Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 25. Juli 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9283 18. Wahlperiode 26.07.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/9148 – Aktuelle Probleme und Defizite bei Asylverfahren in Griechenland und im Rahmen von Frontex-Missionen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In einem Bericht von PRO ASYL (www.proasyl.de/news/hot-spots-in-deraegaeis -zonen-des-elends-und-der-rechtlosigkeit/) beklagt die Organisation erhebliche Mängel bei Asylverfahren in Griechenland, insbesondere auf den Ägäis-Inseln. Nach dem Bericht werden Schutzsuchende auf den griechischen Inseln seit dem Abschluss des EU-Türkei-Abkommens ausnahmslos festgenommen und in sogenannten Hotspots inhaftiert. Die gesetzlich festgelegte Maximalhaftzeit von 25 Tagen werde dabei überschritten. Diese Lager seien für die Anzahl der Schutzsuchenden nicht ausgestattet, es fehle an Betten, an Wasser, Nahrung und sanitären Einrichtungen. Familien mit Babys und Kleinkindern seien gezwungen , sich Zelte zu kaufen und auf den Freiflächen innerhalb der Hotspots unter unzumutbaren Bedingungen zu campieren. PRO ASYL berichtet, in den Hotspots hätten die Menschen kaum eine Chance, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, obwohl mittlerweile beinahe alle ankommenden Flüchtlinge in Griechenland Asyl beantragen wollen, um nicht wieder abgeschoben zu werden. Nur ein Sechstel der insgesamt seit Abschluss des EU-Türkei-Abkommens geäußerten Asylgesuche – insgesamt 6 600 – sei bis Mai 2016 überhaupt registriert worden. Auch in den laufenden Verfahren gebe es erhebliche Mängel, vor allem das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) steht in diesem Zusammenhang in der Kritik. Das EASO beschäftigt derzeit 98 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den griechischen Inseln, davon 47 Expertinnen und Experten, 43 Übersetzerinnen und Übersetzer und 8 weitere Angestellte. Laut PRO- ASYL-Bericht werden die Interviews zur Überprüfung der Zulässigkeit der Asylgesuche vom EASO-Personal auf Englisch durchgeführt und protokolliert. Die anschließenden Empfehlungen des EASO würden von den griechischen Beamtinnen und Beamten in der Regel eins zu eins übernommen. Nach griechischem Recht müsse jedoch die Befragung auf Griechisch protokolliert und die Entscheidung – nicht nur formal, sondern auch inhaltlich – durch griechische Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9283 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Beamte getroffen werden. Das entspricht auch dem EU-Recht. Die Bearbeitungsweise deute insgesamt darauf hin, dass regelmäßig keine Einzelfallprüfungen stattfänden, sondern stereotype Entscheidungen formuliert und Fluchtgründe nicht oder nur oberflächlich geprüft würden. Das aktuelle Vorgehen verstoße damit sowohl gegen griechisches Recht als auch gegen das Recht der Asylsuchenden auf ein faires Asylverfahren. Als besonders bedenklich bewertet PRO ASYL – genau wie die Fragestellerinnen und Fragesteller – Folgendes: Der Bericht führt aus, dass bis zum 12. Juni 2016 die griechischen Beschwerdekommittees, die als Überprüfungsmechanismen für die Asylentscheidungen eingesetzt wurden, in 70 Fällen den Empfehlungen des EASO bzw. den erstinstanzlichen Entscheidungen der griechischen Aslybehörden widersprochen und Abschiebungen in die Türkei verhindert hätten , weil die betroffenen Schutzsuchenden dort nicht sicher seien. Auf Druck der EU-Kommission sei am 16. Juni 2016 vom griechischen Parlament die Neubesetzung der Beschwerdekommittees beschlossen worden, um die Verfahren zu beschleunigen. Zudem verweist PRO ASYL auf einen Medienbericht, wonach die EU-Kommission auf die Geheimhaltung eines EASO-Berichts hinwirke, der einer Einstufung der Türkei als sogenannter „sicherer Drittstaat“ widerspreche (https://euobserver.com/migration/133836). Die „taz.die tageszeitung“ berichtete am 16. Juni 2016 über illegale Rückschiebungen von Flüchtlingen am 11. Juni 2016 in griechischen Hoheitsgewässern (www.taz.de/!5310727/) im Beisein eines Schiffs der europäischen Grenzschutzagentur Frontex, die von der Organisation „Watch the Med“ genau dokumentiert wurde. 53 Flüchtlinge seien dabei, trotz des geäußerten Wunsches, in Griechenland um Asyl nachzusuchen, unter Einsatz von Drohungen und Waffen von der griechischen an die türkische Küstenwache übergeben worden. Bereits am 26. Mai 2016 hatte „Watch the Med“ darüber berichtet, dass ein Flüchtlingsboot im Mittelmeer in Seenot geraten und gesunken sei. Trotz eines an die zuständige Rettungsleitstelle abgesetzten Notrufs habe es vier Stunden gedauert, bis Rettungskräfte vor Ort gewesen seien (https://alarmphone.org/de/ 2016/05/27/stellungnahme-von-watchthemed-alarm-phone-zur-aktuellen-situationim -mittelmeer-und-den-ereignissen-gestern/). Soweit im Folgenden Kenntnisse der Bundesregierung erfragt werden, beinhaltet dies die ausdrückliche Bitte um eine ausdrückliche Befragung der in Griechenland und in der Türkei eingesetzten deutschen Beamtinnen und Beamten, unabhängig davon, ob diese im Rahmen von Frontex, EASO oder aufgrund bilateraler Vereinbarungen eingesetzt sind. Nach einer Aufstellung der EU-Kommission vom 27. Juni 2016 bleibt die tatsächliche Entsendung von Personal zur Unterstützung des EASO durch die Mitgliedstaaten allerdings weit hinter den EASO-Anforderungen zurück (http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/what-we-do/policies/european-agendamigration /press-material/docs/state_of_play_-_eu-turkey_en.pdf). So ist weniger als ein Sechstel der angeforderten Übersetzer (61 von 400) und nur ein Fünftel der angeforderten „asylum officials“ (92 von 475) tatsächlich entsandt worden. Aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller ist auch dies ein Zeichen dafür, dass die Bearbeitung der Asylanträge in Griechenland weiterhin im Chaos versinkt . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9283 1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu den im Bericht von PRO ASYL genannten Vorwürfen, insbesondere zu erheblichen Mängeln bei der Inhaftierung (z. B. Überschreitung der maximal zulässigen Inhaftierungszeit ) bzw. Unterbringung von Schutzsuchenden in den so genannten Hotspots und bei den Asylverfahren (www.proasyl.de/news/hot-spots-in-deraegaeis -zonen-des-elends-und-der-rechtlosigkeit/), und was hat sie unternommen , um diese aufzuklären bzw. um griechische Behörden dabei zu unterstützen , Abhilfe zu schaffen? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse zu Überschreitungen der zulässigen Unterbringungsdauer in den Aufnahmezentren in den griechischen Hotspots vor. Mit Schreiben vom 8. Juni 2016 hat der griechische Migrationsminister über die kontinuierlichen Verbesserungen in den Hotspots informiert. Die Bundesregierung erkennt die bisher von der griechischen Seite unternommenen Anstrengungen zur Verbesserung der Aufnahmekapazitäten und -bedingungen an. Im Hinblick auf den weiteren Kapazitätsaufbau wird die Bundesregierung Griechenland im Rahmen der europäischen Zusammenarbeit, u. a. durch die Entsendung von Experten vor Ort, weiter unterstützen. 2. In welchem Rahmen und mit welchem Ergebnis wurden diese Vorwürfe bereits zwischen der Bundesregierung und welchen Dritten thematisiert? Zur Lage in den Hotspots – wie zur gesamten Umsetzung der gemeinsamen Erklärung von EU und Türkei und den damit in Zusammenhang stehenden Fragestellungen – steht die Bundesregierung in kontinuierlichem Austausch mit ihren griechischen und übrigen europäischen Partnern. 3. Inwiefern und in welchem voraussichtlichen Rahmen (sowohl zeitlich als auch kapazitär) plant Deutschland angesichts der Zustände in den Hotspots auf den ägäischen Inseln, die Aufnahme einer erheblichen Zahl von Flüchtlingen aus Griechenland zu dessen Entlastung (bitte insbesondere ausführen, wie viele Flüchtlinge bis wann nach Deutschland geholt werden sollen), und welche Kontingente sollen wann übernommen werden, um die in der EU zugesagte Zahl von Übernahmen von Flüchtlingen aus Griechenland zeitgerecht realisieren zu können (bitte genau darlegen)? Bisher wurden in einem Pilotverfahren 37 Personen aus Griechenland in Deutschland aufgenommen. Die Aufnahme von weiteren 200 Personen aus Griechenland befindet sich gegenwärtig in Vorbereitung. Im Übrigen hält Deutschland an seiner zugesagten Verpflichtung einer Aufnahme von Asylbewerbern u. a. aus Griechenland fest und wird über weitere Schritte zum gegebenen Zeitpunkt entscheiden . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9283 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 4. Inwieweit ist der Bundesregierung der in der Vorbemerkung genannte EASO-Bericht bekannt, wonach die Türkei nicht als sicherer Drittstaat behandelt werden könne, was ist ihr über den Inhalt oder das Zustandekommen dieses Berichtes bekannt, und inwieweit ist ihr in sonstiger Weise etwas über diesen Bericht bekannt, was kann die Bundesregierung zu den Umständen oder Hintergründen dafür sagen, dass dieser EASO-Bericht noch nicht veröffentlicht wurde bzw. unter Verschluss gehalten werden soll, und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? Ein entsprechender Bericht liegt der Bundesregierung nicht vor. Er war auch nicht Gegenstand von Erörterungen im Verwaltungsrat von EASO (Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen). 5. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu den in einem Artikel der „taz.die tageszeitung (www.taz.de/!5310727/) dokumentierten Rechtsbrüchen , welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus, und welche Ermittlungen wurden mit welchem Ergebnis seitens der Bundesregierung oder nach Kenntnis der Bundesregierung seitens Frontex hierzu angestellt? a) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu der Beteiligung des rumänischen Frontex-Schiffes, hätte diese Push-back-Aktion nach Auffassung der Bundesregierung von Frontex verhindert werden müssen, und welche Aussagen gab es wem gegenüber seitens des Frontex-Personals über den Vorgang? b) Welche Konsequenzen werden nach Kenntnis der Bundesregierung im Hinblick auf die Wahrung des internationalen Flüchtlingsschutzes (insbesondere des Zurückweisungsverbots) aus diesem Vorfall gezogen (in rechtlicher und politischer Hinsicht sowie in Bezug auf die Arbeitsweisen von Frontex und die Kontrolle der Arbeitsweisen von Frontex und des griechischen und türkischen Grenzschutzes)? Die Fragen 5, 5a und 5b werden aufgrund des Themenzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen zum Gegenstand der Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Im besagten Zeitraum wurden weder durch die Bundespolizei noch durch den NATO-Flottenverband derartige Ereignisse beobachtet. Auf die Antwort der Bundesregierung auf die Mündliche Frage 5 des Abgeordneten Hans- Christian Ströbele (Plenarprotokoll 18/182, Fragestunde am 6. Juli 2016) wird verwiesen. Frontex teilte nunmehr ergänzend mit, dass es sich bei dem in Rede stehenden Vorfall um einen Seenotrettungseinsatz in türkischen Hoheitsgewässern handelte. Eine abschließende Bewertung des Sachverhaltes durch Frontex dauert gegenwärtig noch an. c) Welche konkreten Kooperationen und Absprachen (etwa im Hinblick auf Arbeitsweise, Verhaltenskodex; bitte sämtliche Absprachen und Kooperationen benennen) welchen Inhalts bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung zwischen Frontex und der griechischen und türkischen Küstenwache ? Die griechischen Behörden werden durch die Agentur und die EU-Mitgliedstaaten seit mittlerweile zehn Jahren kontinuierlich unterstützt. Zu den wesentlichen Aufgaben der Agentur gehört dabei insbesondere die Koordinierung der operativen Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten im Bereich des EU-Außengrenzschutzes . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9283 Die Verantwortung für grenzpolizeiliche Maßnahmen zum Schutz der EU-Außengrenzen liegt in der ausschließlichen Verantwortung der jeweiligen Mitgliedstaaten . Der zugrundeliegende Einsatzplan wird zwischen Frontex und Einsatzmitgliedstaat abgestimmt. Er enthält wesentliche Informationen und Handlungsanweisungen . Grenzpolizeiliche Maßnahmen von EU-Gastbeamten erfolgen grundsätzlich in Anwesenheit und unter Anleitung der zuständigen Behörden. Frontex unterstützt die Mitgliedstaaten auch durch gemeinsame Aus- und Fortbildungsnormen bei der Ausbildung der nationalen Grenzschutzbeamten. Darüber hinaus werden die eingesetzten Beamten einsatzspezifisch vorbereitet. Die Einhaltung der EU-Grundrechtecharta ist durch die Harmonisierung der grenzpolizeilichen Ausbildung, durch ein Kontroll- und Meldesystem für mögliche Grundrechtsverstöße in Frontex-koordinierten Einsätzen sowie die konsequente Berücksichtigung der Grundrechte bei gemeinsamen Aktivitäten gewährleistet . Frontex implementierte diesbezüglich eine Grundrechtestrategie, einen sich darauf beziehenden Aktionsplan sowie verbindliche Verhaltensregeln für Frontex-koordinierte Einsätze. Daran sind auch die beteiligten griechischen Beamten gebunden. Mit türkischen Behörden ist eine operative grenzpolizeiliche Zusammenarbeit im Rahmen Frontex-koordinierter Maßnahmen nach dem Frontex Mandat nicht möglich. Abstimmungen zwischen griechischen und türkischen Behörden erfolgen in der Regel bilateral. d) Wird nach Kenntnis der Bundesregierung ein Ermittlungs- oder sonstiges Disziplinarverfahren gegen den griechischen Einsatzleiter geführt, der gedroht haben soll, die Schutzsuchenden umzubringen, wenn sie noch einmal herkommen sollten? Auf die Antwort zu den Fragen 5, 5a und 5b wird verwiesen. Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. 6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu dem Einsatz und den konkreten Tätigkeiten bzw. Einsatzbereichen von Frontex-Personal und EASO- Personal in den Hotspots und zu den Zuständen vor Ort (Kapazitäten, Überbelegung , Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten, Modalitäten der Asylantragstellung, Dauer und Anzahl der Asylverfahren etc.)? Welche Probleme und Defizite gibt es in den Hotspots aus ihrer Sicht? Die Frontex-koordinierten Einsatzkräfte werden in den Hotspots insbesondere für erkennungsdienstliche Maßnahmen, zur Feststellung der Staatsangehörigkeit, zur Befragung der Migranten sowie zur Prüfung von Urkunden eingesetzt. Darüber hinaus sind Beamte zur Unterstützung der Grenzüberwachung tätig. Für Rückführungsmaßnahmen stellt Frontex ebenfalls Personal zur Verfügung. Derzeit sind 678 EU-Gastbeamte in Griechenland im Einsatz (Stand: 17. Juli 2016). Für EASO sind gegenwärtig insgesamt 47 Experten, 4 Mitarbeiter von EASO, 51 Dolmetscher sowie 15 befristete Mitarbeiter im Einsatz (Stand: 8. Juli 2016). EASO ist in beratender und unterstützender Funktion tätig. Die Entscheidung über den einzelnen Asylantrag obliegt jedoch ausschließlich griechischen Asylentscheidern . Nach Angaben der Europäischen Kommission (Stand: 18. Juli 2016) sind bei einer Aufnahmekapazität von 7 450 Personen derzeit 8 657 Personen auf den griechischen Inseln aufhältig. 9 442 Personen haben – bezogen auf Griechenland insgesamt – den Wunsch, einen Asylantrag zu stellen, zum Ausdruck gebracht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9283 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1 736 Asylanträge wurden registriert. Zur Dauer des Verfahrens sowie Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Aus Sicht der Bundesregierung sollte die Durchführung der Asylverfahren beschleunigt werden, um die Überfüllung der Hotspots zu verhindern. 7. Wie viele der vom EASO angeforderten Übersetzer, „asylum officials“, „judicial officials“ sowie von Frontex angeforderten „readmission experts“ und „escort officers“ haben Deutschland jeweils zugesagt, und wie viele sind derzeit tatsächlich jeweils in Griechenland im Einsatz (bitte einzeln aufgliedern )? Die Bundesregierung hat Frontex bis zu 100 Beamte für die Unterstützung der Rückführungen angeboten. Aktuell sind entsprechend den Anforderungen von Frontex 22 Beamtinnen und Beamte der Bundespolizei und den Polizeien der Länder als „escort officers“ im Rahmen von Frontex in Griechenland eingesetzt. Eine Beteiligung in Form von „readmission experts“ erfolgt nicht. Die Bundesregierung hat EASO im März 2016 Unterstützung durch bis zu 100 Asylexperten angeboten. Durch EASO sind seit 4. April 2016 bislang elf Entscheider , eine Mitarbeiterin des Asylverfahrenssekretariats und eine Mitarbeiterin aus dem Pressereferat angefordert worden. Aktuell sind vier Experten als Asylexperten im Einsatz. Im Rahmen eines Expertenaufrufs vom 13. Juli 2016 wurden EASO weitere zehn Experten angeboten, die seit 21. Juli 2016 im Einsatz sind, so dass insgesamt 14 Experten vor Ort sind. Die Koordinierung der Dolmetschereinsätze erfolgt durch EASO selbst. a) Aus welchen Behörden stammt dieses Personal jeweils (bitte jeweils den vier in Frage 7 genannten Funktionen zuordnen), bzw. inwiefern wurde das Personal kurzfristig auf dem freien Markt angeworben? Die im Asylbereich eingesetzten Experten sind alle Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Zu Frontex wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. b) Was genau fällt in den Tätigkeitsbereich und in die Befugnisse von „asylum officials“, „judicial officials“, „readmission experts“ und „escort officers“ im Griechenland-Einsatz? Die „escort officers“ unterstützen die griechischen Beamten bei der Durchführung von Rückführungsmaßnahmen aus Griechenland in die Türkei. Aufgabe der eingesetzten Beamtinnen und Beamten ist die Sicherung und Begleitung der Rückzuführenden. Für Asylexperten wird auf die Beantwortung zu Frage 6 verwiesen . c) Welche Qualifikationen muss ein „asylum official“, „judicial official“, „readmission expert“ und „escort officer“ vorweisen, um von Deutschland nach Griechenland entsandt zu werden? Die Anforderungen und Qualifikationen für „asylum officials“, „judicial officials “ und „escort officers“ orientieren sich an den jeweiligen Aufgabenprofilen von EASO und Frontex. Grundsätzlich sind für den Einsatz der Asylexperten die mehrjährige Berufserfahrung im gesuchten Aufgabenbereich sowie kommunikationssichere Englischkenntnisse Voraussetzung. Weitere Sprachkenntnisse sind Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/9283 in der Regel von Vorteil. Für den Einsatz als „escort officer“ sind eine Erfahrung im Polizeivollzugsdienst sowie kommunikationssichere Englischkenntnisse erforderlich . d) Welche Anforderungen werden nach Kenntnis der Bundesregierung für „asylum officals“, judicial officials“, „readmission officials“ und „escort officers“ von Seiten des EASO gestellt, und welche sonstigen Standards und Mindestanforderungen müssen bei ihrer Auswahl und ihrem Einsatz beachtet werden? Auf die Antwort zu Frage 7c wird verwiesen. e) Wie viel Personal der in Frage 7 genannten Kategorien haben die anderen EU-Mitgliedstaaten jeweils nach Kenntnis der Bundesregierung zum jetzigen Zeitpunkt entsandt (bitte einzeln aufgliedern)? An der von Frontex koordinierten Einsatzmaßnahme „EPN Poseidon 2016“ beteiligen sich neben Deutschland Österreich, Bulgarien, Kroatien, die Tschechische Republik, Estland, Dänemark, Finnland, Frankreich, Ungarn, Italien, Lettland , Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Rumänien , Slowakei, Slowenien, Spanien, Schweden und Großbritannien. Die Personalstärken der teilnehmenden Mitgliedstaaten werden von Frontex nicht veröffentlicht . Zudem unterliegt die personelle Beteiligung regelmäßigen Schwankungen . Außerdem erfüllen die eingesetzten Beamten oftmals gleichzeitig mehrere Aufgaben. Der Einsatz erfolgt dann bedarfsorientiert. Die 47 Asylexperten kommen aus folgenden Mitgliedstaaten: Belgien (3), Tschechische Republik (2), Frankreich (2), Niederlande (15), Polen (2), Irland (2), Großbritannien (16), Litauen (1) und Deutschland (4). f) An welchen Orten bzw. in welchen Einrichtungen ist das von Deutschland entsandte Personal (bitte nach Übersetzern, „asylum officials“ und „judicial officials“, „readmission experts“ und „escort officers“ aufgliedern) jeweils im Einsatz? Die von Deutschland entsandten „escort officer“ sind aktuell auf der Insel Chios eingesetzt. Die Asylexperten sind derzeit auf der Insel Lesbos im Einsatz. g) Wie erklärt die Bundesregierung die allfällige Diskrepanz zwischen zugesagtem und tatsächlich entsandtem Personal, und welche Maßnahmen sind beabsichtigt, diese Diskrepanz zu verringern? Die Entscheidung über die Experteneinsätze obliegt Frontex bzw. EASO. Diese werden mit den griechischen Behörden abgestimmt und orientieren sich an dem benötigten Bedarf und den vorhandenen Bearbeitungskapazitäten. Die Bundesregierung wird weiterhin bei entsprechenden Expertenaufrufen die Möglichkeit zusätzlicher Personalgestellung prüfen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9283 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Inwiefern wird in den Hotspots nach Kenntnis der Bundesregierung systematisch geprüft und erfasst, ob und wo innerhalb der EU Verwandte von Asylsuchenden leben und insofern ein Anspruch auf Familiennachzug bestehen könnte, und inwiefern werden die Betroffenen über ihr Recht auf Familiennachzug und dessen Durchsetzung informiert? Zum Zeitpunkt der Antragsannahme und Registrierung wird von der griechischen Asylbehörde erfragt, ob es Verwandte in anderen Mitgliedstaaten gibt. Während des folgenden Interviews durch EASO werden, sofern noch nicht vorhanden, alle erforderlichen Details erfragt, auch im Hinblick auf familiäre Bindungen in einem Mitgliedstaat (Eltern, Ehepartner, Kinder, Geschwister, Großeltern, Onkel, Tante, Vormund). Sofern sich dabei herausstellt, dass sich ein Familienmitglied in einem Mitgliedstaat aufhält und über einen entsprechenden Status verfügt, wird der Antragsteller gefragt, ob er eine Familienzusammenführung im Rahmen des Dublin- Abkommens wünscht. Fehlende Unterlagen können innerhalb einer Frist von fünf Tagen nachgereicht werden. Eine systematische Prüfung und Erfassung ist gewährleistet . Nach Abschluss des Interviews erfolgt ein Versand der Unterlagen zur weiteren Bearbeitung an die zuständige griechische Asylbehörde in Athen (Dublin-Abteilung). 9. Inwiefern trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass – auch deutsche – EASO-Beamtinnen und -Beamte Befragungen bzw. Interviews zur möglichen „Unzulässgkeit“ von Asylanträgen auf den griechischen Inseln vornehmen und gegenüber griechischen Beamtinnen und Beamten darauf basierend entsprechende „Empfehlungen“ abgeben? a) Welche realen Möglichkeiten haben nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung griechische Beamtinnen und Beamte, die nicht selbst mit den betroffenen Asylsuchenden gesprochen haben, den Einschätzungen der EASO-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter qualifiziert zu widersprechen , und kommt so etwas überhaupt vor (wenn ja, in wie vielen Fällen )? b) Inwiefern ist nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung, durch ein solches Vorgehen der Grundsatz der nationalen Zuständigkeit für Asylprüfungen noch gewahrt, und inwieweit wird dadurch griechisches oder EU-Recht verletzt, insbesondere, wenn Anhörungsprotokolle und EASO-Empfehlungen nur auf Englisch verfasst vorliegen? c) Welchen Zugang haben nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung die Asylsuchenden in den Hotspots zu anwaltlicher Beratung, bzw. wie viele Anwältinnen und Anwälte stehen vor Ort zu Verfügung, und von wem werden sie für ihre Tätigkeit bezahlt (bitte nach Hotspots differenziert darstellen), und inwieweit wird EU-Recht durch unzureichende rechtliche Beratungs- und Vertretungsmöglichkeiten verletzt? Die Fragen 9, 9a bis 9c werden aufgrund des Themenzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Im Camp Moria (Lesbos) arbeiten derzeit drei Beamte des BAMF sowie eine Tarifbeschäftigte . Sie unterliegen den Weisungen von EASO. Die „Empfehlungen“ der EASO-Mitarbeiter gegenüber den griechischen Beamtinnen und Beamten sind nicht bindend. Der Grundsatz der nationalen Zuständigkeit für Asylprüfungen ist von daher gewahrt. Verstöße gegen griechisches oder EU-Recht liegen nicht vor. Erkenntnisse, wie oft den Empfehlungen der EASO-Mitarbeiter widersprochen wird, liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/9283 Antragsteller haben nach EU-Recht das Recht auf Zugang zu anwaltlicher Beratung . Die Regelung dieses Zugangs ist Aufgabe der griechischen Behörden. Nur Anwälte, die in Griechenland zugelassen sind, können Asylbewerber in Asylverfahren vertreten und erhalten dafür Zugang zu den Asylverfahrenszonen in den Hotspots. Anwälte, die nicht in Griechenland zugelassen sind, können Asylbewerber beraten, erhalten aber nur auf Antrag Zugang. Künftig sollen Asylbewerber aus EU-Mitteln über UNHCR (Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) und die griechischen Behörden kostenfreie rechtliche Beratung erhalten . Im Hinblick auf die vor Ort zur Verfügung stehenden Anzahl von Rechtsanwälten liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 10. Inwiefern waren Beamtinnen und Beamte der Bundespolizei an Abschiebeaktionen , wie etwa am 4. April 2016 von Lesbos und Chios aus in die Türkei, beteiligt, wurden von den Beamtinnen und Beamten Berichte hierzu angefertigt , und wenn ja, mit welchem Inhalt, und wurde insbesondere berichtet, dass Betroffene keinen Asylantrag stellen konnten oder ohne ihre Papiere abgeschoben wurden? Deutsche Polizeivollzugsbeamte waren bisher an zwei Rückführungsaktionen (4. April und 18. Mai 2016) mit insgesamt 12 Beamten beteiligt. Über den Ablauf wurden Kurzberichte gefertigt. Daraus geht nicht hervor, dass Betroffene keinen Asylantrag stellen konnten oder ohne Papiere abgeschoben wurden. Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. 11. Welche Rolle spielt das Europäische System zur Überwachung der Außengrenzen (EUROSUR) mittlerweile im Rahmen des EU-Grenzschutzes bzw. für die Frontex-Missionen (bitte eingehen auf Entwicklung, Etablierung, Arbeitsweisen , Nutzen, Verbesserungsbedarf und Zugriffsmodalitäten auf Lagebilder und Informationen im Rahmen der Frotex-Missionen)? Das europäische Kommunikationsnetzwerk EUROSUR soll zur Verbesserung des Lagebewusstseins sowie der Reaktionsfähigkeit im Zusammenhang mit der Aufdeckung, Prävention und Bekämpfung der unerlaubten Migration und grenzüberschreitenden Kriminalität beitragen. Darüber hinaus soll der Informationsaustausch zur Seenotrettung beitragen. Die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Grenzbehörden der Mitgliedstaaten wird durch einen softwarebasierten Informationsaustausch erzielt. Die EU-Mitgliedstaaten erstellen nationale Lagebilder, die durch Frontex zu einem europäischen Lagebild zusammengefasst, mit zusätzlichen Informationen ergänzt und den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden. Der Zugriff auf das EUROSUR-System erfolgt durch nationale bzw. regionale Kontaktstellen. Einzelheiten werden durch die EUROSUR-Verordnung und das EUROSUR-Handbuch geregelt. Die im Rahmen von Frontex-Operationen erlangten Informationen werden durch den jeweiligen Einsatzmitgliedstaat in EUROSUR erfasst. Die Europäische Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 1. Dezember 2016 eine Gesamtevaluierung von EUROSUR vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9283 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 12. Wie ist es nach Einschätzung der Bundesregierung zu erklären, dass trotz EUROSUR, EUNAVFOR MED, Frontex-Einsätzen und italienischer Rettungseinsätze immer noch zahlreiche tödliche Schiffsunglücke auf dem Mittelmeer passieren? Eine flächendeckende Echtzeitüberwachung des gesamten Mittelmeeres ist nicht möglich. Die Einsatzkapazitäten der EU-Mitgliedstaaten tragen gleichwohl seit mehreren Jahren in erheblichem Umfang zur Rettung von Menschenleben bei. Ein Hauptgrund für tödliche Schiffsunglücke liegt in der Verantwortungslosigkeit krimineller Schleuser, die seeuntüchtige Boote bereitstellen. 13. Wie beurteilt die Bundesregierung – auch im Kontext der Diskussion darum, ob die Türkei für Flüchtlinge ein sogenannter „sicherer Drittstaat“ sei – die Glaubwürdigkeit der Berichte von Nichtregierungsorganisationen über die Erschießung von Flüchtlingen an der türkisch-syrischen Grenze (vgl. AFP- Meldung vom 19. Juni 2016, wonach in der Nacht zum 19. Juni 2016 an der syrisch-türkischen Grenze acht Flüchtlinge von türkischen Grenzern erschossen und weitere acht verletzt wurden), und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht sie aus diesen Berichten? Die Bundesregierung hat die genannten Berichte zum Anlass genommen, den geschilderten Vorgang gegenüber der türkischen Regierung anzusprechen. Die Botschaft Ankara wurde im Bereich Migration personell verstärkt; diese zusätzlichen Kapazitäten werden unter anderem auch dafür genutzt, um durch Besuche in der Region und durch Gespräche mit Verantwortlichen sowie mit Vertretern der Zivilgesellschaft die Situation an der türkisch-syrischen Grenze zu verfolgen. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Mündliche Frage 45 der Abgeordneten Katrin Göring-Eckardt (Anlage 33 im Plenarprotokoll 18/182, Fragestunde am 6. Juli 2016) verwiesen. Zur Position der Bundesregierung bezüglich der Türkei als sicherer Drittstaat wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 13 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 2. Juni 2016 auf Bundestagsdrucksache 18/8654 verwiesen. 14. Entspricht es insgesamt der Haltung der Bundesregierung, was der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, vor dem Beschluss der EU-Außenminister vom 20. Juni 2016 zur Ausweitung des Mandats von EUNAVFOR MED sagte (Süddeutsche Zeitung vom 21. Juni 2016: „Mission ‚Sophia‘ vor der Küste Libyens wird ausgeweitet“), dass es darum gehe, was Europa noch tun könne, um „den Übertritt von Flüchtlingen über die libysche Grenze Richtung Mittelmeer, Richtung Europa zu verhindern“ (bitte ausführen)? Ziele der EUNAVFOR MED Operation SOPHIA sind die Unterbindung der Menschenschmuggel- und Menschenhandelsnetzwerke im südlichen und zentralen Mittelmeer, ein erweiterter Informationsaustausch, die Ausbildung und der Kapazitätsaufbau der libyschen Küstenwache und Marine sowie die Durchsetzung des VN-Waffenembargos gegenüber Libyen auf Hoher See. Außerdem erfüllen die im Rahmen der Operation eingesetzten Schiffe ihre völkerrechtliche Verpflichtung zur Seenotrettung. In diesem Rahmen wurden bisher bereits über 18 000 Menschen aus Seenot gerettet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/9283 15. Wie ist eine solche Haltung – wie vom Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier geäußert – zu vereinbaren mit dem Menschenrecht auf Asyl und völker- sowie EU-rechtlichen Bestimmungen zum Schutz von Flüchtlingen, insbesondere mit dem Zurückweisungsverbot und dem Recht auf eine einzelfallbezogene , faire Asylprüfung und effektiven Rechtsschutz, und wie ist dies konkret vereinbar mit dem Hirsi-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 23. Februar 2012, mit dem unmittelbare Zurückschiebungen Schutzsuchender nach Libyen für rechtswidrig erklärt wurden (bitte ausführen)? Die Bundesregierung sieht keinen Widerspruch zwischen der Ausweitung der Operation EUNAVFOR MED SOPHIA und der Äußerung von Bundesminister Steinmeier und den völkerrechtlichen, insbesondere menschenrechtlichen Vorgaben und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR). Die Operation wird im Einklang mit dem Völkerrecht durchgeführt. 16. Inwieweit sieht die Bundesregierung einen zumindest indirekten Verstoß gegen völkerrechtliche Vorgaben zum Flüchtlingsschutz darin, dass im Rahmen der EUNAVFOR-MED-Mission der libysche Grenzschutz bzw. die libysche Küstenwache verstärkt und verbessert werden soll mit dem Ziel, die Flucht von Schutzsuchenden nach Europa zu verhindern, wie die Äußerung des Bundesaußenministers (s. Frage 14) zeigt (bitte ausführen)? Die Bundesregierung kann in der Ausbildung und im Fähigkeitenaufbau der libyschen Küstenwache durch EUNAVFOR MED Operation SOPHIA keinerlei Verstöße gegen das Völkerrecht erkennen. 17. Inwieweit ist nach Auffassung der Bundesregierung eine Kooperation mit der libyschen Küstenwache bzw. dem libyschen Grenzschutz mit dem Ziel der Verhinderung der Flucht von Menschen nach Europa verantwortbar angesichts der ernst zu nehmenden Berichte z. B. von Amnesty International über Misshandlungen und Folterungen von Geflüchteten in Libyen (www.amnesty.org/en/documents/mde19/1578/2015/en/) und vor dem Hintergrund , dass auch die Bundesregierung die Situation von Geflüchteten in libyschen Haftanstalten als „sehr schlecht“ bezeichnete (Bundestagsdrucksache 18/8593, Antwort zu Frage 21c)? Die deutsche Beteiligung bei EUNAVFOR MED Operation SOPHIA ist eingebettet in einen umfassenden Ansatz, der das Ziel hat, den Aufbau selbsttragender staatlicher Strukturen in Libyen, die zur Befriedung und Stabilisierung beitragen, zu befördern. Teil dessen sind auch umfangreiche zivile Maßnahmen, um die Lebensbedingungen der Menschen in Libyen zu verbessern. Eine von Deutschland initiierte internationale Stabilisierungsfazilität stellt hierfür Beratung und Finanzierung zur Verfügung. Deutschland unterstützt zudem die Mission der Vereinten Nationen UNSMIL unter Leitung des Sondergesandten Martin Kobler , fördert Versöhnungs- und Mediationsinitiativen auch mit Blick auf die prekäre Lage von Flüchtlingen und Migranten in Libyen und leistet humanitäre Hilfe. Die EUNAVFOR MED Operation SOPHIA ist dabei ein Teil einer europäischen Gesamtstrategie, die neben der Bekämpfung der Schleusernetzwerke auch die strukturellen Ursachen in den Herkunfts- und Transitländern von Fluchtund irregulären Migrationsbewegungen über das Mittelmeer in den Blick nimmt. Dabei geht es auch darum, die libysche Einheitsregierung zu unterstützen, um die Einhaltung von menschenrechtlichen Standards zu gewährleisten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9283 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 18. Wie ist die Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesministerium des Innern zum ersten Tagesordnungspunkt der Sitzung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 22. Juni 2016, wonach Asylsuchende , die von einem NATO-Schiff in griechischen Hoheitsgewässern aufgegriffen bzw. gerettet würden, selbstverständlich zur Prüfung ihres Asylgesuchs nach Griechenland gebracht würden, vereinbar mit der Antwort der Bundesregierung, wonach solche Geretteten „grundsätzlich in die Türkei zurückgeführt werden“ sollen und eine Einzelfallprüfung lediglich für Flüchtlinge , die aus der Türkei stammen, vorgenommen werden sollen (Bundestagsdrucksache 18/8654, Antwort zu Frage 19b) (bitte ausführen)? Die Bundesregierung sieht keinen Widerspruch zwischen ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 18/8328) „Umsetzung des EU-Türkei-Flüchtlingsabkommens“ und der in Bezug genommenen Aussage. Auf die Antwort der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 18/8654), insbesondere zu Frage 19, wird ergänzend verwiesen. 19. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den von www.seawatch .org am 21. Juni 2016 gemeldeten Vorfall vom 10. März 2016, bei dem Sea-Watch und WatchTheMed Kenntnis davon erhalten haben sollen, dass zwei Personen von einem Boot ins Wasser gefallen waren, die türkische Küstenwache das Hilfsangebot der in der Nähe befindlichen zivilen Helfer aber abgelehnt und ihnen das Betreten türkischer Gewässer untersagt hatte und die zwei Personen nach mehreren Stunden nur noch tot geborgen worden sein könnten? Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, um diesen Vorfall aufzuklären (bitte einzeln aufzählen und angeben, welche Seiten die Bundesregierung in dieser Sache kontaktiert hat), und welche Angaben hat sie ggf. von der türkischen Küstenwache dazu erhalten? Welche Schlussfolgerungen zieht sie aus diesem Vorfall? Die Bundesregierung hat keine Informationen erlangt, welche den in der Frage angesprochenen Vorfall bestätigen. 20. Wie schätzt die Bundesregierung die Rolle und die Bedeutung der zahlreichen zivilgesellschaftlichen Rettungsdienste (Ärzte ohne Grenzen, SOS MEDITERRANEE, Sea-Watch, Sea-Eye, Watch the Med/Alarmphone) im Hinblick auf die Seenotrettung ein, und inwieweit ist es verantwortbar, dass zivilgesellschaftliche Organisationen die staatliche und internationale Pflicht zur Seenotrettung in diesem Umfang ergänzen müssen, damit es nicht zu noch mehr Toten auf dem Mittelmeer kommt? Völkerrechtlich ist der Küstenstaat zur Unterhaltung eines Seenotrettungsdienstes verpflichtet. Die Aufgabe kann - wie in Deutschland höchst erfolgreich mit der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) geschehen - auf private Organisationen übertragen werden. Es ist Aufgabe des Küstenstaates, die Fähigkeiten privater Organisationen zu beurteilen. Die Bundesregierung nimmt daher für das Mittelmeer keine solche Prüfung vor. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333