Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 19. Juli 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9260 18. Wahlperiode 21.07.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Hänsel, Wolfgang Gehrcke, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/8882 – Die Rolle der westdeutschen Politik und Diplomatie während der Zeit der Militärdiktatur in Argentinien (1976 bis 1983) V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Während des Besuchs von Bundesminister des Auswärtigen Dr. Frank-Walter Steinmeier in Argentinien im Juni 2016 spielten zum wiederholten Male auch die Rolle der westdeutschen Politik und Diplomatie während der Zeit der Militärdiktatur in dem südamerikanischen Land (1976 bis 1983) eine Rolle. Vor allem das Schicksal von schätzungsweise 100 Deutschen oder Deutschstämmigen , die während der Diktatur ermordet wurden, stand dabei im medialen Interesse . Die Rolle des Auswärtigen Amts unter Hans-Dietrich Genscher sowie die Rolle des damaligen Botschafters der Bundesrepublik Deutschland in Buenos Aires, Hans Jörg Kastl, ist in den vergangenen Jahren regelmäßig Teil der Medienberichterstattung gewesen und war auch Thema von parlamentarischen Anfragen. Am 5. Juni 2014 strahlte die ARD den Dokumentarfilm „Das Mädchen – Was geschah mit Elisabeth K.?“ aus (www.deutschlandradiokultur.de/militaerdiktaturargentinien -so-viele-verpasste-chancen.954.de.html?dram:article_id=288348), der sich mit dem Schicksal der im Jahr 1977 im Folterzentrum „El Vesubio“ ermordeten Elisabeth Käsemann befasst. Die Dokumentation konstatierte erneut ein mangelndes Engagement der westdeutschen Regierung für die Befreiung ihrer Bürger, die in Argentinien inhaftiert waren oder sich sogar schon bekanntermaßen in Folterhaft befanden. Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher wird in dem Film sogar eine Mitschuld an dem Tod der jungen Frau gegeben. Trotz der intensiven Beschäftigung von Medien, Menschenrechtsorganisationen , Forschern und Parlamentariern mit dem Thema bleiben Fragen offen. Das betrifft sowohl die Frage der Aktenbestände zur westdeutschen Argentinien-Politik als auch den Umgang der Bundesregierung mit diesem Kapitel der westdeutschen Außenpolitik. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9260 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung setzt sich mit der Frage nach der Rolle von bundesdeutscher Politik und Diplomatie während der Militärdiktatur in Argentinien (1976 bis 1983) kritisch auseinander. Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank- Walter Steinmeier, besuchte während seiner Reise in die Argentinische Republik am 3. Juni 2016 die Gedenkstätte „Parque de la Memoria“, die an die Opfer der Militärdiktatur erinnert. Bundesminister Steinmeier führte dort ein langes und intensives Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern sowie Angehörigen argentinischer und deutschstämmiger Opfer. Er verurteilte die Verbrechen der damaligen Militärregierung, unter der es zu Entführung, Folter, Ermordung oder „Verschwinden “ von bis zu 30 000 Menschen kam. Bundesminister Steinmeier äußerte sich bei dieser Gelegenheit auch kritisch zur Rolle der damaligen Bundesregierung hinsichtlich ihres Einsatzes für deutsche und deutschstämmige Opfer der Militärdiktatur, der „noch intensiver“ hätte sein können. 1. Sind in den Archiven des Bundeskanzleramtes Akten enthalten, die Bezüge auf Geschehnisse während der argentinischen Militärdiktatur aufweisen und zugleich noch von Sperrfristen betroffen sind? In den Registraturen des Bundeskanzleramts sind Aktenbestände mit dem nachgefragten Bezug vorhanden, die von Sperrfristen betroffen sind. a) Wie viele Akten betrifft das (ggf. Schätzwert angeben)? Dies betrifft eine einstellige Zahl an Akten zum Thema der Anfrage. Daneben existieren einzelne Dokumente in verschiedenen anderen Akten. Darüber hinaus gibt es anfragebedingt angefallenes Schriftgut zu diesem Thema. b) Sind Bestände aus den Archiven des Bundeskanzleramtes mit den o. g. Eigenschaften mit besonderen Sperrvermerken versehen und/oder von Geheimhaltungsstufen betroffen, und wenn ja, mit welchen? Es gibt Aktenbestände in den Registraturen des Bundeskanzleramts, die entsprechend den Vorgaben der Verschlusssachen-Anweisung eingestuft sind. 2. Sind in den Archiven des Bundesamtes für Verfassungsschutz Akten enthalten , die Bezüge auf Geschehnisse während der argentinischen Militärdiktatur aufweisen und zugleich noch von Sperrfristen betroffen sind? a) Wie viele Akten betrifft das (ggf. Schätzwert angeben)? b) Sind Bestände aus den Archiven des Bundesamtes für Verfassungsschutz mit den o. g. Eigenschaften mit besonderen Sperrvermerken versehen und/oder von Geheimhaltungsstufen betroffen, und wenn ja, mit welchen? Die Fragen 2a und 2b werden zusammengefasst beantwortet. In den recherchierbaren Altaktenbeständen des Bundesamtes für Verfassungsschutz konnten zu dem angefragten Themenkreis keine Akten festgestellt werden. 3. Sind in den Archiven des Bundesnachrichtendienstes Akten enthalten, die Bezüge auf Geschehnisse während der argentinischen Militärdiktatur aufweisen und zugleich noch von Sperrfristen betroffen sind? Im Archiv des Bundesnachrichtendienstes sind noch Bestände mit andauernden Sperrfristen enthalten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9260 a) Wie viele Akten betrifft das (ggf. Schätzwert angeben)? In den recherchierbaren Altunterlagen des Archivs des Bundesnachrichtendienstes konnten circa 40 Aktenbände festgestellt werden, die Dokumente mit Bezug zum Anfragegegenstand enthalten könnten. b) Sind Bestände aus den Archiven des Bundesnachrichtendienstes mit den o. g. Eigenschaften mit besonderen Sperrvermerken versehen und/oder von Geheimhaltungsstufen betroffen, und wenn ja, mit welchen? Die ermittelten Aktenbände enthalten Verschlusssachen verschiedener Geheimhaltungsstufen bis einschließlich VS-Geheim. Im Bundesarchiv ist weiterhin im Bestand „Bundesnachrichtendienst“ (B 206) eine Aktenserie „Militärische Lage West und übrige Welt“ vorhanden. Es handelt sich dabei um eine Zusammenstellung von Meldungen über relevante Vorgänge im militärischen Bereich aus der westlichen (nicht-kommunistischen) Welt, und damit auch zu südamerikanischen Ländern. Für den Zeitraum von 1976 bis 1983 liegen fünf Akten vor: Meldungen 1976 (Wochen- und Lageberichte; B 206/974 und 979), Meldungen 1982 (Monatsberichte; B206/980) und Meldungen 1983 (Monatsberichte; B 206/981 bis 982). Diese Akten sind jederzeit frei im Benutzersaal des Bundesarchivs in Koblenz einsehbar. 4. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass alle Akten aus den Archiven des Auswärtigen Amts mit Bezug zu Geschehnissen während der argentinischen Militärdiktatur der Öffentlichkeit zugänglich, also nicht mehr von Sperrfristen , Sperrvermerken oder Geheimhaltungseinstufungen betroffen sind? Wenn nein, wie viele Akten sind nicht zugänglich – ggf. Schätzwert angeben –, und weshalb nicht? Alle Akten sind offen und zugänglich bis auf drei Vorgänge, die als Verschlusssachen eingestuft sind, um grundlegende Interessen der Bundesrepublik Deutschland zu schützen. 5. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass Akten mit Bezug zu Geschehnissen während der argentinischen Militärdiktatur in Privatarchive ehemaliger Bundespolitiker und/oder Mitarbeiter von Bundesbehörden verbracht worden sind, darunter vor allem bei Bundeskanzler Helmut Schmidt, Außenminister Hans-Dietrich Genscher sowie Gerhard Wessel, Klaus Kinkel und Eberhard Blum? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 6. Existieren effektive Regelungen, die verhindern, dass Akten aus Bundesbeständen von Bundespolitikern und/oder Mitarbeitern von Bundesbehörden zum Ende ihrer Amtszeit dem öffentlichen Zugriff entzogen werden? Wenn nein, wie gedenkt die Bundesregierung dies zu gewährleisten? 2 Die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) regelt in § 12 (2), dass Stand und Entwicklung der Vorgangsbearbeitung jederzeit (im Rahmen der Aufbewahrungsfristen) aus den elektronischen oder in Papierform geführten Akten nachvollziehbar sein muss. Einzelheiten der Dokumenten- und Aktenverwaltung regelt die Registraturrichtlinie (RegR). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9260 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Das Bundesarchivgesetz (BArchG) wiederum bestimmt in § 2 Absatz 1, dass die Stellen des Bundes alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Bundesarchiv anzubieten und, wenn es sich um Unterlagen von bleibendem Wert handelt, als Archivgut des Bundes zu übergeben haben. §2 Absatz 1 BArchG begründet insoweit eine Anbietungspflicht aller Stellen des Bundes gegenüber dem Bundesarchiv (ohne feste Fristen), aber keine Sanktionsmöglichkeit im Falle der Nichtbefolgung. 7. Sind Akten aus Bundesbeständen mit Bezug zu Geschehnissen während der argentinischen Militärdiktatur vernichtet worden? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass Akten aus Bundesbeständen mit dem genannten Bezug vernichtet worden sind. 8. Welche Waffenexporte sind nach Argentinien zwischen 1976 und 1983 genehmigt und durchgeführt worden? Wo sind die dazugehörigen Akten archiviert? Die Aufbewahrungsfristen für Antragsakten der Exportkontrolle enden regelmäßig zehn Jahre nach der Bescheidung. Im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle stehen die angefragten Akten deshalb nicht mehr zur Verfügung. Im Bundesarchiv befinden sich im Bestand 102 „Bundesministerium für Wirtschaft “ sowie im Bestand B 103 „Bundesamt für Wirtschaft“ zahlreiche Akten, die sich mit Themen zur Ausfuhr unterschiedlichster Materialien und Rohstoffe befassen. Alle Akten im Bundesarchiv sind nach den Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes von jedermann benutzbar. Die Akten können, sofern sie bereits älter als 30 Jahre, nicht Verschlusssache sind und keinen anderen benutzungshemmenden Bestimmungen unterliegen (Betriebs- und Geschäftsgeheimnis), recherchiert werden. Im Bestand B 103 „Bundesamt für Wirtschaft“ liegen 797 Vorgänge zum Thema Waffenexporte vor, wobei Unterlagen speziell zu Argentinien aus den Aktentiteln nicht ermittelbar sind. Im Bestand 102 „Bundesministerium für Wirtschaft“ liegen diverse Akten zur Ausfuhr von Kriegswaffen und nuklearem Material nach Argentinien vor, Akteneinsicht gibt Aufschluss über die argentinischen Ausfuhrwünsche und inwieweit diese Rüstungsgüter oder Kriegsgerät umfassen und ob die Ausfuhren tatsächlich zustande kamen. 9. War der Bundesnachrichtendienst in der Zeit von 1976 bis 1983 in der westdeutschen Botschaft in Argentinien vertreten? 10. Hat der Bundesnachrichtendienst in der Zeit von 1976 bis 1983 Kontakte zu argentinischen Behörden unterhalten? Sind diese Kontakte dokumentiert, und wenn ja, wo sind die entsprechenden Aktenvorgänge archiviert? Die Fragen 9 und 10 werden zusammen beantwortet. Die Beantwortung kann aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen. Zur Begründung: Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen der Nachrichtendienste des Bundes sind im Hinblick auf die künftige Erfüllung des gesetzlichen Auftrags aus Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9260 § 1 Absatz 2 BNDG besonders schutzwürdig. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten führte zu einer wesentlichen Schwächung der dem Bundesnachrichtendienst zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung. Dies hätte für die Auftragserfüllung des Bundesnachrichtendienstes erhebliche Nachteile zur Folge. Sie kann für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein. Deshalb sind die entsprechenden Informationen als Verschlusssache gemäß der Verschlusssachen-Anweisung mit dem VS-Grad „VS – Vertraulich “ eingestuft und in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt . 11. Ist der Bundesregierung bekannt, dass der US-Präsident Barack Obama bei seinem letzten Staatsbesuch in Argentinien die Freigabe von US-Akten angekündigt hat, die bisher nicht der Öffentlichkeit zugängig waren und dass auch Papst Franziskus die Vatikan-Akten mit Bezug auf die Diktatur freigegeben hat (https://amerika21.de/2016/03/148040/us-dokumente-diktatur-argentin sowie www.elmundo.es/internacional/2016/03/24/56f44c65e2704e3c788b45a7. html)? Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus dieser Informationspolitik des US-Präsidenten und des Papstes? Die Bundesregierung hat davon Kenntnis, dass die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika am 17. März 2016 die Freigabe von Akten der Nachrichtenund Sicherheitsdienste sowie des Verteidigungsministeriums aus der Zeit der Militärdiktatur angekündigt hat, und dass der Vatikan am 19. März 2016 erklärt hat, ebenfalls Akten seiner Archive aus der betreffenden Zeit zur Verfügung zu stellen . Über den Umgang mit in Bundesbesitz befindlichen Akten entscheidet die Bundesregierung unabhängig und nach Maßgabe der in den Antworten zu den Fragen 6, 9 und 10 genannten Kriterien und Vorgaben. Dementsprechend wurde bereits ein Großteil der den Anfragegegenstand betreffende Akten für die Öffentlichkeit freigegeben. 12. Ist der Bundesregierung bekannt, dass sich die argentinische Regierung – sowohl unter der ehemaligen Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner sowie unter dem aktuellen Präsidenten Mauricio Macri – wiederholt für die Offenlegung von Akten im In- und Ausland mit Bezug auf die Militärdiktatur im Land eingesetzt hat (u. a. www.hispantv.ir/noticias/argentina/218441/macriobama -desclasificar-dictadura-argentina und www.latercera.com/contenido/ 678_215257_9.shtml)? Waren diese Forderungen Gegenstand bilateraler Gespräche zwischen Deutschland und Argentinien, und wenn ja, mit welchem Ergebnis? Der Bundesregierung sind keine Bestrebungen einer argentinischen Regierung bekannt, die Akten mit Bezug auf die Militärdiktatur in Argentinien offen zu legen . Eine solche Forderung wurde weder an die Bundesregierung herangetragen noch war sie Gegenstand bilateraler Gespräche zwischen der Argentinischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9260 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 13. Weshalb hat die Bundesregierung von einer vollständigen Offenlegung aller Akten mit inhaltlichem Bezug auf die argentinische Militärdiktatur bislang abgesehen und stattdessen Zugang nur im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen gewährt? Wie wollen die Bundesregierung und das Auswärtige Amt das Verhalten deutscher Politiker und Diplomaten während der argentinischen Militärdiktatur in der Ausbildung von Diplomaten konkret thematisieren, und welche Handlungen sollen dabei zur Sprache kommen (www.deutschlandfunk.de/ steinmeier-in-argentinien-gedenken-und-selbstkritik.1773.de.html?dram:article_ id=356143)? Die Bundesregierung hält sich an Recht und Gesetze. Dementsprechend wurden viele den Anfragegegenstand betreffende Akten bereits für die Öffentlichkeit freigegeben , während bestimmte Akten zur Wahrung grundlegender Interessen der Bundesrepublik Deutschland unter Verschluss bleiben müssen. Der Umgang mit herausfordernden politischen Situationen, wie sie sich für die deutsche Diplomatie und die in diesem Rahmen agierenden Personen nicht zuletzt während der 1970er Jahre in und gegenüber repressiven Regimen in Südamerika ergeben haben, werden bereits in der Ausbildung der Anwärterinnen und Anwärter aller Laufbahnen thematisiert. Kürzlich fand an der Akademie Auswärtiger Dienst eine Diskussionsveranstaltung mit internen und externen Experten sowie Zeitzeugen zum Thema „Lehren der Fallstudie Colonia Dignidad – Verantwortungs - und Führungskompetenz in Konfliktfällen“ statt. Derartige Veranstaltungen ergänzen die Vorlesungen des Geschichtskurses und Seminare über Personalführung sowie Organisationskunde während der Ausbildung. Die Akademie plant, im kommenden Jahr dieses Thema auch anhand der Vorgänge während der argentinischen Militärdiktatur zu erörtern. 14. Sieht die Bundesregierung ein Fehlverhalten von Hans Jörg Kastl, dem Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Buenos Aires in der Zeit der Militärdiktatur, durch das Bundesbürger in Argentinien gefährdet bzw. nicht vor Folter, Haft und Ermordung geschützt wurden? 15. Sieht die Bundesregierung ein Fehlverhalten von Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher und/oder anderen Vertretern des Auswärtigen Amts, durch das Bundesbürger in Argentinien gefährdet bzw. nicht vor Folter, Haft und Ermordung geschützt wurden? 16. Sieht die Bundesregierung ein Fehlverhalten von weiteren Bundesbehörden, vor allem dem Bundesnachrichtendienst und Bundeskanzleramt, in der Zeit der Militärdiktatur, durch das Bundesbürger in Argentinien gefährdet bzw. nicht vor Folter, Haft und Ermordung geschützt wurden? Die Fragen 14 bis 16 werden zusammengefasst beantwortet. Wenngleich eine Bewertung der Handlungen vorangegangener Bundesregierungen in erster Linie Aufgabe von Historikern ist, stellt sich die Bundesregierung der politischen Frage nach der Rolle bundesdeutscher Diplomaten und Politiker in und gegenüber Argentinien von 1976 bis 1983. Gefährdet wurden Bundesbürger genau wie argentinische Bürger und Bürger anderer Staaten, die sich zu jener Zeit in Argentinien aufhielten, durch die Verbrechen der damaligen argentinischen Militärregierung. Bundesminister Steinmeier gedachte am 3. Juni 2016 der bis zu 30 000 Opfer der letzten argentinischen Militärdiktatur und verurteilte vorbehaltlos die damals begangenen Verbrechen. Er bekannte, dass deutschen oder Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/9260 deutschstämmigen Personen, die von 1976 bis 1983 in Argentinien durch die Militärregierung bedroht waren, noch intensiver hätte geholfen werden können. Diese Äußerung entspricht der Einschätzung der Bundesregierung. 17. Erwägt die Bundesregierung – abgesehen von der Errichtung eines Gedenksteines vor der deutschen Botschaft in Buenos Aires – sich bei den Opfern und/oder Familien deutscher Opfern der Militärdiktatur in Argentinien zu entschuldigen, weil ihnen über die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland keine hinreichende Hilfe zugekommen ist? Neben der Errichtung eines Gedenksteines hat sich die Bundesregierung als erste europäische Regierung als Nebenklägerin in einem Prozess vor argentinischen Gerichten engagiert, in dem Mitarbeiter des Folterzentrums „El Vesubio“ schuldig gesprochen worden sind. Bei seinem Besuch der Gedenkstätte „Parque de la Memoria“ sprach Bundesminister Steinmeier den Opfern und Hinterbliebenen der Opfer der Militärdiktatur – unter ihnen auch deutsche und deutschstämmige Personen – seine tiefe Anteilnahme aus und räumte ein, dass die damalige Bundesregierung sich noch intensiver für den Schutz der letztgenannten Personen hätte einsetzen können. 18. Hat das Auswärtige Amt vor, die Argentinien-Politik der Bundesrepublik Deutschland während der Zeit der Militärdiktatur von einer Historikerkommission und/oder einer anderen unabhängigen Kommission untersuchen zu lassen, oder für eine solche Untersuchung Mittel zur Verfügung zu stellen? Die den angesprochenen Zeitraum betreffenden Akten sind im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen für die Öffentlichkeit einsehbar. Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. Sie stehen damit auch der unabhängigen historischen Forschung zur Verfügung und werden von ihr entsprechend genutzt. Damit wird auch Wissenschaftlern und Historikern die Möglichkeit gegeben, das Handeln der Bundesregierung und ihrer einzelnen Vertreter unabhängig zu bewerten. 19. Schließt sich das Auswärtige Amt der Meinung der ehemaligen Bundesministerin der Justiz Herta Däubler-Gmelin an, die dem Auswärtigen Amt, vor allem in Bezug auf den Foltermord an der Deutschen Elisabeth Käsemann, eine zur damaligen Zeit „uninteressierte und kaltherzige Haltung“ bescheinigt und resümierend feststellt, dass „unsere Regierung (Käsemann) schmählich im Stich gelassen (hat), als die argentinischen Henker die unschuldige junge Frau folterten und ermordeten“ (www.welt.de/politik/deutschland/ article128745445/Warum-rettete-Genscher-deutsche-Studentin-nicht.html)? Auf die Antwort zu Frage 14 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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