Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 2. Juni 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/8677 18. Wahlperiode 06.06.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Steffi Lemke, Annalena Baerbock, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/8455 – Situation der Meeres- und Küstentiere an Nord- und Ostsee V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die deutschen Meeresgebiete befinden sich in keinem guten ökologischen Zustand , so die Anfangsbewertung der Meeresstrategierahmenrichtlinie (www. meeresschutz.info/berichte.html). Die Nord- und Ostsee sind stark belastet und strapaziert. Fischfang, Bergbau, schädliche Einträge durch die Flüsse, Schifffahrt oder auch der viele Müll belasten die deutschen Meere. Selbst in ausgewiesenen Natura 2000 Schutzgebieten findet eine uneingeschränkte Nutzung statt. Der zunehmende Nutzungsdruck auf die Meere hat Auswirkungen auf Meeressäugetiere, Fische und Vogelarten. Die rote Liste der Meeresorganismen, die im Jahr 2014 veröffentlicht wurde, fungiert als Inventar der Arten in der deutschen Nord- und Ostsee. Die Liste macht den Gefährdungsgrad deutlich. Ein Drittel der 1 700 untersuchten Meerestiere und Pflanzen sind gefährdet. Vor allem viele Arten, die in den Anhängen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie (FFH: Fauna Flora Habitat) als besonders schutzbedürftig gelistet sind, sind in keinem guten Erhaltungszustand (www.bfn.de/0401_pm.html?&no_cache=1&tx_ttnews[tt_news]=4909&cHash= 4f2ca82b5fca7a9fffe560bc3df25037). 1. Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse der Roten Liste Meeresorganismen ? Welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? Die Roten Listen beschreiben die Gefährdungssituation der Tier-, Pflanzen- und Pilzarten und stellen mit ihren Gesamtartenlisten eine Inventur der Artenvielfalt dar. Von insgesamt 1 695 untersuchten Arten der Fische, bodenlebenden Wirbellosen und Großalgen der deutschen Küsten- und Meeresgebiete sind rund 30 Prozent als gefährdet einzustufen. Diese anhaltende Gefährdungssituation ist für die Bundesregierung Anlass, die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente im Rahmen der nationalen und europäischen Gesetzgebung weiterhin konsequent für mehr Artenschutz zu nutzen. Dies geschieht im Meer möglichst harmonisiert mit den Nachbarstaaten im Rahmen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8677 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode der Zusammenarbeit in den regionalen Meeresschutzübereinkommen für den Nord-Ost Atlantik und die Ostsee (OSPAR- und Helsinki Übereinkommen) oder in Artenschutz-Konventionen so insbesondere der Bonner Konvention zum Schutz wandernder wildlebender Tierarten und ihren zugehörigen Abkommen. 2. Welche Faktoren tragen nach Kenntnis der Bundesregierung besonders zu der Gefährdungslage bei? Die Fischerei, der Eintrag von Nährstoffen und organischem Material sowie Klimaänderungen beeinflussen signifikant den Zustand der marinen Ökosysteme. Unter Fischereibelastungen fallen insbesondere die Beeinträchtigung der benthischen Habitate durch bodenberührende Fanggeräte sowie die Beifänge von Meeressäugern , Vögeln und anderen Meeresorganismen. Der Müll im Meer und am Strand belastet die marinen und litoralen Ökosysteme erheblich, wie z. B. in Mägen von Eissturmvögeln gefundene Reste zeigen. Unterwasserschall hat negative Auswirkungen u. a. auf marine Säugetiere. 3. Wie hat sich der Bestand der Meeressäugetiere und Fische des Anhangs II der FFH-Richtlinie in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) seit dem Jahr 1980 entwickelt (bitte nach Art und Jahr aufschlüsseln)? Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus? In Anhang II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) sind keine rein marinen Fische enthalten. Bei den nachfolgend aufgeführten Wanderfischarten des Anhangs II wird für den Bericht nach Artikel 17 der FFH-Richtlinie deren Erhaltungszustand bzw. Populationsgröße überwiegend durch die Erreichbarkeit und Qualität der Laichhabitate bestimmt. Gemäß den EU-Vorgaben bewerten die nationalen FFH-Berichte nicht einzelne Vorkommen in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), im Küstenmeer oder in den Laichgewässern, sondern sie bewerten die Art insgesamt: Ein Parameter des Erhaltungszustandes ist der Zustand der Population. Dabei werden – wenn vorhanden – konkrete Angaben zur Populationsgröße gemacht sowie der Populationstrend angegeben. Daraus wird der Zustand der Population abgeleitet. Für diesen Parameter finden sich im aktuellen Bericht 2013 (www.bfn.de/0316_ bericht2013.html) für diese Wanderfischarten entweder keine Bestandsangaben oder die Angabe der Populationsgröße erfolgten in Form der besiedelten Messtischblätter . Der Zustand des Parameters Population und der Populationstrend wird wie in den Tabellen 1 und 2 dargestellt angegeben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8677 Tabelle 1: Populationstrend und Bewertung des Parameters „Population“ der Wanderfischarten des Anhang II der FFH-Richtlinie gemäß der nationalen Berichte 2007 und 2013 nach Artikel 17 FFH-RL für die atlantische biogeografische Region (= Nordsee) FFH-Bericht 2007 FFH-Bericht 2013 Bewertung der Population Trend der Population Bewertung der Population Trend der Population Alosa alosa Maifisch/Alse/ schlecht unbekannt schlecht zunehmend Alosa fallax Finte unzureichend unbekannt unzureichend zunehmend Acipenser sturio Europäischer Stör nicht berichtet nicht berichtet unbekannt unbekannt Coregonus oxyrhynchus Nordseeschnäpel nicht berichtet nicht berichtet schlecht zunehmend Lampetra fluviatilis Flussneunauge günstig zunehmend günstig stabil Petromyzon marinus Meerneunauge unzureichend zunehmend unbekannt zunehmend Tabelle 2: Populationstrend und Bewertung des Parameters „Population“ der Wanderfischarten des Anhang II der FFH-Richtlinie gemäß der nationalen Berichte 2007 und 2013 nach Artikel 17 FFH-RL für die kontinentale biogeografische Region (= Ostsee) FFH-Bericht 2007 FFH-Bericht 2013 Bewertung der Population Trend der Population Bewertung der Population Trend der Population Acipenser sturio Europäischer Stör nicht berichtet nicht berichtet unbekannt unbekannt Alosa alosa Alse/Maifisch schlecht unbekannt schlecht unbekannt Alosa fallax Finte schlecht unbekannt schlecht unbekannt Lampetra fluviatilis Flussneunauge unzureichend zunehmend unbekannt unbekannt Petromyzon marinus Meerneunauge unbekannt unbekannt unbekannt unbekannt Acipenser oxirynchus Baltischer Stör unbekannt unbekannt unbekannt unbekannt Von den in Anhang II der FFH-RL enthaltenen Meeressäugetieren kommen Schweinswal, Kegelrobbe und Seehund in Deutschland vor. Die systematische Erfassung der Wale in der AWZ findet seit dem Jahr 2002 statt. Die Küsten-Bundesländer der deutschen Nordsee überwachen die Seehund- und Robbenpopulationen im jeweiligen Küstenmeer seit dem Jahr 1977. In diesem Bereich der Nordsee werden die Daten im Rahmen der „Trilateralen Wattenmeer Zusammenarbeit “ ausgewertet und veröffentlicht (www.waddensea-secretariat.org/sites/default/ files/downloads/20-marine-mammals-10-03-05.pdf). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8677 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die nationalen Berichte nach Artikel 17 der FFH-Richtlinie unterscheiden nicht zwischen AWZ und Küstenmeer, sondern bewerten den Erhaltungszustand bzw. den Parameter Population für die Art insgesamt. In den Berichten 2007 und 2013 wurden die Populationsgrößen sowie die Populationstrends angegeben. Daraus wird der Zustand der Population abgeleitet (s. Tabellen 3 und 4). Tabelle 3: Populationsgröße, Populationstrend und Bewertung des Parameters Population der Meeressäuger des Anhang II der FFH-Richtlinie gemäß der nationalen Berichte 2007 und 2013 nach Artikel 17 FFH-RL für die atlantische biogeografische Region (= Nordsee) FFH-Bericht 2007 FFH-Bericht 2013 Populationsgröße Bewertung der Population Trend der Population Bewertung der Population Trend der Population Phocoena phocoena Schweinswal 1.565 Tiere unzureichend zunehmend zwischen 30.079 und 104.186 Tiere; höhere Zahlen beruhen auf einer geänderten Berichtsmethodik günstig stabil Halichoerus grypus Kegelrobbe 6 Tiere unzureichend zunehmend zwischen 143 und 1.355 Tieren günstig zunehmend Phoca vitulina Seehund 9.363 Tiere günstig zunehmend zwischen 18.083 und 21.950 Individuen günstig stabil Tabelle 4: Populationsgröße, Populationstrend und Bewertung des Parameters Population der Meeressäuger des Anhang II der FFH-Richtlinie gemäß der nationalen Berichte 2007 und 2013 nach Artikel 17 FFH-RL für die kontinentalen biogeografische Region (= Ostsee) FFH-Bericht 2007 FFH-Bericht 2013 Populationsgröße Bewertung der Population Trend der Population Bewertung der Population Trend der Population Phocoena phocoena Schweinswal 112 Tiere schlecht unbekannt zwischen 523 und 1.906 Individuen schlecht stabil Halichoerus grypus Kegelrobbe 51 Tiere schlecht zunehmend keine Angabe unbekannt stabil Phoca vitulina Seehund 51 Tiere schlecht zunehmend keine Angabe unbekannt stabil Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8677 4. Welche „Arten nationaler Verantwortlichkeit Deutschlands“ (sog. Verantwortungsarten ) leben in der Nord- und Ostsee, und wie hat sich ihr Bestand seit dem Jahr 1980 entwickelt (bitte nach Verantwortungsarten und Jahren aufschlüsseln)? Nationale „Verantwortungsarten“ sind Arten, für die Deutschland international eine besondere Verantwortung hat, weil sie nur hier vorkommen oder weil ein hoher Anteil der Weltpopulation hier vorkommt. In Nord- und Ostsee kommen sechs Fischarten nationaler Verantwortlichkeit vor. Die Artengruppe der Vögel wurde im marinen Bereich noch nicht hinreichend auf die Erfüllung der Verantwortlichkeitskriterien geprüft. In der Roten Liste wird mit dem Kriterium „Kurzfristiger Bestandstrend“ die Bestandsentwicklung der letzten 25 Jahre dargestellt (s. letzte Spalte in der unten stehenden Tabelle). Tabelle 5: Arten nationaler Verantwortlichkeit in der Nord- und Ostsee Zeichenerklärung: !! in besonders hohem Maße verantwortlich ! in hohem Maße verantwortlich Lat. Artname Dt. Artname Nat. Verantwortung Rote-Liste-Kategorie Kurzfristiger Bestandstrend Anguilla anguilla Europäischer Aal !! Stark gefährdet Starke Abnahme Dipturus batis Glattrochen !! Vom Aussterben bedroht Daten ungenügend Gadus morhua Kabeljau ! Ungefährdet Gleichbleibend Galeorhinus galeus Hundshai ! Stark gefährdet Abnahme mäßig oder im Ausmaß unbekannt Raja clavata Nagelrochen ! Vom Aussterben bedroht Starke Abnahme Squalus acanthias Dornhai ! Vom Aussterben bedroht Starke Abnahme 5. Wie hat sich der Bestand der Vogelarten der Europäischen Vogelschutzrichtlinie in der AWZ seit dem Jahr 1980 entwickelt (bitte nach Art und Jahr aufschlüsseln)? Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Bei den in den Sommermonaten in der deutschen AWZ Nahrung suchenden Seevogelarten handelt es sich im Wesentlichen um einheimische Brutvögel, die an den Küsten von Nord- und Ostsee leben und nicht in der AWZ brüten. Die entsprechenden Daten zu den Brutbeständen und Brutbestandsentwicklungen dieser Seevogelarten liegen den Bundesländern vor. Weder für die deutsche Nordsee noch für die deutsche Ostsee liegen Daten vor, die die Darlegung einer jahrweisen Bestandsentwicklung hier rastender bzw. überwinternder Bestände europäischen Vogelarten in der AWZ seit dem Jahr 1980 ermöglichen. Seit dem Jahr 2008 wird ein systematisches Monitoring-Programm zur Erfassung von Seevögeln auf See in den deutschen küstenfernen Meeresbereichen umgesetzt . Für regelmäßig überwinternde Seevogelarten sind folgende Bestandsgrößen und Trends im aktuellen nationalen Bericht 2013 nach Artikel 12 EU-Vogelschutzrichtlinie angegeben, wobei weder zwischen AWZ und Küstenmeer noch Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8677 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode zwischen Nord- und Ostsee unterschieden wurde, sondern den EU-Vorgaben entsprechend rein nationale Angaben gemacht werden: Tabelle 6: Bestandsgröße und Trends der im Meer vorkommenden überwinternden Vogelarten in Deutschland gemäß nationalem Bericht 2013 nach Artikel 12 EU-Vogelschutzrichtlinie Zeichenerklärung: - = abnehmend; = = stabil; ~ = fluktuierend; + = zunehmend; ? = unbekannt Name Bestands-größe 12-Jahres-trend Bergente 70.000 ~ Eiderente 320.000 - Eisente 350.000 - Trauerente 365.000 + Samtente 39.000 ~ Mittelsäger 8.500 ~ Haubentaucher 39.000 + Rothalstaucher 900 - Ohrentaucher 1.100 + Sterntaucher 6.800 ~ Prachttaucher 2.700 ~ Eissturmvogel 10.500 ? Basstölpel 220 ? Tordalk 11.000 ? Trottellumme (Westeuropa) 34.500 ? Gryllteiste 700 ? Dreizehenmöwe 14.000 ? Zwergmöwe 1.300 ? Lachmöwe 250.000 ~ Sturmmöwe 185.000 - Mantelmöwe 23.000 - Silbermöwe 200.000 - Ein wichtiger Schritt für den Artenschutz war die Ausweisung der beiden Vogelschutzgebiete in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee als Naturschutzgebiete . Darüber hinaus hat die Bundesregierung den Schutz weiterer Arten einschließlich Seevogelarten in das Maßnahmenprogramm zur Umsetzung der Meeresstrategie -Rahmen-Richtlinie (MSRL) in der deutschen Nord- und Ostsee aufgenommen , das Ende März an die EU Kommission übermittelt wurde. Auch der Vorschlag der Bundesregierung für eine gemeinsame Empfehlung zu Fischerei-Management-Maßnahmen in den Natura 2000 Gebieten der deutschen AWZ der Nordsee nach Artikel 11 und 18 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 enthält u. a. Maßnahmen zur Minimierung des Beifangs von Seevögeln durch passive Fanggeräte. Zum Schutz der störempfindlichen Seetaucherarten wurde durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit bereits 2009 sichergestellt, dass in deren Hauptrastgebiet in der Nordsee keine weiteren bzw. die Erheblichkeits-Schwelle überschreitenden Lebensraumverluste durch Zulassung weiterer Offshore-Windenergieanlagen entstehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/8677 6. Wird die Bundesregierung die in der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt aufgeführten Handlungsziele zu den Verantwortungsarten („Wiederherstellung und Sicherung der Lebensräume der Arten, für die Deutschland eine besondere Erhaltungsverantwortlichkeit hat, bis 2020“ und „Sicherung der Bestände aller heute gefährdeten Arten und solcher, für die Deutschland eine besondere Verantwortung trägt“) erreichen? Insbesondere für die stark gefährdeten oder vom Aussterben bedrohten Arten in Nord- und Ostsee ist nicht davon auszugehen, dass sich deren Erhaltungszustand bis 2020, verbessern wird, da insbesondere viele dieser Arten zu den langlebigen und nicht zu hoher Reproduktion neigenden Organismen zählen. 7. Wie hat sich der Bestand der regelmäßig auftretenden Zugvogelarten in der AWZ seit dem Jahr 1980 entwickelt (bitte nach Art und Jahr aufschlüsseln)? Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Eine Bestandserfassung der terrestrischen Zugvogelarten, die die Meere lediglich überqueren, findet nicht statt. Für die rastend und/ oder überwinternd in der AWZ vorkommenden Zugvogelarten wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 8. Wie viele der Meeressäugetiere, Fische, Vogelarten und Zugvogelarten in der AWZ sind in einem kritischen Zustand? Wie viele dieser Arten sind seit den 60er-Jahren in Deutschland ausgestorben ? Der Gefährdungszustand der genannten Tierarten sowie der ausgestorbenen Arten ist der jeweiligen aktuellen Roten Liste gefährdete Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands zu entnehmen (vgl. www.bfn.de/0322_rote_liste.html). 9. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Bestand des Schweinswals in der Nord- und Ostsee seit dem Jahr 1980 entwickelt (bitte nach Nordund Ostsee aufschlüsseln)? Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dieser Entwicklung ? Die ersten Erhebungen der Schweinswalbestände in der Nordsee und der (westlichen ) Ostsee erfolgten im Jahr 1994 (im Rahmen eines Forschungsprojektes namens „SCANS I“), wurden im Jahr 2005 wiederholt („SCANS II“) und für die westliche Ostsee im Jahr 2012 ergänzt („Mini-SCANS“). Danach blieb in der Nordsee der Bestand mit etwa 324 000 Tieren (2005) gegenüber dem Jahr 1994 mit 341 000 Individuen auf hohem Niveau stabil. In der westlichen Ostsee unterlagen die Bestandsschätzungen großen Schwankungen (1994: 28 000 Tiere, 2005: 11 000 und 2012: 18 500 Individuen), die Bestände stagnieren insgesamt auf niedrigem Niveau. Die nationalen Schweinswalbestände werden im Rahmen des Berichts nach Artikel 17 der FFH-Richtlinie geschätzt (siehe Antwort zu Frage 3). Mit dem Schallschutzkonzept für die Nordsee hat die Bundesregierung wirksame Schritte zum Schutz der Schweinswale vor anthropogenem Unterwasserschall unternommen . Ein entsprechendes Konzept für die deutsche Ostsee ist derzeit in der Entwicklung. Darüber hinaus sieht der Vorschlag der Bundesregierung für eine gemeinsame Empfehlung zu Fischereimanagementmaßnahmen in den Natura 2000 Gebieten Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8677 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode der deutschen AWZ der Nordsee nach Artikel 11 und 18 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 Maßnahmen zum Schutz von Schweinswalen vor: Ein entsprechender Vorschlag zu Fischereimanagementmaßnahmen in der deutschen AWZ der Ostsee soll noch in diesem Jahr vorgelegt werden. 10. Wie ist nach Kenntnis die Bundesregierung die Situation der Meeressäuger in der Nord- und Ostsee? Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Die Antworten zu den Fragen 3, 8 und 9 gehen auf die Situation der Meeressäuger ein. Die Bundesregierung sieht zur Verbesserung der Situation der Meeressäugetiere Handlungsbedarf auf verschiedenen Ebenen. Hierzu sind insbesondere folgende Maßnahmen ergriffen worden bzw. befinden sich in der Vorbereitung oder Umsetzung : Die rechtliche Sicherung von Natura 2000-Gebieten als Naturschutzgebiete in der deutschen AWZ der Nord- und Ostsee, die Operationalisierung des MSRL Maßnahmenprogramms zum Meeresschutz der deutschen Ost- und Nordsee gemäß § 45 Absatz 1 Wasserhaushaltsgesetz, die gemeinsame Empfehlung von Fischereimanagementmaßnahmen in den Natura 2000 Gebieten der deutschen AWZ der Nordsee nach Artikel 11 und 18 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 und die konsequente Umsetzung der reformierten Gemeinsamen Fischerei Politik (GFP) der EU. 11. Von wie vielen als Beifang gefangenen und getöteten Meeressäugern geht die Bundesregierung in den letzten fünf Jahren aus (bitte nach Jahr und Art aufschlüsseln)? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/8462 verwiesen. Informationen über die Anzahl totgefundener Robben liegen der Bundesregierung nicht vor. 12. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Bestand des Alpenstrandläufers seit dem Jahr 1980 entwickelt? Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dieser Entwicklung ? Der Brutbestand des Alpenstrandläufers sank zwischen 1980 und 1985 auf 95 bis 115 Paare (davon 70 bis 90 Paare in Mecklenburg-Vorpommern), dann auf 74 Paare um 1995, 39 Paare um 2000 und wird für 2005 nur noch mit 8 bis14 Paaren angegeben. Aktuell dürfte er lediglich bei 5 bis 8 Paaren liegen. In Deutschland ist die Art gemäß Roter Liste des Bundesamtes für Naturschutz (2009) vom Aussterben bedroht. Die Gründe des beständigen Rückgangs sind noch nicht vollständig aufgeklärt. Unstrittig ist jedoch, dass sowohl anthropogen bedingte als auch natürliche Veränderungen des Lebensraums dazu beitragen. 13. Wie viel Prozent der Fläche in der Nord- und Ostsee ist laut Bundesregierung bisher komplett von der Nutzung ausgenommen und dient ausschließlich dem Ziel, einen günstigen Erhaltungszustand für diese unter Natura 2000 geschützten Tierarten zu gewährleisen? Zur Erreichung eines günstigen Erhaltungszustandes ist nicht notwendigerweise der Ausschluss jeglicher Nutzung in den Natura 2000 Gebieten erforderlich. Aus- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/8677 schlaggebend sind vielmehr die Ergebnisse der gesetzlich vorgeschrieben Verträglichkeitsprüfungen . Insgesamt sind 31,5 Prozent (10 377 km²) der deutschen AWZ Natura-2000-Gebiete. Für das gesamte deutsche Meeresgebiet (Küstenmeer und AWZ) beträgt dieser Anteil sogar etwa 45,4 Prozent (in der Nordsee ca. 43 Prozent und in der Ostsee ca. 51Prozent). Unabhängig davon ist im deutschen Meeresgebiet zwischen den Inseln Sylt und Föhr ein Gebiet mit einer Fläche von 125 km² von der Nutzung ausgenommen, das sind 0,003 Prozent der deutschen Nordsee bzw. 0,002 Prozent des gesamten deutschen Meeresgebiets. 14. In welchen Gebieten in der AWZ sind die höchsten Populationsrückgänge der geschützten Arten zu beobachten? Welche Ursachen waren hier nach Einschätzung der Bundesregierung ausschlaggebend ? Aufgrund der Größe der deutschen AWZ (ca. 33 000 km²) und der schwierigen Rahmen-bedingungen ist das Biodiversitäts-Monitoring im Vergleich zum Land erheblich kostenintensiver und erlaubt die Unterscheidung der Populationen verschiedenen Teilbereichen von Nord- und Ostsee nur bei einigen nachfolgend aufgeführten Arten bzw. Artengruppen. Vogelarten Insgesamt konnte bisher ein starker Rückgang der Eisenten in der Ostsee und der Dreizehenmöwen und Eissturmvögel in der Nordsee beobachtet werden. Die drei Vogelarten gehen in ihren Beständen auch überregional zurück. Die genauen Ursachen der Rückgänge der drei Arten sind aber weiterhin unklar. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hatte wegen der Rückgänge der Eisente einen internationalen Workshop – auch zu einer Ursachen-Diskussion – ermöglicht (vgl. : www.unep-aewa.org/en/news/ first-steps-taken-towards-aewa-international-single-species-action-plan-globallythreatened ). Bei den Eisenten werden seit Längerem nur geringe Anteile von Jungvögeln beobachtet , möglicherweise u. a. infolge eines durch erhöhte Prädation schlechten Bruterfolgs. Bei Dreizehenmöwe und Eissturmvogel könnten die Ursachen in veränderter Nahrungsverfügbarkeit (ggf. durch Klimawandel und Fischerei) und geringerem Bruterfolg liegen. Haie und Rochen Zehn Knorpelfischarten werden als etabliert in den deutschen Meeresgebieten angesehen , davon sind vier Knorpelfischarten den höheren Rote-Liste-Kategorien 1 bis 3 zugeordnet: 1 - Vom Aussterben bedroht: Grauer Dornhai, Nagelrochen 2 - Stark gefährdet: Hundshai 3 - Gefährdet: Sternrochen Bei diesen vier Arten wurden im deutschen Meeresgebiet (Nord- und Ostsee) deutlich geringere Präsenzen in der Zeitperiode 1999 bis 2013 im Vergleich zum Zeitraum 1984 bis 1998 festgestellt. Mit Ausnahme vom Dornhai, wo ein leichter Anstieg der CPUE-Werte (catch per unit effort – Fang pro Aufwandseinheit: in- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8677 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode direktes Maß für die Abundanz der Zielart) zu verzeichnen war, waren zusätzlich auch die CPUE-Werte von Nagelrochen, Hundshai und Sternrochen im Zeitraum 1999 bis 2013 im Vergleich zur Periode 1984 bis 1998 deutlich geringer. Europäische Auster In der deutschen AWZ der Nordsee weist die Europäische Auster (Ostrea edulis) höchste Populationsrückgänge auf, denn durch Überfischung wurden die küstenfernen Austerngründe der Deutschen Bucht zerstört. Seit den 1950er Jahren konnte diese riffbildende Art nicht mehr in deutschen Gewässern nachgewiesen werden und gilt als ausgestorben. Damit ist in der deutschen AWZ der Nordsee auch das Vorkommen biogener Riffe, eines zusammen mit geogenen Riffen nach Anhang I FFH-RL geschützten Lebensraumtypen, verschwunden. In der deutschen Ostsee trat die europäische Auster auch historisch nicht auf. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333