Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 23. Mai 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/8547 18. Wahlperiode 25.05.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/8263 – Ergänzte Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts für die Türkei V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Auswärtige Amt hat seine Reise- und Sicherheitshinweise zur Türkei am 11. April 2016 unter dem Punkt „Besondere strafrechtliche Vorschriften“ um den Passus ergänzt: „Es wird dringend davon abgeraten, in der Öffentlichkeit politische Äußerungen gegen den türkischen Staat zu machen bzw. Sympathie mit terroristischen Organisationen zu bekunden“ (www.auswaertiges-amt.de/ DE/Laenderinformationen/00-SiHi/TuerkeiSicherheit.html). Die Türkei ist Beitrittskandidatin zur Europäischen Union. Sowohl auf EU- Ebene als auch von einigen EU-Mitgliedstaaten gibt es immer wieder Überlegung und Bestrebungen, die Türkei für externe Flüchtlinge zum sogenannten sicheren Drittstaat und in Bezug auf Schutzsuchende aus der Türkei selbst zum sicheren Herkunftsstaat zu erklären (http://bundesdeutsche-zeitung.de/headlines/ world-headlines/martin-schulz-ohne-tuerkei-abkommen-haetten-wir-idomeni-imgrossformat -962019; www.europeonline-magazine.eu/altmaier-tuerkei-ist-fuerfluechtlinge -sicherer-drittstaat_448080.html). 1. Welche Ereignisse und Überlegungen im Einzelnen haben die Bundesregierung dazu veranlasst, die Reise- und Sicherheitshinweise zur Türkei um den Passus: „Es wird dringend davon abgeraten, in der Öffentlichkeit politische Äußerungen gegen den türkischen Staat zu machen bzw. Sympathie mit terroristischen Organisationen zu bekunden“, zu ergänzen? Die entsprechende Formulierung findet sich in den Reise- und Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amts bereits seit Anfang 2007. Zweck der Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts ist es, deutsche Reisende auf potenzielle Risiken hinzuweisen. Absicht des in Frage stehenden Hinweises ist es, darauf aufmerksam zu machen, dass in der Türkei gegen den türkischen Staat gerichtete Meinungsäußerungen oder Äußerungen, die so aufgefasst werden können, strafrechtliche Konsequenzen haben können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8547 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Welche konkreten strafrechtlichen Vorschriften in der Türkei verbieten oder reglementieren nach Kenntnis der Bundesregierung „in der Öffentlichkeit politische Äußerungen gegen den türkischen Staat“, und welche möglichen Strafen oder sonstigen Restriktionen drohen gegebenenfalls bei Verstößen dagegen? In der Türkei kann für die „Herabsetzung der türkischen Nation“ nach Artikel 301 des türkischen Strafgesetzbuches eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren verhängt werden. a) Was genau versteht die Bundesregierung unter „in der Öffentlichkeit [bekundeten ] politischen Äußerungen gegen den türkischen Staat“? b) Wie definiert die Bundesregierung in diesem Zusammenhang konkret den Begriff der Öffentlichkeit? Die Fragen 2a und 2b werden gemeinsam beantwortet. Für die Auslegung und Anwendung türkischen Rechts sind die türkischen Behörden und die türkische Justiz zuständig. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. c) Inwieweit bezieht sich diese Warnung auch auf in der Türkei tätige deutsche Medienvertreterinnen und Medienvertreter, zu deren beruflichem Aufgabenbereich die öffentliche Kommentierung der türkischen Politik gehört? d) Inwieweit bezieht sich diese Warnung auch auf in der Türkei tätige Vertreterinnen und Vertreter deutscher politischer Stiftungen, zu deren beruflichem Aufgabenbereich die Analyse und Kommentierung der türkischen Politik gehört? Die Fragen 2c und 2d werden gemeinsam beantwortet. Der Hinweis versteht sich nicht als Handlungsempfehlung für bestimmte Berufsgruppen . Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. e) Mit welchen möglichen Reaktionen von staatlicher oder gesellschaftlicher Seite müssen türkische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger nach Kenntnis der Bundesregierung rechnen, wenn sie „in der Öffentlichkeit politische Äußerungen gegen den türkischen Staat“ bekunden? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. f) Mit welchen möglichen Reaktionen von staatlicher oder gesellschaftlicher Seite müssen Ausländerinnen und Ausländer nach Kenntnis der Bundesregierung rechnen, wenn sie „in der Öffentlichkeit politische Äußerungen gegen den türkischen Staat“ bekunden? Zu den Reaktionen von staatlicher Seite wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen . Zu möglichen negativen Reaktionen von gesellschaftlicher Seite kann die Bundesregierung keine generalisierenden Angaben machen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8547 3. Welche konkreten strafrechtlichen Vorschriften in der Türkei verbieten oder reglementieren nach Kenntnis der Bundesregierung das Bekunden von „Sympathie mit terroristischen Organisationen“, und welche möglichen Strafen oder sonstigen Restriktionen drohen gegebenenfalls bei Verstößen dagegen? In der Türkei kann für die Unterstützung des Terrorismus eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren verhängt werden. a) Mit welchen möglichen Reaktionen von staatlicher oder gesellschaftlicher Seite müssen türkische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger nach Kenntnis der Bundesregierung rechnen, wenn sie in der Öffentlichkeit „Sympathie mit terroristischen Organisationen“ bekunden? b) Mit welchen möglichen Reaktionen von staatlicher oder gesellschaftlicher Seite müssen Ausländerinnen und Ausländer nach Kenntnis der Bundesregierung rechnen, wenn sie in der Öffentlichkeit „Sympathie mit terroristischen Organisationen“ bekunden? Die Fragen 3a und 3b werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Zu Reaktionen von gesellschaftlicher Seite kann die Bundesregierung keine generalisierenden Angaben machen. c) Wie viele türkische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger wurden nach Kenntnis der Bundesregierung innerhalb der letzten fünf Jahre in der Türkei wegen in der Öffentlichkeit bekundeter „Sympathie mit terroristischen Organisationen“ in welcher Form rechtlich belangt? Der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren Zahlen vor. Aufgrund der aktuellen innenpolitischen Entwicklung geht sie jedoch davon aus, dass es Festnahmen , Anklagen und Urteile wegen Terrorismusverdacht in relevanter Größenordnung gab. d) Wie viele Ausländerinnen und Ausländer wurden nach Kenntnis der Bundesregierung innerhalb der letzten fünf Jahre in der Türkei wegen in der Öffentlichkeit bekundeter „Sympathie mit terroristischen Organisationen “ in welcher Form rechtlich belangt (bitte angeben, wie viele davon deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger waren)? Der Bundesregierung sind zwei Fälle von deutschen Staatsangehörigen aus den letzten fünf Jahren bekannt. e) Welche Organisationen gelten in der Türkei im Einzelnen nach Kenntnis der Bundesregierung als terroristisch (bitte namentlich aufzählen)? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis einer abschließenden Liste von Organisationen , die die Türkei als terroristisch einordnet. Sie geht jedoch davon aus, dass zumindest folgende Organisationen in der Türkei als terroristisch eingestuft werden: Demokratische Partei Kurdistans (PDK) Freiheitsfalken Kurdistans (TAK) Gülen-Bewegung (von der türkischen Regierung gebrauchtes Akronym: FETÖ) Islamischer Staat (IS) Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8547 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Kurdische Arbeiterpartei / Volkskongress Kurdistan (PKK / Kongra Gel) Kurdische Hizbullah Partei der Demokratischen Union (PYD) Revolutionäre Partei Kurdistans (PSK) Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) Türkische Kommunistische Partei – Maoisten / Leninisten (TKP/ML). f) Welche konkreten Möglichkeiten bestehen für Türkei-Reisende, sich darüber zu informieren, welche Organisationen im Einzelnen als terroristisch gelten? Es wird auf die Antwort zu Frage 3e verwiesen. Zudem wird Türkeireisenden empfohlen, die aktuelle Berichterstattung über die Türkei, insbesondere über Urteile der türkischen Justiz genau zu verfolgen. g) Inwieweit fällt ein öffentliches Bekenntnis zum Prediger Fethullah Gülen und seinen religiösen oder politischen Auffassungen nach Auffassung der Bundesregierung unter „Sympathie mit terroristischen Organisationen“? h) Inwieweit fällt ein öffentliches Bekenntnis zum Islamischen Staat (IS) oder der Verwendung ihres Logos nach Kenntnis der Bundesregierung unter „Sympathie mit terroristischen Organisationen“? Die Fragen 3g und 3h werden gemeinsam beantwortet. Für die Auslegung und Anwendung türkischen Rechts sind die türkischen Behörden und die türkische Justiz zuständig. i) Inwieweit treffen nach Kenntnis der Bundesregierung Pressemeldungen zu, wonach die Türkei die Al-Nusra-Front – den syrischen Ableger von Al-Qaida – von ihrer Terrorliste gestrichen hat, und inwieweit fallen nach Kenntnis der Bundesregierung ein öffentliches Lob dieser Organisation oder die Verwendung ihres Logos unter „Sympathie mit terroristischen Organisationen“ (www.cumhuriyet.com.tr/haber/english/84325/ Turkey_removes_al-Nusra_from__terror__list.html#) Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. j) Was genau versteht die Bundesregierung unter der Bekundung von „Sympathie mit terroristischen Organisationen“? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 3g und 3h verwiesen. k) Inwieweit fallen nach Kenntnis der Bundesregierung das Unterzeichnen von Friedensappellen sowie die Forderungen nach einem Ende des Krieges in den kurdischen Landesteilen sowie nach Aufnahme von Friedensgesprächen mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK unter solche Bekundungen ? Der Bundesregierung ist bekannt, dass zahlreiche der 1 128 Unterzeichner der Petition der „Akademiker für den Frieden“ vom 11. Januar 2016 wegen Unterstützung des Terrorismus strafrechtlich verfolgt wurden. Des Weiteren wird auf die Antwort der Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Prof. Dr. Maria Böhmer, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8547 auf die Schriftliche Frage 9 auf Bundestagsdrucksache 18/8458 des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 9. Mai 2016 verwiesen. 4. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung angesichts der Reiseund Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts für die Türkei einschließlich der Warnung vor öffentlicher Kritik am türkischen Staat bezüglich einer möglichen Einstufung des Landes als sicheres Herkunftsland oder als sicherer Drittstaat durch die Europäische Union oder einzelne EU-Mitgliedstaaten ? Die Bundesregierung verfolgt die innenpolitische Entwicklung in der Türkei sehr aufmerksam. Anhand von Reise- und Sicherheitshinweisen kann gemeinhin keine Kategorisierung von Ländern vorgenommen werden. 5. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung angesichts der Reiseund Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts für die Türkei einschließlich der Warnung vor öffentlicher Kritik am türkischen Staat bezüglich des EU- Aufnahmeprozesses der Türkei? Der Schutz der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit sowie Anpassung der türkischen Gesetzgebung an EU-Standards sind zentrales Thema zwischen der EU und der Türkei. Die Bundesregierung setzt sich aus diesem Grund auch für die Öffnung der Rechtsstaatlichkeitskapitel 23 und 24 ein. 6. Wie viele und welche derartige Warnungen vor politischer Kritik in der Öffentlichkeit bezüglich welcher Staaten oder Regionen im Einzelnen hat das Auswärtige Amt wann innerhalb der letzten zehn Jahre veröffentlicht (bitte angeben, ob und wann derartige Warnhinweise wieder zurückgenommen wurden und inwieweit sie weiterhin gelten)? Die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts warnen nicht grundsätzlich vor politischer Kritik im Ausland, sie verweisen lediglich auf örtliche strafrechtliche Vorschriften, wo dies aufgrund von Erfahrungen, die in einem oder mehreren Einzelfällen mit diesen strafrechtlichen Vorschriften gemacht wurden , angezeigt erscheint. Auch weil dem Auswärtigen Amt nicht immer jede Vorschrift und deren Auslegung bekannt sein kann, erheben die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts nicht den Anspruch, auf alle derartigen Straftatbestände weltweit hinzuweisen. Derzeit enthalten die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts für eine Reihe von Staaten Informationen zu Fotographie-Verboten, in anderen Fällen zum Tatbestand der Majestätsbeleidigung (etwa Jordanien), zur Beleidigung des Islam oder des Propheten (Vereinigte Arabische Emirate, Katar) oder zu Fotos , Reiseberichten, SMS und Telefonaten mit Bezug zu aktuellen politischen Entwicklungen (Iran). a) Wie viele der Staaten, auf die sich diesbezügliche Hinweise bezogen, wurden zum Zeitpunkt dieser Warnung von der Bundesregierung grundsätzlich als demokratisch und rechtsstaatlich eingestuft? b) Welche der Staaten, auf die sich diesbezügliche Hinweise bezogen, waren zum Zeitpunkt dieser Warnung EU-Beitrittskandidaten, EU-Mitglieder oder in sonstiger Weise mit der Europäischen Union assoziiert? c) Welche der Staaten, auf die sich diesbezügliche Hinweise bezogen, waren zum Zeitpunkt der Warnung Mitglied der NATO? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8547 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode d) Welche der Staaten, auf die sich diesbezügliche Hinweise bezogen, wurden von der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Warnung als sichere Herkunftsländer eingestuft? e) Welche der Staaten, auf die sich diesbezügliche Hinweise bezogen, wurden von der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Warnung als sichere Drittstaaten eingestuft? f) In welchen dieser Staaten, auf die sich diesbezügliche Hinweise und Warnungen bezogen, wurden zum Zeitpunkt dieser Warnung in welchem Ausmaß Abschiebungen oder Rückführungen von abgelehnten Asylbewerberinnen und Asylbewerbern durchgeführt? g) In welchen dieser Staaten, auf die sich diesbezügliche Hinweise und Warnungen bezogen, wurden zum Zeitpunkt dieser Warnung Auslieferungen durchgeführt? Die Fragen 6a bis 6g werden gemeinsam beantwortet. Die Reise- und Sicherheitshinweise werden zwischen den zuständigen Auslandsvertretungen und dem Auswärtigen Amt abgestimmt. Sie sind zur Information deutscher Staatsangehöriger gedacht, die ins Ausland reisen möchten, und mit dortigen Gegebenheiten weniger vertraut sind als Angehörige des betreffenden Staates. Sie sind als Entscheidungs- und Planungshilfe für Auslandsaufenthalte zu verstehen und sollen die Reisenden dafür sensibilisieren, dass ihnen möglicherweise bei Nichtbeachtung gewisser Gepflogenheiten oder Regeln in anderen Ländern auch strafrechtliche Konsequenzen drohen können. Anhand von Reiseund Sicherheitshinweisen kann gemeinhin keine Kategorisierung von Ländern vorgenommen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333