Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 2. Juni 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/8696 18. Wahlperiode 07.06.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kathrin Vogler, Sabine Zimmermann (Zwickau), Nicole Gohlke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/8518 – Drohende Verschlechterung des Zugangs zu medizinischem Wissen in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 1. Februar 2016 kündigte das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) an, seinen Zugang zu medizinischen Datenbanken weitgehend zu schließen (www.dimdi.de/static/de/dimdi/presse/pm/ news_0388.html_319159480.html). Damit sollten Ressourcen freigesetzt werden , „um seine gesetzlich begründeten Informationsaufgaben weiter ausbauen zu können“ (ebenda). Für systematische medizinische Recherchen wird das Angebot des DIMDI bislang breit genutzt, bietet es doch einen effizienten Zugang zu verschiedenen medizinischen Datenbanken. Ein Sprecher des DIMDI räumte gegenüber der Deutschen Apothekerzeitung „DAZ.online“ ein, dass es für die bisherigen Nutzerinnen und Nutzer durch die Einstellung der DIMDI-Datenbanken wohl zu Einschränkungen kommen würde. So müssten sie sich zukünftig an die einzelnen kommerziellen Anbieter wenden und Verträge mit ihnen abschließen, was teurer werden dürfte (www.deutsche-apotheker-zeitung.de/ news/artikel/2016/03/24/medizinische-literaturdatenbanken-in-deutschlandvor -dem-aus). „Das DIMDI und das Bundesministerium für Gesundheit stellen sich hier diametral gegen den Trend der Zeit zu größerer Transparenz“, wird etwa der Direktor der Universitätsbibliothek Regensburg zitiert. Mit der Entscheidung baue Deutschland hier massiv ab. Über Jahrzehnte aufgebautes Know-how der öffentlichen Hand in Deutschland gehe verloren (www.deutsche-apothekerzeitung .de/news/artikel/2016/03/24/medizinische-literaturdatenbanken-indeutschland -vor-dem-aus). „Dort einzusparen […] ist nicht nur für die Forschung , sondern auch für die Generierung, Aufbereitung und Weitergabe von Informationen und damit für die Patientenversorgung eine Katastrophe“ meint auch Prof. Dr. rer. nat. Martin Schulz, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (www.deutsche-apotheker-zeitung.de am 21. April 2016). Das DIMDI teilte mit, künftig solle die Deutsche Zentralbibliothek für Medizin (ZB MED) der zentrale Anbieter für Literatur aus den Lebenswissenschaften sein (www.dimdi.de/static/de/dimdi/presse/pm/news_0388.html_319159480.htm). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8696 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Jedoch ist die ZB MED ebenfalls in ihrer Existenz bedroht. Am 18. März 2016 empfahl der Senat der Leibniz-Gemeinschaft, für die ZB MED die gemeinsame Förderung von Bund und Ländern zu beenden (www.leibniz-gemeinschaft.de/ medien/presse/pressemitteilungen/details/article/leibniz_einrichtungen_in_ dresden_koelnbonn_grossbeerenerfurt_und_kuehlungsborn_evaluiert_1000 02394/). Auf Nachfrage von „DAZ.online“, ob das DIMDI in Anbetracht dieser Situation seine Entscheidung überdenken wird, sagte ein DIMDI-Sprecher: „Ich glaube nicht, dass wir die Uhr zurückdrehen“ (www.deutsche-apotheker-zeitung.de/ news/artikel/2016/03/24/medizinische-literaturdatenbanken-in-deutschlandvor -dem-aus). Die Informationsversorgung in der Medizin in Deutschland sei ohnehin sehr schlecht aufgestellt, meint der Leiter der Teilbibliothek Medizin der Universitätsbibliothek Regensburg. Es sei ein Armutszeugnis, dass jetzt die letzten Angebote abgeschafft werden und es stehe zu befürchten, dass zukünftig Informations -angebote noch häufiger aus interessengeleiteten Quellen kommen könnten (ebenda). Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) spricht von einem „Tiefschlag für die evidenzbasierte Medizin“ (www.iqwig.de/de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen/abwicklungder -zb-med-ein-tiefschlag-fur-die-evidenzbasierte-medizin.7309.html). „Erst werden die Datenbanken des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information abgeschafft, nun soll die ZB MED folgen. Zahllose Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssten ihre Literatur dann direkt über die Verlage erwerben. Deren Preisvorstellungen überfordern schon viele Universitätsbibliotheken – von anderen Einrichtungen und Einzelpersonen ganz zu schweigen“, so Prof. Dr. Jürgen Windeler, Leiter des IQWiG (ebenda). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g : Die Aufgabenschwerpunkte des DIMDI liegen in der Pflege und dem Betrieb verschiedener Informationssysteme und der Herausgabe von Klassifikationen. In diesen Bereichen betreibt das DIMDI eine Vielzahl an Datenbanken, die für das Funktionieren des Gesundheitssystems sehr wichtig sind. Der weit überwiegende Teil dieser Datenbanken ist nur über das DIMDI verfügbar. Es bestehen keine Planungen, diese Aufgaben aufzugeben. Die vom DIMDI geplante Einstellung des Betriebs der wenigen, bei ihm noch verbliebenen Literaturdatenbanken ist die Folge der sich in den vergangenen Jahrzehnten ergebenden technologischen Veränderungen und beruht auch auf Entscheidungen , die u. a. auf Empfehlungen des Bundesrechnungshofs zu den Fachinformationszentren des Bundes getroffen wurden. Die technologischen Veränderungen haben dazu geführt, dass die Nutzung der medizinischen Literaturdatenbanken beim DIMDI seit vielen Jahren kontinuierlich rückläufig war. Das DIMDI hat seitdem sein Angebot in diesem Bereich in mehreren Stufen reduziert . Mit seinen Planungen, den Betrieb der wenigen verbliebenen Literaturdatenbanken ab 2017 einzustellen, reagiert das DIMDI damit auf die Entwicklung des Nutzungsverhaltens und alternativer Angebote der Literaturbeschaffung. So ist die überregionale Informations- und Literaturversorgung in den Fachgebieten Medizin und Gesundheitswesen sowie Ernährungs-, Umwelt- und Agrarwissenschaften Aufgabe der ZB MED. Die ZB MED ist eine wissenschaftliche Infrastruktureinrichtung der Leibniz-Gemeinschaft, die wegen ihrer überregionalen Bedeutung und eines gesamtstaatlichen wissenschaftspolitischen Interesses von Bund und Ländern gemeinsam gefördert wird. Es lag bei den Planungen des DIMDI daher fachlich nahe und war aus Gründen sparsamer Verwendung von Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8696 Haushaltsmitteln auch geboten, die beim DIMDI verbleibenden Literaturdatenbanken an die ZB MED abzugeben. Leibniz-Einrichtungen werden turnusgemäß, spätestens alle sieben Jahre, in einem unabhängigen Evaluierungsverfahren daraufhin überprüft, ob sie die besonderen Anforderungen für die gemeinsame Förderung durch Bund und Länder noch erfüllen. Die ZB MED ist in den letzten Jahren zweimal (2012 und 2015) evaluiert worden. Bereits 2012 wurde der ZB MED aufgegeben, sich auf die zunehmende Nachfrage der Nutzerinnen und Nutzer nach digital verfügbaren Informationen einzustellen, da das klassische Arbeitsfeld der ZB MED kontinuierlich an Bedeutung verliere. In diesem Zusammenhang vermisste der Senat der Leibniz-Gemeinschaft eine überzeugende Strategie , mit der die ZB MED den Wandel von einer klassischen Bibliothek hin zu einem modernen Fachinformationszentrum gestalte. Insbesondere wurde kritisiert , dass die ZB MED noch nicht in hinreichendem Maße strategisch koordinierte angewandte Forschung und Methodenentwicklung betreibe, um auf dieser Grundlage moderne Fachinformationsdienste anzubieten. Auch nach der Evaluation der ZB MED im Jahr 2015 fehlt die Forschungskompetenz und informationswissenschaftliche Expertise an der ZB MED. In seiner Stellungnahme vom 17. März 2016 hält der Senat der Leibniz-Gemeinschaft daher zusammenfassend fest, dass es der ZB MED trotz einiger Teilerfolge nicht in dem notwendigen Maße gelungen sei, sich auf die erheblichen Veränderungen im Fachinformationswesen einzustellen. Die ZB MED erfülle daher nicht mehr die Anforderungen, die an eine Einrichtung von überregionaler Bedeutung und gesamtstaatlichem wissenschaftspolitischem Interesse zu stellen sind. Über die Empfehlung des Senats der Leibniz-Gemeinschaft wird die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz am 24. Juni 2016 entscheiden. 1. Inwiefern stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass Deutschland bei der Informationsversorgung in der Medizin schlecht aufgestellt sei (vgl. Vorbemerkung der Fragesteller)? Die gute Informationsversorgung in der Medizin umfasst ein breites Spektrum und wird in Deutschland durch eine Vielzahl von Einrichtungen sichergestellt. Es wird außerdem auf die Vorbemerkung der Bundesregierung hingewiesen. 2. An welchen Stellen wird per Gesetz oder Verordnung die Anwendung der evidenzbasierten Medizin als akzeptierter medizinischer Wissensstand angeordnet ? Wie bereits in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Bedeutung und künftige Finanzierung des Deutschen Cochrane-Zentrums“ dargestellt (vgl. Bundestagsdrucksache 18/5756, Antwort zu Frage 2), sehen verschiedene gesetzliche Regelungen im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Anforderungen zum Einsatz der evidenzbasierten Medizin (EbM) bei der medizinischen Versorgung vor. So haben die Qualität und Wirksamkeit der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§§ 2 Absatz 1 Satz 3, 70 Absatz 1 SGB V). Dabei müssen die zu erbringenden Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (§ 12 Absatz 1 SGB V, § 70 Absatz 1 SGB V) und müssen in der fachlich gebotenen Qualität erbracht werden (§ 135a Absatz 1 SGB V). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8696 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat als oberstes Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen die Aufgabe, die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten zu beschließen (§ 92 Absatz 1 Satz 1 SGB V). Der G-BA hat in seiner Verfahrensordnung (VerfO) geregelt, dass er den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse auf der Grundlage der EbM zu ermitteln hat (1. Kapitel, § 5 Absatz 2 VerfO). Dies gilt für alle Aufgabenbereiche des G-BA. In Bezug auf Festlegungen des G-BA im Arzneimittelbereich ist die Anwendung von Standards der EbM im SGB V an mehreren Stellen noch einmal ausdrücklich gesetzlich vorgegeben; so z. B. in den §§ 35 Absatz 1b Satz 4 und 35a Absatz 1 Satz 7 Nummer 2 SGB V. Hinsichtlich der Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen ist die Anwendung von internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin in der Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung (AM-NutzenV) vorgegeben, so z. B. in § 5 Absatz 2 AM-NutzenV. Auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen hat bei seinen Aufgaben die international anerkannten Standards der EbM zu Grunde zu legen (vgl. z. B. §§ 139a Absatz 4, 35b Absatz 1 Satz 5 SGB V). Die genannten Regelungen sind wegen ihrer besonderen Relevanz beispielhaft genannt, aber nicht als abschließend zu verstehen. 3. Welche Rolle spielt für die Bundesregierung, wie viel finanzielle Mittel für den Zugang zu medizinischem Wissen durch die Nutzerinnen und Nutzer (Universitäten, andere Forschungsinstitute, Ärztinnen und Ärzte, medizinische Fachgesellschaften, Patientinnen und Patienten sowie Selbsthilfe, breite Öffentlichkeit etc.) aufgewendet werden müssen? 4. Inwiefern ist der Zugang der Fach- und der breiten Öffentlichkeit zu medizinischem Wissen nach Ansicht der Bundesregierung ein Anliegen von öffentlichem Interesse? 5. Inwiefern sollte der Zugang der Fach- und der breiten Öffentlichkeit zu medizinischem Wissen nach Ansicht der Bundesregierung eine staatliche Aufgabe sein? Die Fragen 3 bis 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung unterstützt den freien Zugang zu öffentlich finanzierten Forschungsergebnissen. Sie setzt sich für Open Access zu Literatur und anderen Materialien auf nationaler sowie EU-Ebene ein, da insbesondere die Wissenschaft vom freien Zugang zu Informationen im Internet lebt. Außerdem werden im Rahmen der Projektförderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) Publikationskosten in Open-Access-Zeitschriften übernommen. Insgesamt ist umfangreiches medizinisches Wissen für unterschiedlichste Nutzergruppen im Internet kostenfrei verfügbar. Sofern kein kostenloser Zugang gewährleistet werden kann, setzt sich die Bundesregierung für eine niedrigschwellige Informationsbereitstellung ein. Diese liegt sowohl im Interesse des Bundes als Forschungsförderer , in Verantwortung für den wissenschaftlichen Nachwuchs, die Qualität der ärztlichen Versorgung, die interessierte Öffentlichkeit als auch informierter Patientinnen und Patienten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8696 Medizinisches Wissen wird in vielfältiger Weise publiziert und verbreitet. Die Bundesregierung übernimmt dabei als staatliche Aufgabe die Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Dieses Informationssystem liefert Zahlen und Kennziffern u. a. über die gesundheitliche Lage in Deutschland, das Gesundheitsverhalten und die gesundheitliche Gefährdung sowie zu einzelnen Krankheiten. Darüber hinaus gibt es weitere, frei zugängliche Gesundheitsinformationen, die z. B. die von Bund und den Ländern gemeinsam geförderten, einschlägigen Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft auf ihren Internetangeboten bereitstellen. Auch die Ressortforschungseinrichtungen des Bundes sowie weitere außeruniversitäre Forschungseinrichtungen stellen umfangreiches medizinisches Wissen für unterschiedliche Nutzergruppen zur Verfügung. 6. Inwiefern sieht die Bundesregierung, dass der Zugang zu Wissen auch notwendig ist, um eine evidenzbasierte und nicht interessengeleitete Information von medizinischem Fachpersonal wie von Patientinnen und Patienten zu fördern und so den Einfluss marketingorientierter Informationen über Behandlungsoptionen zu verringern? Die Bundesregierung setzt sich für eine evidenzbasierte medizinische Versorgung ein und unterstützt daher den Zugang zu entsprechendem Wissen, der es vor allem den Fachgesellschaften erlaubt, evidenzbasierte Leitlinien zu entwickeln. 7. Inwiefern stellt die geplante Schließung des Zugangs zu medizinischen Datenbanken über das DIMDI nach Ansicht der Bundesregierung eine Verschlechterung des Zugangs der breiten bzw. der Fachöffentlichkeit zu medizinischem Wissen dar? Das DIMDI nimmt lediglich die letzten Literaturdatenbanken aus seinem Angebot , die auch über andere Anbieter verfügbar sind. Andere Datenbanken und Angebote , die für das deutsche Gesundheitswesen von essentieller Bedeutung sind (Klassifikationen, Arzneimittel- und Medizinproduktedaten, Register, Daten aus der Versorgung) werden weiterhin vom DIMDI angeboten. Eine Verschlechterung ergibt sich demnach nicht. 8. Inwiefern ist es für Fachgesellschaften oder andere Fachorganisationen, deren Aufgabe es ist, den aktuellen medizinischen Wissensstand für die Fachleute in der Praxis zusammenzufassen und zu bewerten, nach Ansicht der Bundesregierung unabdingbar, das gesamte verfügbare Wissen einzubeziehen , um eine objektive Einschätzung liefern zu können? Aus Sicht der Bundesregierung ist es für alle Organisationen, die Aufgaben auf der Grundlage des aktuellen medizinischen Wissensstandes zu erfüllen haben, von besonderer Bedeutung, dass ein möglichst offener Zugang zu dem verfügbaren medizinischen Wissen besteht. 9. Inwiefern befürchtet die Bundesregierung bei einem eingeschränkten Zugang der Fachöffentlichkeit zu medizinischem Wissen, dass etwa Negativstudien noch weniger Berücksichtigung finden als bisher und dies die Auswirkungen des sogenannten Publikationsbias verschärft (www.welt.de/ wissenschaft/article132723756/Wie-Forscher-selbst-die-Wissenschaftverzerren .html)? Da der Zugang zu medizinischem Wissen in Deutschland durch eine Vielzahl von Einrichtungen sichergestellt wird, befürchtet die Bundesregierung keine Ver- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8696 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode schärfung des Publikationsbias aus Gründen der mangelnden Informationsversorgung . Die Bundesregierung hat verschiedene Maßnahmen ergriffen, um dem Publikationsbias entgegenzuwirken. Dazu wird auf die Antwort zu Frage 19 verwiesen . 10. Inwiefern hält es die Bundesregierung für eine ihrer Aufgaben, die unabhängige und nicht interessengeleitete Information der medizinisch-wissenschaftlichen Fachöffentlichkeit zu stärken? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 3 bis 5 verwiesen. 11. Inwiefern wurde der Zugang der breiten wie der Fachöffentlichkeit zu medizinischem Wissen im Pharmadialog der Bundesregierung thematisiert? Ein verbesserter Zugang zu medizinischem Wissen war auch ein Thema der Unterarbeitsgruppe „Antibiotika“ des Pharmadialogs. Es wurde unter anderem beschlossen , dass das BMG zusammen mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), der Bundesärztekammer (BÄK) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gezielt Informationen für Ärztinnen und Ärzte sowie Patientinnen und Patienten bereitstellt, um den Einsatz von Antibiotika stärker zu steuern und so Resistenzen zu verringern. 12. Welche Institutionen und Organisationen, die sich für eine unabhängige und evidenzbasierte Information der Fach- und der breiten Öffentlichkeit engagieren , fördert die Bundesregierung (bitte nach Art und Höhe der Zuwendungen auflisten)? 13. Wie hoch ist die Förderung entsprechender Institutionen und Organisationen nach Kenntnis der Bundesregierung aus Ländermitteln? Die Fragen 12 und 13 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung fördert und unterstützt im medizinischen Bereich in unterschiedlicher Art Institutionen und Organisationen, die sich für eine unabhängige und evidenzbasierte Information der Öffentlichkeit engagieren. Institutionen, die eine dauerhafte Informationsbereitstellung gewährleisten und deshalb von der Bundesregierung institutionell gefördert werden, sind in den nachfolgenden Tabellen mit der Art der Informationsbereitstellung und Gesamtfinanzierung (inklusive Informationsbereitstellung) dargestellt. Der Übersicht ist auch der Länderanteil der Förderung zu entnehmen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/8696 Forschungsinstitute der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz: Institution Art der Informationsbereitstellung Bundesmittel 2016 insgesamt (Plan) [€] Anteil Bund / Land [%] Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) Nationales Referenzzentrum: Entwicklung und Bereitstellung von labordiagnostischen Referenzverfahren/Daten 7.897.000 50/50 Forschungszentrum Borstel Nationales Referenzzentrum: Entwicklung und Bereitstellung von labordiagnostischen Referenzverfahren/Daten 13.562.000 50/50 Deutsches Diabetes-Zentrum (DDZ) Diabetesinformationsdienst (DID) 7.648.000 50 / 50 Deutsche Zentralbibliothek für Medizin (ZB Med) - Literaturrecherche in Quellen und Datenbanken - Dokumentenlieferung von Literaturquellen 3.927.000 30 / 70 Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID) - Überregionales Fachinformationszentrum für die Psychologie, informiert Wissenschaft und Praxis über psychologisch relevante Literatur, Testverfahren, audiovisuelle Medien und Qualitätsressourcen im Internet - Forschungsdatenzentrum für die Psychologie (öffentlich zugängliche Informationsdatenbanken ) 1.706.000 50 / 50 Institute der Helmholtz-Gemeinschaft: Institution Art der Informationsbereitstellung Bundesmittel 2016 insgesamt (Plan) [€] Anteil Bund / Land [%] Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) mit Krebsinformationsdienst (KID) Institutionelle Förderung gesamt davon für KID mit telefonischer Beratung , Informationsangebot im Internet, Broschüren und Infoblätter 178,3 Mio. 3,3 Mio. 90 / 10 Helmholtz-Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt GmbH (HMGU) in enger Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) und mit dem Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL) Institutionelle Förderung gesamt davon für Diabetesinformationsdienst (Online-Portal, Informationsstände, Runde Tische mit Patientenorganisationen , Bearbeitung von Patientenanfragen, eigene Veranstaltungen) davon für Lungeninformationsdienst (Online-Portal , eigene Veranstaltungen, Bearbeitung von Patientenanfragen, Runde Tische mit Patientenorganisationen) 185,3 Mio. 144.000 128.000 90 / 10 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8696 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Weiterhin fördert die Bundesregierung auch Institutionen, die sich nicht den o. g. Gemeinschaften und Zentren zuordnen lassen. Diese institutionell unterstützten Einrichtungen sind nachfolgend aufgeführt. Sonstige institutionelle Förderung: Institution Art der Informationsbereitstellung Bundesmittel 2016 insgesamt (Plan) [€] Anteil Bund / Land [%] Aktion Psychisch Kranke e.V. Bereitstellung von Informationen für die Bevölkerung, Politik und Fachwelt 345.000 100/0 Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen Erstellung und Verbreitung von Informationen , Broschüren und Faltblättern im Bereich Sucht 693.000 100/0 Bundesvereinigung für Prävention und Gesundheitsförderung e.V. Zusammenstellung und Weitergabe von Informationen 395.000 100/0 Darüber hinaus fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) den Aufbau des Deutschen Registers Klinischer Studien (DRKS). Auch die Arbeit von Cochrane Deutschland wird seit Jahren im Rahmen einer Projektförderung durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) unterstützt; für das Jahr 2016 beträgt dieser Anteil 217 528 Euro. Daneben übernehmen auch die Ressortforschungseinrichtungen des BMG Aufgaben in der Bereitstellung medizinischen Wissens. So ermöglichen das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und das Robert Koch-Institut (RKI) beispielsweise den Zugang zu Informationssystemen für Arzneimittel (PharmNet.Bund), für Medizinprodukte sowie für Gesundheits- und Versorgungsdaten . Sie stellen aber auch Medien, Unterrichtsmaterialien und Fachpublikationen bereit, informieren über Arzneimittel und deren Sicherheit oder veröffentlichen evidenzbasierte Empfehlungen zu Impfungen und zur Krankenhaushygiene . Eine unabhängige und evidenzbasierte Information der Öffentlichkeit erfolgt darüber hinaus auch durch andere, nicht aus Bundesmitteln finanzierte Institutionen. Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Aktivitäten des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen und des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG), die aus Mitteln der Gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden. 14. Wie groß ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Marketingbudget der Pharma- und der Medizinprodukteindustrie? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/8696 15. Welche Pläne der Bundesregierung zur weiteren, dauerhaft institutionalisierten Förderung des Deutschen Cochrane-Zentrums gibt es (vgl. Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., „Bedeutung und künftige Finanzierung des Deutschen Cochrane-Zentrums“, auf Bundestagsdrucksache 18/5756) Die Bundesregierung prüft derzeit, wie und mit welchen Bedingungen eine institutionelle Förderung des Deutschen Cochrane Zentrums (DCZ) ab dem Jahr 2017 zu realisieren ist. 16. Welche Pläne hat die Bundesregierung in Bezug auf die Finanzierung des Deutschen Registers Klinischer Studien nach dem Ende der derzeitigen Förderphase im Sommer 2016? Das BMBF fördert den Aufbau des Deutschen Registers Klinischer Studien (DRKS) bis zum 31. Juli 2016 mit insgesamt rund 3,8 Mio. Euro. Nach eigenen Angaben kann das DRKS die Finanzierung des Registers noch bis Ende 2016 aus anderen Quellen sicherstellen. Generell können derartige Projekte nur zeitlich befristet gefördert werden. Daher prüft die Bundesregierung derzeit mögliche Nachhaltigkeitsstrategien für dieses Register. 17. Wie groß ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Einfluss von Pharmaunternehmen auf die Informationen von Ärztinnen und Ärzten über (neue) Arzneimittel, und welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung daraus? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Kenntnisse vor. 18. Welche Studien oder Befragungen kennt die Bundesregierung, in denen die Beeinflussung von Ärztinnen und Ärzte durch Pharmaunternehmen untersucht werden? Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen? Es ist nicht Aufgabe der Bundesregierung, dieses systematisch zu erfassen und zu bewerten. 19. Was versteht die Bundesregierung unter dem sogenannten Publikationsbias, in welcher Größenordnung existiert er, und welche Maßnahmen hat die Bundesregierung unternommen, um ihn zu verringern? Grundsätzlich bedeutet Publikationsbias, dass die Gesamtheit der wissenschaftlichen Veröffentlichungen den Stand des Wissens verzerrt widerspiegelt. Dies kann unterschiedliche Ursachen haben, z. B. gibt es einen Länder- und einen Sprachenbias. In der Medizin wird die verzerrte Darstellung von Studienergebnissen infolge einer bevorzugten Veröffentlichung von positiven Ergebnissen im Vergleich zu negativen Ergebnissen besonders diskutiert. Somit bleiben viele Studien mit Negativergebnissen unbekannt. Eine Größenordnung des Publikationsbias ist schwer zu erfassen. Dies setzt voraus, die Dunkelziffer an nicht publizierten Ergebnissen zu kennen. Das BMBF verpflichtet alle Empfänger von Fördergeldern dazu, ihre Ergebnisse zu verwerten, was die Veröffentlichung mit einschließt. Zusätzlich müssen alle klinischen Studien, die von BMBF gefördert werden, in Studienregistern registriert werden. Dies dient ebenfalls dazu, Studien, auch solche mit Negativergebnissen , weiter verfolgen zu können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8696 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode In Bezug auf Arzneimittel zur Anwendung bei Menschen, die in Deutschland in den Verkehr gebracht werden, sind die Ergebnisberichte klinischer Prüfungen, unabhängig davon, ob sie günstig oder ungünstig sind, vom pharmazeutischen Unternehmer oder vom Sponsor der zuständigen Bundesoberbehörde zur Eingabe in eine allgemein verfügbare Datenbank des DIMDI zur Verfügung zu stellen. Diese Daten sind über das Internetportal Pharmnet.Bund allgemein zugänglich. 20. Wie viel Prozent der Fortbildungsveranstaltungen für Ärztinnen und Ärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker sind nach Kenntnis der Bundesregierung ganz oder teilweise von der Pharmaindustrie finanziert? Ist der Bundesregierung bekannt, dass einzelne Fortbildungsveranstaltungen und Ärztekongresse zum Teil mit über 2 Mio. Euro gesponsert werden (www.dgnkongress.org/images/docs/web_DGN_vp_2016.pdf)? Auf der Grundlage des FSA-Kodex (Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e. V.) werden Informationen über geldwerte Leistungen der Arzneimittelindustrie an Angehörige der Fachkreise und Organisationen veröffentlicht . Die erste Veröffentlichung von Zahlungen erfolgte nach dem ersten Berichtsjahr zum 1. Januar 2016. Die Veröffentlichungspflicht betrifft geldwerte Leistungen in den Kategorien: Forschung und Entwicklung, Spenden und andere einseitige Geld- und Sachleistungen, Fortbildungs- und andere Veranstaltungen, Dienstleistungs- und Beratungshonorare. Die Veröffentlichung erfolgt auf der Website des jeweiligen Unternehmens und hängt von der Zustimmung des Empfängers der Leistung ab. Gebündelt abrufbare und vollständige Informationen über den Umfang der Zahlungen liegen der Bundesregierung nicht vor. 21. Welche Bedeutung hat nach Kenntnis der Bundesregierung der Zugang der Fachöffentlichkeit zu medizinischen Datenbanken über das DIMDI? Den Zugang zu den vom DIMDI angebotenen medizinischen Klassifikationen, den Daten aus regulatorischen Prozessen (Arzneimitteldaten, Medizinproduktedaten , Register) und den Daten aus der Regelversorgung (Krankenkassendaten) für die Versorgungsforschung hält die Bundesregierung für sehr wichtig. Der weit überwiegende Teil dieser Daten ist nur über das DIMDI verfügbar. Demgegenüber ist die Nutzung der medizinischen Literaturdatenbanken beim DIMDI seit vielen Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Der Rückgang wurde durch technologische Entwicklungen, etwa die Einführung der CD-ROM oder die Möglichkeit des Zugangs zu anderen Datenbanken befördert. Der Zugang zu Literaturdatenbanken über das DIMDI spielt für die Fachöffentlichkeit keine bedeutende Rolle mehr. Hauptinformationsquelle für die Fachöffentlichkeit ist auch beim DIMDI die Datenbank MEDLINE der US National Library of Medicine (NLM), die als PUBMED seit vielen Jahren kostenfrei über das Internet zugänglich ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/8696 22. Hat das DIMDI bei seinen Plänen zur Schließung des Datenbankzugangs auf Anweisung oder mit Billigung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) gehandelt? Falls nein, wie hat das BMG auf die Pläne des DIMDI reagiert? 23. Inwiefern plant die Bundesregierung, die geplante Schließung des Datenbankzugangs zu untersagen? Die Fragen 22 und 23 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Wie in der Antwort zu Frage 21 dargestellt, ist keine Schließung des gesamten Datenbankzugangs beim DIMDI vorgesehen. Das DIMDI wird den Zugang zu den auf gesetzlicher Grundlage zu betreibenden Datenbanken weiterhin anbieten. Die Pläne des DIMDI, das Angebot von auch auf dem Markt verfügbaren Literaturdatenbanken schrittweise zurückzuführen, beruht auch auf Entscheidungen, die u. a. auf Empfehlungen des Bundesrechnungshofs zu den Fachinformationszentren des Bundes getroffen wurden. Das DIMDI hat seitdem sein Angebot in diesem Bereich in mehreren Stufen reduziert. Die Planungen des DIMDI, die letzten bei ihm verbliebenen Literaturdatenbanken ab dem Jahr 2017 nicht weiter zu betreiben, bilden die abschließende Stufe dieses Prozesses. 24. Wie viele Bundeshaushaltsmittel werden für die Bereitstellung des Zugangs zu medizinischen Datenbanken über das DIMDI jährlich aufgewendet (bitte für die letzten fünf Jahre angeben)? 25. Wie viel Geld nimmt das DIMDI jährlich durch Gebühren für den Zugang zu medizinischen Datenbanken ein (bitte für die letzten fünf Jahre angeben)? Die Fragen 24 und 25 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Da das DIMDI als Bundesbehörde seine Ausgaben nach den Haushaltsrichtlinien des Bundes strukturiert, ist aus den Titelausgaben keine Trennung nach Aufgabenbereichen vorgesehen. Eine separierte Erfassung von Haushaltsausgaben ausschließlich für das Literatur-Datenbankangebot erfolgt daher nicht. Die Einnahmen für den Betrieb der Datenbanken in Euro stellen sich für die letzten fünf Jahre wie folgt dar: 2011 2012 2013 2014 2015* Einnahmen aus Host- Entgelten [€] 803.393 703.114 601.950 552.338 488.641 * vorläufiger Wert 26. Wie viel Geld kostet derzeit der Zugang zu medizinischen Datenbanken über das DIMDI für einen Nutzer bzw. eine Nutzerin? 27. Wie viel Geld kostet nach Kenntnis der Bundesregierung ein vergleichbarer Zugang über die einzelnen kommerziellen Portale? Die Fragen 26 und 27 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8696 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Das DIMDI bietet drei Zugänge an: Im freien Angebot (überwiegend MEDLINE) entstehen keine Kosten. Im sog. Pay-per-View-Verfahren (Recherche ohne Vertrag ) fallen Kosten je abgerufenes Datenbankdokument zwischen 0 Euro und knapp 10 Euro an. Die Entgelte sind größtenteils von den Datenbankherstellern vorgegeben und daher von Datenbank zu Datenbank unterschiedlich. Eine detaillierte Aufstellung ist verfügbar unter www.dimdi.de/static/de/db/preise/listen/ preisueberblick.htm. Vertragskunden (Premium-Recherche) zahlen ein Jahresentgelt von 100 Euro und nutzungsabhängige Entgelte, die ebenfalls von Datenbank zu Datenbank unterschiedlich sind, aber unter den Preisen im Pay-per-view- Zugang liegen. Eine Aufstellung hierfür ist unter www.dimdi.de/static/de/ db/preise/listen/preise-premium.htm verfügbar. Während das DIMDI seine Kostenstruktur transparent im Internet darstellt, geben die anderen Anbieter Informationen nur auf Anforderung an einzelne Interessenten heraus. Für eine vergleichende Aussage zu Kosten anderer Anbieter im Vergleich zum DIMDI liegen der Bundesregierung daher keine Erkenntnisse vor. 28. Inwiefern rechnet die Bundesregierung damit, dass auch wissenschaftlich arbeitende Bundesbehörden oder Institutionen wie das IQWiG künftig höhere Ausgaben für Literatur-Recherchen haben werden, falls das DIMDI seine Pläne umsetzen sollte? Das IQWiG war in den letzten Jahren kein Vertragskunde des DIMDI, sondern hat seine Literaturrecherchen durch andere Angebote abgedeckt. Dem Institut entstehen also durch die Angebotsschärfung des DIMDI keine Mehrkosten. Bei den Bundesbehörden des Geschäftsbereichs hat das DIMDI bisher die Lizenzkosten der kommerziellen Anbieter getragen. Diese Kosten werden in Zukunft bei den Bundesbehörden anfallen. Es handelt sich um eine Verlagerung der Ausgaben aus dem Haushalt des DIMDI in die Haushalte der Bundesbehörden. Mit wesentlich höheren Ausgaben rechnet die Bundesregierung nicht. 29. Welche Aufgaben wurden dem DIMDI in den letzten zehn Jahren zusätzlich überantwortet? Die Aufgaben des DIMDI werden durch Gesetze bzw. Verordnungen festgelegt, die sich für den Zeitraum der letzten zehn Jahre wie folgt darstellen: Mit dem Gesetz über Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen (Gewebegesetz) vom 20. Juli 2007 wurden folgende Aufgabe an das DIMDI übertragen: der Aufbau und Betrieb eines für die Öffentlichkeit zugänglichen Registers über die Gewebeeinrichtungen und ihre Erreichbarkeit sowie über die Tätigkeiten, für die jeweils die Herstellungserlaubnis, die Erlaubnis für die Be- oder Verarbeitung, Konservierung, Lagerung oder das Inverkehrbringen nach den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes erteilt worden ist. Mit der Verordnung über das Register der Gewebeeinrichtungen nach dem Transplantationsgesetz (TPG-Gewebeeinrichtungen-Registerverordnung – TPG-Gew- RegV) vom 15. Dezember 2008 wurde dem DIMDI die Aufgabe übertragen, ein für die Öffentlichkeit zugängliches Register über Einrichtungen, die menschliche Gewebe und Zellen gewinnen, testen, verarbeiten, konservieren, lagern und verteilen , aufzubauen und zu betreiben. Mit dem Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 bekam das DIMDI die Aufgabe, Angaben über die Ausstellung oder Änderung einer Erlaubnis zum Versand von Arzneimitteln in einer Datenbank zu führen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/8696 Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften wurde die zur Verfügungstellung dieser Datenbank in § 67a Absatz 2 Satz 3 Arzneimittelgesetz (AMG) über ein allgemein zugängliches Internetportal gesetzlich verankert und um weitere Angaben ergänzt. Mit dem Gesetz zur Änderung medizinprodukterechtlicher Vorschriften vom 29. Juli 2009 (Inkrafttreten: 21. März 2010) erhielt das DIMDI die Aufgabe, im Rahmen des Medizinprodukte-Informationssystems die Voraussetzungen für den Betrieb eines elektronischen Genehmigungsverfahrens von klinischen Prüfungen mit Medizinprodukten zu schaffen. Mit der Verordnung über das datenbankgestützte Informationssystem über Arzneimittel des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI-Arzneimittel-verordnung – DIMDI-AMV) vom 24. Februar 2010 wurden die Aufgaben und Befugnisse des DIMDI bezüglich des beim DIMDI betriebenen datenbankgestützten Informationssystems über Arzneimittel ebenso konkretisiert wie die Mitteilungspflichten pharmazeutischer Unternehmer und Großhändler an das DIMDI in Bezug auf die an Tierärzte abgegebene Menge von bestimmten Arzneimitteln und Stoffen (Tierarzneimittel-Abgabemengen-Register ). Zusätzlich bekam das DIMDI die Aufgabe der Übermittlung bestimmter arzneimittelrelevanter Daten an die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA). Mit dem Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz – AMNOG) vom 22. Dezember 2010 erhielt das DIMDI die Aufgabe der Speicherung und Veröffentlichung von Berichten über alle Ergebnisse konfirmatorischer klinischer Prüfungen zum Nachweis der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit im datenbankgestützten Informationssystem über Arzneimittel nach § 67a Absatz 2 AMG. Mit der Verordnung zur Umsetzung der Vorschriften über die Datentransparenz (Datentransparenzverordnung – DaTraV) vom 10. September 2012 wurde dem DIMDI die Aufgabe der Einrichtung und des Betriebs einer Vertrauensstelle und einer Datenaufbereitungsstelle für Zwecke der Datentransparenz nach § 303a ff. SGB V übertragen. 30. Inwiefern wurde für die neuen Aufgaben, die dem DIMDI in den letzten Jahren zugeordnet wurden, nach Ansicht der Bundesregierung genügend zusätzliches Personal zur Verfügung gestellt? 31. Wie hat sich die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im DIMDI in den letzten zehn Jahren verändert (bitte pro Jahr angeben)? Die Fragen 30 und 31 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Durch den Anstieg der Beschäftigtenzahlen und aufgrund der sich gleichzeitig veränderten Anforderungslage, u. a. aus rückläufiger Nachfrage nach Literaturdatenbanken , kann das DIMDI die ihm übertragenen Aufgaben leisten. Die Entwicklung der Beschäftigtenzahl des DIMDI für die Jahre 2005 bis 2015 stellt sich dabei wie folgt dar (Vollzeitäquivalente). 2005 – 131,5 Beschäftigte 2006 – 131,2 Beschäftigte 2007 – 130,9 Beschäftigte 2008 – 122,7 Beschäftigte 2009 – 126,7 Beschäftigte Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8696 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2010 – 137,4 Beschäftigte 2011 – 131,8 Beschäftigte 2012 – 134,1 Beschäftigte 2013 – 138,0 Beschäftigte 2014 – 135,6 Beschäftigte 2015 – 137,1 Beschäftigte. 32. Welche Informationen hat die Bundesregierung über Pläne, die ZB MED zu schließen? 33. Welche Rolle spielt die ZB MED nach Ansicht der Bundesregierung für den Zugang der breiten wie der Fachöffentlichkeit zu medizinischem Wissen? Die Fragen 32 und 33 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung sieht die Sicherstellung der Informations- und Literaturversorgung für die Lebenswissenschaften mit modernen Informationsinfrastrukturen als wichtige gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern an. Die ZB MED ist eingebettet in die nationale Informationsversorgung in der Medizin, die durch eine Vielzahl von Einrichtungen auf Bundes- und Landesebene gewährleistet wird. Die ZB MED hat in ihren Fachbereichen den weltweit größten Bestand an Medien. Die Nachfrage der Nutzerinnen und Nutzer nach klassischen Bibliotheksleistungen , wie sie vor einigen Jahren noch zum unverzichtbaren Kern der ZB MED gehörte, sinkt jedoch seit Jahren kontinuierlich. Für Informationsinfrastrukturen wie die ZB MED ist es deshalb unverzichtbar, sich auf diese dynamischen Veränderungen einzustellen. Die Bundesregierung erachtet es deshalb als zielführend an, auf den erreichten Teilerfolgen für die Umgestaltung der ZB MED aufzubauen und die ZB MED zu einem modernen Fachinformationszentrum zu transformieren. Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) wird am 24. Juni 2016 über die Empfehlung des Senats der Leibniz-Gemeinschaft, die gemeinsame Bund-Länder-Förderung der ZB MED in der Leibniz-Gemeinschaft zu beenden, entscheiden. Auch wenn die GWK dieser Empfehlung des Senats der Leibniz-Gemeinschaft folgen sollte, unterstützt die Bundesregierung die Weiterentwicklung der ZB MED zu einem modernen Fachinformationszentrum im Rahmen der nach den Finanzierungsregeln der Leibniz-Gemeinschaft vorgesehenen dreijährigen, sogenannten „Abwicklungsfinanzierung“ (2017 bis einschließlich 2019). Die Bundesregierung würde es begrüßen, wenn dieser Prozess so erfolgreich beendet wird, dass für die ZB MED die Wiederaufnahme in die Leibniz- Gemeinschaft nach erfolgreicher wissenschaftlicher Begutachtung unter Einhaltung der bestehenden Verfahrensregelungen beantragt werden kann. 34. In welchem Verhältnis steht nach Kenntnis der Bundesregierung die Funktion der ZB MED hier zu dem oben abgesprochenen Angebot des DIMDI? Parallel zum schrittweisen Rückzug des DIMDI aus dem Bereich der Literaturdatenbanken wurde die ZB MED systematisch beim Aufbau von Recherche- und Nachweissystemen unterstützt. Die ersten Systeme der ZB MED basierten weitestgehend auf den Datenbanken des DIMDI. Inzwischen sind viele dieser Datenbanken von der ZB MED selbst implementiert. Die für 2017 angekündigte Beendigung des Angebots von Literaturdatenbanken durch das DIMDI ist nur der letzte Schritt in einer langjährigen Entwicklung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/8696 35. Inwiefern kommen auf Universitäten, andere Forschungsinstitute sowie Einzelpersonen , die auf den Zugang zu wissenschaftlicher Literatur angewiesen sind, nach Kenntnis der Bundesregierung auch bei einer Schließung der ZB MED erheblich höhere Kosten zu? 36. Inwiefern ist die Überlegung innerhalb der Leibnitz-Gesellschaft zur Schließung der ZB MED geeignet, die Pläne bezüglich des DIMDI zu überdenken? 37. Inwiefern sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, auf die drohende Entscheidung zur Schließung der ZB MED Einfluss zu nehmen oder später darauf zu reagieren? 38. Welche Einflussmöglichkeiten bezüglich der möglichen Schließung der ZB MED hat die Bundesregierung, und wie wird sie von diesen Möglichkeiten Gebrauch machen? Die Fragen 35 bis 38 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es wird auf die Antworten zu den Fragen 32 und 33 verwiesen. 39. Inwiefern existieren in der Bundesregierung Überlegungen, nach dem Schweizer Vorbild einen allgemeinen Zugang zur Cochrane-Library in Deutschland zu etablieren (vgl. http://swiss.cochrane.org/de/news/freierzugang -zur-cochrane-library-der-schweiz)? Die Cochrane Library ist insbesondere für die wissenschaftliche Arbeit an Universitäten , in Instituten, bei Fachgesellschaften und Einrichtungen der Selbstverwaltung von Bedeutung. Bis 2019 stellen die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die ZB MED in einem sogenannten „opt-in-Modell“ deshalb eine Basisfinanzierung für die Cochrane Library bereit. Damit wird interessierten akademischen Institutionen der Zugang zur Datenbank zu günstigen finanziellen Konditionen ermöglicht. Da an den Ergebnissen der systematischen Übersichten zunehmend Interesse auch bei klinisch tätigen Ärztinnen und Ärzten besteht, haben zudem einige Landesärztekammern für ihre Mitglieder eine Lizenz erworben (z. B. Nordrhein), mit der die Volltexte der Cochrane Library kostenlos eingesehen werden können. Seit dem 1. Juli 2014 haben darüber hinaus auch alle Mitglieder des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e.V. (DNEbM) einen kostenfreien Zugang zur Cochrane Library. Vor diesem Hintergrund gibt es derzeit keine Überlegungen der Bundesregierung, mit Bundesmitteln eine Nationallizenz für den Zugang zur Cochrane Library zu erwerben. 40. Inwiefern existieren bei der Bundesregierung Pläne, die Recherchemöglichkeiten in medizinischen Datenbanken und Fachliteratur für die breite bzw. die Fachöffentlichkeit bundesweit zu bündeln und kostenfrei oder zu niedrigen Gebühren zur Verfügung zu stellen? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 3 bis 5 verwiesen. Eine übergeordnete, zentrale Plattform für medizinische Datenbanken und Fachliteratur ist aufgrund der vorhandenen Informationsangebote auf Bundes- und Landesebene derzeit nicht vorgesehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8696 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 41. Inwiefern erwartet die Bundesregierung, dass der Einfluss der Industrie auf die Akteurinnen und Akteure im Gesundheitssystem noch größer wird, wenn der Zugang zu medizinischen Datenbanken und wissenschaftlicher Literatur erschwert wird? Mit den vorhandenen Informationsangeboten ist nach Ansicht der Bundesregierung ein ausreichend freier Zugang zu medizinischen Datenbanken und wissenschaftlicher Literatur gewährleistet, der den Akteuren im Gesundheitswesen eine unabhängige Informationsbeschaffung ermöglicht. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333