Deutscher Bundestag Drucksache 18/88 18. Wahlperiode 25.11.2013 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Nicole Gohlke, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/31 – Geplante Herausgabe eines Militär-Werbepaketes an Schulen in den Jahren 2014, 2015 und 2016 durch die Bundeswehr Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundeswehr plant derzeit die Herausgabe eines Medienpaketes, das ausdrücklich der Werbung an Schulen gewidmet sein soll. Obwohl Schulen Bildungsstätten sein sollten, werden sie von der Bundeswehr als Anlaufstelle für massive Reklamekampagnen genutzt. Jugendoffiziere vertreten im Unterricht einseitig die regierungsoffizielle Sicherheitspolitik, Karriereberater werben für einen „Job“ im Militär, Lehrerinnen und Lehrer werden ebenfalls zunehmend als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der Bundeswehr angesprochen. Eine weitere Form des solcherart „militärisch eingebetteten “ Unterrichts stellt die Herausgabe scheinbar neutralen Unterrichtsmaterials dar. Die Fragesteller haben dies unter anderem in einer Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/10219 anhand der Schriftenreihe „Frieden & Sicherheit “ thematisiert. Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort zwar bestritten, dass es sich hierbei um Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr handelt, sie hat aber eingeräumt, dass diese Schriftenreihe zu 100 Prozent vom Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) finanziert wird und sie hat mitgeteilt, dass das BMVg auch die „fachliche Beratung“ übernimmt – aber keineswegs durch Experten in Sachen Sicherheitspolitik, sondern durch ihr „Fachpersonal für Öffentlichkeitsarbeit“, also durch PR-Experten, was aus Sicht der Fragesteller den Reklamecharakter dieser Schriftenreihe unterstreicht. Der Inhalt dieser Hefte beschränkt sich darauf, die offizielle Sicherheitspolitik widerzuspiegeln; Kritik an dieser kommt nicht vor. Mittlerweile plant die Bundeswehr, ein neues „Informationspaket für Schüler und Lehrer zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Bundesrepublik Deutschland für die Jahre 2014, 2015 und 2016“ anzuschaffen (vgl. Ausschreibung des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 21. November 2013 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Bundeswehr vom 23. Juli 2013, http://ausschreibungen-deutschland.de). Hierbei geht es ebenfalls eindeutig darum, Lehrkräfte und Schülerinnen sowie Schüler mit Reklame zu bedenken: Ausdrücklich wird in der Ausschreibung als Dienstleistungskategorie „Werbung“ genannt. Drucksache 18/88 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Diese Werbung soll nach der Absicht der Bundeswehr „für den Einsatz im Rahmen von Schulunterrichten der Sekundarstufe 2“ zum Einsatz kommen. Beabsichtigt ist unter anderem „Druck und Versand eines Schüler- und Lehrerheftes an Gymnasien und Realschulen“. Offenbar beabsichtigt die Bundeswehr, nachdem die oben erwähnten Hefte „Frieden & Sicherheit“ seit dem Jahr 2011 nur noch online zum Selbstausdruck zur Verfügung standen, wieder eine großangelegte Versandaktion. Ebenfalls beabsichtigt ist die Erstellung und Betreuung eines Internetauftritts. Zum Zuge kommen sollen nur solche Bewerber, die den Nachweis „über eine zielgruppengerechte Adressen- bzw. E-Mail-Datei (Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien, Realschulen sowie Berufsschulen in Deutschland)“ erbringen können. Die Angebote sollten bis zum 29. August 2013 eingegangen sein, so dass die Fragesteller davon ausgehen, zum jetzigen Zeitpunkt von der Bundesregierung Ausführungen zum Stand der Planung erlangen zu können. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Mit Informationsmaterialien wird den Schulen ein Angebot gemacht, sicherheitspolitische Themen transparent zu kommunizieren. Die Darstellung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Bundesrepublik Deutschland ist in den Lehrplänen der Bundesländer traditionell angelegt. Im Übrigen verzichtet die Bundesregierung im Kontext der hier vorliegenden Kleinen Anfrage auf Vorbemerkungen , sondern weist vielmehr auf bereits mehrfach dargelegte Ausführungen – wo inhaltlich zutreffend – hin, die unter anderem auf Bundestagsdrucksache 17/10219 vom 2. Juli 2012 zu entnehmen sind. 1. Für welches Angebot hat sich die Bundeswehr entschieden (bitte das entsprechende Unternehmen konkret benennen)? Das Bundesamt für Ausrüstung Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) beabsichtigte die Vergabe im Rahmen eines nicht offenen Verfahrens nach § 3 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnungsordnung für Leistungen Teil A (VOL/A-EG) mit vorheriger europaweiter (Vergabe-)Bekanntmachung durchzuführen. Der öffentliche Teilnahmewettbewerb war hierbei fester Bestandteil des nicht offenen Verfahrens. Das BAAINBw hat einen Teilnahmewettbewerb durchgeführt . Nach Auswertung dieses durchgeführten Wettbewerbs lag dem Amt nur ein tauglicher Teilnahmeantrag der Firma Universum Kommunikation und Medien AG, Wiesbaden, vor. Das BAAINBw hat das eingeleitete Vergabeverfahren deshalb aus schwerwiegendem Grund nach § 20 Absatz 1 Buchstabe d VOL/A-EG aufgehoben. Die Leistung soll nun im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb nach § 3 Absatz 4 Buchstabe c VOL/A-EG an die Universum Kommunikation und Medien AG, Wiesbaden, vergeben werden. 2. Sofern bereits konkrete Autorinnen und Autoren bzw. Redakteurinnen und Redakteure für das Medienpaket feststehen, um wen handelt es sich dabei? Derartige Festlegungen bestehen zum jetzigen Zeitpunkt – insbesondere vor dem Hintergrund der Ausführungen zu Frage 1 – nicht. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/88 3. Wie soll sich das neue Medienpaket zusammensetzen (Papier/Text/DVD/ Onlineangebote etc.)? Das Medienpaket soll sich aus einem onlinebasierten Heft für Schülerinnen und Schüler, einem onlinebasierten Heft für Lehrkräfte und einem Internetauftritt zusammensetzen . Darüber hinaus soll optional die Möglichkeit zum Druck und Versand der jeweiligen Hefte bestehen. 4. Welche Angaben enthält jenes Kurz-Exposé, das den Zuschlag erhalten hat (bitte detailliert angeben, welche Themen darin angesprochen, welche Gliederung es enthält, und welche Aussagen es zur deutschen Sicherheitspolitik beinhaltet)? Das einzureichende Kurz-Exposé von maximal sechs Seiten war Teilnahmekriterium des durchgeführten Teilnahmewettbewerbes und musste über den sicherheits - und verteidigungspolitischen Inhalt (Stoffvermittlung) sowie die entsprechende methodisch-didaktische Planung umfassend informieren. Eine darüber hinausgehende Bewertung des Kurz-Exposés ist nicht erfolgt. Ein Zuschlag auf ein Kurz-Exposé wurde bislang nicht erteilt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 5. Ist bei der Vergabe darauf geachtet worden, dass im Kurz-Exposé auch grundsätzliche Kritik an den Kriegseinsätzen der Bundeswehr sowie an der NATO (North Atlantic Treaty Organization) berücksichtigt wird, und inwiefern spiegelt sich das im Kurz-Exposé wider? Der Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte sowie die Einsätze unter Führung der NATO erfolgen grundsätzlich auf der völkerrechtlichen Grundlage des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zur Wahrung und Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 4 verwiesen. 6. Inwiefern soll sich das geplante Medienpaket a) inhaltlich, b) gestalterisch, c) vom Umfang her, d) konzeptionell usw. von der bisherigen Schriftenreihe „Frieden & Sicherheit “ unterscheiden, und aus welchen Gründen wird diese Unterscheidung von der Bundesregierung gewollt? Derartige Festlegungen bestehen zum jetzigen Zeitpunkt – insbesondere vor dem Hintergrund der Ausführungen zu Frage 1 – nicht. 7. Warum ist die Schriftenreihe „Frieden & Sicherheit“ seit dem Jahr 2011 nur noch als Download und nicht mehr als gedrucktes Heft zum Versand angeboten worden, und warum ist jetzt wieder ein Versand geplant? Welche Wirkung verspricht sich die Bundesregierung davon? Mit Blick auf die zwischenzeitlich veränderten Mediennutzungsgewohnheiten der Zielgruppe sowie dem Umstand, Kosten für Druck und Versand zu sparen, wird das aktuelle Medienpaket „Frieden & Sicherheit“ seit dem Jahr 2011 nicht gedruckt und verschickt, sondern auf Online-Angebote verlagert. Es soll ledig- Drucksache 18/88 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode lich eine Option für einen Druck und Versand künftiger Hefte für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte bestehen, über die zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend entschieden ist. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 3 verwiesen. 8. Wie viele Downloads von Schülermagazinen, Lehrerheften sowie Arbeitsblättern von „Frieden & Sicherheit“ hat es im Jahr 2012 gegeben (sofern möglich, bitte getrennt angeben)? Im Jahr 2012 wurden insgesamt 81 095 PDF-Dateien heruntergeladen. 9. Welche Kosten sind im Jahr 2012 im Zusammenhang mit „Frieden & Sicherheit“ entstanden (bitte wichtigste Ausgabenposten angeben und jeweils konkret beziffern)? Im Jahr 2012 sind nachstehende Kosten entstanden: Hefte für Schülerinnen und Schüler 24 093,69 Euro Hefte für Lehrkräfte 29 201,65 Euro Internetauftritt (Hosting u. a.) 67 173,12 Euro Internetauftritt (Entwicklung u. a.) 21 399,77 Euro Insgesamt 141 868,23 Euro (einschl. 19 Prozent 141 868,23 Euro Umsatzsteuer). 10. Welche Kosten werden im Zusammenhang mit dem geplanten Medienpaket voraussichtlich anfallen (bitte nach den wichtigsten Ausgabenposten sowie mindestens nach den Kosten für das Ausschreibungsverfahren, Entwicklung , Betreuung der Homepage, Produktion und Versand untergliedern )? Die tatsächlichen Kosten können erst nach Vorlage eines neuen Angebotes bzw. einer neuen Kalkulation beziffert werden. Kosten für das Ausschreibungsverfahren können nicht benannt werden. 11. Wie viele Hefte sollen produziert werden, und wie viele Hefte werden für den Versand kalkuliert? Derartige Festlegungen bestehen zum jetzigen Zeitpunkt – insbesondere vor dem Hintergrund der Ausführungen zu den Fragen 1 und 7 – nicht. 12. Welchen Umfang sollen diese Hefte haben? a) Welche Auflage ist angestrebt? b) Ist es beabsichtigt, weitere Hefte herzustellen, wenn die gedruckten Exemplare vergriffen sein sollten, und inwiefern ist dies bislang in der Kostenkalkulation berücksichtigt? Derartige Festlegungen bestehen zum jetzigen Zeitpunkt – insbesondere vor dem Hintergrund der Ausführungen zu den Fragen 1 und 7 – nicht. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/88 13. Will die Bundesregierung darauf achten, dass in diesen Heften nicht nur solche Texte enthalten, die der regierungsoffiziellen Sicherheitspolitik zustimmend gegenüberstehen, sondern auch solche, die diese Politik ablehnen , um den Schulen keine einseitigen Publikationen anzubieten, und wenn ja, was unternimmt sie hierzu konkret? Bei den vertraglich bislang realisierten „Medienpaketen“ übernimmt es die „Stiftung Jugend und Bildung“ als Herausgeberin, die pädagogische Qualität der Unterrichtsmaterialien zu gewährleisten. Im Stiftungsrat sind ehrenamtliche Bildungsfachleute der Kultusministerien der Länder vertreten. Sie prüfen die Einhaltung der pädagogischen Prinzipien politischer Bildung nach dem „Beutelsbacher Konsens“ (Überwältigungsverbot, Kontroversität, Interessenorientierung) und stellen den Bezug zu den Lehr- und Bildungsplänen der Länder sowie die Einsetzbarkeit im Unterricht sicher. An diesem pädagogischen Qualitätsstandard soll festgehalten werden. 14. Wird auch das jetzt geplante Medienpaket zu 100 Prozent vom BMVg finanziert , und wenn ja, aus welchem Etat genau? Falls weitere Kostenträger im Spiel sind, welche, und mit jeweils welchem Kostenanteil? Wer soll die Kosten für den Versand übernehmen? Das geplante Medienpaket wird vom Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) aus Kapitel 14 01, Titel 542 01 finanziert. Weitere Kostenträger existieren nicht. Kosten für einen eventuell möglichen Versand (nur optional) wären ebenfalls vom BMVg zu finanzieren. 15. Wird auch das neue Medienpaket eine „fachliche Beratung“ durch das BMVg haben, und wenn ja, wiederum durch dessen Fachexperten für Öffentlichkeitsarbeit oder durch welchen anderen Fachbereich? Es ist eine fachliche Beratung für das künftige Medienpaket geplant. Sie wird durch das Fachpersonal der Öffentlichkeitsarbeit des BMVg sichergestellt. 16. Welchen Umfang hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Adressendatei des Ausschreibungsgewinners, und welche Gewährleistung kann die Bundesregierung dafür geben, dass diese Datei sowohl richtig als auch rechtmäßig zustande gekommen (unter Wahrung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen) ist? Der potenzielle Auftragnehmer verfügt über mehrere tausend Datensätze. Der potenzielle Auftragnehmer wird verpflichtet, die Einhaltung der Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) vom 14. Januar 2003 (veröffentlicht im BGBl. I Nr. 3 S. 67 ff.) mit der letzten Änderung vom 14. August 2009 (veröffentlicht im BGBl. I S. 2814 ff.) zu gewährleisten. Drucksache 18/88 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17. Inwiefern hat es bislang eine Absprache mit a) den Kultus- bzw. Bildungsministerien der Länder, b) Vertretern der Lehrerschaft (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft , Deutscher Philologenverband, Personalvertreter etc.), c) Vertretern von Elternverbänden und d) Vertretern von Schülerverbänden hinsichtlich Konzeptionierung und Inhalte der Hefte gegeben, bzw. inwiefern ist eine solche Absprache noch geplant? Das BMVg selbst trifft zu keiner Zeit Absprachen mit den vorgenannten Gremien . Dafür prüft die Stiftung „Jugend und Bildung“ als Herausgeberin die Konzeptionierung und Inhalte der Hefte auf ihre pädagogische Qualität und führt regelmäßige Evaluationen bei der Lehrerschaft durch. Im Stiftungsrat sind Bildungsfachleute der Kultusministerien der Länder vertreten (siehe Antwort zu Frage 13). Dieses Vorgehen ist auch für die Zukunft geplant. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333