Genf stattfindenden JMPR teilnehmen. Bezüglich der Teilnehmer wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 10. Was ist der Bundesregierung sonst über die Verfasser und den Verlauf der JMPR- Neubewertung von Glyphosat bekannt? Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. 11. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung die Richtlinien für die Literaturauswahl vor dem Beginn der Glyphosat-Neubewertung überarbeitet – wie von der Expert Taskforce empfohlen? Wenn ja: Welche Änderungen wurden vorgenommen? Sind die Richtlinien öffentlich zugänglich? FAO/WHO haben im öffentlichen Aufruf zur Dateneinreichung Regierungen, interessierte Organisationen, Hersteller und Einzelpersonen aufgefordert, publizierte und nicht publizierte Daten vorzulegen. 12. Wie ordnet die Bundesregierung die gleichzeitige Tätigkeit von Dr. R. S. für das BfR (als Leiter der Abteilung Sicherheit von Pestiziden) und für das Joint FAO/WHO Meeting on Pesticides Residues JMPR (zuletzt als Leiter der JMPR Expert Taskforce on Glyphosate) ein? Mitarbeiter des BfR sind aufgrund des gesetzlichen Auftrages des BfR zu verschiedenen Ausschuss- und Komiteetätigkeiten weltweit – auch in Gremien der Vereinten Nationen – V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 6 VON 22 berufen. Dies spricht für die Expertise und internationale Wertschätzung der Wissenschaftler auf dem Gebiet der Risikobewertung. 13. Sieht die Bundesregierung in der Vermischung von Risikobewertung und Risikomanagement mögliche Interessenskonflikte (beispielsweise bewertet das BfR die Risiken von Glyphosat für die EU, beteiligt sich am JMPR-Bewertungsprozess und ist außerdem auf nationaler Ebene für die Zulassung der fertig formulierten, Glyphosat-basierten Pestizide zuständig)? Das BfR ist nicht für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zuständig. Dies ist gemäß § 33 des Pflanzenschutzgesetzes (PflSchG) die Aufgabe des BVL. Es besteht somit bei den Aufgaben des BfR keine Vermischung von Risikobewertung und Risikomanagement. 14. Trifft es laut Kenntnis der Bundesregierung zu, dass der BfR-Abteilungsleiter Dr. R. S. in der Vergangenheit mit der Lobbyorganisation ILSI-HESI zusammengearbeitet hat? Wenn ja, in welcher Funktion und in welchen Projekten war er tätig – und wurde diese Zusammenarbeit bis in die Gegenwart fortgesetzt? Erhielt er dafür eine begründete Genehmigung vom BfR? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat der genannte Vertreter des BfR einmalig an einem von „ILSI-Health and Environmental Science Institute“, Washington DC, (http://www.hesiglobal.org/i4a/pages/index.cfm?pageid=3644) organisierten Experten-Workshop zur Weiterentwicklung von Teststrategien der toxikologischen Bewertung, insbesondere im Hinblick auf die Kurzzeittoxizität teilgenommen und wurde deshalb in der Publikation des Workshop-Ergebnisses im Jahr 2006 als Co-Autor aufgeführt. Eine weitergehende Zusammenarbeit hat nicht stattgefunden. 15. Hat Dr. R. S. laut Kenntnis der Bundesregierung in den letzten fünf Jahren weitere Tätigkeiten für industrienahe Organisationen bzw. direkt für die entsprechenden Unternehmen ausgeübt? Der oben genannte Vertreter des BfR hat nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten fünf Jahren weder für industrienahe Organisationen noch direkt für die entsprechenden Unternehmen Tätigkeiten ausgeübt. V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 7 VON 22 16. Ist Dr. R. P., Mitarbeiter in der BfR-Abteilung von Dr. R.S. und Mit-Autor der letzten zwei Bewertungsberichte des JMPR zu Glyphosat und AMPA, laut Kenntnis der Bundesregierung auch in die Erstellung der laufenden Glyphosat-Neubewertung beim JMPR involviert? Nein. Auf die Antworten zu den Fragen 5 bis 7 wird verwiesen. 17. Ist der Bundesregierung von Dr. R. P. eine Zusammenarbeit mit industrienahen Organisationen oder mit den entsprechenden Unternehmen bekannt? Der genannte Vertreter des BfR hat nach Kenntnis der Bundesregierung weder für industrienahe Organisationen noch für die entsprechenden Unternehmen Tätigkeiten ausgeübt . 18. Waren diese Personen (Dr. R. S., Dr. R. P. und andere ggf. an der JMPR-Bewertung Beteiligte) nach Kenntnis der Bundesregierung auch in die Bewertung von Glyphosat im Rahmen der beantragten EU-Genehmigungserneuerung involviert? Auf die Antworten zu den Fragen 5 bis 7 sowie auf die Vorbemerkung der Bundesregierungwird verwiesen. Mögliche Zusammenarbeit zwischen Behörden und Antragstellern/Unternehmen 19. An welche von der Glyphosate Task Force beauftragte „Consultingfirma“ hat das BVL die verschiedenen Versionen des Glyphosat-Renewal Assessment Report (RAR) übergeben, insbesondere den „revidierten RAR“ am 2. Februar 2015 (vgl. Antwort von StS Peter Bleser vom 8. Februar 2016 auf schriftliche Frage Nr. 67 des Abg. Harald Ebner, Drucksache 18/7510)? Der Name der genannten Consulting-Firma ist eine vertrauliche Information, die dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis gemäß Artikel 63 Absatz 2 Buchstabe e der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 unterliegt. Sie wird somit vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft als „Verschlusssache, Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Kleine Anfragen unterliegen der Veröffentlichung als Bundestagsdrucksache. Aufgrund der kurzen Frist zur Beantwortung der Kleinen Anfrage war es der Bundesregierung nicht möglich, die V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 8 VON 22 Zustimmung der Mitgliedsfirmen der „Glyphosat Taskforce“ zur Veröffentlichung des Namens der betroffenen Consulting-Firma einzuholen.∗ 20. Wie wird bei einer derartigen Herausgabe des RAR an eine am eigentlichen Prozess nicht beteiligte privatwirtschaftliche Firma die Geheimhaltung der Dokumente sichergestellt? Ein Antragsteller kann in einem Genehmigungsverfahren für Pflanzenschutzmittelwirkstoffe ein Beratungsunternehmen hinzuziehen. Wenn der Antragsteller gegenüber der Behörde schriftlich erklärt, dass dieses Unternehmen befugt ist, in seinem Namen im Verfahren tätig zu werden (im Sinne einer Vollmacht), behandelt die Behörde dieses Beratungsunternehmen wie den Antragsteller selbst. Die Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen des Antragstellers ist zwischen diesem und dem Beratungsunternehmen zu regeln. 21. In welchen Fällen außer Glyphosat, in denen Deutschland EU-Berichterstatter im Rahmen eines Zulassungsverfahrens für einen Pestizidwirkstoff war, haben Bundesbehörden Bewertungsberichte in vorläufiger oder endgültiger Form an Antragsteller oder in deren Auftrag tätige Akteure weitergegeben, bevor diese der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden (bitte für die letzten 10 Jahre jeweils Pestizidwirkstoff, Antragsteller, Version des Berichts und Datum der Weitergabe benennen)? Die Bundesregierung erlaubt sich, erneut darauf hinzuweisen, dass Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln auf EU-Ebene durch ein rechtlich vorgeschriebenes Verfahren genehmigt werden, während die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten erfolgt. Deutschland hat in allen bisherigen Fällen als EU-Berichterstatter in der EU-Wirkstoffprüfung jeweils einen Rohentwurf des Bewertungsberichts, den ersten vollständigen Bewertungsbericht (bei Übergabe an die EFSA bzw. die Europäische Kommission), sowie ggfs. während des „peer-review-Verfahrens“ erstellte Ergänzungen oder überarbeitete Fassungen des Bewertungsberichts dem jeweiligen Antragsteller übersandt. ∗ * Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat die Antwort als „VS-Nur für den Dienstgebrauch eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort eingesehen werden. V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 9 VON 22 Darüber hinaus wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 67 auf Bundestagsdrucksache 18/7510 verwiesen. 22. Teilt die Bundesregierung die Argumentation der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA und der EU-Kommission, dass (im Rahmen von Zulassungsverfahren für Pestizidwirkstoffe wie Glyphosat) eine Herausgabe von Bewertungsberichten (RAR) an Dritte vor Abschluss der Bewertung der EFSA nicht erfolgen darf, um eine Störung oder Beeinflussung des Zulassungsverfahrens zu verhindern (vgl. http://www.asktheeu.org/en/request/draft_version_bfr_glyphosate_rep)? Ja. Es wird darauf hingewiesen, dass gemäß Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 eine Veröffentlichung von Entwürfen zum Zweck der Beteiligung der Öffentlichkeit am Bewertungsverfahren erfolgt. Auch im Falle von Glyphosat hat die Beteiligung der Öffentlichkeit durch die EFSA regulär stattgefunden. 23. Gehört es zu den Aufgaben des BVL, Pestizidhersteller oder deren Verbände initiativ strategisch zu beraten, um eine reibungslose Wiederzulassung ihrer Wirkstoffe zu erleichtern? Eine strategische Beratung der Antragsteller im EU-Genehmigungsverfahren für Pflanzenschutzmittelwirkstoffe durch das BVL findet nach Kenntnis der Bundesregierung nicht statt. Nach § 25 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) gehört es zu den gesetzlichen Aufgaben des BVL, Antragsteller in Hinsicht auf die technischen Abläufe des Verfahrens zu beraten. Gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1141/2010 kann der Antragsteller um ein Beratungsgespräch vor der Dossiereinreichung bitten. 24. Hält die Bundesregierung ein Selbstverständnis der Zulassungsbehörden als Dienstleister der Antrag stellenden Pestizidhersteller für angemessen (vgl. ARD-Sendung „Plusminus“ vom 30.03.2016) – und gehört es zu deren Aufgaben, die Zulassung von Pestizidwirkstoffen zu befördern? Sind das Bundesinstitut für Risikobewertung und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit nicht in erster Linie dem Verbraucherschutz verpflichtet? Die Aufgaben der genannten Behörden bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und der Genehmigung von Wirkstoffen ergeben sich neben dem EU-Pflanzenschutzrecht insbesondere aus dem Pflanzenschutz- sowie dem Verwaltungsverfahrensgesetz. V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 10 VON 22 Es wird darauf hingewiesen, dass Antragsteller einen Anspruch auf Genehmigung des Wirkstoffes oder auf Zulassung des betreffenden Pflanzenschutzmittels haben, soweit diese die Genehmigungs- bzw. Zulassungskriterien der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erfüllen. 25. Trifft es zu, dass die Mitgliedsunternehmen der Glyphosate Task Force der mehrmaligen Aufforderung des BfR, Risikobewertungsstudien zu den in glyphosathaltigen Formulierungen verwendeten Beistoffen vorzulegen, nicht gefolgt sind? Eine solche Aufforderung hat es im Rahmen des Verfahrens zur Erneuerung der Wirkstoffgenehmigung nach Auskunft des zuständigen BVL nicht gegeben. 26. Unterstützt die Bundesregierung die Aufforderung von EU-Kommissar Andriukaitis an die Glyphosate Task Force (GTF) zur Veröffentlichung der vorliegenden Herstellerstudien inklusive des zugrundeliegenden Datenmaterials zu Glyphosat (vgl. https://ec.europa.eu/commission/2014-2019/andriukaitis/announcements/my-letter-drrichard -p-garnett-chair-board-glyphosate-task-force-04-april-2016_en); und wenn nein, warum nicht? Die Anregung der EU-Kommission geht über die geltenden gesetzlichen Verpflichtungen der Antragsteller hinaus. Die Antragsteller entscheiden, inwieweit sie der Anregung entsprechen. 27. Unterstützt die Bundesregierung grundsätzlich eine vollständige Veröffentlichungspflicht für Herstellerstudien inklusive der zugrundeliegenden Daten bzw. die Zugänglichmachung an Dritte, sofern hierzu Lösungen gefunden werden, berechtigte Ansprüche auf Wahrung von Geschäftsgeheimnissen der Hersteller zu wahren? Wenn nein, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 26 wird verwiesen. 28. Wie beurteilt die Bundesregierung die von der Glyphosate Task Force angebotene Studien-Einsichtnahmemöglichkeit in Leseräumen? Ist bei einem derartigen Verfahren eine fundierte Überprüfung der Studien überhaupt möglich? Auf die Antwort zu Frage 26 wird verwiesen. 29. Teilt die Bundesregierung die Auffassungen der Glyphosate Task Force bzw. von Monsanto, „dass die Debatte zu Glyphosat und zu der gesetzlich vorgegebenen Vertraul- V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 11 VON 22 ichkeit von Daten von Antragstellern nicht dazu missbraucht werden darf, die gesamte Grundlage zur Bewertung von Pflanzenschutzmitteln in Frage zu stellen“ (http://www.presseportal.de/pm/112688/3295375) und „dass der Prozess in den kommenden Wochen fortgesetzt wird und dass eine Abstimmung der Mitgliedsstaaten zur Erneuerung der Wirkstoffgenehmigung in angemessener Zeit stattfinden wird, sodass Glyphosat auch nach dem Auslaufen der aktuellen Zulassung Ende Juni 2016 zur Verfügung stehen wird.“ (http://monsantoblog.eu/three-things-to-know-about-glyphosate-and-theeuropean -commission-standing-committee/#.VwZGTuLyg-U) Auf die Antwort zu Frage 26 wird verwiesen. Darüber hinaus weist die Bundesregierung darauf hin, dass sie im EU-Genehmigungsverfahren nicht die Kompetenz hat, festzulegen, ob der Wirkstoff Glyphosat nach einem Auslaufen der aktuellen Wirkstoffgenehmigung zum 30. Juni 2016 in der EU zur Verfügung stehen wird. Dies liegt grundsätzlich in der Entscheidungsbefugnis der EU-Kommission unter Anwendung der dafür vorgeschriebenen Komitologieverfahren. Einzelheiten der Glyphosat-Risikobewertung 30. Sind dem BfR neben den POE-Tallowaminen noch andere Netzmittel/Beistoffe bekannt, die selbst toxischer wirken als Glyphosat oder die Toxizität von Glyphosat erhöhen können? Wenn ja, wie verläuft die Diskussion zu diesem Thema auf EU-Ebene? Es gibt nach Einschätzung des BfR weitere Beistoffe, die z. B. bezogen auf ihre Reizwirkung stärker einzustufen sind als der Pflanzenschutzmittelwirkstoff Glyphosat. Solche Effekte werden im Rahmen der Risikobewertung für die Zulassung der Pflanzenschutzmittel berücksichtigt . Aktuell erarbeitet eine von der EU-Kommission auf Betreiben Deutschlands eingesetzte Arbeitsgruppe von Experten einen Entwurf für den diesbezüglichen Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, an der auch das BfR beteiligt ist. Das Ergebnis der Arbeitsgruppe wird anschließend im zuständigen Ausschuss der EU erörtert werden. Zu einzelnen Stoffen liegen zurzeit noch keine Ergebnisse der Arbeitsgruppe vor. 31. Welche Studien zu den Auswirkungen von Glyphosat auf Spermien wurden konkret bei der Bewertung von Glyphosat berücksichtigt? (bitte auflisten mit Autor(en), Titel, Hauptergebnissen und BfR-Bewertung der einzelnen Studien) V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 12 VON 22 Wie wurden diese Studien berücksichtigt und mit welchem Ergebnis im Hinblick auf die Gesamtbewertung? Die Bewertung des BfR, einschließlich der Ergebnisse der Beteiligung der zuständigen Behörden der anderen Mitgliedsstaaten, sind auf der Internetseite der EFSA im „Register of Questions“ (http://registerofquestions.efsa.europa.eu/roqFrontend/login?0) veröffentlicht. Sie können dort wie folgt gefunden werden: Unter dem Reiter "Output" ist der "Title" "Glyphosate" einzutragen. In der Ergebnisleiste ist die "Output Number" ON-4302 auszuwählen. Unter der Rubrik "Documents" können dann die "public version" des "Renewal Assessment Reports (RAR) zu Glyphosat" (4302add_public.pdf) und der "Peer Review Report zu Glyphosat" (4302prr_public.pdf) heruntergeladen werden, die auch eine Aufzählung der berücksichtigten Literatur enthalten. 32. Wie genau lässt sich in Band 6 des RAR (Toxikologie) zwischen von den Antragstellern, d.h. aus dem Dossier übernommenem Text und vom BfR verfassten Text unterscheiden? Sind tatsächlich im gesamten Toxikologie-Teil ausschließlich die kursiv gedruckten Textteile vom BfR verfasst? Das BfR hat im Volume 3, B.6 des RAR – für die toxikologischen Originalstudien – aus Gründen der Transparenz die detaillierten Studienbeschreibungen und die Kommentierungen der Antragsteller mitgeteilt und diese nach Prüfung bewertet (in kursiver Schrift). So kann für jede einzelne Studie nachvollzogen werden, ob das BfR und die Antragsteller zu gleichen oder unterschiedlichen Prüfergebnissen gekommen sind. Die Studienbeschreibungen der Antragsteller wurden dabei gemäß den Vorgaben zur Berichterstattung in der EU gekürzt und Fehler korrigiert. Das BfR hat sämtliche Studien eigenständig bewertet. Darüber hinaus wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage Nr. 43 in der Bundestagsdrucksache 18/5455 verwiesen. 33. Stammt die Einschätzung epidemiologischer Studien im RAR als „not reliable“ von BfR- Mitarbeitern oder wurde sie von der Glyphosate Task Force übernommen? Die Einschätzung zu den einzelnen Studien entspricht dem Ergebnis der fachlichen Prüfung des BfR und wurde im Rahmen der Beteiligung der zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten bestätigt. V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 13 VON 22 34. Wie ist es zu erklären, dass diese Einschätzung mit dem Fehlen wichtiger Zusatzinformationen wie Rauchverhalten, Exposition und Vorerkrankungen begründet wird, obwohl genau diese Zusatzinformationen durchaus erhoben wurden und Teil der Studien sind? Nach Mitteilungen des BfR wurden in den in Rede stehenden epidemiologischen Studien Informationen zu Lebensstilfaktoren, Vorerkrankungen oder Exposition zwar abgefragt, aber in den Publikationen nicht ausreichend berichtet, um die gemachte Aussage zu stützen. Die Bundesregierung vertraut auf die wissenschaftliche Bewertung der vorgelegten Studien durch das BfR und verweist auf die Bestätigung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sowie die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten. 35. Gibt es Hinweise, dass die Aufnahme von Glyphosat bzw. glyphosathaltigen Formulierungen über die Lunge in höherem Maße erfolgt oder größere Gefahren birgt als die orale oder dermale Aufnahme? Ausgehend vom derzeitigen Stand von Wissenschaft und Technik gibt es nach Auskunft des BfR keine diesbezüglichen Hinweise. Basierend auf Expositionsmessungen und den daraus entwickelten Expositionsmodellen ist die dermale Exposition in der Regel signifikant höher als die inhalative Exposition gegenüber dem Wirkstoff. 36. Liegen dem BfR ausreichende Erkenntnisse zur Inhalationstoxizität von Glyphosat vor? Wenn ja: wie wurden diese Erkenntnisse in die Risikobewertung aufgenommen? Wenn nein: wie soll die Datenlücke gefüllt werden? Ist ein entsprechender verpflichtender Hinweis auf glyphosathaltigen Produkten erforderlich, um Anwender auf das unbekannte Risiko hinzuweisen? Falls ja: Wie sollen Bystander und Anwohner entsprechend gewarnt werden? Die Inhalationstoxizität von Glyphosat und die Risikobewertung für Nebenstehende und Anwohner wurden gemäß den aktuellen wissenschaftlichen Bewertungskonzepten unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgegebenen Datenanforderungen geprüft (aktueller Stand von Wissenschaft und Technik). Die Ergebnisse hierzu sowie die Notwendigkeit von Risikominderungsmaßnahmen für Nebenstehende und Anwohner können unter der in der Antwort V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 14 VON 22 zu Frage 31 angegebenen Verknüpfung eingesehen werden. Eine besondere Warnung von Nebenstehenden oder Anwohnern ist danach nicht notwendig. 37. Sind die Pestizidhersteller verpflichtet, im Rahmen des Dossiers/Zulassungsantrags alle durchgeführten Risikobewertungsstudien an die Behörden weiterzureichen? Die Verordnung (EU) Nr. 283/2013, die die Datenanforderungen für die Wirkstoffgenehmigung festlegt, sieht vor, dass "die Informationen … einen vollständigen und objektiven Bericht über die durchgeführten Versuche und Studien sowie deren vollständige Beschreibung umfassen [müssen]". Dieselbe Vorschrift gilt gemäß Verordnung (EU) Nr. 284/2013 hinsichtlich der Datenanforderungen im Rahmen der Pflanzenschutzmittelzulassung. Die Pflicht des Zulassungsinhabers, Angaben über potenziell schädliche oder unannehmbare Auswirkungen eines zugelassenen Pflanzenschutzmittels der zuständigen Behörde unverzüglich zur Verfügung zu stellen, ist im Artikel 56 der Verordnung (EU) Nr. 1107/2009 geregelt. 38. Wenn ja: Gibt es eine Kontrollmöglichkeit, etwa über eine Registrierungspflicht vor der Durchführung von Studien? Auf welche Weise wird sonst sichergestellt, dass keine Studien zurückgehalten werden, die der Zulassung entgegenstehen könnten? Eine entsprechende Registrierungspflicht besteht nicht. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 37 verwiesen. Die Bewertungsbehörden sind verpflichtet, neben den vom Antragsteller einzureichenden Studien auch andere Erkenntnisse bei der Risikobewertung oder für die Zulassungsbehörde bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen. 39. Falls es noch keine Registrierungspflicht gibt: Unterstützt die Bundesregierung eine solche allgemeine Registrierungspflicht für Zulassungsstudien? Aus regulatorischer Sicht sieht die Bundesregierung keinen Bedarf für eine solche Pflicht. 40. Gibt es Hinweise, dass von den Antragstellern durchgeführte Studien in Einzelfällen tatsächlich nicht oder erst nach ausdrücklicher Aufforderung eingereicht wurden? V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 15 VON 22 Soweit Dossiers oder Unterlagen der Antragsteller Lücken aufweisen, fordern die Zulassungsbehörden gemäß den rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechende ergänzende Studien nach. 41. Welche von den Antragstellern beauftragten Studien zur Gentoxizität von Glyphosat bzw. Glyphosat-basierten Formulierungen haben Hinweise auf eine mögliche Gentoxizität erbracht ? (bitte auflisten mit Auftraggeber, durchführendem Labor, verwendeter Methode /OECD guideline, verwendeter Zelllinie, geprüften Dosierungen, geprüfter Substanz /Formulierung, Ergebnissen und BfR-Bewertung.) Aufgrund der kurzen Frist zur Beantwortung der Kleinen Anfrage kann hinsichtlich der Genotoxizitätsstudien ausschließlich auf den veröffentlichten Bewertungsbericht verwiesen werden (Volume 3, Sektion B6, Kapitel 6.4 ff.; Fundstelle siehe Antwort zu Frage 31). 42. Welche von den Antragstellern beauftragten Studien zur Gentoxizität von Glyphosat bzw. Glyphosat-basierten Formulierungen haben keine Hinweise auf eine mögliche Gentoxizität erbracht? (bitte auflisten mit Auftraggeber, durchführendem Labor, verwendeter Methode/OECD guideline, verwendeter Zelllinie, geprüften Dosierungen, geprüfter Substanz/Formulierung, Ergebnissen und BfR-Bewertung.) 43. Welche dieser Zulassungsstudien wurden publiziert bzw. die Daten vollständig öffentlich zugänglich gemacht? 44. Welche industrie-unabhängig finanzierten und durchgeführten, publizierten Studien zur Gentoxizität von Glyphosat bzw. Glyphosat-basierten Formulierungen haben Hinweise auf eine mögliche Gentoxizität erbracht? (bitte auflisten mit Autor(en), verwendeter Zelllinie, geprüften Dosierungen, geprüfter Substanz/Formulierung, Ergebnissen und BfR-Bewertung.) 45. Wie erklärt sich aus diesen Ergebnissen die BfR-Einschätzung „nicht gentoxisch“? Die Fragen 42 bis 45 werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Antwort zur Frage 41 verweisen. 46. Wie steht die Bundesregierung zur Empfehlung von BfR und EFSA, den Wert für die erlaubte Tagesdosis von Glyphosat (ADI-Wert) im Rahmen einer Glyphosat-Neuzulassung um zwei Drittel zu erhöhen? Der vorgeschlagene „Acceptable Daily Intake“ (ADI)-Wert ist das Ergebnis der unabhängigen wissenschaftlichen Bewertung aller verfügbaren Daten und Informationen. Die Ableitung V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 16 VON 22 folgt den international anerkannten Verfahren und ist transparent dargestellt. Der Vorschlag war auch Gegenstand des von der EFSA durchgeführten öffentlichen Beteiligungsverfahrens. 47. Ist diese Erhöhung des ADI-Werts Teil des Glyphosat-Neuzulassungsvorschlags der EU- Kommission? 48. Wenn das nicht der Fall ist: in welchem Verfahren wird der ADI-Wert für Glyphosat festgelegt? Die Fragen 47 und 48 werden im Zusammenhang beantwortet. Finalisierte ADI-Werte und andere toxikologische Referenzwerte werden grundsätzlich in den Beurteilungsberichten der Europäischen-Kommission ("Review Reports") im Rahmen der Wirkstoffgenehmigung festgelegt. 49. Welche Zuständigkeit hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) im Rahmen der Glyphosat-Bewertung (s. Antwort auf die Kleine Anfrage 18/7960, Frage 7)? Die bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) angesiedelte Bundesstelle für Chemikalien ist in Deutschland die federführend zuständige Behörde für die Koordinierung des Verfahrens zur harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung (CLH- Verfahren) auch von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen. Die BAuA ist bei der Bewertung von CLH-Vorschlägen von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen mit der Zuständigkeit „Gesundheitsgefahren für den Menschen“ betraut. 50. Mit welchen Positionen hat sich die BAuA bisher in die Debatte eingebracht? Sowohl die BAuA als auch das BfR und das Umweltbundesamt (UBA) kommen in dem Dossier, das zur Änderung der Einstufung bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) vorgelegt wurde, zu dem Schluss, dass eine Einstufung als kanzerogen für den Pflanzenschutzmittelwirkstoff Glyphosat nicht notwendig ist. Das Dossier wird in Kürze auf der Internetseite der ECHA veröffentlicht werden. Darüber hinaus wird auf die Antworten zu den Fragen 7 und 8 der Kleinen Anfrage in der Bundestagsdrucksache 18/7960 verwiesen. Weiteres Glyphosat-Zulassungsverfahren V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 17 VON 22 51. Wann rechnet die Bundesregierung mit der Vorlage eines Verordnungsvorschlages der EU-Kommission und wird die Bundesregierung diesen Vorschlag unverzüglich nach Erhalt an den zuständigen Bundestagsausschuss (AfEL) weiterleiten? Die Bundesregierung erwartet, dass die EU-Kommission einen überarbeiteten Verordnungsvorschlag zur Wiedergenehmigung von Glyphosat im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel am 18. und 19. Mai 2016 zur Abstimmung vorlegen wird. Der zuständige Bundestagsausschuss wird schnellstmöglich informiert werden. 52. Wie sieht die Position der Bundesregierung bzw. die Position des BMEL zu der Option aus, die Genehmigung von Glyphosat vorläufig erneut und ggf. unter Auflagen stark befristet zu verlängern statt zu erneuern – u.a. um die ECHA-Empfehlung abzuwarten? Aufgrund der Einschätzung der zuständigen Behörden und der Einschätzung der EFSA zur Kanzerogenität des Wirkstoffes bedarf es keiner stark eingeschränkten oder befristeten Verlängerung um die ECHA-Empfehlung abzuwarten. Darüber hinaus wird auf die Antworten zu den Fragen 8 und 9 der Kleinen Anfrage in der Bundestagsdrucksache 18/7960 verwiesen. 53. Wie müsste eine zeitlich begrenzte Zulassung unter strengen Auflagen konkret aussehen, um die Zustimmung der Bundesregierung zu finden? 54. Wie stehen die anderen Mitgliedsstaaten nach Kenntnis der Bundesregierung zu diesem Vorschlag? 55. Hat die Europäische Kommission gegenüber diesem Vorschlag in der Zwischenzeit eine größere Offenheit entwickelt? Die Fragen 53 bis 55 werden gemeinsam Beantwortet. Es wird auf die Antwort zu Frage 52 verwiesen. 56. Welche Bedeutung hat die vom Europaparlament beschlossene Resolution gegen die Glyphosat-Neuzulassung aus Sicht der Bundesregierung? Der Bundesregierung ist keine Resolution des Europarlaments gegen die Wiedergenehmigung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffes Glyphosat bekannt. 57. Wie erklärt die Bundesregierung die Diskrepanz zwischen ihrer Aussage, im zuständigen EU-Ausschuss habe am 7. März 2016 keine Probeabstimmung zur Frage der Glyphosat- Neuzulassung stattgefunden (vgl. Antwort auf Kleine Anfrage mit der V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 18 VON 22 Drucksachennummer 18/790) und Medienberichten über eine solche Probeabstimmung (vgl. etwa http://www.topagrar.com/news/Home-top-News-Entscheidung-ueber- Glyphosat-wird-wohl-verschoben-2833364.html)? Sind diese Berichte falsch? 58. Falls es sich nicht um eine formale Probeabstimmung gehandelt haben sollte: welche Mitgliedsstaaten haben in der betreffenden Ausschusssitzung am 7. und 8. März welche Position zum Kommissionsvorschlag zur Glyphosat-Neuzulassung vertreten und welches Abstimmungsverhalten haben sie dazu in Aussicht gestellt? Die Fragen 57 und 58 werden im Zusammenhang beantwortet, indem auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 4, 5 und 6 der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/790 verwiesen wird. 59. Was wäre die konkrete Folge für Verkauf und Anwendung von Glyphosat-haltigen Pestiziden, wenn bis zum Auslaufen der derzeitigen befristeten Zulassungsverlängerung am 30. Juni 2016 keine Einigung erzielt und keine Entscheidung getroffen würde? Soweit eine Wirkstoffgenehmigung nicht erneuert wird und die Gründe hier nicht den Schutz der Gesundheit oder der Umwelt betreffen, sähe eine Verordnung zur Nichtgenehmigung einen Übergangszeitraum von höchstens sechs Monaten für den Verkauf und den Vertrieb und zusätzlich höchstens einem Jahr für die Entsorgung, die Lagerung bereits vorhandener und den Verbrauch der Lagerbestände des betreffenden Pflanzenschutzmittels vor. Beim Übergangszeitraum für den Verkauf und Vertrieb wird die normale Verwendungszeit des Pflanzenschutzmittels berücksichtigt, der gesamte Übergangszeitraum beträgt allerdings höchstens 18 Monate. Bei Nichterneuerung der Genehmigung aus dringender Sorge um die Gesundheit von Mensch oder Tier oder um die Umwelt würden die betreffenden Pflanzenschutzmittel unverzüglich vom Markt genommen. 60. Trifft es zu, dass am 12. April im Bundesinstitut für Risikobewertung ein Treffen von Mitarbeitern des Instituts mit Mitarbeitern der Europäischen Kommission sowie Behördenmitarbeitern aus anderen EU-Mitgliedsstaaten zu hormonell wirksamen Stoffen (endokrinen Disruptoren) mit besonderer Beachtung des Pestizid-Wirkstoffs Glyphosat stattfand; und wenn ja, was war das Ziel des Treffens? V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 19 VON 22 Es trifft nicht zu, dass bei der genannten wissenschaftlichen Veranstaltung des BfR zu endokrinen Disruptoren der Pflanzenschutzmittelwirkstoff Glyphosat besondere Beachtung fand. Zweck und Gegenstand der Erörterungen hat das BfR im Internet zusammenfassend veröffentlicht: http://www.bfr.bund.de/de/presseinformation/2016/13/durchbruch_in_der_wissenschaftlichen _diskussion_ueber_endokrine_disruptoren_erzielt-197251.html 61. Waren an dem genannten Treffen am 12. April auch Vertreter von Pestizidherstellern beteiligt? An der Veranstaltung nahmen nach Kenntnis der Bundesregierung keine Vertreter von Herstellern von Pflanzenschutzmitteln oder Bioziden teil. Mögliche Zusammenarbeit mit der ECHA 62. Wie sieht nach Kenntnis der Bundesregierung voraussichtlich der weitere Ablauf der Bewertung von Glyphosat durch das Risk Assessment Committee (RAC) bei der European Chemicals Agency (ECHA)? 63. Wann ist mit dem Beginn der öffentlichen Konsultation zum Glyphosat-Dossier zu rechnen? 64. Wann sind der Abschluss der Bewertung und die Weiterleitung einer Klassifizierungsempfehlung an die Europäische Kommission zu erwarten? Die Fragen 62 bis 64 werden im Zusammenhang beantwortet. Nach Kenntnis der Bundesregierung wird das für die Legal-Einstufung gemäß Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen notwendige Dossier , das die zuständigen Behörden am 17. März 2016 bei der ECHA eingereicht haben, voraussichtlich im Mai 2016 durch die ECHA veröffentlicht. Nach einem Zeitraum von 45 Tagen zur Konsultation beginnt dann der Bewertungsprozess durch das zuständige Komitee für Risikobewertung (RAC). Zurzeit rechnet die EU-Kommission frühestens in der zweiten Hälfte des Jahres 2017 mit einem verwertbaren Bewertungsergebnis. Weitere Informationen können im Internet abgerufen werden: http://echa.europa.eu/documents/10162/13607/procedure_dossier_evaluation_en.pdf V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 20 VON 22 65. Werden voraussichtlich deutsche Mitglieder in die Bewertung involviert sein? Ist bereits absehbar, welche? Die Liste der Mitglieder des RAC sind auf der Website der ECHA veröffentlicht: http://echa.europa.eu/about-us/who-we-are/committee-for-risk-assessment/members-of-therac / Mögliche Zusammenarbeit mit Behörden in Nordamerika 66. Was ist der Bundesregierung über die laufenden Neubewertung/Überprüfung von Glyphosat in den USA bekannt? Der Bundesregierung ist bekannt, dass in den USA zurzeit eine Bewertung des Wirkstoffes stattfindet. 67. Was ist der Bundesregierung über die laufenden Neubewertung/Überprüfung von Glyphosat in Kanada bekannt? Nach Kenntnissen der Bundessregierung ist die öffentliche Konsultation für das genannte Verfahren zur weiteren Registrierung abgeschlossen. Dies lässt sich einer Mitteilung von „Health Canada“ vom 17. Juni 2015 entnehmen: http://www.hc-sc.gc.ca/cps-spc/pest/part/consultations/_prvd2015-01/prvd2015-01-eng.php 68. Was ist der Bundesregierung über die laufende Überprüfung des Komibpräparats 2,4- D/Glyphosat (in Deutschland unter dem Markennamen Kyleo erhältlich, in den USA unter dem Namen Enlist Duo) durch die EPA in den USA bekannt? Der Bundesregierung liegen keine über die in ihrer Antwort zu Frage 73auf Bundestagsdrucksache 18/6997 dargelegten Erkenntnisse hinausgehenden Informationen vor. 69. Gibt es Hinweise auf eine größere Toxizität der Kombination der Wirkstoffe Glyphosat und 2,4-D in den genannten Formulierungen, also auf eine synergistische Wirkung der beiden Wirkstoffe? Wenn ja, bitte Details bzgl. der entsprechenden Studien bzw. Erkenntnisse angeben. V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 21 VON 22 Wenn nein: Wurde eine solche synergistische Wirkung bereits überprüft und wenn ja, wie? Im Rahmen der Risikobewertung des Pflanzenschutzmittels mit den beiden genannten Wirkstoffen für die Zulassung in Deutschland wurde von einer möglichen additiven Wirkung beider Wirkstoffe ausgegangen. Dies wurde bei der Festsetzung von Maßnahmen zur Risikominderung berücksichtigt. Es liegen keine Hinweise auf überadditive oder weitere synergistische Wirkungen von 2,4-D und Glyphosat hinsichtlich der Toxizität vor. Gefahrenpotenzial von Glyphosat und anderen Stoffen und dessen Wahrnehmung in der Öffentlichkeit 70. Nimmt die Bundesregierung aktuelle Funde von Glyphosat in Hygieneprodukten aus Baumwolle (vgl. http://bit.ly/1SiD0nx und http://bit.ly/1SEfXny) zum Anlass, sich für einen Grenzwert auf EU-Ebene bei Hygiene- und Kosmetikprodukten einzusetzen und Langzeituntersuchungen zu Risiken des Wirkstoffs bei Aufnahme von Glyphosat über die Haut bzw. Schleimhaut zu initiieren? Wenn nein, warum nicht? Auf Ebene der Europäischen Union sind keine Rückstandshöchstgehalte (RHG) für Glyphosat in Hygiene- und Kosmetikartikel festgelegt und nach Wissen der Bundesregierung ist auch seitens der Europäischen Kommission keine Festlegung von RHG für Glyphosat in derartigen Artikeln vorgesehen. Aufgrund der vorhandenen Datenlage lässt sich aus Sicht der Bundesregierung derzeit kein Handlungsbedarf ableiten. Ausgehend vom aktuellen Kenntnisstand ist bei Baumwollprodukten für den Hygiene- und Kosmetikbedarf im Hinblick auf Glyphosat ein gesundheitliches Risiko unwahrscheinlich. Dies gilt auch unter der Worst-case-Annahme einer vollständigen Aufnahme der möglichen Rückstände in Baumwolle über die Schleimhaut. Vor diesem Hintergrund hält die Bundesregierung weitere Langzeituntersuchungen auch aus Gründen des Tierschutzes für nicht erforderlich. 71. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass es seit über 40 Jahren keinen einzigen ernst zu nehmenden Hinweis auf schädliche Nebenwirkungen für den Menschen durch Glyphosat gibt? V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt. SEITE 22 VON 22 Der Bunderegierung liegen keine Hinweise auf schädliche Wirkungen bei Menschen vor, soweit in Deutschland zugelassene Glyphosat-haltige Pflanzenschutzmittel hier sachgerecht und bestimmungsgemäß angewendet worden sind. Es sind jedoch Berichte über Augenreizungen und inhalative Symptome bei Fehlanwendungen sowie über akute Vergiftungen nach oraler Aufnahme in suizidaler Absicht oder in Folge einer Verwechselung dokumentiert. 72. Wie kann nach Auffassung der Bundesregierung ein Urintest zeigen, „dass Glyphosat unverändert durch den Körper geht“, wenn die Glyphosat-Aufnahmemenge gar nicht erhoben wurde (vgl. Interview mit dem BfR-Präsidenten Prof. Andreas Hensel im Spiegel 11/2016)? Die Aufnahmemenge ist für diese Fragestellung nicht entscheidend, sondern die Verteilung im Körper und die Ausscheidung des Wirkstoffs. Erfahrungen beim Menschen lassen erwarten, dass Glyphosat vollständig ausgeschieden wird. 73. Ist die Aussage des österreichischen Obmanns der Industriegruppe Pflanzenschutz beim Fachverband der Chemischen Industrie Christian Stockmar, Glyphosat werde ohne Verstoffwechselung mit dem Urin wieder ausgeschieden (vgl. http://derstandard.at/2000034103980/Wiederzulassung-von-Glyphosat-Krebsrisiko-mit- Wurst-ist-hoeher), biochemisch nachvollziehbar und korrekt? Nach Prüfung durch das BfR wird bestätigt, dass diese Aussage auf den aus dem Darm resorbierten Anteil des Wirkstoffs zutrifft. V orabfassung - w ird durch die lektorierte Fassung ersetzt.