Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 25. Juli 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9281 18. Wahlperiode 26.07.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan Korte, Frank Tempel, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/9135 – Herabsenkung der Altersgrenze bei der Registrierung von Minderjährigen im EURODAC-System V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 4. Mai 2016 legte die Europäische Kommission einen Änderungsentwurf für das EURODAC-System (Europäische Datenbank zur Speicherung von Fingerabdrücken ) vor (Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung von „EURODAC“ für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, zur Identifizierung eines illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen und für Anfragen für den Abgleich mit Eurodac-Daten durch die Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europol zu Strafverfolgungszwecken, COM(2016) 272 final). Der Entwurf ist Teil der Initiative der Europäischen Kommission, das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) zu reformieren. Auch aus den Reihen der Bundesregierung erfolgten Aussagen über eine Reform der Registrierung von Geflüchteten. So forderten sowohl Vizekanzler Sigmar Gabriel (FAZ vom 15. Februar 2016) als auch der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Innern Dr. Günter Krings (Rheinische Post vom 26. März 2016) eine „lückenlose Registrierung “ aller in den Schengen-Raum einreisenden Geflüchteten. Durch die geplanten Änderungen am EURODAC-System sollen nicht wie bisher nur die Fingerabdrücke der Geflüchteten aufgenommen werden, sondern auch deren persönliche Daten (Name, Nationalität, Geburtsdatum und -ort, Ausweisnummer , Asylantragsnummer, Eingangsstaat des Asylantrages) sowie ein biometrisches Lichtbild (Artikel 10 bis 14 des Änderungsentwurfs). Weiter soll die bisherige Altersgrenze von 14 auf sechs Jahre herabgesetzt werden. Bei der Verweigerung der Abgabe der Fingerabdrücke und der Verweigerung der Aufnahme eines Lichtbildes können die einzelnen Mitgliedstaaten administrative Sanktionen im Rahmen ihrer nationalen Gesetzgebung einführen (Artikel 2 Absatz 3 und 4 des Änderungsentwurfs). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9281 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Inwiefern stimmt die Bundesregierung dem Vorhaben der Europäischen Kommission bezüglich der geplanten Änderungen des EURODAC-Systems zu? Die Bundesregierung begrüßt grundsätzlich den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Neufassung der EURODAC-Verordnung (Europäische Datenbank zur Speicherung von Fingerabdrücken). Eine abschließende Bewertung des Entwurfs ist jedoch erst nach einer sorgfältigen Prüfung und einer intensiven Diskussion möglich. 2. Wie bewertet die Bundesregierung die geplante Absenkung der Registrierungsaltersgrenze von 14 auf sechs Jahre und spricht sich die Bundesregierung ebenfalls dafür aus? Die Bundesregierung spricht sich aus den in der Antwort zu Frage 4 genannten Gründen grundsätzlich für die geplante Absenkung der Registrierungsaltersgrenze von 14 auf sechs Jahre aus. Der Vorschlag der Europäischen Kommission wird derzeit dennoch weiter geprüft und bewertet. 3. Welche Position nahm die Bundesregierung in den Vorberatungen der geplanten Änderungen bezüglich der Herabsenkung der Altersgrenze, z. B. im Rat für Inneres und Justiz, in der Ratsgruppe Asyl, ein? Die Bundesregierung nahm und nimmt in den Beratungen der geplanten Änderungen die in den Antworten zu den Fragen 2 und 4 dargelegte Position ein. 4. Teilt die Bundesregierung die im Entwurf enthaltene Begründung für die Herabsenkung, wonach dadurch eine verbesserte Familienzusammenführung möglich sei, und welche Alternativen stünden zur Verfügung, um Familienzusammenführungen auch ohne die massenhafte Speicherung von Fingerabdruckdaten und Lichtbildern von unbegleitet einreisenden minderjährigen Geflüchteten zu verbessern? Die Bundesregierung teilt die Auffassung der Europäischen Kommission. Da ein Fingerabdruck individuell einzigartig ist, kann durch den Abgleich der Fingerabdrücke eine eindeutige Identifizierung einer Person erfolgen. Einmal registrierte vermisste Kinder könnten mithilfe der Fingerabdrücke in Verbindung mit der Verknüpfung der Daten einer Familie im EURODAC-System identifiziert werden . Gleichwertige Alternativen sind nicht ersichtlich. 5. Hat die Bundesregierung Kenntnis von der im Eingang des Entwurfs (COM(2016) 272 final) erwähnten Studie zur Validität von Fingerabdrücken bei Minderjährigen, und wie bewertet die Bundesregierung diese Studie im Einzelnen? Der im Entwurf der EURODAC-VO zitierte Bericht der Kommission „Fingerprint Recognition for children“ ist abrufbar unter https://ec.europa.eu/jrc/en/ publication/eur-scientific-and-technical-research-reports/fingerprint-recognitionchildren . Die Bundesregierung hat keinen Anlass, die Ergebnisse des Berichts in Zweifel zu ziehen, wonach ein Abgleich von Fingerabdrücken auch von Minderjährigen zwischen sechs und zwölf Jahren grundsätzlich mit hinreichender Genauigkeit erreichbar ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9281 6. Welche Angaben kann die Bundesregierung zur Zahl und zum Anteil der „falsch positiven“ und „falsch negativen“ Treffer im EURODAC-System bei Abfragen durch Asylbehörden und Strafverfolgungsbehörden in den Jahren 2013, 2014 und 2015 machen a) bezogen auf Abfragen im EURODAC-System durch deutsche Behörden, b) bezogen auf Abfragen im EURODAC-System durch Behörden anderer Teilnehmerstaaten (bitte so detailliert wie möglich nach Staaten und Behörden auflisten)? Die Fragen 6, 6a und 6b werden im Zusammenhang beantwortet. Die Fragen beziehen sich auf Mitteilungen nach Artikel 25 Absatz 5 der EURO- DAC-Verordnung. Diese Regelung ist erst am 20. Juli 2015 in Kraft getreten und betrifft „false positive“-hits. Von Juli 2015 bis Januar 2016 wurden von Deutschland elf sogenannte „false hits“ an eu-LISA und die Europäische Kommission gemeldet. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 7. Plant die Bundesregierung zur Erfassung der biometrischen Lichtbilder auf bisherige Software der Sicherheitsbehörden zurückzugreifen oder wird die Erfassung ausgesetzt, bis das Ergebnis, der von der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht (eu-LISA) in Auftrag gegebenen Studie, vorliegt? Die Erfassung von Lichtbildern ist bereits Bestandteil der erkennungsdienstlichen Behandlung in Deutschland und damit unabhängig vom Ausgang der Studie. Allerdings bleibt abzuwarten, ob die Entwicklungen auf EU-Ebene gegebenenfalls Anpassungen der Software erfordern. 8. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, wie hoch der Betrag des vorgeschlagenen Gesamtbudgets (30 Mio. Euro) zur Aufrüstung des EURODAC- Zentralsystems ist, der für die Studie zur Gesichtserkennungssoftware einkalkuliert wird? Nein. 9. Plant die Bundesregierung von der im Entwurf für die jeweiligen Mitgliedstaaten enthaltenen Möglichkeit, bei der Verweigerung der Aufnahme von Fingerabdrücken und/oder der Aufnahme des Lichtbildes administrative Sanktionen im Rahmen der nationalen Gesetzgebung einzuführen, Gebrauch zu machen, und wenn ja, wie sollen die Sanktionen im Detail ausgestaltet werden, und wie ist die geltende Rechtslage und Praxis bei diesbezüglichem Verweigerungsverhalten (bitte im Detail darlegen und differenziert darstellen nach unterschiedlichen Behörden: Bundespolizei, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Ausländerbehörden usw.)? Die Bundesregierung unterstützt das Ziel der Europäischen Kommission, das EU- RODAC-System zu stärken. Der Vorschlag der Europäischen Kommission wird derzeit von den Mitgliedstaaten geprüft und bewertet. Vor diesem Hintergrund ist eine Aussage zu einer etwaigen Implementierung in der nationalen Gesetzgebung zu diesem Zeitpunkt nicht möglich. Im Hinblick auf die geltende Rechtslage bei Verweigerung einer Mitwirkungspflicht wird darauf hingewiesen, dass alle einschlägigen Gesetze öffentlich zugänglich sind. Die zur Abgabe von Fingerabdrücken verpflichteten Ausländer und Asylsuchenden sind zugleich verpflichtet, die erkennungsdienstliche Behandlung zu dulden (§ 49 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes und § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9281 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Ein Verstoß gegen die Duldungspflicht ist auch mit Sanktionen verbunden. Zum Beispiel machen sich unerlaubt eingereiste und unerlaubt aufhältige Ausländer, die die nach § 49 Absatz 8 und 9 des Aufenthaltsgesetzes durchzuführenden erkennungsdienstlichen Maßnahmen nicht dulden, strafbar nach § 95 Absatz 1 Nummer 6 des Aufenthaltsgesetzes. Das Strafmaß beträgt Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. 10. Ist gegebenenfalls geplant, die Sanktionen auch auf minderjährige Geflüchtete unter 18 Jahren und auf minderjährige Geflüchtete unter 14 Jahren anzuwenden (bitte jeweils begründen)? Der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Überarbeitung der EURO- DAC-Verordnung wird derzeit von den Mitgliedstaaten geprüft und bewertet. Vor diesem Hintergrund ist eine Aussage zu einer etwaigen Implementierung in der nationalen Gesetzgebung zu diesem Zeitpunkt nicht möglich. 11. Welche Möglichkeiten bestehen für die Polizeibehörden in Deutschland bereits heute, die Abgabe von Fingerabdrücken im Rahmen der Mitwirkungspflichten bei der Identitätsfeststellung zu erzwingen bei a) 14 bis 17-jährigen Minderjährigen, b) Minderjährigen unter 14 Jahren? Die Fragen 11, 11a und 11b werden im Zusammenhang beantwortet. Nach den bestehenden Regelungen ist den Maßnahmen zur erkennungsdienstlichen Behandlung Folge zu leisten. Die Polizeibehörden sind befugt, die erkennungsdienstliche Behandlung im Rahmen der einschlägigen Rechtsgrundlagen ggf. zwangsweise durchzusetzen. 12. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob durch nationale und europäische Polizeibehörden (bitte nach Mitgliedstaaten auflisten) bisher schon Fingerabdrücke von minderjährigen Geflüchteten unter 14 Jahren abgenommen wurden, und wenn ja, mit welcher gesetzlichen Grundlage? Die Abnahme von Fingerabdrücken von Minderjährigen unter 14 ist derzeit weder im Asylgesetz noch im Aufenthaltsgesetz vorgesehen. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Visa-Antragstellung die Fingerabdrücke von Kindern unter 14 Jahren genommen werden dürfen. Nach Artikel 13 Absatz 7 Buchstabe a Visakodex sind lediglich Kinder unter 12 Jahren hiervon ausgenommen . Darüber hinaus und im Hinblick auf Polizeibehörden anderer Mitgliedstaaten liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 13. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber, ob nationale Behörden mit Zugriffsberechtigung auf die EURODAC-Daten und Europol zur möglichen Strafverfolgung aktuell über vollen Zugriff auf die Daten von Minderjährigen verfügen (bitte nach Mitgliedstaaten auflisten) oder mit der Neufassung der Verordnung erhalten sollen, und wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung diese Zugriffsmöglichkeit? 14. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Zahl der Tatverdächtigen in der Gruppe von minderjährigen Geflüchteten zwischen sechs und 14 Jahren und in der Gruppe zwischen 14 und 18 Jahren im Jahr 2015 (bitte getrennt für aufenthalts- und asylrechtliche Straftaten und sonstige Straftaten angeben)? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9281 15. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung davon, wie hoch die Zahl der in den Schengen-Raum einreisenden registrierten minderjährigen Geflüchteten ist, und verfügt die Bundesregierung über Schätzungen, wie hoch die Anzahl an nichtregistrierten minderjährigen Geflüchteten ist: a) ohne Begleitung, b) unter 18 Jahren, c) unter 14 Jahren, d) unter 6 Jahren (bitte auflisten und nach den genannten Kategorien differenzieren)? Die Fragen 13 bis 15 werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 16. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung davon, wie hoch die Anzahl an minderjährigen Geflüchteten ist, die einen eigenen Antrag auf Asyl in der Bundesrepublik Deutschland bzw. in der Europäischen Union stellten: a) unter 18 Jahren b) unter 14 Jahren c) unter 6 Jahren (bitte auflisten und nach den genannten Kategorien differenzieren)? Die Fragen 16, 16a bis 16c werden im Zusammenhang beantwortet. Ausweislich der Asylstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge haben im ersten Halbjahr 2016 137 346 Minderjährige einen Asylantrag (Erst- oder Folgeantrag) gestellt. 102 453 minderjährige Asylantragsteller waren unter 14 Jahre alt. Unter sechs Jahre waren 51 639 minderjährige Asylantragsteller. Im Hinblick auf die minderjährigen Antragsteller, die in der Europäischen Union einen Asylantrag gestellt haben, wird auf die Angaben von EUROSTAT verwiesen , abrufbar unter http://ec.europa.eu/eurostat/de. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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