Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 21. Juli 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9249 18. Wahlperiode 22.07.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Binder, Caren Lay, Heidrun Bluhm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/8947 – Listerien-Funde bei einem bayerischen Wurstwarenhersteller V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mit Pressemitteilung vom 27. Mai 2016 teilte das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz mit, dass „aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes“ Schinken- und Wurstprodukte der Firma Sieber GmbH nicht verzehrt werden sollten. Grund seien mögliche gesundheitsgefährdende Listerien-Belastungen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Vertriebs- und Verkaufswege der Waren noch nicht vollständig bekannt. Das Unternehmen wurde durch das zuständige Landratsamt Bad Tölz – Wolfratshausen angewiesen, den Vertrieb vorläufig einzustellen und alle Waren zurückzurufen. Nach Untersuchungen des Robert Koch-Instituts (RKI) ist der Wurstwarenhersteller offenbar Quelle eines speziellen Sub-Typs von Listeriose-Erregern, der seit Ende 2012 in Süddeutschland zu 80 Erkrankungen und acht Todesfällen führte. Ende März 2016 wurde das Unternehmen über ein von ihm vertriebenes Produkt mit dem Listeria-Stamm in Verbindung gebracht. Die Sieber GmbH veröffentlichte daraufhin auf dem Portal www.lebensmittelwarnung.de eine Mitteilung zum Produkt „Original Bayerisches Wacholderwammerl“ und gab als Grund der Warnung „bakterielle Kontamination“ an. Das Produkt wurde zurückgerufen . In Absprache mit den zuständigen Veterinärbehörden führte das Unternehmen Maßnahmen zur Hygiene durch und produzierte weiter. Die bayerische Lebensmittelüberwachung führte zudem umfangreichere amtliche Untersuchungen zu Waren der Firma Sieber GmbH durch. Nachdem bei weiteren Sieber-Produkten Listerien gefunden wurden, veranlassten die Behörden ein Vertriebsverbot für das gesamte Sortiment. Am 27. Mai 2016 erschien dazu eine Warnmeldung auf www.lebensmittelwarnung.de für „Schinken- und Wurstprodukte“ ohne nähere Ausführungen zu den einzelnen Produkten. Als Grund für die Warnung wurde nun „Verdacht auf Listerien“ angegeben. Am 30. Mai 2016 erfolgte auf derselben Webseite der Rückruf aller Waren durch die Firma Sieber GmbH mit einer Liste von 206 Produkten. Eine Liste der Verkaufsstellen ist nicht veröffentlicht worden. Die betroffenen Waren wurden bundesweit vertrieben. Am 30. Mai 2016 erfolgte eine Rückrufmeldung durch Deutschland im Europäischen Schnellwarnsystem RASFF, nachdem festgestellt wurde, dass auch ein Vertrieb in die Nachbarstaaten Österreich und Schweiz erfolgte. Die Schweiz Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9249 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode folgte mit einer Warnmeldung am 31. Mai 2016. Am 1. Juni 2016 stellte Deutschland eine weitere Meldung über Ermittlungsergebnisse und getroffene Maßnahmen ein. Frankreich stellte am 2. Juni 2016 eine Rückrufmeldung für gekühlte Schinkenscheiben ein. Ebenfalls am 2. Juni sowie am 3. und 7. Juni 2016 folgten Zusatzinformationen aus Deutschland. Am 30. und vor allem am 31. Mai 2016 griffen die Medien das Thema umfänglich auf. Dadurch wurde die Dimension des Listerien-Vorfalls einer breiten Öffentlichkeit bekannt, wobei auch die großen Lebensmitteldiscounter Lidl und Penny sowie die Supermarktketten von Rewe, Edeka und Tengelmann als betroffene Verkaufsstellen genannt wurden. Am 31. Mai dieses Jahres äußerte sich der Sieber-Chef zu den Vorgängen in einer Pressekonferenz. Nach seinen Angaben seien alle 45 Proben betriebseigener Kontrollen aus den zurückliegenden Wochen negativ auf Listerien getestet worden. Die Sieber GmbH lasse die Produktion von unabhängigen Instituten prüfen. Über die Eintragsquelle habe er keine Erkenntnis. Er befürchte eine Insolvenz , habe Sorge um die 120 Beschäftigten und habe gegen die Behördenentscheidung Klage eingereicht (vgl. www.focus.de „Verseuchte Wurst – Amt bestätigt Listerien-Toten in Bayern – Sieber belieferte alle Discounter außer Aldi). Inzwischen hat das Unternehmen Insolvenz angemeldet. Der Leiter des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), Andreas Zapf, konnte bisher keine Angaben zur Eintragsquelle machen, schloss aber nicht aus, dass die Erreger über Rohwaren in den Betrieb gelangt sein könnten (vgl. www.sueddeutsche.de/ „Auf der Jagd nach den Listeriose -Erregern“). Ob dadurch weitere Betriebe betroffen seien, werde derzeit geprüft. Es ist demnach nicht auszuschließen, dass mit Listerien belastete Rohwaren über andere Verarbeitungsbetriebe erneut in die Lebensmittelkette gelangen . Er sagte zudem, es gebe noch viel mehr Listeriose-Fälle in Bayern. Das Besondere an dem Fall Sieber sei nicht das Ausmaß, sondern dass endlich die Quelle nachgewiesen wäre. Nach Angaben der „Süddeutsche Zeitung“ schwankte die Anzahl der Listeriose-Infektionen bis zum Jahr 2013 zwischen 40 und 74 Fällen. Im Jahr 2013 waren es dann 100, im Jahr 2014 102 Fälle gewesen. Listerien sind Bakterien, von denen derzeit die Art Listeria monocytogenes als Krankheitserreger von Mensch und Tier die größte Bedeutung hat. Listerien können sich auch bei niedrigen Temperaturen, also auch im Kühlschrank, vermehren . Kochen, Braten, Sterilisieren und Pasteurisieren tötet die Bakterien sicher ab. Bei gesunden Erwachsenen verläuft die Infektion durch Listerien, Listeriose genannt, meist unauffällig oder verursacht grippeähnliche Symptome wie Fieber und Muskelschmerzen oder Erbrechen und Durchfall. Für Risikogruppen , wie ältere oder immungeschwächte Personen sowie Säuglinge und Schwangere, stellt Listeria monocytogenes ein besonderes Risiko dar. Bereits in der Vergangenheit stand die Wirksamkeit der Lebensmittelüberwachung in der Kritik. Immer wieder werden nach Lebensmittelskandalen die unzureichende Zusammenarbeit der Behörden der Bundesländer und des Bundes, ein unzureichender Informationsaustausch sowie Koordinationsmängel in Krisensituationen beklagt. Zudem könnten die Überwachungsbehörden ihrer Überwachungspflicht aufgrund von Personal- und Ausstattungsmängeln nicht immer nachkommen (siehe Gutachten des Präsidenten des Bundesrechnungshofs als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung „Organisation des gesundheitlichen Verbraucherschutzes – Schwerpunkt Lebensmittel“ vom Oktober 2011). Das System der Lebensmittelsicherheit in Deutschland fußt auf EU-Recht, das im Wesentlichen mit dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) in nationales Recht umgesetzt wurde. Obwohl in Deutschland die Bundesländer ganz überwiegend die Lebensmittelüberwachung durchführen, ist der Bund für Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9249 die Umsetzung und Einhaltung der EU-Vorgaben einschließlich der damit zusammenhängenden Berichtspflichten zuständig. Zudem muss er laufend die Wirksamkeit durch Kontrollverfahren überprüfen und koordiniert die Zusammenarbeit mit den Ländern. Der aktuelle Listerien-Fall wirft erneut die Frage auf, inwieweit die derzeitige Organisation der Lebensmittelüberwachung hinreichend geeignet ist, die Gesundheit der Bevölkerung und die Einhaltung EUrechtlicher Lebensmittelvorschriften in geeigneter Weise sicherzustellen. 1. Wie erklärt sich nach Kenntnis der Bundesregierung das unterschiedliche Vorgehen der bayerischen Behörden bei den beiden Meldefällen der Firma Sieber GmbH am 24. März 2016 und am 27. Mai 2016 bezüglich gefundener Listerien in Lebensmittelprodukten? Das geltende Lebensmittelrecht sieht vor, dass im Falle einer Information der Öffentlichkeit immer erst der Lebensmittelunternehmer die Pflicht hat, selbst die Öffentlichkeit zu informieren. Erst wenn dies nicht erfolgt, kann die jeweils zuständige Behörde die Öffentlichkeit in-formieren. Der Rückruf und die Information der Öffentlichkeit am 24. März 2016 beim „Original Bayerischen Wacholderwammerl “ erfolgten durch den Lebensmittelunternehmer. Es wurde eine Meldung auf www.lebensmittelwarnung.de eingestellt. Die Lebensmittelwarnung über das Internetportal www.lebensmittelwarnung.de wurde von weiteren Maßnahmen flankiert, um den Verbraucher zu informieren, z. B. durch betriebsseitige Pressemeldungen und Aushänge im Einzelhandel, der mit dem kontaminierten Fleischprodukt beliefert worden war. Es wurde die gesamte Charge des „Original Bayerischen Wacholderwammerls“ mit Loskennzeichnung 16047 und Mindesthaltbarkeitsdatum 25. März 2016 und 28. März 2016 zurückgerufen und der Rückruf der Produkte behördlich überwacht. Die Gründe für die amtliche Information der Öffentlichkeit am 27. Mai 2016 sind in der Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz ausführlich dargelegt : www.stmuv.bayern.de/aktuell/presse/pressemitteilung.htm?PMNr=91/16. 2. War nach Einschätzung der Bundesregierung die Warnmeldung vom 24. März 2016 vom Umfang und von der Begründung her inhaltlich ausreichend , um alle betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher vom Verzehr abzuhalten (Antwort bitte begründen)? Dem Lebensmittelunternehmer obliegt nach Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 die Verantwortung für die von ihm in den Verkehr gebrachten Lebensmittel . Liegen dem Lebensmittelunternehmer Erkenntnisse vor, dass ein von ihm vertriebenes Lebensmittel nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit entspricht, sind gemäß Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 von ihm geeignete Maßnahmen einzuleiten. In den Fällen, in denen das Produkt bereits die Verbraucher erreicht hat, unterrichtet der Lebensmittelunternehmer die Verbraucherinnen und Verbraucher und ruft erforderlichenfalls das entsprechende Produkt zurück. Basierend auf dieser gesetzlichen Vorgabe wurde zunächst seitens der Firma Sieber GmbH am 24. März 2016 ein Rückruf mit konkreten Angaben zum betroffen Produkt vorgenommen. Die Überwachung der Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften erfolgt nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes durch die Länder. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9249 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 3. Warum wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bei der Warnmeldung vom 27. Mai 2016 keine genauen Angaben zu den einzelnen Produkten gemacht ? Warum wurden bei der Rückrufmeldung am 30. Mai 2016 nicht auch die einzelnen Verkaufsstellen genannt? Die amtliche Information der Öffentlichkeit erfolgte am 27. Mai 2016 in Bezug auf „Schinken- und Wurstprodukte“ der Firma, da zu diesem Zeitpunkt auf Grund der Untersuchungsergebnisse die Gefahrenprognose eine Information in Bezug auf diese Produkte erforderlich machte, eine nähere Eingrenzung jedoch nach den zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Informationen nicht möglich war. Die Aufstellung der betroffenen Produkte erfolgte im Rahmen der vom Lebensmittelunternehmer eigenverantwortlich veranlassten Rückrufmeldung am 30. Mai 2016. Dabei handelte es sich um eine Information der Firma, die den rechtlichen Anforderungen an einen Rückruf genügte, da sie die wesentlichen Informationen über die betroffenen Produkte enthielt. Insgesamt war es mit den von Seiten des Lebensmittelunter-nehmers und der Behörden zur Verfügung gestellten Informationen möglich, alle Produkte eindeutig zu identifizieren. Das Verwaltungsgericht München hat in seiner Eilentscheidung vom 27. Mai 2016 das behördliche Handeln bestätigt. 4. Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung die Wirksamkeit der Warnmeldungen dahingehend überprüft, dass alle betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher auch tatsächlich von gesundheitsgefährdenden Lebensmitteln erfahren? 5. Hält die Bundesregierung die Regelungen in § 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) für ausreichend, um sicherzustellen, dass alle Verbraucherinnen und Verbraucher, die ein gesundheitsbedenkliches Lebensmittel erworben haben, auch unverzüglich davon erfahren? Durch welche Verfahren wird die Wirksamkeit dieser Vorschriften überprüft ? Die Fragen 4 und 5 werden aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung hält die Regelung des § 40 Absatz 1 LFGB für geeignet, um sicherzustellen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher wirksam vor möglicherweise gesundheitsgefährdenden Lebensmitteln gewarnt werden. Im Sinne einer transparenten und überregionalen Information der Öffentlichkeit haben sich die Länder darauf verständigt, Informationen zu Lebensmitteln über ein zentrales Internetportal durchzuführen. Dieses Portal wurde beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) eingerichtet. Die dort eingestellten Informationen beinhalten an Verbraucherinnen und Verbraucher bzw. die Öffentlichkeit gerichtete Warnungen oder Hinweise nach § 40 Absatz 1 oder 2 LFGB. Mit dem Informationsportal werden Verbraucherinnen und Verbraucher schnell und direkt über mögliche von Lebensmitteln ausgehende Gesundheitsgefahren informiert. Ebenfalls ersichtlich ist, welche Länder von der Warnung betroffen sind, d. h. wo das konkrete Produkt vertrieben wurde. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9249 6. Zu welchem Zeitpunkt war das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) über den bundesweiten Listerien-Vorfall bei Sieber informiert? Welche Aufgaben nimmt es dazu seither im Einzelnen wahr? Das BVL wurde über den Listerien-Vorfall bei der Firma Sieber und der hohen Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs mit dem seit 2012 andauernden Listeriose -Ausbruch in Süddeutschland durch das Einstellen der Warnmeldung in das Internetportal www.lebensmittelwarnung.de durch die zuständigen bayerischen Behörden am 27. Mai 2016 informiert. Darüber hinaus hat die zuständige Landesbehörde in Bayern (Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) am 30. Mai 2016 eine Schnellwarnmeldung in das Europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel RASFF eingestellt. Seither nimmt das BVL seine Aufgaben als nationale Kontaktstelle für das Europäische Schnellwarnsystem RASFF gemäß §§ 9-12 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Durchführung des Schnellwarnsystems für Lebensmittel und Futtermittel sowie für Meldungen über Futtermittel wahr. 7. Welcher Art waren nach Kenntnis der Bundesregierung die Ermittlungsergebnisse und getroffenen Maßnahmen im Einzelnen, die in der RASFF-Meldung vom 1. Juni 2016 mitgeteilt wurden? Welcher Art waren die Zusatzinformationen am 2. Juni 2016, am 3. Juni 2016 und am 7. Juni 2016? Auslösendes Element für die Erstellung einer Schnellwarnmeldung entsprechend Artikel 50 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 war die Ermittlung eines Vertriebs mehrerer Produkte der Firma Sieber in andere europäische Staaten (Österreich, Schweiz). Schnellwarnmeldungen als probates Mittel der schnellen behördeninternen Kommunikation in Europa sind auf die Übermittlung von Informationen ausgerichtet, die für ein unverzügliches behördliches Handeln in den betroffenen Mitgliedstaaten essentiell sind. Im Fall der Firma Sieber wurden die relevanten Details zu der Art der Gesundheitsgefahr und der mögliche Zusammenhang mit einem Listeriose-Ausbruchsgeschehen in Süddeutschland übermittelt. Des Weiteren wurden mit der Meldung die nach Österreich und in die Schweiz gelieferten Produktsorten der Firma Sieber sowie die belieferten Empfänger der Waren mitgeteilt . Als in Deutschland ergriffene Maßnahmen wurden der verpflichtende Rückruf, sowie das von den Behörden ausgesprochene Verkehrsverbot der Produkte der Firma Sieber genannt. Im weiteren Verlauf wurden durch die zuständige Behörde in Bayern noch fünf Folgemeldungen zu der Originalmeldung „2016.0693“ in das RASFF-System eingestellt. Inhalt war einerseits der Vertrieb verschiedener weiterer Produkte der Firma Sieber durch mehrere deutsche Großhändler nach Österreich und andererseits die Beantwortung von Anfragen der Kommission und der Schweiz zu den betroffenen Produkten, der Anzahl der Krankheitsfälle und der möglichen Kontaminationsquelle . 8. Zu welchem Zeitpunkt waren nach Kenntnis der Bundesregierung die Vertriebswege und die Verkaufsstellen im Bundesgebiet vollständig ermittelt? Eine Information des BVL über Vertriebswege erfolgt nur im Rahmen der Übermittlung von Schnellwarnmeldungen und betrifft daher vorzugsweise den Ver- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9249 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode trieb von Deutschland in andere Mitgliedstaaten. Ansonsten besteht für die Länderbehörden keine gesetzliche Verpflichtung, das BVL über den gesamten innerdeutschen Vertrieb in Kenntnis zu setzen. Dem BVL liegen daher keine genauen Informationen zu sämtlichen Vertriebswegen und Verkaufsstellen im Bundesgebiet vor. 9. Inwieweit hatten nach Kenntnis der Bundesregierung die zuständigen Behörden ungehindert Einblick in die relevanten Unterlagen des Unternehmens , und inwieweit konnten insbesondere die Daten der QS Qualität und Sicherheit GmbH eingesehen und ausgewertet werden? Der Betrieb wird in der Regel einmal wöchentlich durch den amtlichen Tierarzt kontrolliert. Zusätzlich finden regelmäßig Kontrollen durch das zuständige Landratsamt und durch die Regierung statt, bei denen auch die Unterlagen des Eigenkontrollsystems des Lebensmittelunternehmers stichprobenartig überprüft werden . Sofern dabei auch Unterlagen von verschiedenen privaten Qualitätssicherungssystemen oder Zertifizierungsunternehmen (wie z. B. QS Qualität und Sicherheit GmbH, IFS Food) vorgelegt wurden, wurden diese auch einbezogen. 10. Wann und in welcher Weise gab es nach Kenntnis der Bundesregierung bezüglich der Vorfälle bei der Sieber GmbH im Jahr 2016 Kontakt bzw. eine Zusammenarbeit mit der QS Qualität und Sicherheit GmbH? Auf Anfrage teilte das zuständige Landratsamt mit, dass es mit der QS Qualität und Sicherheit GmbH keine Zusammenarbeit gab. 11. Welche privaten Labore waren nach Kenntnis der Bundesregierung mit den betrieblichen Eigenkontrollen beauftragt, welche meldepflichtige Auffälligkeiten gab es dabei in den Jahren von 2013 bis 2016, und welche Maßnahmen haben die zuständigen Behörden jeweils ergriffen? Die Firma Sieber hat seit 2012 sechs verschiedene Privatlabore für die Durchführung der mikrobiologischen Eigenkontrollen beauftragt. Nach derzeitigem Kenntnisstand gab es in den Jahren 2013 bis 2016 keine Befunde betreffend Listerien, die das Labor den Behörden hätte melden müssen. 12. Wie viele Kontrollen bzw. Beprobungen von Produkten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem 24. März 2016 durch die zuständigen Ämter bei der Firma Sieber GmbH durchgeführt, und was waren im Einzelnen die Ergebnisse? Es wurden seit dem 24. März 2016 95 Proben von Fleischerzeugnissen und vegetarischen Produkten der Firma Sieber in Bayern entnommen. Bei insgesamt 16 Proben wurden Listeria monocytogenes nachgewiesen. Dreimal lag der Keimgehalt zwischen 10 und 100 kolonienbildenden Einheiten pro Gramm (KbE/g), in 13 weiteren Fällen wurden Listerien von weniger als 10 KbE/g nachgewiesen. 13. In welcher Weise und in welchem Umfang hat das Unternehmen nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren von 2013 bis 2016 Eingangskontrollen bei den Rohwaren durchgeführt? Welche Auffälligkeiten gab es dabei? Laut Aussage des zuständigen Landratsamtes wurde im Rahmen der Wareneingangskontrolle der Rohware u. a. auf die Einhaltung der Temperaturvorgaben, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/9249 den hygienischen Zustand der Verpackung und des Fahrzeugs oder die Übereinstimmung mit der Bestellung geachtet. Zudem wurde von den Lieferanten eine Rohstoffspezifikation verlangt. Bei Schweinebauch wurden z. B. Grenzwerte für die mikrobiologischen Anforderungen hinsichtlich Gesamtkeimzahl und Enterobacteriaceae festgelegt. Die Einhaltung dieser Anforderungen wurde durch die Lieferanten durch einzelne stichprobenhafte Untersuchungsergebnisse dem Lebensmittelunternehmer gegenüber belegt. 14. Durch welche Maßnahmen wird nach Kenntnis der Bundesregierung ausgeschlossen , dass die Eintragsquelle für die identifizierten Listerien nicht im Sieber-Werk, sondern bei Lieferanten von Rohwaren liegt? Wie wird ausgeschlossen, dass für diesen Fall diese Listerien über andere Verarbeitungsbetriebe erneut in die Lebensmittelkette gelangen? Bei den Produkten der Firma Sieber, bei denen Listerien nachgewiesen wurden, handelt es sich überwiegend um solche, die bei der Herstellung einem Prozess unterzogen werden, der Listerien abtötet (Erhitzung). Trotzdem wurden zur Abklärung der Frage, ob der Eintrag des Ausbruchsstammes in den Betrieb Sieber durch kontaminierte Rohware erfolgt sein könnte, von der zuständigen Behörde alle Zulieferbetriebe ermittelt. Bei den zwei bayerischen Zulieferern wurden Betriebskontrollen und Probenahmen (Produkte und Umfeld) mit Beteiligung der Spezialeinheit durchgeführt. Im Fall von nicht-bayerischen Zulieferbetrieben wurden die obersten Landesbehörden der betreffenden Bundesländer informiert und gebeten, ebenfalls Kontrollen durchzuführen. 15. Durch welche Maßnahmen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung überprüft , ob bei den zuliefernden Schlachtbetrieben die gesetzlich vorgeschriebene Schlachthygiene durchgehend eingehalten wurde? Für die Einhaltung der Schlachthygiene und der mikrobiologischen Vorgaben beim Schlacht- und Zerlegeprozess ist der Lebensmittelunternehmer zuständig. Die für den Schlachthof zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde kontrolliert risikoorientiert und stichprobenartig, ob der Lebensmittelunternehmer diesen Pflichten nachkommt. 16. In welcher Weise ist das Friedrich-Loeffler-Institut in die Frage der Einschleppung der Krankheitserreger durch Schlachtungsbetriebe in den Sieber- Fall einbezogen? Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) war in die Untersuchungen im Zusammenhang mit den Listeriose-Fällen in Bayern nicht einbezogen. 17. Wie entwickelten sich die gemeldeten Listeriose-Erkrankungen im Bundesgebiet seit dem Jahr 2010? Wie bewertet die Bundesregierung den Anstieg der Listeriose-Fälle in Bayern in den zurückliegenden Jahren? In der nachfolgenden Tabelle wird die Anzahl der Listeriose-Fälle von 2010 bis 2015 in Deutschland den Fällen in Bayern gegenüber gestellt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9249 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Meldejahr Anzahl Fälle in Deutschland Anzahl Fälle in Bayern 2010 390 42 2011 338 39 2012 430 68 2013 468 58 2014 609 88 2015* 662 91 *Änderung der Referenzdefinition zur Übermittlung und Auswertung an das RKI Seit 2011 steigt die Anzahl der Meldefälle. Wie man der Tabelle entnehmen kann, folgt die Anzahl der Listeriose-Fälle in Bayern in etwa dem gesamtdeutschen Trend. Über 90 Prozent der Listeriose-Meldefälle sind nicht-schwangerschaftsassoziiert; sie treten vor allem bei Erwachsenen über 60 Jahren auf. Nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) ist es wahrscheinlich, dass ein Teil des Anstiegs von Listeriose-Fällen über den höheren Anteil empfänglicher Personen in der deutschen , bzw. bayerischen Bevölkerung erklärt werden kann (Demographischer Wandel). Das RKI geht davon aus, dass die Exposition der Bevölkerung mit Listeria monocytogenes und damit das Risiko, an Listeriose zu erkranken, sich in den letzten Jahren erhöht hat. 18. Welche Rolle spielt der Preisdruck, den die großen Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels auf die Hersteller und Erzeuger ausüben, für die Hygiene und Sicherheit in der Lebensmittelkette? Die Verantwortung für die Hygiene und die Sicherheit von Lebensmitteln sowie ihre Konformität mit den Anforderungen des Lebensmittelrechts liegt auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen beim Lebensmittelunternehmer , unabhängig von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. 19. Durch welche Maßnahmen überprüft der Bund, ob die bayerischen Behörden die Lebensmittelüberwachung jederzeit ordnungsgemäß durchführen? Der Vollzug von Bundesrecht obliegt nach Artikel 83 des Grundgesetzes (GG) den Ländern in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet. Nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes existiert in Deutschland im Verwaltungsvollzug keine zentral zuständige Behörde. Die Länder führen die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus (Artikel 83 GG), soweit das Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zulässt . Die zuständigen Behörden sind dabei als vollziehende Gewalt nach Artikel 20 Absatz 3 GG an Recht und Gesetz gebunden. Mitwirkungsrechte des Bundes bestehen nur insoweit, als der Bund nach Artikel 84 Absatz 2 GG mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen oder nach Artikel 84 Absatz 3 und 4 GG im Einzelfall im Wege der Rechtsaufsicht tätig werden kann. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/9249 20. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung strukturelle Unterschiede sowie Unterschiede in der materiellen und personellen Ausstattung der bayerischen Lebensmittelüberwachungsbehörden im Vergleich zu denen der anderen Bundesländer, und welche Verbesserungserfordernisse haben die bisherigen Kontrollverfahren zur Sicherstellung der Wirksamkeit der bayerischen Lebensmittelüberwachung durch den Bund ergeben? In dem Länderprofil für Deutschland 2016, das die Direktion F der Generaldirektion SANTE der Europäischen Kommission (vormals FVO) erstellt, werden aktuelle Informationen u. a. über die Organisation der Kontrollsysteme für die Lebensmittelsicherheit beschrieben. Nach Einschätzung der Kommission waren in Deutschland in den meisten Bereichen die verfügbaren Mittel, die Ausstattung und die Einrichtungen ausreichend und die Laborkapazität angemessen für die amtlichen Kontrollen. In Anhang I des Länderprofils werden in einer Tabelle die Anzahl des Personals der Länder in den Bereichen Lebensmittel, Futtermittel, Tiergesundheit, Tierschutz und Pflanzengesundheit (Vollzeitäquivalente) im Einzelnen aufgeführt. Als Konsequenz aus den gestiegenen Anforderungen an die amtliche Lebensmittelüberwachung etabliert die Mehrzahl der Länder interdisziplinäre und überregional agierende Kontrolleinheiten. Diese verfügen über produkt-, branchen- und unternehmensspezifischen Sachverstand. Durch diese Kontrolleinheiten wird ein noch höherer Spezialisierungsgrad in der amtlichen Überwachung ermöglicht, so dass den komplexer gewordenen Strukturen der produzierenden Lebensmittelwirtschaft mit einer angemessenen Kontrollstrategie durch die amtliche Lebensmittelüberwachung begegnet werden kann. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333