Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 27. Juli 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9306 18. Wahlperiode 01.08.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ralph Lenkert, Niema Movassat, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/9174 – Ernteausfälle und Hungersnöte aufgrund von Klimawandel V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Hungersnöte gehören zu den vermeidbaren Krisen der Menschheit. Die weltweite Nahrungsmittelproduktion genügt rechnerisch auch heute, um alle Menschen mit ausreichend Nahrungsmitteln zu versorgen. Ursachen für akute Hungersnöte werden – neben Kriegen – in Preisexplosionen durch Nahrungsmittelspekulationen ebenso vermutet wie in Ernteausfällen aufgrund klimatischer Schwankungen. Welche Faktoren hierbei eine übergeordnete Rolle spielen und inwieweit der Klimawandel für regionale Hungersnöte ursächlich ist, wird in der Fachwelt unterschiedlich bewertet. Gleichwohl ist die Landwirtschaft erheblich vom Wetter abhängig und insofern durch klimatische Schwankungen besonders betroffen. Es ist daher naheliegend, dass der Klimawandel einen erheblichen Einfluss auf die Produktivität bestimmter Nahrungsmittel in bestimmten Regionen der Erde hat. Das Ernährungsprogramm der Vereinten Nationen „UN World Food Programme“ (WFP) geht daher davon aus, dass im Zusammenhang mit dem Klimawandel bis zum Jahr 2050 die Zahl der hungernden Kinder weltweit um 24 Millionen steigen könnte. 1. Wann und aus welchen Gründen rief nach Kenntnis der Bundesregierung die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) in den vergangenen 50 Jahren die UN-Mitgliedstaaten um zusätzliche Hilfen an, um Hungersnöten zu begegnen (bitte mit Jahr, Umfang der Hilfe und Ursachen für Hilfsbedürftigkeit angeben)? Um drohenden Hungersnöten zu begegnen, bittet die Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) die UN-Mitgliedstaaten anlassbezogen um zusätzliche finanzielle Hilfen. Die Gründe für Hungersnöte sind sehr vielfältig und reichen von witterungs- und klimabedingten Katastrophen, wie z. B. Stürme, Dürren und Hochwasser, bis hin zu Kriegen und Fluchtbewegungen. Diese Aufrufe erfolgen zumeist nicht durch offizielle Schreiben der FAO an die UN-Mitgliedstaaten, sondern in der Regel ausschließlich durch entsprechende Aufrufe auf der FAO-Internetseite (www.fao.org/emergencies/appeals/en/). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9306 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Der Bundesregierung liegen für die letzten 50 Jahre keine ausreichenden Informationen vor, aus denen rekonstruiert werden kann, wann die FAO die Mitgliedstaaten aus welchen Gründen um zusätzliche Hilfe angerufen hat. 2. Wann und aus welchen Gründen leistete die Bundesrepublik Deutschland nach Kenntnis der Bundesregierung bilaterale Hilfen außerhalb der UN-Organisation , um Hungersnöten zu begegnen? Die fehlende Informationsgrundlage (siehe Frage 1) sowie der umfassende zeitliche Rahmen von 50 Jahren ermöglichen der Bundesregierung keine detaillierte Beantwortung. Hierzu regen wir bei Bedarf eine Befassung des wissenschaftlichen Dienstes an. Zwischen den Jahren 2013 und 2015 hat die FAO 30 Länder mit andauernden Krisen als ernährungsunsicher eingestuft. In 26 Ländern hat die Bundesregierung in diesem Zeitraum kurz- und mittelfristige Unterstützung gegen die Hungerkrisen geleistet (siehe Aufstellung Anlage). Ernährungshilfe ist integraler Bestandteil der deutschen humanitären Hilfe. Ziel ist, in humanitären Kontexten kurz- bis mittelfristig zur Nahrungs- und Ernährungssicherung beizutragen, das heißt Nahrung zu sichern, Unter- und Mangelernährung zu verhindern und zu bekämpfen, besonders verwundbaren und akut ernährungsunsicheren Menschen beizustehen. Gezielte Maßnahmen zur Vermeidung künftiger Hungerkrisen sind ein Schwerpunkt der deutschen Entwicklungszusammenarbeit verstärkt seit dem Jahr 2014 durch die Sonderinitiative „EINEWELT ohne Hunger“. Mit mittel- und langfristigen , strukturbildenden Maßnahmen setzt sich die Bundesregierung dafür ein, die Widerstandsfähigkeit („Resilienz“) von Menschen und Gesellschaften zu stärken , um sie in die Lage zu versetzen, künftige Ernährungskrisen aus eigener Kraft zu überstehen. 3. Bei welchen Aufrufen der FAO der vergangenen 50 Jahre beteiligte sich die Bundesrepublik Deutschland darüber hinaus mit welchen Hilfen (bitte Art und Höhe der Hilfen je Vorgang angeben?) Siehe Antwort zu Frage 2 und tabellarische Anlage. 4. Wurden die in Frage 3 in Bezug genommenen Hilfen ganz oder teilweise aus den geplanten Mitteln für Entwicklungszusammenarbeit bezahlt? Die in der Anlage aufgeführten Mittel wurden aus der humanitären Hilfe des Auswärtigen Amtes (AA), der Übergangshilfe und der bilateralen Zusammenarbeit sowie den Sonderinitiativen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zusätzlich bereitgestellt. 5. Wie hoch war der jährliche Anteil der Entwicklungsgelder, der in akute Sofortprogramme floss im Vergleich zu dem Anteil, der in langfristige Projekte ging? Der prozentuale Anteil von Mitteln für Maßnahmen der Humanitären Hilfe, welche in Sofortprogramme fließt, an der gesamten bilateralen ODA, welche langfristige Projekt finanziert, hat sich seit dem Jahr 2012 erhöht. In den letzten drei Jahren ist der Anteil von 4,6 Prozent im Jahr 2012, auf 6,1 Prozent im Jahr 2013 und auf 7,5 Prozent im Jahr 2014 gestiegen. Die ODA-Statistiken für das Jahr 2015 werden erst Ende des Jahres 2016 vorliegen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9306 6. Welcher Anteil der geplanten Mittel für Entwicklungszusammenarbeit wird für Maßnahmen aufgebracht, um dem Klimawandel zu begegnen, und wie entwickelte sich dieser Anteil in der Vergangenheit? Im Jahr 2014 betrug die deutsche Klimafinanzierung aus Haushaltsmitteln rund 2,34 Mrd. Euro (davon 1,994 Mrd. Euro aus dem Haushalt des BMZ). Bei einem Gesamtetat des BMZ im Jahr 2014 in Höhe von 6,44 Mrd. Euro ergibt sich ein Anteil von 30,9 Prozent. Zusätzlich haben im Jahr 2014 DEG und KfW weitere 2,8 Mrd. Euro an Marktmitteln bereitgestellt, so dass sich der deutsche öffentliche Beitrag zur Klimafinanzierung im Jahr 2014 insgesamt auf 5,14 Mrd. Euro summiert. Die Bundesregierung konnte von 2005 bis 2014 ihre Klimafinanzierung aus Haushaltsmitteln fast verfünffachen, von 470 Mio. Euro im Jahr 2005 auf rund 2,34 Mrd. Euro im Jahr 2014. 7. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass bei einer Verwendung von Mitteln für langfristige Entwicklungszusammenarbeit für Soforthilfen das eigentliche Ziel einer langfristig positiv wirkenden Wirtschaftsentwicklung durch Entwicklungshilfe verlorengeht (bitte begründen)? Soforthilfen werden durch die humanitäre Hilfe des AA finanziert. Die Übergangshilfe des BMZ schließt an die Soforthilfe an und finanziert schnell wirksame und strukturbildende Maßnahmen, die die Voraussetzungen für nachhaltige Entwicklung schaffen. Die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit, inkl. der Technischen und Finanziellen Zusammenarbeit, trägt mittel- und langfristig zu einer nachhaltigen Entwicklung bei. All diese Instrumente greifen ineinander und können – je nach Situation und Bedarfslage – zeitlich versetzt oder parallel eingesetzt werden. AA und BMZ stehen dafür eigene Haushaltstitel zur Verfügung. 8. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass Mittel für Soforthilfen nicht aus Fonds für langfristige Entwicklungszusammenarbeit entnommen, sondern zusätzlich aufgebracht werden sollten (bitte begründen)? Siehe Antwort zu Frage 7. 9. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Ernteausfälle aufgrund klimatischer Schwankungen in der Bundesrepublik Deutschland, den heutigen EU-Mitgliedstaaten und weltweit? Offizielle Statistiken über unmittelbare Zusammenhänge zwischen klimatischen Veränderungen und Ernteerträgen existieren nicht. Gleichwohl lassen sich im Rahmen der Ernteberichterstattung Einflüsse des Witterungsverlaufs während der Vegetationsperiode beobachten, jedoch nicht näher quantifizieren. Die Auswirkungen von Witterungsanomalien (z. B. anhaltende Hitze, Dürre, Überflutungen, Starkregen, Kahlfröste) sind unterschiedlicher Natur je nach Kulturart und häufig auch regional begrenzt. Die Folgen reichen von Totalausfällen bis zu Mengenund /oder Qualitätseinbußen z. B. durch höheren Krankheits- oder Schädlingsdruck . Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland haben Ertragseinbußen infolge von Witterungseinflüssen nicht mehr zu einer Gefährdung der Versorgungssicherheit der Bevölkerung geführt. In Bezug auf die sonstigen EU-Staaten sowie in globaler Hinsicht sind der Bundesregierung keine entsprechenden Auswertungen für die Vergangenheit bekannt . Die Bedeutung des Klimawandels für die Ernährungssicherung findet je- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9306 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode doch zunehmend auch im internationalen Kontext Berücksichtigung. Die regelmäßigen Markteinschätzungen der G20-Initiative AMIS (Agricultural Market Information System) berücksichtigen in starkem Maße die Witterungseinflüsse in den wichtigen Erzeugungsregionen der Welt. In den letzten anderthalb Jahren spielte dabei der Einfluss des außergewöhnlich starken El Niño Phänomens eine große Rolle. 10. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Höhe von Entschädigungszahlungen bei Ernteausfällen aufgrund klimatischer Schwankungen in der Bundesrepublik Deutschland und den heutigen EU-Mitgliedstaaten in den vergangenen 25 Jahren (bitte nach Jahren und Mitgliedstaaten auflisten )? Siehe Antwort zu Frage 9. Zu der Höhe von Entschädigungszahlungen bei Ernteausfällen aufgrund klimatischer Schwankungen in der Bundesrepublik Deutschland und den heutigen EU-Staaten in den vergangenen 25 Jahren liegen der Bundesregierung keine Daten vor. Aus dem EU-Haushalt werden keine direkten Entschädigungszahlungen für Ernteausfälle aufgrund klimatischer Schwankungen geleistet. Im Rahmen der 2. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) können allerdings Maßnahmen zum Risikomanagement gefördert werden, mit denen sich Landwirte gegen wirtschaftliche Einbußen infolge widriger Witterungsverhältnisse absichern können (Finanzbeiträge zu Prämien für Ernte-, Tier- und Pflanzenversicherungen, Finanzbeiträge zu Fonds auf Gegenseitigkeit, zusätzliches Einkommensstabilisierungsinstrument ). Die Schwerpunktsetzung und Umsetzung der Fördermaßnahmen in Deutschland erfolgt durch die Länder. Für die aktuelle Förderperiode 2014 bis 2020 sind in keinem der regionalen Entwicklungsprogramme Fördermaßnahmen zum Risikomanagement berücksichtigt. Einige andere Mitgliedstaaten der EU bieten diese, die Direktzahlungen der 1. Säule ergänzenden Risikoabsicherungsmaßnahmen , in der 2. Säule an. Allerdings kommt dieser Maßnahme auch dort keine große Bedeutung zu. EU-weit werden lediglich rund 1,8 Prozent der gesamten Finanzmittel aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die ländliche Entwicklung (ELER) einschließlich der erforderlichen nationalen Kofinanzierung für diese Fördermaßnahmen eingesetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333