Deutscher Bundestag Drucksache 18/940 18. Wahlperiode 27.03.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Markus Kurth, Beate Müller-Gemmeke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/813 – Entwicklung der öffentlich geförderten Beschäftigung Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Zum 1. April 2012 traten wesentliche Teile des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt in Kraft. Die sogenannte Instrumentenreform beinhaltete u. a. zahlreiche Änderungen bei der öffentlich geförderten Beschäftigung. Zudem wurden mit der Instrumentenreform erhebliche Mittelkürzungen verbunden. Bereits bei der Verabschiedung des Gesetzes warnten Expertinnen und Experten, dass die neuen Regelungen insbesondere den Bedürfnissen derjenigen Arbeitslosen nicht gerecht werden, die auch bei einer hohen Arbeitskräftenachfrage keine Chancen auf eine ungeförderte Beschäftigung haben. Diese Kritik hält bis heute an. So hat der Deutsche Gewerkschaftsbund im August 2013 neue Perspektiven für Langzeitarbeitslose durch öffentlich geförderte Beschäftigung eingefordert (www.dgb.de vom 7. August 2013: „Langzeitarbeitslose : Neue Perspektiven mit öffentlich geförderter Beschäftigung“). Auch der Deutsche Städtetag hat sich im Oktober 2013 für eine Neuordnung und Weiterentwicklung der öffentlich geförderten Beschäftigung ausgesprochen (www.staedtetag.de vom 9. Oktober 2013: „Erwartungen und Forderungen des Deutschen Städtetages an den neuen Bundestag und die neue Bundesregierung “). Zuletzt haben die Bundesagentur für Arbeit, der Deutsche Städtetag und der Deutsche Landkreistag in einem gemeinsamen Statement Anfang Februar 2014 angemahnt, dass die Hilfen für Langzeitarbeitslose verbessert werden müssen (www.arbeitsagentur.de vom 4. Februar 2014, Presseinfo 007). Unter anderem forderten sie mehr Mittel als bislang, flexiblere und längerfristig angelegte Strategien und die Weiterentwicklung der öffentlich geförderten Beschäftigung. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 26. März 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 1. Wie haben sich die jahresdurchschnittlichen Bestandszahlen bei den Arbeitsgelegenheiten nach §16d des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) seit dem Jahr 2010 entwickelt, und wie ist der aktuelle Stand im März 2014? Drucksache 18/940 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Wie haben sich die jahresdurchschnittlichen Bestandszahlen beim Beschäftigungszuschuss bzw. der Förderung von Arbeitsverhältnissen nach §16e SGB II seit dem Jahr 2010 entwickelt, und wie ist der aktuelle Stand im März 2014? 3. Wie haben sich die jahresdurchschnittlichen Bestandszahlen für die Beschäftigungsphase Bürgerarbeit seit dem Jahr 2011 entwickelt, und wie ist der aktuelle Stand im März 2014? 4. Wie haben sich die jahresdurchschnittlichen Bestandszahlen bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen seit dem Jahr 2010 entwickelt? 5. Wie haben sich die jahresdurchschnittlichen Bestandszahlen bei der öffentlich geförderten Beschäftigung seit dem Jahr 2010 insgesamt entwickelt, und wie ist der aktuelle Stand im März 2014? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 bis 5 gemeinsam beantwortet. Angaben zu den Bestandszahlen der öffentlich geförderten Beschäftigung insgesamt sowie den Instrumenten Arbeitsgelegenheiten, Beschäftigungszuschuss, Förderung von Arbeitsverhältnissen und Beschäftigungsphase Bürgerarbeit und deren Entwicklung können der beigefügten Tabelle entnommen werden. Die Arbeitsmarktzahlen für März 2014 werden am 1. April veröffentlicht. Bestand an Teilnehmern in ausgewählten arbeitsmarktpolitischen Instrumenten Deutschland (Gebietsstand des jeweiligen Stichtags) 2010 bis 2014, Datenstand: Februar 2014 Mit * gekennzeichnete Angaben sind vorläufige Werte für Dez 2013 bis Feb 2014. Endgültige Werte zur Förderung stehen erst nach einer Wartezeit von drei Monaten fest. 6. Für wie viele Beschäftigungsverhältnisse wird die öffentliche Förderung in den nächsten sechs Monaten auslaufen (bitte differenziert nach Förderinstrument und Monat darstellen)? Sonderauswertungen der Bundesagentur für Arbeit zu dieser Frage liegen lediglich für Arbeitsgelegenheiten und die Förderung von Arbeitsverhältnissen für den Teilnehmerbestand vom Februar 2014 vor. Danach werden von den Teilnehmern in Arbeitsgelegenheiten bis Ende Juni 2014 77 Prozent und bis Ende September 2014 93 Prozent austreten. Von den Teilnehmern in der Förderung von Arbeitsverhältnissen werden bis Ende Juni 2014 38 Prozent und bis Ende Maßnahmeart 2010 2011 2012 2013* Januar 2014* Februar 2014* 1 2 3 4 5 6 Insgesamt, davon 344 028 214 010 172 936 151 704 124 046 122 955 Beschäftigungszuschuss 35 072 16 003 7 529 5 296 4 506 4 326 Arbeitsgelegenheiten 306 162 188 173 136 935 111 423 84 585 84 109 Förderung von Arbeitsverhältnissen – – 1 180 6 907 8 207 8 152 Beschäftigungsphase Bürgerarbeit – 8 690 27 106 28 077 26 748 26 368 Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen 2 793 1 144 186 – – Erstellungsdatum: 20. März 2014, Datenzentrum Statistik © Statistik der Bundesagentur für Arbeit September 2014 58 Prozent austreten. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/940 7. Wie hat sich die jahresdurchschnittliche Zahl der Langzeitarbeitslosen seit dem Jahr 2010 entwickelt, und wie ist der aktuelle Stand im März 2014 (bitte aufgeschlüsselt nach den Rechtskreisen SGB II und SGB III – Drittes Buch Sozialgesetzbuch – darstellen)? Die Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit seit dem Jahr 2010 nach Rechtskreisen wird in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. Drucksache 18/940 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Wie hätte sich die jahresdurchschnittliche Zahl der Langzeitarbeitslosen seit dem Jahr 2010 entwickelt, wenn anders als in § 53a SGB II geregelt, erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die nach Vollendung des 58. Lebensjahrs mindestens für die Dauer von zwölf Monaten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bezogen haben, ohne dass ihnen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angeboten wurde, weiterhin als arbeitslos gelten würden, und wie wäre der aktuelle Stand im März 2014? Die Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit und des Personenkreises nach § 53a SGB II kann der nachstehenden Tabelle entnommen werden. 9. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Instituts für Bildungs- und Sozialpolitik (IBUS), das berechnet hat, dass mehr als 435 000 Menschen in Deutschland so „arbeitsmarktfern“ sind, dass ihre Chancen auf einen regulären Arbeitsplatz gegen null gehen und das für diese Gruppe einen Bedarf an sozialversicherungspflichtigen und längerfristigen Arbeitsverhältnisse im Rahmen der öffentlich geförderten Beschäftigung festgestellt hat, hinsichtlich der Größe des Personenkreises und der Forderung nach längerfristig angelegten Angeboten für diese Personen („Messkonzept zur Bestimmung der Zielgruppe für eine öffentlich geförderte Beschäftigung“ von Tim Obermeier, Stefan Sell und Birte Tiedemann)? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung kann die vom Institut für Bildungs- und Sozialpolitik (IBUS) genannte Zahl von sogenannten arbeitsmarktfernen Personen nicht bestätigen . „Arbeitsmarktfern“ ist kein gesetzlich definierter Begriff. Ob und ggf. welche Chancen am Arbeitsmarkt bestehen, hängt von der Aufnahmefähigkeit des regionalen Arbeitsmarktes und den individuellen Umständen des Einzelnen ab. Inwieweit für eine bestimmte Person eine öffentlich geförderte Beschäftigung als geeignete Maßnahme in Frage kommt, orientiert sich stets am Einzelfall . 10. Nachdem die Bundesregierung angekündigt hat, ein neues, mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanziertes Bundesprogramm für besonders schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose auflegen zu wollen, a) wie soll die konkrete inhaltliche und finanzielle Ausgestaltung des Programms aussehen, b) welche Zielgruppe soll damit erreicht werden, Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/940 c) wie viele Personen sollen damit erreicht werden, d) wann soll das Programm starten, und welche Laufzeit soll es haben? In der neuen Förderperiode des Europäischen Sozialfonds (ESF) wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ein Bundesprogramm für langzeitarbeitslose Leistungsbezieherinnen und Leistungsbezieher des SGB II ohne Berufsabschluss bzw. ohne verwertbaren Berufsabschluss auflegen. Im Mittelpunkt der Programmaktivitäten stehen die gezielte Ansprache und Beratung von Arbeitgebern mit dem Ziel, Arbeitsstellen für diese Personengruppe einzuwerben , ein intensives Arbeitnehmercoaching nach Beschäftigungsaufnahme sowie der Ausgleich von Minderleistungen durch degressiv ausgestaltete Lohnkostenzuschüsse . Die Details der Umsetzung werden zurzeit erarbeitet. Das Programm wird aus Mitteln des ESF und dem Eingliederungsbudget des SGB II finanziert. Gegenwärtig wird davon ausgegangen, dass zur Finanzierung des Programms rund 470 Mio. Euro aus ESF-Mitteln zuzüglich der erforderlichen nationalen Mittel zur Kofinanzierung zur Verfügung stehen. Den bisherigen Kostenschätzungen liegt eine Teilnehmerzahl von ca. 30 000 Personen mit einer individuellen Förderdauer von 18 Monaten zugrunde. Nach Abschluss der konzeptionellen Vorarbeiten werden die Programminhalte sowie Festlegungen zur Programmumsetzung im Rahmen einer ESF-Förderrichtlinie veröffentlicht. Das BMAS strebt einen Programmstart zu Beginn des Jahres 2015 an. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333