Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 26. Juli 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9289 18. Wahlperiode 28.07.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Cem Özdemir, Katja Keul, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/8950 – Zukunft des Rechtsstaatsdialogs mit China V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit der „Deutsch-Chinesischen Vereinbarung zum Austausch und der Zusammenarbeit im Rechtsbereich“ aus dem Jahr 2000 unterhält die Bundesregierung den so genannten Rechtsstaatsdialog mit der Volksrepublik (VR) China. Die Vereinbarung zielt unter anderem darauf ab, „zu gewährleisten, dass das Volk umfangreiche Rechte und Freiheiten nach dem Gesetz genießt, dass die Menschenrechte respektiert und garantiert und alles staatliche Handeln gesetzmäßig durchgeführt werden“. Dazu wurden über die Jahre zahlreiche Maßnahmen unter dem Schirm des Rechtsstaatsdialogs durchgeführt. Neben dem jährlichen Rechtsstaatssymposium, bei dem die Federführung beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) für die deutsche Seite und beim Rechtsamt des Staatsrates für die chinesische Seite liegt, gehören dazu auch zahlreiche Aktivitäten nichtstaatlicher Durchführungsorganisationen. In Anbetracht der aktuellen rechtlichen und politischen Entwicklungen in der VR China ist zu befürchten, dass diese Aktivitäten künftig erheblich erschwert werden. Am 28. April 2016 wurde auf der 20. Sitzung des Ständigen Ausschusses des 12. Nationalen Volkskongresses der Volksrepublik China das Gesetz der Volksrepublik China zur Verwaltung von Aktivitäten innerhalb des chinesischen Gebiets durch Nichtregierungsorganisationen von außerhalb des chinesischen Gebiets (im Folgenden: „NGO Gesetz“) verabschiedet, das am 1. Januar 2017 in Kraft treten soll. Mit dem Gesetz stellt China die Aktivitäten von ausländischen Nichtregierungsorganisationen unter die Kontrolle der Behörden der Staatssicherheit und schafft damit erhebliche administrative Hürden und politische Risiken für Aktivitäten aller nichtstaatlichen deutschen und internationalen Organisationen in China. Bereits 2015 war es nach Beschluss des Gesetzes zum Schutz der nationalen Sicherheit zu Verhaftungen gerade auch von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte , die sich für die Einhaltung von Bürgerrechten eingesetzt hatten, gekommen (vgl. Amnesty International). Darüber hinaus stellt die chinesische Führung internationale Standards von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten in ihrer offiziellen Rhetorik immer wieder als Konzepte feindlicher Kräfte dar, die es einzudämmen gilt. Rechtsan- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9289 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode wältinnen und Rechtsanwälte müssen in China ihre Zulassung regelmäßig erneuern lassen. In der Vergangenheit haben chinesische Behörden immer wieder die Zulassung von Anwältinnen und Anwälten verweigert, die sich besonders für den Schutz der Menschenrechte eingesetzt haben. Damit stellen sie die Zielsetzung des deutsch-chinesischen Rechtstaatsdialogs in Frage. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung setzt sich in China für die Achtung der Menschenrechte und den Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen ein. Die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und China wurden in den letzten rund 16 Jahren stetig intensiviert . Deutschland und China unterhalten rund 70 Dialogformate in vielfältigen Bereichen. In verschiedenen Dialogen sind auch zivilgesellschaftliche Organisationen eingebunden. Zur Unterstützung des Aufbaus rechtsstaatlicher Strukturen führen Deutschland und China seit dem Jahr 2000 einen umfassenden Dialog über Fragen des Rechts, den sog. Deutsch-Chinesischen Rechtsstaatsdialog, zu dem auch der Deutsch- Chinesische Menschenrechtsdialog gehört. Der Deutsch-Chinesische Rechtsstaatsdialog bildet die Grundlage dafür, um im Austausch mit der chinesischen Seite rechtsstaatliches Denken und Handeln zu fördern. Durch den Deutsch-Chinesischen Rechtsstaatsdialog werden in der chinesischen Rechts- und Gesellschaftsordnung wichtige Reformen angestoßen und begleitet. Ein Kernelement des Rechtsstaatsdialogs sind die jährlich stattfindenden Rechtssymposien . Diese Symposien geben hochrangigen Politikern, Fachleuten und Wissenschaftlern beider Staaten Gelegenheit zu einem intensiven Meinungsaustausch über die zuvor gemeinsam vereinbarten Fachthemen. Unabhängig von dem vereinbarten Fachthema werden im Rahmen der Rechtssymposien stets Fragen zu Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten thematisiert. Hierzu gehören u. a. auch Themen wie der Zugang der Bürger zum Recht, die Rechtsdurchsetzung sowie effektiver gerichtlicher Rechtsschutz. Die Rechtssymposien ergänzen die umfangreiche und vielgestaltige Projektarbeit , die im Rahmen des Rechtsstaatsdialogs von unterschiedlichen staatlichen Trägern und nichtstaatlichen Organisationen geleistet wird. So finden neben den Fachsymposien jährlich zahlreiche, zum Teil hochrangige Begegnungen, Workshops , Seminare und Universitätsvorlesungen zu diversen, meist aktuellen Gesetzgebungs - und Rechtsreformthemen statt. Im Laufe der vergangenen 16 Jahre wurden rund 9 600 chinesische Richterinnen und Richter fortgebildet, zahlreiche Gesetzgebungsverfahren begleitet und Regierungsstellen zu unterschiedlichsten Themen der Justiz- und Rechtsreform beraten. Dennoch hat sich die Lage in China im Bereich der Bürger- und Menschenrechte aus Sicht der Bundesregierung in den letzten Jahren verschlechtert und gibt z. T. Anlass zur Sorge. Dazu gehört insbesondere der Umgang Chinas mit zivilgesellschaftlichen Entwicklungen und Organisationen. Diese Entwicklungen nimmt die Bundesregierung sehr ernst. Deswegen hält die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Erfahrungen im Dialog mit China daran fest, dass nur der Dialog Möglichkeiten zur Annäherung und Veränderung verschafft – auch wenn dies nicht immer kurzfristig gelingt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9289 1. Welche konkreten Auswirkungen wird das neue NGO-Gesetz nach Einschätzung der Bundesregierung auf die deutsch-chinesische Zusammenarbeit haben , insbesondere auf bilateral vereinbarte Dialogformate und Kooperationen ? Der Umgang Chinas mit NGOen bereitet Anlass zur Sorge – wie in der Präambel dargestellt gilt: Diese Entwicklungen nimmt die Bundesregierung sehr ernst. Deswegen hält die Bundesregierung daran fest, dass nur der Dialog Möglichkeiten zur Annäherung und Veränderung verschafft. Die umfassenden Kontrollregelungen des Gesetzes lassen befürchten, dass die künftige Zusammenarbeit deutscher nichtstaatlicher Organisationen mit der chinesischen Zivilgesellschaft eingeschränkt und erschwert wird. Gerade unsere zahlreichen offiziellen Dialogformate erlauben uns jedoch, das neue NGO-Gesetz in einer Vielzahl von Foren anzusprechen , nicht nur im Menschenrechts- oder Rechtsstaatsdialog. 2. In welcher Form hat die Bundesregierung das NGO-Gesetz mit der chinesischen Regierung und anderen chinesischen Partnern thematisiert? Anlässlich der 4. Deutsch-Chinesischen Regierungskonsultationen hat die Bundeskanzlerin am 12. Juni 2016 in einem Pressestatement unter anderem erklärt: „Das erste Thema war das NGO-Gesetz, das Anfang des Jahres 2017 in Kraft tritt. Wir haben darüber gesprochen, wie wir eine Art Frühwarnsystem einsetzen könnten , wenn die Entwicklungen in die Richtung laufen, dass im beiderseitigen Interesse wichtige und auch gute Arbeit der Nichtregierungsorganisationen, zum Beispiel der Handelskammern oder auch der politischen Stiftungen, nicht mehr so gut ausgeführt werden könnte“ (www.bundesregierung.de/Content/DE/ Mitschrift/Pressekonferenzen/2016/06/2016-06-12-merkel-china.html). Darüber hinausgehende Inhalte aus Gesprächen von Kabinettsmitgliedern wie auch aus anderen Gesprächen mit ausländischen Regierungsvertretern gibt die Bundesregierung grundsätzlich aus Staatswohlgründen nicht bekannt. 3. War dieses konkrete Gesetzesvorhaben Gegenstand von Beratungen im Rahmen der Symposien des Rechtsstaatsdialogs (RSD)? Wie haben die chinesischen Partner sich dazu positioniert? Entgegen der ursprünglichen Planung, dass jede NGO nur noch einen Standort im Land betreiben darf – was zu einer starken, insbesondere regionalen Einschränkung der Aktivitäten der NGOs geführt hätte – bleibt es den NGOs nunmehr weiterhin möglich, mehrere Standorte im Land zu betreiben und somit Synergieeffekte im gesamten Land zu nutzen. Der ursprüngliche Gesetzentwurf sah zudem vor, dass NGOs ihr Personal nur noch über eine staatliche Stelle – und nicht mehr direkt durch die NGOs in einem von diesen durchgeführten Bewerberverfahren – einstellen dürfen. Auch diese Einschränkung sieht das nunmehr verabschiedete Gesetz nicht mehr vor, sodass der zunächst geplante Zwang zur Lizenzerneuerung für NGOs alle fünf Jahre wieder gestrichen wurde. Die Bundesregierung wird die weiteren Entwicklungen und die Umsetzung des Gesetzes weiter sehr intensiv und kontinuierlich verfolgen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9289 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 4. Plant die Bundesregierung, das NGO-Gesetz zum Gegenstand des 16. Symposiums des deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialogs 2016 zu machen? Wenn ja, in welchem Rahmen? Wenn nein, warum nicht? Das Fachthema des diesjährigen Symposiums „Regelungssysteme und Mechanismen zum Schutz von Verbraucherrechten in Internet-Zeitalter“ greift ein aktuelles chinesisches Reformthema auf. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 5. Hat die Bundesregierung im Rahmen des Rechtsstaatsdialog bereits die Stellung von Anwältinnen und Anwälten als Organe der Rechtspflege thematisiert , und wenn nein, wann beabsichtigt sie dies zu tun? Die Rolle der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte wird im Rahmen des Rechtsstaatsdialogs in unterschiedlichen Formen thematisiert: 1. Sie spielt grundsätzlich im Rahmen der Rechtssymposien eine Rolle, weshalb die Anwaltschaft bei den jährlichen Rechtssymposien eng eingebunden wird und stets mit mehreren Teilnehmerinnen und Teilnehmern in den Symposien vertreten ist. Ergänzend wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung verwiesen. 2. Die Bundesrechtsanwaltskammer arbeitet mit dem staatlichen chinesischen Anwaltsvereins „All China Lawyers Association“ (ACLA) seit dem Jahr 2009 im Rahmen des Rechtsstaatsdialogs zusammen; seit dem Jahr 2015 in Form des „Deutsch-Chinesischen Anwaltsaustausches“. Diese Zusammenarbeit wird vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz seit Beginn eng begleitet und unterstützt, zuletzt bei der Durchführung von zwei Seminaren im November 2015 und im April 2016. 3. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat sich zum Ziel gesetzt, die Zusammenarbeit zwischen der deutschen und chinesischen Anwaltschaft weiter zu intensivieren. Dazu wurde im Entwurf des neuen Dreijahres Arbeitsprogramm mit China (2016 - 2018) die Zusammenarbeit zur Aus- und Fortbildung sowie zum Austausch von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten ausdrücklich aufgenommen. Des Weiteren soll eine „Gemeinsame Vereinbarung“ mit dem chinesischen Justizministerium geschlossen werden, um die schon bestehende Zusammenarbeit im Bereich der Anwaltschaft weiter zu stärken und eine belastbare Grundlage und mehr Verbindlichkeit für die künftige Zusammenarbeit zu schaffen. Vor diesem Hintergrund haben sich beide Seiten in der Abschlusserklärung der Vierten Deutsch-Chinesischen Regierungskonsultationen vom Juni 2016 dazu bekannt , den Abschluss einer solchen „Gemeinsamen Vereinbarung“ zur Intensivierung des Austausch zwischen den Anwältinnen und Anwälten anzustreben . 6. Welche Rolle spielt die Unabhängigkeit von Richterschaft und Anwaltschaft im Rahmen des Rechtsstaatsdialogs? Ein Kernelement des Rechtsstaatsdialogs ist die Förderung des Aufbaus rechtsstaatlicher Strukturen in China; hierfür sind eine unabhängige Justiz und eine freie Anwaltschaft unerlässlich. Es handelt sich hierbei um Kernthemen eines jeden Rechtssymposiums; siehe hierzu die Ausführungen in der Vorbemerkung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9289 Zudem war das Thema „Richterliche Professionalität und richterliche Berufsethik “ Gegenstand des 8. Deutsch-Chinesischen Richterseminar (2015). Des Weiteren haben sich im Rahmen des Deutsch-Chinesischen Anwaltsaustauschs (s. Antwort zu Frage 5) deutsche und chinesische Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Vertreter der ACLA im November 2015 u. a. über neuere Entwicklungen des Anwaltsrechts in China und Deutschland ausgetauscht. 7. Hat die Bundesregierung, im Rahmen des Rechtsstaatsdialogs das Zulassungsverfahren für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte thematisiert? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Im Rahmen des in der Antwort zu Frage 6 genannten Austausches zwischen deutschen und chinesischen Anwälten wurde auch das Zulassungsverfahren für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte thematisiert. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 8. a) Plant die Bundesregierung, die Situation der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in China, insbesondere nach Verabschiedung des chinesischen Gesetzes zum Schutz der nationalen Sicherheit im Juli 2015, zum Gegenstand des 16. Symposiums des deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialogs 2016 zu machen? Wenn ja, in welchem Rahmen? Wenn nein, warum nicht? b) Inwiefern wird sie dabei auch Berichte über vermehrte Verhaftungen von Menschenrechtsanwältinnen und -anwälten nach Verabschiedung des Gesetzes thematisieren (vgl. Amnesty International)? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 4 und 5 sowie auf die Vorbemerkung verwiesen. 9. Warum hat sich die Bundesregierung gemeinsam mit den chinesischen Partnern für das Thema „Verbraucherrechte im Internet-Zeitalter“ als Schwerpunkt des deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialogs 2016 entschieden? Die Frage wird so verstanden, dass die Anfragenden das diesjährige 16. Symposium im Rahmen des Deutsch-Chinesischen Rechtsstaatsdialogs meinen, das sich dem Thema „Regelungssysteme und Mechanismen zum Schutz von Verbraucherrechten im Internet-Zeitalter“ widmet. Die Themen der jährlich stattfindenden Rechtssymposien werden gemeinsam zwischen den deutschen und chinesischen Partnern vereinbart. Das Thema des 16. Symposiums ist von beiderseitigem besonderem Interesse und greift ein aktuelles Vorhaben in China auf. China erarbeitet zurzeit ein Gesetz, das möglichst alle Aspekte des elektronischen Geschäftsverkehrs regeln soll. Ein erster Gesetzesentwurf wird nach gegenwärtigem Stand im Oktober 2016 erwartet. Zudem ist bis 2020 die Errichtung eines „Sozialkreditsystems“ geplant, mit dem ausnahmslos jeder Bürger und jedes Unternehmen in einem zentral gesteuerten vernetzten Dateiensystem erfasst werden und mittels „Scoring“ eine Art „Kopfnote für Kreditwürdigkeit“ erhalten soll. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9289 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat reiche Erfahrung im Bereich Verbraucherschutz, Kundendatenschutz und im Umgang mit sog. Scoring-Systemen. Durch den Austausch im Fachsymposium können grundlegende rechtsstaatliche Interessen, wie z. B. die Transparenz von Scoring Systemen , Verbraucher- und Datenschutzaspekte sowie die Anforderungen an eine effektive Rechtsdurchsetzung und eine funktionierende Justiz der chinesischen Seite näher eingebracht und verankert werden. 10. Wie hat die Bundesregierung, insbesondere das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz, die möglichen Folgen des neuen Gesetzes für die weitere Durchführung des Rechtsstaatsdialogs mit ihren nichtstaatlichen Partnern in China (Universitäten, Verbände, Handelskammern usw.) thematisiert ? Hat das Bundesministerium die deutschen Durchführungsorganisationen über das neue Gesetz informiert, und im Hinblick auf die Folgen für die künftige Kooperation beraten? Das NGO-Gesetz wurde u. a. im Jahr 2015 und im Mai 2016 bei dem „Großen Runden Tisch zur Rechtszusammenarbeit mit China“ thematisiert. Der „Große Runde Tisch China“ dient der Koordinierung und besseren Vernetzung der Akteure des Deutsch-Chinesischen Rechtsstaatdialogs und der verschiedenen deutschen Partner, die im Rechtsbereich mit China tätig sind. Er findet jährlich auf Einladung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz statt. Neben Bundesminister Maas und dem bzw. der Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe haben auch 2015 und 2016 wieder zahlreiche Akteure und Partner des Deutsch-Chinesischen Rechtsstaatsdialogs teilgenommen, darunter auch Vertreter der politischen Stiftungen und der Wissenschaft. Anlässlich des 15. Rechtssymposiums 2015 in Peking hat Bundesminister Maas im Gespräch mit Vertretern der Zivilgesellschaft das geplante NGO-Gesetz thematisiert . Auch die Fachebene des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz tauscht sich mit den deutschen Durchführungsorganisationen des Deutsch- Chinesischen Rechtsstaatsdialogs zu aktuellen Themen, wie z. B. den Auswirkungen der neuen chinesischen Sicherheitsgesetze, aus. 11. Hat eine umfassende Evaluierung der bisherigen Symposien, der einzelnen Maßnahmen, der Gesamtheit der Maßnahmen des RSD stattgefunden? Sind die Ergebnisse öffentlich zugänglich? Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat im Jahr 2015 ein Gutachten über die Wirkungen und Impulse des 13. Rechtssymposiums mit dem Thema: „Vermeidung und Beilegung von Verwaltungsstreitigkeiten“ für die Rechtsentwicklung in China in Auftrag gegeben. Das Gutachten wurde von Prof. Dr. Björn Ahl (Ostasiatisches Seminar – China Studien, Universität zu Köln) erstellt ; es befasst sich unter anderem mit der Frage, ob sich die chinesischen Reformen in den einschlägigen Rechtsbereichen an Prinzipien orientieren und Konzepte umsetzen, welche von der deutschen Seite anlässlich des Symposiums in den Beratungsprozess eingebracht wurden. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass es inhaltliche Entsprechungen zwischen den Diskussionen in dem Symposium und denjenigen chinesischen Reformmaßnahmen gibt, die sich an das Symposium anschlossen. Eine Vielzahl der Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/9289 anschließenden Gesetzesänderungen habe sich an Prinzipien orientiert oder Konzepte umgesetzt, die in den vorangegangenen Vorträgen und Informationspapieren zum deutschen Recht dargestellt und in den Arbeitsgruppen diskutiert wurden . Das Gutachten wurde den Akteuren des Deutsch-Chinesischen Rechtsstaatdialogs beim „Großen Runden Tisch zur Rechtszusammenarbeit mit China“ im Mai 2015 vorgestellt. Zudem ist das Gutachten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des 13. Rechtssymposiums zugesandt worden; das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hält das Gutachten auf Nachfrage vor. Die Wirkungen des Rechtsstaatsdialogs mit China sind dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ein ernstes Anliegen. Die Entwicklungen, die sich in China an die gemeinsamen Rechtssymposien anschließen, verfolgt das Ministerium daher aufmerksam. So hat sich im Anschluss an das 15. Deutsch- Chinesische Rechtssymposium (2015), das sich mit dem aktuellen chinesischen Reformthema „Rechtliche (Regelungs)systeme und Mechanismen gegen häusliche Gewalt“ befasst hatte, gezeigt, dass das am 1. Januar 2016 in Kraft getretene chinesische Gesetz gegen häusliche Gewalt wesentliche Ergebnisse des 15. Symposiums umgesetzt hat; gegenüber dem ursprünglichen chinesischen Gesetzesentwurf sind vor allem die folgenden Verbesserungen zu nennen: 1. Der Rechtsschutz des Opfers ist deutlich gestärkt worden. Im Entwurf war die Gewaltschutzanordnung nur im Rahmen eines Annexverfahrens im Zusammenhang mit familienrechtlichen Streitigkeiten möglich. Das verabschiedete Gesetz hat nunmehr ein eigenständiges Gerichtsverfahren geschaffen; auf die Vorteile eines solchen hatten die deutschen Teilnehmer während der Diskussionen im Symposium wiederholt hingewiesen. 2. Das Verfahren für den Erlass einer Gewaltschutzanordnung für das Opfer ist vereinfacht worden. Der Antrag auf Erlass einer Gewaltschutzanordnung kann jetzt in Ausnahmefällen auch mündlich erfolgen. 3. Besonders umstritten war im Gesetzgebungsprozess die Frage, ob das Gesetz auch für nichteheliche Lebensgemeinschaften oder für Lebensgemeinschaften von Geschiedenen gelten soll. Nach dem Vorbild des deutschen Gewaltschutzgesetzes enthält das Gesetz nunmehr keine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Familienmitglieder; so dass alle häuslichen Lebensgemeinschaften von dem Gesetz umfasst werden. 12. Wie bewertet die Bundesregierung die bisherigen Ergebnisse des deutschchinesischen Rechtsstaatsdialogs im Allgemeinen sowie die der Symposien im Besonderen? Sowohl in China als auch in Deutschland sind im Rahmen von Veranstaltungen des Rechtsstaatsdialogs Personen mit großer rechtlicher Expertise und Kompetenz aus der Gesetzgebung, der Verwaltung, der Justiz, der Zivilgesellschaft und der Politik eingebunden; dies verleiht der Zusammenarbeit besonderes Gewicht. Ein weiterer Schritt zeigt sich darin, dass im Rahmen des Rechtskooperationsprogramms der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, das auf Fachebene den Rechtsstaatsdialog wesentlich mitträgt, im Laufe der vergangenen 16 Jahre rund 9 600 chinesische Richterinnen und Richter fortgebildet sowie zahlreiche Gesetzgebungsverfahren begleitet wurden. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9289 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Ungeachtet dieser Erfolge ist sich die Bundesregierung bewusst, dass der Rechtsstaatsdialog in absehbarer Zeit nicht dazu führen wird, dass China das westliche Konzept von Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit und der Garantie der Menschenrechte eins-zu-eins übernehmen wird. Er ist gleichwohl ein Prozess des Wandels durch Annäherung. 13. Wie schätzt die Bundesregierung die Ergebnisse des RSD im Hinblick auf das formulierte Ziel, die Respektierung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten zu fördern, ein? Der Rechtsstaats- sowie der Menschenrechtsdialog stellen nach Ansicht der Bundesregierung unverzichtbare Instrumente dar, um zielgerichtet vorhandene Missstände anzusprechen; die Dialoge leisten einen nachhaltigen Beitrag zu rechtsstaatlichem Denken und Handeln. Ergänzend wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung verwiesen. 14. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass durch die deutsche Rechtsberatung im Rahmen der Symposien nicht Gesetze legitimiert werden, die internationalen Menschenrechtsstandards zuwiderlaufen? Ziel des Rechtsstaatsdialogs ist es, China bei dem Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen zu begleiten und zu unterstützen. Diesem Ziel dienen auch die jährlich stattfindenden Symposien. Der Dialog ermöglicht es, der chinesischen Seite immer wieder unser Verständnis von Rechtsstaatlichkeit vor Augen zu führen. Die deutschen Expertinnen und Experten, die mit ihrem Wissen und ihren praktischen Erfahrungen zum Erfolg der Symposien beitragen, „legitimieren“ keine Gesetze im Rahmen der Symposien. Die Gesetzgebung ist Aufgabe der zuständigen Organe in China (insbesondere des Staatsrats, der Gesetzeskommission des Nationalen Volkskongresses und des Nationalen Volkskongresses selbst). 15. Wie will die Bundesregierung mit dem Rechtsstaatsdialog verfahren, sollten grundlegende Aktivitäten in seinem Rahmen in Zukunft nicht mehr bzw. nur noch eingeschränkt stattfinden können? Die Frage wird so verstanden, dass ihr die Annahme zugrunde liegt, dass nach Inkrafttreten des NGO-Gesetzes in China die Arbeit der deutschen Durchführungsorganisationen nicht mehr bzw. nur noch eingeschränkt möglich sein wird. Eine solche Entwicklung wäre aus Sicht der Bundesregierung extrem zu bedauern . Daher wird die Bundesregierung die Umsetzung des Gesetzes weiter beobachten und eng begleiten. Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass der fachliche Austausch im beiderseitigen Nutzen liegt und fortgeführt werden sollte. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 sowie auf die Vorbemerkung verwiesen . 16. Welche Rolle spielen die demokratischen Strukturen der Bundesrepublik Deutschland in den Gesprächen, zum Beispiel, dass in der Bundesrepublik Deutschland frei und demokratisch gewählte Parlamente für die Rechtsetzung zuständig sind? In den zahlreichen Dialogen, die die Bundesregierung mit China führt, spielen die politischen Strukturen Deutschlands, insbesondere die Erläuterung der Willensbildung und der Aufgaben des Parlaments, eine zentrale Rolle. Ein gutes Beispiel hierfür ist z. B. die Diskussion um die Verleihung des Marktwirtschaftsstatus. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/9289 Hier machen wir China immer wieder deutlich, dass der Deutsche Bundestag ganz wesentlich an der Willensbildung der Bundesregierung mitwirkt und dass das Europäische Parlament einer Rechtsänderung wird zustimmen müssen. 17. Welche strukturellen Verbesserungen der Menschenrechtslage – über Einzelfälle hinaus – hat der deutsch-chinesische Menschenrechtsdialog, der Teil des Rechtsstaatsdialogs ist, bislang erbracht? Nachdem es Ende des letzten Jahrzehnts so schien, als würden die bürgerlichen Rechte in China stetig erweitert werden, ist die Entwicklung in den letzten Jahren eher rückläufig. Die Bundesregierung betrachtet das mit großer Sorge. Dennoch hat es gewisse strukturelle Verbesserungen gegeben: China ist z. B. zunehmend bemüht, seine Rechtsnormen zu kodifizieren und legt verstärkt Wert auf die Schaffung eines rechtlichen Rahmens für staatliches Handeln. Das System der „Umerziehung durch Arbeit“ wurde 2013 gesetzlich verboten – auch wenn das Verbot in der Praxis auch noch nicht ganz umgesetzt wurde. Die Anzahl der Delikte für die die Todesstrafe verhängt werden kann, wurde 2015 erneut reduziert – auch wenn sie immer noch in zu vielen Fällen angewendet wird. Die Bundesregierung wird nicht aufhören, sich für strukturelle Verbesserungen der Menschenrechtslage einzusetzen. 18. Gibt es in der Bundesregierung Überlegungen, das Format des deutsch-chinesischen Menschenrechtsdialogs aufgrund der bisherigen Erfahrungen/Ergebnisse zu modifizieren bzw. neu auszurichten, insbesondere im Hinblick auf direkte Gespräche mit der Zivilgesellschaft? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht? Eine Änderung des Formats des Deutsch-Chinesischen Menschenrechtsdialogs ist derzeit nicht geplant. Der Dialog wird geführt zwischen der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung und dem im chinesischen Außenministerium angesiedelten chinesischen Menschenrechtsbeauftragten. Nach Übernahme ihres Amts als Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung wird Dr. Kofler den Menschenrechtsdialog voraussichtlich im November 2016 erstmals führen. Eine Bestandsaufnahme wird daran anschließend erfolgen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333