Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 2. Juni 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/8676 18. Wahlperiode 06.06.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Annette Groth, Inge Höger, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/8521 – Zur Lage und Entwicklung der Menschen- und Bürgerrechte in Ägypten V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Wissenschaftler berichten wie ägyptische Aktivisten zunehmend über die schlechte Lage der Menschen- und Bürgerrechte in Ägypten. Laut unterschiedlichen Quellen sitzen Zehntausende in den Gefängnissen, das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit ist stark eingeschränkt, Gewerkschaften, NGOs, ausländische Stiftungen, Presse, Intellektuelle und Künstler sind in ihrer Arbeit massiven Einschränkungen unterworfen . Investigative Journalisten, Wissenschaftler und Aktivisten werden teils ins Gefängnis gesperrt, teils an der Ein- oder Ausreise gehindert (vgl. u. a. Bundestagsdrucksache 18/7511). Hunderte (teils Anhänger der inzwischen verbotenen Muslimbruderschaft, teils aber auch radikale Terroristen, die sich dem Islamischen Staat – IS – und seinen „Verbündeten“ angeschlossen haben), wurden zum Tod verurteilt; viele Urteile sind inzwischen aufgehoben und ein Wiederaufnahmeverfahren angeordnet worden (www.tagesschau.de/ausland/aegyptenhebt -todesurteile-auf-101.html), andere wurden bereits vollstreckt. Ägyptens nationale Sicherheit wird seit Jahren durch den IS-Ableger „Wilayat Sinai“ (zuvor „Ansar Bayt al-Maqdis“) massiv bedroht. Dass die verschärften Antiterrorgesetze auch gegen friedliche, aber der Regierung missliebige Kritiker angewandt werden, geht aus Sicht der Fragesteller allerdings weit über eine Bekämpfung dieser realen Bedrohung hinaus und gilt als Unterdrückung der Opposition und als Bekämpfung der Zivilgesellschaft. Die Fragestellerinnen und Fragesteller sind sich der Tatsache bewusst, dass die Missachtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Kritikern der Regierung keinesfalls eine Erfindung der Regierung Al-Sisi sind. Ägypten war auch zu Zeiten der Präsidenten Hosni Mubarak und Muhammad Mursi für willkürliche Verhaftungen, Folter, das Verschwindenlassen von Menschen und immens hohe Haftstrafen gegen Regierungskritiker bekannt. Vor dem Hintergrund der zunehmend enger werdenden Beziehungen zwischen Ägypten und Deutschland und der gerade erst erfolgten – in diesem Jahr bereits dritten – Reise des Bundesministers für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, nach Ägypten, auf der er von ca. 100 Unternehmensvertretern begleitet wurde sowie der Reise des Bundesministers des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, in das Land Anfang Mai 2016 möchten sich die Fragestellerinnen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8676 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode und Fragesteller ein aktuelles Bild über die Entwicklung und Lage der Menschen - und Bürgerrechte in Ägypten machen. 1. Hat sich die Menschenrechtslage in Ägypten nach Kenntnis der Bundesregierung seit der Machtübernahme durch das ägyptische Militär im Juli 2013 verschlechtert, verbessert oder verstetigt? 2. Hat sich die Menschenrechtslage in Ägypten nach Kenntnis der Bundesregierung seit der Wahl Abdel Fattah Al-Sisis zum Präsidenten im Mai 2014 verschlechtert, verbessert oder verstetigt? Die Fragen 1 und 2 werden zusammengefasst beantwortet. Die Menschenrechtslage in Ägypten ist seit Jahren sehr angespannt. Mit der Absetzung von Präsident Mohamed Mursi im Juli 2013 hat die Gewalt in der politischen Auseinandersetzung deutlich zugenommen. In diese Zeit der Übergangsregierung fällt die gewaltsame Auflösung der Protestlager von Anhängern des gestürzten Präsidenten im August 2013. Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger sprechen davon, dass die Lage unter dem jetzigen Präsident Abdel Fatah al Sisi so bedrückend sei, wie zu keinem anderen Zeitpunkt der letzten dreißig Jahre. Besonders die hohe Zahl an politisch motivierten Verfahren, lange Haftzeiten ohne Anklage, Misshandlung in Haft und Berichte über das Verschwindenlassen von Personen geben Anlass zu großer Sorge. 3. Wie viele Menschen waren nach Kenntnis der Bundesregierung in Ägypten jährlich im Schnitt während der Präsidentschaft Hosni Mubaraks inhaftiert? 4. Wie viele Menschen waren nach Kenntnis der Bundesregierung in Ägypten jährlich im Schnitt während der Präsidentschaft Muhammad Mursis inhaftiert ? 5. Wie viele Menschen waren nach Kenntnis der Bundesregierung in Ägypten jährlich im Schnitt während der Präsidentschaft Abdel Fattah Al-Sisis inhaftiert ? Die Fragen 3 bis 5 werden zusammengefasst beantwortet. Verlässliche Zahlen über Inhaftierungen während der Amtszeiten von Präsident Hosni Mubarak, Präsident Mohamed Mursi und Präsident Abdel-Fatah al-Sisi liegen der Bundesregierung nicht vor. Nichtregierungsorganisationen gehen davon aus, dass derzeit bis zu 40 000 Menschen aus politischen Gründen in Haft sind. 6. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die ägyptische Gesetzgebung in Bezug auf NGOs und ausländische Stiftungen während der Präsidentschaft Hosni Mubaraks entwickelt? 7. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die ägyptische Gesetzgebung in Bezug auf NGOs und ausländische Stiftungen während der Präsidentschaft Muhammad Mursis entwickelt? 8. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die ägyptische Gesetzgebung in Bezug auf NGOs und ausländische Stiftungen während der Präsidentschaft Abdel Fattah Al-Sisis entwickelt? 9. Wie gestaltete sich nach Kenntnis der Bundesregierung der tatsächliche Umgang mit NGOs jeweils unter den Präsidenten Hosni Mubarak, Muhammad Mursi und Abdel Fattah Al-Sisi? Die Fragen 6 bis 9 werden zusammengefasst beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8676 Das geltende Recht zur Regelung der Arbeit von Nichtregierungsorganisationen wurde in der Amtszeit von Präsident Hosni Mubarak erlassen (Law 84 von 2002). Gesetzesverschärfungen werden seitdem regelmäßig diskutiert. Derzeit wird im ägyptischen Parlament eine Novellierung besprochen, die die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen weiter einschränken könnte. Das neue Antiterrorismusgesetz vom September 2014 beinhaltet auch Verschärfungen der vorgesehenen Strafen bei Annahme ausländischer Finanzierung. 10. Wie hat sich der Umgang mit Wissenschaftlern, Künstlern, Journalisten und regierungskritischen Aktivisten nach Kenntnis der Bundesregierung während der Präsidentschaft Hosni Mubaraks insbesondere in Bezug auf Reisefreiheit , Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit entwickelt? 11. Wie hat sich der Umgang mit Wissenschaftlern, Künstlern, Journalisten und regierungskritischen Aktivisten nach Kenntnis der Bundesregierung während der Präsidentschaft Muhammad Mursis insbesondere in Bezug auf Reisefreiheit , Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit entwickelt? 12. Wie hat sich der Umgang mit Wissenschaftlern, Künstlern, Journalisten und regierungskritischen Aktivisten nach Kenntnis der Bundesregierung während der Präsidentschaft Abdel Fattah Al-Sisis insbesondere in Bezug auf Reisefreiheit, Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit entwickelt? Die Fragen 10 bis 12 werden zusammengefasst beantwortet. Die Meinungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit waren während der Amtszeiten von Präsident Hosni Mubarak und Präsident Mohamed Mursi eingeschränkt und sind dies auch unter Präsident Abdelfatah al-Sisi. Dies gilt vor allem für regierungskritische Aktivistinnen und Aktivisten und Journalistinnen und Journalisten sowie in zunehmendem Maße auch für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Künstlerinnen und Künstler. Auf die Einschätzungen von Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern vor Ort wird auf die Antwort zu Fragen 1 und 2 verwiesen; eine eigene Bewertung ist der Bundesregierung aufgrund der vorliegenden Informationen nicht möglich. Für Auslandsreisen ägyptischer Akademikerinnen und Akademiker sind inzwischen Reisegenehmigungen im Zusammenhang mit einer Sicherheitsüberprüfung durch die Universitäten notwendig. In Einzelfällen werden Personen in ihrer Reisefreiheit durch Ausreisesperren beschnitten. 13. Haben Folter und unmenschliche Behandlung in Ägypten nach Kenntnis der Bundesregierung nach der Wahl Muhammad Mursis im Vergleich zur Zeit Mubaraks zugenommen, abgenommen oder sich verstetigt? 14. Haben Folter und unmenschliche Behandlung in Ägypten nach Kenntnis der Bundesregierung seit der Machtübernahme durch das ägyptische Militär sowie nach der Wahl Abdel Fattah Al-Sisis zum Präsidenten zugenommen, abgenommen oder sich verstetigt? 15. Wie viele Fälle von Verschwindenlassen waren nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils während der Präsidentschaft Hosni Mubaraks, Muhammad Mursis und Abdel Fattah Al-Sisis pro Jahr zu verzeichnen (bitte nach Präsidenten aufschlüsseln)? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8676 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 16. Wie viele Menschen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in Ägypten durch Folter, Niederschlagung von Protesten oder andere Handlungen Staatsbediensteter während der Präsidentschaft Hosni Mubaraks im Schnitt jährlich getötet (bitte auch indirekt auf Handlungen Staatsbediensteter wie z. B. auf die Verweigerung medizinischer Behandlung in Haft zurückführbare Tode einbeziehen)? 17. Wie viele Menschen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in Ägypten durch Folter, Niederschlagung von Protesten oder andere Handlungen Staatsbediensteter während der Präsidentschaft Muhammad Mursis im Schnitt jährlich getötet (bitte auch indirekt auf Handlungen Staatsbediensteter wie z. B. auf die Verweigerung medizinischer Behandlung in Haft zurückführbare Tode einbeziehen)? 18. Wie viele Menschen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in Ägypten durch Folter, Niederschlagung von Protesten oder andere Handlungen Staatsbediensteter während der Präsidentschaft Abdel Fattah Al-Sisis im Schnitt jährlich getötet (bitte auch indirekt auf Handlungen Staatsbediensteter wie z. B. auf die Verweigerung medizinischer Behandlung in Haft zurückführbare Tode einbeziehen)? Die Fragen 13 bis 18 werden zusammengefasst beantwortet. Folter und Misshandlungen in Haft mit Todesfolge gab es sowohl während der Amtszeiten von Präsident Hosni Mubarak als auch von Präsident Mohamed Mursi. Unter Präsident Abdelfatah al-Sisi berichten Menschenrechtsorganisationen und Medien von zahlreichen Fällen von Folter sowie von Fällen des Verschwindenlassens . Aufgrund der unzureichenden Informationslage ist es der Bundesregierung nicht möglich, eine abschließende Bewertung über die Tendenz im Bereich Folter und Misshandlung vorzunehmen. 19. Wie hat sich die (Un-)Freiheit, unabhängige Gewerkschaften zu gründen und sich in ihnen zu engagieren nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils unter den Präsidenten Hosni Mubarak, Muhammad Mursi und Abdel Fattah Al-Sisi entwickelt (bitte nach Präsidenten aufschlüsseln)? Der Spielraum unabhängiger, freier Gewerkschaften bleibt neben der staatlich gelenkten Gewerkschaft Egyptian Trade Union Federation (ETUF) begrenzt. Nach einer kurzen offeneren Phase für unabhängige Gewerkschaftsarbeit 2011/2012 ist seither das Umfeld hierfür zunehmend repressiv geworden. 20. Wie beurteilt die Bundesregierung die Freiheit der Wahl(en) zu den Präsidentschaften Hosni Mubaraks und zur Präsidentschaft Muhammad Mursis sowie Abdel-Fattah Al-Sisis? 21. Wie beurteilt die Bundesregierung Vorwürfe von Wahlfälschung in Bezug auf die Wahl(en) zum Präsidenten Hosni Mubaraks, Muhammad Mursis und Abdel Fattah Al-Sisis? Die Fragen 20 und 21 werden zusammengefasst beantwortet. Allgemein können die Präsidentschaftswahlen der vergangenen Jahre aufgrund des jeweils vorherrschenden repressiven innenpolitischen Klimas nicht als fair und frei eingestuft werden. Bei Wahlbeobachtungen im Jahr 2014 konnte die EU Election Observer Mission Verstöße gegen die ägyptischen Wahlgesetze und die Einschränkung der durch die Verfassung garantierten Grundfreiheiten feststellen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8676 22. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die tatsächliche prozentuale Zustimmung zu den Präsidenten Hosni Mubarak, Muhammad Mursi und Abdel Fattah Al-Sisi (bitte je Präsident auflisten und ins Verhältnis zu den offiziellen ägyptischen Wahlergebnissen setzen)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine verlässlichen Daten vor. 23. Wie beurteilt die Bundesregierung die Entwicklung der sozialen Lage sowie die Durchführung sozialer Reformen unter den Präsidenten Hosni Mubarak, Muhammad Mursi und Abdel Fattah Al-Sisi? Für alle ägyptischen Regierungen der vergangenen 30 Jahre war die Bewältigung der sozialen Herausforderungen des Landes eine enorme Aufgabe; angesichts des starken Bevölkerungswachstums sind die Herausforderungen jedoch trotz zahlreicher Reformversuche weiter gestiegen. 24. Wie beurteilt die Bundesregierung die jeweiligen Anstrengungen der Präsidenten Hosni Mubarak, Muhammad Mursi und Abdel Fattah Al-Sisi, die hohe Analphabetenrate in Ägypten zu senken? Die Erhöhung der Alphabetisierungsrate ist erklärtes Ziel der ägyptischen Regierung ; nach der von Präsident Abdelfatah al-Sisi verkündeten „Vision 2030“ soll die Quote der Analphabeten von 28 Prozent auf 7 Prozent sinken, Experten gehen allerdings von einer höheren Ausgangsquote aus. 25. Wie beurteilt die Bundesregierung den jeweiligen Grad an Religionsfreiheit jeweils unter den Präsidenten Hosni Mubarak, Muhammad Mursi und Abdel Fattah Al-Sisi? Die Religionsfreiheit ist in Ägypten eingeschränkt. Die Verfassung von 2014 erhebt wie jede ägyptische Verfassung seit 1980 den Islam zur Staatsreligion und die Scharia als Verfassungsgrundlage. Die Freiheit des Kultes und das damit verbundene Recht zum Bau von Gotteshäusern bleiben den Offenbarungsreligionen (Muslime, Christen, Juden) vorbehalten. Durch die Beschränkung der Glaubensfreiheit auf einzelne Religionen wird eine Unterscheidung zwischen „anerkannten “ und „nicht-anerkannten“ Religionen getroffen, die zu zahlreichen Formen der Diskriminierung im Alltag führt. 26. Wie beurteilt die Bundesregierung die Menschenrechtslage von LGBTI-Personen in Ägypten jeweils unter den Präsidenten Hosni Mubarak, Muhammad Mursi und Abdel Fattah Al-Sisi? Die Menschenrechtslage von LGBTI-Personen ist besorgniserregend. Personen werden gesellschaftlich stigmatisiert und mit dem strafrechtlich relevanten Vorwurf „unzüchtigen Verhaltens“ verhaftet und zu Haftstrafen verurteilt. Nichtregierungsorganisationen berichten von Übergriffen durch die Sicherheitsorgane und Mitgefangene. 27. Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung unternommen, um den Diskriminierungen und der Verfolgung von (Haft, andere Strafen und alltägliche Angriffe) LGBTI-Personen in Ägypten entgegenzuwirken? Die Wahrung der Menschenrechte, auch die von diskriminierten sexuellen Minderheiten, ist ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung. Über die Botschaft in Kairo und das Auswärtige Amt in Berlin steht die Bundesregierung in Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8676 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode engem Kontakt mit Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern aus Ägypten. Die Informationen aus diesen Kontakten fließen in Gespräche mit der ägyptischen Regierung ein. Ebenso ist die Verbesserung der Lage der LGBTI-Personen ein Ansatz bei der Konzeptionierung und Durchführung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. 28. Wie beurteilt die Bundesregierung den Umgang mit Geflüchteten durch die jeweiligen Regierungen unter Hosni Mubarak, Muhammad Mursi und Abdel Fattah Al-Sisi? Die Bedeutung Ägyptens als Ziel- und Transitland für Migrationsströme hat zugenommen . Die Gesamtzahl registrierter Flüchtlinge in Ägypten beträgt nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen UNHCR 185 000 Registrierte Flüchtlinge haben je nach Herkunftsland Zugang zum staatlichen Bildungs - und Gesundheitssektor. Nicht registrierte Flüchtlinge, die von den Sicherheitskräften aufgegriffen werden, werden interniert und müssen Transportkosten für ihre Rückführung oder Aufnahme in einem Drittstaat bezahlen. Ihre Unterbringung größtenteils in Lagern und Gefängnissen entspricht nicht den internationalen Mindestanforderungen. 29. Wie beurteilt die Bundesregierung die aktuelle Lage auf dem Sinai in Bezug auf Terrorismus, das Vorgehen der Armee und insbesondere in Bezug auf die Wahrung der Menschen- und Bürgerrechte der dortigen Bevölkerung? Die Auseinandersetzungen zwischen der Armee und terroristischen Organisationen insbesondere im Norden des Sinai haben in den vergangenen Jahren an Intensität zugenommen, wodurch sich vor allem auch die Situation für die lokale Bevölkerung deutlich verschlechtert hat. Aufgrund der restriktiven militärischen Zugangspolitik ist es der Bundesregierung nicht möglich, die Situation vor Ort zu überprüfen. 30. Findet nach Kenntnis der Bundesregierung weiterhin Menschen- und/oder Organhandel auf dem Sinai statt, und wenn nein, wer oder was bedingte die Beendigung des Festhaltens, Folterns und Tötens von zehntausenden Menschen in diesem Gebiet, und wohin sind die Menschen- und Organhändler nach Kenntnis der Bundesregierung ausgewichen? Es gibt glaubhafte Berichte von Menschenrechtverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern über Folter, Vergewaltigungen, Misshandlung und Erpressung mehrheitlich aus Eritrea stammender Flüchtlinge. Vertreter internationaler Organisationen gehen davon aus, dass die starke Präsenz der Sicherheitskräfte auf dem Sinai die Durch- und Rückzugsmöglichkeiten für Menschenhändler dort stark reduziert hat. 31. Was unternimmt die Bundesregierung, um die Opfer des Menschen- und Organhandels auf dem Sinai zu unterstützen und die Täter zu bestrafen? Die Bundesregierung hat Projekte des UNHCR für Opfer des Menschenhandels finanziell unterstützt. Im Resettlement-Programm der Bundesregierung 2015 haben Opfer des Menschenhandels zudem bevorzugt Berücksichtigung gefunden. 32. Wie viele ägyptische Zivilisten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten fünf Jahren in Ägypten durch terroristische Angriffe getötet (bitte nach Jahren und jeweiliger Anzahl der Opfer auflisten)? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/8676 33. Wie viele ägyptische Soldaten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten fünf Jahren in Ägypten durch terroristische Angriffe getötet (bitte nach Jahren und jeweiliger Anzahl der Opfer auflisten)? Die Fragen 32 und 33 werden zusammenfassend beantwortet. Verlässliche Zahlen über durch terroristische Angriffe getötete Soldaten oder Zivilisten liegen der Bundesregierung nicht vor. Einzelne Schätzungen gehen von mehr als 300 zivilen Toten für das Jahr 2015 aus. 34. Inwiefern haben Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sowie Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier die Lage der Bürger- und Menschenrechte in Ägypten während ihrer jüngsten Reisen nach Ägypten in Gesprächen mit der ägyptischen Regierung thematisiert? 35. Welche Bürger- und Menschenrechtsverletzungen haben der Bundeswirtschafsminister und der Bundesaußenminister mit wem bei ihren jüngsten Reisen nach Ägypten konkret angesprochen? 36. Haben der Bundeswirtschaftsminister und der Bundesaußenminister während ihrer jüngsten Reisen nach Ägypten beispielhaft auch die Einreiseverweigerung für den ägyptischstämmigen deutschen Staatsbürger Atef Botros und/oder die Verhaftung und Verurteilung des in Deutschland lebenden Ägypters Dr. Ahmed Said angesprochen? Wenn ja, welche Antworten haben der Bundeswirtschaftsminister und/oder der Bundesaußenminister hierauf erhalten? 37. Haben der Bundeswirtschaftsminister und der Bundesaußenminister bei ihren jüngsten Ägyptenreisen bei ihren ägyptischen Gesprächspartnern die drohende Schließung des Al-Nadeem-Zentrums für die Rehabilitierung von Opfern staatlicher Gewalt und Folter angesprochen? Die Fragen 34 bis 37 werden zusammengefasst beantwortet. Mit Bezug auf die Vorbemerkung stellt die Bundesregierung richtig, dass der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, 2016 bisher keine Reise nach Ägypten unternommen hat, der Bundesminister für Wirtschaft und Energie Sigmar Gabriel lediglich einmal. Die Lage der Menschenrechte und auch entsprechende Einzelfälle werden regelmäßig in Gesprächen mit der ägyptischen Regierung erörtert, so auch bei dem Besuch von Bundesminister Gabriel. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 38 verwiesen. 38. Welche Informationen liegen der Bundesregierung über die drohende Schließung des Al-Nadeem-Zentrums für die Rehabilitierung von Opfern staatlicher Gewalt und Folter vor, und wäre eine Schließung des Zentrums nach Ansicht der Bundesregierung unter Berücksichtigung der ihr vorliegenden Informationen legitim? Die Bundesregierung schätzt die wichtige Arbeit, die das Nadeem-Center bei der Betreuung von Folteropfern leistet und setzt sich gegenüber der ägyptischen Regierung dafür ein, dass diese Arbeit in der bisherigen Form weitergeführt werden kann. Versuche, das Zentrum zu schließen sieht die Bundesregierung mit großer Sorge. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8676 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 39. Wäre die Bundesregierung bereit, in Ägypten Demokratieschulungen z. B. für Lehrer und Sicherheitskräfte durchzuführen, sofern die ägyptische Regierung eine entsprechende Anfrage stellen würde? Ja. 40. Welche konkreten Vereinbarungen wurden während der jüngsten Ägyptenreise von Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier getroffen (bitte umfassend ausführen)? Auf die Antwort zu Frage 34 wird verwiesen. 41. Welche konkreten Vereinbarungen wurden während der jüngsten Ägyptenreise von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel getroffen (bitte umfassend ausführen)? Zwischen den Regierungen der Bundesrepublik Deutschlands und Ägyptens wurden keine Vereinbarungen getroffen. 42. Wurden während der jüngsten Ägyptenreise des Bundeswirtschaftsministers auch Rüstungskooperationen oder Rüstungsexporte in das Land vereinbart? Wenn ja, welche genau, und in welchem Umfang? Nein. 43. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass nach Ägypten gelieferte Rüstungsgüter auch gegen die ägyptische Zivilgesellschaft oder gegen Zivilisten im Jemen angewandt werden? Die Bundesregierung verfolgt eine restriktive Rüstungsexportpolitik. Entscheidungen für die Ausfuhrgenehmigung von Rüstungsgütern werden jeweils im Einzelfall getroffen. Dabei werden alle Aspekte des jeweiligen Falls berücksichtigt, gewichtet und abgewogen. Grundlage sind die Politischen Grundsätze der Bundesregierung aus dem Jahr 2000, der Gemeinsame Standpunkt der EU aus dem Jahr 2008 und der Vertrag über den Waffenhandel. Der Beachtung der Menschenrechte wird bei Rüstungsexportentscheidungen ein besonderes Gewicht beigemessen . Mit den Schlussfolgerungen des Rates der EU-Außenminister zu Ägypten vom 21. August 2013 haben sich die Mitgliedstaaten darauf verständigt, die Ausfuhr von Gütern, die zu interner Repression eingesetzt werden können, auszusetzen. Die Bundesregierung hält sich uneingeschränkt an diese Schlussfolgerungen. Die Bundesregierung wird die weiteren Entwicklungen in Ägypten genau verfolgen und wie bisher im Rahmen ihrer Genehmigungspraxis berücksichtigen. 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