Deutscher Bundestag Drucksache 18/931 18. Wahlperiode 26.03.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Irene Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/713 – Offene Fragen zu den Ermittlungen des Bundeskriminalamtes im Fall „Edathy“ vor allem unter dem Aspekt der Organisationsabläufe und Personalstrukturen Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mit der Kleinen Anfrage wird eine weitere Aufklärung in der Affäre „Edathy“ angestrebt. Aus Sicht der Fragesteller sind auch nach den bisherigen tatsächlichen und rechtlichen Erhebungen zweier Sitzungen des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 19. Februar 2014 sowie am 21. Februar 2014 eine Reihe von Fragen offengeblieben oder zumindest nicht hinreichend präzise und umfassend beantwortet worden. Zudem haben sich aufgrund der Darstellungen in den Ausschusssitzungen weitere Fragen ergeben. So haben insbesondere die Ausführungen des Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, eine ganze Reihe neuer Fragen aufgeworfen. Unter anderem muss die lange Auswertungszeit des Projekts „Spade“ von zwei Jahren in einem so brisanten Bereich wie der Kinderpornographie kritisch hinterfragt werden. 1. Wann erfuhren Beamte des BKA erstmalig von Einzelheiten des Projekts „Spade“, insbesondere von der Anzahl möglicher bundesdeutscher Tatverdächtiger , und wann waren in welchem konkreten Umfang in die kanadischen Ermittlungen auch bundesdeutsche Ermittler mit einbezogen? Vom 24. Oktober bis 1. November 2011 fand ein international organisierter Lehrgang zur Bekämpfung von Kinderpornografie statt, an dem auch zwei Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes teilnahmen. Wie vorab vereinbart übergab eine für das Projekt „Spade“ zuständige kanadische Kollegin der Toronto Police Service – Child Exploitation Section (TPS-CES) den Mitarbeitern des BKA bei diesem Anlass digitales Beweismaterial im Umfang von 450 Gigabyte (GB) zu Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 20. März 2014 übermittelt . Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. potenziellen deutschen Kunden (siehe die Antwort zu Frage 8). In die kanadischen Ermittlungen waren keine bundesdeutschen Ermittler eingebunden. Drucksache 18/931 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Zu welchem konkreten Datum Ende Oktober 2011 erfolgte die Übermittlung der sichergestellten Firmendaten der Azov Films durch INTERPOL an das BKA, und bestand die Möglichkeit der Kenntnisnahme der Namen von Verdächtigen durch die bearbeitenden INTERPOL-Mitarbeiter? Am 4. April 2012 übersandte INTERPOL Ottawa im Auftrag des „National Child Exploitation Coordination Centre (NCECC) of the Royal Canadian Mounted Police in Canada“ eine verschlüsselte Festplatte mit Begleitschreiben zum Projekt „Spade“. Es wurde festgestellt, dass auf der von INTERPOL Ottawa übermittelten Festplatte keine zusätzlichen Informationen enthalten waren. Ob Mitarbeiter von INTERPOL Ottawa die Möglichkeit einer Kenntnisnahme der Namen von Verdächtigen hatten, kann vom BKA nicht beurteilt werden. 3. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt als der Ende Oktober 2011 erfolgten Übermittlung der Festplatte an das BKA eine Kenntnisnahme hinsichtlich der Namen von verdächtigten Bundesbürgern durch in das Verfahren involvierte Personen erfolgte? Einzige Ausnahme war eine am 20. September 2011 per E-Mail übersandte Erkenntnismitteilung der kanadischen Behörden an einen Mitarbeiter des Fachreferates „Kriminalpolizeiliche Zentralstelle für Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen“ des BKA zu einem deutschen Produzenten, von welchem im Zuge des kanadischen Ermittlungsverfahrens Videos sichergestellt wurden. Vergleiche hierzu auch die Antwort zu Frage 9. Zu weiteren verdächtigen Bundesbürgern wurden zu diesem Zeitpunkt keine Angaben gemacht. Weitere Erkenntnisse liegen hierzu nicht vor. 4. Gab es nach der Hausdurchsuchung bei Sebastian Edathy Presseanfragen beim Bundesministerium des Innern (BMI), beim Bundesminister des Innern , seinen Staatsekretären oder beim BKA direkt, ab wann das BMI, der Bundesinnenminister bzw. seine Staatsekretäre oder das BKA über Ermittlungen gegen Sebastian Edathy informiert waren, und wenn ja, wie wurde auf diese Anfrage daraufhin konkret geantwortet? Ja, beim Bundesministerium des Innern gingen ab dem 12. Februar 2014 Presseanfragen im Sinne der Fragestellung ein, eine Beantwortung erfolgte nicht. Es wurde darauf verwiesen, dass das Bundesministerium des Innern zu laufenden Ermittlungsverfahren keine Stellungnahme abgibt. Bei der Pressestelle des BKA gab es mit Beginn der Medienberichterstattung über die Durchsuchung bei Sebastian Edathy ab dem 11. Februar 2014 eine Vielzahl von Presseanfragen, die auch die Frage beinhalteten, seit wann das BKA über Ermittlungen gegen Sebastian Edathy informiert war und wie das BKA mit diesen Informationen umgegangen ist. Das BKA verwies für die Beantwortung aller Presseanfragen in Absprache mit der Staatsanwaltschaft Hannover an die dortige Pressestelle. Im zeitlichen Verlauf wurden Anfragen mit Verweis auf die jeweils aktuelle Presseveröffentlichung des BKA (13., 24., 28. Februar 2014) beantwortet. Weitere Einzelheiten wurden mit Blick auf ein laufendes Ermittlungsverfahren nicht beauskunftet. 5. Hatte das BKA Kenntnis von der Kontaktaufnahme der Firma Azov Films zum Bayerischen Landeskriminalamt (LKA Bayern) im Jahr 2008, so wie im Fernsehmagazin „FAKT“ vom 25. Februar 2014 dargestellt, und wenn ja, warum hat das BKA nicht spätestens bei Übermittlung der Firmendaten der Firma Azov Films im Oktober 2011 auf eine deutliche Forcierung der Ermittlungen gedrängt und entsprechende Schritte eingeleitet? Nein. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/931 6. Hat das LKA Bayern die Informationen zu dieser Kontaktaufnahme im Jahr 2008 (vergleiche Frage 5) spätestens dann an das BKA weitergegeben, als das BKA den Landeskriminalämtern die Daten zu „Spade“ weitergeleitet hat, und wenn nicht, ist das im Nachgang kritisch vom BKA beim LKA Bayern vermerkt worden? Nein. Für eine kritische Nachfrage bestand seitens des BKA kein Anlass. 7. Enthielten diese Ende Oktober 2011 übermittelten Firmendaten auf der Festplatte sämtliche für die Operation „Spade“ relevanten Ermittlungsansätze einschließlich der für Deutschland relevanten Personen aus der Kundendatei , IP-Logdateien, oder gab es zu irgendeinem anderen, möglicherweise auch bereits früheren Zeitpunkt relevante Datenübermittlungen (auch in Form von Schriftakten) mit Hinweisen zu möglichen Tatverdächtigen durch die kanadische Polizei bzw. INTERPOL? Vor Oktober 2011 gab es keine Datenübermittlungen zum Projekt „Spade“ an das BKA. Nach Übergabe des digitalen Beweismaterials gab es noch Nachlieferungen : Am 17. Januar 2012 übermittelte die Toronto Police per E-Mail folgende ergänzende Beweismaterialen: ● eine Excelliste zu sog. Watermark-Hashes (elektronische, individuelle und von Azovfilms gesetzte „Wasserzeichen“ eines jeden Downloadprodukts zum Nachweis von verkaufsschädigenden Weitergaben der Produkte als Raubkopien an Dritte) sowie ● mit einer weiteren E-Mail eine weitere Excelliste „Germany – Digital Download Logs“, d. h. einen Nachweis über 23 512 erfolgreiche und nicht erfolgreiche Downloads der Produkte durch die deutschen Kunden (soweit die Produkte nicht ausschließlich per Post bestellt wurden). Daneben erfolgten im Rahmen des fortlaufenden Schriftverkehrs mit den kanadischen Behörden mehrfach (auf Nachfrage) Nachlieferungen, insbesondere von fehlendem Film- und Fotomaterial. Ergänzungen zu Kundendaten erfolgten nicht. 8. Gab es in Zusammenhang mit der bereits im Mai 2011 erfolgten Sicherstellung der Kundendatei der Firma Azov Films eine Vorabinformation des BKA derjenigen Länder, aus denen die jeweiligen Verdächtigen stammen, und wenn nein, warum nicht? Das BKA wurde Ende September 2011 von den kanadischen Behörden unter Bezugnahme auf eine in Deutschland identifizierte kinderpornografische Serie mit dem Hinweis kontaktiert, dass bei operativen Maßnahmen der kanadischen Behörden bei Azovfilms Videos der identifizierten kinderpornografischen Serie sichergestellt worden sind. In diesem Kontext wurde mitgeteilt, dass auch die Kundendatenbank von Azovfilms von den kanadischen Behörden sichergestellt werden konnte. Zwecks Übermittlung der in Kanada sichergestellten Videos zur in Deutschland bereits identifizierten kinderpornografischen Serie und zur Prüfung, ob in der Kundendatenbank auch deutsche Kunden wären und das bestellte Material nach deutschem Recht einen Anfangsverdacht im Sinne der Strafprozessordnung (StPO) begründen würde, wurde die Übergabe anlässlich des international organisierten Lehrgangs (siehe die Ausführungen in der Antwort zu Frage 1) vereinbart . Drucksache 18/931 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 9. Wurden die aus Kanada übermittelten Ermittlungsansätze zunächst vollständig liegengelassen und in keiner Weise angerührt, oder fand bereits vor dem Juli 2012 eine zumindest „nicht zielgerichtete“ Auswertung und Aufbereitung statt? Wenn ja, auf welche Weise? Die Formulierung „per se“ bringt zum Ausdruck, dass die Sachbearbeitung des umfangreichen Beweismaterials mit dem Ziel der Prüfung, ob deutsche Kunden wegen des Besitzes oder der Verbreitung von kinderpornografischem Material strafrechtlich belangt werden müssen, im Juli 2012 begann. Zuvor ist Folgendes geschehen: a) Zielgerichtete Suche im Beweismaterial nach Hinweisen auf einen deutschen Produzenten von kinderpornografischem Material Ein Mitarbeiter des Fachreferates Kriminalpolizeiliche Zentralstelle für Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen sichtete unmittelbar nach Eingang im BKA Anfang November 2011 das Beweismaterial in Hinblick auf einen bestimmten deutschen Produzenten von kinderpornografischem Material, um mögliches Beweismaterial für ein neues Verfahren festzustellen. Vorab hatte er einen entsprechenden Hinweis auf den Produzenten von den kanadischen Behörden erhalten (siehe die Antwort zu Frage 3). Die Sichtung des Beweismaterials verlief ohne Ergebnis. Auch eine anschließende automatisierte Einzelrecherche mit dem Namen des Produzenten und möglichen Lieferanten für Azovfilms in der von den kanadischen Behörden übermittelten Kundenliste (Excelliste) erbrachte keinen Treffer. In der Folge hat sich dieser Mitarbeiter nicht mehr mit dem Beweismaterial der Operation „Selm“ befasst. b) Aufbereitung der Adressliste, daraus resultierender Zufallsfund des BKAMitarbeiters und diesbezügliche Vorgangsaufbereitung für die Staatsanwaltschaft Mainz Am 10. Januar 2012 rief eine Mitarbeiterin des BKA die von den kanadischen Behörden übermittelten digitalen Beweismaterialien auf, um sich im Rahmen einer Grobsichtung einen ersten Überblick zu verschaffen. Dabei öffnete sie auch eine Excelliste, in der die Bestellungen aller deutschen Kunden bei der Firma Azovfilms enthalten sind. Die Mitarbeiterin scrollte durch die Liste und stieß dabei zufällig zunächst auf den Nachnamen eines ihr namentlich bekannten BKA-Mitarbeiters; sie entdeckte dann noch weitere Bestellungen unter dem Vornamen dieses BKA-Mitarbeiters. Bei beiden Fundstellen war als Bestellort ein Wohnort in der Nähe von Wiesbaden angegeben. Die Mitarbeiterin brach die Sichtung ab und informierte umgehend ihren unmittelbaren Dienstvorgesetzten. Die Mitarbeiterin des BKA wurde in der Folge damit beauftragt, das kanadische Beweismaterial im Hinblick auf den BKA-Beamten auszuwerten, um eine entsprechende Einzelakte zur Vorlage bei der örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft zu erstellen. Eine über die Person des BKA-Beamten hinausgehende Befassung mit dem Beweismaterial aus Kanada erfolgte in diesem Zeitraum nicht. Am 1. Februar 2012 wurde der Ermittlungsvorgang zu dem BKA-Beamten an die Staatsanwaltschaft Mainz übergeben. In der Folge erstellte die Mitarbeiterin eine Kopie der Excelliste, in der die Bestellungen aller deutschen Kunden bei der Firma Azovfilms enthalten sind, und begann diese aufzubereiten. Ziel der Aufbereitung war es, einen Überblick über die Zahl der deutschen Kunden zu erhalten. Da die Mitarbeiterin des BKA von ihren sonstigen Aufgaben nicht freigestellt wurde, war ihr dies nur neben ihren anderen Aufgaben möglich, so dass die Aufbereitung erst Mitte Juli 2012 abgeschlossen werden konnte. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/931 10. War innerhalb des von der kanadischen Polizei übermittelten Datenpakets eine eigene Namensdatei beigefügt, und wenn ja, wie viele konkrete Vorund Zunamen von den insgesamt 800 bundesdeutschen Tatverdächtigen enthielt diese Datei? Die von den kanadischen Behörden übersandte Excelliste, in der die Bestellungen aller deutschen Kunden bei der Firma Azovfilms enthalten sind, war ohne eine Bereinigung nicht brauchbar. Die Excelliste umfasst 6 589 Zeileneinträge zu einzelnen Bestellvorgängen deutscher Kunden. Ordnungskriterium war hier in alphabetischer Reihenfolge der bei der Bestellung angegebene Bestellname des deutschen Kunden. Hat ein deutscher Kunde bei der Bestellung zunächst seinen Nachnamen angegeben, wird er an entsprechender Stelle der Liste aufgeführt. Hat der Kunde auch unter Erstnennung seines Vornamens bestellt, finden sich diese Angaben an einer ganz anderen Stelle der Excelliste. Auch weitere Sonderfälle, wie z. B. eine Kürzung des Vornamens, führen zu einer anderen alphabetischen Einsortierung in die Liste. Da jeder Bestellvorgang in der Liste erfasst wird, wird zudem ein Kunde, der mehrfach Bestellungen vorgenommen hat, auch mehrfach in der Excelliste erfasst. Aus diesen Gründen war die Aufbereitung der Excelliste (siehe auch die Antwort zu Frage 9) erforderlich, um sowohl einen Überblick über die Gesamtzahl deutscher Kunden (also den Umfang des Verfahrens) zu erhalten als auch eine automatisierte Einspielung in eine noch zu programmierende Datenbank zu ermöglichen . Erst nach Abschluss der Bereinigung verfügte das BKA über das Wissen, dass das Beweismaterial Angaben zu mehr als 800 deutschen Kunden enthält. 11. War die Datei alphabetisch oder anderweitig sortiert, und enthielt diese Namensdatei auch den Klarnamen „Sebastian Edathy“? Zur Sortierung der Liste wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen. Zu Sebastian Edathy sind in der Liste ausschließlich Angaben unter Sebastian Edathy – also unter dem Buchstaben S und nicht bereits unter dem Buchstaben E – enthalten. 12. Inwiefern werden bei der Sichtung der Datensätze von aus dem Ausland gereichten Datensätzen § 77 Absatz 2 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) sowie Nummer 13a der Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (RiVASt) berücksichtigt, die beinhaltet, dass, wenn bei „Erledigung eines eingehenden Ersuchens ein Abgeordneter des Deutschen Bundestages […] betroffen [ist …] der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde vorab zu berichten und deren Äußerung abzuwarten“? Diese Vorschriften sind von deutschen Gerichten, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden, d. h. auch Ermittlungsbehörden wie die Polizeien in Bund und Ländern, gleichermaßen zu beachten und werden auch vom BKA berücksichtigt . Im vorliegenden Fall sind sie aber nicht einschlägig, da es kein entsprechendes Ersuchen der kanadischen Behörden in Sachen Edathy gab. 13. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die Auswertung eingereichter Datensätze im Zusammenhang mit Internetkriminalität zeitlich besonders eilig ist, weil andernfalls mögliche weitere Ermittlungen, die an die Kenntnis der IP-Adresse anknüpfen, verhindert werden könnten? Das ist grundsätzlich zutreffend, wenn die IP-Adresse ein beweisrelevantes Datum im konkreten Fall ist. Insofern teilt die Bundesregierung die Auffassung Drucksache 18/931 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode der Fragesteller, dass die Auswertung eingereichter Datensätze im Zusammenhang mit Internetkriminalität zeitlich besonders dringlich ist. In dem hier zugrunde liegenden Fall wurden dem BKA jedoch „ausermittelte“ Sachverhalte übergeben, in denen die Namen der Tatverdächtigen bereits enthalten waren. Das zeitkritische Erfordernis, IP-Adressen Bestandsdaten zuzuordnen, bestand hier nicht. 14. Werden die Zugriffe auf die übermittelten Daten durch BKA-Mitarbeiter protokolliert, und wenn nein, warum nicht? Die von den kanadischen Behörden übermittelten Daten wurden auf ein sog. Stand-alone-System des ermittlungsführenden Referates des BKA aufgespielt. Für IT-Systeme dieser Art gelten technische und organisatorische Maßnahmen im Sinne des § 9 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und der BKA IT-Sicherheitspolicy . Demnach sind in diesem Sachverhalt die Räumlichkeiten, in denen sich das IT-System befindet, mit einer gesonderten Zutrittsberechtigung geschützt. Zutrittsberechtigt sind ausschließlich Mitarbeiter der ermittlungsführenden Fachdienststelle. Darüber hinaus ist der Zugriff auf das IT-System passwortgeschützt . Das benötigte Passwort bzw. die benötigten Passwörter sind ebenfalls nur den berechtigten Mitarbeitern der Fachdienststelle bekannt. Die organisatorischen Maßnahmen und damit auch physikalische Trennung von anderen IT-Systemen sind auch vor dem Hintergrund des § 184b des Strafgesetzbuchs (StGB) erforderlich, da nicht alle Mitarbeiter des BKA unter die Privilegierung des § 184b Absatz 5 StGB zu subsumieren sind. Eine gesonderte Protokollierung als Datensicherungsmaßnahme nach § 9 BDSG ist vorliegend daher grundsätzlich nicht erforderlich. Auch besteht keine darüber hinausgehende Pflicht zur Protokollierung (wie z. B. in § 11 Absatz 6 BKAG normiert). Darüber hinaus werden personenbezogene Daten in einem IT-System zur Vorgangsbearbeitung erfasst, gespeichert und verarbeitet. Der Zugriff auf die in diesem Vorgangsbearbeitungssystem befindlichen Daten wird protokolliert. Die entsprechenden Zugriffs- und Abfrageprotokolle werden für zwei Jahre gespeichert. 15. Wie viele Mitarbeiter innerhalb des BKA hatten eine Zugriffsmöglichkeit auf die Daten, und wie viele Mitarbeiter hatten konkret Zugriff auf die aus Kanada übermittelten Daten der Operation „Spade“? Eine Zugriffsmöglichkeit auf die Daten des Projekts „Spade“ bestand/besteht für alle im Zeitraum vom November 2011 bis heute der zuständigen Fachdienststelle für die Bekämpfung von Sexualdelikten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen im BKA zugewiesenen Bediensteten. Das sind mit Stand vom 13. März 2014 kumulativ 36 Mitarbeiter des BKA, wobei aufgrund von Personalab- und -zugängen nicht alle Personen über den Gesamtzeitraum der Fachdienststelle zugewiesen waren bzw. es heute noch sind. Des Weiteren waren folgende Stellen einzubeziehen, um die Ermittlungen zu unterstützen: – Zwei Mitarbeiter der für die IT-Unterstützung zuständigen Fachdienststelle der Abteilung „Schwere und Organisierte Kriminalität“ hatten zur Einspielung in eine Datenbank Zugriff auf die Excelliste und einen Ordner mit allen Bestellformularen deutscher Kunden zu jedem Bestellvorgang. Sechs weitere Mitarbeiter dieser Fachdienststelle hätten Kenntnis nehmen können. – Zwei Mitarbeiter der „Kriminalpolizeiliche Medienzentrale“ des BKA hatten Zugriff auf Video- und Bilddaten, da sie mit der Konvertierung in einheitliche Datenformate befasst waren. Ein weiterer Mitarbeiter hatte die Möglichkeit, auf diese Video- und Bilddaten zuzugreifen. – Zwei Mitarbeiter eines Servicereferates der Abteilung „Informationstechnik“ hatten zur Durchführung eines automatisierten Abgleichs der Daten in poli- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/931 zeilichen Datensystemen Zugriff auf die in Rede stehende Excelliste. Darüber hinaus besteht für neun Mitarbeiter mit Administratorenrechten eine Zugriffsmöglichkeit. Von diesen ermittlungsunterstützenden Einheiten hatte niemand Kenntnis des gesamten Beweismaterials. Am 30. Oktober 2012 wurden im Vorgangsbearbeitungssystem 800 Einzelvorgänge zu den Beschuldigten der Operation „Selm“ – darunter auch für Sebastian Edathy – automatisiert angelegt. Da zum Zeitpunkt der automatisierten Erfassung im BKA nicht bekannt war, dass es sich bei einem der Tatverdächtigen um den Abgeordneten Sebastian Edathy handelte, wurde für den Vorgang standardmäßig keine besondere Zugriffsbeschränkung festgelegt. Das bedeutet, dass alle Nutzer dieses Vorgangsbearbeitungssystem mit dem Leserecht für kriminalpolizeiliche Vorgänge der Abteilung „Schwere und Organisierte Kriminalität“ diesen Vorgang und die Dokumente aus dienstlichen Gründen hätten einsehen können. Nach Bekanntwerden der Identität des in der Liste genannten Sebastian Edathy am 15. Oktober 2013 wurde die Zugriffsmöglichkeit auf die Mitarbeiter des zuständigen Fachreferates „Auswertung Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen“ beschränkt. Eine Überprüfung der Zugriffsprotokolle am 18. März 2014 hat ergeben, dass auf den Sebastian Edathy in dieser Sache betreffenden Vorgang seit seiner Generierung am 30. Oktober 2012 im Vorgangsbearbeitungssystem ausschließlich von zwei Beamtinnen des zuständigen Fachreferates im BKA zugegriffen wurde. Vor dem 15. Oktober 2013, dem Datum der Identifizierung des Abgeordneten Sebastian Edathy, haben die zwei Beamtinnen in der Zeit vom 30. Oktober 2012 bis zum 8. Oktober 2013 fünf Mal zugegriffen. Am Tag der Identifizierung – also dem 15. Oktober 2013 – hat eine der Beamtinnen zweimal auf den Vorgang zugegriffen. Die Protokollauswertung ergab darüber hinaus, dass vier weitere Beschäftigte im Zeitraum vom 30. Oktober 2012 bis zum 15. Oktober 2013 den Namen „Edathy“ im Vorgangsbearbeitungssystem abfragten und dabei u. a. auch die Verwaltungsdaten des in Rede stehenden Vorgangs angezeigt bekamen. Die Abfragen erfolgten konkret im Zuge der Bearbeitung des vermeintlichen Sprengstoffanschlags auf den Briefkasten des Büros des Abgeordneten Sebastian Edathy im Dezember 2012 sowie der Bearbeitung von Gefährdungssachverhalten zum Nachteil der Schutzperson Sebastian Edathy im August und September 2013. Bei Anfragen nach einem bestimmten Namen werden im Vorgangsbearbeitungssystem amtsweit sämtliche Vorgänge als Fundstellen angezeigt, in denen dieser Name eine Rolle spielt. Der Vorgangsnachweis im konkreten Fall enthielt aber lediglich die Vorgangsnummer und den Betreff „Besitz/Erwerb von Kinder-/ Jugendpornografie – OP Selm“. Weitere Informationen zum konkreten Sachverhalt , ein Bezug zum Abgeordneten Sebastian Edathy sowie dessen Rolle in dem entsprechenden Vorgang waren dem Vorgangsnachweis nicht zu entnehmen. Den Grundsätzen des Vorgangsbearbeitungssystems folgend wäre für weitergehende Informationen eine konkrete Nachfrage bei der zuständigen Sachbearbeitung im Referat SO 12 erforderlich gewesen, die jedoch nicht erfolgte. Die Beschäftigten nutzten die Abfragemöglichkeit im Vorgangsbearbeitungssystem lediglich zum Auffinden der für sie relevanten Vorgänge. Die Anzeige weiterer Fundstellen, somit auch des Vorgangs beim Referat SO 12, spielte für sie keine Rolle und wurde nach eigenem Bekunden auch nicht weiter zur Kennt- nis genommen. Ein Zugriff auf den Vorgang erfolgte ausweislich der Protokollierung nicht. Drucksache 18/931 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 16. Welche Rechtsauffassung besteht bei der Bundesregierung zu der Frage der Notwendigkeit einer Protokollierung des Zugriffes auf entsprechend digital vorliegende Ermittlungsunterlagen, und gibt es einen Vorgang beim behördlichen Datenschutzbeauftragten dazu, bzw. welche Position vertritt dieser zu der Frage? Eine pauschale Pflicht zur Protokollierung auf digital vorliegenden Ermittlungsunterlagen ist schon allein technisch schwierig, da sie voraussetzen würde, dass das Ermittlungsverfahren und die Nutzung digital vorliegender Beweismittel einem regelmäßig gleichen Prozess folgen würden. In der Praxis muss der Ermittler in Abhängigkeit vom Einzelfall entscheiden, welche Beweismittel auf welche Weise in die Ermittlungen einfließen. Für diese einzelfallabhängige Nutzung der Beweismittel hat sich die klassische Form der Protokollierung in sog. polizeilichen Tagebüchern etabliert. Die Bundesregierung erkennt keinen Änderungsbedarf an den etablierten Verfahren. 17. Auf welche Weise erfolgte, unabhängig von der gängigen Vorgehensweise in vergleichbaren Fällen, die konkrete Aufarbeitung der aus der Operation „Spade“ übermittelten Daten und Unterlagen (auf wessen konkrete Anordnung , durch welches Referat, Anzahl der eingesetzten Mitarbeiter, in Zusammenarbeit mit welchen weiteren Stellen – bitte in chronologischer Reihenfolge einzelne Verfahrensschritte aufzeigen), und zu welchem Zeitpunkt (bitte konkretes Datum angeben) wurde dabei erstmalig auf die den Namen „Sebastian Edathy“ enthaltende Datei zugegriffen? 2. November 2011: Aufspielen des Beweismaterials auf das Stand-Alone IT-System der Fachdienststelle zur Bekämpfung von Sexualdelikten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen sowie ergebnislose automatisierte Einzelrecherche mit dem Namen eines bekannten Produzenten und Lieferanten für Azovfilms; 10. Januar 2012: Beginn der Grobsichtung des Beweismaterials, insbesondere der Kundenliste und zufälliger Fund des Namens eines BKA-Beamten auf der Liste; 10. Januar 2012 bis 1. Februar 2012: priorisierte Abarbeitung dieses Einzelvorgangs und Abverfügung an die Staatsanwaltschaft Mainz; 2. April 2012: erste schriftliche Kontaktaufnahme mit der für die IT-Unterstützung zuständigen Fachdienststelle der Abteilung Schwere und Organisierte Kriminalität zur geplanten Errichtung einer Datenbank, die die strukturierte Abarbeitung der Daten ermöglichen sollte; Februar 2012 bis Mitte Juli 2012: Erstellung einer Kopie der Kundenliste und Beginn der Bereinigung, um einen Überblick über die Gesamtzahl deutscher Kunden zu erhalten. Bis zu diesem Zeitpunkt war im Fachreferat eine Kriminalbeamtin – neben ihren sonstigen Aufgaben im Fachreferat – mit dem Vorgang beschäftigt; Ab Juli 2012: diese Kriminalbeamtin sowie eine weitere Kriminalbeamtin wurden von der Referatsleitung von den sonstigen Aufgaben im Referat entbunden und für die Bearbeitung der Operation „Selm“ freigestellt; 5. Juli 2012: erste telefonische Ankündigung des BKA über das Umfangsverfahren Operation „Selm“ und Verabredung zu einer persönlichen Besprechung am 23. Juli 2012 bei der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main – Zen- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/931 tralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (GenStA-ZIT). Dabei erfolgte bereits eine mündliche Zusage der Übernahme des Ermittlungsverfahrens durch die GenStA-ZIT. Zur Vorbereitung dieser Besprechung wurde ab dem 5. Juli 2012 eine Sichtung der übermittelten Filme und Fotosets durchgeführt, um der Staatsanwaltschaft erste Vorschläge zur Kategorisierung und zur Abarbeitung /Priorisierung des Massenverfahrens unterbreiten zu können; 24. Juli 2012 bis 12. September 2012: detaillierte Kategorisierung des Beweismaterials und Erstellung von 421 Auswertevermerken mit Kerndaten und Screenshots; im August/September 2012 erfolgte zudem die Komprimierung des übermittelten Filmmaterials durch die Medienzentrale des BKA, um im Ergebnis mehr Filme/Fotosets auf die Beweismitteldatenträger (DVD, USB-Sticks) der Einzelakten aufspielen zu können; Juli bis Oktober 2012: sukzessive Einspielung der aufbereiteten Kundenliste und der vorliegenden Einzelbestellformulare durch die für die IT-Unterstützung zuständige Fachdienststelle der Abteilung Schwere und Organisierte Kriminalität in die Datenbank; 30. Oktober 2012: automatisierte Einspielung der Kundendaten in das Vorgangsbearbeitungssystem des BKA, Anlage von Einzelvorgängen. 18. Worum handelte es sich bei dem zum Eingang der Daten aus Kanada im BKA bereits laufenden Verfahren „Tornado“, und wie lange hat die Bearbeitung aller ca. 1 000 Tatverdächtigen von der ersten Möglichkeit der Erfassung im BKA bis zur konkreten Aussendung der aufbereiteten Ermittlungsakten an die örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften im Durchschnitt gedauert? Basis der Ermittlungen in der Operation „Tornado“ waren Daten aus einer Kundendatenbank eines weißrussischen elektronischen Zahlungssystems, welches dazu benutzt worden war, Zahlungen im Zusammenhang mit über 200 kostenpflichtigen kinderpornografischen Webseiten abzuwickeln. Vorangegangen waren umfangreiche Ermittlungen der weißrussischen Behörden in Zusammenarbeit mit FBI und ICE/DHS (USA). Am 15. Januar 2008 waren in Weißrussland die drei Entwickler und Betreiber eines elektronischen Zahlungssystems festgenommen worden. Die sichergestellten Daten umfassten insgesamt über 60 000 verschiedene Kundenkonten aus 146 Ländern, wobei über 5 300 Kundendatensätze deutsche Tatverdächtige betrafen. Das Generalsekretariat von Interpol (IPSG) übernahm auf Ersuchen von Weißrussland die Aufbereitung und Verteilung der Beweismittel an die betroffenen Staaten. Nachdem die erste Sachverhaltsinformation bereits im Januar 2008 im BKA eingegangen war, dauerte es letztlich bis Ende Oktober 2008 bis durch IPSG alle zum tatsächlichen Beginn der Auswerte- und Identifizierungsmaßnahmen erforderlichen Daten und Beweismittel zur Verfügung gestellt wurden. Aus den vom Ausland übermittelten Beweismitteln wurden nach Auswertung der über 5 300 Datensätze zu deutschen Kunden im Ergebnis 1 783 verfahrensrelevante Kreditkartennummern festgestellt, welche im Zusammenhang mit als kinderpornografisch eingestuften Webseiten standen. Durch weitere Ermittlungen des BKA wurden insgesamt 1 098 deutsche Tatverdächtige festgestellt und damit dieselbe Anzahl an Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die EG „Tornado“, welche sich zuletzt aus vier Polizeivollzugsbeamten und zwei Tarifbeschäftigten zusammensetzte, wurde im Oktober 2012 aufgelöst. Drucksache 18/931 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Ein Durchschnittswert zur Aktenaufbereitung kann nicht erhoben werden und wäre weder aussagekräftig noch auf andere Verfahren übertragbar. 19. Handelt es sich bei den für die Daten aus der Operation „Spade“ vom BKA in Anspruch genommenen zwei Jahren um die im Vergleich mit anderen Fällen der zurückliegenden Jahre typische Dauer der Aufbereitung der Daten von Verdächtigen der Kinderpornographie? Das Ermittlungsverfahren zum Projekt „Spade“, Operation „Selm“, dauert noch an. Viele im BKA durchgeführte Umfangs-/Massenverfahren zu ermittlungsinitiierenden Hinweisen aus dem Ausland im Bereich der Kinderpornografie haben eine entsprechend lange Ermittlungsdauer. Die Umfangs-/Massenverfahren richten sich gegen eine Vielzahl von Kunden, die sich in den Besitz von kinderpornografischen/jugendpornografischen Materialien gebracht haben. Der Tatvorwurf lautet – je nach Fallkonstellation – auf Erwerb, Besitz/Besitzverschaffung bzw. Verbreitung von Kinder-/Jugendpornografie. Von diesen Umfangs-/Massenverfahren sind Ermittlungsverfahren wegen des (schweren) sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen zu unterscheiden . Diese werden gegenüber Umfangs-/Massenverfahren im BKA priorisiert bearbeitet. Beispielhaft hierfür sind sog. Identifizierungsverfahren, bei denen das vorliegende Bildermaterial den realen sexuellen Missbrauch eines Kindes zeigt, Täter und/oder Opfer noch nicht identifiziert sind und davon ausgegangen werden muss, dass es sich um einen aktuellen, andauernden sexuellen Missbrauch handelt. 20. Musste das BKA nicht annehmen, dass bei Teilen der insgesamt 800 Tatverdächtigen Gefahr im Verzug war, so dass ein Sofort-Scan der Daten hätte erfolgen müssen, und wenn nein, warum nicht? Nein. Hinweise auf andauernden sexuellen Missbrauch von Kindern waren dem Beweismaterial der kanadischen Behörden nicht zu entnehmen. Das Ermittlungsverfahren wurde wegen des Verdachts auf Erwerb und Besitz von Kinder-/ Jugendpornografie eingeleitet. 21. Hat es Bemühungen der Bundesregierung gegeben, letztlich mit dem Ziel der möglichen Verhinderung möglicher Tathandlungen gegenüber Kindern durch die bislang allein als Verdächtige geführten Personen, prioritäre und primär risikozentrierte Einstufungen und Auswertungen der übermittelten Materialien bereits ab Eingang durchzuführen, und wenn nein, warum nicht? Vorrang bei der Sachbearbeitung hat immer die Prüfung, ob es sich um einen aktuell fortlaufenden Missbrauchsfall handelt, um diesen schnellstmöglich zu beenden. Sofern es Hinweise hierauf gibt, werden durch das BKA immer gefahrenabwehrende Maßnahmen unter Nutzung aller rechtlichen Möglichkeiten veranlasst . Die Maßnahmen zur Abwehr einer Gefahr haben dabei immer Vorrang vor Maßnahmen der Strafverfolgung/Beweissicherung. Im vorliegenden Sachverhalt lagen keine Hinweise auf aktuell andauernde Missbrauchshandlungen vor. Wie in der Antwort zu Frage 20 ausgeführt, wurde das Verfahren wegen Verdachts auf Erwerb und Besitz von Kinder-/Jugendpornografie geführt. Teilweise war das relevante Material bereits 15 Jahre alt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/931 22. Wann wurde das nach Aussagen des BKA-Präsidenten (vgl. etwa Meldung dpa vom 15. Februar 2014) länger andauernde strukturelle Problem des Umfanges und der daraus resultierenden Dauer von Verfahren der Kinderpornographie erstmalig mit der zuständigen Fachaufsichtsbehörde Bundesinnenministerium aufgenommen, welche konkreten Schritte hat das BMI daraufhin unternommen, um das Problem zu lösen, und wenn sie keine konkreten Schritte unternommen hat, weshalb nicht? Die Arbeit aller Ermittlungsbereiche im BKA unterliegt zeitlich unvorhersehbaren Spitzen. Solche Spitzen sind in der Regel nicht Gegenstand von Gesprächen mit der Fachaufsichtsbehörde. Erst, wenn sich eine kontinuierliche Mehrbelastung einzelner Ermittlungsbereiche zeigt, folgen hierzu Gespräche und es werden Maßnahmen zur Lösung erarbeitet. Wie der Präsident des BKA, Jörg Ziercke, bereits im Innenausschuss des Deutschen Bundestages ausgeführt hat, handelte es sich in diesem Fall um eine Belastungsspitze, die durch gleichzeitig laufende umfangreiche Verfahren ausgelöst wurde. 23. Welche fachaufsichtlichen, politischen, strafprozessualen und kriminalistischen Bewertungen und Folgerungen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass die beim BKA eingehenden Verfahren in Bezug auf kinderpornographische Sachverhalte des Öfteren eine Verfahrensdauer von zwei Jahren bis zur Übermittlung an die zuständigen Staatsanwaltschaften beanspruchen? Der Präsident des BKA hat sich gegenüber dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages eingehend zu den Verfahrensdauern bei kinderpornografischen Sachverhalten im Bundeskriminalamt geäußert. Unabhängig vom konkreten Fall prüft die Bundesregierung im Rahmen ihrer Fachaufsicht laufend Abläufe und Ausstattung ihrer Geschäftsbereichsbehörden. 24. Worum handelte es sich bei der vom Präsidenten des BKA, Jörg Ziercke, im Innenausschuss des Deutschen Bundestages erwähnten Operation „Downfall“ konkret, und in welcher Weise war diese Operation mitentscheidend dafür, dass es zu weiteren Verzögerungen bei der Bearbeitung der Informationen aus Kanada kam? Bei der Operation „Downfall“ handelt es sich um ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie der Besitzverschaffung, der bandenmäßigen Drittbesitzverschaffung und der Verbreitung von kinder- und jugendpornografischen Schriften, welches beim BKA im Auftrag der GenStA-ZIT gegen Personen geführt wird, die unter Nutzung der Anonymisierungsmöglichkeiten des TOR-Netzwerkes kinder- und jugendpornografische Dateien im Internet verbreiten und/oder sich den Besitz von solchen Dateien verschaffen. Es lagen belastbare Hinweise dazu vor, dass ein Teil der zu identifizierenden Nutzer selbst Kinder sexuell missbraucht, Aufnahmen von den Missbrauchshandlungen fertigt und diese im Internet verbreitet. Die entscheidende Phase fand zwischen dem 29. Juli 2013 und dem 9. August 2013 bei Europol in Den Haag unter Beteiligung von Strafverfolgungsbehörden weiterer Staaten statt. In dieser Phase waren aus dem BKA für die Operation „Downfall“ 21 Polizeivollzugsbeamte eingesetzt, darunter auch die beiden Polizeivollzugsbeamten der Operation „Selm“, um zunächst im 24/7-Schichtbetrieb , danach in Tagschichten Dienst zu leisten. Der 24/7-Schichtdienst war aufgrund der in Deutschland fehlenden Mindestspeicherfristen erforderlich, um wichtige ermittlungsrelevante Erkenntnisse insbesondere aus Opferschutzgrün- den in Echtzeit bearbeiten zu können. Sechs Polizeivollzugsbeamte des BKA, darunter auch die beiden Sachbearbeiterinnen der Operation „Selm“ – in Ab- Drucksache 18/931 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode sprache mit der zuständigen Staatsanwaltschaft – waren in die anschließend notwendigen Identifizierungsmaßnahmen zu weiteren festgestellten Nutzern, der Erstellung von Ermittlungsakten und der Planung von zeitgleichen Exekutivmaßnahmen gegen 27 Beschuldigte in neun Bundesländern am 20. November 2013 eingebunden. Die Operation „Downfall“ wurde aufgrund des Verdachts von (andauernden) Missbrauchsfällen gegenüber der Operation „Selm“ priorisiert durchgeführt. Die Auswertung der bei den Durchsuchungen sichergestellten Datenträger dauert noch an. Darüber hinaus fielen in den Zeitraum der Operation „Selm“ weitere Umfangsverfahren wie die bereits genannte Operation „Tornado“ mit 1 100 Tatverdächtigen . Darüber hinaus wurden weitere Massenverfahren mit etwa 1 060 Tatverdächtigen geführt. Einschließlich der Operation „Spade“ (800) wurde also insgesamt gegen ca. 3 000 Tatverdächtige ermittelt. 25. Inwieweit ist diese Verzögerung mit der Pflicht des BKA nach § 2 Absatz 1, 2 Nummer 1 und 2 des Bundeskriminalamtgesetzes, als Zentralstelle bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten mit länderübergreifender , internationaler oder erheblicher Bedeutung alle hierfür erforderlichen Informationen zu sammeln und auszuwerten sowie die Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Länder unverzüglich über die sie betreffenden Informationen und die in Erfahrung gebrachten Zusammenhänge von Straftaten zu unterrichten, vereinbar? Das BKA unterstützt nach Maßgabe des § 2 Absatz 1 des Bundeskriminalamtgesetzes (BKAG) als Zentralstelle die Polizeien des Bundes und der Länder; hierzu gehört auch die Sammlung und Auswertung (§ 2 Absatz 2 BKAG) bzw. Aufbereitung und Steuerung von Informationen, die das Bundeskriminalamt im Rahmen seiner Aufgabe nach § 3 BKAG (Internationale Zusammenarbeit) von ausländischen Behörden erhalten hat. Dabei sind u. a. die Sichtung und Auswertung des Materials, Prüfung der örtlichen und sachlichen Zuständigkeiten und Entscheidung über das weitere Vorgehen , insbesondere wenn es sich – wie im vorliegenden Fall – um komplexe, große Datenmengen handelt, erforderlich. Die konkrete Wahrnehmung dieser Aufgabe richtet sich nach den vorhandenen personellen wie sachlichen Ressourcen des BKA. Gegebenenfalls ist bei der Bearbeitung aus (polizei-)fachlicher Sicht eine Priorisierung vorzunehmen. Jedenfalls ist eine Weitergabe an die Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Länder erst dann geboten, wenn das BKA – wie oben dargestellt – im Rahmen der koordinierenden Funktion die vorhandenen Informationen gesichtet, strukturiert und ausgewertet hat. Das Wort „unverzüglich“ impliziert das Vorhandensein der sachlichen (und rechtlichen) Möglichkeit der Informationsübermittlung (siehe das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts I C 31.72 vom 26. Februar 1974, Rn. 49), wobei im vorliegenden Fall aufgrund von Ressourcen- und Priorisierungserfordernissen die Auswertung noch nicht abgeschlossen und ein drohender Beweismittelverlust nicht gegeben waren sowie kein Fall der Gefahrenabwehr/Verhütung von Straftaten in Rede stand. Die erfolgte Priorisierung war daher sachgerecht. Eine gesetzliche Festlegung, binnen welchen Zeitraums ein Vorgang abzuarbeiten und die Information an die Länder zu steuern sei, besteht aus guten Gründen nicht. Dies wäre auch unpraktikabel. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/931 26. Auf welche Weise erfolgte konkret die Abstimmung mit der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main im Hinblick auf die Ergebnisse der Operation „Spade“, und hängen Verzögerungen bei der Bearbeitung letztlich maßgeblich von den bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main verfügbaren personellen Ressourcen ab? Es wird hierzu auf die Antwort zu Frage 17 verwiesen. Der Präsident des BKA hat in der Sitzung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 21. Februar 2014 auf den Wirkungszusammenhang zwischen den bei Polizei und Staatsanwaltschaften eingesetzten Ressourcen hingewiesen und verdeutlicht, dass hier Abhängigkeiten hinsichtlich der Verfahrensdauer bestehen. Er hat dabei von einer hypothetischen Verstärkung der im BKA eingesetzten Kräfte um weitere 100 Personen gesprochen und verdeutlicht, dass dies nur dann Sinn machen würde, wenn bei der Staatsanwaltschaft auch entsprechend mehr Staatsanwälte eingesetzt werden. Ein Vorwurf an die Staatsanwaltschaft war hiermit nicht verbunden. 27. Handelt es sich bei der Abstimmung mit der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main um die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT)? Stand hier zur Diskussion, ob die ZIT als Task Force das Verfahren übernimmt ? Ja. Es handelt sich um die GenSta-ZIT Frankfurt am Main, die als Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität fungiert und der eine Erstzuständigkeit bei vom BKA geführten Ermittlungen zugewiesen wurde, sofern eine örtlich zuständige Staatsanwaltschaft noch nicht festgestellt werden kann. Die GenStaZIT Frankfurt am Main hat das Verfahren aufgrund ihrer gesetzlichen Zuständigkeiten übernommen. 28. Gibt es neben den gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Übermittlungspraxis von Daten durch das BKA als Zentralstelle an die Landeskriminalämter , wie sie am 2. November 2012 sowie 15. Oktober 2013 im Rahmen der Auswertung der Operation „Spade“ erfolgte, eine interne konkretisierende Vorgabe zur Beachtung des Datenschutzes, darunter insbesondere hinsichtlich des Erforderlichkeitsgrundsatzes? Wurden die Weitergaben mit dem behördlichen Datenschutzbeauftragten abgestimmt, und wenn nein, warum nicht? Die Übermittlung von personenbezogenen Daten vom BKA als Zentralstelle an andere Polizeien des Bundes oder der Länder richtet sich nach § 10 BKAG. Darüber hinausgehende konkretisierende Vorgaben sind nicht erforderlich. 29. Wie ist die Mitarbeiterentwicklung beim BKA in den letzten zehn Jahren (bitte um tabellarische Darstellung nach Fachgebieten und Jahren)? Eine Darstellung der Mitarbeiterzahlen nach Fachgebieten ist nicht möglich. Beispielsweise können Beschäftigte, die sich mit einem speziellen Phänomen beschäftigen, in verschiedenen Referaten eingesetzt sein. Besonders deutlich wird dies für die ermittlungsunterstützenden Bereiche (z. B. DNA, Kryptographie , Telekommunikationsüberwachung), welche ihre Unterstützungsleistungen grundsätzliche für alle Ermittlungsbereiche anbieten. Aus diesem Grund bezieht sich die folgende Darstellung auf die Entwicklung der gesamten Mitarbeiter- zahlen. Drucksache 18/931 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Mitarbeiterentwicklung im BKA von 2005 bis 2013: Die angeführten Mitarbeiterzahlen des BKA enthalten nicht diejenigen Personen , die sich in der Ausbildung oder in Altersteilzeit befinden oder hauptamtlich in den Gremien/Personalvertretungen beschäftigt sind. 30. Wie viele Mitarbeiter stehen dem BKA insgesamt und ausschließlich als Sachbearbeiter für die Bearbeitung von Fällen der Kinderpornographie zur Verfügung, und wie hat sich die Zahl dieser Mitarbeiter in den letzten zehn Jahren verändert (bitte um tabellarische Auflistung nach Jahren)? Dem Referat Auswertung Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen war nachstehende Anzahl von Beschäftigten zugewiesen: Die beiden Ermittlungsreferate, die Ermittlungsverfahren vorrangig im Bereich der Gewalt- und Schwerkriminalität führen, beschäftigen sich ebenfalls – wenn auch nur teilweise – mit dem Phänomenbereich Kinderpornografie. Diesen Referaten war nachstehende Zahl von Beschäftigten zugewiesen: Personalstärke der o. g. Ermittlungsreferate: Darüber hinaus arbeiten im Referat SO 42 (Ermittlungsunterstützung Internetrecherche ) in der Organisationseinheit ZaRD (Zentralstelle für anlassunabhängige Recherchen in Datennetzen) in der Regel zwei Beschäftigte schwerpunktmäßig dem Referat SO 12 im Bereich „Besitz/Verbreitung Kinderpornographie“ zu. 31. Welche Abteilungen/Referate des BKA waren mit den Informationsabläufen rund um den konkreten Fall „Edathy“ befasst, und um wie viele Mitarbeiter handelte es sich insgesamt? In der Antwort zu Frage 15 wurde mitgeteilt, wie viele Mitarbeiter theoretisch Zugriff auf die aus Kanada übermittelten Daten der Operation „Spade“ hatten. Jahr 01/05 12/05 12/06 12/07 12/08 12/09 12/10 12/11 12/12 12/13 Mitarbeiter 4 686 4 806 4 892 4 952 4 891 4 882 4 924 4 839 4 896 4 985 höherer Dienst gehobener Dienst [Vollzug] Tarifbeschäftigte gesamt 2009 2 20 4 26 2010 2 21 4 27 2011 2 23 4 29 2012 1 22 3 26 2013 2 22 4 28 2014 2 22 3 27 höherer Dienst gehobener Dienst [Vollzug] Tarifbeschäftigte gesamt 2009 2 34 3 39 2010 2 33 3 38 2011 2 32 3 37 2012 2 29 3 34 2013 2 27 3 32 2014 2 27 3 32 Die Zahl der mit dem konkreten Fall „Edathy“ befassten Mitarbeiter war wesentlich kleiner. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/931 Aufgrund der besonderen Sensibilität des Vorganges war seitens der Abteilungsleitung Schwere und Organisierte Kriminalität mit der Amtsleitung nach Identifizierung des damaligen Abgeordneten Sebastian Edathy am 15. Oktober 2013 durch die Polizeidienststelle in Niedersachsen ein Informationsaustausch von „Hand zu Hand“ (persönliche Postfächer) verfügt worden. Neben den beiden Sachbearbeiterinnen der Operation „Selm“, dem Sachgebietsleiter, dem stellvertretenden Referatsleiter, den Referatsleitern, dem Gruppenleiter, der stellvertretenden Leiterin des Stabes der Abteilung und der Abteilungsleiterin waren bis zum Bekanntwerden des Sachverhalts in den Medien Anfang Februar 2014 in der Abteilung Schwere und Organisierte Kriminalität keine weiteren Personen mit dem Vorgang befasst. Anlaufstelle für die Abteilung Schwere und Organisierte Kriminalität beim Leitungsstab der Amtsleitung war der Leiter des Stabes sowie in dessen Abwesenheit dessen Vertreter. Über diese Personen erfolgte die Unterrichtung der Amtsleitung. Parallel erfolgte nach der Identifizierung von Sebastian Edathy durch die Polizeidienststelle in Niedersachsen am 15. Oktober 2013 eine Zugriffsbeschränkung im Vorgangsbearbeitungssystem. Ab diesem Zeitpunkt sind als Personaldaten der Nachname als „E.“ und als Staatsangehörigkeit „deutsch“ eingestellt. 32. Hat das BKA seit Oktober 2011 gemeldet, den Personalbedarf nicht intern decken zu können? Plan-/Stellenforderungen BKA (2011 bis 2015) Vollzug sowie Infrastrukturpersonal : 33. Auf welche Weise werden hausintern ressourcenmäßige Spitzen wie etwa der Eingang von Ermittlungsergebnissen der Operation „Tornado“ oder der Operation „Spade“ durch zusätzliche personelle Maßnahmen bewältigt ? Die Bewältigung von Umfangs-/Massenverfahren erfolgt durch interne Umschichtungen und Freistellung einzelner Mitarbeiter aus dem sonstigen Tagesgeschäft im Fachreferat. Im Ergebnis handelt es sich also nicht um zusätzliche personelle Maßnahmen, sondern um referats- und abteilungsinterne Priorisierungen . Vorrang haben dabei im Fachreferat – wie bereits in der Antwort zu Frage 19 beschrieben – Verfahren wegen Verdachts des (schweren) sexuellen Missbrauchs von Kindern gegenüber Ermittlungsverfahren wegen des Besitzes/ der Verbreitung von Kinderpornografie. 34. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass personelle Lücken im Bereich des BKA zur Bearbeitung von Fällen der Internetkriminalität, insbesondere der Kinderpornographie, bestehen? Wenn ja, beabsichtigt die Bundesregierung, personelle Defizite im BKA im Haushalt zu berücksichtigen? Wenn nein, wieso nicht, obwohl nach Angaben des BKA in der Veröffentlichung „Cybercrime. Bundeslagebild 2012“ folgende Aussage zu finden ist: „Die Zahl der in der PKS erfassten Fälle von Cybercrime, also aller Straftaten, die unter Ausnutzung moderner Informations- und Kommuni- Jahr 2011 2012 2013 2014 2015 Anzahl 80 62 302,5 100 242 Drucksache 18/931 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode kationstechnik oder gegen diese begangen wurden, stieg im Jahr 2012 auf 63 959 Fälle. Dies entspricht einer Steigerung von 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr.“? Nein. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 23 verwiesen. 35. Handelte es sich nach Auffassung der Bundesregierung bei dem am 17. Oktober 2013 erfolgten Anruf des damaligen Parlamentarischen Geschäftsführers der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Thomas Oppermann, beim Präsidenten des BKA um ein meldepflichtiges Ereignis im Sinne der für das BKA bestehenden Weisungs- und Erlasslage, und wenn nein, weshalb nicht? Der Präsident des BKA, Jörg Ziercke, ist in einer Abwägungsentscheidung zu dem nicht zu beanstandenden Ergebnis gekommen, keiner weiteren Berichtspflicht gegenüber dem Bundesministerium des Innern zu unterliegen. 36. Werden beim BKA üblicherweise Vermerke über Anrufe, wie den des damaligen Parlamentarischen Geschäftsführers der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Thomas Oppermann, angelegt? Wenn nein, warum nicht, und wenn ja, wieso in diesem Fall nicht? Das Erstellen von Vermerken unterliegt keiner allgemeingültigen Weisungslage im Rahmen der Dienstkunde, sondern einer Einzelfallprüfung. 37. Welche rechtlichen Vorgaben gelten für die Verpflichtung der Anfertigung von Vermerken innerhalb des BKA einschließlich des Präsidenten, und hält die Bundesregierung die Nichterstellung eines Vermerkes durch den Präsidenten hinsichtlich des Anrufes durch Thomas Oppermann für mit den bestehenden rechtlichen Vorgaben vereinbar? Antwort zu Teilfrage 1 Für die Anfertigung von Vermerken existieren im BKA keine speziellen rechtlichen Vorschriften. Es gelten vielmehr die Regelungen der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO). Dort sind in den §§ 12 und 13 GGO die allgemeinen Regelungen zu den Arbeitsabläufen und der Behandlung von Eingängen niedergelegt. Vorschriften, die zur Anfertigung von Vermerken verpflichten, sind in der GGO nicht enthalten. Antwort zu Teilfrage 2 Seitens des Bundesministeriums des Innern werden dem BKA keine allgemeinverpflichtenden Vorgaben zur Schriftguterstellung gemacht. 38. Wie lautet der konkrete Inhalt des am 17. Oktober 2013 auf Anfrage des Staatssekretärs Klaus-Dieter Fritsche vom BKA für das BMI gefertigten schriftlichen Vermerkes in Sachen Sebastian Edathy? Das parlamentarische Fragerecht vermittelt keinen Anspruch auf Herausgabe von Unterlagen. Aus diesem Grund ist auch die Wiedergabe von Inhalten einzelner Unterlagen ausgeschlossen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/931 39. Welche Mitglieder der Bundesregierung und welche ihrer Mitarbeiter erfuhren zu welchem konkreten Zeitpunkt erstmalig von dem Namen Sebastian Edathy im Zusammenhang mit möglichen polizeilichen/staatsanwaltlichen Ermittlungen und auf welchem konkreten Wege? Nach derzeitigem Kenntnisstand haben der Bundesminister a. D. Dr. Hans-Peter Friedrich sowie der damalige SPD-Vorsitzende und jetzige Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, am 16. oder 17. Oktober 2013 auf folgenden Wegen von dem in Rede stehenden Sachverhalt erfahren: Der Bundesminister a. D. Dr. Hans-Peter Friedrich wurde telefonisch durch den damaligen Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Klaus-Dieter Fritsche, informiert . Sigmar Gabriel wurde mündlich durch Dr. Hans-Peter Friedrich informiert. Der damalige Fraktionsvorsitzende und jetzige Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, wurde nach eigenen Angaben irgendwann im Oktober in einem Gespräch durch Sigmar Gabriel informiert. Der Bundesminister Dr. Thomas de Maizière hat von dem Sachverhalt erst nach der am 10. Februar 2014 erfolgten Durchsuchung der Wohnungen und Büros von Sebastian Edathy erfahren. Dies geht aus den Wortprotokollen der Sitzungen des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 19. und 21. Februar 2014 hervor. Das Bundeskanzleramt und die anderen Ressorts wurden mit der Bitte um Stellungnahme beteiligt und gaben folgende Rückmeldungen: Die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und der Chef des Bundeskanzleramtes, Bundesminister Peter Altmaier haben durch die Berichterstattung in den Medien am 11. Februar 2014 von den Ermittlungen gegen Sebastian Edathy Kenntnis erhalten . Der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, Heiko Maas, hat von den Vorwürfen gegen den ehemaligen Abgeordneten Sebastian Edathy am Dienstag, dem 11. Februar 2014, aus der Presse erfahren. Die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Barbara Hendricks, sowie der Bundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble, haben von dem Sachverhalt durch die Presseberichterstattung nach der am 10. Februar 2014 erfolgten Durchsuchung der Wohnungen und Büros von Sebastian Edathy erfahren. Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles, hat von dem Namen Sebastian Edathy im Zusammenhang mit möglichen polizeilichen/ staatsanwaltlichen Ermittlungen erstmalig aus der Medienberichterstattung am Montag, dem 10. Februar 2014 erfahren. Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Manuela Schwesig, hat erstmalig von dem Namen Sebastian Edathy im Zusammenhang mit möglichen polizeilichen/staatsanwaltlichen Ermittlungen über die Presseberichterstattung am 11. Februar 2014 erfahren. Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Prof. Dr. Johanna Wanka, hat im Zuge der Presseberichterstattung im Februar 2014 von dem in Rede stehenden Sachverhalt erfahren. Die Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen, der Bundesminister für Gesundheit, Hermann Gröhe, der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt, der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller und der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Christian Schmidt, haben über die Presseberichterstattung Kenntnis über den Sachverhalt erlangt. Drucksache 18/931 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 40. Handelt es sich nach Auffassung der Bundesregierung bei der Information zum Fall „Edathy“ in Gestalt der Meldung des BKA an das BMI nach Erlass - bzw. Weisungslage des Bundeskanzleramtes (bitte genaue Angabe der maßgeblichen Vorgaben machen) zugleich um einen Vorgang von grundsätzlicher politischer Bedeutung, der auch dem Bundeskanzleramt zur Kenntnis zu geben war, und wenn nein, warum nicht? Gemäß § 3 der Geschäftsordnung der Bundesregierung (GOBReg) ist der Bundeskanzler aus dem Geschäftsbereich der einzelnen Bundesminister über Maßnahmen und Vorhaben zu unterrichten, die für die Bestimmung der Richtlinien der Politik und die Leitung der Geschäfte der Bundesregierung von Bedeutung sind. Ob jeweils im konkreten Fall eine Unterrichtung geboten ist, entscheidet nach dem Ressortprinzip jeder Bundesminister in eigener Verantwortung. Weitergehende rechtlich normierte einzelfallbezogene Unterrichtungspflichten, die im vorliegenden Fall einschlägig sein könnten, sind nicht ersichtlich. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333