Deutscher Bundestag Drucksache 18/913 18. Wahlperiode 25.03.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Diana Golze, Dr. Rosemarie Hein, Nicole Gohlke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/736 – Einrichtung von Jugendberufsagenturen Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Angebote des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II), Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) und Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) zu bündeln, steht seit langem im Fokus verschiedener Debatten, die mit dem Ziel geführt werden, Jugendliche aus einer Hand zu beraten und zu betreuen sowie in eine Ausbildung oder in den Arbeitsmarkt beziehungsweise in eine der vielen Maßnahmen am Übergang Schule-Beruf vermitteln zu können. Vielerorts existieren Projekte, in denen eine ressortübergreifende Beratung und Betreuung stattfindet, z. B. durch die sogenannten Kompetenzagenturen. Der Gedanke , der einer Jugendberufsagentur zu Grunde liegt, ist folglich nicht neu. Durch das Hamburger Konzept zur Einrichtung von Jugendberufsagenturen vom Dezember 2012 ist die Debatte um eine Zusammenlegung der Angebote aus den verschiedenen Sozialgesetzbüchern neu entbrannt. Ein Ergebnis davon ist die Aufnahme von Jugendberufsagenturen in den Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD. Darin heißt es: „Die beste und effizienteste Vorsorge gegen Ausbildungsabbrüche und lange Zeiten von Arbeitslosigkeit im Lebensverlauf sind passgenaue und tragfähige Übergänge von der Schule in Ausbildung und Beruf. Daher wollen wir den erfolgreichen Ausbildungs- und Berufseinstieg für leistungsschwache Jugendliche erleichtern und gezielt begleiten. Flächendeckend einzurichtende Jugendberufsagenturen sollen die Leistungen nach dem SGB II, SGB III und SGB VIII für unter 25-Jährige bündeln. Datenschutzrechtliche Klarstellungen sollen den notwendigen Informationsaustausch erleichtern. Junge Menschen, deren Eltern seit Jahren von Grundsicherung leben, sollen gezielt Unterstützung bekommen.“ Auch wenn die Zielstellung der Jugendberufsagenturen, niemand soll verlorengehen , ohne Zweifel begrüßenswert ist, werfen die oben zitierten Formulierungen im Koalitionsvertrag viele Fragen auf. Vollkommen unklar bleibt, was eine Jugendberufsagentur eigentlich ist, welche konkreten Angebote in welcher Form hier gebündelt werden sollen und wer die Zielgruppe sein soll. GleichDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 21. März 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. zeitig wird mit dem Datenschutz ein Problem benannt, vor dem die Praktiker nicht nur in Hamburg stehen. Derzeit wird in vielen Bundesländern über die Einrichtung von Jugendberufsagenturen beraten, so unter anderem in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg- Drucksache 18/913 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Vorpommern. Am weitesten fortgeschritten ist die Situation in Hamburg. Hier sind mittlerweile in allen Bezirken Jugendberufsagenturen eingerichtet. Aber auch in Mecklenburg-Vorpommern wurde im Landkreis Rostock eine Jugendberufsagentur eröffnet. Für Berlin liegt ein umfangreiches Konzept vor, das eine Umsetzung noch im Jahr 2014 vorsieht. Die Vorreiterrolle von Hamburg bei der Einrichtung von Jugendberufsagenturen ist unbestritten. Das hat zur Folge, dass überall, wo über die Einrichtung einer Jugendberufsagentur beraten wird, sich auf das Hamburger Modell der Jugendberufsagentur berufen wird (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Drucksache 20/4195). Die Jugendberufsagentur in Hamburg richtet sich an alle Jugendliche. Die Erfassung der Jugendlichen erfolgt flächendeckend in der Schule, wozu eigens das Schulgesetz angepasst wurde. Nach Angaben des Hamburger Senats vom 8. November 2013 wurden 8 446 Jugendliche in den Jugendberufsagenturen beraten (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Drucksache 20/9801). Von diesen Jugendlichen wurden allerdings 1 319 (15,6 Prozent) als unversorgte Bewerber/Bewerberinnen aufgeführt . 1 019 Jugendliche (12 Prozent) verzichteten auf eine weitere „Beratung “ und Betreuung durch die Jugendberufsagenturen. Das heißt, dass trotz einer weit gefassten Zielgruppe und großer Anstrengungen viele Jugendliche die Angebote nicht nutzen beziehungsweise ihnen die Angebote der Jugendberufsagenturen nicht weiterhelfen. Gleichzeitig hat das Hamburger Modell Kritik hervorgerufen unter anderem bei Experten und Expertinnen der Jugendhilfe. Kritiker und Kritikerinnen benennen die Dreiteilung der Jugendlichen in „Marktkunden“, „Beratungskunden “ und „Betreuungskunden“ und deren statistische Eingruppierung in Beratungs - und Bewerbungsfälle. Dies berge die Gefahr von ungeprüften Vorurteilsmustern und verallgemeinernden, diskriminierenden Zuschreibungsprozessen . Notwendige, selbständige Orientierungs- und Entscheidungsprozesse von jungen Menschen könnten dadurch beeinträchtigt werden. Damit wird der Vielseitigkeit Lebens- und Problemlagen von Jugendlichen nur bedingt Rechnung getragen. Praktiker weisen auch darauf hin, dass ein Wechsel der Einkategorisierung in der Regel schwer ist (u. a. Marion Panitzsch-Wiebe: „Niemand soll verloren gehen“ – Eine kritische Betrachtung der Jugendberufsagentur ; DER PARITÄTISCHE HAMBURG: „Das Gegenteil von Gut ist Gut Gemeint“). Auch die stattfindende Sanktionierung von „Betreuungskunden“ der Jugendberufsagenturen im Rahmen des Hartz-IV-Bezuges wirft viele Fragen auf, unter anderem nach nachrangig auffangenden Hilfen durch die Jugendhilfe. In diesem Zusammenhang wird auch von „fürsorglicher Belagerung “ und „Verfolgungsbetreuung“ gesprochen. Auffallend anders präsentiert sich das Modell einer Jugendberufsagentur im Landkreis Rostock (Konzept für ein kreisweites, rechtsübergreifendes Jugendberufshilfeangebot des Landkreises Rostock – „Jugendberufsagentur (JBA) – Landkreis Rostock“). Hier wird von einer wesentlich kleineren Zielgruppe ausgegangen, nämlich von Jugendlichen die aufgrund multipler Problemlagen auf Unterstützung angewiesen sind. Diese eng umrissene Zielgruppe soll ca. 300 Jugendliche umfassen. Sie soll mit geringem Ressourcen und Personalaufwand über klassische Methoden der Jugendarbeit erreicht, unterstützt und gegebenenfalls begleitet werden. Deswegen wird folgerichtig von einem Angebot der Jugendberufshilfe nach § 13 SGB VIII ausgegangen. Alleine diese beiden sehr unterschiedlichen Ansätze von Jugendberufsagenturen verdeutlichen, dass die entstehenden Jugendberufsagenturen sehr unterschiedliche Ansätze verfolgen und sich die Kooperationen vor Ort, auch mit den verschiedenen Trägern, äußerst different gestalten werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die oben umrissene Fragestellung, was eine Jugendberufsagentur eigentlich ist, welche konkreten Angebote hier gebündelt werden sollen und wer die Zielgruppe sein soll. Aber auch die Frage nach einem derzeit dominanten Jugendbild darf nicht zu kurz kommen: Jugendliche sind keine kleinen Erwachsenen, Jugend ist auf der Suche. Für diese Phase ist es wichtig, dass Jugendliche sich ausprobieren können, um einen eigenen Weg zu finden. Die Möglichkeit des Irrtums muss dabei berücksichtigt werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/913 Alle unterschiedlichen Ansätze von Jugendberufsagenturen haben eine Gemeinsamkeit : Auch das beste Übergangssystem mit den besten Jugendberufsagenturen wird den Ausbildungsplatzmangel, der als ein wesentlicher Grund dafür gilt, dass nur etwa zwei Drittel der 816 000 Ausbildungsinteressierten einen Ausbildungsplatz erhielten, nicht beheben. Durch die sinkende Ausbildungsbereitschaft der Betriebe wurde im letzten Jahr mit 530 000 abgeschlossenen Ausbildungsverträgen ein neuer Negativrekord aufgestellt. Daran wird die Einrichtung von Jugendberufsagenturen nichts wesentlich verändern. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Leistungen für junge Menschen werden auf der Grundlage unterschiedlicher Sozialgesetzbücher durch unterschiedliche Träger erbracht – den Agenturen für Arbeit im Bereich der Arbeitsförderung (SGB III), den Jobcentern im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sowie den Trägern der Jugendhilfe (SGB VIII). Daneben gibt es in diesem Bereich verschiedene Bundes- und Landesprogramme. Mit diesen unterschiedlichen Zuständigkeiten und gesetzlichen Regelungen sind Schnittstellen verbunden. Es ist ein Anliegen der Bundesregierung , die Zusammenarbeit vor Ort an diesen Schnittstellen zu verbessern und Reibungsverluste zu minimieren. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass die Schnittstellen der verschiedenen Sozialgesetzbücher zueinander sowie diejenigen zum Bundesausbildungsförderungsgesetz systematisch aufgearbeitet und besser miteinander verzahnt werden sollen. Als Ziele werden im Koalitionsvertrag die Bündelung von Leistungen nach dem Zweiten, dem Dritten und dem Achten Buch Sozialgesetzbuch für unter 25-Jährige sowie die Reduzierung von Lücken zwischen der Jugendhilfe und anderen Hilfesystemen benannt; einschließlich einer flächendeckenden Einrichtung von Jugendberufsagenturen. Es bestehen in der Praxis bereits zahlreiche, regional sehr unterschiedlich ausgestaltete Formen der Zusammenarbeit in den genannten Schnittfeldern. Die Spannbreite reicht von loser Zusammenarbeit zum Beispiel durch einen gemeinsamen Internetauftritt bis hin zu einer gemeinsamen Anlaufstelle an einem Ort. An Standorten wie Hamburg, Mainz oder Darmstadt erfolgt die Zusammenarbeit unter der Bezeichnung Jugendberufsagentur, wobei sich die Modelle unterscheiden. Ähnliche Ansätze finden sich unter der Bezeichnung Jugend-Jobcenter zum Beispiel in Frankfurt am Main und Düsseldorf. Auch in ländlicheren Regionen existieren Formen koordinierter Zusammenarbeit auf Grundlage von Kooperationsverträgen . Nach dem Verständnis der Bundesregierung kommt es nicht auf die konkrete Bezeichnung der Modelle an, sondern darauf, dass die beteiligten Träger zum Wohle der jungen Menschen die Leistungserbringung an den bestehenden Schnittstellen auf einer tragfähigen Grundlage untereinander koordinieren. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat mit der Bundesagentur für Arbeit im Jahr 2010 das Projekt „Arbeitsbündnisse Jugend und Beruf“ initiiert, in dessen Rahmen Best-Practice-Ansätze identifiziert und Prozesse und Verfahren an verschiedenen Standorten erprobt wurden, um gelingende Ansätze für eine gut koordinierte Umsetzung der Leistungen für möglichst viele Regionen nutzbar zu machen. Von besonderer Bedeutung ist es, die Unterschiede von ländlichem und städtischem Raum bei der Ausgestaltung der Zusammenarbeit zu berücksichtigen . Bis zum 30. Juni 2013 haben sich allein in diesem Projekt deutschlandweit insgesamt 104 Arbeitsbündnisse an insgesamt 78 Standorten gebildet. Die erfolgreiche Etablierung einer Zusammenarbeit vor Ort setzt voraus, dass die beteiligten Akteure von dem entstehenden Mehrwert überzeugt sind und eine Form der Zusammenarbeit finden, die optimal zu den regional bestehenden Herausforderungen passt. Dabei sind unter anderem die landesrechtlichen Regelungen im Übergangsbereich und die unterschiedlichen Bedarfe zu berücksich- tigen. Jeweils müsen die Kooperation und ihre Ausgestaltung von den lokalen und regionalen Akteuren getragen sein und ihre Prägung erhalten. Drucksache 18/913 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Regionaldirektionen der Bundesagentur für Arbeit führen bereits mit den Ländern und in vielen Fällen auch mit den kommunalen Spitzenverbänden Gespräche über die Einführung von Arbeitsbündnissen. Die Arbeitsbündnisse haben sich bewährt und sollten weiter in die Fläche gebracht werden. Entsprechend wird die Bundesregierung dieses Vorhaben unterstützen. Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, die Kooperation zwischen den Akteuren vor Ort – den Trägern der Arbeitsförderung sowie den Kommunen und den Schulträgern – beim Übergang von der Schule in den Beruf gemeinsam mit den Ländern zu verbessern. Ziel ist es, die Leistungen nach dem Zweiten, dem Dritten und dem Achten Buch Sozialgesetzbuch für unter 25-Jährige eng aufeinander abgestimmt zu erbringen. Sie wird sich nachhaltig für eine deutliche Verbreitung enger Kooperationen der unterschiedlichen Träger einsetzen, damit möglichst in allen Regionen von den guten Erfahrungen mit den bestehenden Arbeitsbündnissen profitiert werden kann. 1. Welche konkreten rechtlichen und verwaltungstechnischen Vorhaben plant die Bundesregierung, um Jugendberufsagenturen flächendeckend einzurichten ? Die Bundesregierung wird den weiteren Prozess, in dem die Verantwortlichen vor Ort ihre Zusammenarbeit unter Beachtung der jeweils geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen organisatorisch und inhaltlich ausgestalten, begleiten und ggf. notwendige rechtliche Änderungen prüfen. 2. Welche Modelle und Konzepte zur Einrichtung und zum Betreiben von Jugendberufsagenturen sind der Bundesregierung bekannt, und worin unterscheiden sie sich konzeptionell? Inwieweit unterstützt die Bundesregierung die unterschiedlichen Konzepte (bitte unter Berücksichtigung der Zielgruppe, der Kooperationspartner, der Zusammenarbeit der unterschiedlichen Leistungsträger im SGB II, III und VIII detailliert aufführen)? Eine feste Definition der Jugendberufsagentur und eine klare Abgrenzung zu anderen Kooperationsformen gibt es nicht. Nach Kenntnis der Bundesregierung wird der Begriff Jugendberufsagentur zum Beispiel für die Kooperationen in Hamburg, Mainz und Darmstadt verwendet. Die Bundesregierung nimmt aber die gesamte Bandbreite von Modellen der Zusammenarbeit in Arbeitsbündnissen in den Blick. Um Best-Practice-Ansätze zu identifizieren und Prozesse und Verfahren an verschiedenen Standorten zu erproben, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Projekt „Arbeitsbündnisse Jugend und Beruf“ initiiert. Als Zusammenstellung von Beispielen wird auf die Broschüre „Chancen ergreifen im Arbeitsbündnis Jugend und Beruf“ der Bundesagentur für Arbeit verwiesen (im Internet abrufbar unter: www.arbeitsagentur.de/web/wcm/idc/groups/public/ documents/webdatei/mdaw/mta0/~edisp/l6019022dstbai422820). Darin sind das Konzept des Projektes sowie die Modelle der einzelnen Arbeitsbündnisse dargestellt . Die Bundesregierung unterstützt dabei alle Modelle, die die Reibungsverluste an den Schnittstellen minimieren und so die Beratung und Vermittlung von jungen Menschen verbessern. 3. Welche der Bundesregierung bekannten Jugendberufsagenturen erfüllen die im Koalitionsvertrag aufgeführten Kriterien? Der Koalitionsvertrag enthält keine Kriterien für den Begriff „Jugendberufs- agentur“. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/913 4. In welchen Strukturen und in welcher rechtlichen Stellung sollen nach Vorstellung der Bundesregierung Jugendberufsagenturen verwirklicht werden? Es wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung und die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 5. An welche Zielgruppe richtet sich nach Auffassung der Bundesregierung eine Jugendberufsagentur? Jugendberufsagenturen richten sich typischerweise an unter 25-Jährige. Ob diese Zielgruppe regional weiter eingeschränkt oder erweitert wird, hängt von dem konkreten Konzept vor Ort ab. 6. Welche wissenschaftliche Definition liegt nach Kenntnis der Bundesregierung der im Koalitionsvertrag gewählten Formulierung „leistungsschwache Jugendlichen“ zugrunde, denen mit Unterstützung der Jugendberufsagenturen ein „erfolgreiche[r] Ausbildungs- und Berufseinstieg“ ermöglicht werden soll, und welche Jugendlichen sind damit konkret gemeint? Aus Sicht der Bundesregierung sollen mit der Umschreibung „leistungsschwache Jugendliche“ solche bezeichnet werden, die Schwierigkeiten haben, den Schulabschluss zu erreichen oder erhöhten Unterstützung-, Betreuungs- oder Beratungsbedarf bei den Entscheidungen über ihren weiteren Werdegang haben. Es handelt sich also insbesondere um die Zielgruppe der Berufseinstiegsbegleitung . 7. Sollen nach Vorstellung der Bundesregierung Jugendliche mit Migrationshintergrund , Aussiedler und Aussiedlerinnen, Flüchtlinge und Bürger und Bürgerinnen ohne deutschen Pass in der Arbeit der Jugendbedarfsagenturen besondere Aufmerksamkeit erhalten? 8. Wie viele Jugendliche sollen mit den Jugendberufsagenturen erreicht werden (bitte relativ und absolut sowie, wenn möglich, nach Bundesländern aufschlüsseln)? 9. Was soll nach Vorstellung der Bundesregierung konkret in einer Jugendberufsagentur passieren? 10. Was soll nach Auffassung der Bundesregierung in einer Jugendberufsagentur nicht passieren? 11. Welche Angebote sollen Jugendliche in einer Jugendberufsagentur mindestens erhalten? 12. Welche Bundesprogramme zur Verbesserung des Überganges von der Schule in den Beruf sollen in der Arbeit der Jugendberufsagenturen aufgehen , welche Programme bleiben daneben bestehen oder werden neu aufgelegt oder fortgeführt? Die Fragen 7 bis 12 werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen . Pläne der Bundesregierung, den Akteuren vor Ort ein konkretes Modell für eine Jugendberufsagentur vorzugeben, bestehen derzeit nicht. Drucksache 18/913 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 13. Wann wird das neue Bundesprogramm „Jugend stärken plus“ aufgelegt, und durch welche inhaltlichen Schwerpunkte wird es sich auszeichnen und von dem bestehenden Programm „Jugend stärken“ unterscheiden (bitte für die Programme Kompetenzagenturen und 2. Chance detailliert ausführen)? Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) legen in der neuen Förderperiode des Europäischen Sozialfonds (ESF) 2014 bis 2020 das Bundesmodellprogramm „JUGEND STÄRKEN im Quartier“ (früherer Arbeitstitel: JUGEND STÄRKEN plus) auf. Das neue Modellprogramm verknüpft bewährte Elemente der in der vergangenen ESF-Förderperiode 2007 bis 2013 durchgeführten Einzelprogramme der Initiative JUGEND STÄRKEN (Schulverweigerung – Die 2. Chance, Kompetenzagenturen , JUGEND STÄRKEN: Aktiv in der Region, STÄRKEN vor Ort) und des ESF-Bundesprogramms „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier (BIWAQ)“ (Handlungsfeld Übergang Schule-Beruf) und entwickelt diese in einem ganzheitlichen Konzept weiter. Zielgruppe des neuen Programms sind – wie auch bei den bisherigen JUGEND STÄRKEN-Programmen – junge Menschen nach § 13 SGB VIII mit und ohne Migrationshintergrund, die in erhöhtem Maße auf sozialpädagogische Unterstützung am Übergang Schule-Beruf im Rahmen der Jugendhilfe angewiesen sind; dazu zählen unter anderem auch schulverweigernde Jugendliche. Entsprechend der Bedarfslage – insbesondere unter Berücksichtigung der bereits bestehenden Unterstützungsmöglichkeiten für die Zielgruppen – können die Kommunen Projekte auf der Grundlage von insgesamt vier methodischen Bausteinen ausgestalten: 1. Case Management (intensive sozialpädagogische Einzelfallarbeit), 2. Aufsuchende Jugendsozialarbeit, 3. Niedrigschwellige Beratung/Clearing, 4. Mikroprojekte mit Quartiersbezug. Ziel ist eine durchgängige Förderung der jungen Menschen von der Schule bis zum gesicherten Ankommen im Erwerbsleben. Die Veröffentlichung der Förderrichtlinie und der Beginn des Interessenbekundungsverfahrens sind für die erste Jahreshälfte 2014 vorgesehen. Mit einem Programmbeginn in ausgewählten Kommunen ist – soweit der Zeitplan gehalten werden kann – zum Ende des vierten Quartals 2014 zu rechnen. 14. Aus welchen Mitteln sollen mit Auslaufen des Bundesprogrammes „Jugend stärken“ zukünftig die Kompetenzagenturen finanziert werden, und wie und in welcher Höhe wird sich der Bund an der Finanzierung der Kompetenzagenturen beteiligen (bitte detailliert aufschlüsseln)? Das mit ESF-Mitteln Förderperiode 2007 bis 2013 geförderte Bundesmodellprogramm „Kompetenzagenturen“ läuft zum 30. Juni 2014 aus. Gemäß § 83 Absatz 1 SGB VIII hat der Bund im Bereich der Jugendhilfe eine Anregungsfunktion ; eine Beteiligung an einer Dauerfinanzierung nach Auslaufen des Modellprogramms ist daher ausgeschlossen. Die Kompetenzagentur kann mit ihrer Kernaufgabe des Case Managements im Rahmen des Modellvorhabens „JUGEND STÄRKEN im Quartier“ über die Kommune weiterfinanziert werden , sofern dieser Ansatz der Schwerpunktsetzung der Kommune entspricht. Zu dem Zwecke ist auch eine Weiterleitung der ESF-Mittel an freie Träger möglich. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/913 15. Welche öffentlichen und freien Träger sind nach Kenntnis der Bundesregierung in einer Jugendberufsagentur vereint, und welche Angebote sollen sie für Jugendliche bereithalten (bitte nach Aufgaben differenziert aufführen )? 16. Welche Rolle soll die Schule einnehmen, damit Jugendberufsagenturen erfolgreich arbeiten können (bitte detailliert ausführen)? Die Fragen 15 und 16 werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen . 17. Wie viele Jugendberufsagenturen sind nach Auffassung der Bundesregierung notwendig, um von einer flächendeckenden Einrichtung sprechen zu können? Welche Kriterien legt die Bundesregierung hier zu Grunde? Eine Flächendeckung liegt nach Auffassung der Bundesregierung vor, wenn in sämtlichen Arbeitsagentur-/Jobcenterbezirken Kooperationen bestehen, die einen Beitrag zur Koordination der Schnittstellen zwischen SGB II, SGB III und SGB VIII für unter 25-Jährige leisten können. 18. Welche Daten müssen nach Auffassung der Bundesregierung in Jugendberufsagenturen erhoben werden, um gemäß der definierten Zielstellung im Koalitionsvertrag optimal arbeitsfähig zu sein (bitte detailliert aufführen )? 19. Auf welche Datenbasis unter anderem aus Schule und Jugendhilfe bzw. SGB-II- und SGB-III-Behörden sollen Jugendberufsagenturen nach Auffassung der Bundesregierung zugreifen können, um gemäß der definierten Zielstellung im Koalitionsvertrag optimal arbeitsfähig zu sein (bitte detailliert aufführen)? Die Fragen 18 und 19 werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen . 20. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der datenrechtlichen Praxis in den bereits bestehenden Jugendberufsagenturen in Hamburg, wonach alle Kunden der Berufsberatung (SGB III) oder des Jobcenters (SGB II) sich im Rahmen der Erstberatung mit der Datenerfassung einverstanden erklären müssen, ohne dass dazu nach Auffassung des Hamburger Senats eine Unterschrift seitens der betroffenen Jugendlichen und deren Sorgeberechtigten erforderlich sei (vergleiche hierzu Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Drucksache 20/10239)? 21. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der datenrechtlich vorgesehenen Umgangsweise in den einzurichtenden Jugendberufsagenturen in Berlin, wonach Eltern und Jugendliche der Datenerhebung und Übermittlung schriftlich zustimmen müssen (vergleiche hierzu Bericht zur Arbeit der Arbeitsgruppe „Jugendberufsagentur in Berlin umsetzen?“ vom 22. Januar 2014)? 22. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass die Zielgruppe der Jugendberufsagenturen in Drucksache 18/913 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode der Regel nicht volljährig und nur eingeschränkt rechtsfähig ist, in Hinblick auf die datenschutzrechtliche Situation und Erfordernisse? Die Fragen 20 bis 22 werden gemeinsam beantwortet. Eine Überprüfung der Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben durch verantwortliche öffentliche Stellen eines Landes ist regelmäßig Angelegenheit der Datenschutzaufichtsbehörden der Länder, die in ihrer Aufgabenerfüllung unabhängig sind. Die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Standards ist nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen für den Bereich der Jugendberufsagentur der Freien und Hansestadt Hamburg zwischen dem zuständigen Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit und dem Datenschutzbeauftragten der Bundesagentur für Arbeit abgestimmt . 23. Welche datenschutzrechtlichen Veränderungen sind nach Auffassung der Bundesregierung notwendig, damit die Jugendberufsagenturen ihren Aufgaben nachkommen können und eine genauere datenmäßige Erfassung der Zielgruppe möglich ist (bitte begründen und nach Bundes- und Landesgesetzen sowie den konkret notwendigen Änderungen aufschlüsseln)? 24. Wie möchte die Bundesregierung sicherstellen, dass die erfassten Daten vor einem Zugriff durch die NSA und anderen Nachrichtendiensten nachhaltig geschützt sind? Die Fragen 23 und 24 werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen . Pläne der Bundesregierung, den Akteuren vor Ort ein konkretes Modell für eine Jugendberufsagentur vorzugeben, bestehen derzeit nicht. Die Bundesregierung wird im Zuge des weiteren Prozesses auch datenschutzrechtliche Hemmnisse erörtern und bei Bedarf im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten einer Lösung zuführen. 25. Plant die Bundesregierung zur flächendeckenden Einrichtung von Jugendberufsagenturen Änderungen im SGB II, III und VIII (bitte begründen und nach den konkreten Änderungen aufschlüsseln)? Es wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung und die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 26. Geht die Bundesregierung davon aus, dass die Länder ihre Schulgesetze ändern müssen, damit die Jugendberufsagenturen erfolgreich arbeiten können? Welche Veränderungen wären erforderlich (bitte begründen und nach den konkret notwendigen Änderungen, wenn möglich, nach Bundesländern, aufschlüsseln)? Die Bundesregierung begrüßt es, wenn die Schulen vor Ort in eine Kooperation mit einbezogen werden. Die Bundesregierung schließt nicht aus, dass für eine enge Zusammenarbeit vor Ort eine Änderung von Schulgesetzen der Länder erforderlich sein kann. Die Entscheidung darüber obliegt den Ländern. Im Übrigen wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/913 27. Welche gesetzlichen Änderungen sind darüber hinaus nach Auffassung der Bundesregierung notwendig, um Jugendberufsagenturen erfolgreich betreiben zu können (bitte begründen und nach Bundesgesetzen und Landesgesetzen sowie den konkret notwendigen Änderungen aufschlüsseln )? 28. Welche Aufgaben kommen zur Einrichtung von Jugendberufsagenturen nach Auffassung der Bundesregierung den Kommunen, Landkreisen, Bundesländern und dem Bund sowie den jeweils nachgeordneten Behörden zu (bitte detailliert ausführen)? 29. Welche personellen und finanziellen Ressourcen werden benötigt, damit Jugendberufsagenturen nach Ansicht der Bundesregierung erfolgreich arbeiten können? Durch wen, und wie sollen die Ressourcen bereitgestellt werden (bitte detailliert ausführen)? 30. Plant die Bundesregierung ein Programm zur Erstausstattung oder Anschubfinanzierung bzw. eine Regelfinanzierung von Jugendberufsagenturen mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt? Wenn ja, in welcher Höhe, und mit welcher Zielstellung, und wenn nein, warum nicht? 31. Plant die Bundesregierung ein Programm zur Erstausstattung oder Anschubfinanzierung bzw. eine Regelfinanzierung von Jugendberufsagenturen mit Mitteln aus der Bundesagentur für Arbeit? Wenn ja, in welcher Höhe, und mit welcher Zielstellung, und wenn nein, warum nicht? 32. Plant die Bundesregierung ein Programm zur Erstausstattung oder Anschubfinanzierung bzw. eine Projektfinanzierung von Jugendberufsagenturen mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) oder ähnlichen Fördertöpfen der Europäischen Union? Wenn ja, in welcher Höhe, und mit welcher Zielstellung, und wenn nein, warum nicht? 33. Wer ist ansonsten bzw. darüber hinaus für die finanzielle Ausstattung der Jugendberufsagenturen zuständig (bitte detailliert und nach Angebotsart aufschlüsseln)? 34. Inwieweit sieht die Bundesregierung eine Beteiligung der Wirtschaft bzw. Kammern an den Jugendberufsagenturen vor? Wenn ja, bitte konkret benennen, wenn nein, bitte begründen, warum nicht? 35. Inwieweit sieht die Bundesregierung eine Beteiligung der Gewerkschaften an den Jugendberufsagenturen vor? Wenn ja, bitte konkret benennen, wenn nein, bitte begründen, warum nicht? 36. Wie sollen nach Vorstellung der Bundesregierung die Kooperationspartner für die Jugendberufsagenturen gewonnen werden? Sollen neben freien Trägern auch gewinnorientierte Firmen gewonnen werden? Sind hierzu öffentliche Ausschreibungen vorgesehen? Drucksache 18/913 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 37. Ist eine bundesweite Evaluation der bestehenden und einzurichtenden Jugendberufsagenturen vorgesehen? Wenn ja, bitte Evaluierungsmethoden und -zeitplan vorstellen, wenn nein, bitte begründen, warum nicht? 38. Welchen Beitrag können Jugendberufsagenturen leisten, um Jugendliche trotz des Mangels an Ausbildungsplätzen Zukunftsperspektiven zu ermöglichen ? Die Fragen 27 bis 38 werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung und die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Die Bundesregierung plant derzeit kein Programm zur finanziellen Förderung von Arbeitsbündnissen oder Jugendberufsagenturen . Sie geht davon aus, dass die Beteiligten die verbesserte Zusammenarbeit vor Ort mit den ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen umsetzen. 39. Fallen arbeitslose Jugendliche, die durch eine Jugendberufsagentur betreut werden aus der Arbeitslosenstatistik, und wenn ja, warum? Die Frage, wer statistisch als arbeitslos erfasst wird, ist gesetzlich geregelt. Nach der Definition des § 16 SGB III sind alle Personen als arbeitslos zu zählen, die ● vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, ● eine versicherungspflichtige Beschäftigung suchen, ● dabei den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen, ● sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und ● nicht Teilnehmer an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik sind. Die Einrichtung von Jugendberufsagenturen hat keine Auswirkungen auf den Status junger Menschen. Jugendberufsagenturen sind rechtlich nicht eigenständig . Sie bestehen aus den Beiträgen der einzelnen Kooperationspartner. Daher besteht kein Grund für eine veränderte statistische Erfassung von jungen Menschen, die arbeitslos sind. 40. Wie und ab wann wird das Antragsverfahren für das neue Bundesprogramm „Jugend stärken plus“ starten? Es wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333