Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 29. August 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9505 18. Wahlperiode 29.08.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Martina Renner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/9338 – Aktuelle asylpolitische Fragen in Bezug auf Ungarn V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In der Vergangenheit ist Ungarn wegen seines Umgangs mit Flüchtlingen immer wieder in die Kritik geraten (www.spiegel.de/politik/ausland/ungarn-urteilt -fluechtlinge-im-schnellverfahren-ab-a-1055892.html). Am 5. Juli 2016 entschied nun der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH), dass ein syrischer Flüchtling wegen drohender unmenschlicher Behandlung in Ungarn nicht dorthin zurücküberstellt werden darf. Im konkreten Fall hatte ein heute 28-Jähriger aus Syrien dagegen geklagt, auf der Grundlage der Dublin- Verordnung der Europäischen Union von Deutschland nach Ungarn überstellt zu werden. Der VGH stellte in seinem Urteil (Az.: A 11 S 974/16) klar, dass das ungarische Abschiebehaftsystem bereits im Jahr 2014 stark mangelhaft gewesen sei und es keinen effektiven Rechtsschutz gegen eine willkürliche Inhaftierung gegeben habe (www.focus.de/regional/mannheim/urteile-gericht-asylverfahrenin -ungarn-unzumutbar_id_5739693.html). Aktuell berichten Flüchtlinge vermehrt, in Ungarn aufgegriffen, verprügelt und nach Serbien zurückgeschickt worden zu sein. Ein Anfang Juli 2016 in Ungarn in Kraft getretenes neues Gesetz erlaubt es den ungarischen Behörden, Flüchtlinge , die bis zu 8 Kilometer von der ungarischen Grenze entfernt aufgegriffen werden, wieder in Transitzonen an den serbisch-ungarischen Grenzübergängen zurückzuschieben. Diese Personen gelten für die ungarischen Behörden als nicht eingereist, da sich die Transitzonen auf serbischem Gebiet befinden. Dieser Umgang mit Schutzsuchenden wird von Menschenrechtsorganisationen als illegale sogenannte „Push Backs“ und damit als Verstoß gegen das Völkerrecht kritisiert (http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/5048367/Ungarnmisshandelt -offenbar-Fluchtlinge-und-schiebt-sie-ab). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9505 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus, dass Ungarn für den 2. Oktober 2016 ein Referendum angesetzt hat zu der Frage: „Wollen Sie, dass die Europäische Union auch ohne Konsultierung des (ungarischen) Parlaments die Einwanderung nichtungarischer Staatsbürger nach Ungarn vorschreibt?“ (vgl. DIE WELT vom 5. Juli 2016)? 2. Welche Schlussfolgerungen ziehen nach Kenntnis der Bundesregierung andere Mitgliedstaaten der EU und die EU-Kommission aus diesem Vorgehen der ungarischen Regierung, mit dem unter anderem ein verbindlicher Beschluss der Europäischen Union zur Umverteilung von Schutzsuchenden aus den Ländern Griechenland und Italien (ursprünglich war auch Ungarn als begünstigtes Land vorgesehen) durch eine nationale Volksbefragung in Zweifel gezogen wird – wie wird in den Ratsgremien über diesen Vorgang debattiert? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Grundsätzlich ist es den Mitgliedstaaten überlassen, ob und wie sie ihr Regierungshandeln in Brüssel intern legitimieren. Der Bundesregierung liegen derzeit keine Erkenntnisse zu Schlussfolgerungen und Diskussionen von anderen Mitgliedstaaten der EU in Ratsgremien und bei der Kommission vor. 3. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus, dass in Ungarn Asylregelungen in Kraft getreten sind (vgl. z. B. FAZ vom 11. Juli 2016: „Die Umgehung des Grenzzauns“), wonach Schutzsuchende ohne Gerichtsverfahren nach Serbien und Kroatien zurückgeschickt werden können, sie ihr Asylbegehren an der ungarischen Grenze in sogenannten „Transitzonen“ stellen und dort (unter Bedingungen der faktischen Haft) „beweisen“ sollen, dass ihr Asylgesuch in Serbien nicht bearbeitet wird? Stehen diese Regelungen nach Auffassung der Bundesregierung im Einklang mit EU-Recht, und welche genaueren Informationen hat die Bundesregierung zu den in Ungarn beschlossenen Regelungen? Die Regelungen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems sehen für alle Mitgliedstaaten einen verbindlichen Rahmen im Hinblick auf die Behandlung von Schutzsuchenden vor. Dies gilt auch für Ungarn. Nach Kenntnis der Bundesregierung sehen die ungarischen Regelungen für die Geltendmachung eines Asylbegehrens an der ungarischen Grenze wie folgt aus: Wenn in einer ungarischen Transitzone ein Asylantrag gestellt wird, kann der Antragsteller zur Prüfung der Zulässigkeit des Antrags beziehungsweise nach Feststellung der Unzulässigkeit in der Transitzone verbleiben. In der Praxis wird dieses Verfahren bei alleinreisenden Männern durchgeführt. Familien, Frauen und Minderjährige werden nach einer Sicherheitsüberprüfung in eine Aufnahmeeinrichtung im Landesinnern gebracht. Schutzsuchende können die Transitzone jederzeit freiwillig in Richtung Serbien verlassen. Sofern der Antragsteller über einen nach ungarischem Recht sicheren Drittstaat eingereist ist, kann der Antragsteller innerhalb von drei Tagen nach Bekanntgabe, dass er unter diese Drittstaat-Regelung fällt, erklären, warum dies in seinem individuellen Fall nicht zutreffend ist. Dem Antragsteller wird vor seiner Abschiebung in den sicheren Drittstaat ein Zertifikat mit dem Hinweis ausgestellt, dass das Asyl-Begehren in Ungarn nicht materiell-rechtlich entschieden wurde. Im Fall eines ablehnenden Bescheids kann vor Ort Klage erhoben werden, die an das zuständige Gericht weitergeleitet wird. Die Klage hat aufschiebende Wirkung . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9505 Die Asylbehörde ist von Gesetzes wegen verpflichtet, die Entscheidung aufzuheben und das Asylverfahren weiter zu betreiben, wenn der sichere Drittstaat die Übernahme ablehnt. Der Botschaft Budapest sind Fälle bekannt, in denen dies geschah und Antragsteller einen Schutzstatus in Ungarn erhielten. Die maximale Dauer des Aufenthalts in der Transitzone beträgt 28 Tage. Die Beurteilung, ob die zitierten ungarischen Regelungen mit dem europäischen Recht vereinbar sind, obliegt der Europäischen Kommission. 4. Wie werden die in Ungarn neu beschlossenen Asylregelungen nach Kenntnis der Bundesregierung in den EU-Gremien debattiert und bewertet, wie reagiert die EU-Kommission auf diese Maßnahmen, deren Vereinbarkeit mit internationalem und EU-Recht von diversen Seiten kritisch hinterfragt wird (die serbische Regierung hält das ungarische Gesetz für „völkerrechtswidrig “, ein Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR zeigte sich besorgt , dass das Völkerrecht verletzt und die Menschenrechte von Migranten nicht geachtet werden könnten; FAZ vom 11. Juli 2016: „Die Umgehung des Grenzzauns“)? Der Bundesregierung liegen derzeit keine Informationen vor, nach denen die Asylgesetzgebung in Ungarn in Europäischen Gremien oder bei der Europäischen Kommission diskutiert wird oder Maßnahmen erwogen werden. 5. Welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung aus den vom Förderverein PRO ASYL e. V. und von bordermonitoring.eu vorgelegten Bericht über systemische Mängel des Asylsystems in Ungarn („Gänzlich unerwünscht : Entrechtung, Kriminalisierung und Inhaftierung von Flüchtlingen in Ungarn“; www.proasyl.de/news/fluechtlinge-gaenzlich-unerwuenschtneuer -bericht-zur-situation-in-ungarn), insbesondere auch im Hinblick auf rücküberstellte Schutzsuchende, und welche konkreten Konsequenzen zieht sie hieraus, vor allem für die Überstellungspraxis nach Ungarn? Welche Schlussfolgerungen zieht sie insbesondere aus den folgenden in dem Bericht enthaltenen Aussagen (bitte auf alle Unterpunkte getrennt eingehen): a) in Ungarn gebe es keinen politischen Willen, Asylsuchenden ein faires Verfahren zu ermöglichen, diese seien vielmehr – selbst als anerkannte Flüchtlinge – unerwünscht; b) nahezu alle Asylanträge würden quasi automatisch als „unzulässig“ eingestuft mit dem Argument, Serbien sei ein „sicherer Drittstaat“, was aber im Widerspruch zur Beurteilung durch den UNHCR stehe; c) es gebe eine „Strategie der Vertreibung“, indem Asylsuchende, die sich nicht in Haft befänden, in zwei Zeltcamps untergebracht würden, und indem sämtliche Integrationsbeihilfen für anerkannte Flüchtlinge gestrichen würden; d) auch besonders schutzbedürftige Asylsuchende würden inhaftiert ohne effektive gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit? Die Fragen 5 bis 5d werden im Zusammenhang gemeinsam beantwortet. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seinem Urteil vom 21. Januar 2011 (M.S.S./Belgien und Griechenland) systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland festgestellt. In Folgeentscheidungen hat er ausdrücklich auf das Kriterium Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9505 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode des systemischen Versagens („systemic failure“) abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 – Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u. a./Niederlande und Italien – ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 – Nr. 6198/12, Daytbegova u. a./Österreich – Rn. 66; vom 18. Juni 2013 – Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien – ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 – Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien – Rn. 176 und vom 10. September 2013 – Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien – Rn. 138). Nach Auffassung der Bundesregierung ist ein solches systemisches Versagen in Ungarn trotz vorhandener Defizite nicht ersichtlich. Insbesondere stellt die Möglichkeit der Inhaftnahme keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens dar. In Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 2013/33/EU werden zulässige Haftgründe genannt, deren Regelung den Mitgliedstaaten obliegt. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR), dessen Bewertung angesichts seiner durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragenen Rolle eine hervorgehobene Bedeutung zukommt, hat bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in Ungarn festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen, keine Asylbewerber im Rahmen des Dublin-Verfahrens nach Ungarn zu überstellen. Die Bundesregierung sieht daher derzeit keine Veranlassung, die Überstellungspraxis nach Ungarn grundsätzlich zu ändern. Aus Deutschland nach Ungarn rücküberstellte Personen müssen nicht damit rechnen , in Abschiebungshafteinrichtungen untergebracht zu werden, da sie nicht unerlaubt über eine EU-Außengrenze einreisen. Die im Rahmen des Dublin-Verfahrens überstellten Personen haben regelmäßig Anspruch auf Wiedereröffnung ihrer Asylverfahren, soweit dieses wegen Nichtbetreibens (Weiterreise in einen anderen Mitgliedstaat) eingestellt worden ist. Der entsprechende Artikel 28 Absatz 2 der Richtlinie 2013/32/EU, wurde in Ungarn in nationales Recht umgesetzt. 6. Wie haben die Bundesregierung und nach ihrer Kenntnis andere EU-Mitgliedstaaten sowie die EU-Kommission auf den Bericht von Human Rights Watch vom 13. Juli 2016 (www.hrw.org/de/news/2016/07/13/ungarnmigranten -grenze-misshandelt) reagiert, wonach Migranten an der ungarischen Grenze misshandelt und teilweise mit brutaler Gewalt gezwungen würden, ohne Prüfung ihres Schutzgesuchs nach Serbien zurückzukehren (auch Frauen und Kinder würden geschlagen, gefangene Migranten seien zwei Stunden lang geschlagen worden, absichtlich seien ihnen schwere Verletzungen zugefügt worden, man habe Hunde auf Migranten gehetzt usw.)? Der zitierte Bericht von Human Rights Watch ist der Bundesregierung bekannt. Die Vorwürfe, es werde unverhältnismäßige Gewalt gegen Flüchtlinge angewendet , wurden von Vertretern der Botschaft in Budapest im Gespräch mit ungarischen Behörden angesprochen und von diesen zurückgewiesen. Laut Auskunft der ungarischen Polizei werden zum Nachweis, dass keine Misshandlungen erfolgen , bei der Rückführung von Flüchtlingen hinter den Grenzzaun Videoaufnahmen gefertigt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9505 7. Wie nehmen die Bundesregierung und nach ihrer Kenntnis andere EU-Mitgliedstaaten sowie die EU-Kommission Einfluss auf die ungarische Regierung , um diese auf einen fairen und menschlichen Umgang mit Schutzsuchenden und Flüchtlingen zu verpflichten (bitte konkret darlegen), und wie ist der aktuelle Stand der von der EU-Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn (bitte einzeln auflisten)? Die Bundesregierung sowie die Botschaft in Budapest weisen in Gesprächen mit Vertretern der ungarischen Regierung zur Flüchtlingssituation – insbesondere auch bei Besuchen von Aufnahmelagern – regelmäßig auf die Beachtung humanitärer Aspekte und insbesondere auf die Einhaltung humanitärer Standards hin. Die Beschlüsse zu den einzelnen Vertragsverletzungsverfahren im Bereich Justiz und Inneres listet die Europäische Kommission nach Politikbereichen und Mitgliedstaaten untergliedert auf ihrer Website http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/ what-is-new/eu-law-and-monitoring/index_en.htm auf. Der aktuelle Stand der gegen Ungarn eingeleiteten Verfahren kann dort unter http://ec.europa.eu/dgs/ home-affairs/what-is-new/eu-law-and-monitoring/infringements_by_country_ hungary_en eingesehen werden. 8. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Urteil des VGH Mannheim vom 5. Juli 2016, mit dem eine Überstellung eines alleinstehenden Asylsuchenden nach Ungarn wegen systematischer Mängel im Asylsystem (insbesondere wegen drohender willkürlicher Inhaftierung und unmenschlicher Behandlung), und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus, dass im Jahr 2015 nahezu die Hälfte aller Rechtsschutzersuchen gegen eine Überstellung nach Ungarn erfolgreich war (47,3 Prozent, vgl. Bundestagsdrucksache 18/8450, Frage 11)? Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass die Tabelle in der Antwort der Bundesregierung zu Frage 10 der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/8450 nur die Zahl der Gerichtsentscheidungen über die Anträge auf Wiederherstellungen der aufschiebenden Wirkung der Klage enthält. Das bedeutet keineswegs , dass die Verwaltungsgerichte in allen diesen Fällen in Hauptsacheverfahren systemische Mängel festgestellt hätten. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, dass in Ungarn systemische Mängel des Asylverfahrens vorliegen, wird von der Bundesregierung nicht geteilt. Gegen das Berufungsurteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 5. Juli 2016 beabsichtigt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision einzulegen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9505 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 9. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 5. Juli 2006 im Fall O. M. gegen Ungarn (Az.: 9912/15), mit dem Ungarn wegen Menschenrechtsverletzungen gegenüber einem iranischen Flüchtling verurteilt wurde, weil dieser zur Klärung der Identität und Fluchtgründe inhaftiert worden war, obwohl er sich kooperativ gezeigt und gegen keine rechtliche Bestimmung verstoßen hatte, so dass die Inhaftierung nicht gerechtfertigt gewesen sei, und welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zur diesbezüglichen Rechtslage und Praxis in Ungarn (bitte im Detail darlegen, unter welchen Umständen Schutzsuchende inhaftiert werden dürfen bzw. in der Praxis inhaftiert werden, und welche effektiven Rechtsschutzmöglichkeiten in der Praxis diesbezüglich gegeben sind)? Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind als Vertragsparteien unmittelbar an die Europäische Konvention für Menschenrechte (EMRK) gebunden und damit verpflichtet, deren Gewährleistungen einzuhalten und die entsprechende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu beachten. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass Ungarn die zitierte Rechtsprechung nicht umsetzt. 10. Welche Probleme gibt es aus Sicht des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge bei der Überstellungen nach Ungarn, und welche Vorgaben macht Ungarn diesbezüglich? Die ungarischen Behörden beschränken die tägliche Zahl der Dublin-Überstellungen nach Ungarn. Das führt teilweise dazu, dass die Dublin-Überstellungen nicht fristgerecht erfolgen können und die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens auf Deutschland übergeht. Es gibt außerdem Fälle, in denen angekündigte Überstellungstermine zu Verfahren , in denen Ungarn dem deutschen Übernahmeersuchen bereits zugestimmt hatte, von Ungarn storniert werden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat dieser Praxis ausdrücklich widersprochen . 11. Ist es nach Kenntnis der Bundesregierung zutreffend, dass Österreich seit September 2015 keine Schutzsuchenden nach Ungarn mehr überstellt, weil dieses Land nicht als „sicher“ angesehen werden könne, und welche weiteren Mitgliedstaaten überstellen nach Kenntnis der Bundesregierung Asylsuchende oder besondere Teilgruppen Asylsuchender nicht mehr nach Ungarn (bitte mit Datum auflisten)? Nach Informationen der Bundesregierung überstellen die Mitgliedstaaten Niederlande , Österreich und Schweden seit Herbst 2015 nicht nach Ungarn. 12. Inwieweit plant die Bundesregierung vor dem Hintergrund der obigen Fragen einen Überstellungsstopp nach Ungarn zu erlassen, und inwieweit berücksichtigt die Bundesregierung bei ihrer Entscheidung, dass Flüchtlingen in Ungarn nicht nur für die Dauer des Verfahrens, sondern auch nach einer Anerkennung gesellschaftlicher Rassismus entgegenschlägt und ihnen dann mangels Unterstützung Mittel- und Obdachlosigkeit droht, was in Ungarn strafbar ist? Die Bundesregierung sieht derzeit keine Veranlassung, die Überstellungspraxis nach Ungarn grundsätzlich zu ändern. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333