Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 19. Juli 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9261 18. Wahlperiode 21.07.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan Korte, Annette Groth, Dr. André Hahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/8967 – Aktueller Stand und Pläne der Bundesregierung zur Aufarbeitung der Verbrechen der deutschen Sektensiedlung Colonia Dignidad in Chile V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die im Jahr 1961 gegründete deutsche Sektensiedlung Colonia Dignidad (CD) in Chile war jahrzehntelang Ort schwerster Menschenrechtsverletzungen. Hunderte Gegner der Pinochet-Diktatur (1973 bis 1990) verschwanden dort, wurden gefoltert und ermordet. Deutsche und chilenische Kinder wurden systematisch jahrzehntelang sexuell missbraucht. Auch viele Bewohner der Siedlung wurden Opfer schwerer Misshandlungen. Unter anderem durch den im Jahr 2016 angelaufenen Kinofilm „Colonia Dignidad “ von Florian Gallenberger hat die öffentliche Beschäftigung mit diesem dunklen Kapitel der Pinochet-Diktatur in Chile, aber auch mit der nicht immer rühmlichen Rolle der deutschen Außenpolitik und ihrer Institutionen, wieder zugenommen. Denn obwohl es bereits seit dem Jahr 1967, als ein erster Bewohner der damals noch jungen Siedlung aus ihr entkam und der deutschen Botschaft von den Menschenrechtsverbrechen Bericht erstattete, Hinweise auf die Verbrechen gab, ist dieses Kapitel bisher alles andere als aufgearbeitet. Insbesondere den chilenischen Opfern der CD wurde in den Maßnahmen und der Wahrnehmung in Deutschland bisher wenig Rechnung getragen. Schon in der Bundestagsdebatte vom 15. November 2001 über den fraktionsübergreifenden Antrag „Hilfe für die Opfer der Colonia Dignidad“ (Bundestagsdrucksache 14/7444) erklärten alle Fraktionen (einschließlich der Fraktion der CDU/CSU, die den Tenor des Antrags ablehnte und sich enthielt), „die Notwendigkeit , dieses gemeinsame dunkle Kapitel deutsch-chilenischer Vergangenheit intensiv aufzuarbeiten und schnellstmöglich darauf hinzuwirken, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden und den Opfern möglichst bald eine Schadensgutmachung zukommt“ (Abgeordneter Klaus-Jürgen Hedrich, CDU). Am 16. Mai 2002 verabschiedete der Deutsche Bundestag einstimmig bei Enthaltung der Fraktion der CDU/CSU den Antrag zu Hilfsmaßnahmen für die Opfer der CD, in dem das große Leid der Koloniebewohner anerkannt und angekündigt wird, dass der Deutsche Bundestag alles in seiner Macht Stehende tun werde, „damit die fortwährenden schwerwiegenden Menschenrechtsverstöße Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9261 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode innerhalb der Colonia Dignidad wirksam abgestellt werden“. In dem Antrag wurde die Bundesregierung aufgefordert, sich für die Einrichtung einer Arbeitsgruppe in Chile mit deutscher Beteiligung einzusetzen, die ein Strategiepapier zur Lösung des Problems der CD erstellen sollte. Zu den geforderten Maßnahmen gehörten außerdem u. a. eine psychologische Betreuung der Koloniebewohner , die sich aus der Abhängigkeit von der kriminellen Führungsgruppe der CD lösen, und die Schaffung eines Fonds für Hilfsmaßnahmen für Koloniebewohner . Ferner sah der Beschluss vor, dass deutsche Experten die chilenischen Behörden und Justiz bei der Aufklärung des CD-Komplexes unterstützen sollten und die Bundesregierung einen entsprechenden Bericht an den Deutschen Bundestag nach zwölf Monaten vorlegen solle, der von dieser in der Antwort auf die Kleine Anfrage „Hilfsmaßnahmen für die Opfer der Colonia Dignidad“ (Bundestagsdrucksache 14/9818) der Fraktion der PDS für Mai 2003 angekündigt wurde. Doch weder der Bericht noch die anderen Forderungen des Deutschen Bundestages an die Bundesregierung wurden in der Folge umgesetzt. Zwar wurden ab ca. dem Jahr 2005 sogenannte Maßnahmen zur Integration der Bewohner der Villa Baviera in die chilenische Gesellschaft durch das Auswärtige Amt finanziert , aber bis heute konnten keine eindeutigen Effekte dieser Projekte vorgelegt werden. Im Jahr 2011 wurde Hartmut Hopp, die „rechte Hand“ Paul Schäfers, des Gründers und Führers der CD, in Chile wegen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Minderjährigen zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, der er sich durch Flucht nach Deutschland entzog, wo ihn seine deutsche Staatsangehörigkeit vor Auslieferung schützt. Am 7. Juni 2016 hat die zuständige Staatsanwaltschaft Krefeld nach jahrelanger Prüfung beim Landgericht beantragt, die gegen Hartmut Hopp in Chile verhängte Freiheitsstrafe in Deutschland zu vollstrecken. Wenn das Landgericht Krefeld dem Antrag nachkommt, muss die Bundesregierung eine Vollstreckung bewilligen. Am 25. Januar 2013 verurteilte der Oberste Gerichtshof Chiles eine Reihe von Mitgliedern der CD, darunter Hartmut Hopp, letztinstanzlich zu Haftstrafen aufgrund ihrer Beteiligung am systematischen sexuellem Missbrauch von chilenischen Kindern in der CD. Den Opfern wurden Entschädigungszahlungen zugesprochen , zu denen sich die CD/Villa Baviera (VB), bzw. ihre Firmen in einer Abmachung mit dem chilenischen Staatsverteidigungsrat (CDE) im Jahr 2009 verpflichtet hat. Diese Entschädigungszahlungen wurden bis heute nicht beglichen . Bundesminister des Auswärtigen Dr. Frank-Walter Steinmeier hat am 26. April 2016 in einer Ansprache vor 400 Gästen im Auswärtigen Amt erstmals deutliche Worte zum Regime der CD gefunden und dabei auch die Unterstützung durch die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland offen kritisiert. „Der Umgang mit der Colonia Dignidad ist kein Ruhmesblatt, auch nicht in der Geschichte des Auswärtigen Amtes,“ so Dr. Frank-Walter Steinmeier. Bis in die achtziger Jahre hätten deutsche Diplomaten „bestenfalls weggeschaut“. Als Sektenchef Paul Schäfer im Jahr 2005 festgenommen wurde und sein Regime zerfiel, habe „das Amt die notwendige Entschlossenheit und Transparenz vermissen lassen, seine Verantwortung zu identifizieren und daraus Lehren zu ziehen .“ Der Bundesaußenminister ordnete eine teilweise Öffnung der Archive zur Rolle der westdeutschen Diplomatie bei den Verbrechen in der CD in Chile an. Normalerweise betrage die Sperrfrist für Dokumente 30 Jahre, sagte Dr. Frank- Walter Steinmeier. Er habe unter dem Eindruck der aktuellen Debatte aber entschieden , diese Frist um zehn Jahre zu verkürzen. So sind nun auch Dokumente aus dem politischen Archiv des Auswärtigen Amts bis Mitte der 90er-Jahre einsehbar , zuvor waren alle Akten ab dem Jahr 1986 bis heute gesperrt. „Damit machen wir die Akten der Jahre 1986 bis 1996 für Wissenschaftler und Medien zugänglich,“ so der Bundesaußenminister. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9261 Trotz der Kehrtwende in der Politik des Auswärtigen Amts gegenüber den Verbrechen der CD bleiben etliche Fragen offen. 1. Warum wurde nach Kenntnis der Bundesregierung der Bundestagsbeschluss vom 16. Mai 2002 in der Folge nicht umgesetzt? Die Bundesregierung hat zahlreiche Maßnahmen zur Umsetzung des Beschlusses des Deutschen Bundestags vom 16. Mai 2002 ergriffen: a. Die Colonia Dignidad war immer wieder Thema politischer Gespräche auf höchster Ebene. Zum Beispiel hat der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, bei seinem Chile-Besuch 2006 mit Staatspräsidentin Bachelet über die Colonia Dignidad gesprochen. Als konkretes Ergebnis dieses Gesprächs wurden seitens der Bundesregierung Hilfsmaßnahmen für die Bewohner der Colonia eingeleitet. b. Die Bundesregierung hat Maßnahmen zur Öffnung der Gemeinschaft und Integration der Mitglieder der Colonia Dignidad in die chilenische Gesellschaft auf den Weg gebracht. Dazu zählen etwa Maßnahmen der Krisenintervention, psychotherapeutisch-seelsorgerische Betreuung, pädagogisch-konzeptionelle Beratung der lokalen Schule und Förderung der Transparenz in der Buchführung der Unternehmen. Es wurden Fortschritte erzielt bei der Öffnung der Gemeinschaft und der Integration der Mitglieder der Colonia Dignidad in die chilenische Gesellschaft. Viele der früheren und heutigen Bewohner der Villa Baviera, vor allem die Angehörigen der jüngeren Generation, sind inzwischen in der Lage, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und haben sich in die chilenische Gesellschaft integriert. Bei der relativ großen Gruppe der älteren Bewohner , die nahezu ihr gesamtes Leben unter dem extremen Zwangsregime der Colonia Dignidad verbracht haben, konnten diese Ziele jedoch nur ansatzweise erreicht werden. c. Die Bundesregierung arbeitet seit Ende der 1990er Jahren eng mit der chilenischen Regierung im Bereich der Rechtspolitik zusammen. Unter anderem wurde über die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) die Implementierung einer Reform des Strafverfahrensrechts unterstützt. d. Etwa die Hälfte der Bewohner hat die Villa Baviera (nach Umbenennung der Colonia Dignidad) verlassen, ein größerer Teil von ihnen lebt inzwischen wieder in Deutschland oder an anderen Orten in Chile. Gerade die ältesten Bewohner lehnen eine Umsiedlung ab. 2. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Sachstand in Bezug auf den Gesamtkomplex der CD? Die Colonia Dignidad war von 1961 bis 1996 eine freikirchliche Sekte in Chile um den Anführer Paul Schäfer. Er etablierte ein System von Denunziation, Züchtigung und Zwangsarbeit. Kinder wurden von ihren Familien getrennt aufgezogen und sexuell missbraucht, Eheschließung stand unter dem Vorbehalt seiner Erlaubnis . Widerstand von Mitgliedern hatte Folter, wie schwere Körperverletzungen, Elektroschocks und Medikamentenmissbrauch zur Folge. Paul Schäfer und die ihm nachgeordnete, privilegierte Führungsriege kollaborierte mit der Pinochet- Diktatur. Das Führungsmitglied Gerhard Mücke berichtete 2006 einem chilenischen Untersuchungsrichter, dass zur Zeit der Militärdiktatur chilenische Dissidenten auf dem abgeschotteten Gelände gefoltert und ermordet wurden. Auf Befehl von Paul Schäfer seien etwa 20 Leichen chilenischer Staatsangehöriger auf dem Gelände der Colonia Dignidad vergraben worden. 1978 seien die Leichname Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9261 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ausgegraben, verbrannt und in einen angrenzenden Fluss geworfen worden. Obwohl Berichte der Vereinten Nationen (ab 1976) und von Amnesty International (1977) die Existenz von Folterstätten in der Colonia Dignidad belegten, stellte sich die deutsche Regierung zunächst schützend vor die Colonia Dignidad. Erst ab 1987 ging das Auswärtige Amt Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen nach. Das Gelände der Colonia Dignidad wurde Ende der 1980er Jahre umbenannt in Villa Baviera, wo heute mit begrenztem wirtschaftlichem Erfolg mehrere landwirtschaftliche Unternehmen einschließlich Lebensmittelproduktion sowie ein Restaurant und ein Hotel betrieben werden. Es leben dort noch etwa 140 Personen , die meisten von ihnen altersbedingt krank und pflegebedürftig. Die Betriebe beschäftigen mehrheitlich etwa 100 Personen aus den umliegenden Ortschaften. Bei einem Besuch in Chile 2006 kamen Bundesaußenminister Steinmeier und die chilenische Staatspräsidentin Bachelet überein, dass sich Deutschland um die Integration der Bewohner von Villa Baviera in die chilenische Gesellschaft kümmern und Chile die strafrechtliche Aufarbeitung der dortigen Vorfälle vorantreiben solle. Ziel der von deutscher Seite geförderten und unter der Antwort zu Frage 1 beschriebenen Maßnahmen war, den nach Chiles Rückkehr zur Demokratie und der Flucht von Paul Schäfer begonnenen Prozess der Öffnung und Integration der Villa Baviera in die chilenische Gesellschaft zu fördern, um einen Rückfall in sektenähnliche, gewaltgeprägte Strukturen zu verhindern und die Lebensqualität der Opfer zu verbessern. Es bestand Konsens, zeitlich befristete Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, um die Bewohner nicht in neue Abhängigkeit und Bevormundung zu führen. Mittel in Höhe von insgesamt einer Million Euro verteilt auf vier Jahre (2008 bis 2011) wurden für drei Felder (psychotherapeutische und seelsorgerische Betreuungsmaßnahmen sowie Sozialfürsorge, Bildungsprojekte und Betriebsberatung) eingesetzt . 2014 lief die Projektförderung aus. Restmittel wurden für ein Bilanz-Seminar verwendet, das in Zusammenarbeit mit der Gedenk- und Bildungsstätte „Haus der Wannseekonferenz“ Ende 2014 in Chile durchgeführt wurde. Aufgrund des großen Erfolgs dieses Seminars, das erstmals einen Dialog einzelner Bewohner der Villa Baviera mit Folteropfern der Pinochet-Diktatur und Vertreter von Menschenrechtsinstitutionen wie dem Museo de la Memoria in Santiago zustande brachte, wurde ein zweites, ebenfalls vom Auswärtigen Amt gefördertes Seminar im Februar 2016 in Berlin durchgeführt, an dem zusätzlich Vertreter der chilenischen Regierung teilnahmen. Bundesminister Steinmeier hat sich am 26. April 2016 in einer öffentlichen Veranstaltung zur moralischen Verantwortung der Bundesregierung und größerer Transparenz bekannt: Die Schutzfrist der archivierten Akten des Auswärtigen Amts wurde um zehn Jahre verkürzt. Der Fall der „Colonia Dignidad“ wird in der Aus- und Fortbildung des Auswärtigen Amts thematisiert. Es werden psycho-soziale Maßnahmen für die Opfer gefördert. Die Fortsetzung des Dialogprozesses zwischen allen Beteiligten (deutsche und chilenische Bewohner der Colonia Dignidad, chilenische Pinochet-Folteropfer , Angehörige von Verschwundenen und Vertreter der chilenischen Regierung ), der vom Auswärtigen Amt initiiert wurde, wird weiter gefördert und aktiv begleitet. Die nächste Veranstaltung soll noch in 2016 stattfinden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9261 Der Lateinamerikabeauftragte ist Ende Juni 2016 nach Chile gereist und hat mit heutigen und früheren Bewohnern der Villa Baviera, mit Vertretern der Opferverbände und mit Vertretern der chilenischen Regierung Gespräche geführt . 3. Wie viele der ehemaligen Mitglieder der CD leben heute noch a) in der CD/VB, b) außerhalb der CD/VB in Chile und c) in der Bundesrepublik Deutschland? In der Villa Baviera leben heute noch etwa 140 Personen der ehemaligen Colonia Dignidad; exakte Informationen, wie viele ehemalige Mitglieder der Colonia Dignidad außerhalb der Kolonie in Chile oder in der Bundesrepublik leben, liegen der Bundesregierung nicht vor (vergleiche Antwort zu Frage 1d). 4. Befinden sich unter den heutigen Bewohnern der CD/VB auch Mitglieder der ehemaligen Führungsriege um Paul Schäfer und verurteilte Täter? Wenn ja, um wen handelt es sich dabei, und welche Funktionen haben diese heute innerhalb der VB? Paul Schäfer und die Mitglieder seiner Führungsriege wurden vom obersten Gerichtshof Chiles zu teilweise langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Soweit sie nicht verstorben sind, befinden sie sich noch immer in Haft. Da in Chile keine Meldepflicht besteht, verfügt die Bundesregierung nur punktuell über Erkenntnisse zum Aufenthalt der Personen, die zu Bewährungsstrafen verurteilt oder freigesprochen wurden. 5. Wie viele der derzeitigen bzw. ehemaligen Bewohner besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft, wie viele besitzen die chilenische, und wie viele sind Doppelstaatler? Von den etwa 140 in Villa Baviera lebenden Personen sind ungefähr 60 Doppelstaater ; gemäß einer vorliegenden Altersstatistik sind diese Personen unter 50 Jahre alt und haben die chilenische Staatsangehörigkeit mindestens durch Geburt in Chile (ius soli) erworben. Die weiteren etwa 80 Personen in Villa Baviera sind überwiegend deutsche Staatsangehörige, ob und gegebenenfalls wieviele von ihnen auch die chilenische Staatsangehörigkeit haben, ist der Bundesregierung nicht bekannt. 6. Welchen Beitrag leistet die Bundesregierung zur Aufarbeitung der in der CD von Deutschen an Deutschen und Chilenen begangenen schweren Menschenrechtsverletzungen , und welchen konkreten Beitrag plant sie in Zukunft zu leisten, um gemeinsam mit der chilenischen Regierung die Aufarbeitung der Verbrechen der CD voranzubringen? 7. Findet bei der Aufarbeitung der von der CD begangenen Menschenrechtsverletzungen eine Zusammenarbeit mit der chilenischen Regierung statt, und falls ja, wie sieht diese Zusammenarbeit aus? Die Fragen 6 und 7 werden zusammengefasst beantwortet. Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9261 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Wird die Bundesregierung eine Person im Auswärtigen Amt ernennen, die beauftragt wird, zukünftig diese Maßnahmen mit der chilenischen Seite abzustimmen ? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht? Innerhalb der Bundesregierung ist der Lateinamerikabeauftragte des Auswärtigen Amts auch zuständig für Fragen, die die Colonia Dignidad betreffen. 9. Welche Personen bzw. Gruppen betrachtet die Bundesregierung als Opfer der CD (bitte begründen)? 10. Welche der derzeitigen und ehemaligen Bewohner(-gruppen) der CD/VB betrachtet die Bundesregierung als Opfer? Anhand von welchen Kriterien wird zwischen Tätern und Opfern unterschieden ? Die Fragen 9 und 10 werden zusammengefasst beantwortet. Aus Sicht der Bundesregierung sind alle früheren und heutigen Bewohner der Colonia Dignidad beziehungsweise der Villa Baviera, die von Paul Schäfer und der ihm nachgeordneten, privilegierten Führungsriege psychisch, physisch und/oder sexuell missbraucht wurden, als Opfer der Colonia Dignidad anzusehen. Selbst spätere Mitglieder dieser Führungsriege wie Hartmut Hopp sollen als Kind von Paul Schäfer sexuell missbraucht worden sein. Viele, wenn nicht die meisten ehemaligen Bewohner der Colonia Dignidad sind daher in unterschiedlichen Abstufungen sowohl als Täter wie auch als Opfer anzusehen. Darüber hinaus wurden auch Gegner des Pinochet-Regimes auf dem Gelände der Colonia Dignidad vom chilenischen Geheimdienst DINA oder in seinem Auftrag festgehalten, gefoltert und getötet. 11. Plant die Bundesregierung, sich bei den Opfern bzw. den verschiedenen Opfergruppen zu entschuldigen? Wenn ja, wann soll dies in welcher Form geschehen? Wenn nein, warum nicht? Bundesaußenminister Steinmeier hat sich am 26. April 2016 in einer Rede zur der Verantwortung des Auswärtigen Amts bekannt und erklärt, dass deutsche Diplomaten viel zu lange weggeschaut und zu wenig getan hätten für den Schutz ihrer Landsleute in der Colonia Dignidad. Er hat kritisch anerkannt, dass das Auswärtige Amt die notwendige Entschlossenheit und Transparenz hat vermissen lassen und moniert, dass das Auswärtige Amt früher hätte versuchen können, durch diplomatischen Druck die Spielräume der Colonia-Führung zu verengen und juristische Schritte zu erzwingen. In ähnlicher Weise hat sich Bundespräsident Gauck am 12. Juli 2016 bei seinem Staatsbesuch in Chile geäußert. Die Offenheit und das Bekenntnis zu Transparenz und Aufarbeitung der Geschehnisse fand ausdrücklich Anerkennung bei früheren Bewohnern und Opfern der Colonia Dignidad . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/9261 12. Welche Unterstützungsmaßnahmen wird die Bundesregierung konkret für die Opfer der CD ergreifen, und werden diese Hilfen allen Opfergruppen zugutekommen? Es wird auch auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Diese Unterstützungsmaßnahmen kommen allen früheren und heutigen Bewohnern der Colonia Dignidad beziehungsweise der Villa Baviera, die von Paul Schäfer und der ihm nachgeordneten, privilegierten Führungsriege psychisch, physisch und/oder sexuell missbraucht wurden, zugute. 13. Wie steht die Bundesregierung zu der Forderung ehemaliger oder jetziger Bewohner der CD, eine Anerkennung von unterlassenen Beitragszeiten durch die Rentenversicherungsträger vorzunehmen, da die Leitung der CD jahrzehntelang für ihre Mitglieder, die harte Arbeit leisten mussten, keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt hat? In die deutsche Sozialversicherung sind grundsätzlich nur die Personen einbezogen , die im Bundesgebiet beschäftigt oder selbständig tätig sind oder, sofern die Vorschriften zur Versicherungspflicht oder Versicherungsberechtigung eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht voraussetzen, hier ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Ein Bezug zur deutschen Rentenversicherung ist daher nicht erkennbar. 14. Wie bewertet die Bundesregierung aus heutiger Sicht die finanzielle Unterstützung der Firmen der ehemaligen CD durch Mittel des Auswärtigen Amts, und wie gestaltete diese sich im Detail (bitte entsprechend nach Jahr, Höhe und Zweck der Zuwendung sowie Haushaltstitel angeben)? Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat in den Jahren 2009, 2010, 2011 und 2012 im Auftrag des Auswärtigen Amtes als Durchführungsorganisation der Bundesregierung Ausbildungs- und Beratungsaktivitäten für einzelne Betriebe in der Villa Baviera zur Schaffung von Einkommensmöglichkeiten für ihre Bewohnerinnen und Bewohner geleistet. Der Titel des Vorhabens lautete: „Maßnahmen zur Integration der Villa Baviera in die chilenische Gesellschaft“. Die Betriebe erfuhren keine finanzielle Unterstützung. 15. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung, die nach der Festnahme von Paul Schäfer im Jahr 2005 jahrelang Firmen der CD/VB (teilweise über die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH/Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GmbH) unterstützt hat, aus dieser Zeit über das Vermögen der CD/VB und seine Zusammensetzung? Handelt es sich aus Sicht der Bundesregierung um rechtmäßig erworbenes Vermögen? Die Vermögenssituation der Colonia Dignidad beziehungsweise Villa Baviera war für die von der GIZ durchgeführten Ausbildungs- und Beratungsmaßnahmen nicht relevant. Die Bundesregierung verfügt über keine Erkenntnisse hierzu. 16. Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse, dass die CD/VB bzw. einzelne ihrer Mitglieder oder Unterstützer Vermögenswerte ins Ausland transferiert haben? Falls ja, um welche Erkenntnisse handelt es sich? Nein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9261 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17. Kennt die Bundesregierung die Gründe für das Ausbleiben der, im Zuge der im Jahr 2013 erfolgten Verurteilung einer Reihe von Mitgliedern der CD durch den Obersten Gerichtshof Chiles, gerichtlich festgelegten Entschädigungszahlungen , und wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die CD/VB diese und künftige gerichtlich festgelegte Entschädigungszahlungen begleicht? Der Bundesregierung sind Gründe für das Ausbleiben der Entschädigungszahlungen nicht bekannt. Die Durchsetzung dieser Entschädigungsansprüche richtet sich nach dem chilenischen (Zwangs-)Vollstreckungsrecht. Auf diese Verfahren hat die Bundesregierung keine Einflussmöglichkeit. 18. Hat das Auswärtige Amt einen Überblick über das Ausmaß der noch nicht von Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier freigegebenen Akten zum Thema? Das Auswärtige Amt hat die Sperrfrist für die Colonia Dignidad betreffende Akten unter Wahrung der Rechte betroffener Personen um zehn Jahre verkürzt. Damit können alle aktenkundigen Vorgänge mit Bezug zur Colonia Dignidad bis zum Zeitpunkt der Flucht Paul Schäfers nachvollzogen werden. Die Akten wurden bereits von mehreren in- und ausländischen Medienvertretern eingesehen. Auch einzelne Betroffene, vor allem Opfer der Colonia Dignidad und ihre Vertreter , haben von ihrem Recht auf Einsichtnahme in sie betreffende Akten bereits Gebrauch gemacht. Besondere Schutzmaßnahmen bezüglich der Verwertung wurden getroffen für in den Akten befindliche Dokumente chilenischer und anderweitig fremder Provenienz. Eine weitere Verkürzung der Sperrfrist ist nicht geplant. a) Wie viele Akten von 1961 bis 1986? Alle Akten sind freigegeben. b) Wie viele Akten von 1987 bis 2016? 88 Archivakten ab 1997 sind noch nicht freigegeben. c) Wie viele Verschlusssachen? Alle archivierten Verschlusssachen zur Colonia Dignidad bis einschließlich 1996 wurden offengelegt. 19. Wie ist nach derzeitigem Kenntnisstand der Bundesregierung die aktuelle Bilanz der juristischen Aufarbeitung der Verbrechen der CD in Chile und Deutschland? Für die Bilanz der juristischen Aufarbeitung bis 2011 wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 5 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache Nr. 17/7280 vom 4. Oktober 2011 verwiesen. Es wird ergänzend auf die Antwort zu Frage 20 verwiesen. Hartmut Hopp wurde vom Obersten Gerichtshof Chiles 2013 wegen Beihilfe zur Vergewaltigung und zum sexuellen Missbrauch von Kindern, Freiheitsberaubung , Nichtherausgabe von Minderjährigen und Strafvereitelung in Abwesenheit zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und einem Tag verurteilt. Dem zuständigen deutschen Landgericht liegt bei der derzeitigen Prüfung der Zulässigkeit einer Übernahme der Vollstreckung konkret die Frage zur Entscheidung vor, ob das Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/9261 Urteil in Deutschland vollstreckt werden kann. Die Staatsanwaltschaft Krefeld führt ferner ein eigenes Ermittlungsverfahren gegen Hopp. 20. Gegen wie viele Mitglieder der CD wurden Strafverfahren vor chilenischen oder deutschen Gerichten aus welchen Gründen eingeleitet, und wie endeten diese Verfahren, bzw. wie ist deren momentaner Stand? Welche Mitglieder der CD wurden rechtskräftig verurteilt, und aufgrund welcher Verbrechen? Welche Mitglieder der CD mussten Haftstrafen antreten? Der Oberste Gerichtshof Chiles (Corte Suprema) hat am 25. Januar 2013 in letzter Instanz zahlreiche Mitglieder der ehemaligen Colonia Dignidad wegen Beihilfe zur Vergewaltigung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern, Freiheitsberaubung , Nichtherausgabe von Minderjährigen und Strafvereitelung zu Haftstrafen verurteilt. Gegen Günter Schaffrik, Gerhard Mücke, Hartmut Hopp, Gerd Seewald , Kurt Schnellenkamp und Dennys Alvear wurden Freiheitsstrafen zwischen fünf und elf Jahren verhängt. Die übrigen Angeklagten verurteilte das Gericht zu Bewährungsstrafen zwischen anderthalb und dreieinhalb Jahren. Die Angeklagten Alfred Gerlach und Rebecca Schäfer wurden freigesprochen. Gerhard Mücke und Kurt Schnellenkamp wurden 2015 in Chile wegen der Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung und wegen Waffendelikten zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Mit Ausnahme Hopps und derjenigen, deren Strafen ausgesetzt wurden, mussten die Genannten die Haftstrafen antreten und verbüßen. Im Übrigen wird auf die Antwort auf Frage 19 verwiesen. 21. Wie viele Mitglieder der CD, außer Hartmut Hopp, die von chilenischen Justizbehörden gesucht werden, halten sich gegenwärtig in der Bundesrepublik Deutschland auf? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung auf Frage 14 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/7280 vom 4. Oktober 2011 verwiesen. 22. Gegen wie viele und welche dieser Personen hat die chilenische Justiz Auslieferungsersuchen , Rechtshilfeersuchen oder Anfragen an deutsche Behörden gerichtet? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung auf Fragen 5 und 21 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/7280 vom 4. Oktober 2011 verwiesen. Die Auslieferung Hartmut Hopps, um die Chile 2012 und 2014 ersuchte, war aufgrund seiner deutschen Staatsangehörigkeit abzulehnen. 23. Was wird die Bundesregierung unternehmen, damit keine Straffreiheit für deutsche Täter, die in Chile Menschenrechtsverbrechen begangen haben und sich nun in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, entsteht? Die Strafverfolgung ist Aufgabe der chilenischen Justizbehörden und, soweit das deutsche Strafrecht anwendbar ist, der Justizbehörden der Länder. Letztere sind nach dem Untersuchungs-grundsatz der deutschen Strafprozessordnung, ver- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9261 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode pflichtet, etwaigen Anfangsverdachten selbstständig nachzugehen. Die Bundesregierung unterstützt im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Zusammenarbeit der jeweiligen Justizbehörden, etwa im Rahmen der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Zur möglichen Übernahme der Vollstreckung eines chilenischen Strafurteils wird auf die Antwort zu Frage 19 verwiesen. 24. Wird die Bundesregierung die ihr zur Verfügung stehenden Maßnahmen, beispielsweise die Benennung einer Person durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), die nach Chile reist und den Kontakt und den Austausch mit den chilenischen Justizorganen sucht, um die Verfahren in beiden Ländern zu beschleunigen, ergreifen, damit den deutschen Ermittlungen zu den Verbrechen der CD höhere Priorität eingeräumt wird? Auf die Antworten zu Frage 2 und Frage 23 wird verwiesen. 25. Wird die Bundesregierung die kürzlich freigegebenen Akten des Auswärtigen Amts mit Blick auf neue Beweismittel und Ermittlungsansätze auch gegen zahlreiche weitere ehemalige Folterer und Regimehelfer der CD, die bisher in Deutschland von der Justiz unbehelligt leben, auswerten und den Ermittlungsbehörden zur Verfügung stellen (bitte begründen)? Eine Aktenauswertung für die Zwecke der Ermittlungsbehörden ist nicht Aufgabe der Bundesregierung. Die Akten stehen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben den Ermittlungsbehörden zur Verfügung. 26. Sollte im Fall Hartmut Hopp das Landgericht Krefeld (und ggf. höhere Instanzen ) die Vollstreckung des chilenischen Urteils in der Bundesrepublik Deutschland für zulässig halten, wird das Bundesamt für Justiz im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt eine Vollstreckung bewilligen (bitte begründen )? Sobald die Entscheidung des Landgerichts vorliegt, wird die Bundesregierung die Bewilligungs-fähigkeit prüfen. Evidente Bewilligungshindernisse, die den zuständigen Landesjustizbehörden vorab mitzuteilen wären, bestehen aus Sicht der Bundesregierung nicht. 27. Plant die Bundesregierung die sukzessive oder sofortige Freigabe aller Akten zur CD, die sich im politischen Archiv des Auswärtigen Amtes, im Bundeskanzleramt , beim Bundesnachrichtendienst (BND), dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) oder anderen Ministerien und Behörden des Bundes befinden, oder kennt sie entsprechende Überlegungen der in Frage kommenden Institutionen? Wenn ja, wie, und wann soll dies wo genau geschehen? Wenn nein, warum nicht? Zur Regelung der Akteneinsichtnahme des Auswärtigen Amtes wird auf die Antwort zu Frage 18 verwiesen. Das Bundeskanzleramt hat vergleichbare Regelungen getroffen: Die Akten des Bundeskanzleramts zur Colonia Dignidad sind ganz überwiegend bereits offengelegt . Soweit die Unterlagen die Arbeit oder Erkenntnisse der Nachrichtendienste betreffen und einer VS-Einstufung unterliegen, soll geprüft werden, ob und inwieweit der VS-Schutz auch heute noch erforderlich ist, wobei eine möglichst umfassende Offenlegung angestrebt wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/9261 In den Aktenbeständen des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) konnten keine Akten zum angefragten Themenkreis ermittelt werden. 28. Ist das Thema vor dem Hintergrund der teilweisen Aktenfreigabe beim Auswärtigen Amt im Bundeskabinett diskutiert worden? Erörterungen im Kabinett fallen in den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung . Angesichts der notwendigen Vertraulichkeit dieser Beratungen kann die Bundesregierung zu dieser Frage keine Angaben machen. 29. Wie soll, nach der von Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier verfügten Herabsetzung der Schutzfrist für die CD-Akten im Politischen Archiv des Auswärtigen Amts, die wissenschaftliche Erschließung der Akten zur CD erfolgen? a) Ist die Einberufung einer unabhängigen Historikerkommission oder ein Forschungsprojekt zur Erschließung der Akten und Aufarbeitung der Geschichte der CD und der Verwicklungen deutscher Ministerien und Behörden geplant, und wenn ja, wie sehen diese Pläne konkret aus? Bundesminister Frank-Walter Steinmeier hat entschieden, dass die Schutzfrist der Akten des Auswärtigen Amts zum Thema Colonia Dignidad verkürzt wird. Daher stehen die archivierten Akten des Auswärtigen Amts, die vor 1996 entstanden sind, allen interessierten Wissenschaftlern zur Verfügung. Durch die Einsetzung einer Historikerkommission oder ein eigenes Forschungsprojekt würden diese Akten bis auf weiteres der Nutzung durch andere Interessierte entzogen. Dies ist daher zurzeit nicht geplant. b) Plant das Auswärtige Amt sich an der Finanzierung der wissenschaftlichen Erschließung der Akten zur CD zu beteiligen? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Nein. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 29a verwiesen. 30. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, wann der BND zum ersten Mal von Verbrechen in der CD erfahren hat, und wenn ja, wie sehen diese aus? Aus drei Sachakten des Bundesnachrichtendienstes, deren Inhalte sich teilweise auf die „Colonia Dignidad“ beziehen, geht hervor, dass der Bundesnachrichtendienst Kenntnis von einer Mitteilung in der chilenische Presse hatte, die die „Colonia Dignidad“ im Jahre 1966 und unter anderem dortige „KZ-ähnliche Methoden “ erwähnt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9261 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 31. Gibt es beim Bundeskanzleramt, beim BND und/oder dem BfV Akten oder Aktenteile zur CD und Akten in ihrem Kontext, namentlich zu a) Gerhard Mertins, Wolff Hartwig von Arnswaldt und Christoph Willeke Flöel, dem Agenten des chilenischen Geheimdienstes DINA, der sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhielt? b) der Private Sociale Mission in Siegburg (damalige Geschäftsstelle der CD in der Bundesrepublik Deutschland)? c) den Aktivitäten eines Mitarbeiters des BfV in der deutschen Botschaft im Jahr 1974, der chilenische Asylbewerber wegen der damaligen Sicherheitsüberprüfung befragte? Die Fragen 31a bis 31c werden zusammengefasst beantwortet. In Bezug auf das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) wird auf die Antwort zu Frage 27 verwiesen. In den erschlossenen Altunterlagen des Bundesnachrichtendienstes gibt es zur „Colonia Dignidad“ drei Sachakten zu unterschiedlichen Themen und Inhalten, die sich nicht ausschließlich auf die „Colonia Dignidad“ beziehen. Ferner wurde bereits im Oktober 2010 eine weitere Akte mit Erkenntnissen des Bundesnach-richtendienstes zur „Colonia Dignidad“ an das Bundesarchiv abgegeben und ist dort unter der Signatur B 206/001 978 einsehbar. In den Akten des Bundeskanzleramtes befinden sich Akten zu Gerhard Mertins. Soweit diese Bezüge zu Colonia Dignidad haben, wird auf die Antwort zu Frage 27 verwiesen. Beim Bundesnachrichtendienst befinden sich zu Gerhard Mertins umfangreiche Akten. Bislang sind 22 Sachakten deklassifiziert und können im Lesesaal des Bundesnachrichtendienstes in Pullach eingesehen werden, weitere 35 Sachakten sind noch abschließend zu bearbeiten. Ferner liegt zu Mertins eine personenbezogene Akte vor, die in Teilen bearbeitet wurde und insoweit eingesehen werden kann. Hierzu wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Fragen 37 und 38 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/7280 vom 4. Oktober 2011 verwiesen. Zu Wolff Hartwig von Arnswald und Christoph Willeke Floel konnte im Archiv des Bundesnachrichtendienstes nichts ermittelt werden. Zur Privaten Socialen Mission in Siegburg existiert keine originäre Fundstelle im Archiv des Bundesnachrichtendienstes . In den Unterlagen zu Mertins sind sehr wenige Informationssplitter zu der genannten Mission enthalten. Zu Frage 31c liegen dem Bundesnachrichtendienst keine Erkenntnisse vor. Überdies liegen beim Bundesnachrichtendienst Unterlagen in Zusammenhang mit den geführten Verwaltungsstreitverfahren und verschiedenen parlamentarischen Anfragen zum Themenkomplex „Colonia Dignidad“ vor. Diese enthalten keine über den Inhalt der in der Antwort zu Frage 31 aufgeführten Altunterlagen hinausgehenden Sachinformationen. Die Akten des Bundeskanzleramts enthalten keine Informationen zu von Arnswaldt , Willeke Floer, der Privaten Socialen Mission und dem genannten BfV- Mitarbeiter. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/9261 32. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass dieser Mitarbeiter des BfV sich zu diesem Zweck direkt oder indirekt der CD und/oder der DINA oder eines anderen chilenischen Geheimdienstes bediente oder von diesen gewonnene Informationen nutzte? Auf die Antworten zu Frage 27 und 31 wird verwiesen. 33. Plant die Bundesregierung, durch Fristverkürzung und/oder Herabstufung von Verschlusssachen die in Frage 30 genannten Akten für die Aufarbeitung der Verbrechen der DINA und der CD zugänglich zu machen? Wenn ja, um wie viel Jahre soll die Frist verkürzt werden? Auf die Antwort zu Frage 27 wird verwiesen. 34. Wie steht die Bundesregierung zu der Forderung, das Mandat der Historikerkommission , die die NS-Vergangenheit des BND aufklären soll, um das Thema Colonia Dignidad zu erweitern? Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, das Mandat der Historikerkommission, die die Vor- und Frühgeschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945 bis 1968 erforschen soll, zu erweitern. Im Übrigen stehen die einschlägigen Unterlagen angesichts der abgelaufenen Schutzfristen und der geplanten möglichst umfassenden Offenlegung weiterer Unterlagen für freie historische Forschungen zur Verfügung. 35. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, in welchem Umfang die CD im Waffenhandel und Waffenschmuggel aktiv war, mit wem sie diesbezüglich in Geschäftskontakten stand, über welche Unternehmen sie den Handel abwickelte, und inwieweit offizielle chilenische und/oder deutsche Stellen davon unterrichtet wurden bzw. involviert waren, und wenn ja, wie sehen diese im Detail aus? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 39 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf die Bundestagsdrucksache 17/7280 vom 4. Oktober 2011 wird verwiesen. 36. Hat die Bundesregierung neuere Erkenntnisse darüber, wer in welchem Umfang in der CD mit der Produktion und/oder Zulieferung biologischer oder chemischer Substanzen oder Kampfmittel beschäftigt war, und wenn ja, wie sehen diese im Detail aus? Auf die Antwort zu Frage 35 wird verwiesen. 37. Plant die Bundesregierung im Kontext des Besuchs des Bundespräsidenten Joachim Gauck in Chile, eine Rahmenvereinbarung mit der chilenischen Regierung über die gemeinsame Errichtung und Finanzierung einer Gedenkstätte in der CD und eines Dokumentationszentrums im ehemaligen Stadthaus der CD in Santiago abzuschließen? Die Bundesregierung begrüßt die Diskussion in Chile zur Schaffung einer würdigen Gedenkstätte für die Colonia Dignidad. Die beiden Seminare, die in Santiago und in Berlin aufgrund der Förderung des Auswärtigen Amtes durchgeführt wurden und durch die erstmals ein Dialog zwischen den verschiedenen interessierten Gruppen initiiert werden konnte, haben die Grundlage gelegt für eine Verständigung darüber, wie dieses Gedenken gestaltet werden kann. Das Auswärtige Amt Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9261 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode wird diesen Prozess auch weiter finanziell und inhaltlich fördern. Konkret ist geplant , 2016 ein weiteres Seminar in Chile durchzuführen. Planungen für eine Gedenkstätte oder ein Dokumentationszentrum können erst dann sinnvoll aufgenommen werden, wenn der noch sehr offene Diskussionsprozess einen entsprechenden Konsens erreicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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