Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 21. Juni 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/8872 18. Wahlperiode 22.06.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan van Aken, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/8688 – Schaffung eines EU-weiten Reiseinformations- und -genehmigungssystems mit sachdienlichen Angaben über geplante Reisen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Europäische Kommission prüft die Schaffung eines EU-weiten Reiseinformations - und -genehmigungssystems („EU Travel Information and Authorisation System“ – ETIAS –, siehe das Ratsdokument 7644/16). Es geht dabei um von der Visumpflicht befreite Reisende aus EU-Drittstaaten. Vor ihrer Einreise sollen sie „sachdienliche Angaben über geplante Reisen“ in ein Onlineformular eingeben. Die Informationen würden „automatisch“ verarbeitet. Dadurch sollen Grenzschutzbeamte „bei der Bewertung von aus Drittländern stammenden Besuchern “ unterstützt werden. Nach Erteilung einer Genehmigung zur Einreise verliefen die Grenzverfahren bei der Ankunft laut der Kommission „schneller und reibungsloser“. Das ETIAS habe demnach nicht nur Vorteile für die Sicherheit und das Grenzmanagement, sondern könnte „somit auch als Instrument für die Reiseerleichterung dienen“. Als Vorbild werden ähnliche Systeme in den USA, Kanada und Australien genannt, die auch für EU-Bürger gelten. Die dortigen „Reisegenehmigungssysteme“ beruhen auf Onlineanträgen, in denen der Antragsteller vor Reiseantritt Angaben zu seiner Person, zu Kontaktdaten, zum Zweck der Reise, zur Reiseroute usw. macht. 1. Wie bewertet die Bundesregierung die Notwendigkeit zur Schaffung eines EU-weiten Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS), und aus welchem Grund hält sie die Verarbeitung bereits bestehender Systeme zur Vorab-Unterrichtung von Reisenden (etwa PNR und API) für nicht ausreichend ? Die Europäische Kommission hat am 6. April 2016 eine Mitteilung über „solidere und intelligentere Informationssysteme für das Grenzmanagement und mehr Sicherheit “ veröffentlicht, in der sie ankündigt, die Einführung eines EU Travel Information and Authorisation Systems (ETIAS) prüfen zu wollen. Hierzu soll zunächst eine Machbarkeitsstudie erstellt werden, die auch die Notwendigkeit eines solchen Systems (neben bereits bestehenden bzw. geplanten Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8872 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Systemen) betrachten soll. Passenger Name Record (PNR) und Advanced Passenger Information (API) erfassen nur Einreisen über den Luftweg in die Europäische Union, nicht aber Einreisen auf dem Land- oder Seeweg. Bei der Frage nach der Einführung eines solchen ETIAS sind unterschiedliche Aspekte wie wirksame und reibungslose Grenzkontrollen, Leichtigkeit des Reiseverkehrs, Steuerung von Migration, Sicherheit, Datenschutz und Grundrechtsrelevanz zu berücksichtigen . Bei der Ausgestaltung eines solchen Systems wären zudem Aufgabenbereiche verschiedener nationaler Behörden wie europäischer Dienststellen und Agenturen aufeinander abzustimmen. Die Bundesregierung hat sich über die Notwendigkeit und Ausgestaltung eines ETIAS noch keine Meinung gebildet. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie der Europäischen Kommission bleiben zunächst abzuwarten. Bei ihrer Meinungsbildung wird die Bundesregierung auch Erfahrungen anderer Staaten wie die USA, Kanada und Australien mit elektronischen Reisegenehmigungsverfahren sowie Auswirkungen auf den Reiseverkehr mit einbeziehen. 2. Welche bestehenden Systeme könnten aus Sicht der Bundesregierung von einem EU-weiten Reiseinformations- und -genehmigungssystem ergänzt werden? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Was ist der Bundesregierung über Zeitraum, Durchführende und Teilnehmende einer entsprechenden Machbarkeitsstudie der Kommission bekannt? Der Bundesregierung sind keine Einzelheiten zur Machbarkeitsstudie der Europäischen Kommission bekannt, erwartet aber die Vorlage der Ergebnisse noch in diesem Jahr. 4. Welche „sachdienlichen Angaben über geplante Reisen“ sollte ein solches System aus Sicht der Bundesregierung unbedingt vorab erheben? 5. Welche Vorteile hätte es, wenn etwa die Bundespolizei vor der Einreise einer Person zum Zweck der Reise und zur Reiseroute informiert würde? 6. Auf welche Weise könnten die von den Reisenden eingegebenen Informationen aus Sicht der Bundesregierung „automatisch“ verarbeitet werden? 7. Mit welchen Datenbanken sollten diese aus Sicht der Bundesregierung Informationen „automatisch“ abgeglichen werden? Die Fragen 4 bis 7 werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 8. In welchen Verfahren werden derzeit API- und zukünftig PNR-Daten von deutschen Grenzbehörden mit dem SIS II (Schengener Informationssystem der zweiten Generation) und dem Interpol SLTD abgeglichen, und inwiefern ist dieses Verfahren automatisiert? Die Bundespolizei betreibt zur Verarbeitung von API-Daten das System Passagier Daten-Datei (PDD). Die API-Daten werden nach Eingang automatisiert mit dem Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) abgeglichen . Ein automatisierter Abgleich der API-Daten mit der SLTD (Stolen and Lost Travel Documents Database) erfolgt in der PDD nicht. Soweit PNR-Daten ange- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8872 sprochen werden, bezieht sich die Frage der Antragssteller auf die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung zu einem noch vorzubereitenden Gesetzgebungsvorhaben . Da der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen ist, kann hierzu derzeit keine Auskunft erteilt werden. 9. Was ist der Bundesregierung über die enthaltenen Informationen der Interpol -Datenbank „Travel Documents Associated with Notices“ (TDAWN) bekannt , und inwiefern werden dort auch Dokumente gespeichert, die nicht als gestohlen oder verloren gemeldet wurden, deren Inhaber jedoch wegen (nicht strafrechtlich relevantem) Verhalten (etwa: „Hassprediger“) auffällig wurden? Nach Kenntnis der Bundesregierung enthält die INTERPOL-Datenbank TDAWN (Travel Documents Associated with Notices) ergänzend zu den Sachfahndungsinhalten der ASF-SLTD (Stolen and Lost Travel Documents) die Daten der mit dem abgefragten Passdokument verknüpften Personenfahndungen (Notices). Voraussetzungen und Inhalte der verschiedenen Notices regeln INTERPOLs „Rules on the Processing of Data“, insbesondere die Artikel 83 ff. 10. Inwiefern hält es die Bundesregierung für sinnvoll, wenn auch die EU-Agentur Frontex und Europol auf die Daten eines EU-weiten Reiseinformationsund -genehmigungssystems zugreifen dürfen oder dort geführte Datenbanken abgefragt werden? Ob und wie EU-Agenturen wie Frontex und Europol Zugriff auf die Daten eines EU-ETIAS erhalten sollen, wäre bei Verhandlungen zu dieser Initiative zu erörtern . Zum jetzigen Zeitpunkt kann noch keine Bewertung diesbezüglich erfolgen. 11. Inwiefern hält auch die Bundesregierung ein solches System für geeignet, Grenzverfahren bei der Ankunft der Reisenden „schneller und reibungsloser “ vornehmen zu können (bitte erläutern)? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 12. Inwiefern könnten die Reisenden beim Grenzübertritt aus Sicht der Bundesregierung von automatischen Kontrollsystemen profitieren? Soweit die Frage im Zusammenhang mit einem möglichen EU-ETIAS zu verstehen ist, kann eine Bewertung erst unter Berücksichtigung eines konkreten Regelungsentwurfes erfolgen. 13. Inwiefern hält es die Bundesregierung für sinnvoll oder notwendig, die in einem EU-weiten Reiseinformations- und -genehmigungssystem erhobenen Daten auch nach der Ausreise der betreffenden Person weiterhin zu speichern ? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/8872 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 14. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, inwiefern die Anmeldung in einem EU-weiten Reiseinformations- und -genehmigungssystem auch eine garantierte Erlaubnis der Einreise bedeuten würde oder ob die Reisenden dennoch an der Grenze mit einer Einreiseverweigerung belegt werden könnten? Die Einreiseentscheidung muss auch künftig im Rahmen der Grenzkontrolle durch die zuständige Grenzbehörde erfolgen. Technische Systeme haben lediglich unterstützenden Charakter. 15. Welche Kostenschätzungen zur Einrichtung eines EU-weiten Reiseinformations - und -genehmigungssystems sind der Bundesregierung bekannt? Der Bundesregierung sind keine Kostenschätzungen bekannt. 16. Welche Funktionen des im „Paket Intelligente Grenzen“ der Europäischen Union ursprünglich vorgesehenen „Registrierungsprogramm für Reisende“ (RTP) könnte ein EU-weites Reiseinformations- und -genehmigungssystem aus Sicht der Bundesregierung übernehmen (Bundestagsdrucksache 18/7835)? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 17. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche EU-Mitgliedstaaten in der jüngeren Vergangenheit die Herausgabe von weiterführenden Informationen nach einem DNA-Treffer im Prüm-Verfahren verweigerten und zuvor formelle Rechtshilfeersuchen verlangen? Nach Kenntnis der Bundesregierung bestehen sowohl Belgien als auch Luxemburg auf justizielle Rechtshilfeersuchen, bevor sie weiterführende Informationen in Folge eines DNA-Treffers im Rahmen der EU-Prüm-Zusammenarbeit übermitteln . Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof (GBA) in den Jahren 2008 und 2009 wurden DNA-Profile von Beschuldigten an insgesamt 42 Staaten gesandt, um diese in den dortigen DNA- Datenbanken abzugleichen. Neben den Nicht-EU-Staaten Chile und Israel forderte Belgien zum damaligen Zeitpunkt für die Durchführung des Abgleichs ein justizielles Rechthilfeersuchen. 18. Welche Priorität räumt die Bundesregierung der Entwicklung eines „Single Search Interface“ (SSI) zur Schaffung einer one-stop-shop-Lösung für die Abfrage mehrerer Informationssysteme ein (Europäische Kommission vom 21. April 2016), und inwiefern sollten davon auch Interpol-Datenbanken erfasst werden? Die Bundesregierung begrüßt, dass die Interoperabilität – also der Austausch von Daten zwischen Informationssystemen – verbessert werden soll und prüft die Vorschläge der Europäischen Kommission sorgfältig. Da diese Prüfung noch nicht abgeschlossen ist, kann derzeit noch keine Aussage zur Priorisierung oder zur konkreten Ausgestaltung einzelner durch die Europäische Kommission aufgezeigter Aspekte der Interoperabilität wie dem sog. „Single Search Interface“ getroffen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8872 19. Was ist der Bundesregierung über Pilotprojekte zur Einführung einer recherchierbaren Fingerabdruckfunktionalität (AFIS) im SIS II bekannt, welcher Zweck wird damit verfolgt, wer führt diese durch und inwiefern werden dabei bereit vorhandene Fingerabdruckdaten im SIS II genutzt? Nach Kenntnis der Bundesregierung beabsichtigt die Europäische Kommission die recherchierbare Fingerabdruckfunktionalität im SIS II einzuführen. Mit der Umsetzung hat sie die Europäische Agentur für das Betriebsmanagement von IT- Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht (eu-LISA), die für den Betrieb des SIS II verantwortlich ist, beauftragt. Die Agentur plant Ende 2017 ein zentrales automatisiertes Fingerabdruckidentifizierungssystem (AFIS) für SIS II in Betrieb nehmen zu können. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 31 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/7291 verwiesen. 20. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, inwiefern das SIS II auch DNA-Daten speichern und verarbeiten sollte (Ratsdokument 8437/16)? Die Bundesregierung hat hierzu bisher keine abgestimmte Position. 21. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, inwiefern Europol Prüm-Partner werden und zur Kreuztreffersuche von DNA-Daten und Fingerabdrücken ermächtigt werden sollte (Ratsdokument 8437/16)? Die Prüfung der Bundesregierung zu dieser Frage ist noch nicht abgeschlossen. 22. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, inwiefern Ausschreibungen nach Artikel 36 SIS II auch die Festnahme ermöglichen sollten, auch wenn kein Europäischer Haftbefehl vorliegt (Ratsdokument 8437/16)? Auf die Antwort zu Frage 20 wird verwiesen. 23. Auf welche Weise wollen die Bundesregierung und die zuständigen US-Behörden den gegenseitigen Abgleich von „Reisenden und Asylsuchenden“ („screening of travelers and asylum seekers“) in ihren Datenbanken umsetzen (Pressemitteilung des US-Heimatschutzministeriums vom 17. Mai 2016)? a) Welche Behörden wären von dieser neuen Zusammenarbeit begünstigt? b) Welche Datenbanken bzw. Datensammlungen sollen bzw. könnten für einen solchen Abgleich (als Datenquelle und abzugleichende Informationssysteme ) genutzt werden? c) Nach welcher Maßgabe werden die Datenquellen und abzufragenden Daten ausgewählt? d) Sofern die Abfragen einen Treffer ergeben, nach welcher Maßgabe könnten anschließend auch DNA-, Fingerabdruckdaten oder Gesichtsbilder ausgetauscht werden? e) Welcher Zeitplan zur Umsetzung des Vorhabens wurde beim Besuch des Bundesministers des Innern in den USA vereinbart? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 23 bis 23e gemeinsam beantwortet . Den aus der Pressemitteilung des US Department of Homeland Security vom 17. Mai 2016 zitierten Inhalten des Meinungsaustauschs zwischen dem US-Heimatschutzminister Johnson und dem Bundesminister des Innern Dr. Thomas de Maizière stehen keine konkreten Umsetzungsüberlegungen der Bundesregierung gegenüber. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333