Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 2. September 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9554 18. Wahlperiode 06.09.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Özcan Mutlu, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/9420 – Mehrfache Staatsangehörigkeit V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Medienberichten zufolge halten die Innenminister der Union die mehrfache Staatsangehörigkeit für „ein großes Integrationshindernis“, das „zurückgenommen “ werden müsse. „Wer sich für die Politik ausländischer Regierungen engagieren will, dem legen wir nahe, Deutschland zu verlassen“, so die Innenminister (www.ksta.de/politik/sicherheitsgesetze-unions-innenminister-gegen-doppeltestaatsbuergerschaft -24533858 <15.08.2016>). Der Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, hat am 11. August 2016 hingegen erklärt, keine weitere Reform des Staatsangehörigkeitsrechts in dieser Wahlperiode anzustreben (www.zeit.de/politik/deutschland/2016-08/innere-sicherheit-thomas-demaiziere -pressekonferenz <15.08.2016>). Der Bundesminister des Innern weckt damit den Eindruck, zwei entgegengesetzte Positionen gleichzeitig zu vertreten. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hält den Versuch, die mehrfache Staatsangehörigkeit abzuschaffen, zu verhindern bzw. einzuschränken, für ein anachronistisches Unterfangen, das die Realitäten einer zunehmend globalen Gesellschaft verkennt und dem demokratischen Anspruch, dass Herrschaftsgewalt möglichst von all denjenigen ausgeht, die ihr unterworfen sind, zuwiderläuft . Die Erfahrung aus zahlreichen demokratischen Staaten, die die mehrfache Staatsangehörigkeit als selbstverständliche Konsequenz der gesellschaftlichen Diversität erachten, lehrt, dass sie keine relevanten Probleme mit sich bringt. Die fragestellende Fraktion hat daher auch in dieser Wahlperiode einen Gesetzentwurf zur Erleichterung der Einbürgerung und zur Ermöglichung der mehrfachen Staatsangehörigkeit in den Bundestag eingebracht (Bundestagsdrucksache 18/5631). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9554 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Wie viele deutsche Staatsangehörige sind nach Kenntnis der Bundesregierung in Besitz einer oder mehrerer weiterer Staatsangehörigkeiten (bitte Gesamtzahl angeben und nach den 20 häufigsten weiteren Staatsangehörigkeiten aufschlüsseln)? Nach den Ergebnissen des Zensus 2011 lebten am 9. Mai 2011 in Deutschland 4,26 Millionen Deutsche mit einer zusätzlichen ausländischen Staatsangehörigkeit . Laut Mikrozensus 2015 waren es dagegen nur 1,686 Millionen. Zu den unterschiedlichen Ergebnissen von Zensus und Mikrozensus wird aus methodischer Sicht angemerkt: Der Zensus wird alle 10 Jahre durchgeführt. Datenbasis für die Ermittlung der Einwohnerzahl und der demografischen Daten sind die Angaben aus den amtlichen deutschen Melderegistern. Es ist davon auszugehen, dass die Zahlen zu den Mehrstaatern im Zensus überhöht sind, weil beispielsweise Verluste ausländischer Staatsangehörigkeiten und der Zerfall ausländischer Staaten, wie z. B. der Sowjetunion, in den Melderegistern erst im Nachgang oder – mangels entsprechender Anzeigen der Betroffenen – gar nicht berücksichtigt werden können. Der Mikrozensus dagegen ist eine jährlich durchgeführte Haushaltsstichprobe, in der 1 Prozent der deutschen Haushalte befragt wird. Die Ergebnisse basieren auf den Angaben der Befragten. Dabei dürften die Zahlen für den Zensus aus den Melderegistern – trotz der oben beschriebenen Vorbehalte – näher an den tatsächlichen Zahlen liegen, als die auf der (nicht immer korrekten) Einschätzung der Betroffenen beruhenden Zahlen für den Mikrozensus aus den stichprobenartigen Befragungen . Daher beziehen sich die weiteren Angaben auf den Zensus. Statistische Angaben über im Ausland lebende deutsche Staatsangehörige, unabhängig davon, ob sie noch weitere Staatsangehörigkeiten besitzen, liegen der Bundesregierung nicht vor, da für diesen Personenkreis keine Meldepflicht gegenüber deutschen Behörden besteht. Die nachstehenden Angaben beziehen sich daher allein auf die in Deutschland lebenden Personen. Die 20 häufigsten weiteren Staatsangehörigkeiten können der nachstehenden Tabelle entnommen werden. Bevölkerung in Deutschland mit deutscher und den 20 häufigsten weiteren Staatsangehörigkeiten : Der Zensus 2011 beruht auf Meldedaten, die auch Angaben zu nicht mehr bestehenden Staaten enthalten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9554 Staat der 2. Staatsangehörigkeit Anzahl Russische Föderation/Sowjetunion 712 073 Polen 686 777 Türkei 530 596 Kasachstan 479 275 Rumänien 185 555 Italien 154 470 Serbien und Montenegro 92 193 Marokko 86 456 Iran 84 622 Vereinigte Staaten 69 211 Ukraine 63 818 Griechenland 62 952 Frankreich 55 043 Afghanistan 54 904 Österreich 49 240 Libanon 44 787 Kirgisistan 41 553 Niederlande 36 776 Kroatien 36 475 Vereinigtes Königreich 36 309 Quelle: Zensus 2011, Stichtag 9. Mai 2011 2. In wie vielen von den in Frage 1 erfassten Fällen handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung bei der bzw. den weiteren Staatsangehörigkeit(en) um die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union? Nach den Ergebnissen des Zensus 2011 lebten am 9. Mai 2011 in Deutschland 1 415 766 Personen, die neben der deutschen auch die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union besaßen. 3. In wie vielen von den in Frage 1 erfassten Fällen handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung bei der weiteren Staatsangehörigkeit um die türkische Staatsangehörigkeit, und wie viele der betreffenden Personen stehen nach Kenntnis bzw. Einschätzung der Bundesregierung Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bzw. der AKP a) freundlich, b) kritisch oder c) neutral gegenüber, und woraus speist sich diese Kenntnis bzw. Einschätzung der Bundesregierung ? Nach den Ergebnissen des Zensus 2011 lebten am 9. Mai 2011 in Deutschland 530 596 Personen, die neben der deutschen auch die türkische Staatsangehörigkeit besaßen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9554 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Der Bundesregierung ist nicht bekannt, wie viele der betreffenden Personen Präsident Erdogan bzw. der AKP (Adalet ve Kalkinma Partisi) freundlich, kritisch oder neutral gegenüberstehen. 4. In wie vielen von den in Frage 1 erfassten Fällen beruht die mehrfache Staatsangehörigkeit nach Kenntnis der Bundesregierung auf dem Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit(en) durch Abstammung? 5. In wie vielen von den in Frage 1 erfassten Fällen beruht die mehrfache Staatsangehörigkeit nach Kenntnis der Bundesregierung auf dem Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit durch Geburt im Ausland? Die Fragen 4 und 5 werden gemeinsam beantwortet. Da weder der Zensus noch der Mikrozensus den Erwerbsgrund erhebt und auch keine andere Erhebungsgrundlage besteht, liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse darüber vor, wie viele hier lebende Personen nach welchen ausländischen Rechtsvorschriften neben der deutschen eine oder mehrere ausländische Staatsangehörigkeit(en) erworben haben. 6. In wie vielen von den in Frage 1 erfassten Fällen beruht die mehrfache Staatsangehörigkeit nach Kenntnis der Bundesregierung auf der Hinnahme der Mehrstaatigkeit bei der Einbürgerung? Im Zeitraum 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2015 wurden nach der gemäß § 36 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) geführten Einbürgerungsstatistik 958 701 Personen unter Fortbestehen der bisherigen Staatsangehörigkeit eingebürgert . Diese Zahl kann aufgrund der unterschiedlichen Erhebungsmethoden und -zeiträume nicht in Bezug zu der zu Frage 1 genannten Bestandsgröße (Gesamtzahl deutscher Mehrstaater) gesetzt werden. 7. In wie vielen von den in Frage 1 erfassten Fällen beruht die mehrfache Staatsangehörigkeit nach Kenntnis der Bundesregierung auf der Genehmigung der Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit vor Annahme einer ausländischen Staatsangehörigkeit? Seit der zum 1. Januar 2000 erfolgten generellen Zuständigkeitsübertragung für Auslandsfälle hat das Bundesverwaltungsamt insgesamt 59 140 Beibehaltungsgenehmigungen erteilt (1. Januar 2000 bis zum 24. August 2016). Nach dem seit August 2007 bestehenden Register Entscheidungen in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten (EStA) haben die Länder bis zum 24. August 2016 insgesamt 998 positive Entscheidungen zu Beibehaltungsgenehmigungen (Inlandsfälle ) an das Bundesverwaltungsamt als Registerbehörde gemeldet. Diese Zahl kann aufgrund der unterschiedlichen Erhebungsmethoden und -zeiträume nicht in Bezug zu der zu Frage 1 genannten Bestandsgröße (Gesamtzahl deutscher Mehrstaater) gesetzt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9554 8. In wie vielen von den in Frage 1 erfassten Fällen beruht die mehrfache Staatsangehörigkeit nach Kenntnis der Bundesregierung auf dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt im Inland bei Abstammung von ausländischen Eltern? Ausweislich der Geburtenstatistik des Statistischen Bundesamtes (Bevölkerung und Erwerbstätigkeit Fachserie 1, Reihe 1.1, Lebendgeburten nach Staatsangehörigkeit ; Erscheinungsdatum 22. Februar 2016) hatten bis zum Ende des Jahres 2011 insgesamt 425 914 Kinder (bis Ende 2012: 460 200 Kinder; bis Ende 2013: 491 862 Kinder) ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt im Inland erworben. Diese Zahl kann nicht in Bezug zu der zu Frage 1 genannten Bestandsgröße (Gesamtzahl deutscher Mehrstaater) gesetzt werden, da ein abweichender Stichtag besteht und nicht bekannt ist, wie viele dieser in Deutschland geborenen Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit z. B. aufgrund der alten Optionsregelung oder durch Annahme einer ausländischen Staatsangehörigkeit bereits wieder verloren hatten. 9. Sind der Bundesregierung Probleme bekannt, die in den letzten zehn Jahren daraus entstanden sind, dass Kinder eines deutschen Elternteils durch Abstammung von dem anderen Elternteil neben der deutschen Staatsangehörigkeit eine weitere Staatsangehörigkeit erworben haben (wenn ja, bitte mit detaillierten Angaben nach Jahr und Staatsangehörigkeit aufschlüsseln)? 10. Sind der Bundesregierung Probleme bekannt, die in den letzten zehn Jahren daraus entstanden sind, dass Kinder deutscher Eltern durch Geburt im Ausland neben der deutschen Staatsangehörigkeit eine weitere Staatsangehörigkeit erworben haben (wenn ja, bitte mit detaillierten Angaben nach Jahr und Staatsangehörigkeit aufschlüsseln)? 11. Sind der Bundesregierung Probleme bekannt, die in den letzten zehn Jahren daraus entstanden sind, dass die Mehrstaatigkeit bei der Einbürgerung hingenommen worden ist (wenn ja, bitte mit detaillierten Angaben nach Jahr und Staatsangehörigkeit aufschlüsseln)? 12. Sind der Bundesregierung Probleme bekannt, die in den letzten zehn Jahren daraus entstanden sind, dass deutschen Staatsangehörigen bei Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit die Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit erlaubt worden ist (wenn ja, bitte mit detaillierten Angaben nach Jahr und Staatsangehörigkeit aufschlüsseln)? 13. Sind der Bundesregierung Probleme bekannt, die seit Inkrafttreten der letzten Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes im Dezember 2014 daraus entstanden sind, dass sog. optionspflichtige Deutsche nicht mehr der Optionspflicht unterlagen (wenn ja, bitte mit detaillierten Angaben nach Jahr und Staatsangehörigkeit aufschlüsseln)? 14. Sind der Bundesregierung Probleme bekannt, die in den letzten zehn Jahren daraus entstanden sind, dass Menschen neben der deutschen Staatsangehörigkeit etwa durch Abstammung aus einer binationalen Partnerschaft und Geburt in einem Drittstaat mehr als eine weitere Staatsangehörigkeit erworben haben (wenn ja, bitte mit detaillierten Angaben nach Jahr und Staatsangehörigkeit aufschlüsseln)? Die Fragen 9 bis 14 werden gemeinsam beantwortet. Über Art und Umfang von Problemen, die mit mehrfacher Staatsangehörigkeit verbunden sind, liegen der Bundesregierung keine empirischen Untersuchungsergebnisse vor. Hierzu werden weder statistische noch sonstige Erhebungen durchgeführt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9554 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 15. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass die generelle Vermeidung der Mehrstaatigkeit deutscher Staatsangehöriger, die Abschaffung des Abstammungsprinzips voraussetzen würde, da der deutsche Gesetzgeber keinen Einfluss darauf hat, ob die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates durch Geburt auf seinem Staatsgebiet erworben werden kann? Beim Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach dem Abstammungsprinzip kommt es in der Regel nicht zur Mehrstaatigkeit, da in der weit überwiegenden Zahl der Fälle Kinder deutscher Eltern durch Geburt nur die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben. Im Übrigen ist bei Geburt im Ausland der Abstammungserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit mit dem Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 eingeschränkt worden. Kinder, deren deutsche Eltern/deutscher Elternteil nach dem 31. Dezember 1999 selbst im Ausland geboren sind/ist und dort ihren/seinen gewöhnlichen Aufenthalt haben hat, erwerben nach § 4 Absatz 4 StAG bei Geburt im Ausland grundsätzlich die deutsche Staatsangehörigkeit nicht, wenn sie durch Geburt bereits eine ausländische Staatsangehörigkeit erwerben. Ein Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ist in diesen Fällen nur dann möglich, wenn innerhalb eines Jahres nach der Kindesgeburt ein Antrag nach § 36 des Personenstandsgesetzes auf Beurkundung der Geburt im Geburtenregister gestellt wird. 16. In welchen Staaten gilt nach Kenntnis der Bundesregierung das Abstammungsprinzip nicht, und welche Probleme ergeben sich gegebenenfalls daraus ? Hinsichtlich der Frage nach ausländischem Staatsangehörigkeitsrecht wird auf die Antwort zu den Fragen 17 bis 19 verwiesen. Im Übrigen antwortet die Bundesregierung wie folgt: Der Bundesregierung sind keine Probleme bekannt, die sich aus dem Nichterwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit bei Geburt in Deutschland – gleich aus welchem Grund – ergeben. Wird in Deutschland ein Kind ausländischer Eltern geboren, deren jeweiliger Herkunftsstaat keinen Erwerb seiner Staatsangehörigkeit bei Geburt außerhalb seines Staatsgebietes vorsieht, und erfüllt keiner der Elternteile die Voraussetzungen für den Ius-soli-Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit (achtjähriger rechtmäßiger Aufenthalt und unbefristetes Aufenthaltsrecht ), so würde das Kind staatenlos. Nach Artikel 32 des UN-Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen vom 28. September 1954 ist die Eingliederung und Einbürgerung Staatenloser soweit wie möglich zu erleichtern. Artikel 1 Absatz 1 des UN-Übereinkommens zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 30. August 1961 sieht vor, dass jeder Vertragsstaat einer in seinem Hoheitsgebiet geborenen Person, die sonst staatenlos wäre, seine Staatsangehörigkeit verleiht. Danach kann die Staatsangehörigkeit verliehen werden a) bei Geburt kraft Gesetzes oder b) auf Grund eines von dem Betreffenden oder in seinem Namen in der vom innerstaatlichen Recht vorgeschriebenen Weise bei der zuständigen Behörde gestellten Antrags unter den Voraussetzungen des Artikel 1 Absatz 2 dieses Übereinkommens. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich entschieden, die Staatenlosigkeit durch Einbürgerung zu beseitigen (Artikel 1 Satz 2 des Gesetzes zur Verminderung der Staatenlosigkeit ). Nach Artikel 2 dieses Gesetzes besteht ein Anspruch auf Einbürgerung . Danach ist ein seit Geburt Staatenloser auf Antrag einzubürgern, wenn er 1. in Deutschland geboren ist, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/9554 2. seit fünf Jahren rechtmäßig seinen dauernden Aufenthalt in Deutschland hat und 3. den Antrag vor der Vollendung des 21. Lebensjahres stellt, es sei denn, dass er rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von fünf Jahren oder mehr verurteilt worden ist. Ungeachtet dessen stellen nach Artikel 28 des UN-Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen vom 28. September 1954 die Vertragsstaaten Staatenlosen, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten, Reiseausweise aus, die ihnen Reisen außerhalb ihrer Hoheitsgebiete gestatten, es sei denn, dass zwingende Gründe der Staatssicherheit oder der öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen. 17. In welchen Staaten setzt die Einbürgerung nach Kenntnis der Bundesregierung den Verzicht auf die bisherige Staatsangehörigkeit voraus? 18. Welche Staaten knüpfen nach Kenntnis der Bundesregierung an den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit den Verlust der eigenen Staatsangehörigkeit ? 19. Welche Staaten knüpfen an die Beibehaltung einer ausländischen Staatsangehörigkeit nach Vollendung eines bestimmten Alters den Verlust der durch Geburt auf ihrem Staatsgebiet erworbenen Staatsangehörigkeit (bitte gegebenenfalls die Altersgrenze angeben)? Die Fragen 17 bis 19 werden gemeinsam beantwortet. Eine Auswertung ausländischen Rechts in Bezug auf die Fragestellung ist innerhalb der Bundesregierung nicht vorhanden. Es wird daher auf die Loseblattsammlung „Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht mit Staatsangehörigkeitsrecht“ von Bergmann/Ferid/Henrich verwiesen, die als allgemein zugängliche Informationsquelle zur Verfügung steht. 20. Mit welchen Staaten hat die Bundesrepublik Deutschland Abkommen geschlossen , die die Hinnahme der doppelten Staatsangehörigkeit generell oder in bestimmten Fällen ermöglichen bzw. vorschreiben? Die Bundesrepublik Deutschland hat derzeit mit keinem anderen Staat ein solches Abkommen geschlossen. 21. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller dass sich deutsche Staatsangehörige, die zugleich eine oder mehrere weitere Staatsangehörigkeiten haben, in gleicher Weise wie deutsche Staatsangehörige, die keine weitere Staatsangehörigkeit haben, auf die Meinungsfreiheit, die Versammlungsfreiheit und die Vereinigungsfreiheit berufen können, und dass ihnen aus der Wahrnehmung dieser Grundrechte kein rechtlicher Nachteil entstehen darf? Wenn nein, warum nicht? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9554 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 22. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass deutsche Staatsangehörige, unabhängig davon, ob sie neben der deutschen Staatsangehörigkeit eine oder mehrere weitere Staatsangehörigkeiten haben, in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unter den dort geltenden, den Vorgaben des Unionsrechts genügenden Voraussetzungen von der Meinungsfreiheit , der Versammlungsfreiheit und der Vereinigungsfreiheit auch dann Gebrauch machen dürfen, wenn sie damit Stellung zur Politik der Regierungen dieser Staaten beziehen, und dass ihnen daraus kein rechtlicher Nachteil entstehen darf? Wenn nein, warum nicht? 23. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass deutsche Staatsangehörige, unabhängig davon, ob sie neben der deutschen Staatsangehörigkeit eine oder mehrere weitere Staatsangehörigkeiten haben, in anderen Staaten unter den dort geltenden Voraussetzungen von der Meinungsfreiheit , der Versammlungsfreiheit und der Vereinigungsfreiheit auch dann Gebrauch machen dürfen, wenn sie damit Stellung zur Politik der Regierungen dieser Staaten beziehen, dass ihnen daraus kein rechtlicher Nachteil entstehen darf und dass die jeweiligen Staaten bei der Beschränkung dieser Rechte – auch insofern sie lediglich Ausländerinnen und Ausländer betreffen – die für sie verbindlichen völkerrechtlichen Vorgaben beachten müssen ? Wenn nein, warum nicht? 24. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass es rechtmäßig und legitim ist, wenn deutsche Staatsangehörige, insbesondere auch Mandatsträgerinnen und Mandatsträger, auf Versammlungen im Inland wie im Ausland unter Achtung der maßgeblichen rechtlichen Rahmenbedingungen zu politischen Fragen Stellung beziehen, die die Politik der Bundesregierung wie auch der Regierungen anderer Staaten betreffen? Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 21 bis 24 werden gemeinsam beantwortet. Auf Artikel 5 des Grundgesetzes (GG – Meinungsfreiheit) kann sich jedermann unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit berufen. Bei Artikel 8 GG (Versammlungsfreiheit) handelt es sich um ein so genanntes Deutschen-Grundrecht. Auf dieses können sich alle Deutschen im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 GG berufen, auch wenn sie zugleich eine oder mehrere weitere Staatsangehörigkeiten besitzen. Unionsbürger im Sinne von Artikel 21 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) können sich nach den Voraussetzungen des Artikels 51 der Charta der Grundrechte (GRCh) auf die darin aufgeführten Grundrechte berufen, Artikel 6 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union (EUV), insbesondere Artikel 11 Absatz 1 Satz 1 (Freiheit der Meinungsäußerung ) und Artikel 12 (Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit) GRCh. Die Mitgliedstaaten sind als Konventionsstaaten zudem völkerrechtlich an die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) gebunden. Im Übrigen richtet sich die Anwendbarkeit der nach nationalem Recht, Unionsrecht und Völkerrecht jeweils gewährten Rechte zur Verwirklichung der Meinungsfreiheit, der Versammlungsfreiheit und der Vereinigungsfreiheit für Personen mit einer anderen Staatsangehörigkeit nach der jeweiligen Rechtsordnung. Im Übrigen hält die Bundesregierung an ihrer Auffassung fest, dass das parlamentarische Frage- und Informationsrecht keinen Anspruch auf Abgabe rechtlicher Bewertungen vermittelt. Eine Verpflichtung der Bundesregierung zur Beantwortung parlamentarischer Fragen besteht grundsätzlich nur dann, wenn durch Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/9554 die begehrte Auskunft ein Informationsvorsprung der Bundesregierung gegenüber dem Parlament ausgeglichen werden soll, damit der Deutsche Bundestag und seine Abgeordneten in die Lage versetzt werden, über die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Sachinformationen zu verfügen. In diesem Sinne kann das parlamentarische Frage- und Informationsrecht zwar als Grundlage nachfolgender Bewertungen und darauf aufbauender politischer Auseinandersetzungen fungieren . Es dient aber nicht dazu, eine in Bundestagsdrucksachen zu veröffentlichende juristische Debatte zwischen Parlament und Regierung zu erzwingen. Daher ist die Erörterung abstrakter Rechtsfragen aus Sicht der Bundesregierung vom parlamentarischen Frage- und Informationsanspruch ausgenommen. Wenn die Bundesregierung in Einzelfällen gleichwohl rechtliche Einschätzungen abgibt, dient dies regelmäßig dazu, bereits getroffene Einschätzungen und Entscheidungen gegenüber Parlament und Öffentlichkeit zu erläutern. Ein Anspruch auf Kundgabe rechtlicher Bewertungen lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten. 25. Inwieweit hält die Bundesregierung das Engagement deutscher Staatsangehöriger , insbesondere deutsch-britischer Doppelstaatler, für die Erleichterung der Einbürgerung in Deutschland lebender britischer Staatsangehöriger (vgl. Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Bundestagsdrucksache 18/9181), für staatsangehörigkeitsrechtlich problematisch vor dem Hintergrund, dass die Einbürgerung auch bei einem Aufenthalt von weniger als sechs Jahren ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland auch nach dem zu erwartenden Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union nachhaltig absichern würde? 26. Inwieweit hält die Bundesregierung das Engagement deutscher Staatsangehöriger , insbesondere deutsch-britischer Doppelstaatler, für die Politik der ehemaligen britischen Regierung unter David Cameron, den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union zu vermeiden, für staatsangehörigkeitsrechtlich problematisch? 27. Inwieweit hält die Bundesregierung das Engagement deutscher Staatsangehöriger , insbesondere deutsch-französischer Doppelstaatler, für die Politik der französischen Regierung, rassistischen und antisemitischen Äußerungen rechtsextremer Politikerinnen und Politiker in Frankreich entgegenzutreten, für staatsangehörigkeitsrechtlich problematisch? 28. Inwieweit hält die Bundesregierung das Engagement deutscher Staatsangehöriger , insbesondere deutsch-ukrainischer Doppelstaatler, für die Politik der ukrainischen Regierung, völkerrechtswidrige Angriffe Russlands auf ihr Staatsgebiet abzuwehren, für staatsangehörigkeitsrechtlich problematisch? 29. Inwieweit hält die Bundesregierung das Engagement deutscher Staatsangehöriger , insbesondere deutsch-kanadischer Doppelstaatler, für die Politik der kanadischen Regierung, syrische Flüchtlinge aus Jordanien, dem Libanon und der Türkei in Kanada aufzunehmen, für staatsangehörigkeitsrechtlich problematisch? 30. Inwieweit hält die Bundesregierung das Engagement deutscher Staatsangehöriger , insbesondere deutsch-costaricensischer Doppelstaatler, für die Politik der costaricensischen Regierung, Biodiversität zu schützen und erneuerbare Energien zu fördern, für staatsangehörigkeitsrechtlich problematisch? 31. Inwieweit hält die Bundesregierung das Engagement deutscher Staatsangehöriger , insbesondere deutsch-kolumbianischer Doppelstaatler, für die Politik der kolumbianischen Regierung, die Beendigung des kolumbianischen Binnenkonflikts anzustreben, für staatsangehörigkeitsrechtlich problematisch ? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9554 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 32. Inwieweit hält die Bundesregierung das Engagement deutscher Staatsangehöriger , insbesondere deutsch-marokkanischer Doppelstaatler, für die Politik der marokkanischen Regierung, in Marokko ein funktionierendes Asylsystem aufzubauen, für staatsangehörigkeitsrechtlich problematisch? 33. Inwieweit hält die Bundesregierung das Engagement deutscher Staatsangehöriger , insbesondere deutsch-liberianischer Doppelstaatler, für die Politik der liberianischen Regierung, Frauenrechte zu fördern, für staatsangehörigkeitsrechtlich problematisch? 34. Inwieweit hält die Bundesregierung das Engagement deutscher Staatsangehöriger , insbesondere deutsch-mosambikanischer Doppelstaatler, für die Politik der mosambikanischen Regierung, die Strafbarkeit einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Handlungen unter Erwachsenen abzuschaffen, für staatsangehörigkeitsrechtlich problematisch? Die Fragen 25 bis 34 werden gemeinsam beantwortet. Das Verhalten Deutscher im In- und Ausland hat nach geltender Rechtslage auf ihre deutsche Staatsangehörigkeit keinen Einfluss, unabhängig davon, ob sie daneben noch weitere Staatsangehörigkeiten besitzen. Ein Verlust der Staatsangehörigkeit kommt nur in Betracht, wenn die Betroffenen einen Verlusttatbestand nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz erfüllen und dadurch nicht staatenlos werden oder wenn eine Einbürgerung nach § 35 StAG zurückgenommen wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333