Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 3. Juni 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/8693 18. Wahlperiode 07.06.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/8193 – Menschenrechtliche Lage in Marokko V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 3. Februar 2016 hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf zur Einstufung der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten beschlossen. Folge der Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten ist die Beschränkung von Verfahrensrechten , Rechtsschutzmöglichkeiten sowie sozialen und wirtschaftlichen Rechten von Schutzsuchenden aus diesen Staaten. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hält das Instrument der „sicheren Herkunftsstaaten“ nach wie vor für falsch. Bei der Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten sind die Vorgaben des Grundgesetzes und der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juli 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Verfahrensrichtlinie) einzuhalten. Nach Artikel 16a Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes muss „auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet [erscheinen], daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet“. Nach Anhang I der Richtlinie kann ein Staat nur dann zum sicheren Herkunftsstaat bestimmt werden, „wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind.“ Berichte zahlreicher staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen und Organisationen belegen, dass diese Voraussetzungen in Marokko nicht erfüllt sind (s. etwa Amnesty International , Stellungnahme vom 2. Februar 2016 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Bestimmung von Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten , S. 10). Unabhängig davon wirft die Bestimmung Marokkos zum sicheren Herkunftsstaat aber auch wegen der seit 1975 fortdauernden, völkerrechtswidrigen Besetzung des Territoriums der Westsahara Fragen auf, die von der fragestellenden Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8693 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Fraktion in einer Kleinen Anfrage zu den Auswirkungen der Bestimmung Marokkos zum sicheren Herkunftsstaat auf das Territorium der Westsahara und die sahrauischen Volkszugehörigen (Bundestagsdrucksache 18/7771) thematisiert hat. Menschenrechtliche Lage von ethnischen Minderheiten 1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation von Menschen in Marokko, die weder als Araber noch als Berber wahrgenommen werden, insbesondere von Morisken und Schwarzen, aus menschenrechtlicher Perspektive? a) Inwiefern werden gegen diese Menschen rassistisch motivierte Straftaten begangen, und welchen Schutz bieten die Behörden vor solchen Straftaten ? Die marokkanische Verfassung von 2011 enthält ein Diskriminierungsverbot. In Einzelfällen ist es in den vergangenen Jahren zu rassistisch motivierten Straftaten gegen Zuwanderer nach Marokko aus Subsaharastaaten gekommen. Die marokkanischen Medien berichten kritisch über solche Straftaten. Die marokkanischen Behörden verfolgen diese Straftaten. b) Inwiefern werden diese Menschen beim Zugang zu öffentlichen Leistungen rechtlich oder tatsächlich benachteiligt? Beim Zugang zu öffentlichen Leistungen gibt es in Marokko für alle Bevölkerungsgruppen eine große Diskrepanz zwischen rechtlichem Anspruch auf öffentliche Leistungen und der konkreten Umsetzung in der Praxis. Der Zugang kann zum Beispiel praktisch eingeschränkt sein für Personen, die einen geringen Bildungsgrad besitzen oder in abgelegenen ländlichen Regionen leben. Auch wenn Betroffene von erlebten Diskriminierungen im Alltagsleben in Marokko berichten , liegen der Bundesregierung keine Nachweise dafür vor, dass beim Zugang zu öffentlichen Leistungen Personen, die weder als Araber oder als Berber wahrgenommen werden, bewusst von den Behörden benachteiligt werden. c) Inwiefern werden diese Menschen beim Zugang zu Arbeit, Bildung, Wohnraum und im sonstigen privatrechtlichen Rechtsverkehr rechtlich oder tatsächlich benachteiligt, und welchen Schutz bieten die Behörden vor solcher Benachteiligung? Es wird auf die Antwort zu Frage 1b verwiesen. Die marokkanische Verfassung von 2011 enthält ein Diskriminierungsverbot. Das marokkanische Parlament hat am 10. Mai 2016 in Umsetzung dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe das Gesetz zur Einrichtung einer Antidiskriminierungsbehörde verabschiedet, bei der Beschwerden gegen Ungleichbehandlungen anhängig gemacht werden können. Die Verabschiedung durch die zweite Kammer des Parlaments (Ratskammer) steht noch aus. Menschenrechtliche Lage von religiösen Minderheiten 2. Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation von Christinnen und Christen in Marokko aus menschenrechtlicher Perspektive? Die marokkanische Verfassung garantiert allen Bürgern die freie Religionsausübung . Artikel 220 des Strafgesetzbuches stellt es unter Strafe, Andersgläubige mit Gewalt oder Drohungen an der Durchführung eines Gottesdienstes und an der Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8693 Teilnahme daran zu hindern. Dabei schützt der marokkanische Staat die semitischen Offenbarungsreligionen, also den sunnitischen Islam (der malekitischen Rechtsschule), das Judentum sowie die ausländischen christlichen Gemeinden. Der Staat überwacht die Religionsausübung aller registrierten Religionsgemeinschaften . Ausländische Christinnen und Christen können ihren Glauben in Marokko frei praktizieren. Angesichts der verstärkten Einwanderung von Christinnen und Christen in den vergangenen Jahren wird derzeit diskutiert, ob in Marokko mehr Kirchen gebaut werden sollen. Der freiwillige Glaubensübertritt von marokkanischen Staatsangehörigen zum christlichen Glauben steht nicht unter Strafe, gleichwohl zieht er regelmäßig Sanktionen des sozialen Umfelds nach sich. Zum Christentum konvertierte marokkanische Staatsangehörige werden vom Staat weiterhin als Muslime behandelt. Missionierung ist in Marokko nur den Muslimen (de facto ausschließlich den Sunniten der malikitischen Rechtsschule) erlaubt. Artikel 220 des Strafgesetzbuches stellt unter Strafe, einen Muslim in seinem Glauben zu erschüttern („ébranler “) oder ihn zu einer anderen Religion zu bekehren. Dieser Artikel kann in der Praxis äußerst weit ausgelegt werden, so auch zum Verbot öffentlicher Bekenntnisse zu anderen Religionen oder zur Religionslosigkeit. a) Inwiefern werden gegen Christinnen und Christen christenfeindlich motivierte Straftaten begangen, und welchen Schutz bieten die Behörden vor solchen Straftaten? Fälle von explizit christenfeindlichen Straftaten sind der Bundesregierung nicht bekannt. b) Inwiefern kommt es zu Zerstörungen, Beschädigungen und Verunstaltungen von Kirchen und anderen christlichen Einrichtungen, und inwiefern gehen die Behörden präventiv bzw. repressiv gegen solche Handlungen vor? Fälle von Zerstörungen oder Beschädigungen von Kirchen oder anderen christlichen Einrichtungen sind der Bundesregierung nicht bekannt. c) Inwiefern werden Christinnen und Christen beim Zugang zu öffentlichen Leistungen benachteiligt? Christinnen und Christen werden beim Zugang zu öffentlichen Leistungen oder im privatrechtlichen Verkehr nicht systematisch benachteiligt. Marokkanische Staatsangehörige, die zum Christentum konvertiert sind, werden vom Staat weiterhin als Muslime behandelt. Sie müssen mit starken Sanktionen im sozialen Leben rechnen. d) Inwiefern werden Christinnen und Christen beim Zugang zu Arbeit, Bildung , Wohnraum und im sonstigen privatrechtlichen Rechtsverkehr benachteiligt , und welchen Schutz bieten die Behörden vor solcher Benachteiligung ? Es wird auf die Antwort zu Frage 2c verwiesen. e) Inwiefern werden Missionierung und die Konversion zum Christentum strafrechtlich bzw. anderweitig geahndet? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8693 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 3. Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation von Jüdinnen und Juden in Marokko aus menschenrechtlicher Perspektive? Marokko hat eine breite und lange jüdische Tradition und Geschichte, zu der sich die Verfassung aus dem Jahr 2011 in ihrer Präambel bekennt. Diese Vorgabe der Verfassung wird vom Staat aktiv umgesetzt, etwa durch ein eigenständiges jüdisches Familienrecht oder auch im Rahmen von kulturellen Programmen und öffentlichen Veranstaltungen. Sie wird von einer breiten gesellschaftlichen Mehrheit getragen. Die Synagoge in Fes wurde nach Beendigung der Restaurierung 2013 beispielsweise durch Regierungschef Benkirane wiedereröffnet. Er rief dabei im Namen des Königs zum Erhalt jüdischer Kulturstätten auf. In den letzten Jahren hat die marokkanische Regierung gemeinsam mit den jüdischen Gemeinden landesweit etwa 500 Friedhöfe restauriert, um sie vor dem Verfall zu bewahren . a) Inwiefern werden gegen Jüdinnen und Juden antisemitisch motivierte Straftaten begangen, und welchen Schutz bieten die Behörden vor solchen Straftaten? In Einzelfällen ist es in den vergangenen Jahren zu Übergriffen auf jüdische Friedhöfe gekommen. Die Medien haben darüber kritisch berichtet. Die staatlichen Behörden gehen derartigen Vorfällen nach. b) Inwiefern kommt es zu Zerstörungen, Beschädigungen und Verunstaltungen von jüdischen Einrichtungen, und inwiefern gehen die Behörden präventiv bzw. repressiv gegen solche Handlungen vor? Es wird auf die Antwort zu Frage 3a verwiesen. Marokkanische Behörden schützen landesweit als sensibel eingeschätzte Orte und öffentliche Gebäude konsequent wegen der allgemeinen Gefahr möglicher Terroranschläge. Dazu zählen auch eine Reihe jüdischer Einrichtungen. c) Inwiefern werden Jüdinnen und Juden beim Zugang zu öffentlichen Leistungen benachteiligt? Jüdinnen und Juden werden nach Kenntnis der Bundesregierung beim Zugang zu öffentlichen Leistungen nicht benachteiligt. d) Inwiefern werden Jüdinnen und Juden beim Zugang zu Arbeit, Bildung, Wohnraum und im sonstigen privatrechtlichen Rechtsverkehr benachteiligt , und welchen Schutz bieten die Behörden vor solcher Benachteiligung ? Jüdinnen und Juden werden nach Kenntnis der Bundesregierung beim Zugang zu Arbeit, Bildung, Wohnraum und im sonstigen privatrechtlichen Rechtsverkehr nicht benachteiligt. e) Inwiefern wird die Konversion zum Judentum strafrechtlich bzw. anderweitig geahndet? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8693 4. Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation von Angehörigen anderer, nichtislamischer Religionsgemeinschaften in Marokko aus menschenrechtlicher Perspektive? Der verfassungsmäßig gewährleistete Schutz der freien Religionsausübung erstreckt sich auf den sunnitischen Islam (der malekitischen Rechtsschule), das Judentum , sowie die ausländischen christlichen Gemeinden, nicht aber auf andere Religionsgemeinschaften. Für ausländische Angehörige anderer Religionsgemeinschaften gilt das in der Verfassung verankerte allgemeine Diskriminierungsverbot . a) Inwiefern werden gegen Angehörige anderer Religionsgemeinschaften durch gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit motivierte Straftaten begangen , und welchen Schutz bieten die Behörden vor solchen Straftaten? Fälle solcher Straftaten sind der Bundesregierung nicht bekannt. b) Inwiefern werden Angehörige anderer Religionsgemeinschaften beim Zugang zu öffentlichen Leistungen benachteiligt? Über konkrete Fälle von Diskriminierung oder Benachteiligung liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. c) Inwiefern werden Angehörige anderer Religionsgemeinschaften beim Zugang zu Arbeit, Bildung, Wohnraum und im sonstigen privatrechtlichen Rechtsverkehr benachteiligt, und welchen Schutz bieten die Behörden vor solcher Benachteiligung? d) Inwiefern wird Religionsfreiheit von Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften gewährleistet, und inwiefern werden Angehörige anderer Religionsgemeinschaften wegen ihres Glaubens bzw. wegen der Ausübung ihrer Religion strafrechtlich bzw. anderweitig belangt? Die Fragen 4c und 4d werden zusammengefasst beantwortet. Es wird auf die Antwort zu den Fragen 4 und 4b verwiesen. e) Inwiefern werden Missionierung und die Konversion zu einem anderen Glauben strafrechtlich bzw. anderweitig geahndet? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 5. Inwiefern ist die interreligiöse bzw. interkonfessionelle Eheschließung in Marokko, insbesondere zwischen Muslimen und Nichtmuslimen, nach Kenntnis der Bundesregierung rechtlich möglich? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Eine Eheschließung zwischen einem muslimischen Mann und einer nicht-muslimischen Frau ist möglich. Ein nicht-muslimischer Mann muss vor einer Eheschließung mit einer muslimischen Frau formell zum Islam konvertieren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8693 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Inwiefern ist nach Kenntnis der Bundesregierung Gotteslästerung bzw. Blasphemie in Marokko strafbar, welche Handlungen werden von dem Straftatbestand erfasst, und in wie vielen Fällen kam es seit 2012 zu rechtskräftigen Verurteilungen? Artikel 220 des marokkanischen Strafgesetzbuches stellt unter Strafe, einen Muslim in seinem Glauben zu erschüttern („ébranler“) oder ihn zu einer anderen Religion zu bekehren. Das Strafmaß beträgt zwischen sechs Monaten und drei Jahren Gefängnis und Geldstrafe von 200 bis 500 marokkanischen Dirham (etwa 20 bis 50 Euro). Die Vorschrift wird von den staatlichen Behörden generell weit ausgelegt . Gesicherte Erkenntnisse darüber, ob und in wie vielen Fällen in Marokko auf dieser Basis seit 2012 rechtskräftige Verurteilungen wegen Gotteslästerung oder Blasphemie ergangen sind, liegen der Bundesregierung nicht vor. Menschenrechtliche Lage von Frauen, Jugendlichen und Kindern 7. Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation von Frauen und Mädchen in Marokko aus menschenrechtlicher Perspektive? Die marokkanische Verfassung von 2011 garantiert (wie schon die Verfassung zuvor) die Gleichheit vor dem Gesetz (Artikel 6) und die Gleichberechtigung von Mann und Frau (Artikel 19). Diese Bestimmung wird qualifiziert durch den expliziten Bezug auf den Islam als Staatsreligion und als rechtlicher und politischer Bezugsrahmen des Königreiches. Die Verfassung von 2011 enthält ein Antidiskriminierungsgebot , diesbezüglich wird auf die Antwort zu Frage 1c verwiesen. a) Inwiefern werden Frauen und Mädchen vor sexueller Gewalt geschützt? Das marokkanische Strafgesetzbuch stellt Körperverletzung ebenso unter Strafe wie Vergewaltigung. Das Strafmaß bei der Körperverletzung wird erhöht, wenn sie sich gegen den Ehepartner richtet. Hingegen ist die Vergewaltigung innerhalb der Ehe bislang nicht strafbar. Spezielle Gesetze zum Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt gibt es noch nicht, ein entsprechender Gesetzentwurf wird seit 2013 diskutiert. b) Inwiefern werden Frauen beim Zugang zu öffentlichen Ämtern rechtlich oder tatsächlich benachteiligt? Die Verfassung garantiert Frauen gleiche Rechte und Freiheiten ziviler, politischer , wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Natur. Frauen spielen zunehmend eine wichtige Rolle im Erwerbsleben. Gegenüber ihrem Anteil an der Bevölkerung sind Frauen in öffentlichen Ämtern und Führungspositionen aber unterrepräsentiert . c) Inwiefern werden Frauen und Mädchen beim Zugang zu öffentlichen Leistungen rechtlich oder tatsächlich benachteiligt? Mädchen und Frauen haben insbesondere in ländlichen Gebieten aus Gründen der dortigen Gesellschaftsstruktur häufig einen niedrigeren Bildungsstand und damit auch erschwerten Zugang zu öffentlichen Leistungen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/8693 d) Inwiefern werden Frauen und Mädchen beim Zugang zu Arbeit, Bildung, Wohnraum und im sonstigen privatrechtlichen Rechtsverkehr rechtlich oder tatsächlich benachteiligt, und welchen Schutz bieten die Behörden vor solcher Benachteiligung? Rechtliche Barrieren beim Zugang zu Arbeit, Bildung, Wohnraum und im sonstigen privatrechtlichen Rechtsverkehr gibt es für Frauen und Mädchen nicht. Benachteiligungen ergeben sich jedoch durch gesellschaftlich tradierte Wertvorstellungen . Der Staat bemüht sich aktiv um die Beseitigung gesellschaftlich bedingter Barrieren. e) Welche Ungleichbehandlungen von Frauen und Mädchen einerseits und Männern und Jungen andererseits sind nach Kenntnis der Bundesregierung im marokkanischen Verfassungsrecht, Es wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Vertragsrecht, Es besteht nach Kenntnis der Bundesregierung keine rechtliche Ungleichbehandlung zwischen den Geschlechtern. Familienrecht, In Marokko gilt islamisches Personenstands-, Familien- und Erbrecht malekitischer Schule für Musliminnen und Muslime und religiöses jüdisches Recht für Jüdinnen und Juden. Mit der Änderung des Familienrechts zugunsten der Frauen vom 6. Februar 2004 („Moudawana“) unter anderem mit der Abschaffung der Gehorsamspflicht der Ehefrau, der Anhebung des grundsätzlichen Ehefähigkeitsalters der Frau auf 18 Jahre, der Abschaffung der Hinzuziehung eines Vormunds zur Eheschließung für volljährige Frauen, der Erlaubnis von Polygamie nur noch in genehmigten Ausnahmefällen sowie mit der Einrichtung von Familiengerichten ist eine deutliche Verbesserung der rechtlichen Stellung der Frauen erfolgt. Erbrecht, Der gesetzliche Erbteil von weiblichen Erben hängt vom Einzelfall und dem Vorhandensein männlicher Erben ab. Er kann in einer entsprechenden Konstellation geringer ausfallen als der eines männlichen Erben. Der Nationale Menschenrechtsrat hat im Herbst 2015 eine Änderung dieser Regelung gefordert und damit eine breite Diskussion angestoßen. Strafrecht, Es wird auf die Antwort zu Frage 7a verwiesen. Darüber hinaus besteht keine Ungleichbehandlung im Strafrecht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8693 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Verwaltungsrecht, Prozessrecht vorgesehen? Die Fragen 7e (vi. und vii.) werden zusammengefasst beantwortet. Es besteht keine rechtliche Ungleichbehandlung. 8. Werden nach Kenntnis der Bundesregierung Kinder in Marokko hinreichend vor Gewalt geschützt, und wie beurteilt die Bundesregierung diese Situation? Nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen ist Gewalt gegen Kinder in Marokko immer noch weit verbreitet. Der Nationale Menschenrechtsrat hat im Mai 2013 Empfehlungen für einen umfassenden Politikansatz zur Verbesserung der Situation von Kindern in Marokko vorgestellt. Die Regierung hat diese Empfehlungen in ihre Politik einfließen lassen. Das VN-Kinderrechtskomitee hat im Oktober 2014 Initiativen des marokkanischen Staates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, darunter Pläne zur Einrichtung von Schutzzentren für Kinder in Großstädten oder Beratungszentren in Krankenhäusern für Kinder, die Opfer von Gewalt geworden sind, begrüßt. 9. Wie viele Fälle der Zwangsverheiratung in Marokko sind der Bundesregierung seit 2012 bekannt geworden, und inwiefern wurden diese Fälle von den Behörden strafrechtlich oder anderweitig verfolgt? Nach marokkanischem Recht ist für die Eheschließung das Einverständnis beider Ehepartner erforderlich. Wirtschaftlicher Druck und tradierte Gesellschaftsvorstellungen können dazu führen, dass Familien besonders auf Frauen Druck ausüben , möglichst früh zu heiraten. Der für eine strafrechtliche Verfolgung erforderliche Nachweis, dass es sich um eine Zwangsheirat handelt, ist in der Praxis regelmäßig schwer zu erbringen. 10. In wie vielen Fällen wurden Minderjährige in Marokko seit 2012 verheiratet, und in wie vielen dieser Fälle waren beide Betroffene minderjährig? Seit der Reform des Familienrechts im Jahr 2004 dürfen Eheschließungen 15- bis 18-jähriger Jugendlicher nur vom Gericht und nur in besonders begründeten Fällen zugelassen werden. Die zuständigen Gerichte geben Anträgen auf Genehmigung einer Eheschließung mit Beteiligung (auch nur einer/einem) Minderjährigen in der Regel statt, wenn die Zustimmung der/des Minderjährigen vorliegt. Nach Zahlen des Justizministeriums betrug der Anteil der Eheschließungen, an denen Minderjährige beteiligt waren, im Jahr 2013 11,47 Prozent. Die absolute Zahl der Eheschließungen mit Beteiligung von Minderjährigen im Jahr 2012 lag bei 41 098, im Jahr 2013 bei 35 152. Nach Ergebnissen der allgemeinen Volkszählung im Herbst 2014 gab es zum Zeitpunkt der Volkszählung 123 956 minderjährige Verheiratete in Marokko, davon 82,4 Prozent Frauen. Statistiken darüber, in wie vielen Fällen bei einer Eheschließung beide Ehegatten minderjährig waren, liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/8693 11. In wie vielen Fällen sind marokkanische Staatsangehörige nach Kenntnis der Bundesregierung Opfer von Menschenhandel geworden (bitte nach Geschlecht und Zweck des Menschenhandels – sexuelle Ausbeutung, Arbeitsausbeutung , Zwangsbettelei, Zwangskriminalität, Organraub usw. – aufschlüsseln ), und inwiefern wurden diese Fälle von den marokkanischen Behörden strafrechtlich oder anderweitig verfolgt? Die marokkanische Regierung bekämpft Menschenhandel nachdrücklich und plant im Rahmen ihrer seit 2013 entwickelten Strategie zur Migrationspolitik die Verabschiedung eines speziellen Gesetzes zur Bekämpfung von Menschenhandel . Ein entsprechender Gesetzesentwurf ist eingebracht und wird gegenwärtig im Gesetzgebungsprozess behandelt. Genaue Zahlen zu Berichten über marokkanische Staatsangehörige, die durch Menschenhandel Opfer von Ausbeutung durch Zwangsarbeit oder Zwangsprostitution in Europa und in Golfstaaten geworden sind, liegen der Bundesregierung nicht vor. 12. In wie vielen Fällen mussten Minderjährige in Marokko seit 2012 entgegen völkerrechtlichen Vorgaben Kinderarbeit leisten, und in wie vielen dieser Fälle waren die Betroffenen unter 14 Jahre alt? In Marokko ist das gesetzliche Mindestalter zur regulären Arbeitsaufnahme 15 Jahre. Gesetzgebung und staatliche Schutzmaßnahmen sollen ausgebaut werden . Nach Angaben des staatlichen Statistikamtes gab es im Jahr 2015 ungefähr 59 000 arbeitende Kinder zwischen sieben und 15 Jahren (2014: 68 870, 2013: 88 570). Menschenrechtliche Lage von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, Transgendern und Intersexuellen (LSBTTI) 13. Wie beurteilt die Bundesregierung die menschenrechtliche Situation von LSBTTI in Marokko? Nach dem marokkanischen Strafgesetzbuch ist jeder außereheliche Geschlechtsverkehr strafbar. Artikel 489 stellt homosexuelle Handlungen sowohl für Frauen als auch für Männer unter Strafe, die Höchststrafe liegt bei drei Jahren Haft. Homosexualität wird in der Regel toleriert, solange sie im Verborgenen gelebt wird. LSBTTI-Orientierung oder -Identität werden vom marokkanischen Staat nicht anerkannt, entsprechend bestehen in diesem Bereich keine Gesetze. Das Strafgesetzbuch sieht keine ausdrücklichen Strafen für strafbare Handlungen gegen diese Gruppe vor, und sie wird auch nicht von Antidiskriminierungsgesetzen geschützt. Ein öffentliches Ausleben einer LSBTTI-Orientierung ist mit einem sozialen Stigma verbunden. a) Wie viele Menschen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung wegen einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Handlungen unter Erwachsenen seit 2012 verurteilt? Im April 2016 wurden in der Provinzstadt Beni Mellal zwei Männer wegen homosexueller Akte gemäß Artikel 489 des marokkanischen Strafgesetzbuches zu drei- und viermonatigen Haftstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt wurden, verurteilt . Die Bundesregierung hat Kenntnis von folgenden Einzelfällen: Im Mai 2015 wurden drei Männer zu je drei Jahren Haft, dem Maximalstrafmaß, verurteilt. Zwei der drei Männer wurde der Vollzug homosexueller Handlungen vorgeworfen, während der Dritte sich wegen Prostitution vor Gericht verantworten musste, da Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8693 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode er den Kontakt zwischen den beiden anderen Männern hergestellt hatte. In einem anderen Fall wurden zwei Männer im Jahr 2015 zu einer dreimonatigen Haftstrafe und einer Geldstrafe von 500 marokkanischen Dirham verurteilt (etwa 50 Euro). Die Männer waren festgenommen worden, weil sie sich öffentlich geküsst haben sollen. Im Juli 2014 wurden sechs Männer in Beni Mellal wegen „homosexueller Akte“ verurteilt, zwei davon zu Haftstrafen, die vier anderen zu Bewährungsstrafen . Im Mai 2013 wurden drei Männer in Souk el-Arbaa wegen homosexueller Akte zu Haftstrafen verurteilt. Zu möglichen anderen Fällen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. b) Wie viele Übergriffe (Einschüchterungen, Bedrohungen, gewalttätige Übergriffe) gegen LSBTTI sind der Bundesregierung seit 2012 bekannt geworden (bitte nach Jahren aufschlüsseln), und in wie vielen Fällen kam es nach Kenntnis der Bundesregierung zu Strafverfahren und Verurteilungen (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? In der Presse wird häufig von Übergriffen auf heterosexuelle unverheiratete Paare berichtet, auch Verurteilungen wegen außerehelichen Geschlechtsverkehrs, Förderung der Prostitution und Ehebruch erfolgen. Gelegentlich kommt es zu Übergriffen gegen LSBTTI. Im März 2016 griff eine Gruppe von vier jungen Männern zwei Männer in ihrer Wohnung an (siehe auch Antwort zu Frage 13). Zwei der Angreifer wurden im April 2016 zu je vier und sechs Monaten Haft wegen Körperverletzung , Hausfriedensbruch und Tragen von Stichwaffen verurteilt, zwei weitere Personen wurden freigesprochen. Während des Fastenmonats Ramadan griffen im Juni 2015 in Fes mehrere Menschen einen Mann an, den sie für homosexuell hielten. Mehrere der an dem Angriff beteiligten Männer wurden festgenommen. Das marokkanische Innenministerium forderte in einer Pressemitteilung von seinen Bürgern, keine Selbstjustiz auszuüben. Im September 2015 wurden in Casablanca zwei Männer festgenommen, die einen anderen Mann, den sie für homosexuell hielten, angegriffen hatten. Zu möglichen anderen Fällen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. c) Inwiefern werden LSBTTI beim Zugang zu öffentlichen Ämtern rechtlich oder tatsächlich benachteiligt? Hierüber liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. d) Inwiefern werden LSBTTI beim Zugang zu öffentlichen Leistungen rechtlich oder tatsächlich benachteiligt? e) Inwiefern haben LSBTTI tatsächlich Zugang zu gesundheitlicher Versorgung bei akutem Behandlungsbedarf einerseits und chronischen Leiden andererseits, inwiefern ist die gesundheitliche Versorgung der Angehörigen dieser Gruppe kostenlos, und inwiefern wird bei der gesundheitlichen Versorgungen der Angehörigen dieser Gruppe die ärztliche Schweigepflicht gewahrt? Hierüber liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/8693 f) Inwiefern werden LSBTTI beim Zugang zu Arbeit, Bildung, Wohnraum und im sonstigen privatrechtlichen Rechtsverkehr rechtlich oder tatsächlich benachteiligt, und welchen Schutz bieten die Behörden vor solcher Benachteiligung? Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. g) Welche Medien sind in Algerien öffentlich verfügbar, die LSBTTI-Themen ansprechen, und inwiefern sind der Bundesregierung Maßnahmen bzw. Gesetze bekannt, die geeignet bzw. bestimmt sind, die Redaktion bzw. den Vertrieb solcher Medien zu unterbinden? In den vergangenen Jahren wurden LSBTTI-Themen verstärkt in den marokkanischen Medien aufgegriffen. Spezifische Maßnahmen oder Gesetze, die die Redaktion oder den Vertrieb von Medien, die entsprechende Themen ansprechen, unterbinden sollen, sind der Bundesregierung nicht bekannt. 14. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung entsprechend den Äußerungen des Staatsministers im Auswärtigen Amt, Michael Roth, im Deutschen Bundestag (Plenarprotokoll 18/156 vom 19. Februar 2016, S. 15372) gegenüber der marokkanischen Regierung für die Rechte von LSBTTI in Marokko ein? Die Bundesregierung thematisiert im Rahmen ihres Dialogs mit marokkanischen öffentlichen Stellen regelmäßig Menschenrechtsfragen, darunter auch die Rechte von LSBTTI. Die Menschenrechtslage wurde auch bei den letzten hochrangigen Besuchen in Marokko durch die Bundesminister Dr. Gerd Müller, Thomas de Maizière und Sigmar Gabriel in ihren Treffen mit dem marokkanischen Regierungschef und marokkanischen Ministern aktiv angesprochen. Die deutsche Botschaft steht im direkten Kontakt mit marokkanischen und internationalen Menschenrechtsorganisationen , auch zur Lage der LSBTTI. 15. Inwiefern wird die Bundesregierung die Rechte von LSBTTI anlässlich des geplanten Besuchs des marokkanischen Königs Mohammed VI. in Deutschland ansprechen? Zurzeit bestehen keine konkreten Planungen für einen Besuch des marokkanischen Königs Mohammed VI. in Deutschland. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen. 16. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung zum Schutz von LSBTTI in Marokko, und welche Maßnahmen wird sie in Zukunft ergreifen? Auf die Antwort zu Frage 14 wird verwiesen. Zwei Vertreter der marokkanischen LSBTTI-Organisation ASWAT (arabisch für „Stimmen“) nahmen auf Einladung des Auswärtigen Amts vom 1. bis 7. November 2015 an einer Besuchsreise für LSBTTI-Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger aus der MENA-Region teil, die in Zusammenarbeit mit der Hirschfeld-Eddy-Stiftung und dem Goethe -Institut durchgeführt wurde. Die siebentägige Besuchsreise sollte den Erfahrungsaustausch untereinander fördern und die Vernetzung mit hiesigen Institutionen und Akteuren ermöglichen. Thema der einwöchigen Reise waren Strategien gegen Homo- und Transphobie in der MENA-Region. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Reise waren jeweils zwei LSBTTI-Aktivisten aus Marokko , Algerien und Tunesien. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8693 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Menschenrechtliche Lage von weiteren sozialen Gruppen 17. Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation von nomadisch lebenden Menschen in Marokko aus menschenrechtlicher Perspektive? a) Inwiefern werden gegen diese Menschen menschenfeindlich motivierte Straftaten begangen, und welchen Schutz bieten die Behörden vor solchen Straftaten? b) Inwiefern werden diese Menschen beim Zugang zu öffentlichen Leistungen rechtlich oder tatsächlich benachteiligt? c) Inwiefern werden diese Menschen beim Zugang zu Arbeit, Bildung, Wohnraum und im sonstigen privatrechtlichen Rechtsverkehr rechtlich oder tatsächlich benachteiligt, und welchen Schutz bieten die Behörden vor solcher Benachteiligung? Die Fragen 17 bis 17c werden zusammengefasst beantwortet. Zur Situation nomadisch lebender Personen in Marokko liegen der Bundesregierung keine weiteren detaillierten Informationen vor. 18. Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation von Wohnungslosen und insbesondere von minderjährigen Wohnungslosen in Marokko aus menschenrechtlicher Perspektive? a) Inwiefern werden gegen Wohnungslose durch gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit motivierte Straftaten begangen, und welchen Schutz bieten die Behörden vor solchen Straftaten? Berichte über derartige Straftaten liegen der Bundesregierung nicht vor. b) Inwiefern werden Wohnungslose beim Zugang zu öffentlichen Leistungen rechtlich oder tatsächlich benachteiligt? c) Inwiefern werden Wohnungslose beim Zugang zu Arbeit, Bildung und im sonstigen privatrechtlichen Rechtsverkehr rechtlich oder tatsächlich benachteiligt , und welchen Schutz bieten die Behörden vor solcher Benachteiligung ? Die Fragen 18b und 18c werden zusammengefasst beantwortet. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 19. Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation von drogenabhängigen Menschen in Marokko aus menschenrechtlicher Perspektive, und inwiefern sind diese Menschen wegen bzw. im Zusammenhang mit ihrer Krankheit straf- und ordnungsrechtlichen Maßnahmen ausgesetzt? In Marokko sind Drogenbesitz und Drogenkonsum strafbar. Das Land verfolgt seit 2005 eine nationale Strategie zur Bekämpfung von Drogen, die auch Maßnahmen zur Prävention und Rehabilitation vorsieht. Diskussionen über eine Legalisierung von Hanfanbau und Cannabiskonsum finden gleichwohl regelmäßig statt. Nach einem Bericht der nationalen Beobachtungsstelle für Drogen und Abhängigkeiten (Observatoire de drogues et addictions) aus dem Jahr 2014 waren im Jahr 2011 etwa ein Viertel der Gefängnisinsassen wegen Drogendelikten verurteilt (von Konsum bis Handel oder Schmuggel). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/8693 Menschenrechtliche Lage von politisch aktiven Menschen 20. Welche Fälle sind der Bundesregierung bekannt, in denen Menschen in Marokko wegen ihrer politischen Arbeit polizeilichen oder justiziellen Maßnahmen unterworfen wurden, und wie beurteilt die Bundesregierung diese Situation? Politische Betätigung ist in Marokko grundsätzlich ohne staatliche Einschränkungen möglich. Aktivitäten, die sich gegen die Monarchie, gegen die Stellung des Islam als Staatsreligion oder gegen die territoriale Integrität Marokkos wenden, werden von den staatlichen Behörden in der Regel eingeschränkt und sanktioniert . Die gesetzliche Grundlage hierfür findet sich in der Verfassung sowie in einschlägigen Regelungen des Pressegesetzes und des Strafgesetzbuches. 21. Inwiefern sind Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit in Marokko nach Kenntnis der Bundesregierung gewährleistet, welche Maßnahmen, die die Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit beschränken, sind der Bundesregierung bekannt, und wie beurteilt sie diese Situation? Die marokkanische Verfassung von 2011 schützt die Meinungsfreiheit und die Pressefreiheit (Artikel 28 und 165). Einschränkungen erlaubt das Pressegesetz, das in seinem Artikel 41 Gefängnisstrafen zwischen drei und fünf Jahren vorsieht für Meinungsäußerungen, die den Islam, die Monarchie oder die territoriale Integrität des Landes untergraben oder die den König sowie Mitglieder der königlichen Familie beleidigen. Im Juli 2014 wurde im Parlament ein Entwurf für ein neues Pressegesetz vorgelegt, wonach die Abschaffung besonderer Haftstrafen wegen journalistischer Betätigung vorgesehen ist. Der Entwurf wird noch immer im Parlament beraten. Journalisten und internationale Beobachter kritisieren, dass für die angeführten Tatbestände weiterhin die einschlägigen Bestimmungen des Strafgesetzbuches gelten und das neue Pressegesetz zudem hohe Geldstrafen und Berufsverbote vorsieht. 22. In wie vielen Fällen kam es in Marokko nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2012 zu Strafverfahren und Verurteilungen wegen Äußerungen und Handlungen, die nach ihrer Einschätzung unter Berücksichtigung völkerrechtlicher Vorgaben Ausübung der Meinungs-, Presse oder Informationsfreiheit waren (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? a) In wie vielen dieser Fälle handelte es sich um Kritik am König bzw. am Königshaus? b) In wie vielen dieser Fälle handelte es sich um Kritik an der herrschenden Islaminterpretation? c) In wie vielen dieser Fälle handelte es sich um Kritik an der Westsahara- Politik der marokkanischen Regierung? d) In wie vielen dieser Fälle handelte es sich um Kritik an der Politik der marokkanischen Regierung in anderen Bereichen? Die Fragen 22 bis 22d werden zusammengefasst beantwortet. Meinungs- und Pressefreiheit werden nach dem geltenden Pressegesetz eingeschränkt . Statistiken über die Anzahl der Verurteilungen auf Grundlage dieses Gesetzes liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8693 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 23. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand des Verfahrens gegen den Journalisten Ali Anouzla wegen Befürwortung und Unterstützung des Terrorismus (Amnesty-Stellungnahme, S. 4), und inwiefern verletzt dieses Verfahren nach Auffassung der Bundesregierung die Menschenrechte des Betroffenen? Das Verfahren gegen den Journalisten Ali Anouzla wegen Befürwortung und Unterstützung des Terrorismus wurde mehrmals vertagt und ist noch nicht abgeschlossen . Die Bundesregierung nimmt zu laufenden Gerichtsverfahren keine Stellung. 24. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand des Verfahrens gegen den Journalisten Hamid El Mahdaoui wegen Diffamierung und öffentlicher Beleidigung (Amnesty-Stellungnahme, S. 4), und inwiefern verletzt dieses Verfahren nach Auffassung der Bundesregierung die Menschenrechte des Betroffenen? Hamid El Mahdaoui ist Leiter der Internetnachrichtenseite www.badil.info. Im Zusammenhang mit dem ungeklärten Tod eines jungen Mitglieds der Partei USFP („Union Socialiste des Forces Populaires“) in einem Polizeirevier hatte er Foltervorwürfe erhoben, woraufhin er wegen Beschädigung des Ansehens der Sicherheitsbehörden sowie behaupteter Foltervorwürfe angeklagt wurde. Im Juni 2015 wurde El Mahdaoui zu vier Monaten Gefängnisstrafe und zur Zahlung von 100 000 marokkanischen Dirham (etwa 10 000 Euro) verurteilt. Im August 2015 wurde El Mahdaoui wegen des weiteren Vorwurfs, er habe falsche Informationen zur Explosion eines Autos verbreitet, zur Zahlung von 30 000 DH (etwa 3 000 Euro) verurteilt und die Internetseite www.badil.info wurde für drei Monate gesperrt. 25. Inwiefern verletzt die Verurteilung des Rappers Othman Atiq wegen Untergrabung der öffentlichen Moral und Anstiftung zum Drogenmissbrauch (Amnesty-Stellungnahme, S. 4) die Menschenrechte des Betroffenen? Othman Atiq wurde am 17. Oktober 2014 zu einer dreimonatigen Haftstrafe verurteilt und bereits am 12. November 2014 entlassen. Weitere Informationen zu diesem Fall liegen der Bundesregierung nicht vor. 26. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus, dass die Friedrich-Naumann-Stiftung infolge der Verleihung des Raif-Badawi-Awards für mutige Journalisten im November 2016 von der marokkanischen Regierung aufgefordert wurde, ihre Büroleiterin aus Rabat abzuziehen, und dieser Aufforderung nachgekommen ist (www.tagesspiegel.de/politik/demokratiefoerderung -unter-druck-friedrich-naumann-stiftung-zieht-bueroleiterin-ausmarokko -ab/12877340.html)? In Abstimmung mit der Friedrich-Naumann-Stiftung hat sich das Auswärtige Amt für die Büroleiterin der Stiftung in Rabat verwandt und den Fall sowohl in Berlin, wie auch über die Botschaft in Rabat mit der marokkanischen Seite aufgenommen . Dabei hat die Bundesregierung deutlich gemacht, dass sie der freien Arbeit politischer Stiftungen große Bedeutung beimisst. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/8693 27. Inwiefern wird die Vereinigungsfreiheit in Marokko nach Kenntnis der Bundesregierung gewährleistet? Artikel 29 der Verfassung von 2011 garantiert die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit . Nichtregierungsorganisationen müssen sich beim Innenministerium registrieren. Nichtregierungsorganisationen, die nach Einschätzung der Regierung gegen die Monarchie, die Rolle des Islam als Staatsreligion oder die territoriale Integrität Marokkos vorgehen, wird die Registrierung verweigert. Viele Organisationen sind zwar nicht offiziell registriert, ihre Arbeit wird jedoch geduldet . Einige wenige Organisationen ziehen es vor, nicht den offiziellen Registrierungsprozess zu durchlaufen. 28. Sind der Bundesregierung Behinderungen der Arbeit von Nichtregierungsorganisationen in Marokko durch Gesetze bzw. hoheitliche Maßnahmen bekannt ? Nichtregistrierte Organisationen haben weder Zugang zu staatlicher Förderung, noch das Recht, Spenden anzunehmen. 29. In wie vielen Fällen kam es nach Kenntnis der Bundesregierung zu Sanktionen gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Nichtregierungsorganisationen bzw. zivilgesellschaftlicher Initiativen in Marokko wegen der fehlenden Registrierung der Organisation? Der Bundesregierung liegen hierüber keine Erkenntnisse vor. 30. Inwiefern verletzt die Verurteilung der Menschenrechtsaktivisten Oussama Housne und Wafae Charaf wegen falscher Berichterstattung (Amnesty-Stellungnahme , S. 4) die Menschenrechte der Betroffenen? Die Verurteilung von Wafae Charaf zu einem Jahr Freiheitsstrafe erging am 12. August 2013. Am 29. September 2014 fand die Berufungsverhandlung statt, in deren Folge die Freiheitsstrafe auf zwei Jahre erhöht wurde. Zudem wurde Wafae Charaf zur Zahlung einer erheblichen Geldstrafe verurteilt. Die Angaben schwanken zwischen 50 000 und 100 000 Dirham (etwa 5 000 bis 10 000 Euro). Oussama Housne wurde im Mai 2014 zu drei Jahren Gefängnisstrafe und einer Geldstrafe von 100 000 DH (etwa 10 000 Euro) verurteilt. Das Urteil wurde in der Berufung im März 2015 bestätigt. Eine Bewertung dieser Einzelfälle kann die Bundesregierung anhand der ihr vorliegenden Informationen nicht vornehmen. Es wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen. 31. Ist der Bundesregierung bekannt, dass mehreren Menschenrechtsorganisationen in der zweiten Jahreshälfte 2014 die Durchführung öffentlicher Veranstaltungen untersagt wurde (Amnesty-Stellungnahme, S. 5), und wenn ja, um welche Organisationen handelte es sich, und wie beurteilt die Bundesregierung diese Situation? Die Vorfälle sind der Bundesregierung bekannt. Von dem Veranstaltungsverbot waren mehrere Nichtregierungs-Organisationen betroffen, darunter vor allem die Menschenrechtsorganisation AMDH (Association marocaine des droits humains, eine der größten und landesweit organisierten nationalen Menschenrechtsorganisationen ) und Amnesty International. Aus Sicht der Bundesregierung ist das Bild Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8693 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode uneinheitlich. In von den betroffenen Organisationen angestrengten verwaltungsrechtlichen Verfahren gegen die Verbote erhielten die Nichtregierungsorganisationen Recht. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen. 32. Ist der Bundesregierung bekannt, dass Amnesty International im September 2014 behördlich daran gehindert wurde, ihr alljährliches Jugendcamp abzuhalten (Amnesty-Stellungnahme, S. 5), und wie beurteilt sie dies? Ein von Amnesty International geplantes Jugendcamp konnte im September 2014 nicht wie geplant im „Complexe Culturel Moulay Rachid“ in Bouznika durchgeführt werden, weil die Verwaltung des Veranstaltungsortes eine behördliche Erlaubnis verlangte. Die nicht erteilte Genehmigung der Veranstaltung stand im zeitlichen Zusammenhang mit den in Frage 31 genannten Fällen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen. 33. Sind der Bundesregierung Behinderungen der Arbeit von unabhängigen Gewerkschaften in Marokko durch Gesetze bzw. hoheitlichen Maßnahmen bekannt ? Die Verfassung von 2011 schützt die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft und das Streikrecht. Gewisse Gruppen von Staatsbediensteten, so auch Soldatinnen und Soldaten, Polizistinnen und Polizisten und Justizbeamtinnen und -beamte dürfen nicht Mitglied einer Gewerkschaft sein. Die meisten der zahlreichen Gewerkschaften sind eng mit einer politischen Partei verbunden. Über Einschränkungen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 34. Wie viele Übergriffe (Einschüchterungen, Bedrohungen, gewalttätige Übergriffe ) gegen Journalistinnen und Journalisten in Marokko sind der Bundesregierung seit 2012 bekannt geworden (bitte nach Jahren aufschlüsseln), und in wie vielen Fällen kam es nach Kenntnis der Bundesregierung zu Strafverfahren und Verurteilungen (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? 35. Wie viele Übergriffe (Einschüchterungen, Bedrohungen, gewalttätige Übergriffe ) gegen Oppositionspolitikerinnen und -politiker in Marokko sind der Bundesregierung seit 2012 bekannt geworden (bitte nach Jahren aufschlüsseln ), und in wie vielen Fällen kam es nach Kenntnis der Bundesregierung zu Strafverfahren und Verurteilungen (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? 36. Wie viele Übergriffe (Einschüchterungen, Bedrohungen, gewalttätige Übergriffe ) gegen Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten in Marokko sind der Bundesregierung seit 2012 bekannt geworden (bitte nach Jahren aufschlüsseln ), und in wie vielen Fällen kam es nach Kenntnis der Bundesregierung zu Strafverfahren und Verurteilungen (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? 37. Wie viele Übergriffe (Einschüchterungen, Bedrohungen, gewalttätige Übergriffe ) gegen Anwältinnen und Anwälte in Marokko sind der Bundesregierung seit 2012 bekannt geworden (bitte nach Jahren aufschlüsseln), und in wie vielen Fällen kam es nach Kenntnis der Bundesregierung zu Strafverfahren und Verurteilungen (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? 38. Wie viele Übergriffe (Einschüchterungen, Bedrohungen, gewalttätige Übergriffe ) gegen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter in Marokko sind der Bundesregierung seit 2012 bekannt geworden (bitte nach Jahren aufschlüsseln ), und in wie vielen Fällen kam es nach Kenntnis der Bundesregierung zu Strafverfahren und Verurteilungen (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Die Fragen 34 bis 38 werden zusammengefasst beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/8693 Journalistinnen und Journalisten, Politikerinnen und Politiker, Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten, Anwältinnen und Anwälten sowie Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter können in Marokko in der Regel frei von Übergriffen arbeiten. In sehr seltenen Fällen kommt es zu Übergriffen, die bei entsprechenden Anklagen verurteilt werden. Gesicherte Zahlen über Fälle von Übergriffen liegen der Bundesregierung nicht vor. Aktivitäten, die sich gegen die Monarchie, gegen die Stellung des Islam als Staatsreligion oder gegen die territoriale Integrität Marokkos wenden, werden von den staatlichen Behörden in der Regel eingeschränkt und sanktioniert. Einschränkungen der Arbeit können ebenfalls auf Grundlage der nach den Attentaten vom Mai 2003 in Casablanca verabschiedeten Antiterrorismusgesetzgebung erfolgen . 39. Inwiefern ist die Versammlungsfreiheit in Marokko nach Auffassung der Bundesregierung gewährleistet, und wie viele friedliche öffentliche Versammlungen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2012 nicht genehmigt oder aufgelöst? Statistiken zur Genehmigungspraxis von Versammlungen in Marokko liegen der Bundesregierung nicht vor. Artikel 29 der marokkanischen Verfassung von 2011 garantiert die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit. Vor Beginn einer Versammlung ist eine Genehmigung des Innenministeriums erforderlich. Die marokkanischen Sicherheitsbehörden sind befugt, Versammlungen, die ohne Genehmigung stattfinden oder die Straftatbestände erfüllen, aufzulösen. Dabei sind sie gehalten , sich deeskalierend und möglichst gewaltfrei zu verhalten. Der Nationale Menschenrechtsrat fordert die Zivilgesellschaft zur Anmeldung von geplanten Versammlungen auf und führt seit einigen Jahren landesweit Menschenrechtsschulungen mit den Sicherheitsbehörden durch, um deren Angehörige für deeskalierendes und gewaltfreies Verhalten bei Versammlungsauflösungen zu sensibilisieren . 40. In wie vielen Fällen kam es in Marokko nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2012 zu Strafverfahren und Verurteilungen wegen der Teilnahme an friedlichen öffentlichen Versammlungen (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Über die Gesamtzahl an Strafverfahren und Verurteilungen in derartigen Fällen liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Weitere Aspekte der menschenrechtlichen Lage in Marokko 41. In wie vielen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung in Marokko seit 2012 die Todesstrafe verhängt? Marokko verhängt weiterhin die Todesstrafe, vollstreckt sie aber nicht mehr. Seit 1993 gilt ein de facto-Moratorium. Derzeit sitzen 120 zum Tode verurteilte Personen in marokkanischen Gefängnissen. 2015 wurde die Todesstrafe neun Mal verhängt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8693 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 42. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus, dass Amnesty International und das Deutsche Institut für Menschenrechte den marokkanischen Behörden Folter bzw. unmenschliche und erniedrigende Behandlung , insbesondere in Polizeigewahrsam und Justizvollzugsanstalten, vorwerfen (Amnesty-Stellungnahme, S. 6 und 7; Deutsches Institut für Menschenrechte , schriftliche Stellungnahme zum Referentenentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Bestimmung von Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten“ vom 2. Februar 2016)? Marokko verfolgt eine aktive Politik der Bekämpfung von Folter. Artikel 23 der Verfassung von 2011 garantiert Gefangenen menschenwürdige Haftbedingungen . Im November 2014 ist Marokko dem Fakultativprotokoll zum VN Übereinkommen gegen Folter beigetreten und hat sich damit verpflichtet, einen nationalen Präventionsmechanismus einzurichten, der beim Nationalen Menschenrechtsrat angesiedelt sein wird. Nach Einschätzung nationaler wie internationaler nichtstaatlicher Akteure, der VN und dem Nationalen Menschenrechtsrat Marokkos gibt es in Marokko keine staatliche Anordnung von Misshandlung in Polizeigewahrsam oder von Folter. Misshandlungsvorwürfen soll konsequent nachgegangen werden. Marokko lädt regelmäßig Sonderberichterstatter der VN zu Menschenrechtsthemen ein und arbeitet daran, ihre Empfehlungen in nationalen Gesetzen und Verwaltungspraxis umzusetzen. Die Bundesregierung setzt sich gegenüber der marokkanischen Regierung gemeinsam mit anderen europäischen Partnern für die Bekämpfung von Folter und gegen unmenschliche und erniedrigende Behandlung ein. 43. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand des Verfahrens gegen Omar Moujane, Ibrahim Hamdaoui und Abdessamad Madri (Amnesty-Stellungnahme , S. 7), und inwiefern verletzt dieses Verfahren nach Auffassung der Bundesregierung die Menschenrechte der Betroffenen? Am 7. Juli 2014 erfolgte die Bestätigung einer Verurteilung der drei Genannten durch das Berufungsgericht Ouarzazate zu drei Jahren Haftstrafe ohne Bewährung und einer Geldstrafe in Höhe von insgesamt 180 000 Dirham (etwa 18 000 Euro), je 60 000 Dirham (etwa. 6 000 Euro). 44. Inwiefern kommt es nach Kenntnis der Bundesregierung zu unzulässiger politischer Einflussnahme auf die Arbeit marokkanischer Gerichte und Strafverfolgungsbehörden ? Über politische Einflussnahme auf die Arbeit marokkanischer Gerichte liegen der Bundesregierung keine gesicherten Erkenntnisse vor. Berichte über Korruption im Justizsektor sind weit verbreitet. Der Staat bemüht sich um die Stärkung unabhängiger Institutionen, um die bessere Beachtung rechtstaatlicher Normen und Verfahrensregeln durch die ausführenden Organe, sowie um die Bekämpfung von Korruption. Beispielhafte Maßnahmen sind die Stärkung der Rolle der Antikorruptionsbehörde, eine geplante umfassende Reform des Justizsektors sowie die bessere Schulung der Richterinnen und Richter und des Justizpersonals . 45. Inwiefern werden die Rechte von Beschuldigten im Strafverfahren in Marokko gewahrt? Die marokkanische Strafprozessordnung sieht den Schutz von grundlegenden Beschuldigtenrechten , wie etwa der Unschuldsvermutung, der Öffentlichkeit des Verfahrens, dem Recht der Beschuldigten zur Teilnahme am Verfahren und zur Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/8693 Vertretung durch einen Anwalt oder der Möglichkeit eines Berufungsverfahrens und die Unverwertbarkeit unter unzulässigen Bedingungen erlangter Beweismittel vor. Traditionell wird in Strafprozessen ein Geständnis des Beklagten angestrebt . Menschenrechtsorganisationen haben bemängelt, dass diese Praxis Misshandlungen in Polizeigewahrsam und Untersuchungshaft begünstige. Im Rahmen der Pläne zu einer umfassenden Strafrechtsreform bemüht sich Marokko darum, Beschuldigtenrechte noch besser zu wahren und andere Möglichkeiten des Tatbeweises zu nutzen. 46. Ist die „illegale“ Ausreise aus Marokko nach Kenntnis der Bundesregierung weiterhin strafbar, und inwiefern ist dies nach Auffassung der Bundesrepublik Deutschland vereinbar mit Artikel 13 Absatz 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und anderen völkerrechtlichen Vorgaben? Die Strafbarkeit ergibt sich aus Artikel 50 des Gesetzes zur illegalen Einreise und Aufenthalt von Ausländern und zur illegalen Emigration und Immigration. Strafbar ist hierbei insbesondere die Aneignung einer fremden Identität, die Verwendung gefälschter Identitätsdokumente oder sonstiger Täuschung bei der Kontrolle der Ausreise. Dies kann mit einer Geldbuße von 3 000 bis 10 000 Dirham und/ oder einer Gefängnisstrafe von einem bis sechs Monaten bestraft werden. Die Täuschungsabsicht ist dabei Voraussetzung für die Strafbarkeit. Gemäß Artikel 29 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte kann das Recht auf Ausreise Einschränkungen unterworfen werden, soweit diese bestimmten Kriterien genügen und insbesondere verhältnismäßig sind. 47. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Nichtregierungsorganisation Freedom House, dass es sich bei Marokko um einen lediglich „teilweise freien“ Staat handelt (https://freedomhouse.org/country/morocco), und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht sie daraus? Marokko ist eine Monarchie mit einer Verfassung, die seit 2011 einen umfangreichen Menschenrechtskatalog vorsieht. Das Königreich verfolgt seit der Inthronisierung von König Mohammed VI. einen verstärkten Modernisierungskurs, beispielsweise durch die Einrichtung einer Versöhnungskommission zur Aufarbeitung von staatlich verübtem Unrecht in den 1970er und 1980er Jahren, sowie durch eine ambitionierte Reform des Familienrechts. Die Verfassung von 2011 sieht eine deutliche Stärkung demokratischer und rechtstaatlicher Elemente vor. Über zahlreiche kontroverse Themen wie etwa die Rolle religiöser Fragen im Strafrecht, Fragen sozialer Gerechtigkeit, Korruption und Nepotismus, Einschränkungen bürgerlicher Freiheiten finden öffentliche Diskussionen statt, die die gesellschaftliche Unterstützung für neue Lösungsansätze in diesen Feldern schrittweise befördern. Über das letzte Jahrzehnt gesehen steht Marokko in der arabischen Welt als ein Land da, das vor dem Hintergrund politischer, wirtschaftlicher und sozialer Stabilität erkennbare Fortschritte bei der Entwicklung von Freiheitsrechten und Demokratie zeitigt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333