Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 4. Juli 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9049 18. Wahlperiode 06.07.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kathrin Vogler, Sabine Zimmermann (Zwickau), Katja Kipping, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/8835 – Lieferengpässe wegen Kontingent-Arzneimitteln V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit Jahren sind Lieferengpässe bei Arzneimitteln ein Thema für Politik und Praxis. Im Arzneimittelgesetz (AMG) ist in § 52b Absatz 2 Satz 1 vorgeschrieben : „Pharmazeutische Unternehmer müssen im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit eine bedarfsgerechte und kontinuierliche Belieferung vollversorgender Arzneimittelgroßhandlungen gewährleisten“. Seit einiger Zeit macht der Begriff des Kontingent-Arzneimittels die Runde. Darunter werden Präparate verstanden , die der Hersteller absichtsvoll in limitierter Zahl an den pharmazeutischen Großhandel liefert. Wenn die Zahl der vom Hersteller gelieferten Packungen trotz Lieferfähigkeit nicht bedarfsdeckend ist, wird es dem Großhandel schwerer oder unmöglich gemacht, seinen Teil des Sicherstellungsauftrags nach § 52b AMG zu erfüllen und es stellt sich die Frage nach einem Gesetzesverstoß. Doch ermöglicht dieses Vorgehen den Pharmaherstellern, die Präparate direkt an die Apotheken zu senden (Direktvertrieb). Das hat für die Hersteller mehrere Vorteile: Erstens umgeht man ausgehandelte Rabatte an den Großhandel, man kann die Großhandelsmarge selbst einstecken und hat vor allem auch den Weiterverkauf von Arzneimitteln ins Ausland unter Kontrolle (siehe Brancheninformationsdienst markt intern, Ausgabe P 15/16). Letzteres ermöglicht es den Herstellern auch, mehr Einfluss auf die (Wieder-)Einfuhr von Parallelimporten zu nehmen. Die Apotheken sind zu deren Abgabe durch die sogenannte Reimportquote nach § 129 Absatz 1 Nummer 2 SGB V verpflichtet, wenn sie für die Krankenkassen mindestens 15 Prozent oder 15 Euro preiswerter sind als die Originalpräparate für den deutschen Markt. Für den Direktvertrieb wurde eigens die pharma mall Gesellschaft für Electronic Commerce GmbH durch die Pharmakonzerne Bayer Vital GmbH, Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, Merck Serono, Novartis und das Unternehmen PharmLog Pharma Logistik GmbH gegründet. Sie dient ausweislich der Selbstdarstellung „zur Optimierung der Transaktionsprozesse zwischen Hersteller und Kunden“ (www.pharma-mall.de/ shop/company/about). Inzwischen beteiligen sich über 30 Pharmaunternehmen am Vertrieb über pharma mall. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9049 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Als im Jahr 2009 der Sicherstellungsauftrag für Großhandel und Industrie und damit eine Belieferungspflicht der Industrie an den vollversorgenden Großhandel eingeführt wurde, beschwerte sich bereits der Bundesverband der Arzneimittel -Hersteller (BAH), dies sei ein „nicht gerechtfertigter und verfassungswidriger Eingriff in die geschützte Berufsausübungsfreiheit des pharmazeutischen Unternehmers sowie ein Verstoß gegen die EU-Warenverkehrsfreiheit und die freie Wahl des Vertriebsweges“ (www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/ politik/nachricht-detail-politik/liefer-soll-statt-liefer-pflicht/). Im Raum steht aber auch die Vermutung, dass Engpässe auch deswegen entstehen , weil Großhandelsunternehmen die Präparate exportieren. Erst kürzlich schrieb das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim laut „markt intern“ P 5/16 an Apotheken zum Diabetesmittel Jardiance®, dass „aktuelle Marktdaten zeigen, dass wir in den letzten Wochen deutlich größere Mengen Jardiance® an den deutschen Handel geliefert haben, als an Patientinnen und Patienten in Deutschland abgegeben wurden“. Einige Großhandelsunternehmen haben erklärt , keine Arzneimittel zu exportieren, legten dies für andere aber nahe (www. deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2016/06/01/ein-standiges-problem?utm_ source=newsletter&utm_medium=article&utm_content=Ein+st%C3%A4ndiges+ Problem&utm_campaign=Kein+Schwein+gehabt+%2F+Kossendeys+Apotheker- Zoo+%2F+Lieferengp%C3%A4sse+und+keiner+will%60s+gewesen+sein+%2F+ Rezepte%3A+Doch+kein+Online-Verbot%3F). Sollte sich bewahrheiten, dass die Versorgung in Deutschland so gefährdet wird, wäre auch hier die Frage nach einem Gesetzesverstoß gegen § 52b AMG zu stellen. Apotheken werden bei Lieferengpässen des Großhandels praktisch gezwungen, sich am Direktbezug von Arzneimittel zu beteiligen. Das bedeutet in der Regel mehr bürokratischen Aufwand und stellt sie „im Vergleich zu der Bestellung über den Großhandel finanziell schlechter, verkürzt Zahlungsziele und beschneidet Skonti, insbesondere bei den Hochpreisern“ (markt intern P 15/16). Der Apothekerverband Rheinland-Pfalz e. V. hat sich mit einem Protestbrief an den Pharmakonzern Biogen GmbH gewandt, weil dieser für den Direktvertrieb lieferbare Präparate (hier das Multiple-Sklerose-Präparat Tecfidera®) dem Großhandel als nicht lieferfähig angezeigt hätte. Es wird auch beklagt, dass ein Verstoß gegen den Sicherstellungsauftrag nach § 52b AMG durch das Pharmaunternehmen keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen nach sich ziehe (Brief liegt den Fragestellenden vor). Für die Patientinnen und Patienten bedeutet der Direktbezug längere Wartezeiten für bestellte Arzneimittel, die unter Umständen dringend benötigt werden. Denn die beim Großhandel eingespielte schnelle Lieferung innerhalb von Stunden funktioniert beim Direktbezug nicht. Auch Streitigkeiten zwischen Großhandelsunternehmen und Herstellern bezüglich der Lieferkonditionen haben bereits zu Lieferengpässen in den Apotheken geführt (markt intern Ausgaben P 14/16 und P 15/16). Werden davon Arzneimittel betroffen, zu denen zwischen Krankenkassen und Herstellern Rabattverträge abgeschlossen wurden, müssen die Apotheken den Krankenkassen in einem aufwändigen Verfahren die Lieferunfähigkeit nachweisen. Zum Teil wird aber von den Krankenkassen nicht einmal mehr der Nachweis der Lieferunfähigkeit des Großhandels akzeptiert, sondern ein Nachweis der fehlenden Lieferfähigkeit des Herstellers an den Großhandel verlangt (www.deutsche-apothekerzeitung .de/news/artikel/2016/02/05/nichtlieferbarkeit-retaxsicher-nachweisen). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Lieferengpässe bei Arzneimitteln sind von Versorgungsengpässen für Patientinnen und Patienten abzugrenzen. Lieferengpässe führen nicht zwangsläufig zu Versorgungsengpässen. Meistens stehen alternative Arzneimittel mit gleichem Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9049 oder ähnlichem Wirkstoff oder alternative Therapieoptionen zur Verfügung. Daher kommt der frühzeitigen Kommunikation bestehender oder abzusehender Lieferengpässe eine besondere Bedeutung bei der Planung der Therapie zu. Lieferengpässe können verschiedene Ursachen haben. Eine der Hauptursachen für Lieferengpässe stellen gemäß der seit April 2014 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geführten Liste über Lieferengpässe, die auch die Gründe für den jeweiligen Lieferengpass abbildet, Störungen im Bereich des Herstellungsprozesses der betreffenden Arzneimittel dar. Dies wird bestätigt durch Erfahrungen in anderen Staaten. Unterschiedliche Vertriebswege, sowohl in nationalen Märkten wie im Binnenmarkt , können Einfluss auf die kurzfristige Verfügbarkeit von Arzneimitteln haben , haben aber nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland bislang nicht zu einem Engpass in der Versorgung geführt. Zur Beobachtung und Bewertung der Versorgungslage in Deutschland wurde als Ergebnis des Pharmadialoges die Einrichtung eines „Jour Fixe“ beschlossen. Zusätzlich wollen die Dialogpartner weitere Anstrengungen unternehmen, Lieferengpässen entgegenzuwirken und mehr Transparenz für eine nachhaltige Versorgung der Patientinnen und Patienten zu schaffen. 1. Inwiefern wurde mit der Einführung des Sicherstellungsauftrags nach § 52b AMG im Jahr 2009 nach Ansicht der Bundesregierung intendiert, dass der Bezug von Arzneimitteln durch öffentliche Apotheken im Regelfall über den Großhandel a) möglich sein soll bzw. b) auch tatsächlich erfolgen soll? Die Regelung soll auf Grund des Bereitstellungsauftrags des Arzneimittelgroßhandels unter anderem sicherstellen, dass Apotheken Arzneimittel vom Arzneimittelgroßhandel beziehen können. Die gesetzgeberischen Motive für die Einfügung des § 52b in das Arzneimittelgesetz (AMG) im Jahre 2009 sind in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 16/12256, S. 52 f. zu Artikel 1 Nummer 49 ausführlich dargelegt. 2. Inwiefern würde sich ein pharmazeutisches Unternehmen nach Ansicht der Bundesregierung rechtswidrig verhalten, wenn es trotz Lieferfähigkeit den Großhandel nicht bedarfsdeckend beliefert? Ein arzneimittelrechtlicher Belieferungsanspruch besteht nach § 52b Absatz 2 Satz 1 und 2 AMG gegenüber vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlungen, für Arzneimittel, die von § 52b Absatz 1 AMG erfasst sind und die nicht nach Absatz 2 Satz 2 ausgenommen sind, und im Rahmen der Bedarfsdeckungspflicht. Ob in sonstigen Fällen eine Nichtbelieferung des Großhandels rechtswidrig wäre, kann nur im Einzelfall beurteilt werden. 3. Welche Hinweise hat die Bundesregierung, dass Hersteller tatsächlich nicht bedarfsdeckend liefern, obwohl sie lieferfähig wären (bitte quantifizieren)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren Hinweise vor. Für den Vollzug und die Überwachung des Arzneimittelverkehrs sind die Länder zuständig. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9049 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 4. Inwiefern würde sich ein pharmazeutisches Großhandelsunternehmen nach Ansicht der Bundesregierung rechtswidrig verhalten, wenn es durch einen Export die bedarfsgerechte Apothekenbelieferung gefährdet oder tatsächlich einschränkt? Aus Sicht der Bundesregierung kann ein solches Verhalten einen Verstoß gegen § 52b Absatz 3 AMG darstellen. Die Prüfung im Einzelfall obliegt den zuständigen Behörden der Länder. 5. Welche Hinweise hat die Bundesregierung, dass tatsächlich vom Großhandel durch Exporte die bedarfsgerechte Apothekenbelieferung gefährdet oder eingeschränkt wird (bitte quantifizieren)? 6. Inwiefern vermutet die Bundesregierung hier ein Vollzugsproblem beim Sicherstellungsauftrag in § 52b AMG? Die Fragen 5 und 6 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren Hinweise vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 7. Inwiefern wäre ein gesetzliches Verbot oder eine Beschränkung von Arzneimittelexporten nach Ansicht der Bundesregierung mit EU-Recht vereinbar? Exportbeschränkungen und -verbote zwischen den EU-Mitgliedstaaten sind als mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen nach Artikel 35 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) grundsätzlich verboten. Dahingehende nationale Maßnahmen müssen durch nachgewiesene Gründe zum Schutz der menschlichen Gesundheit im Einzelfall gerechtfertigt werden (Artikel 36 AEUV). 8. Inwiefern stimmt die Bundesregierung dem Apothekerverband Rheinland- Pfalz zu, dass ein Verstoß gegen die Pflichten von Herstellern gemäß § 52b AMG keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen nach sich ziehe? 9. Welche Überwachungs- und Sanktionsmöglichkeiten haben die Länder, um Verstöße gegen den Sicherstellungsauftrag nach § 52b AMG aufzudecken und zu ahnden? Die Fragen 8 und 9 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Verstöße können von den Landesbehörden unterbunden werden. Die zuständige Landesbehörde kann nach § 69 AMG Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter oder zur Verhütung künftiger Verstöße treffen. Etwaige Anordnungen können mit den Mitteln des landesrechtlich geregelten Verwaltungszwangs auch durchgesetzt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9049 10. Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung a) zur Vermeidung von Lieferengpässen aufgrund von nicht bedarfsgerechter Kontingentierung der Großhandelsbelieferung und b) aufgrund des versorgungsgefährdenden Exports von Arzneimitteln durch Großhandelsunternehmen? 11. Inwiefern werden nach Ansicht der Bundesregierung unerwünschte Anreize dadurch gesetzt, dass der Direktvertrieb durch die einbehaltene Großhandelsmarge für die Pharmaunternehmen attraktiv gemacht wird? Welche Pläne hat die Bundesregierung, zur Flankierung des Sicherstellungsauftrags hier Rechtsänderungen vorzuschlagen? Die Fragen 10 und 11 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es wird auf die Antwort zu den Fragen 2, 3, 5 und 6 sowie auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 12. Inwiefern hat die bedarfsgerechte Belieferung des Großhandels durch die Pharmaindustrie beim Pharmadialog eine Rolle gespielt, welche Probleme wurden dabei von der Bundesregierung angesprochen, und was wurde in Bezug auf Kontingent-Arzneimittel oder Exporte vereinbart? Im Pharmadialog der Bundesregierung hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Lösungsvorschläge diskutiert, wie eine bessere Robustheit der Lieferkette und der Produktion erreicht werden kann. Die pharmazeutische Industrie hat sich verpflichtet, durch weitere Optimierung ihrer Prozesse und des Qualitätsmanagements zu einer Verbesserung der Versorgungssituation beizutragen. Die Selbstverpflichtung der Industrie erstreckt sich auch auf die Information der Zulassungsbehörden und Kliniken über drohende Lieferengpässe bei für die Versorgung wichtigen Wirkstoffen. Die Hersteller sollen mögliche Engpässe frühzeitig melden, damit verfügbare alternative Therapieoptionen von Ärzten und Apothekern rechtzeitig eingeplant werden können. Dem BMG ist eine sichere und nachhaltige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und Impfstoffen besonders wichtig. Deshalb werden unabhängig vom Pharmadialog regelmäßig auch Gespräche mit Vertretern des Großhandels und der Apotheker geführt, um gemeinsame Maßnahmen zu erörtern. In dem im Pharmadialog vereinbarten „Jour Fixe“ ist geplant, alle relevanten Akteure an einen Tisch zu bringen, um gemeinsam die Versorgungslage zu beobachten und zu bewerten. Das Thema der Parallelexporte wurde ebenfalls angesprochen, hat jedoch im Zusammenhang mit Lieferengpässen und den Ursachen hierfür nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Es bestand Einigkeit, dass vielmehr die Produktion bzw. die Robustheit der Lieferkette gestärkt werden sollte. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9049 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 13. Inwiefern ist es nach Ansicht der Bundesregierung für die Apotheken möglich , zumutbar und angesichts des Sicherstellungsauftrags des Großhandels auch sachgerecht, die Lieferfähigkeit des Herstellers an den Großhandel gegenüber den Krankenkassen nachweisen zu müssen (www.deutsche-apothekerzeitung .de/news/artikel/2016/02/05/nichtlieferbarkeit-retaxsicher-nachweisen)? 14. Wie ist diesbezüglich nach Ansicht der Bundesregierung die Rechtslage, wenn, wie in „markt intern“, Ausgabe P 34/15, dargestellt, der Großhandel eine Lieferunfähigkeit des Herstellers angibt, doch in Wahrheit wegen fehlender Einigung zwischen Großhandel und Hersteller bezüglich der Lieferkonditionen nicht geliefert wird? Die Fragen 13 und 14 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Nach § 129 Absatz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband (GKV-SV) im Rahmenvertrag das Nähere zur Arzneimittelversorgung gesetzlich Versicherter zu regeln. Danach hat die Apotheke nachzuweisen, dass ein rabattbegünstigtes Arzneimittel zum Zeitpunkt der Vorlage der Verordnung vom pharmazeutischen Unternehmer nicht geliefert werden konnte. Der Nachweis kann durch Vorlage einer Erklärung des pharmazeutischen Unternehmers oder des Großhändlers geführt werden. Darüber hinaus kann in den Arzneimittelliefer- und -versorgungsverträgen auf Landesebene geregelt werden, welche Maßnahmen die Vertragspartner ergreifen können, wenn Apotheken ihrem Versorgungsauftag nicht nachkommen können. 15. Wie beurteilt die Bundesregierung die Rechtslage, wenn die Apotheke per Großhandel nicht beziehen kann, der Hersteller für den Direktbezug aber Mindestmengen vorschreibt, die den Bedarf der Apotheke erheblich überschreiten ? Arzneimittelrechtlich ist der pharmazeutische Unternehmer nach § 52b AMG gehalten , für eine bedarfsgerechte Bereitstellung seines Arzneimittels zu sorgen. Vertrags- oder Lieferkonditionen sind dagegen nicht Gegenstand des Arzneimittelrechts und unterliegen insoweit der Vertragsfreiheit der Beteiligten. Die Vertragsfreiheit findet allerdings ihre Grenzen, wenn der öffentlich-rechtliche Bereitstellungsauftrag nach § 52b AMG gefährdet würde oder ein Verstoß gegen das wettbewerbsrechtlich geregelte Diskriminierungsverbot vorliegt. 16. Wie ist die Bezahlung des pharmazeutischen Großhandels gesetzlich geregelt ? Die Vergütung des pharmazeutischen Großhandels für die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheken ist in der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) geregelt. Ermächtigungsgrundlage ist § 78 AMG. Die AMPreisV regelt in § 2 die Zuschläge für den Großhandel. Danach darf der Großhandel bei der Abgabe von Humanarzneimitteln an Apotheken auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ohne Umsatzsteuer) maximal einen Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro, zuzüglich eines Festzuschlags von 70 Cent sowie die Umsatzsteuer erheben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/9049 17. Wie haben sich die Konditionen der pharmazeutischen Unternehmen für die Belieferung von Großhandelsunternehmen nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten Jahren verändert? 18. Wie haben sich die Konditionen des Großhandels für die Belieferung der Apotheken nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten Jahren verändert ? 19. Inwiefern stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass wegen der Option der Pharmaunternehmen, mittels Kontingent-Arzneimitteln den für sie lukrativeren Direkthandel zu forcieren, der Großhandel eine unvorteilhafte Verhandlungsposition hat, und welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung daraus? Die Fragen 17 bis 19 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Zu den erfragten Sachverhalten liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 20. Inwiefern plant die Bundesregierung, das freiwillige Register für nicht lieferfähige Arzneimittel beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für die Hersteller verpflichtend zu machen? Die Gespräche im Pharmadialog haben gezeigt, dass auch die Hersteller ein großes Interesse daran haben, bei Lieferengpässen schnell zu handeln. Daher haben sie sich auch bereit erklärt, freiwillig zu melden. Das BMG wird diesen Prozess beobachten und die technischen Voraussetzungen für solche Meldungen verbessern . Das BMG behält sich dabei die Prüfung weitergehender Maßnahmen vor. 21. Inwiefern ist es nach Ansicht der Bundesregierung tolerabel, wenn es zu Engpässen bei der Belieferung von Apotheken durch den Großhandel kommt, weil sich das Großhandelsunternehmen und der Hersteller nicht auf Konditionen einigen können, und welchen gesetzlichen Änderungsbedarf sieht die Bundesregierung? Auf die Antwort zu Frage 15 wird verwiesen. 22. Welche Daten hat die Bundesregierung darüber, inwieweit Lieferengpässe aufgrund schwebender Verhandlungen zwischen Großhandel und Hersteller in der Vergangenheit vorgekommen sind bzw. derzeit vorkommen? 23. Inwiefern sind die Apotheken nach Kenntnis der Bundesregierung praktisch gezwungen, direkt bzw. über pharma mall zu bestellen, und inwiefern betrachtet die Bundesregierung dies als politisch unerwünscht? 24. Welche Daten müssen die Apotheken nach Kenntnis der Bundesregierung an pharma mall zur Bestellung übersenden, und inwiefern sieht die Bundesregierung hier ein datenschutzrechtliches Problem – insbesondere für den Fall, dass die Apotheken nur so an die benötigten Arzneimittel kommen können ? Die Fragen 22 bis 24 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9049 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 25. Inwiefern sieht die Bundesregierung die Möglichkeit, dass durch Exporte von Arzneimitteln durch den Großhandel die deutschen Preise von für den deutschen Markt bestimmten Originalpräparaten durch Reimporte unterlaufen werden? Arzneimittel werden in der Regel von international tätigen pharmazeutischen Unternehmen in den Verkehr gebracht. Innerhalb der EU haben diese Unternehmen unterschiedliche Preisstrategien, die entsprechenden Wirkungen auf den Warenverkehr entfalten können. 26. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragestellenden, dass die Parallel- bzw. Reimporte und die darauf beruhende Reimportregelung letztlich ein Auswuchs nicht funktionierender Preisgestaltung in Deutschland sind? Apotheken sind verpflichtet, ein importiertes Arzneimittel bevorzugt abzugeben, wenn der für den Versicherten maßgebliche Abgabepreis des Importarzneimittels mindestens 15 Prozent oder mindestens 15 Euro niedriger ist als der Preis des Bezugsarzneimittels (§ 129 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB V). Im Rahmenvertrag zur Arzneimittelversorgung können Regelungen vereinbart werden, die zusätzliche Wirtschaftlichkeitsreserven erschließen. GKV-SV und DAV haben im Rahmenvertrag eine Importabgabequote für Apotheken in Höhe von 5 Prozent bezogen auf die jeweilige kostenpflichtige Krankenkasse vorgesehen. Ziel der gesetzlichen Importregelung ist, dass preisgünstige Arzneimittel mit Einsparmöglichkeiten für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zur Verfügung stehen. Die Regelungen sollen zudem Druck auf die Preise der Hersteller der Bezugsarzneimittel auslösen. 27. Welche Pläne hat die Bundesregierung zu Rechtsänderungen bei der Reimportquote ? Die Bundesregierung beurteilt die Instrumente zur Ausgabensteuerung im Zusammenhang . Insoweit wird auf die Antwort zu Frage 26 verwiesen. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333