Deutscher Bundestag Drucksache 18/937 18. Wahlperiode 27.03.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Annette Groth,  Heike Hänsel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/762 – EU-Vertragsverletzungsverfahren wegen Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug und Forderung nach umfassender Umsetzung des Grundsatzurteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. September 2012 Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r An die Erstinitiantin dieser Kleinen Anfrage wenden sich immer wieder Bürgerinnen und Bürger, die infolge der Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug für eine längere Zeitdauer von ihren ausländischen Ehepartnern getrennt leben müssen. Die Fälle belegen, soweit deutsche Staatsangehörige betroffen sind, die Kritik, wonach Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu Härtefallprüfungen beim Ehegattennachzug zu Deutschen (Urteil vom 4. September 2012, 10 C 12.12) in der Praxis nicht wirksam umgesetzt werden (vgl. Bundestagsdrucksache 17/14337). Über einen dieser Fälle berichtete die „taz.die tageszeitung“ vom 29. Januar 2014 („Hochzeit mit Hindernissen“); die betroffene Deutsche ist seit nunmehr eineinhalb Jahren von ihrem Ehemann getrennt , weil es ihm in Nigeria trotz entsprechender Lernbemühungen und mehreren Tests nicht gelungen ist, Deutschkenntnisse auf dem Niveau A1 nachzuweisen . In Randnummer (Rn.) 28 des oben genannten Urteils des BVerwG heißt es: „Sind zumutbare Bemühungen zum Erwerb der Sprachkenntnisse ein Jahr lang erfolglos geblieben, darf dem Visumbegehren des Ehegatten eines Deutschen das Spracherfordernis nicht mehr entgegen gehalten werden“. Doch diese Jahresgrenze wird in der Praxis umgangen, indem Betroffenen vorgehalten wird, sie hätten keine ausreichenden Bemühungen zum Spracherwerb unternommen bzw. dies nicht nachgewiesen, so auch im oben genannten Fall. Obwohl der Spracherwerb über ein Jahr hinweg erfolglos geblieben war und Bemühungen u. a. mit Hilfe eines Privatlehrers nachgewiesen worden waren, obwohl die Prüfungsergebnisse eine steigende Tendenz aufwiesen, obwohl ausreichende mündliche Deutschkenntnisse nachgewiesen worden waren und obwohl kein Internet und kein Sprachkursangebot in erreichbarer Nähe zur Verfügung standen – obwohl Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 25. März 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. also geradezu mustergültig alle Hinweise des BVerwG zur Annahme eines Härtefalls erfüllt waren –, wurde dem Nigerianer der Ehegattennachzug mit der Begründung versagt, er habe nicht „ernsthaft und nachhaltig versucht, sich Grundkenntnisse der deutschen Sprache anzueignen“ (Bescheid des Generalkonsulats Drucksache 18/937 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode in Lagos vom 10. Oktober 2013). Die damalige Staatsministerin im Auswärtigen Amt Cornelia Pieper, an die sich die Abgeordnete Sevim Dağdelen in diesem Fall zwei Mal mit der Bitte um Abhilfe gewandt hatte, mochte die Entscheidung nach Rücksprache mit ihrem „Fachressort“ dennoch nicht korrigieren. Für die Fragestellerinnen und Fragesteller ist dies ein Beleg dafür, dass die aus ihrer Sicht mangelhafte Umsetzung des BVerwG-Urteils entweder auf Zustimmung der Führung des Bundesministeriums stößt, oder aber, dass das „Fachressort“ die Leitlinien der Politik des Hauses bestimmt. Der neue Bundesminister des Auswärtigen, Frank-Walter Steinmeier (SPD), ist Mitglied einer Partei, die die Regelung der Sprachanforderungen mit beschlossen , in der Opposition dann aber die Rücknahme dieser Beschränkung des Ehegattennachzugs gefordert hat. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD findet sich hierzu nichts. Umso mehr kann vom Außenminister nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller erwartet werden, dass er in seiner Zuständigkeit zumindest für eine korrekte Umsetzung der höchstrichterlichen Rechtsprechungsvorgaben sorgt, was unter anderem eine grundlegende Neuformulierung und Klarstellung der entsprechenden Weisung des Auswärtigen Amts vom 6. Dezember 2012 erfordert (vgl. hierzu Bundestagsdrucksache 17/14337). Allerdings wird sich der Bundesminister dabei nicht auf die Staatsministerin beim Bundesminister des Auswärtigen Dr. Maria Böhmer stützen können, von der als langjähriger Verteidigerin dieser Regelung nach Auffassung der Fragesteller keine selbstkritische Korrektur zu erwarten ist (vgl. Vorbemerkung der Fragesteller auf Bundestagsdrucksache 16/8175 und die Fragen 9 bis 12). In einem weiteren Beschluss vom 3. September 2013 (10 B 14.13) erklärt das BVerwG, sprachlich eindeutiger als noch im Grundsatzurteil, im Zusammenhang des Spracherfordernisses beim Ehegattennachzug zu Deutschen unmissverständlich , dass „eine Nachzugsverzögerung von einem Jahr die Grenze der Zumutbarkeit markiert“ (Rn. 14). Ab spätestens diesem Zeitpunkt überwiegen die persönlichen Belange der Eheleute an einem gemeinsamen Zusammenleben in Deutschland etwaige öffentliche Interessen an einem Nachweis der Sprachkenntnisse bereits im Ausland. Die oben geschilderte Praxis mangelnder Härtefallprüfungen ist von besonderer Bedeutung, weil die Bundesrepublik Deutschland im laufenden Vertragsverletzungsverfahren nach Auffassung der Fragesteller gegenüber der Europäischen Kommission den Eindruck zu erwecken versuchte, dass gesetzliche Ausnahmeregelungen und Vorgaben der Rechtsprechung im Ergebnis wie eine allgemeine Härtefallregelung wirken würden und deshalb allen denkbaren Einzelfallumständen Rechnung getragen werden könne (Mitteilung der Bundesregierung vom 30. Juli 2013 an die Kommission). Doch wenn schon beim Nachzug zu deutschen Staatsangehörigen die diesbezüglichen Härtefallvorgaben des BVerwG weitgehend ins Leere laufen, ist davon auszugehen, dass dies beim Nachzug zu Drittstaatsangehörigen umso mehr der Fall ist. Denn die diesbezügliche Entscheidung des BVerwG vom 30. März 2010, die nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller mit EU-Recht unvereinbar ist (vgl. Bundestagsdrucksache 17/2816, dort insbesondere die Vorbemerkung der Fragesteller und die Antwort der Bundesregierung auf die Fragen 24 ff.), stellt derart hohe Anforderungen, dass sie in der Praxis faktisch kaum zu erfüllen sind. Dies belegen auch Daten zu Aufenthaltserlaubniserteilungen nach § 16 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), die nach Ansicht des BVerwG zur Regelung von Härtefällen genutzt werden sollten: Ihre Zahl hat sich infolge der Entscheidung des BVerwG in keiner Weise verändert (vgl. Bundestagsdrucksache 17/12780, Antwort zu Frage 20); die Bundesregierung erklärte darüber hinaus, dass das Urteil des BVerwG nur besondere Ausnahmefälle unverhältnismäßiger Belastungen betreffe, deshalb auch keinen Anstieg der Zahlen zu § 16 Absatz 5 AufenthG zur Folge haben müsse (vgl. Bundestagsdrucksache 17/14337, Antwort zu Frage 26). Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/937 1. Ist der Bundesminister des Auswärtigen, Frank-Walter Steinmeier, dazu bereit , auch vor dem Hintergrund des neuerlichen Beschlusses des BVerwG vom 3. September 2013 (10 B 14.13), die Weisung des Auswärtigen Amts vom 6. Dezember 2012 (Gz.: 508-03-516.00 SB 4) zur Umsetzung des Urteils des BVerwG vom 4. September 2012 zu überprüfen bzw. abzuändern, weil diese mit zu der in der Vorbemerkung der Fragesteller geschilderten Praxis geführt hat, etwa wenn darin verlangt wird, dass „ernsthafte und nachhaltige Lernanstrengungen plausibel und nachvollziehbar dargelegt werden“ müssen, aber auch, weil in der Weisung die eindeutige Vorgabe des BVerwGUrteils fehlt, wonach in bestimmten Fällen die Jahresfrist nicht abgewartet und sofort ein Visum erteilt werden muss, wenn von vornherein absehbar ist, dass der Spracherwerb in diesem Zeitraum in zumutbarer Weise nicht gelingen wird (vgl. Vorbemerkung der Fragesteller auf Bundestagsdrucksache 17/14337); wenn nein, warum nicht, und wenn ja, wann ist mit welchen Korrekturen zu rechnen? Die aktuelle Weisungslage des Auswärtigen Amts zum Sprachnachweiserfordernis beim Ehegattennachzug entspricht den gesetzlichen Vorgaben des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Im Übrigen wird auf die folgenden Antworten sowie die Antwort der Bundesregierung auf die Fragen 1 und 16 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/14337 vom 5. Juli 2013 verwiesen. 2. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass es (spätestens) nach dem Beschluss des BVerwG vom 3. September 2013 (10 B 14.13, Rn. 14) unzulässig ist, den Nachzug zu einem deutschen Ehepartner nach Ablauf eines Jahres (noch) mit der Begründung fehlender Sprachnachweise zu verweigern, da mit diesem Beschluss unmissverständlich klargestellt wird, dass in diesen Fällen „eine Nachzugsverzögerung von einem Jahr die Grenze der Zumutbarkeit markiert“, zumal nach Ablauf dieser Frist am Spracherfordernis durch nachzuweisende Lernbemühungen im Inland festgehalten werden kann (bitte ausführlich antworten)? Die Bundesregierung teilt diese Auffassung nicht. Aus dem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. September 2012 ergibt sich gerade keine starre Jahresgrenze, die Antragsteller lediglich abwarten müssten. Vielmehr folgt aus diesem Urteil, dass das Spracherwerbserfordernis als Nachzugsvoraussetzung grundsätzlich mit Artikel 6 des Grundgesetzes (GG) vereinbar ist. Anderes gilt nur dann, wenn dem ausländischen Ehepartner der Erwerb der Sprachkenntnisse von vorneherein unzumutbar ist oder wenn der ausländische Ehepartner mindestens ein Jahr ihm zumutbare Bemühungen zum Spracherwerb entfaltet hat (so spiegelt es auch die ständige Rechtsprechung wider, siehe beispielsweise Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. November 2013, OVG 2 N 125.11). Etwas anderes lässt sich nach Ansicht der Bundesregierung auch nicht dem von den Fragestellern angeführten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. September 2013 (10 B 14.13) entnehmen. Der Beschluss (der sich nur am Rande mit dem Spracherwerbserfordernis befasst) führt zwar an, dass bei Nachzugsverzögerungen von einem Jahr die Zumutbarkeitsgrenze erreicht sei. Dem Beschluss ist aber nicht zu entnehmen, dass es die Absicht des Bundesverwaltungsgerichts gewesen wäre, von seinem Grundsatzurteil vom 4. September 2012 (a. a. O.) abzuweichen. 3. Ab wann beginnt nach Ansicht der Bundesregierung die Einjahresfrist zu laufen (z. B. Tag der Heirat, getrennte Wohnsitze durch Rückkehr eines Partners nach Deutschland, Beginn des Spracherwerbs, Datum des Visumantrags ), und stimmt die Bundesregierung darin überein, dass die Einjahres- Drucksache 18/937 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode frist eine Maximalfrist ist, d. h., dass in Fällen, in denen öffentliche Interessen weniger ins Gewicht fallen (z. B. wenn aufgrund der Einzelfallumstände offenkundig ist, dass keine Zwangsverheiratung vorliegt, oder wenn der Lebensunterhalt gesichert ist), bereits (deutlich) vor Ablauf der Einjahresfrist die Einreise ermöglicht werden muss (wenn auch alle weiteren Voraussetzungen erfüllt sind, bitte begründen)? Die Bundesregierung geht nicht davon aus, dass es eine starre Jahresfrist im Sinne einer „Wartefrist“ gibt. Jedoch kann in bestimmten Konstellationen, wenn schon allein die Bemühungen um den Spracherwerb von vornherein als unzumutbar erscheinen bzw. im Laufe des Verfahrens unzumutbar werden, ohne Abwarten einer Frist ein Visum zum Ehegattennachzug erteilt werden. In allen anderen Fällen gibt es dagegen – außerhalb der gesetzlich normierten Ausnahmetatbestände – keine verallgemeinerungsfähigen Gründe, die die Erteilung eines Visums, ohne dass zumindest der Versuch eines Spracherwerbs unternommen wurde, erfordern würden. Wird ein Visumantrag ohne Vorlage eines Sprachzertifikates gestellt, und macht der Antragsteller geltend, er habe sich um den Erwerb der erforderlichen Deutschkenntnisse erfolglos bemüht, so prüft die Auslandsvertretung, ob diese Bemühungen ausreichend im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts waren. Wurden noch keine ausreichenden, d. h. ein Jahr andauernden , ernsthaften Bemühungen entfaltet, so kann – sofern kein Fall von Unzumutbarkeit vorliegt – noch kein Visum erteilt werden. Im laufenden Verfahren können aber weiter fortgesetzte Bemühungen gegenüber der Auslandsvertretung nachgewiesen werden. Was im Einzelfall zumutbar ist oder als ausreichendes Bemühen angesehen werden kann, prüfen und bewerten die deutschen Auslandsvertretungen in jedem Einzelfall. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 4. Stimmt die Bundesregierung darin überein, dass, wenn Ehegatten Deutscher im Visumverfahren vortragen, dass der geforderte Spracherwerb innerhalb eines Jahres in zumutbarer Weise im Einzelfall nicht zu schaffen ist, die Visastellen prüfen müssen, ob dies der Fall ist und gegebenenfalls bei Vorliegen auch der übrigen Voraussetzungen ein Visum zur Familienzusammenführung sofort und ohne Verweis auf einen zunächst einjährigen Spracherwerb erteilen und anderenfalls eine ablehnende Entscheidung schriftlich und rechtsmittelfähig begründen müssen (Wiederholung der Frage 16 auf Bundestagsdrucksache 17/14337, weil die letzte Teilfrage, ob anderenfalls eine ablehnende Entscheidung schriftlich und rechtsmittelfähig begründet werden muss, nicht beantwortet wurde), und wenn nein, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 3 dieser Kleinen Anfrage und die Antwort der Bundesregierung zu Frage 16 auf Bundestagsdrucksache 17/14337 vom 5. Juli 2013 wird mit Blick auf die erste Teilfrage verwiesen. Wenn ein Antragsteller im Einzelfall substantiiert darlegt, dass schon allein die Bemühungen zum Spracherwerb unzumutbar sind, wird dies durch die deutschen Auslandsvertretungen im Einklang mit der geltenden Rechtslage berücksichtigt. Kommt die deutsche Auslandvertretung dabei zu dem Schluss, dass keine Unzumutbarkeit der Bemühungen zum Spracherwerb gegeben ist, so teilt sie dies dem Antragsteller formlos mit und weist ihn – sofern auch kein anderer Ausnahmetatbestand greift – darauf hin, dass nach Auffassung der Auslandsvertretung der Antrag ohne Nachweis der erforderlichen Deutschkenntnisse abschlägig zu bescheiden ist, sofern noch keine ausreichenden, d. h. ein Jahr andauernden, ernsthaften Bemühungen zum Spracherwerb unternommen wurden. Diese Mitteilung ergeht nicht schriftlich und ist nicht rechtsmittelfähig begründet. Besteht der Antragsteller dennoch auf einer Entscheidung in der Sache, so lehnt die Auslandsvertretung den Antrag in eigener Zuständigkeit schriftlich und rechtsmit- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/937 telfähig ab. Anderenfalls läuft das Visumverfahren regulär weiter, wobei der Antragsteller gehalten ist, den für die ggf. positive Entscheidung erforderlichen Sprachnachweis nachträglich beizubringen. 5. Wie erklärt sich die Bundesregierung vor dem Hintergrund ihrer Antwort zu Frage 16 auf Bundestagsdrucksache 17/14337, dass der Erstinitiantin dieser Kleinen Anfrage immer wieder Einzelfälle bekannt werden, in denen Betroffene nicht zur Vorsprache vorgelassen werden und/oder keinen schriftlichen Bescheid erhalten, wenn sie vorbringen, dass der Spracherwerb innerhalb eines Jahres nicht zuzumuten und ein Visum deshalb sofort zu erteilen ist, und was unternimmt sie, um diese rechtswidrige Praxis wirksam zu unterbinden ? Gemäß der aktuellen Weisungslage des Auswärtigen Amts ist den Antragstellern in jedem Fall die persönliche Vorsprache am Visaschalter zu gewähren, damit sie die Möglichkeit haben, dort etwaige Ausnahmen vom Spracherfordernis geltend zu machen oder die Offenkundigkeit ihrer Deutschkenntnisse nachzuweisen . Deshalb dürfen ihnen auch bei (noch) fehlendem Sprachnachweis der Vorsprachetermin oder der Einlass in die Visastelle nicht verwehrt werden. Sofern diese Vorgaben in Einzelfällen nicht korrekt befolgt werden und das Auswärtige Amt Kenntnis hiervon erlangt, weist es die betroffene Auslandsvertretung umgehend auf die oben dargestellte Rechts- und Erlasslage hin. 6. Kann die Bundesregierung beispielhaft fünf Fälle benennen (bitte die 20 wichtigsten deutschen Visastellen abfragen), in denen (jenseits der gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen und jenseits der Sonderregelung für syrische Staatsangehörige) beim Ehegattennachzug zu Deutschen von vornherein auf ein einjähriges Bemühen um den Spracherwerb abgesehen wurde, weil die Visastelle im Einzelfall zu dem Ergebnis kam, dass die geforderten Sprachkenntnisse in zumutbarer Weise nicht innerhalb eines Jahres zu erreichen waren, und um welche Einzelfallkonstellationen in welchen Ländern handelte es sich dabei? 7. Welche Einschätzungen haben die 20 wichtigsten deutschen Visastellen dazu, in welchem Umfang die Einreise zu deutschen Ehegatten infolge des BVerwG-Urteils vom 4. September 2012 auch ohne A1-Zertifikat ermöglicht wird (bitte so differenziert wie möglich darlegen)? Die Fragen 6 und 7 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung führt keine Statistik bezüglich der von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmetatbestände im Visumverfahren zum Ehegattennachzug. Sie hat daher auch keine gesicherten Erkenntnisse darüber, in wie vielen Fällen von vornherein aufgrund der Annahme von Unzumutbarkeit auf das einjährige Bemühen um den geforderten Spracherwerb bislang verzichtet worden ist. Sie geht jedoch davon aus, dass sich die Zahl der Fälle in einem überschaubaren Rahmen bewegt, da nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen von einer bereits von vornherein bestehenden Unzumutbarkeit auszugehen ist. Entsprechende Ausnahmen werden zum Beispiel zugunsten eritreischer Staatsangehöriger gewährt, seit die Schließung der Sprachschulen vor Ort, der fehlende Zugang zu alternativen Lernmöglichkeiten und die restriktive Ausreisepolitik der eritreischen Regierung den Spracherwerb in Eritrea unmöglich machen. Drucksache 18/937 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Wie ist es zu erklären, dass einer deutschen Ehegattin, deren Mann seit einem Jahr mit Lehrbuch und CD Deutsch gelernt hatte und trotz eines guten Gefühls beim Sprachtest durchgefallen war, durch die Visastelle der deutschen Botschaft in Kingston/Jamaika per E-Mail im Juli 2013 (liegt der Erstinitiantin dieser Kleinen Anfrage vor) fälschlich mitgeteilt wurde „Wir möchten darauf verweisen, dass ein Deutschtest mit positivem Abschluss unabdingbar ist und wir hier eben keinen Spielraum haben, sondern uns an die geltenden Gesetze und Vorschriften halten“, statt auf die Ausnahmeregelung beim Nachzug zu Deutschen infolge des BVerwG-Urteils vom 4. September 2012 hinzuweisen und diese anzuwenden? Der E-Mail-Schriftwechsel der Visastelle in Kingston vom Juli 2013 liegt dem Auswärtigen Amt vor. Zum genannten Zeitpunkt war allerdings im vorliegenden Fall noch kein Antrag auf Ehegattennachzug gestellt worden; die zitierte Mitteilung an die deutsche Ehefrau erfolgte im Rahmen einer informatorischen Anfrage . Zu diesem Zeitpunkt hatte die Visastelle noch keinen Anhaltspunkt für ein Abweichen von der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Norm gesehen. Nachdem der Ehemann am 27. November 2013 den Antrag auf ein Visum zum Ehegattennachzug gestellt hatte, wurde er am 2. Dezember 2013 zu einem persönlichen Gespräch in der Visastelle empfangen, bei dem u. a. die objektiven Möglichkeiten und die bisher erzielten Fortschritte beim Spracherwerb angesprochen wurden. Die durch das Gespräch gewonnenen Erkenntnisse wurden daraufhin mit der beteiligungspflichtigen Ausländerbehörde unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erörtert. Daraufhin wurde dem Antragsteller am 20. Dezember 2013 das beantragte Visum erteilt . 9. Wie ist das genaue Zuständigkeits-, Entscheidungs- und Verantwortungsverhältnis bzw. wie verläuft die konkrete Zusammenarbeit zwischen Visastellen und Ausländerbehörden bei der Prüfung der Erteilung von Visa im Rahmen des Ehegattennachzugs (bitte so konkret und detailliert wie möglich darstellen, sowohl hinsichtlich der Rechtsgrundlagen als auch hinsichtlich des Abstimmungsverfahrens und Ablaufs in der Praxis), da der Erstinitiantin dieser Kleinen Anfrage immer wieder Fälle bekannt werden, in denen Ausländerbehörden auf die letztliche Zuständigkeit der Visastellen und diese wiederum auf die letztliche Zuständigkeit der Ausländerbehörden verweisen, so dass für die Betroffenen nicht mehr nachzuvollziehen ist, welche Behörde letztlich entscheiden wird bzw. an welche Behörde sie sich in ihrer Angelegenheit wenden müssen? Das Visumverfahren zum Ehegattennachzug bestimmt sich beim Nachzug zu einem Ausländer nach § 27 AufenthG i. V. m. § 30 Absatz 1, 2 und 4 AufenthG, beim Nachzug zu einem Deutschen nach §§ 27, 28 AufenthG i. V. m. § 30 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2, Satz 3 AufenthG und § 30 Absatz 2 Satz 1 AufenthG. Nach Antragstellung bei der Visastelle prüft diese zunächst die Auslandssachverhalte . Neben der Überprüfung der Regelerteilungsvoraussetzungen (Erfüllung der Passpflicht gemäß § 3 AufenthG i. V. m. § 5 Absatz 1 Nummer 4 AufenthG, Nachweis von Identität und Staatsangehörigkeit gemäß § 5 Absatz 1 Nummer 1a AufenthG, Nichtvorliegen eines Ausweisungsgrundes gemäß § 5 Absatz 1 Nummer 2 AufenthG) prüft die Visastelle, ob ggf. ein zwingender Versagungsgrund (Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Absatz 1 AufenthG; Verbindungen zum Terrorismus gemäß § 5 Absatz 4 i. V. m. § 54 Nummer 5 bis 5b AufenthG) vorliegt. Anschließend übersendet die Visastelle den Antrag mit einem eigenen Votum zu den von ihr geprüften Tatbestandsvoraussetzungen und der Bitte um Zustimmung an die zuständige Ausländerbehörde. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/937 § 31 Absatz 1 der Aufenthaltsverordnung (AufenthV) legt fest, dass vor einer Entscheidung über die Erteilung eines Visums die Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde einzuholen ist. Diese prüft sodann als sachnähere Behörde die Inlandssachverhalte und teilt der Visastelle – im Falle eines positiven Prüfergebnisses – die Zustimmung zur Visumerteilung mit. In bestimmten Fällen gilt diese Zustimmung auch durch Schweigen der zuständigen Ausländerbehörde als erteilt. In allen anderen Fällen erteilt die Ausländerbehörde ihre Zustimmung, wenn alle Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind. Da für den Nachzug zu Deutschen und Ausländern unterschiedliche Regelungen gelten, prüft die Ausländerbehörde im Rahmen ihrer Zustimmung noch einmal, ob der Ehegatte die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Im Einzelfall kann die Auslandsvertretung auch um Durchführung weiterer Ermittlungen bitten. Nur soweit erforderlich, wendet sich die Ausländerbehörde mit weiteren Fragen an den deutschen Ehepartner. Nach Abschluss der Prüfungen teilt die Ausländerbehörde der Auslandsvertretung ihre Stellungnahme zum Visumantrag mit. Der Auslandsvertretung obliegt dann die weitere Bearbeitung. Die Zustimmung der Ausländerbehörde ist gemäß § 31 Absatz 1 AufenthV ein rein verwaltungsinterner Akt. Gegenüber dem Antragsteller entscheidet abschließend die Auslandsvertretung gemäß § 71 Absatz 2 AufenthG in eigener Zuständigkeit über den Visumantrag. Nach Maßgabe des § 99 Absatz 1 Nummer 3 AufenthG i. V. m. § 31 Absatz 1 AufenthV ist für die Visumerteilung jedoch die Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde zwingend erforderlich. 10. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus, dass nach den Erfahrungen der Erstinitiantin dieser Kleinen Anfrage viele deutsche Ehegatten bis heute nichts von dem Urteil des BVerwG vom 4. September 2012 und den daraus folgenden begünstigenden Regelungen wissen, und inwieweit lässt sich dies unter anderem damit erklären, dass es nirgendwo detailliertere Auskünfte der Bundesregierung für Betroffene dazu gibt, was der genaue Inhalt des Urteils des BVerwG vom 4. September 2012 ist und welche konkreten Ausnahmen nach Ansicht der Bundesregierung hieraus folgen? 12. Inwieweit hält die Bundesregierung die von den Generalkonsulaten verwandten Merkblätter zu Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug für ausreichend bzw. verbesserungsbedürftig bzw. weshalb macht sie keine vereinheitlichenden Vorgaben hierzu, wenn zum Beispiel in dem Merkblatt des Generalkonsulats in Istanbul zwar wenige Ausnahmeregelungen benannt werden, nicht aber die Härtefallregelung infolge des BVerwG-Urteils vom 4. September 2012, und wenn in dem Merkblatt des Generalkonsulats in Moskau keine einzige, auch keine gesetzliche, Ausnahmeregelung genannt wird (vielmehr heißt es dort „Deshalb muss seit dem 28.08.2007 jeder Antragsteller, der zum Zweck der Eheschließung oder der Familienzusammenführung zum Ehepartner nach Deutschland reisen möchte, Grundkenntnisse der deutschen Sprache nachweisen“ –; bitte ausführen )? 13. Gibt es neben dem von den deutschen Auslandsvertretungen in China verwandten Merkblatt (Stand November 2013) weltweit noch weitere, die ausdrücklich auf das Urteil des BVerwG vom 4. September 2012 und daraus folgende Ausnahmen hinweisen, wenn ja, welche, und wenn nein, warum nicht? 14. Wieso wird möglicherweise weder in weiteren Merkblättern der General- konsulate zu Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug noch im Informationsflyer des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Drucksache 18/937 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode zum Spracherfordernis beim Ehegattennachzug auf die Ausnahmen, die sich aus dem Urteil des BVerwG vom 30. März 2010 bezüglich des Ehegattennachzugs zu Drittstaatsangehörigen ergeben, hingewiesen (bitte begründen )? Die Fragen 10 und 12 bis 14 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung widerspricht der Behauptung, dass sie die Öffentlichkeit nicht ausreichend über die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts informiert hat: In Anerkennung der Bedeutung, die die Regelungen zum Sprachnachweis beim Ehegattennachzug für viele Menschen haben, wurde umfangreiches Informationsmaterial in Form von Merkblättern etc. zur Verfügung gestellt. Insbesondere die Internetseite des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hält – obwohl es hinsichtlich des Ehegattennachzugs keine zur Entscheidung berufene Stelle ist – in dieser Hinsicht zahlreiche Informationen, zum Beispiel das Merkblatt „Nachweis einfacher Deutschkenntnisse beim Nachzug von Ehegatten aus dem Ausland“, bereit (siehe: www.bamf.de/DE/Migration/ EhepartnerFamilie/ehepartnerfamilie.html;jsessionid=2DA24E5DE932CACC 976AFD376ACFA85E.1_cid370). Dieses enthält in seiner aktuellen Auflage Hinweise auf die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Ausnahmetatbestände und insbesondere auch einen Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. September 2012. Zudem weist die Bundesregierung die zur Entscheidung in aufenthaltsrechtlichen Fragen berufenen Stellen – die Auslandsvertretungen und über die Bundesländer auch die Ausländerbehörden – stets auf alle Änderungen der Rechtslage hin. Die Erstellung von Merkblättern zum Visumverfahren liegt – angesichts landesspezifischer Unterschiede und Notwendigkeiten – grundsätzlich in der Verantwortung der einzelnen Auslandsvertretungen. Jedoch hat das Auswärtige Amt per Weisung vom 24. Juli 2013 die Auslandsvertretungen angewiesen, das oben genannte Merkblatt des BAMF auf ihre jeweiligen Internetseiten einzustellen bzw. zu verknüpfen sowie ihre Merkblätter zum Ehegattennachzug um einen Hinweis auf die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Ausnahmetatbestände zu ergänzen. Eine stichprobenartige Überprüfung hat ergeben, dass die Mehrzahl der Auslandsvertretungen (zum Beispiel Budapest, Thessaloniki, Chengdu, Hongkong, Kanton, Peking, Shanghai, Shenyang, Asunción, Athen, Buenos Aires, Hanoi, Havanna, Kabul, Kuala Lumpur, Mexiko-Stadt, Sarajewo, Colombo, Skopje, Tokyo, Osaka-Kobe, Abidjan, Abu Dhabi, Addis Abeba, Bangalore, Chennai, Kalkutta, Mumbai, Neu Delhi, Bangkok, Beirut, Caracas, Dakar, Madrid, Santiago de Chile, Taipei, Stockholm, Wien) einen Hinweis auf die einschlägigen Ausnahmetatbestände auf ihren Homepages weisungsgemäß eingestellt haben. Sofern dies vereinzelt noch nicht geschehen sein sollte, wurden die betroffenen Auslandsvertretungen vom Auswärtigen Amt um zeitnahe Abhilfe gebeten . Worauf die einzelnen Ausländerbehörden oder Innen- bzw. Integrationsministerien der Bundesländer im Rahmen ihrer Zuständigkeit hinweisen, entzieht sich einer Einflussnahme durch die Bundesregierung. 11. Ist die Bundesregierung tatsächlich der Auffassung, dass es der Realität eines Visumverfahrens entspricht, dass „die von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmetatbestände […] von den zuständigen Konsularbeamten […] von Amts wegen geprüft und angewandt und mit dem Antragsteller , sofern erforderlich, erörtert“ werden (siehe die Antwort zu Frage 17 auf Bundestagsdrucksache 17/14337), mit welcher konkreten Anweisung wird eine solche Prüfung etwaiger Ausnahmetatbestände in- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/937 folge der Rechtsprechung von Amts wegen vorgegeben (bitte mit Datum nennen und im Wortlaut zitieren), und wie ist diese Aussage damit zu vereinbaren , dass nach den Erfahrungen der Erstinitiantin dieser Kleinen Anfrage eine Prüfung von Ausnahmetatbeständen nach der Rechtsprechung häufig nicht einmal dann erfolgt, wenn diese ausdrücklich beantragt wird? Die von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmetatbestände werden – wie auch die gesetzlichen Ausnahmetatbestände des § 30 Absatz 1 Satz 2 und 3 AufenthG – von Amts wegen geprüft und angewandt und mit dem Antragsteller, sofern erforderlich, erörtert. Dies ergibt sich bereits aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und bedarf insoweit keiner gesonderten Anweisung . Über das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. September 2012 (10 C 12.12) wurden die Auslandsvertretungen per Runderlass vom 10. September 2012 und 6. Dezember 2012 sowie im Visumhandbuch des Auswärtigen Amts informiert. Sofern im Einzelfall einmal ein Ausnahmetatbestand nicht oder nicht angemessen bei der Entscheidung über den Visumantrag Berücksichtigung gefunden haben sollte, steht es dem betroffenen Antragsteller frei, gegen die Entscheidung der Auslandsvertretung zu remonstrieren bzw. Rechtsmittel einzulegen. 15. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass gesetzliche Ausnahmeregelungen und Vorgaben der Rechtsprechung zu Härtefallentscheidungen im Rahmen von § 16 Absatz 5 AufenthG beim Ehegattennachzug zu Drittstaatsangehörigen im Ergebnis wie eine allgemeine Härtefallregelung wirken und deshalb allen denkbaren Einzelfallumständen auch im Sinne des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Sinne der EU-Familienzusammenführungsrichtlinie und der EU-Grundrechtecharta Rechnung getragen werden kann (bitte begründen), und wenn ja, wie ist dies damit zu vereinbaren , dass sie auf Bundestagsdrucksache 17/14337 in ihrer Antwort zu Frage 26 nach der unverändert gleichgebliebenen Zahl entsprechender Aufenthaltserteilungen nach § 16 Absatz 5 AufenthG erklärt hat, dass sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. März 2010 kein Anstieg von zum Spracherwerb in Deutschland erteilten Aufenthaltserlaubnissen nach § 15 Absatz 5 AufenthG ergeben müsse? Ist die Bundesregierung also beispielsweise der Auffassung, dass relevante Ausnahmefälle quantitativ nur in sehr geringer Größenordnung auftreten, oder wie erklärt sich der nach Auffassung der Fragesteller bestehende Widerspruch (bitte darlegen)? Die Bundesregierung vertritt die Ansicht, dass die deutsche Regelung zum Sprachnachweis mit dem Unionsrecht und der Grundrechtecharta vereinbar ist. Die Verhältnismäßigkeit der Regelung ist durch das Zusammenspiel mehrerer – sowohl gesetzlicher als auch von der Rechtsprechung entwickelter – Ausnahmen gewahrt. Zum einen tragen die gesetzlichen Ausnahmetatbestände in § 30 Absatz 1 Satz 2 und 3 AufenthG besonderen Belangen von Antragstellern Rechnung. Daneben können Härtefälle auch in Anwendung des allgemeinen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sowie im Rahmen der von der Rechtsprechung zur Vorwirkung des Schutzgebots von Artikel 6 GG entwickelten Grundsätze, die z. B. in der Möglichkeit der Visumerteilung zum Spracherwerb in Deutschland nach § 16 Absatz 5 AufenthG ihren Niederschlag finden, berücksichtigt werden. Die Bundesregierung wird nicht darüber spekulieren, warum es nicht eine größere Anzahl von Visumerteilungen nach § 16 Absatz 5 AufenthG gibt. Sie vertritt allerdings auch weiterhin die Ansicht, dass es nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. März 2010 nicht zwingend zu einem signifi- kanteren Anstieg von Visumerteilungen nach § 16 Absatz 5 AufenthG kommen musste (ein Anstieg ist indessen zu verzeichnen, siehe Antwort zu Frage 18 die- Drucksache 18/937 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ser Kleinen Anfrage). Bereits aus dem Urteil ergibt sich, dass es sich um Ausnahmen im Fall unzumutbarer Bemühungen handeln sollte. 16. Ist die Bundesregierung der Auffassung, bei den im Rahmen des Ehegattennachzugs verlangten Sprachnachweisen handele es sich um äußerst niedrige Anforderungen, die auch im Selbststudium gut zu bewältigen seien (bitte begründen), und wenn ja, wie ist dies damit zu vereinbaren, dass etwa ein Drittel aller Prüfungsteilnehmenden (unter Umständen auch trotz mehrmaligen Versuchs) den Test im Ausland nicht besteht (vgl. Bundestagsdrucksache 17/14337, Tabellen zu den Fragen 27 und 28, selbst ein Viertel der Teilnehmer entsprechender Deutschkurse der Goethe-Institute besteht den Test nicht), und ist diese Auffassung auch in Hinblick auf die Gruppe der primären Analphabeten aufrechtzuerhalten, bei denen die Bundesregierung selbst festgestellt hat, dass diese sich die geforderten Sprachkenntnisse nicht im Selbststudium aneignen können (vgl. Bundestagsdrucksache 16/ 11997, Antwort der Bundesregierung zu Frage 8e; bitte ausführen)? Die Bundesregierung hält das Sprachniveau A1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen für eine vergleichsweise niedrige Hürde, die grundsätzlich Personen, die dauerhaft nach Deutschland umsiedeln wollen, als Vorbereitung auf die Aufnahmegesellschaft zumutbar ist. Sie verkennt aber auch nicht, dass es sich in besonderen Einzelfällen um ein tatsächliches Zuzugshindernis handeln kann. Diesen Fällen wird einerseits durch die gesetzlichen und die von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmen in Anwendung des § 16 Absatz 5 AufenthG Rechnung getragen. Andererseits stehen speziell für die Gruppe der primären Analphabeten zahlreiche Unterstützungsangebote, auch zur Alphabetisierung, zur Verfügung (beispielhafte Aufzählung auch bei Antwort der Bundesregierung zu Frage 8e auf Bundestagsdrucksache 16/11997 vom 16. Februar 2009). Das Spracherwerbserfordernis wurde zudem u. a. auch deshalb eingeführt, um Zwangsehen zu verhindern. Es bietet daher auch betroffenen Personen die Möglichkeit , einer erzwungenen Ehe durch das (wiederholte) absichtliche Nichtbestehen des Tests zu entgehen. 17. Ist es zutreffend, dass das BVerwG-Urteil vom 30. März 2010 einen Härtefall bzw. Ausnahmefall beim Ehegattennachzug zu Drittstaatsangehörigen nur dann vorsieht, wenn nicht nur der Spracherwerb im Ausland unzumutbar ist, sondern zudem eine Ausreise des hier lebenden Stammberechtigten bzw. die Führung der Ehe im Ausland unzumutbar ist (was im konkret vom BVerwG entschiedenen Fall trotz langjährigen Aufenthalts, unbefristeter Aufenthaltserlaubnis und stabiler Existenzsicherung verneint wurde), und wie ist dies damit vereinbar, dass die EU-Familienzusammenführungsrichtlinie (bei Vorliegen aller Voraussetzungen) einen subjektiven Rechtsanspruch auf Einreise vermittelt und einen solchen Verweis auf die Führung der Ehegemeinschaft im Ausland nicht vorsieht (bitte ausführen)? Die sog. Familienzusammenführungsrichtlinie (2003/86/EG) vermittelt zwar einen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt für Drittstaatsangehörige zum Zwecke der Familienzusammenführung. Dieser Rechtsanspruch wird jedoch nicht voraussetzungslos gewährt. Die Richtlinie normiert – neben dem berechtigten Personenkreis – in ihrem Kapitel IV die „Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts auf Familienzusammenführung“. Zu diesen Voraussetzungen für die Ausübung der von der Richtlinie gewährten Rechte gehört auch das Spracherwerbserfordernis , das als Maßnahme nach Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie nach Ansicht der Bundesregierung auch bereits vor der Einreise zulässig ist. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/937 18. Wie viele Aufenthaltserlaubnisse nach § 16 Absatz 5 AufenthG wurden im Jahr 2013 an visumpflichtige Staatsangehörige erteilt (bitte auch nach den 20 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren und die jeweiligen Vorjahreswerte nennen), und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus diesen Zahlen insbesondere in Hinblick darauf, dass es nach Auffassung der Fragesteller nach dem Urteil des BVerwG vom 4. September 2012 zur Aufenthaltserteilung nach § 16 Absatz 5 AufenthG zur Ermöglichung des Ehegattennachzugs zu Deutschen in Härtefällen einen Anstieg gegeben haben müsste (bitte nachvollziehbar begründen)? Im Jahr 2013 wurden 3 651 Aufenthaltserlaubnisse nach § 16 Absatz 5 AufenthG an visumpflichtige Staatsangehörige erteilt. Die weiteren Angaben können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Erteilte Aufenthaltserlaubnis (AE) nach § 16 Absatz 5 AufenthG an Visumpflichtige Jahr 2013 Jahr 2012 Gesamt 3 651 3 215 darunter: China 827 770 Russische Föderation 444 394 Kolumbien 235 221 Türkei 183 178 Ukraine 179 158 Syrien 147 45 Saudi Arabien 114 88 Thailand 108 158 Libyen 102 41 Ecuador 79 73 Vietnam 74 44 Indien 71 69 Indonesien 69 58 Tunesien 69 42 Georgien 67 79 Peru 65 77 Aserbaidschan 60 49 Bolivien 51 57 Ägypten 45 17 Kasachstan 45 41 Die Bundesregierung teilt nicht die Ansicht, dass es nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. September 2012 zu einem signifikanteren Anstieg der Zahlen hätte kommen müssen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen. Drucksache 18/937 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 19. Welche weiteren Urteile oder Beschlüsse sind nach Kenntnis der Bundesregierung zur Thematik der Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug seit der Antwort der Bundesregierung zu Frage 22 auf Bundestagsdrucksache 17/14337 ergangen (bitte mit Datum, Aktenzeichen und Kurzinhalt benennen)? Der Bundesregierung sind über die in der Antwort zu Frage 22 auf Bundestagsdrucksache 17/14337 vom 5. Juli 2013 genannten Urteile hinaus folgende einschlägige Entscheidungen bekannt: Verwaltungsgericht Berlin: Urteil vom 25. März 2013 – VG 34 K 263.11 V (Klage mangels ausreichender Bemühungen zum Spracherwerb abgewiesen); Urteil vom 3. Juni 2013 – VG 28 K 450.12 V (Verpflichtung zur Visumerteilung ); Urteil vom 14. Juni 2013 – VG 12 K 357.12 V (Verpflichtung zur Visumerteilung ); Urteil vom 22. Oktober 2013 – VG 14 K 113.13 V (Urteil betrifft Nachzug zu einem ausländischen Staatsangehörigen: Klage abgewiesen, da Erfordernis von Bemühungen zum Spracherwerb im Einzelfall verhältnismäßig); Urteil vom 25. Oktober 2013 – VG 15 K 171.12 V (Klage mangels ausreichender Bemühungen zum Spracherwerb abgewiesen); Urteil vom 6. Dezember 2013 – VG 4 K 450.12 V (Klage mangels Nachweises aktuell vorhandener Deutschkenntnisse abgewiesen, Sprachzertifikat aus dem Jahr 2011 nicht mehr aktuell); Urteil vom 9. Dezember 2013 – VG 21 K 441.12 V (Klage abgewiesen, neben anderen Ablehnungsgründen kein aktueller Nachweis von Deutschkenntnissen ); Urteil vom 9. Dezember 2013 – VG 21 K 331.13 V (Klage abgewiesen, neben anderen Ablehnungsgründen kein aktueller Nachweis von Deutschkenntnissen ); Beschluss vom 18. Dezember 2013 – VG 4 L 668.13 V (Eilantrag zurückgewiesen , keine ausreichenden Bemühungen zum Spracherwerb, insbesondere Verweis auf Möglichkeiten des Selbststudiums); Gerichtsbescheid vom 20. Januar 2014 – VG 11 K 251.13 V (Bescheid betrifft Nachzug zu einem ausländischen Staatsangehörigen: Klage abgewiesen, da kein Ausnahmetatbestand bezüglich des Sprachnachweises gegeben); Beschluss vom 29. Januar 2014 – VG 19 L 278.13 V (Eilantrag abgewiesen, da zumutbare Bemühungen von der Dauer eines Jahres nicht glaubhaft gemacht); Urteil vom 4. Februar 2014 – VG 21 K 107.13 V (Urteil betrifft Nachzug zu einem ausländischen Staatsangehörigen: Klage abgewiesen, da kein Ausnahmetatbestand bezüglich des Sprachnachweises gegeben); Urteil vom 28. Februar 2014 – VG 27 K 82.13 V (Klage abgewiesen; dem Kläger wäre zumutbar gewesen, einen Alphabetisierungskurs im Heimatland zu besuchen). Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg: Beschluss vom 26. November 2013 – OVG 2 N 125.11 (Nichtzulassung der Berufung der Klägerin, die argumentiert hatte, jede über ein Jahr hinausgehende Verzögerung des Nachzugs sei verfassungsrechtlich nicht hinzunehmen). Bundesverwaltungsgericht: Beschluss vom 17. Juni 2013 – BVerwG 10 B 1.13 (Aufhebung des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Oktober 2012 – OVG 2 B 13.10). 20. Wie ist der genaue Stand des von der Europäischen Kommission wegen der deutschen Regelung der Sprachanforderungen im Ausland beim Ehegattennachzug eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens (Nummer 2013/ 2009), was plant nach Kenntnis der Bundesregierung die Europäische Kommission als nächsten Schritt, und was wird die Bundesregierung weiter unternehmen? Die Bundesregierung hat am 30. Juli 2013 in dem Vertragsverletzungsverfahren aufgrund des Spracherwerbserfordernisses gegenüber der Europäischen Kom- mission umfassend Stellung genommen. Seit der Bestätigung des Eingangs der deutschen Stellungnahme bei der Europäischen Kommission sind der Bundes- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/937 regierung keine weiteren Schritte, insbesondere keine Klageerhebung durch die Europäische Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), bekannt geworden. Über die Planung weiterer Schritte durch die Kommission ist der Bundesregierung nichts bekannt. 21. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der genaue Stand des Verfahrens des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Dogan“ (C-138/13), und was werden die nächsten Schritte sein? Die Rechtssache C-138/13 (Vorabentscheidungsverfahren auf Vorlage des Verwaltungsgerichts Berlin vom 13. Februar 2013) wurde am 5. Februar 2014 vor dem EuGH mündlich verhandelt. Die Bundesregierung verteidigte im Plädoyer und dem sich anschließenden Rechtsgespräch das deutsche Spracherwerbserfordernis sowohl im Hinblick auf das mit der Türkei bestehende Assoziationsrecht als auch im Hinblick auf die Familienzusammenführungsrichtlinie (2003/86/ EG). Die Schlussanträge des Generalanwaltes am Europäischen Gerichtshof sind für den 30. April 2014 angekündigt. 22. Hat es weitere Treffen, Besprechungen, Vereinbarungen der Arbeitsgruppe aus Vertretern der Europäischen Kommission und der Mitgliedstaaten im Rahmen der Grünbuch-Evaluierung der EU-Familienzusammenführungsrichtlinie gegeben, und wenn ja, wann, welchen Inhalts und mit welchem Ziel bringt sich die Bundesregierung hier ein, und wie sind die weiteren inhaltlichen und verfahrenstechnischen Planungen bezüglich dieser Arbeitsgruppe (Nachfrage zu Frage 30 auf Bundestagsdrucksache 17/14337)? Es hat seit Beantwortung der Frage 30 auf Bundestagsdrucksache 17/14337 vom 5. Juli 2013 keine weiteren Treffen dieser Arbeitsgruppe gegeben. Ob weitere Treffen geplant sind oder welchen Inhalt diese haben könnten, entzieht sich der Kenntnis der Bundesregierung. 23. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Stand der Erarbeitung von Leitlinien zur Auslegung der EU-Familienzusammenführungsrichtlinie durch die Europäische Kommission, und was ist der Bundesregierung über etwaige Inhalte und nächste Verfahrensschritte bekannt? Die Europäische Kommission hat bisher Leitlinien zur Auslegung der Familienzusammenführungsrichtlinie nicht veröffentlicht. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, wann dies geschehen soll. Es handelt sich um ein Verfahren, in dem eine weitere Beteiligung der Mitgliedstaaten oder eine Abstimmung mit diesen nicht vorgesehen ist. 24. Welche neuen Informationen hat die Bundesregierung zu der Frage, inwieweit im Inland zur Integrationskursteilnahme verpflichtete Personen dieser Pflicht aus ihnen vorwerfbaren Gründen nicht nachkommen (bitte so genau wie möglich darlegen), und wenn die Bundesregierung weiterhin keine genaueren Angaben hierzu machen kann, wie ist dies damit zu vereinbaren , dass der Abgeordnete Reinhard Grindel (CDU) im Rahmen einer diesbezüglichen Gesetzesänderung im Jahr 2011 im Plenum des Deutschen Bundestages erklärte, dass „wir“ durch die Neuregelung „erstmals das bekommen, was Sie immer anmahnen: belastbare Zahlen über Integrationsverweigerer . […] Wir werden zum ersten Mal flächendeckend für ganz Deutschland sehr genau wissen, wie viele Personen dieser Pflicht Drucksache 18/937 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode [zur Integrationskursteilnahme] nicht nachgekommen sind“ (Plenarprotokoll 17/96, Seite 10989)? Die Bundesregierung hat keine neuen Erkenntnisse (zu den von den Bundesländern und Ausländerbehörden erfragten Daten aus den Jahren 2010 und 2011 wird auf die Antwort zu Frage 26 verwiesen) zu der Frage, inwieweit zur Teilnahme am Integrationskurs verpflichtete Personen dieser Pflicht aus ihnen vorwerfbaren Gründen nicht nachkommen. Aussagen zu dieser Frage können allein die verpflichtenden Ausländerbehörden und Träger der Grundsicherung treffen, denn die in der Frage zitierten Äußerungen bezogen sich auf die Änderungen des AufenthG, welche von den Ausländerbehörden ausgeführt werden. 25. Wie ist die Antwort der Bundesregierung zu Frage 33 auf Bundestagsdrucksache 17/14337 zu verstehen, „die Vorschrift des § 8 Absatz 3 Satz 6 AufenthG“ beinhalte, dass „eine Aufenthaltserlaubnis bei Verletzung der Teilnahmepflicht“ nur um ein Jahr verlängert werden solle, obwohl es nach Auffassung der Fragesteller bei dieser Vorschrift nicht um Verletzungen der Teilnahmepflicht, sondern um den Abschluss des Integrationskurses auf dem Sprachniveau B1 GER geht (bitte ausführen)? Die Bundesregierung bittet darum, ihr das redaktionelle Versehen bei Beantwortung der Frage 33 auf Bundestagsdrucksache 17/14437vom 5. Juli 2013 nachzusehen . Die Regelung des § 8 Absatz 3 Satz 6 AufenthG bezieht sich in der Tat nur auf Personen, die den Abschlusstest des Integrationskurses (Sprachniveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen) nicht bestehen . Rechtsfolgen bei Verletzung der Teilnahmepflicht sind in § 8 Absatz 3 Satz 1 bis 4 AufenthG geregelt. 26. Wenn die Bundesregierung zu Frage 33 auf Bundestagsdrucksache 17/ 14337 antwortet, dass nach einer „Abfrage bei den Bundesländern“ von der Regelung des § 8 Absatz 3 Satz 6 AufenthG „in hohem Maße Gebrauch gemacht“ wird, auf welche Abfrage bezieht sie sich dabei, und was genau hat diese erbracht? Um einen Einblick in die praktische Nutzung der Sanktionsmöglichkeiten bei Integrationsverweigerung zu bekommen, hat das Bundesministerium des Innern in der ersten Jahreshälfte 2012 die für die Umsetzung der Sanktionsmöglichkeiten zuständigen Bundesländer um eine detaillierte Aufstellung darüber, in welchem Umfang von den gesetzlichen Instrumentarien der Sanktionen bei Integrationsverweigerung in den Jahren 2010 und 2011 Gebrauch gemacht wurde, gebeten. Die Bundesregierung möchte jedoch darauf hinweisen, dass die folgenden Daten aus nachstehenden Gründen von eingeschränkter Aussagekraft sind: ● Die Beteiligung an der Erhebung war uneinheitlich: Drei Bundesländer haben keine Daten geliefert. Zwei Bundesländer haben keine konkreten Fallzahlen , sondern lediglich Erfahrungswerte geliefert. Ein Bundesland hat keine Daten für das Jahr 2010 und keine Daten zu den Pflichtverletzungen geliefert , sondern nur zu den Verpflichtungen und zu Zahlen über Kursbeginner und erfolgreiche Kursteilnehmer sowie zu Sanktionen. ● Die Ausländerbehörden mancher Bundesländer führten keine oder keine umfassenden Arbeitsstatistiken zu der Zahl der Integrationskursverpflichteten, den Verstößen gegen die Teilnahmepflicht oder deren Sanktionierung. Daher entstammten nicht alle Daten aus bei den Ausländerbehörden geführten und regelmäßig gepflegten Datenbanken. Vielfach sind die Daten für die damalige Abfrage erst nachträglich von den Ausländerbehörden ermittelt worden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/937 ● Teilweise hatten nicht alle Ausländerbehörden eines Bundeslandes Daten beigetragen, so dass die gewonnenen Ergebnisse kein genaues Bild abgeben, jedoch eine tendenzielle Einschätzung liefern konnten. Die Auswertung der Ergebnisse ließ folgende Tendenzen erkennen: ● Bundesweit verletzen weniger als sechs Prozent der nach § 44a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 3 AufenthG Teilnahmeverpflichteten ihre Teilnahmepflicht . ● Die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Absatz 3 AufenthG wurde insgesamt nur vier Mal verfügt. Ein Absehen von der Nichtverlängerung nach § 8 Absatz 3 Satz 4 AufenthG (Nachweis, dass Integration anderweitig erfolgt ist) kommt häufiger vor. ● Durchschnittlich wird in mehr als einem Drittel der Fälle von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Absatz 3 Satz 6 AufenthG auf ein Jahr zu befristen. ● Die verschiedenen Sanktionsmaßnahmen werden in den Bundesländern unterschiedlich stark genutzt und führen offenbar nicht selten zum Erfolg. Im Übrigen wird auf die Anlage 2 auf Bundestagsdrucksache 17/11661 vom 28. November 2012 verwiesen. 27. Wie viele Visa zum Ehegattennachzug wurden an syrische Ehegatten erteilt , seitdem von diesen auf einfache Sprachnachweise verzichtet wird, wie viele syrische Personen reisten seitdem im Rahmen des Ehegattennachzugs ein (bitte nach Jahren differenzieren), wie vielen wurde eine Aufenthaltserlaubnis im Rahmen des Familiennachzugs erteilt, und welche Erkenntnisse oder Hinweise liegen der Bundesregierung dazu vor, dass diese Ehegatten nach ihrer Einreise selbstverschuldet nicht an einem Integrationskurs in Deutschland teilgenommen haben? Wenn ihr keine solchen Informationen über einen verweigerten Spracherwerb nach der Einreise vorliegen, mit welcher Begründung soll dann die Anforderung des Sprachnachweises im Ausland generell aufrechterhalten werden, obwohl der Spracherwerb im Inland einen weitaus weniger schweren Eingriff in das grundrechtlich geschützte Ehe- und Familienleben darstellt und alle Grundrechtseingriffe einer besonderen Begründung bedürfen (bitte ausführen)? Der Bundesregierung liegen keine gesicherten Erkenntnisse darüber vor, wie viele syrische Ehegatten in Anwendung der zitierten Ausnahmeregelung seit dem 12. Oktober 2012 ein Visum zum Zweck des Ehegattennachzugs erhalten haben. Der Grund der Einreise wird im Ausländerzentralregister (AZR) nicht erfasst. Daher kann auch die Zahl der Syrer, die seit November 2012 mit einem Visum zum Ehegattennachzug nach Deutschland einreisten, nicht ermittelt werden. Erfasst werden dagegen die erteilten Aufenthaltserlaubnisse. Ausweislich des AZR erhielten von November 2012 bis Februar 2014 insgesamt 814 syrische Staatsangehörige eine Aufenthaltserlaubnis im Rahmen des Ehegattennachzugs. Details können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Erteilungsjahr Ehegattennachzug Summe § 28 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG (Familiennachzug zu Deutschen: Ehegatte) § 30 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3g AufenthG (Ehegattennachzug zu einem Inhaber einer Blauen Karte EU) nach § 30 AufenthG (Ehegattennachzug) ohne § 30 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3g AufenthG 2012 (November – Dezember) 70 2 44 116 2013 288 31 314 633 2014 (Januar – Februar) 25 5 35 665 Gesamt 383 38 393 814 Drucksache 18/937 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Der Vollzug des Aufenthaltsgesetzes und der Integrationskursverordnung obliegt den Bundesländern, die diese Aufgaben durch ihre Ausländerbehörden wahrnehmen. Daher stehen der Bundesregierung keine eigenen Daten oder Informationen über die Teilnahme, Nichtteilnahme oder Teilnahmeverweigerung an Integrationskursen zur Verfügung. Hinsichtlich der diesbezüglich neusten Erkenntnisse der Bundesregierung wird auf die Antwort zu Frage 26 verwiesen. Seit dem dort genannten Zeitpunkt (erste Jahreshälfte 2012) wurden keine Daten mehr bei den Bundesländern abgefragt. 28. Inwieweit und mit welchem Ergebnis hat sich die Bundesregierung mit der französischen Regierung über deren Regelung zu Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug ausgetauscht, die nach Information der Fragesteller nicht nur klare Zeitvorgaben für ein möglichst zügiges Verfahren beinhaltet , sondern auch, dass der französische Staat den Drittstaatsangehörigen im Ausland die nach einer Eingangsprüfung für notwendig erachteten Lernmaßnahmen kostenfrei anbietet (die aber auch nur dann bereits im Ausland in Anspruch genommen werden müssen, wenn sie für die Betroffenen zumutbar sind, andernfalls erfolgt dies im Inland), und die vorsieht, dass die Einreise der Ehegatten nach einer zweiten Sprachprüfung unabhängig vom Ergebnis erlaubt werden muss, um den Betroffenen den weiteren Spracherwerb im Inland zu ermöglichen, und warum nimmt sich die Bundesregierung nicht dieses – in jedem Fall für die Betroffenen weniger belastende – Modell Frankreichs als Vorbild, wenn sie schon an so genannten Vorintegrationsmaßnahmen im Ausland festhalten will (bitte begründen )? Der Bundesregierung ist das französische Modell des Sprachkurses vor einer Visumerteilung bekannt, sie hält aber weiterhin aus den bekannten Gründen an dem Spracherwerbsnachweis, wie er im deutschen Recht verankert ist, fest. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/937 29. Wie viele Aufenthaltserlaubnisse wurden im Jahr 2013 erstmalig im Rahmen des Ehegattennachzugs erteilt (bitte auch nach den 20 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)? Die Angaben ausweislich des AZR zum Stichtag 31. Dezember 2013 können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Erteilte Aufenthaltserlaubnisse im Jahr 2013 aufgrund Ehegattennachzuges Gesamt 47 101 darunter: Türkei 6 634 Russische Föderation 3 413 Kosovo 2 673 Indien 2 589 Vereinigte Staaten von Amerika 2 150 China 2 086 Ukraine 1 880 Marokko 1 599 Serbien 1 131 Thailand 1 096 Japan 1 031 Bosnien und Herzegowina 1 016 Tunesien 966 Iran 922 Brasilien 888 Vietnam 807 Pakistan 736 Mazedonien 680 Syrien 633 Irak 641 30. Wie viele Visa zum Ehegattennachzug wurden im Jahr 2013 erteilt (bitte auch nach den 20 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren und zudem die jeweiligen prozentualen Veränderungen gegenüber dem Vorjahr benennen )? a) Wie lautet die gesonderte Statistik des Auswärtigen Amts zum Sprachnachweis beim Ehegattennachzug für die zehn Hauptherkunftsländer für das Jahr 2013? b) Wie hoch war der Anteil „Externer“ bei Sprachprüfungen „Start Deutsch 1“ der Goethe-Institute weltweit im Jahr 2013 bzw. zum letzten verfügbaren Stand (bitte auch nach den 20 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)? c) Wie hoch waren die Bestehensquoten bei Sprachprüfungen „Start Deutsch 1“ der Goethe-Institute weltweit im Jahr 2013 bzw. zum letz- Drucksache 18/937 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ten verfügbaren Stand (bitte auch nach externen und internen Prüfungsteilnehmenden sowie nach den 20 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren und zudem die jeweils 15 Länder mit den höchsten bzw. niedrigsten Quoten mit einer Teilnehmendenzahl von über 100 angeben)? d) Ist inzwischen die vom Goethe-Institut Anfang 2009 begonnene Softwareentwicklung abgeschlossen bzw. die entsprechende Software im Einsatz, mit der die Erfolgsquoten bei Sprachprüfungen im Ausland differenziert nach erster bzw. wiederholter Teilnahme erfasst werden sollen (vgl. die Antwort der Bundesregierung zu Frage 5 auf Bundestagsdrucksache 17/194), und wenn nein, warum nicht, und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus , und wenn ja, wie lauten die entsprechend differenzierten Daten? Die Antwort zu den Fragen 30, 30a, 30b und 30c kann den beigefügten Tabellen entnommen werden. Die Software-Entwicklung für die neue Sprachkurs- und Prüfungsverwaltung des Goethe-Instituts startete im Jahr 2011. In den Jahren 2009 und 2010 fand ein Prozess der internen Vorbereitung mit der Erstellung einer Leistungsbeschreibung , der Erfassung der benötigten Funktionen, etc. statt, an den sich eine europaweite Ausschreibung sowie Vertragsverhandlungen anschlossen. Es handelt sich hierbei um die Anpassung bzw. Erstellung einer komplexen Software, bei der eine große Anzahl von betriebswirtschaftlichen und fachlichen Prozessen zu berücksichtigen ist. Die Software wird aktuell an den Goethe-Instituten im Inland ausgerollt, parallel dazu erfolgen die restlichen Entwicklungsarbeiten für die Institute im Ausland. Dort soll die Software schrittweise ab dem Jahr 2015 zum Einsatz kommen. Anlage zu Frage 30 Erteilte Visa zum Ehegattennachzug Gesamt weltweit und in den 20 wichtigsten Herkunftsländern Berlin, den 14.03.2014 Land 20 12 20 13 Dif fer en z i n ab so lut en Za hle n Pr oz en tua le Ve rän de run g Türkei 5.689 5.360 -329 -5,78 Indien 2.565 2.591 26 1,01 Russische Föderation 2.520 2.582 62 2,46 Kosovo 2.310 2.015 -295 -12,77 China 1.490 1.549 59 3,96 Marokko 1.496 1.438 -58 -3,88 Thailand 641 1.223 582 90,80 Ukraine 1.186 1.141 -45 -3,79 Tunesien 973 1.040 67 6,89 Libanon 786 911 125 15,90 Iran 699 749 50 7,15 Serbien 777 748 -29 -3,73 Bosnien u. Herzegowina 660 746 86 13,03 Ägypten 595 691 96 16,13 Mazedonien 473 551 78 16,49 Jordanien 442 500 58 13,12 Vietnam 542 445 -97 -17,90 Pakistan 397 442 45 11,34 Afghanistan 348 403 55 15,80 Kasachstan 328 377 49 14,94 Gesamt Top 20 Länder 24.917 25.502 585 2,35 Gesamt weltweit 31.846 32.777 931 2,92 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/937 la ge z u Fr ag e 30 a ) ge so nd er te S ta tis tis tik z um E he ga tte nn ac hz ug n ac h Q ua rta le n (2 01 3) Be rli n, d en 1 2. 03 .2 01 4 L än de r Au sl an ds - ve rt re tu ng en I/1 3 II/ 13 III /1 3 IV /1 3 I/1 3 II/ 13 III /1 3 IV /1 3 I/1 3 II/ 13 III /1 3 IV /1 3 I/1 3 II/ 13 III /1 3 IV /1 3 C he ng du 3 8 19 26 1 0 1 1 0 0 10 0 0 0 0 0 H on gk on g 9 10 13 18 6 1 1 4 3 2 7 7 0 0 0 0 Ka nt on 29 65 39 66 8 30 12 19 6 1 2 3 2 0 0 1 Pe ki ng 16 1 16 6 16 2 13 6 46 62 64 50 19 20 13 25 1 0 0 0 C hi na Sh an gh ai 12 4 75 93 63 47 27 29 18 8 1 6 2 0 0 0 0 An ka ra 91 0 82 6 1. 65 0 1. 45 5 30 16 28 28 36 36 22 11 14 19 22 Is ta nb ul 39 2 55 4 34 3 44 2 7 9 5 5 14 15 7 9 4 6 7 13 Tü rk ei Iz m ir 16 4 26 8 29 7 32 1 4 3 3 19 18 16 5 18 1 4 5 3 Je ka te rin bu rg 45 54 98 67 7 9 5 7 4 6 6 3 0 0 2 0 Ka lin in gr ad 16 16 13 21 0 0 0 1 2 2 2 3 0 0 0 0 M os ka u 32 7 35 2 47 2 42 4 22 37 70 70 36 23 31 48 4 3 1 0 R us si sc he N ow os ib irs k 10 0 10 9 12 6 10 3 1 7 2 6 3 1 2 3 0 2 0 0 Fö de ra tio n St . P et er sb ur g 60 69 65 77 23 24 19 23 5 7 5 14 0 0 0 0 C he nn ai 13 5 14 7 92 13 0 12 2 12 8 83 11 7 0 0 0 0 0 0 0 0 Ka lk ut ta 14 14 3 16 7 5 1 5 0 2 0 2 0 1 1 2 M um ba i 16 4 18 1 11 4 12 2 87 35 57 34 2 1 0 0 0 0 0 0 In di en N ew D el hi 15 7 17 1 17 5 15 8 31 45 45 50 3 3 0 2 2 3 2 1 Th ai la nd Ba ng ko k 26 8 31 9 33 3 27 0 2 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 2 Se rb ie n Be lg ra d 17 0 18 2 18 7 20 9 18 36 66 51 18 30 17 24 3 6 8 8 Ko so vo Pr is tin a 74 0 77 0 86 7 53 8 0 0 0 7 52 35 40 49 5 5 3 9 M ar ok ko R ab at 40 2 46 6 49 6 31 1 0 0 0 0 4 3 4 2 0 2 1 0 Bo sn ie n un d H er ze go w in a Sa ra je w o 19 6 18 8 23 9 21 3 0 0 11 13 10 17 7 9 0 0 0 2 Tu ne si en Tu ni s 34 8 34 9 27 3 23 8 10 4 3 2 8 5 6 5 4 4 1 0 Su m m e 4. 93 4 5. 35 9 6. 16 9 5. 42 4 47 9 47 8 50 5 50 2 24 3 22 6 20 6 25 2 37 50 50 63 Ab ge le hn t a uf gr un d m an ge ln de r S pr ac hk en nt ni ss e B ea nt ra gt e Vi sa z um Eh eg at te nn ac hz ug ke in S pr ac hn ac hw ei s no tw en di g ge m . Au sn ah m et at be st an d O ffe nk un di gk ei t Drucksache 18/937 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode An Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/937 Drucksache 18/937 – 22 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23 – Drucksache 18/937 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333