Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 14. Juni 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/8812 18. Wahlperiode 16.06.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Markus Tressel, Christian Kühn (Tübingen), Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/8481 – Verödung von Ortskernen in ländlichen Räumen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Klein- und Mittelstädte ab 7 000 Einwohnerinnen und Einwohnern stehen in ländlichen Räumen vor besonders großen Herausforderungen. Ihre Ortskerne veröden zunehmend und Leerstand breitet sich aus, wo früher Fach- und Einzelhandel angesiedelt waren. Als Folge müssen häufig auch gastronomische Angebote schließen und die Ortskerne verlieren weiter an Attraktivität und Lebendigkeit . Diese Entwicklung geht zurück auf einen Kaufkraftverlust in Klein-, Unter- und Mittelzentren. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Mancherorts binden großflächige Märkte, Discounter beziehungsweise ganze Einkaufszentren auf grüner Wiese außerhalb des Ortskerns die Kaufkraft aus umliegenden Ortschaften. Das Wachstum des Marktsegments großflächiger Märkte bei gleichzeitig stagnierender Kaufkraft im Einzelhandel insgesamt führt zu einer Umsatzumlenkung zulasten des innerstädtischen , kleinflächigeren Einzelhandels. So müssen viele Geschäfte in Ortskernen aufgrund zu geringer Kaufkraft aufgeben. Andernorts befähigt die gestiegene PKW-Mobilität auf dem Land die Kundinnen und Kunden direkt in das nächste Oberzentrum zu fahren, um dort ein breiteres Angebot an Waren und Dienstleistungen, Gastronomie, aber auch an Bildungs- und Freizeitangeboten vorzufinden. Ein weiterer Faktor ist die Ausweitung des Onlinehandels, der laut Studie des Instituts für Handelsforschung GmbH für das Jahr 2020 einen Umsatzanteil am Einzelhandel zwischen 11,9 und 15,3 Prozent – ohne Güter des täglichen Bedarfs sogar bis zu 25,3 Prozent – umfassen soll. Bis zum Jahr 2020 droht laut dem Institut für Handelsforschung GmbH jedem zehnten Ladengeschäft die Schließung. Der Wegzug junger Menschen in die Städte und der demografische Wandel beschleunigen zusätzlich den Kaufkraftverlust auf dem Land. Die Folgen verödender Ortskerne sehen jedoch überall ähnlich aus: Leerstand, ein menschenleeres Ortsbild, ein Verlust an Attraktivität auch der umliegenden Wohngegenden und sinkende Immobilienpreise. Das trifft auch das regionale Lebensmittelhandwerk, das wichtige Funktionen der Nahversorgung in ländlichen Räumen übernimmt. Darunter leiden besonders weniger mobile Menschen , die sich nicht mehr eigenständig mit Waren und Dienstleistungen des Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8812 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode täglichen und mittelfristigen Bedarfs versorgen können. Denn die gestiegene PKW-Mobilität wirkt sich auch auf das Nahverkehrsangebot aus, das kaum noch wirtschaftlich betrieben werden kann. So leidet die Attraktivität einer ganzen Region. Funktionale Ortskerne spielen für das Zentrale-Orte-Konzept als Stütze des Siedlungssystems in Deutschland eine wichtige Rolle, weshalb sie in den Leitbildern der Raumordnung festgeschrieben sind. Für lebendige Ortskerne sind die Kommunen vor Ort, die Landesplanungen, aber auch die Politik auf Bundesebene gefragt. Im Koalitionsvertag haben sich die CDU, CSU und SPD darauf verständigt, eine Plattform Einzelhandel ins Leben zu rufen, um die Verödung der Innenstädte und die Nahversorgung zu thematisieren, doch sind daraus aus Sicht der Fragesteller keine konkreten politischen Maßnahmen erwachsen . V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Klein- und Mittelstädte in ländlichen Räumen nehmen im Siedlungssystem eine bedeutende Rolle ein. In ihrer Funktion als Versorgungs-, Kommunikations- und Stabilitätsanker prägen und stützen sie die zukunftsfähige Entwicklung einer Region . Sie leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Die Attraktivität von Städten und Gemeinden hängt wesentlich von der Vitalität ihrer Zentren ab. Ortszentren sind Kristallisationspunkte des Lebens und Wirtschaftens , der Freizeitgestaltung, der Kultur und der Begegnung. Wirtschaftliche Tragfähigkeit, ausreichende Angebote des Einzelhandels, aber auch gute Umweltbedingungen und eine hohe Aufenthalts- und Lebensqualität öffentlicher Räume und sind wesentliche Faktoren eines lebendigen Ortszentrums. Die Gestaltung und Entwicklung der Ortskerne obliegt den Städten und Gemeinden als Teil der kommunalen Selbstverwaltung. Angesichts wachsender Herausforderungen der Ortskernentwicklung, insbesondere bedingt durch den demografischen Wandel und die Veränderung der Strukturen im Einzelhandel, ist die Erhaltung lebendiger Ortskerne zu einer besonderen strategischen Aufgabe geworden , die eines Zusammenwirken aller Akteure und aktiver Unterstützung bedarf. Die Instrumente der kommunalen Bauleitplanung und der Raumplanung nehmen dabei eine zentrale Rolle ein. Mit der Stärkung der Innenentwicklung im Rahmen des Baugesetzbuchs hat der Bund wichtige Weichen gestellt. Darüber hinaus gewinnen interkommunale Kooperationen und die aktive Einbindung lokaler Akteure in kommunale Entwicklungskonzepte an Bedeutung. Die Länder haben eine Vielzahl beispielhafter Initiativen und Programme aufgelegt , um den Wert vitaler Ortskerne in das Bewusstsein zu rücken und Kommunen in der Gestaltung integrierter Handlungsstrategien zu unterstützen. Der Bund leistet insbesondere über die Bundesfinanzhilfen im Rahmen der Städtebauförderung einen wesentlichen Beitrag. Die Städtebauförderungsprogramme „Aktive Stadtund Ortsteilzentren“, „Kleinere Städte und Gemeinden – überörtliche Zusammenarbeit und Netzwerke“ und „Stadtumbau Ost“ und „Stadtumbau West“ richten sich speziell auf den Erhalt lebendiger Ortszentren, die Revitalisierung von Innenstädten und die Stärkung von Klein- und Mittelstädten in ländlichen Räumen zur Sicherung der Daseinsvorsorge. Die Städtebauförderung ist ein Instrument der Stadterneuerung, von dem städtische und ländliche Räume gleichermaßen profitieren. Es ist gelungen, die Städtebauförderung stets flexibel an die sich wandelnden Aufgaben und Problemlagen vor Ort anzupassen. Eine besondere Stärke der Städtebauförderung liegt in ihren Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8812 integrierten Entwicklungsansätzen, mit denen es gelingt, eine umfassende Beteiligung und Beratung vor Ort durchzuführen, private Investitionen anzustoßen und andere öffentliche Förderprogramme zu bündeln. Die Mittel der Städtebauförderung wurden in der 18. Legislaturperiode deutlich erhöht. Die Entwicklung der Nahversorgung in ländlichen Räumen richtet sich nach unternehmerischen Entscheidungen und nach dem Verbraucherverhalten. Die Nahversorgung in ländlichen Räumen ist zunehmend unter Druck geraten, auch weil sich die Konsummuster der Bevölkerung ausdifferenziert haben und das räumliche Einkaufsverhalten gewandelt hat. Die Bindung der lokalen Kaufkraft hat abgenommen . Die Folgen des demografischen Wandels verschärfen in vielen Regionen die Problemlage. Bei ungünstigen Rahmenbedingungen häufen sich Leerstände , die besonders in Abwanderungsgebieten städtebaulichen Handlungsbedarf auslösen. Die Bundesregierung setzt in der 18. Legislaturperiode einen besonderen Schwerpunkt auf die Stärkung von Regionen im demografischen Wandel und auf die Förderung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland. Im Rahmen der weiterentwickelten Demografiestrategie der Bundesregierung, die am 2. September 2015 vom Bundeskabinett beschlossen wurde, kommen Vertreter von Bund, Ländern, Gemeinden und kommunalen Spitzenverbänden zusammen, um spezifische Handlungsempfehlungen zur Förderung der Lebensqualität in Stadt und Land, zu Fragen der Regionalentwicklung und Daseinsvorsorge, der ländlichen Entwicklung und der Stärkung der Innenentwicklung zu erarbeiten. In allen Politikbereichen, insbesondere der Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik , der Umweltpolitik, der Städtebauförderung, der Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur und der Förderung ländlichen Entwicklung wurden in der 18. Legislaturperiode zusätzliche Maßnahmen ergriffen, die die Entwicklung strukturschwacher Regionen unterstützen, den Vorrang der Innenentwicklung festigen, Klimaschutz und Klimaanpassung fördern und dazu beitragen, die Attraktivität , Lebensqualität und Umweltqualität in Städten und Gemeinden zu erhalten und zu entwickeln. Die Rahmenbedingungen für eine flächendeckend gute Gesundheitsversorgung, für Mobilität und Breitbandversorgung wurden weiter verbessert, auch um die wirtschaftliche Tragfähigkeit ländlicher Regionen und ihrer Ortskerne zu unterstützen. Entwicklung der Kaufkraft in Klein- und Mittelzentren ländlicher Räume 1. Was versteht die Bundesregierung unter dem im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD verwendeten Ausdruck „Verödung der Innenstädte“, und wie definiert sie das Phänomen? 2. Welche Gründe sind nach Kenntnis der Bundesregierung ursächlich für die Verödung von Innenstädten? Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet. Der Koalitionsvertrag verwendet den Ausdruck „Verödung der Innenstädte“ zur Veranschaulichung des Handlungsbedarfs, der auf allen Handlungsebenen besteht , um die Rahmenbedingungen des Einzelhandels in Innenstädten zu verbessern . In Umsetzung des Koalitionsvertrages hat die Bundesregierung gemeinsam mit Unternehmen, Verbänden, Kommunen und Gewerkschaften die Dialogplattform Einzelhandel ins Leben gerufen, zu der in der Antwort auf die Frage 32 Stellung genommen wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8812 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Laufende Raumbeobachtung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) analysiert und bewertet die regionalen Lebensbedingungen in Deutschland auf der Ebene von Gemeinden, Kreisen und Raumordnungsregionen. Das Thünen-Institut für Ländliche Räume hat Nahversorgung in ländlichen Räumen und ihre Sicherung untersucht. Als Folge des demografischen Wandels, des Strukturwandels im Einzelhandel sowie eines zunehmenden Standortwettbewerbs ist vielerorts ein Rückgang von Versorgungsfunktionen des Einzelhandels zu beobachten. Viele Kommunen konstatieren teilweise gravierende Probleme in ihren Innenstädten. Die Entwicklung verläuft jedoch regional sehr unterschiedlich. Wirtschaftlich schwächere ländliche oder altindustrielle Regionen verlieren Einwohner und verzeichnen einen überdurchschnittlichen Bevölkerungsrückgang. Wirtschaftlich stärkere Regionen im Umland der großen Städte, aber auch in manchen ländlichen Regionen prosperieren und profitieren von Zuwanderung aus dem In- und Ausland. Für adäquate Antworten auf den Funktionswandel in Stadt- und Ortsteilzentren sind Differenzierungen wichtig. Nicht nur im Einzelhandel, sondern auch in anderen Funktions- und Nutzungsbereichen der Innenstädte vollziehen sich vielerorts Veränderungen. Etwa im Bereich des Wohnens, in Form rückläufiger Einwohnerzahlen und veränderter Nachfrage nach Wohnraum, im Bereich des Handwerks bzw. des verarbeitenden Gewerbes durch Betriebsverlagerungen oder bei sozialer und kultureller Infrastruktur durch die Schließung regional wichtiger Einrichtungen . Die Auswirkungen für Zentren von Großstädten und Zentren von Mittel - und Kleinstädten stellen sich unterschiedlich dar. In ländlichen Regionen befinden sich nicht alle Ortskerne in einer prekären Lage; vielmehr finden sich dort durchaus auch stabile oder gar prosperierende Ortszentren. Ohne gegensteuernde Maßnahmen können der Strukturwandel in Einzelhandel und Arbeitswelt und der Verlust gewachsener Strukturen jedoch in einer funktionalen und kulturellen Verarmung von Ortskernen münden. Treffen Negativwirkungen für den stationären Handel und ungünstige regions- bzw. stadtstrukturelle Bedingungen zusammen, kann es zu Funktionsverlusten zentraler Stadträume kommen. Eine Verödung im Sinne der Fragestellung kann dort drohen, wo Klein- und Mittelstädte anhaltend schrumpfen, vermehrt ortsbildprägender Leerstand in den Zentren entsteht und der Veränderungsprozess nicht aktiv begleitet wird. Ein Funktions- und Strukturwandel kann aber auch neue Nutzungs- und Flächenpotentiale eröffnen. Kommunale Entwicklungsstrategien sind daher auf eine breite Basis zu stellen. Auch die interkommunale Zusammenarbeit gewinnt an Bedeutung . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8812 3. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Kaufkraft und das Konsumverhalten in den letzten 40 Jahren entwickelt (bitte tabellarisch nach ländlichem, halbstädtischem und städtischem Raum sowie nach Bundesländern unterscheiden und bitte mit begründen)? 4. Wie hat sich die Kaufkraft nach Kenntnis der Bundesregierung in den Kleinund Mittelzentren im Vergleich zu Oberzentren in den letzten 40 Jahren entwickelt (bitte tabellarisch nach ländlichem, halbstädtischem und städtischem Raum sowie nach Bundesländern aufschlüsseln)? 5. Sieht die Bundesregierung hier eine Tendenz, und welche Schlüsse zieht sie in Bezug auf die regionale Wirtschaftsstruktur und den zukünftigen lokalen Einzelhandel? Die Fragen 3 bis 5 werden zusammen beantwortet. Regionale Wirtschaftspolitik und Fragen der lokalen Entwicklung des Einzelhandels liegen primär in der Zuständigkeit der Länder. Spezifische Daten zur kleinräumigen Entwicklung von Kaufkraft und Konsumverhalten in den Regionen liegen der Bundesregierung nicht vor. Im Rahmen der Bund/Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) unterstützt die Bundesregierung die Länder bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Stärkung der regionalen Wirtschaftsstruktur. Mit der Förderung von gewerblichen Investitionen sowie einem breit angelegten Förderportfolio für Investitionen in die kommunale wirtschaftsnahe Infrastruktur fördert die GRW das regionale Wachstum und trägt damit zur Schaffung bzw. Sicherung zusätzlicher und dauerhaft wettbewerbsfähiger Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen bei. Hierdurch werden Einkommen und Kaufkraft in den Regionen erhöht, was sich bei sonst gleichbleibenden Bedingungen positiv auf den lokalen Einzelhandel auswirkt. Zusätzlich fördert die GRW insbesondere in den ländlichen Regionen nicht-investive Maßnahmen wie regionale Entwicklungskonzepte und Regionalbudgets, mit denen die Eigenanstrengungen der Kommunen für fachübergreifende Abstimmungen und Maßnahmen unterstützt werden. Zu den Herausforderungen für den lokalen Einzelhandel wird ergänzend auf die Antwort zu Frage 32 verwiesen. 6. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Umsätze des Einzelhandels , die Einzelhandelszentralität und die Kaufkraftbindungsquote in Klein- und Mittelzentren im Vergleich zu Oberzentren in den vergangenen 40 Jahren entwickelt (bitte tabellarisch nach ländlichem, halbstädtischem und städtischem Raum sowie nach Bundesländern aufschlüsseln)? Der Bund erhebt keine Daten zu den Umsätzen des Einzelhandels, zur Einzelhandelszentralität und zur Kaufkraftbindungsquote bezogen auf Klein- und Mittelzentren im Vergleich zu Oberzentren. Verschiedene Marktforschungsinstitute erstellen Statistiken zu lokalen Märkten, die veröffentlicht werden. Hier handelt es sich jedoch nicht um Datenerhebungen des Bundes. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8812 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 7. Sind nach Ansicht der Bundesregierung Klein- und Mittelzentren in ländlichen Räumen besonders von der Entwicklung der Kaufkraft, beziehungsweise der Abwanderung der Kaufkraft betroffen (bitte begründen), und welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf die Ortskerne von Klein- und Mittelzentren in ländlichen Räumen? Der Bund erhebt keine Daten zur Entwicklung der Kaufkraft in Klein- und Mittelzentren . Zu einer Trendabschätzung der Auswirkungen der Kaufkraftentwicklung auf Ortskerne von Klein- und Mittelzentren wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 8. Wie beeinflussen nach Kenntnis der Bundesregierung der demografische Wandel und die Abwanderung der ländlichen Bevölkerung in Richtung der Ballungszentren den Kaufkraftverlust in Klein- und Mittelzentren ländlicher Räume? Wanderungen sind in der Regel selektiv, d. h. jüngere, gut qualifizierte und damit auch einkommensstärkere Personen sind vergleichsweise stärker an diesen Prozessen beteiligt. Weil sich die Wanderungsbilanzen der ländlichen Räume sehr unterschiedlich gestalten, fallen auch die Wirkungen auf die Kaufkraftentwicklung der zugehörigen Klein- und Mittelzentren ländlicher Räume sehr verschieden aus. So realisieren viele strukturstärkere ländliche Räume, die vor allem in den alten Ländern liegen, Wanderungsgewinne. Von diesen damit verbundenen Zuwächsen an regionaler Kaufkraft profitieren auch die zugehörigen Kleinund Mittelzentren. Demgegenüber weisen die strukturschwächeren ländlichen Räume, vor allem die peripher gelegenen, kontinuierliche Wanderungsverluste auf. Im Ergebnis mindert sich deren regionales Kaufkraftpotenzial, was im Weiteren natürlich auch zu einem Kaufkraftverlust der Klein- und Mittelzentren dieser Räume führt. 9. Wie beurteilt die Bundesregierung die Verödung der Ortskerne und den Kaufkraftverlust bezüglich dem im Europäischen Raumentwicklungskonzept (EUREK) formulierten Ziel der Stärkung der kleinen und mittleren Städte in ländlichen Gebieten als Kristallisationspunkte der regionalen Entwicklung ? Das Europäische Raumentwicklungskonzept (EUREK) enthält räumlich übergreifende Leitbilder und Ziele, die in allen Regionen der EU verfolgt werden sollen . Dazu gehört die Entwicklung eines ausgewogenen polyzentrischen Städtesystems , eine ausgewogene Beziehung zwischen Stadt und Land, die Sicherung eines gleichwertigen Zugangs zu Infrastruktur und Wissen sowie der Schutz von Natur und Kulturerbe. Diese Grundsätze sind in Deutschland in der Raumordnung und Landesentwicklungsplanung verankert. Im europäischen Vergleich verfügt Deutschland über eine dezentral ausgeprägte Siedlungsstruktur, die einer ausgewogenen räumlichen Entwicklung zu Gute kommt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/8812 Entwicklung des Einzelhandels und Auswirkungen auf die Nahversorgung 10. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Versorgungsstruktur mit Verkaufsstellen des Einzelhandels in den vergangenen 40 Jahren entwickelt (bitte nach ländlichem, halbstädtischem und städtischem Raum sowie nach Bundesländern unterscheiden) im Hinblick auf die a) Lage innerhalb und außerhalb des Ortskerns, b) durchschnittliche Entfernung eines Haushalts zur nächstgelegenen stationären Verkaufsstelle, c) Erreichbarkeit mit öffentlichen oder privaten Verkehrsmitteln, d) Anzahl der Generalisten/Vollsortimenter und der Spezialgeschäfte, e) Art des Einzelhandels (Discounter, Supermärkte, Verbrauchermärkte, Selbstbedienungs-Warenhäuser, Fachmarkt, Fachgeschäft, Spezialgeschäft , Gemischtwarenladen, Versandhaus, E-Commerce)? Zu der Entwicklung der Versorgung mit Verkaufsstellen des Einzelhandels in ländlichen Räumen in den vergangenen 40 Jahren liegen der Bundesregierung keine aktuellen statistischen Daten vor. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage „Sicherung der Nahversorgung“ auf Bundestagsdrucksache 18/3950 verwiesen. 11. Wie viele Verkaufsstellen des Einzelhandels haben in Klein- und Mittelzentren im Vergleich zu Oberzentren in den vergangenen 40 Jahren schließen müssen (bitte tabellarisch nach ländlichem, halbstädtischem und städtischem Raum sowie nach Bundesländern unterscheiden), und welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf die Ortskerne? Über die räumliche Verteilung von Unternehmensschließungen liegen in der amtlichen Einzelhandelsstatistik keine Daten vor. 12. Welche Gründe sind nach Kenntnis der Bundesregierung ursächlich für die Entwicklung des Einzelhandels in den Ortskernen (beispielsweise Umsatzlenkung auf Marktsegmente, die eher außerhalb der Ortskerne angesiedelt sind), und sind Klein- und Mittelzentren in ländlichen Räumen besonders von dieser Entwicklung betroffen (bitte begründen)? Der Einzelhandel muss sich derzeit mit einem tief greifenden Strukturwandel auseinandersetzen , der insbesondere die Entwicklung des Einzelhandels in den Ortskernen beeinflusst und im Wesentlichen durch Faktoren wie Digitalisierung, demografischer Wandel, hohe PKW-Mobilität und verändertes Konsumentenverhalten bedingt ist. Nach Einschätzung zahlreicher Experten sind Klein- und Mittelzentren von dieser Entwicklung besonders betroffen. 13. Wie hat sich der Onlinehandel in den vergangenen fünf Jahren nach Kenntnis der Bundesregierung entwickelt, und welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf die Ortskerne von Klein- und Mittelzentren im Vergleich zu Oberzentren (bitte nach ländlichem, halbstädtischem und städtischem Raum sowie nach Bundesländern unterscheiden und bitte begründen)? Das Statistische Bundesamt hat für den Versand- und Internet-Einzelhandel (Wirtschaftszweige-Klassifikation 2008: 47.91) im Zeitraum vom 2010 bis 2015 einen Umsatzzuwachs in konstanten Preisen von 44,7 Prozent ermittelt. Im Vergleichszeitraum erzielte der gesamte Einzelhandel – ohne Handel mit Kraftfahrzeugen – (WZ08-47) in konstanten Preisen nur einen Zuwachs von 5,5 Prozent. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8812 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Inwieweit sich diese Entwicklung im Online-Handel auf die Stadtentwicklung auswirkt, wird derzeit vom BBSR im Projekt „Mögliche räumliche Auswirkungen des Online-Handels auf Innenstädte, Stadtteil- und Ortszentren“ untersucht. Ergebnisse werden im dritten Quartal 2016 vorliegen. Darüber hinaus werden in einer Studie die verkehrlich-städtebaulichen Auswirkungen des Online-Handels untersucht, um mögliche unterschiedliche Entwicklungen durch Online-Handel in Szenarien aufzubereiten und Handlungsempfehlungen für künftige Strategien der Siedlungs- und Verkehrsentwicklung abzuleiten. 14. Welche Zielformulierung verfolgt die Bundesregierung im Hinblick auf die Sicherung der Nahversorgung, wie definiert sie ausreichende Nahversorgung und liegt dieser Definition das Zentrale-Orte-Konzept zugrunde (bitte begründen)? Unter Nahversorgung versteht man die zeit- und ortsnahe Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs. Erreichbarkeit ist ein entscheidendes Kriterium. Für die Beurteilung des Versorgungsgrades ist vor allem ausschlaggebend, ob Angebote für die Bewohner nahe am Wohnort erreichbar sind. Das Zentrale-Orte-Konzept zielt auf eine flächendeckende angemessene Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Diensten in zumutbarer Entfernung ab. Gemäß § 2 Absatz 2 Nummer 2 des Raumordnungsgesetzes sind insbesondere die Einrichtungen der sozialen Infrastruktur in den Zentralen Orten zu bündeln. Die Festlegung, welche Einrichtungen Bestandteil der Zentralen Orte sind, treffen die Länder in ihren Landes- und Regionalplänen mithilfe von Ausstattungskatalogen . 15. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Mobilität der ländlichen Bevölkerung in den letzten 40 Jahren entwickelt (bitte nach Alter und Region aufteilen), und welchen Einfluss hat die Entwicklung auf das Kaufverhalten und die ländliche Nahversorgung? Daten zur Mobilität der Bevölkerung werden seit 1982 erhoben. Danach bleibt das Verkehrsaufkommen (Wege pro mobiler Person und Tag) relativ konstant bei etwa 3,7 Wegen pro Tag. Die Verkehrsleistung hat um etwa ein Viertel auf etwa 45 km pro mobile Person und Tag zugenommen. Auswertungen nach Alter und Region sowie zum Kaufverhalten liegen nicht vor. Der Pkw-Besatz hat in den letzten 20 Jahren bundesweit um 12,3 Prozent von 480 Pkw je 1 000 Einwohner auf 540 Pkw je 1 000 Einwohner zugenommen. Diese Entwicklung wird vor allem von einer starken Zunahme des Pkw-Bestandes in den ländlichen Kreisen getragen, in denen der Pkw-Besatz im gleichen Zeitraum um rund 20 Prozent auf rund 580 Pkw je 1 000 Einwohner angestiegen ist. Die Nutzung von Öffentlichem Personen Nahverkehr (ÖPNV) -Bedienungsangeboten hingegen hängt ganz wesentlich von der regionalen Siedlungsstruktur ab und ist in ländlichen Räumen eher rückläufig. Je kleinteiliger und verstreuter die zu erschließenden Siedlungen in der Fläche sind und je geringer die Siedlungsdichte ausfällt, desto geringer ist das Potenzial für ein wirtschaftliches Angebot im klassischen Linienverkehr. Die Entwicklung der Nahversorgung in ländlichen Räumen richtet sich nach unternehmerischen Entscheidungen und Verbraucherverhalten. Die Nahversorgung in ländlichen Räumen ist zunehmend unter Druck geraten, weil sich die Konsum- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/8812 muster der Bevölkerung ausdifferenziert haben und das räumliche Einkaufsverhalten gewandelt hat. Die Bindung der lokalen Kaufkraft hat abgenommen, zum Teil aufgrund der gestiegenen Mobilität der Bevölkerung und zum Teil aufgrund der Zunahme der Ansprüche bezüglich des Preises, der Auswahl- und Kopplungsmöglichkeiten beim Einkaufen. 16. Wie beurteilt die Bundesregierung die Chancen des Onlinehandels, um die ländliche Nahversorgung zu sichern und Versorgungslücken zu überbrücken , und wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen des Onlinehandels auf die weitere Verödung der Innenstädte und Ortskerne? Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung daher im Bereich des Onlinehandels ? Aus Sicht der Bundesregierung kann der Online-Handel einen Beitrag zur ländlichen Nahversorgung im weiteren Sinne leisten. Für die Versorgung mit Lebensmitteln gilt dies allerdings nur sehr eingeschränkt, da entsprechende Online-Angebote für die Händler zumeist noch nicht rentabel sind. Auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Sicherung ländlicher Nahversorgung “ – Bundestagsdrucksache 18/3950 – zu Frage 13d wird in diesem Zusammenhang verwiesen. Zur Frage der räumlichen Auswirkungen des Online-Handels auf Innenstädte, Stadtteil- und Ortszentren sind aus dem Forschungsprojekt des BBSR weitere Ergebnisse zu erwarten (siehe Antwort zu Frage 13). Nach derzeitigen Erkenntnissen und der Betrachtung verschiedener Entwicklungsszenarien ist davon auszugehen , dass in Abhängigkeit von demografischen, wirtschaftlichen, städtebaulichen und verkehrlichen Rahmenbedingungen differenzierte räumliche Auswirkungen zu erwarten sind. Bei ungünstigen Rahmenbedingungen häufen sich Leerstände mit der Folge des Entstehens struktureller Leerstände, die besonders in Abwanderungsgebieten städtebaulichen Handlungsbedarf auslösen. Im Rahmen der Städtebauförderung des Bundes und der Länder werden Kommunen darin unterstützt, strukturelle Leerstände zu beseitigen und Innenstädte und Ortskerne aufzuwerten. Von besonderer Bedeutung sind die Städtebauförderungsprogramme „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“, „Stadtumbau Ost“ und „Stadtumbau West“ sowie „Kleinere Städte und Gemeinden – überörtliche Zusammenarbeit und Netzwerke“ (siehe im Einzelnen Antwort zu Frage 34c). 17. Welche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und das Angebot an Ausbildungsplätzen im Bereich des innerstädtischen Einzelhandels erwartet die Bundesregierung durch die Verödung der Ortskerne und Innenstädte (bitte nach ländlichem, halbstädtischem und städtischem Raum sowie nach Bundesländern unterscheiden und bitte begründen)? Nach Einschätzung des Handelsverbands Deutschland (HDE) werden bis zum Jahr 2020 von den derzeit noch existierenden rund 400 000 Ladengeschäften rund 50 000 Ladengeschäfte schließen müssen. Dies hat auch im Bereich des innerstädtischen Einzelhandels Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und auf das Angebot an Ausbildungsplätzen. Eine seriöse Prognose der möglichen Auswirkungen , unterschieden nach ländlichem, halbstädtischem und städtischem Raum sowie nach Bundesländern, ist der Bundesregierung jedoch nicht möglich. Die Bundesregierung verfügt nicht über Daten zu einzelnen Ausbildungsbetrieben und deren geografische Lage. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8812 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Entwicklung des Leerstands und Auswirkungen auf die Immobilienpreise 18. Wie hat sich der Leerstand von Gewerbeflächen in den vergangenen 15 Jahren in Klein- und Mittelzentren im Vergleich zu Oberzentren entwickelt (bitte nach Jahren, ländlichem, halbstädtischem und städtischem Raum aufschlüsseln und zusammenfassend begründen)? Der Bundesregierung liegen keine spezifischen Daten zum Leerstand von Gewerbeflächen in Klein-, Mittel- und Oberzentren vor. 19. Wie haben sich die Preise für Vermietung und Verkauf von Gewerbeflächen in den vergangenen 15 Jahren in Klein- und Mittelzentren im Vergleich zu Oberzentren entwickelt (bitte nach Jahren, ländlichem, halbstädtischem und städtischem Raum aufschlüsseln und zusammenfassend begründen)? Der Bundesregierung liegen keine spezifischen Daten zur Miet- und Kaufpreisentwicklung von Gewerbeflächen in Klein-, Mittel- und Oberzentren vor. 20. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung Ortskerne von Klein- und Mittelzentren in ländlichen Räumen besonders von diesen Entwicklungen betroffen , und welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf die Attraktivität des Standorts (bitte begründen)? Eine besondere Betroffenheit der Ortskerne durch Leerstand ist gegeben, wenn die lokalen Voraussetzungen besonders ungünstig sind. Hierzu zählen unter anderem ein deutlicher Bevölkerungsrückgang, eine schwache Nachfrage, geringe Kaufkraft, ausbleibende private Investitionen oder betriebliche und räumliche Konzentrationen außerhalb der Kernstädte. Auf die Antwort zu Frage 2 wird ergänzend verwiesen. Wie die Erfahrungen unter anderem aus dem Städtebauförderungsprogramm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ zeigen, bedarf zum Erhalt lebendiger Ortskerne differenzierter, zielgruppenspezifischer Wohnangebote, Einrichtungen der Nahversorgung und guter verkehrlicher Anbindung mit Mobilitätsangeboten für weniger mobile Bevölkerungsgruppen. Öffentliche Einrichtungen in Verbindung mit sozialen Einrichtungen sind Impulsgeber der Zentrenentwicklung. Unter diesen Bedingungen gewinnen Ortskerne an neuer Attraktivität, weil sie eine fußläufige Versorgung garantieren. Um- und Zuzüge in die Zentren von Klein- und Mittelstädten lassen sich auf diese Standortvorteile zurückführen. Da Klein- und Mittelstädte mit Ausnahme der größeren Mittelstädte in der Regel keine eigene statistische Abteilung unterhalten, liegen flächendeckende Daten hinsichtlich einer innerkommunalen Differenzierung nach Innenstadt und Stadtrand für Klein- und Mittelstädte nicht vor. 21. Wie hat sich die Fläche neu ausgewiesener Gewerbeflächen außerhalb der Ortskerne in den letzten 15 Jahren entwickelt (bitte nach ländlichem, halbstädtischem und städtischem Raum aufschlüsseln und bitte begründen? Der Bundesregierung liegen keine Daten zur Entwicklung neu ausgewiesener Gewerbeflächen außerhalb der Ortskerne vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/8812 22. Wie wirkt sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Entwicklung des Leerstands auf die Attraktivität der Ortskerne, auf den Tourismus und das weitere Angebot an Gastronomie, Kultur- oder Freizeit aus? Leerstand und brach gefallene gewerblich genutzte Flächen bringen in den betroffenen Kommunen in der Regel erhebliche Funktions- und Attraktivitätsverluste mit sich. Die Auswirkungen stellen sich je nach der spezifischen Situation vor Ort differenziert dar. Auf die Antwort zu Frage 2 wird ergänzend verwiesen. 23. Wie haben sich Leerstand, Wert, Verkaufs- und Vermietungspreise von Wohnimmobilien in den vergangenen 15 Jahren in Klein- und Mittelzentren im Vergleich zu Oberzentren entwickelt (bitte nach Jahren, ländlichem, halbstädtischem und städtischem Raum aufschlüsseln und zusammenfassend begründen )? Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zu verödeten Innenstädten ? Für die Preisentwicklung am Wohnungsmarkt ist die Größe und raumörtliche Bedeutung einer Gemeinde nur ein bedingter Faktor. Entscheidend ist, ob die Gemeinde in einer dynamischen oder in einer stagnierenden Wirtschaftsregion liegt. Die Angebotsmieten für Wohnungen haben sich bundesweit seit Jahr 2010 dynamisch entwickelt (Datenbasis: BBSR-Wohnungsmarktbeobachtung, IDN Immo- Daten GmbH). So lagen im Jahr 2015 die Mieten für Wohnungen aus Erst- und Wiedervermietungen knapp 18 Prozent über den Mieten von 2010 und 20 Prozent über den Mieten von 2004. Allerdings sind die regionalen Unterschiede sehr groß. Die Großstädte liegen mit ihrem Mietenniveau von 8,39 Euro/m² nettokalt deutlich über dem der kleineren kreisfreien Städte (41 Mittelstädte mit 6,08 Euro/m²) und den Landkreisen. Auch die Mietendynamik ist in den Großstädten deutlich höher – die Angebotsmieten sind hier seit dem Jahr 2004 um 26 Prozent gestiegen , in den kreisfreien Mittelzentren dagegen nur um 18 Prozent. Das Umland der Großstädte zeigt ebenfalls in den letzten Jahren spürbare Mietensteigerungen . Hier wirken neben den Ausstrahlungseffekten durch die Kernstädte auch die eigenen wirtschaftlichen Potenziale sowie die Standort- und Infrastrukturgunst . Daher sind die städtischen Kreise bundesweit mit durchschnittlich 6,89 Euro/m² teurer als die kreisfreien Mittelstädte mit 6,08 Euro/m². In den letzten Jahren haben sich die Binnenwanderungen ebenso wie die internationalen Zuwanderungen stark auf prosperierende Groß- und Universitätsstädte fokussiert. Die Haushaltszahlen sind dort überdurchschnittlich angestiegen. Nur teilweise konnten leerstehende Wohnungen diesen Nachfrageschub auffangen. Eine zu geringe Neubautätigkeit bewirkte überdurchschnittlich stark steigende Angebotsmieten. Die Binnenwanderungen in die wachsenden Städte sorgten für Wohnungsüberhänge in den Schrumpfungsregionen. Noch entwickeln sich dort zwar zahlreiche Kernstädte stabil, da sie Ziele von jungen Menschen aus der jeweiligen Region sind. Es ist jedoch zu erwarten, dass der Zustrom dann an seine Grenzen kommt, wenn sich die Abwanderungsgebiete noch stärker entleert haben. Wohnungsleerstände werden nicht kontinuierlich über die amtliche Statistik erfasst . Die letzte umfassende Erhebung von Wohnungsleerständen erfolgte über die Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) des Zensus 2011. Ergänzend nimmt das Statistische Bundesamt Sonderauswertungen der GWZ vor. Der Zensus 2011 ergab in der Unterscheidung nach Stadt- und Gemeindetypen insgesamt nur eine Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8812 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode leichte Differenz. So wiesen Mittelstädte eine durchschnittliche Leerstandsquote von 4,5 Prozent, Kleinstädte von 4,8 Prozent auf. Der Anteil an Leerständen hängt von der Wohnungsmarktsituation und der Nachfrageentwicklung in der Regionen ab. So weisen Schrumpfungsregionen einen Anteil von Leerständen auf, der zwischen 6 und 10 Prozent liegt, teilweise noch darüber. In stark wachsenden Städten unterschreiten die Leerstände 2 Prozent des Wohnungsbestands und erschweren damit die Verfügbarkeit von passendem Wohnraum. Künftig ist mit einer weiteren Zunahme von Leerständen in Schrumpfungsregionen zu rechnen – vor allem in schrumpfenden ländlichen Kreisen und in weiten Teilen Ostdeutschlands. Geschosswohnungen sind dabei besonders betroffen. Im Übrigen wird auf die Antwort auf die Frage 20 verwiesen . Maßnahmen gegen die Verödung von Ortskernen 24. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, die insbesondere dem Einzelhandel in Ortskernen von Klein- und Mittelzentren ländlicher Räume zugutekommen? Welche Handlungsansätze sieht sie, um die Kaufkraft in Klein- und Mittelzentren ländlicher Räume zu halten? 25. Wie trägt die Bundesregierung dazu bei, der Gefährdung der Nahversorgung und einer möglichen Verarmung der Handelslandschaft vor allem in Kleinund Mittelzentren in ländlichen Räumen entgegenzuwirken? Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 24 und 25 gemeinsam beantwortet : Die Städtebauförderung des Bundes leistet einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Funktionsvielfalt und zur Revitalisierung der Innenstädte und Ortskerne von Klein- und Mittelzentren in ländlichen Räumen. Im Rahmen von städtebaulichen Gesamtmaßnahmen sind grundsätzlich auch bauliche Maßnahmen zur Sicherung der Nahversorgung sowie zur Stärkung der Attraktivität und Aufenthaltsqualität der Ortskerne förderfähig. Die Finanzhilfen des Bundes können unter anderem für die Vorbereitung und Durchführung öffentlicher Investitionen zur Umnutzung von Flächen, für die Sanierung ortsbildprägender Gebäude, für die Aufwertung des öffentlichen Raumes sowie die Einrichtung eines Zentren- oder Kooperationsmanagements eingesetzt werden. Der Erhalt der Funktionsmischung und eine höhere Aufenthaltsqualität tragen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Einzelhandel in den Ortskenen bei. Fördervoraussetzung ist die Erarbeitung integrierter Entwicklungskonzepte unter Einbeziehung der Akteure vor Ort. Insbesondere die Städtebauförderprogramme „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ und „Kleinere Städte und Gemeinden – überörtliche Zusammenarbeit und Netzwerke “ bieten geeignete Ansätze, um Klein- und Mittelzentren in ländlichen Räumen als Versorgungsstandorte zu stärken und einer Gefährdung der Nahversorgung entgegenzuwirken. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 27 wird verwiesen . Ausgehend von der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) entwickelt die Bundesregierung zurzeit die Grundlagen für ein gesamtdeutsches Fördersystem für strukturschwache Regionen nach Auslaufen des Solidarpaktes II ab dem Jahr 2020. Den Bedürfnissen strukturschwacher ländlicher Regionen, die oft durch geringe Einkommen und überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit gekennzeichnet sind und gleichzeitig wegen des demografischen Wandels vor zusätzlichen Herausforderungen stehen, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/8812 wird Rechnung getragen. Von einer Stärkung der strukturschwachen Regionen profitiert auch die Nahversorgung. Mit der Erweiterung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) sollen zudem Maßnahmen zur Förderung der Infrastruktur ländlicher Gebiete im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik neu in den Förderkatalog der GAK aufgenommen werden. Auf die Antworten zu den Fragen 33 und 34 wird verwiesen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat eine Dialogplattform Einzelhandel gestartet, die im April des Jahres 2015 ihre Arbeit aufgenommen hat. Hier kommen Experten aus Einzelhandelsunternehmen, Verbänden, Wissenschaft, Gewerkschaften, Bund, Ländern und Kommunen zusammen, um neue Perspektiven für den Einzelhandel aufzuzeigen. Zu den Einzelheiten wird auf die Antwort zu Frage 32 verwiesen. 26. Ist nach Meinung der Bundesregierung in den nächsten Jahren zu erwarten, dass Anbieter von Onlinehandel-Angeboten als zweites Standbein in den stationären Einzelhandel eintreten werden (bitte begründen)? Schon jetzt ist zu beobachten, dass Online-Händler zunehmend auch Geschäfte im stationären Einzelhandel eröffnen. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen. Er entspricht dem von einer großen Mehrheit der Experten propagierten sogenannten Omnichannel-Ansatz für die Kundenansprache. 27. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung gegen den Leerstand von Gewerbe- und Wohnflächen in Ortskernen, besonders in Klein- und Mittelzentren ländlicher Räume, beispielsweise durch Zwischennutzungen oder durch Förderung generationengerechten, barrierefreien Umbaus? Der Bund stellt den Ländern im Rahmen der Städtebauförderung Finanzhilfen zur Unterstützung der Kommunen bei der Anpassung an den wirtschaftlichen und sozialen Wandel zur Verfügung. Von 1971 bis einschließlich 2015 standen rund 16,3 Mrd. Euro Bundesmittel zur Verfügung. Im Jahr 2016 stehen weitere rd. 607 Mio. Euro Bundesmittel für die Städtebauförderung zur Verfügung. Die Förderfähigkeit von Maßnahmen und Vorhaben, Förderschwerpunkte und nähere Auswahlkriterien für die Förderung von städtebaulichen Gesamtmaßnahmen regeln die Förderrichtlinien der Länder. Die Mittel können auch zur Beseitigung städtebaulicher Missstände, zur Herstellung nachhaltiger städtebaulicher Strukturen und zur Stärkung von Innenstädten und Ortszentren eingesetzt werden. Ausgangspunkt für die Städtebauförderung des Bundes sind integrierte Strategien , die von den Städten und Gemeinden im Rahmen ihrer Planungshoheit erarbeitet werden. So stellen von Kommunen zu erarbeitende städtebauliche Entwicklungskonzepte eine Fördervoraussetzung dar. In ihnen werden die örtliche Ausgangslage , Ziele, Strategien und Maßnahmen dargestellt. Strategien und Maßnahmen für die Nutzung von leerstehenden oder von Leerstand bedrohten Gewerbeund Wohnflächen in Ortskernen, Zwischennutzungskonzepte und der generationengerechte und barrierefreie bzw. –arme Umbau des Gebäudebestandes sowie des öffentlichen Raums können Teil dieser integrierten Konzepte sein. Die Finanzhilfen des Bundes zur Förderung von „Aktiven Stadt- und Ortsteilzentren “ sind für die Stärkung von zentralen Versorgungsbereichen bestimmt, die durch Funktionsverluste, insbesondere gewerblichen Leerstand, bedroht oder be- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8812 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode troffen sind. Sie werden zur Vorbereitung und Durchführung von Gesamtmaßnahmen zur Erhaltung und Entwicklung dieser Bereiche als Standorte für Wirtschaft und Kultur sowie als Orte zum Wohnen, Arbeiten und Leben eingesetzt. Das Städtebauförderungsprogramm „Kleinere Städte und Gemeinden – überörtliche Zusammenarbeit und Netzwerke“ richtet sich gezielt auf die Stärkung von Klein- und Mittelstädten als soziale, wirtschaftliche und kulturelle Zentren und Ankerpunkte der Daseinsvorsorge in ländlichen Räumen. Eine Förderpräferenz erhalten Kommunen, die Kooperationen mit Nachbargemeinden eingehen und gemeinsame Strategien zur Sicherung der Daseinsvorsorge und Lebensqualität umsetzen. Im Mittelpunkt des Städtebauförderungsprogramms „Stadtumbau Ost“ steht die Aufwertung von Innenstädten und zukunftsfähigen Stadtquartieren sowie die Stabilisierung städtischer Strukturen durch den Abriss leer stehender, dauerhaft nicht mehr nachgefragter Wohnungen. Für die Aktivierung leer stehender Bausubstanz in Klein- und Mittelzentren leistet insbesondere der Programmbereich Sanierung und Sicherung von Altbauten im Programm Stadtumbau Ost einen wichtigen Beitrag . Das Programm „Stadtumbau West“ zeichnet sich u. a. dadurch aus, dass innerstädtische Industrie- und Gewerbebrachen sowie Bahnflächen neuen Nutzungen zugeführt werden. In beiden Stadtumbauprogrammen tragen die Sanierung des Gebäudebestandes, Maßnahmen im öffentlichen Raum und Investitionen in soziale und kulturelle Infrastruktureinrichtungen dazu bei, dass Innenstädte und Ortzentren attraktiver werden. Unterstützende Maßnahmen wie der Einsatz von den Städten und Gemeinden beauftragten Sanierungs- oder Stadtumbaubeauftragte sowie Eigentümermoderatoren für die Ansprache und Beratung der Gebäudeeigentümer und die Erstellung von Konzepten sind ebenfalls förderfähig. Auch Zwischennutzungen können gefördert werden, die leer stehende Gebäude und Flächen beleben können und Perspektiven für eine langfristige Nutzung offen halten. Bund und Länder widmen im Rahmen der Städtebauförderung der Erhaltung und Entwicklung von Grün- und Freiräumen für den Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz , der Förderung der biologischen Vielfalt, der Gesundheit und dem sozialen Zusammenhalt in Stadtquartieren besonderes Augenmerk. Auch die energetische Erneuerung in den Quartieren sowie die besonderen Möglichkeiten, öffentliche Räume und Gebäude sowie das Wohnumfeld barrierefrei beziehungsweise barrierearm zu gestalten, um Städte und Gemeinden für alle Bevölkerungsgruppen lebenswert und nutzbar zu erhalten, spielt im Rahmen der Städtebauförderung eine wichtige Rolle. Speziell zur Förderung generationengerechten, barrierefreien/-armen Umbaus des Wohnungsbestands hat die Bundesregierung im Oktober 2014 die Zuschussförderung im KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“ wieder eingeführt, die das KfW-Darlehensprogramm ergänzt. Insbesondere selbstnutzende Eigentümer und Mieter können Zuschüsse beantragen, um Barrieren in Wohngebäuden abzubauen oder den Schutz vor Wohnungseinbruch zu erhöhen. Seit dem Programmstart wurden bis Ende April 2016 für das Programm „Altersgerecht Umbauen – Zuschuss“ insgesamt 57 125 Förderzusagen mit einem Volumen von rund 72,2 Mio. Euro erteilt; 70 711Wohneinheiten wurden gefördert. Die Schaffung altersgerechter Wohnungen wird zudem durch die soziale Wohnraumförderung unterstützt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/8812 28. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um das Orts- und Stadtbild von Klein- und Mittelzentren ländlicher Räume attraktiv und ästhetisch zu halten, beispielsweise durch die Förderung von Abriss und Rückbau im Rahmen der Städteförderung? Im Rahmen der Städtebauförderung sind Bau- und Ordnungsmaßnahmen für die Wiedernutzung von Grundstücken mit leerstehenden, fehl- oder mindergenutzten Gebäuden und von Brachflächen einschließlich städtebaulich vertretbarer Zwischennutzung grundsätzlich förderfähig, dies auch bei städtebaulichen Gesamtmaßnahmen in Klein- und Mittelzentren ländlicher Räume. Für den Bund hat die Modernisierung und Instandsetzung erhaltenswerter Gebäude , historischer Ensembles und sonstiger baulicher Anlagen von geschichtlicher , künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung einen hohen Stellwert. Er beteiligt sich grundsätzlich nicht an der Finanzierung des Abrisses von Denkmälern. Insbesondere mit den Programmen “Stadtumbau Ost“ und „Stadtumbau West“ trägt der Bund dem Umstand Rechnung, dass der Rückbau von Infrastrukturen aufgrund von demografischen und wirtschaftlichen Umbrüchen in den betroffenen Städten und Gemeinden oft unvermeidbar ist. Aufgrund des hohen Wohnungsleerstands in Ostdeutschland wird mit dem Programm „Stadtumbau Ost“ seit 2002 der Rückbau dauerhaft nicht mehr nachgefragter Wohnungen gefördert. 29. Sieht die Bundesregierung Anlass, die Leitbilder der Raumordnung und das Zentrale-Orte-System zu überarbeiten oder hält sie die bundespolitischen Maßgaben für den Entwicklungen angemessen und ausreichend (bitte begründen )? Die Ministerkonferenz für Raumordnung hat am 9. März 2016 die aktualisierten und weiterentwickelten Leitbilder und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland beschlossen. Sie bilden das Ergebnis eines mehrstufigen breiten Konsultationsprozesses. Die Strategien und Handlungsansätze richten sich auf eine Konkretisierung und Umsetzung sowohl durch die Raumordnung und Landesplanung als auch durch die verschiedenen Fachpolitiken. Die Ministerkonferenz für Raumordnung hat in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Zentrale-Orte-Konzepts bekräftigt. Mit ihrer Entschließung „Zentrale Orte“ vom 9. März 2016 legt sie die Grundlage für eine zeitgemäße Fortentwicklung des Instruments der Zentralen Orte in den Ländern. Auf die Antwort zu Frage 14 wird ergänzend verwiesen. 30. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung für die anderweitige Nutzung leerstehender Gewerbeflächen außer durch den Einzelhandel ein, beispielsweise in Form einer Förderung von Gründungsinitiativen oder Einrichtungen sozialer Infrastruktur? Wie in der Antwort zu Frage 27 ausgeführt, liegt die Zuständigkeit zur konkreten Ausgestaltung von Regelungen zur Förderfähigkeit von Maßnahmen und Vorhaben im Rahmen der Städtebauförderung und den zu Förderschwerpunkten bei den Ländern. Grundsätzlich ist die Förderung von Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden , die der Zuführung einer anderen Nutzung dienen, im Rahmen einer städtebaulichen Gesamtmaßnahme nach den allgemeinen Kriterien der Städtebauförderung möglich. So setzen im Rahmen des Programms „Kleinere Städte und Gemeinden – überörtliche Zusammenarbeit und Netzwerke“ zahlreiche Kommunen städtebauliche Maßnahmen zur Sanierung und Umnutzung leerstehender Bestandsimmobilien Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8812 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode um. Beispiele hierfür sind die Umnutzung leerstehender Geschäftsgebäude zu einer Arztpraxis und barrierefreien Wohneinheiten, die Schaffung eines interkommunalen Informations- und Begegnungszentrums, die Umnutzung eines ehemaligen Fabrikgebäudes als Standort für Wohnen, Bildung und Kultur oder die Einrichtung von kommunalen Förderprogrammen für Umbaumaßnahmen zur Beseitigung und Vermeidung von Leerständen in den Kernbereichen. Die Bundesregierung unterstützt den Start in die unternehmerische Selbständigkeit insbesondere durch Informations-, Beratungs- und Finanzierungsangebote. Die Entwicklung städtebaulicher Nutzungskonzepte für Gründungsinitiativen liegt in der Planungshoheit der Kommunen und kann in Maßnahmen der Städtebauförderung integriert werden. 31. Wie bewertet die Bundesregierung die Gründungsinitiative der Industrieund Handelskammer zusammen mit der bundesweiten Städtebauförderung der 16. Wahlperiode, auf Grundlage flexibler Mietvertragsgestaltung und lokaler Gründerwettbewerbe langfristig leerstehende Ladenlokale an innovative Existenzgründer zur Verfügung zu stellen? Welche Ergebnisse brachte die Förderphase, und wie sind die Ergebnisse in das heutige Regierungshandeln eingegangen? Sind weitere Initiativen dieser Art geplant? Die IHK-Gründungsinitiative für Innenstädte startete im Jahr 2008 mit Unterstützung der Nationalen Stadtentwicklungspolitik des Bundes in Flensburg, Herne- Wanne-Mitte, Ludwigshafen und Witten. Ziel war und ist es, die Stadt- und Stadtteilzentren in ihrer regionalen Vielfalt von Einzelhandel, Gastronomie und Dienstleistungen zu stärken. Die IHK-Gründungsinitiative für Innenstädte ist als flächendeckend einsetzbares Stadtentwicklungsinstrument konzipiert. Sie funktioniert als „verteiltes Gründerzentrum“ für Handel, Gastronomie und Dienstleistung . Vor dem Hintergrund der speziellen Wettbewerbssituation von Stadt- und Stadtteilzentren untereinander und mit nicht integrierten Standorten auf der „grünen Wiese“ entstanden neue Allianzen von Vermietern und Gründern. Das Konzept ist für die Nationale Stadtentwicklungspolitik beispielhaft. Die Ergebnisse des Pilotvorhabens sind in die übergeordneten Veröffentlichungen und Veranstaltungen zur Nationalen Stadtentwicklungspolitik eingeflossen. Das Instrument wurde auch ohne Förderung auf verschiedene andere Standorte übertragen . 32. Welche Ergebnisse brachte die Plattform Einzelhandel des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in Bezug auf die Sicherung der Nahversorgung und gegen die Verödung von Innenstädten und Ortskernen, und wie sind die Ergebnisse des Dialogs in das Regierungshandeln eingegangen? Das BMWi hat die Dialogplattform Einzelhandel Anfang des Jahres 2015 mit dem Ziel ins Leben gerufen, neue Perspektiven für den Einzelhandel aufzuzeigen. In Workshops arbeiten derzeit Experten aus allen vom Strukturwandel im Einzelhandel betroffenen Gruppen zusammen, um möglichst praxis- und umsetzungsnahe Handlungsempfehlungen und Lösungsstrategien zu erarbeiten. Von insgesamt sechszehn bis März 2017 geplanten Workshops in fünf Workshop-Reihen haben bisher neun stattgefunden. Die Ergebnisse werden in Form von Zusammenfassungen der Workshops fortlaufend auf der BMWi-Website unter www. dialogplattform-einzelhandel.de veröffentlicht. In der Workshop-Reihe „Perspektiven für den ländlichen Raum“ hat am 15. Dezember 2015 eine Veranstal- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/8812 tung zum Thema „Konzepte der Nahversorgung“ stattgefunden. In diesem Workshop stellten die teilnehmenden Experten die Bedeutung integrierter Konzepte heraus, in denen der Handel nur ein, wenn auch wichtiger Baustein sei. Als wichtige Einflussfaktoren für den Aufbau von Nahversorgungseinheiten wurden die Aktivierung der Bevölkerung, die Verbesserung der Infrastruktur, das Bau- und Planungsrecht, hier insbesondere die Planungspraxis der Kommunen, die Bauordnung sowie Optionen der Finanzierung genannt. Es wurden konkrete Empfehlungen beschlossen, die sich insbesondere an die kommunale Planung richten. 33. Inwiefern wird die erweiterte Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz das Problem der Verödung von Ortskernen dadurch adressieren, dass sie auch nichtlandwirtschaftliche Wirtschaftsbereiche auf dem Land fördern kann und besser mit der Gemeinschaftsaufgabe Regionale Wirtschaftsstruktur koordiniert wird? Mit der Erweiterung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) sollen Maßnahmen zur Förderung der Infrastruktur ländlicher Gebiete im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik neu in den Förderkatalog der GAK aufgenommen werden. Ziel ist die Gewährleistung der Leistungsfähigkeit ländlicher Gebiete, deren integraler Bestandteil eine umweltund ressourcenschonende Land- und Forstwirtschaft ist, und die Aufrechterhaltung des dörflichen Lebens. Die neuen Fördermaßnahmen sollen sich auch an nicht-landwirtschaftliche Kleinstunternehmen richten und der Verödung von Ortskernen entgegen wirken. Zu den Maßnahmen der Förderung der Infrastruktur ländlicher Gebiete im Einzelnen und zur Koordinierung der Agrarstrukturförderung mit der Bund-Länder- Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) wird auf die ausführliche Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Erweiterung der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz “ auf Bundestagsdrucksache 18/8510 verwiesen. 34. Welche Maßnahmen gegen die Verödung von Innenstädten ergreift die Bundesregierung im Rahmen folgender Programme, und welche Ergebnisse sind jeweils zu verzeichnen: a) Gemeinschaftsaufgabe Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur, Die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur “ (GRW) ist das zentrale Instrument der nationalen regionalen Wirtschaftsförderung. Ziel ist es, über die Förderung von Investitionen gewerblicher Unternehmen und Kommunen sowie durch Maßnahmen im Bereich Vernetzung und Kooperation von regionalen Akteuren zusätzliche Arbeitsplätze und Einkommen in den strukturschwachen Regionen zu schaffen. Die Verteilung der Bundesmittel erfolgt nach Maßgabe der Strukturschwäche der Regionen. Im Dreijahreszeitraum 2013 bis 2015 konnten die Länder GRW-Bewilligungen für Maßnahmen der gewerblichen Wirtschaft und der wirtschaftsnahen Infrastruktur im Umfang von rd. 3,461 Mrd. Euro erteilen. Mit diesen Fördermitteln wurde ein Investitionsvolumen von rd. 17,213 Mrd. Euro angestoßen. Im Bereich der gewerblichen Wirtschaft wurden dadurch 46 694 zusätzliche Dauerarbeitsplätze geschaffen und 148 590 Dauerarbeitsplätze gesichert. Eine im Auftrag des BMWi im Jahr 2010 durchgeführte Evaluation der einzelbetrieblichen Investitionsförderung, auf die etwa 75 Prozent der GRW-Ausgaben entfallen, hat ergeben, dass die geförderten Unternehmen im Zeitraum 1998 bis Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8812 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2008 ihre Beschäftigung und ihr Lohneinkommen gegenüber den nicht geförderten Unternehmen erheblich ausgebaut haben. Gefördert wurden vor allem kleine und mittlere Unternehmen mit einer Fokussierung auf das Verarbeitende Gewerbe . b) Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz, Die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) enthält keine gezielten Fördermaßnahmen zur Vermeidung der Verödung von Innenstädten. Allerdings hat die Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung im Rahmen der GAK positive Effekte auch auf die Ortskerne in ländlichen Gemeinden. Die Förderung z. B. der Dorferneuerung ist auf Orte mit bis zu 10 000 Einwohnern begrenzt. c) Städtebauförderung (bitte nach Programmen aufschlüsseln), Zu den Inhalten der Städtebauförderungsprogramme wird auf die Antwort zu Frage 27 verwiesen. Das seit 2008 bestehende Programm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ wurde 2014 evaluiert. Es wurde festgestellt, dass sich das Zentrenprogramm bereits in den ersten Jahren als Instrument bewährt hat, um dem sich abzeichnenden Funktionsverlust und den damit einhergehenden städtebaulichen Missständen in den zentralen Bereichen zahlreicher Städte und Gemeinden zu begegnen. Einzelergebnisse enthält der Bericht „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren. Zwischenevaluierung des Bund-Länder-Programms 2015“, der auf der Website des BBSR verfügbar ist. Die Wirkungen der Programme „Stadtumbau Ost“ und „Stadtumbau West“ werden zurzeit in einem Evaluierungsgutachten untersucht, das in Kürze vorliegt. Die erstmalige Evaluierung des Programms „Kleinere Städte und Gemeinden – überörtliche Zusammenarbeit und Netzwerke“ wird im Juni 2016 beginnen. Die Ergebnisse werden voraussichtlich Ende des Jahres 2017 vorliegen. Aktuelle Ergebnisse eines Forschungsprojektes bestätigen Wirkungen der Städtebauförderung auf private und öffentliche Folgeinvestitionen. Danach stoßen die Städtebauförderungsmittel des Bundes und der Länder etwa das Siebenfache an privaten und öffentlichen Investitionen an. Hervorzuheben sind die Effekte der Wirtschaftsförderung vor Ort, die sich insbesondere für klein- und mittelständische Betriebe bemerkbar machen. Detaillierte Informationen zu den Programmen der Städtebauförderung und ihrer Umsetzung sind auf der Internetseite www. staedtebaufoerderung.info abrufbar. d) Maßnahmen der Bundesregierung zur Ausgestaltung der EU-Agrarförderung ? Die Bundesregierung hat sich bei den Verhandlungen zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2013 erfolgreich für eine starke EU-Politik zur ländlichen Entwicklung eingesetzt. Zentrales Förderinstrument bei der Umsetzung der gemeinsamen EU-Schwerpunkte zur Entwicklung ländlicher Regionen ist der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Deutschland erhält für die Förderperiode 2014 bis 2020 insgesamt rund 9,4 Mrd. Euro aus dem ELER. Die EU-Mittel werden durch nationale Mittel, die von Bund, Ländern und Kommunen bereit gestellt werden, ko- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/8812 finanziert und entfalten dadurch eine erhebliche Hebelwirkung, so dass durchschnittlich pro Jahr rd. 2,4 Mrd. Euro an öffentlichen Mitteln für die ländliche Entwicklung zur Verfügung stehen. Wichtige Maßnahmen der ländlichen Entwicklung im Rahmen des ELER umfassen z. B. lokale Dorfentwicklungsprojekte, um attraktive und funktionsfähige ländliche Räume und Dörfer mit Zukunft zu gestalten. Hinzu kommt der so genannte LEADER-Ansatz, ein nach dem Bottom-up-Prinzip ausgerichteter regionaler Förder- und Vernetzungsansatz. Lokale Aktionsgruppen aus öffentlichen, aber vor allem auch nicht-öffentlichen Interessenskreisen erarbeiten gemeinsam regionale Entwicklungskonzepte, die die Schwächen, Stärken und Entwicklungsmöglichkeiten einer bestimmten Region aufzeigen. Auf Basis des regionalen Entwicklungskonzepts werden Projekte zur Förderung ausgewählt. In Deutschland werden rd. 27 Prozent der o. g. öffentlichen Mittel für Basisdienstleistungen in ländlichen Gebieten, Dorferneuerung und LEADER eingesetzt. 35. Inwiefern war durch die im Rahmen der genannten Programme ergriffenen Maßnahmen eine Trendwende hin zu einer Revitalisierung der Innenstädte zu verzeichnen? Wenn nein, warum nicht? Wie in der Antwort zu Frage 34 ausgeführt, erweist sich der Einsatz von Bundesmitteln im Rahmen der genannten Programme als erfolgreich. Insbesondere im Rahmen der Nationalen Stadtentwicklungspolitik und der Städtebauförderung werden Kommunen bei der Entwicklung von Stadtteilen, Stadt- und Ortskernen gezielt unterstützt. Zur Analyse und Bewertung der räumlichen Entwicklungstrends im Bundesgebiet erstattet das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung gemäß § 25 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in regelmäßigen Abständen einen Bericht zur Vorlage an den Deutschen Bundestag (Raumordnungsbericht). Der Raumordnungsbericht 2017 ist in Vorbereitung. 36. Welche weiteren Maßnahmen sind geplant, um diese Trendwende herbeizuführen , bzw. warum nicht? Die Stärkung der Lebensqualität in ländlichen Räumen ist ein wesentliches Element der weiterentwickelten Demografiestrategie der Bundesregierung, die am 2. September 2015 vom Bundeskabinett beschlossen wurde. In der Arbeitsgruppe zur Demografiestrategie „Regionen im demografischen Wandel stärken – Lebensqualität in Stadt und Land fördern“ erarbeiten Vertreter von Bund, Ländern, Gemeinden und kommunalen Spitzenverbänden spezifische Handlungsempfehlungen zu Fragen der Regionalentwicklung und Daseinsvorsorge. Die dargestellten Maßnahmen des Bundes zur Förderung städtebaulichen Investitionen , zur Förderung nachhaltiger, umweltgerechter Stadtentwicklung, zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur und zur Förderung der ländlichen Entwicklung kommen strukturschwachen und von Schrumpfungsprozessen betroffenen ländlichen Räumen zugute und erweisen sich auch wegen der damit verbundenen Hebel- und Anstoßwirkung auf private und öffentliche Investitionen als erfolgreich. So leisten sie einen wichtigen Beitrag, um Städte und Gemeinden in ihrer städtebaulichen und siedlungsstrukturellen Entwicklung zu unterstützen. Die Bundesregierung wird diesen Weg fortsetzen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333