Deutscher Bundestag Drucksache 18/935 18. Wahlperiode 26.03.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Annette Groth, Andrej Hunko, Inge Höger und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/718 – Untersuchung von Korruptionsvorwürfen gegen einen leitenden BKA-Beamten Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Jahr 2005 agierte der Erste Kriminalhauptkommissar (EKHK) beim Bundeskriminalamt (BKA) G. L. als Stellvertreter des als UN-Sonderermittler im Mordfall des früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri im Libanon eingesetzten Berliner Oberstaatsanwalts Detlev Mehlis. Der Anschlag auf Rafik Hariris Fahrzeugkonvoy am 14. Februar 2005 in Beirut hatte 23 Menschenleben gekostet. Im Jahr 2011 klagte das UN-Sondertribunal für den Libanon vier Mitglieder der libanesischen Partei Hisbollah wegen ihrer mutmaßlichen Beteiligung an dem Bombenanschlag auf Rafik Hariri an. Nun beschuldigte der Generalsekretär der Hisbollah, Hassan Nasrallah, im Juli 2011 im Fernsehsender „Al-Manar“ den schon jahrelang von den Ermittlungen im Libanon abgezogenen G. L. der Korruption. Der BKA-Beamte habe gegen Geldzahlungen interne Dokumente der UN-Ermittlungskommission einschließlich Zeugenaussagen angeboten und ausgehändigt. Zum Beweis zeigte Hassan Nasrallah einen kurzen Film. In dem offenbar verdeckt mit einem Mobiltelefon aufgenommenen Video ist ein Mann zu sehen, bei dem es sich um G. L. handeln soll, der Geld annimmt, zählt und Dokumente aushändigt. Wie die libanesische Tageszeitung „Daily Star“ am 30. Januar 2014 berichtete, habe das Bundesministerium des Innern G. L. nach zweijähriger interner Untersuchung von den Korruptionsvorwürfen entlastet. Im Zuge der internen Ermittlung sei ein 200-seitiger Bericht entstanden. Der „Daily Star“ beruft sich dabei auf eine namentlich nicht genannte, aber mit den Untersuchungen gegen G. L. und dem Bericht vertraute Quelle (www.dailystar.com.lb/News/LebanonNews /2014/Jan-30/245783-ex-hariri-probe-official-cleared-of-bribery.ashx# axzz2rsV J5lfW). Die Ermittlungsmethoden des damaligen Leiters der UN-Untersuchungskommission für den Libanon Oberstaatsanwalt Detlev Mehlis und seines StellDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 20. März 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. vertreters G. L. waren vielfach kritisiert worden. So waren vier libanesische Generäle, die auf Betreiben von Detlev Mehlis und G. L. in Untersuchungshaft genommen wurden, nach fast vier Jahren Haft ohne Anklage am 29. April 2009 Drucksache 18/935 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode aus „Mangel an Beweisen“ freigekommen (junge Welt vom 30. April 2009, www.jungewelt.de/2009/04-30/024.php?sstr=detlev%7Cmehlis). Die Fraktion DIE LINKE. hatte bereits mehrfach Anfragen bezüglich der Rolle von G. L. im Libanon und möglicher diesbezüglicher juristischer Verfahren gestellt (Bundestagsdrucksachen 16/4725 und 17/751). Obwohl es sich bei G. L. um einen Bundesbeamten handelt, erklärte die Bundesregierung, aus datenschutzrechtlichen Erwägungen keine Stellung zu eventuellen juristischen Verfahren gegen Dritte nehmen zu wollen (Bundestagsdrucksache 17/751). 1. Welche Vorwürfe oder Ereignisse sind der Bundesregierung bekannt, die Grundlage des Berichts der libanesischen Tageszeitung „Daily Star“ über mögliche Korruptionsvorwürfe gegen den EKHK G. L. und diesbezügliche Untersuchungen sein könnten (www.dailystar.com.lb/News/Lebanon-News/ 2014/Jan-30/245783-ex-hariri-probe-official-cleared-of-bribery. ashx#axzz2rsVJ5lfW)? Das Bundeskriminalamt hat das Bundesministerium des Innern (BMI) am 16. Dezember 2010 über die einem Verbindungsbeamten in Beirut bekannt gewordene Rede Hassan Nasrallahs vom 15. Dezember 2010 zum Thema „Sondertribunal für den Libanon“ informiert. In dieser Rede hatte Hassan Nasrallah erstmals den Ersten Kriminalhauptkommissar G. L. namentlich benannt und diesen der Korruption beschuldigt. 2. Inwieweit sind der Bundesregierung die vom Generalsekretär der Hisbollah, Hassan Nasrallah, erhobenen und durch ein Video unterlegten Korruptionsvorwurf gegen den EKHK G. L. bekannt geworden? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 3. Inwieweit trifft der Bericht der „Daily Star“ über eine interne Untersuchung der vom Hisbollah-Generalsekretär gegen den EKHK G. L. erhobenen Vorwürfe zu? a) Wurden diese Vorwürfe untersucht, und wenn ja, wann, durch welches Gremium, und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum erfolgte keine diesbezügliche Untersuchung? b) Wurden außer dem Korruptionsvorwurf noch weitere Vorwürfe gegen EKHK G. L. untersucht, und wenn ja, welche, durch welches Gremium, und mit welchem Ergebnis? 4. Trifft eine Meldung der libanesischen Tageszeitung „Daily Star“ vom 30. Januar 2014 zu, wonach ein Bericht zu den Korruptionsvorwürfen gegen den EKHK G. L. existiert, und wenn ja, wer genau fertigte diesen Report an, und inwieweit ist die Schrift einsehbar? Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Das BKA wurde durch BMI-Erlass im September 2011 gebeten, die Korruptionsvorwürfe gegen den EKHK G. L. umfassend zu untersuchen und zu prüfen, ob über den Vorwurf der Bestechlichkeit hinaus Strafanzeige wegen anderer in Betracht kommender Straftaten geboten ist. Das BKA beauftragte daraufhin einen Beamten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) mit der Durchführung der Ermittlungen. Neben den Korruptionsvorwürfen wurde eine mögliche Strafbarkeit des Beamten wegen falscher Verdächtigung, Freiheitsberau- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/935 bung, Nötigung, Bedrohung, Rechtsbeugung, Aussageerpressung und Verfolgung Unschuldiger geprüft. Der Untersuchungsbericht kommt zu dem Ergebnis, dass sich zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Strafverfolgung des Beamten wegen Korruption und der in diesem Zusammenhang im Übrigen geprüften Straftatbestände nicht ermitteln lassen. Der Bericht ist nicht einsehbar, da das parlamentarische Frage- und Kontrollrecht keinen Anspruch auf Veröffentlichung und Weitergabe von Dokumenten vermittelt. 5. Wurden im Zuge möglicher Untersuchungen der gegen den EKHK G. L. gerichteten Korruptionsvorwürfe Zeugen im Libanon befragt, und wenn ja, welche? Im Zuge der Untersuchungen wurden keine Zeugen (im Libanon und anderswo) befragt. 6. Wurde im Zuge möglicher Untersuchungen der gegen den EKHK G. L. erhobenen Korruptionsvorwürfe der Generalsekretär der Hisbollah, Hassan Nasrallah, oder eine sonstige der Hisbollah angehörende oder ihr nahestehende Personen zwecks Beweismittelübergabe kontaktiert, und wenn nein, warum nicht? Weder der Generalsekretär der Hisbollah, Hassan Nasrallah, noch sonstige der Hisbollah angehörende oder ihr nahestehende Personen wurden kontaktiert. Die umfassende und detaillierte Auswertung der zu diesem Sachverhalt bekannten Dokumente ließen nach eingehender Würdigung bereits keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Strafbarkeit/Dienstpflichtverletzung des Beamten erkennen. 7. In welcher Form wurden die Ergebnisse einer möglichen Untersuchung der gegen den EKHK G. L. erhobenen Korruptionsvorwürfe öffentlich gemacht bzw. sollen noch öffentlich gemacht werden? Eine Veröffentlichung ist weder erfolgt noch vorgesehen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 3 und 4 verwiesen. 8. An welchen Dienststellen welcher Behörden in welcher Funktion wurde der EKHK G. L. seit dem Jahr 2005 eingesetzt? Nach seinem Einsatz als Ermittler für die Vereinten Nationen im Jahr 2005 war der Beamte im BKA in verschiedenen Funktionen als Sachbearbeiter oder Sachgebietsleiter eingesetzt, unterbrochen durch Einsätze als Verbindungsbeamter des BKA im Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Seit Mai 2011 ist der Beamte im BKA als Sachbearbeiter durchgängig tätig. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333