Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 8. September 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9603 18. Wahlperiode 09.09.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Kathrin Vogler, Frank Tempel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/9380 – Aussagen des Bundesministers des Innern zu medizinischen Abschiebungshindernissen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière hatte gegenüber der „Rheinischen Post“ vom 16. Juni 2016 beklagt, dass „immer noch zu viele Atteste von Ärzten ausgestellt“ würden, „wo es keine echten gesundheitlichen Abschiebungshindernisse gibt“. Es könne „nicht sein, dass 70 Prozent der Männer unter 40 Jahren vor einer Abschiebung für krank und nicht transportfähig erklärt werden “. Damit hatte der Bundesminister indirekt sowohl den Betroffenen vorgeworfen , Krankheiten vorzutäuschen, als auch den Ärztinnen und Ärzten, falsche Atteste auszustellen. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums (BMI) stellte später richtig, es gebe keine bundesweite Statistik zum Thema (siehe hierzu bereits die Bundestagsdrucksache 17/4779, Frage 5). Der Bundesminister habe aber „Erkenntnisse der am Abschiebeprozess beteiligten Behörden“ aufgegriffen, ihm sei in Gesprächen zum Thema Attestquoten „spotlight-artig von bis zu 70 Prozent berichtet worden“. Bundesärztekammerpräsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery reagierte auf die Aussage des Bundesministers, für die Medizinerinnen und Mediziner zähle immer der Einzelfall: „Wir lassen uns da nicht auf irgendwelche statistischen Spielereien ein.“ Prof. Dr. med. Wulf Dietrich, Vorsitzender des Vereins Demokratischer Ärztinnen und Ärzte (VDÄÄ), kommentierte: „In seiner Beamtenmentalität zählen nur Zahlen. Dass hinter jeder dieser Zahlen auch ein Mensch, ein menschliches Schicksal steht, ist dem Minister unbekannt“ (vgl. SPIEGEL ONLINE vom 17. Juni 2016: „Flüchtlinge: De Maizière nennt falsche Attest-Zahlen“ und FAZ vom 14. Juli 2016: „Arzt statt Abschiebung“). Wegen seiner Äußerung musste sich Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière im Rahmen einer Aktuellen Stunde am 23. Juni 2016 im Parlament erklären (Plenarprotokoll 18/179, S. 17627 ff.). Er entschuldigte sich aber nicht für die von ihm offenkundig ohne sachkundigen Beleg verbreitete Falschmeldung, weder bei den Geflüchteten noch bei Ärztinnen und Ärzten, sondern gestand lediglich ein: „Ja, ich hätte diesen Prozentsatz so nicht nennen sollen.“ Vielmehr nahm er die Aktuelle Stunde, über die er sich „froh und dankbar“ zeigte, zum Anlass, um erneut über „Probleme durch Krankschreibungen und Atteste“ bei Abschiebungen zu sprechen. Kritisiert wurde der Bundesminister in der Debatte Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9603 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode unter anderem von dem Abgeordneten der Fraktion der SPD, Dr. Lars Castellucci , seine Aussage habe „das soziale Klima in unserem Land vergiftet. Das ist brandgefährlich“. Nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller ist bemerkenswert, dass der Bundesinnenminister in der Aktuellen Stunde trotz hinreichender Möglichkeit zur inhaltlichen Vorbereitung erneut eine falsche Aussage machte. Er erklärte, dass eine Evaluierung in Nordrhein-Westfalen (NRW) ergeben habe, „dass 70 Prozent der Ausreisepflichtigen psychische Erkrankungen als Vollzugshindernis geltend gemacht haben“ (S. 17629). Das ist unzutreffend, wie sich aus der Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Mündliche Frage 49 der Abgeordneten Ulla Jelpke (vgl. Plenarprotokoll 18/178, S. 17568, Anlage 36) und aus der den Fragestellerinnen und Fragestellern vorliegenden Evaluierung aus NRW aus dem Jahr 2011 ergibt: Nicht „70 Prozent der Ausreisepflichtigen“ hatten psychische Erkrankungen als Abschiebungshindernisse geltend gemacht, sondern die Evaluierung betraf 184 Erfassungsbögen , die von den Ausländerbehörden in NRW im Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2011 für Fälle ausgefüllt worden waren, bei denen gesundheitliche Abschiebungshindernisse geltend gemacht wurden (siehe „Evaluierung der Zusammenarbeit von Ausländerbehörden und Ärztinnen und Ärzten bei Rückführungsmaßnahmen und der praktischen Anwendung des Informations - und Kriterienkataloges; Bericht über die Auswertung der Erfassungsbögen (2. Stufe)“ vom 27. Januar 2012, S. 11). Das heißt, in 100 Prozent dieser exemplarisch untersuchten Fälle ging es um gesundheitsbedingte Abschiebungshindernisse , wobei in 70 Prozent dieser Fälle psychische Erkrankungen eine Rolle spielten. Diese Angaben lassen jedoch keinerlei Schlussfolgerungen hinsichtlich der vom Bundesminister aufgeworfenen Frage zu, wie viele Ausreisepflichtige gesundheitsbedingte Abschiebungshindernisse geltend machen. Allerdings ergab die Evaluierung an anderer Stelle durchaus Hinweise zur Beantwortung genau dieser Frage (siehe „Evaluierung der Zusammenarbeit von Ausländerbehörden und Ärztinnen und Ärzten bei Rückführungsmaßnahmen und der praktischen Anwendung des Informations- und Kriterienkataloges; Bericht über die Auswertung der Erfassungsbögen (2. Stufe)“ vom 27. Januar 2012, S. 6 f. und 12): Im Erfassungszeitraum der Evaluierung gab es in NRW 733 Abschiebungen, dabei wurden 184 Erfassungsbögen erstellt, weil gesundheitsbedingte Abschiebungshindernisse gelten gemacht worden waren (in neun von zehn Fällen durch Atteste, Gutachten, Krankenhausbescheinigungen usw.). Das ergibt eine Quote von etwa 25 Prozent, bei denen gesundheitsbedingte Abschiebungshindernisse bei Abschiebungen eine Rolle spielten (eine „Attestquote“ läge leicht darunter) – was weit entfernt ist von den angeblichen 70 Prozent, auf die der Bundesminister zweifach Bezug genommen hatte. In dem Bericht ist auch die Aussage enthalten (S. 15 f.), dass in den 109 „abschließend geprüften Fällen“ in 27 Fällen (25 Prozent) eine „Reiseunfähigkeit“ festgestellt wurde. Allerdings sind der Begriff und die Beurteilungspraxis der „Reisefähigkeit“ fachlich umstritten. Der 107. Deutsche Ärztetag beschloss im Mai 2004 in Bremen, dass „die Beschränkung einer medizinischen Begutachtung auf bloße „Reisefähigkeit“ eindeutig abzulehnen [ist], da sie nicht mit den ethischen Grundsätzen ärztlichen Handels vereinbar ist“. Bei Reise- oder Transportfähigkeitsprüfungen geht es zugespitzt um die Frage, ob eine Person einen Flug vermutlich ohne größere Gesundheitsschädigungen überstehen wird oder nicht; mittel- und längerfristige negative Auswirkungen einer Abschiebung auf die Gesundheit bleiben dabei unberücksichtigt (vgl. auch Bundestagsdrucksache 17/4779). Bei solchen Prüfungen geht es hingegen nicht (vorrangig) um die Frage, ob bzw. inwiefern tatsächlich ein Krankheitswert vorliegt. Das zeigt auch der Umstand, dass in 38 Prozent der in NRW evaluierten Fälle, bei denen eine Reisefähigkeit amtlich festgestellt worden war, eine ärztliche Begleitung, eine Medikamentenmitgabe oder eine medizinische Anschlussversorgung im Zielstaat der Abschiebung empfohlen wurde. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9603 Dass psychische und physische Erkrankungen im Zusammenhang mit einer Abschiebung häufig eine Rolle spielen, ist in keiner Weise verwunderlich. So gehen fachliche Studien davon aus, dass ein hoher Prozentsatz (ca. 40 Prozent; vgl. z. B.: „Psychische Erkrankungen bei Flüchtlingen“, Standpunkt der Bundespsychotherapeutenkammer von September 2015, S. 7) aller Geflüchteten traumatische Erlebnisse erfahren hat. Auch die Bedingungen und Risiken einer illegalisierten Flucht sind extrem belastend. Hinzu kommt, dass die Lebensbedingungen für Geflüchtete in Deutschland psychische Erkrankungen verstärken oder auch hervorrufen können (mangelnde Privatsphäre in Massenunterkünften, erzwungene Untätigkeit durch Arbeitsverbotsregelungen, isolierende Unterbringung in abgelegenen Einrichtungen, Beschränkungen der Freizügigkeit – Residenzpflicht – und der eigenen Lebensführung – Sachleistungsprinzip, Leistungskürzungen –, Angriffe und Anfeindungen usw.). Auch der Vorgang der Abschiebung ist sehr belastend, es handelt sich um eine massive Gewalterfahrung . Bei psychisch Erkrankten, wie etwa Traumatisierten, kann diese Gewalterfahrung eine Aktualisierung und Verstärkung vorhandener Krankheitssymptome verursachen (z. B. Re-Traumatisierung). Schließlich muss, nicht zuletzt angesichts staatlicher Schutzpflichten nach den Artikeln 1 und 2 des Grundgesetzes , bei Abschiebungen berücksichtigt werden, dass in vielen Herkunftsländern die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten oft sehr beschränkt sind. Dass verantwortungsbewusste Ärztinnen und Ärzte, Psychologinnen und Psychologen aus ihrer fachlichen Sicht vielen Abschiebungen widersprechen bzw. auf entsprechende gesundheitliche Gefährdungen hinweisen, ist deshalb nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller in keiner Weise ein Indiz für einen etwaigen Missbrauch oder gar falsche ärztliche oder psychologische Begutachtungen. In einem Brief an den Bundesinnenminister vom 26. Juni 2016 erinnert Dr. med. W. W., Fachärztin für psychotherapeutische Medizin und für Psychoanalyse , Mitbegründerin und freie Mitarbeiterin des Beratungs- und Behandlungszentrums für Flüchtlinge und Folteropfer „REFUGIO München“ und seit dem Jahr 1993 mit Begutachtungen in ausländerrechtlichen Verfahren befasst, daran, dass bereits im Jahr 2001 das Bundesinnenministerium der Ärzteschaft vorgeworfen habe, ihre Mitwirkung bei Abschiebemaßnahmen zu verweigern. Seitdem habe es zahlreiche Fachgespräche im Austausch mit Behörden, Fortbildungsveranstaltungen und die Entwicklung von Standards zur Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen in aufenthaltsrechtlichen Verfahren gegeben. Es könne „nicht sein, dass alles bisher Erarbeitete wegen der Beschleunigung des Asylverfahrens jetzt nicht mehr gelten soll“. Die Bundesregierung habe sich gegenüber dem UN-Antifolterausschuss dazu verpflichtet, jegliche Abschiebung zu unterlassen, solange eine posttraumatische Belastungsstörung nicht ausgeschlossen werden könne oder irgendein Anzeichen für ein Gesundheitsrisiko im Zusammenhang mit einer Abschiebung bestehe. Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière stand bereits mehrfach wegen falscher bzw. irreführender oder nicht belegter Zahlenangaben in der Kritik (vgl. Neues Deutschland vom 18. Juli 2016: „Der Hoax-Minister“). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung verweist auf die Antwort auf die Mündliche Frage 49, Plenarprotokoll 18/178, S. 17568 und 17569, Anlage 36, in der die Grundlage der tatsächlichen Angaben des Bundesministers des Innern, auch in der Aktuellen Stunde des Deutschen Bundestages am 23. Juni 2016, genau wiedergegeben ist. Hierbei handelt es sich um den Bericht der Unterarbeitsgruppe Vollzugsdefizite der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Rückführung von April 2015 sowie die dort in Bezug genommene, im Jahr 2011 durchgeführte Evaluierung des Ministeriums Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9603 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode für Inneres und Kommunales in Nordrhein-Westfalen. Im Redebeitrag des Bundesministers des Innern wurden Aussagen aus diesen Berichten, auf die auch die Fragesteller Bezug nehmen, nahezu wörtlich übernommen. 1. Bei welchen Gesprächen mit welchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (bitte nicht Namen, sondern Funktion/Stelle nennen) welcher Behörden ist dem Bundesminister „spotlight-artig“ aufgrund welcher Informationsgrundlagen berichtet worden, bei bis zu 70 Prozent aller Abschiebungen von Männern unter 40 Jahren spielten Atteste eine Rolle bzw. würden gesundheitsbedingte Abschiebungshindernisse festgestellt (bitte auflisten)? Dem Bundesminister des Innern wurde im Rahmen diverser Gespräche mit unterschiedlichen Gesprächspartnern über bestehende Vollzugshindernisse berichtet . In diesem Rahmen fielen unter anderem die genannten Zahlen. 2. Inwiefern und mit welchem Ergebnis wurde im Vorfeld der Aktuellen Stunde vom 23. Juni 2016 überprüft und ermittelt, was tatsächlich in diesen Gesprächen gesagt worden ist bzw. inwiefern es sich um ein Fehlverständnis des Bundesministers oder aber um eine Fehlinformation durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter handelte (bitte darlegen)? Eine Überprüfung hat ergeben, dass die genannte Zahl nicht auf einer statistischen Erhebung beruht. 3. Sind die Äußerungen des Bundesministers in der „Rheinischen Post“ vom 16. Juni 2016 in der abgedruckten Form autorisiert worden, wenn nein, warum nicht, und inwieweit wurden dabei die Äußerungen des Bundesministers auf inhaltliche Richtigkeit hin überprüft, bzw. warum wurden die unbelegten und falschen Behauptungen nicht umgehend richtiggestellt (bitte ausführen )? Eine Autorisierung hat durch das zuständige Pressereferat stattgefunden. Im Anschluss an die Veröffentlichung des Interviews wurde klargestellt, dass die genannten Zahlen nicht auf einer statistischen Erhebung beruhen. 4. Wie ist der Bezug zur Gruppe der „Männer unter 40 Jahren“, bei denen angeblich zu 70 Prozent gesundheitsbedingte Abschiebungshindernisse festgestellt würden, in der Aussage des Bundesministers gegenüber der „Rheinischen Post“ entstanden, bzw. worin begründet er sich vor dem Hintergrund, dass es hierzu auch in der Evaluierung in NRW aus dem Jahr 2011 und auch in anderen nachträglich genannten Quellen keinerlei Bezug gibt? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 5. Ist es zutreffend, dass die Aussage des Bundesministers in der Aktuellen Stunde vom 23. Juni 2016, eine Evaluierung des Innenministeriums in NRW habe ergeben, „dass 70 Prozent der Ausreisepflichtigen psychische Erkrankungen als Vollzugshindernisse geltend gemacht haben“, falsch bzw. zumindest irreführend war, weil sich die Angabe zum Anteil der psychischen Erkrankungen nicht auf alle „Ausreisepflichtigen“ bezog, sondern auf eine Stichprobe von Fällen, bei denen insgesamt gesundheitsbedingte Abschiebungshindernisse vorgebracht worden waren (wenn nein, bitte nachvollziehbar begründen)? Der Bundesminister des Innern hat zutreffend mitgeteilt, dass ein Bericht der Bund-Länder-Unterarbeitsgruppe Vollzugsdefizite die Aussage enthält, dass Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9603 70 Prozent der „Betroffenen“ psychische Erkrankungen als Vollzugshindernis geltend gemacht haben. Weder der Bericht der Unterarbeitsgruppe noch der Evaluierungsbericht enthält eindeutige Aussagen zur Gesamtheit der „Betroffenen“. Auch die in der Vorbemerkung der Fragesteller hierzu getroffene Aussage lässt sich den Berichten nicht eindeutig entnehmen. Vielmehr ist im Evaluierungsbericht des nordrhein-westfälischen Innenministeriums, auf den sich der Bericht der Bund-Länder-Unterarbeitsgruppe Vollzugsdefizite bezieht, davon die Rede, dass die Auswertungen auf Grund von Evaluierungsbögen erfolgten, die „fallbegleitend für alle einschlägigen Fälle in der ausländerbehördlichen Praxis Anwendung finden“ sollten. Die zu Grunde liegende Gesamtheit von Fällen ist damit auch im Evaluierungsbericht des nordrhein-westfälischen Innenministeriums nicht klar ausgewiesen. Der Bundesminister des Innern hat in der Aktuellen Stunde auch klargestellt, dass er nicht aus amtlichen Statistiken zitiert, und keine Angaben zur Gesamtheit der Fälle gemacht hat, die der Zahl zu Grunde liegt. 6. Warum wurde die Angabe zu den 70 Prozent psychischer Erkrankungen aus der Evaluierung in NRW überhaupt herangezogen bzw. dem Bundesminister zugearbeitet, wenn sie doch, wie dargelegt, völlig ungeeignet ist, um daraus valide Schlüsse zu ziehen, in welchem Umfang Atteste im Zusammenhang mit Abschiebungen vorgelegt werden – worum es aber in der Äußerung des Bundesministers gegenüber der „Rheinischen Post“ und in der diesbezüglichen Aktuellen Stunde ging (bitte nachvollziehbar erläutern)? Der Bundesminister des Innern hat von mehreren Erfahrungswerten berichtet, die in dem Bericht der Bund-Länder-Unterarbeitsgruppe Rückführung aufgeführt sind. Diese ergeben ein Gesamtbild. Die hier in Rede stehende Prozentzahl verdeutlicht den hohen Anteil der als Abschiebehindernis geltend gemachten Erkrankungen psychischer Art. Dies gilt unabhängig davon, ob die Zahl aus einer Stichprobe Ausreisepflichtiger mit und ohne medizinischen Abschiebehindernissen oder aber aus einer Stichprobe gewonnen wurde, die sich, wie die Fragesteller vermuten, nur aus Ausreisepflichtigen zusammensetzt, die medizinische Abschiebehindernisse geltend gemacht haben. 7. Aus welchen Gründen haben der Bundesinnenminister in der Aktuellen Stunde vom 23. Juni 2016 und das Bundesinnenministerium bei der Beantwortung der Mündlichen Frage 49 der Abgeordneten Ulla Jelpke (Plenarprotokoll 18/178, S. 17568, Anlage 36) nicht auf den in der Vorbemerkung dieser Kleinen Anfrage dargelegten Kontext der in der Evaluierung in NRW verwendeten Angaben hingewiesen? Der in der Vorbemerkung dargelegte angebliche Kontext der in der nordrheinwestfälischen Evaluierung verwendeten Angaben geht nicht klar aus dem entsprechenden Bericht selbst hervor. Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9603 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Inwieweit hat der Bundesinnenminister zur Kenntnis genommen bzw. inwieweit ist ihm kommuniziert worden, dass die Hauptzielrichtung der Evaluation in NRW des Jahres 2011 nicht ein etwaiges missbräuchliches Verhalten von Betroffenen oder Ärztinnen und Ärzten war, sondern dass es vielmehr um die Anwendung des Informations- und Kriterienkatalogs (IuK) ging, der in Zusammenarbeit von Ausländerbehörden und Ärztinnen und Ärzten erstellt worden ist und der einen sorgfältigen, sachgerechten und rechtmäßigen Umgang der Ausländerbehörden mit gesundheitsbedingten Abschiebungshindernissen sicherstellen soll? Der Bundesminister des Innern hat nur auf den Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Vollzugsdefizite Bezug genommen, dessen Zielrichtung entsprechend der Bezeichnung des berichtenden Gremiums das Aufzeigen von Vollzugsdefiziten ist. 9. Hatte der Bundesinnenminister davon Kenntnis, dass in dem Runderlass vom 22. Februar 2012 des Innenministeriums in NRW, der Bezug auf die besagte Evaluierung nimmt, als erste Maßgabe darauf hingewiesen wird, dass die Ausländerbehörden „von Amts wegen verpflichtet“ sind, gesundheitsbedingte Abschiebungshindernisse „in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten“ und „gegebenenfalls durch ein vorübergehendes Absehen von der Abschiebung oder durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen“? Weder das Land Nordrhein-Westfalen noch andere Länder legen ihre Erlasse grundsätzlich dem Bundesminister des Innern zur Kenntnisnahme vor. 10. Wieso wurden in diesem Zusammenhang nicht die umfangreichen sonstigen Erkenntnisse und Vorschläge aus der Evaluierung übernommen, die in Richtung eines sorgfältigen, fachgerechten und rechtmäßigen Umgangs mit gesundheitsbedingten Abschiebungshindernissen gehen, und wieso wurden mit dem Asylpaket II vielmehr nach Auffassung der Fragesteller sogar umgekehrte Schlussfolgerungen für einen verschärften Umgang mit (psychisch) Kranken gezogen (Neuregelung des § 60 Absatz 7 und des § 60a Absatz 2c und 2d des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG)? Die materielle Frage, ob ein gesundheitsbedingtes Abschiebungshindernis vorliegt , wurde nicht neu geregelt. Eine Erkrankung, die vor der Neuregelung zu einem Abschiebungshindernis geführt hätte, führt grundsätzlich auch nach der Neuregelung zu einem Verbot der Abschiebung. Es wurde lediglich klargestellt, dass das Nichtvorliegen des deutschen Versorgungsniveaus im Zielstaat für sich genommen nicht zu einem Verbot der Abschiebung führt, und in welcher qualifizierten Weise medizinische Abschiebungshindernisse zu belegen sind. 11. Wenn die „Attestquote“ in Abschiebeverfahren nicht bei 70 Prozent liegt, wie vom Bundesinnenminister vermutet, sondern eher bei 25 Prozent (siehe Vorbemerkung), besteht dann für den Bundesminister immer noch Grund zur Klage, dass „zu viele Atteste von Ärzten ausgestellt“ würden, „wo es keine echten gesundheitlichen Abschiebungshindernisse gibt“, wenn ja, welche „Attestquote“ hielte der Bundesminister mit welcher Begründung für angemessen , und wenn nein, inwieweit ist das für ihn Anlass für eine öffentliche Entschuldigung bzw. zumindest Richtigstellung der Zahlen (bitte begründen )? Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass bei tatsächlichem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für ein Abschiebeverbot aus medizinischen Gründen eine Abschiebung nicht stattfinden darf, und dass eine Abschiebung nicht aus Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/9603 vorgeblichen medizinischen Gründen unterlassen werden soll, wenn solche Gründe in Wirklichkeit nicht vorliegen. Es ist nicht möglich, hierzu Ziele in Form von Quoten zu formulieren. 12. Welche Schlussfolgerungen für die Frage, ob bei Abschiebungen zu häufig Atteste von Ärztinnen und Ärzten ausgestellt werden, sollen aus dem Verweis des Bundesinnenministers in seiner Rede für die Aktuelle Stunde vom 23. Juni 2016 gezogen werden, dass laut Angaben der Ausländerbehörde in Dortmund „über 85 Prozent der Menschen, die im Vorfeld einer Abschiebung medizinische Hindernisse geltend gemacht haben, im Anschluss an die Abschiebung einen bereits von hier aus organisierten medizinischen Dienst in ihrem Heimatland gar nicht mehr in Anspruch genommen haben“? Ausweislich des Berichts der Bund-Länder-Unterarbeitsgruppe Vollzugsdefizite wurden seit dem Jahr 2005 bis zum Berichtsstichtag von der Zentralen Ausländerbehörde Dortmund insgesamt 224 Personen zur medizinischen Empfangnahme im Zielstaat angemeldet. Von diesen Personen wurden tatsächlich 156 Personen rückgeführt. Davon haben lediglich 23 rückgeführte Personen (also knapp 15 Prozent der Rückgeführten, die angemeldet worden sind) medizinische Hilfe in Anspruch genommen. a) Welcher Art war nach Kenntnis der Bundesregierung der jeweils organisierte medizinische Dienst im Herkunftsland, der nicht in Anspruch genommen wurde, und was waren die Gründe der Betroffenen hierfür? Ausweislich des Berichts der Bund-Länder-Unterarbeitsgruppe Vollzugsdefizite wurden Personen zur medizinischen Empfangnahme im Zielstaat angemeldet. Weitere Erkenntnisse liegen der Bundesregierung hierzu nicht vor. b) Inwieweit ist es nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung vorstellbar, dass diese Dienste nur vorsorglich organisiert wurden, für einen nicht auszuschließenden ungünstigen Verlauf der Abschiebung oder für drohende Gesundheitsgefährdungen, die sich natürlich aber nicht in jedem Fall realisieren müssen, weswegen die Dienste ungenutzt bleiben? c) Kann es nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung nicht auch sein, dass diese Dienste von vielen Betroffenen aus nachvollziehbaren Gründen als unzureichend angesehen und deshalb nicht in Anspruch genommen wurden oder aber dass sie eigenständig nach anderen Formen einer dauerhaften medizinischen Unterstützung gesucht haben? Die Fragen 12b und 12c werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung äußert sich nicht zu hypothetischen Sachverhalten. d) Wenn die Bundesregierung hierzu keine genaueren Angaben machen kann, wie ist es zu vertreten, dass Zahlen öffentlich verwandt werden, die ohne weitere Erläuterungen keinerlei Aussage dazu ermöglichen, ob und inwieweit krankheitsbedingte Abschiebungshindernisse zu Unrecht vorgebracht wurden oder nicht? Die Bundesregierung geht davon aus, dass aus den genannten Tatsachen in der Öffentlichkeit eher die nach der Lebenserfahrung naheliegenden Schlüsse und weniger diejenigen Schlussfolgerungen gezogen werden, die eher fernliegend erscheinen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9603 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 13. Von welchem Anteil von Abschiebungen, bei denen gesundheitsbedingte Abschiebungshindernisse eine Rolle spielen, ging die Bundesregierung aus, als sie mit dem Asylpaket II Verschärfungen im Umgang mit (psychisch) Kranken im Abschiebungsverfahren vorschlug und sich ausweislich der Begründung (Bundestagsdrucksache 18/7538, zu Artikel 2 Nummer 2) dabei maßgeblich auf den Bericht der Unterarbeitsgruppe Vollzugshindernisse vom April 2015 bezog, in dem die Evaluierung aus NRW und die besagten 70 Prozent psychischer Erkrankungen erwähnt werden (ebd., S. 16), und welche anderweitigen Quellen und Informationsgrundlagen wurden diesbezüglich herangezogen? Die Änderungen im Asylpaket II waren nicht maßgeblich von Überlegungen zu Quoten getragen, sondern sollten der rechtsstaatkonformen Beseitigung von Vollzugsdefiziten und der effektiven Umsetzung des Aufenthaltsrechts dienen. Die Bundesregierung trifft ihre Entscheidungen allgemein – wie auch bei den Entscheidungen über die Ausgestaltung des Asylpakets II – aufgrund einer Vielzahl von Erkenntnisquellen in einem komplexen Abwägungs- und Abstimmungsprozess . 14. Wie ist es zu erklären, dass sich die Bundesregierung zur Begründung der Verschärfungen im Umgang mit gesundheitsbedingten Abschiebungshindernissen durch das Asylpaket II (Bundestagsdrucksache 18/7538, zu Artikel 2 Nummer 2) – und zwar ausschließlich – auf den Bericht der Unterarbeitsgruppe Vollzugsdefizite vom April 2015 bezog, jedoch keinen der von der Unterarbeitsgruppe in dem Bericht formulierten Lösungsvorschläge übernahm (S. 18 des Berichts: insbesondere Schaffung einer „von allen Seiten akzeptierten neutralen und fachlich spezialisierten medizinischen Einrichtung zur Beurteilung medizinischer Fragestellungen“, die zudem zur „Überprüfung vulnerabler Personengruppen im Sinne der Aufnahme-Richtlinie“ dienen soll und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), den Ausländerbehörden und der Bundespolizei für kurzfristige Klärungen der Reisefähigkeit oder auch Haftfähigkeit genutzt werden könne), sondern stattdessen Gesetzesverschärfungen vorschlug, die in dem Bericht der Unterarbeitsgruppe mit keinem Wort erwähnt werden (bitte ausführlich begründen)? Nicht alle Empfehlungen der Unterarbeitsgruppe Vollzugsdefizite erfordern Gesetzgebung auf Bundesebene. Sie sind zu einem großen Teil auch an die mit dem Vollzug des Aufenthaltsrechts betrauten Verwaltungen der Länder gerichtet. So ist etwa nicht ersichtlich, dass für die Einrichtung einer „von allen Seiten akzeptierten neutralen und fachlich spezialisierten medizinischen Einrichtung zur Beurteilung medizinischer Fragestellungen“ ein Handeln des Bundesgesetzgebers erforderlich ist. Zudem weist die Bundesregierung darauf hin, dass in einem Gesetzgebungsverfahren komplexe Abstimmungs- und Abwägungsprozesse stattfinden , die nicht in jeder Einzelheit in der Begründung zum jeweiligen Gesetzentwurf wiedergegeben werden müssen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/9603 15. Aus welchen konkreten Gründen und Erwägungen wurden neben dem Bericht der Unterarbeitsgruppe Vollzugsdefizite bei der Erarbeitung der Gesetzesverschärfungen im Umgang mit gesundheitsbedingten Abschiebungshindernissen durch das Asylpaket II nicht auch Stellungnahmen und maßgebliche Erkenntnisse von Fachverbänden (z. B. Bundespsychotherapeutenkammer , BPtK, Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V., BDP, Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e. V., BAfF) eingeholt oder berücksichtigt, und warum wurden solche – durchweg sehr kritischen – fachlichen Stellungnahmen zu den beabsichtigten Gesetzesänderungen im Umgang mit (psychisch) Kranken nicht einmal berücksichtigt, nachdem sie vorlagen (vgl. z. B. Stellungnahme der BPtK auf Ausschussdrucksache 18(4)488, Stellungnahme des BDP an den Bundesinnenminister vom 2. Dezember 2015, Stellungnahme der BAfF vom 25. November 2015 zum Referentenentwurf)? Soweit Stellungnahmen vor der Entscheidung der Bundesregierung über den Gesetzentwurf vorlagen, flossen sie in einen Abwägungsprozess ein. Dieser Abwägungsprozess endete mit einer Entscheidung der Bundesregierung. Zu der Frage, weshalb Stellungnahmen, die dem Deutschen Bundestag vor seinem Gesetzesbeschluss vorlagen, vom Deutschen Bundestag in einer bestimmten Weise oder auch nicht berücksichtigt worden sein mögen, kann die Bundesregierung keine Aussage treffen. 16. Inwieweit berücksichtigt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Einschätzung von B. M. vom Förderverein PRO ASYL (FAZ. vom 14. Juli 2016: „Arzt statt Abschiebung“), der von „propagandistischen Aktivitäten der sogenannten AG Rück“ spricht, deren Texte oft nicht die wesentlichen Daten zur Beurteilung einer Situation enthielten, dafür aber „eine Art kumuliertes Erfahrungswissen“, das aus einigen Einzelfällen ein generelles, meistens von den Betroffenen vermeintlich verschuldetes Vollzugsdefizit ableite und damit das öffentliche Klima gegen Flüchtlinge anheize? Die Bundesregierung nimmt nicht zu jeder in den Medien wiedergegebenen politischen Aussage Stellung und weist darauf hin, dass die Bund-Länder-Arbeitsgruppe Rückführung weder den Auftrag hat, das „öffentliche Klima“ zu beeinflussen , noch sich sonst an die Öffentlichkeit zu richten. Die Veröffentlichung von Angaben über die Tätigkeit der Arbeitsgruppe dient der in einem demokratischen Gemeinwesen erforderlichen Schaffung von Transparenz staatlichen Handelns . 17. Inwieweit ist dem Bundesinnenminister die in dem besagten Evaluierungsbericht aus NRW (dritter Teil: „Auswertung der Rechtsprechung“, 30. Januar 2012, S. 9) enthaltene Übersicht über die Rechtsprechung zu gesundheitsbedingten Abschiebungshindernissen bekannt bzw. bekannt gemacht worden (auf Bundestagsdrucksache 17/4779 erklärte die Bundesregierung zu Frage 26, ihr liege keine Zusammenfassung der Rechtsprechung hierzu vor), in der unter anderem auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 1998 (2 BvR 185/98) eingegangen wird, wonach die Ausländerbehörden „von Amts wegen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung“ Abschiebungshindernisse zu beachten haben und gegebenenfalls von einer Abschiebung abgesehen werden muss, sowie auf die obergerichtliche Rechtsprechung zur Verpflichtung der Behörden, konkreten Hinweisen auf gesundheitsbedingte Abschiebungshindernisse nachzugehen, wozu auch die Einholung eines Gutachtens gehören kann? Dem Bundesministerium des Innern ist die aufenthaltsrechtliche Rechtsprechung über Datenbanken zugänglich, die bei Bedarf zielgerichtet abgerufen werden. Die Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9603 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode anlasslose Vorlage von Rechtsprechungsübersichten, die in landesinternen Papieren enthalten sind, ist daher nicht erforderlich und findet auch nicht statt. 18. Wie ist mit der im Evaluationsbericht genannten Rechtsprechung (Beachtung von Abschiebungshindernissen von Amts wegen, Aufklärungspflicht der Behörden) vereinbar, dass mit dem Asylpaket II in § 60a Absatz 2c Aufenth G eine Regelvermutung in das Gesetz aufgenommen wurde, wonach grundsätzlich keine gesundheitlichen Abschiebungshindernisse vorliegen, und dass dem entgegenstehende qualifizierte ärztliche Bescheinigungen nur dann berücksichtigt werden dürfen, wenn sie bestimmten nach Auffassung der Fragesteller (hohen) Anforderungen genügen und unverzüglich vorgelegt werden (diesbezüglich gibt es eine Ausnahmeklausel zur „Unverschuldetheit “ bzw. zu „anderweitigen tatsächlichen Anhaltspunkten“), d. h. dass Ausländerbehörden gesetzlich dazu angehalten werden, qualifizierte ärztliche Bescheinigungen über gesundheitsbedingte Abschiebungshindernisse nicht zu beachten, wenn diese nicht „unverzüglich“ vorgelegt wurden, und dass sie qualifizierte psychologische Fachgutachten grundsätzlich nicht beachten dürfen, wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, und wie ist das mit Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes und rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar? Die Neuregelung in § 60a Absatz 2c des Aufenthaltsgesetzes konkretisiert die in § 82 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes in allgemeiner Form wiedergegebene Obliegenheit zur Geltendmachung von Tatsachen. Dass in gesetzeskonformer Weise vorgebrachte, ersichtliche oder bereits amtsbekannte Abschiebungshindernisse von Amts wegen zu beachten sind, wie es auch den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts , etwa dem Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 1998 – 2 BvR 185/98 – oder auch dem Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 – entspricht , galt vor und gilt auch nach der Neuregelung. 19. Wie definiert die Bundesregierung „anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung , die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde“ (§ 60a Absatz 2d AufenthG), wenn doch nicht einmal ärztliche Atteste, die nicht den eng umrissenen Qualitätsanforderungen entsprechen oder die nicht „unverzüglich“ vorgelegt wurden, und auch keine psychologischen Fachgutachten geeignet sein sollen, einen Anhaltspunkt für das Vorliegen schwer wiegender Abschiebungshindernisse zu geben (bitte ausführlich darstellen)? Anderweitige tatsächliche Anhaltspunkte können sich aus Tatsachen jedweder Art ergeben, die nicht lediglich in der mündlichen oder schriftlichen Äußerung über den Gesundheitszustand der betroffenen Person bestehen und geeignet sind, die gesetzliche Vermutung des Nichtvorliegens medizinischer Abschiebungshindernisse zu erschüttern. Als ein Beispiel kann der Umstand dienen, dass die betroffene Person zum betreffenden Zeitpunkt stationär in einem Krankenhaus behandelt wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/9603 20. Inwieweit muss bei der Prüfung, ob eine Person „unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung [nach § 60a Absatz 2c AufenthG] gehindert “ ist, berücksichtigt werden, dass es nur ein sehr begrenztes Angebot an Behandlungsplätzen und lange Wartelisten insbesondere im Bereich psychischer Traumatisierungen gibt (vgl. www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/ fluechtlinge-therapieplaetze-fuer-traumatisierte-fehlen-a-1045742.html), zumal bei Geflüchteten im Regelfall eine fachkundige sprachliche Übersetzung gesichert sein – und finanziert werden – muss (bitte ausführen)? Sofern solche Umstände in einem Einzelfall vorliegen und ursächlich dazu geführt haben, dass eine Bescheinigung nicht vorgelegt werden kann, sind sie bei der Prüfung zu berücksichtigen. 21. Inwieweit muss bei der Prüfung, dass eine Person „unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung [nach § 60a Absatz 2c AufenthG] gehindert “ ist, berücksichtigt werden, dass die Gesundheitsversorgung nach den §§ 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes in der Regel auf die Behandlung schmerzhafter und akuter Krankheiten beschränkt ist, was jedenfalls in der Praxis den Zugang zu entsprechenden Behandlungsmöglichkeiten insbesondere für Traumatisierte deutlich erschwert oder sogar verhindert (vgl. www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/fluechtlinge-so-laeuft-diemedizinische -versorgung-a-1081702.html), weil eine entsprechende Behandlung von den jeweiligen Leistungsträgern genehmigt werden muss (bitte ausführen)? Bei Erkrankungen, die lebensbedrohlich oder schwerwiegend sind und somit ein Abschiebungsverbot auslösen, ist auch bei Ausländern, deren Gesundheitsversorgung sich nach dem Asylbewerberleistungsgesetz richtet, eine Behandlung sichergestellt . Etwaige Verzögerungen bei der Entscheidung über die Genehmigung der Behandlung durch die Leistungsträger hindern nicht daran, die Bescheinigung beizubringen, da bei der Beantragung der Genehmigung der Behandlung eine vorherige Diagnose vorliegen muss, was bedeutet, dass die diagnostizierende Person ab der Antragstellung auch eine nach dem Aufenthaltsgesetz erforderliche qualifizierte Bescheinigung ausstellen kann. 22. Inwieweit muss bei der Prüfung, ob eine Person „unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung [nach § 60a Absatz 2c AufenthG] gehindert “ ist, berücksichtigt werden, dass es ein Teil des Krankheitsbildes der posttraumatischen Belastungsstörung sein kann, dass Betroffene versuchen, das Erlebte zu verdrängen und zu verschweigen und deshalb nicht zeitnah über traumatische Erlebnisse berichten und keine entsprechende Behandlung beginnen können, so dass ihnen nicht als schuldhaftes Versäumnis vorgeworfen kann, wenn sie über eine Traumatisierung erst dann berichten oder sich erst dann in eine entsprechende Behandlung begeben, wenn eine Abschiebung unmittelbar bevorsteht, weil dann die Angst vor einer gewaltsamen Konfrontation mit dem verdrängten Trauma oft größer ist als der krankheitsimmanente Impuls, die traumatischen Erlebnisse zu verdrängen (vgl. www.baff-zentren.org/news/stellungnahme-der-baff-e-v-zur-oeffentlichenanhoerung -des-ausschusses-fuer-gesundheit-am-08-06-2016/ und www. zeit.de/wissen/gesundheit/2015-11/fluechtlinge-trauma-psychologie) (bitte ausführlich begründen)? Dieser Umstand ist als Teil der fachlichen Diagnose zu betrachten. Eine entsprechende , ausreichend begründete Darstellung anhand des Einzelfalles sollte in die qualifizierte ärztliche Bescheinigung aufgenommen werden, die nach einer entsprechenden Diagnose auch erteilt werden kann, weil eben eine Diagnose statt- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9603 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode gefunden hat. Sie ist dann zu berücksichtigen. Anhand der in der Frage angesprochenen Fallgruppe wird verdeutlicht, dass das Erfordernis einer qualifizierten Bescheinigung es gerade ermöglicht, Einzelfälle umfassend zu würdigen. 23. Inwieweit ist dem Bundesinnenminister zur Kenntnis gegeben worden, dass in dem besagten Evaluierungsbericht aus NRW (dritter Teil: „Auswertung der Rechtsprechung“, 30. Januar 2012, S. 9) darauf hingewiesen wird, dass nach der Rechtsprechung (OVG NRW – 8 A 3053/08.A – vom 19. Dezember 2008) neben Fachärzten „auch Psychologische Psychotherapeuten aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation befähigt [sind], psychische Erkrankungen , mithin auch posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) zu diagnostizieren “, und wie ist mit dieser Rechtsprechung vereinbar, dass mit dem Asylpaket II neu geregelt wurde, dass gutachterliche Stellungnahmen von psychologischen Psychotherapeuten grundsätzlich nicht mehr zu beachten sind, weil nach geltendem Gesetz nur eine Bescheinigung eines approbierten Arztes die Regelvermutung, dass keine gesundheitsbedingten Abschiebungshindernisse vorliegen, widerlegen kann (vgl. Bundestagsdrucksache 18/7538, Begründung zu Artikel 2 Nummer 2, § 60a Absatz 2c AufenthG)? Die genannte Rechtsprechung bezieht sich auf die Rechtslage vor der Gesetzesänderung im Rahmen des Asylpakets II. Ein Urteil aus dem Jahr 2008 zur damaligen Rechtslage führt nicht dazu, dass der Gesetzgeber die dem Urteil zu Grunde liegenden Rechtsvorschriften nicht mehr ändern darf. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 17 verwiesen. 24. Wie ist nach Auffassung der Bundesregierung die gesetzliche Neuregelung, wonach nur Atteste approbierter Ärztinnen und Ärzte, nicht aber Stellungnahmen und Gutachten psychologischer Psychotherapeutinnen und -therapeuten bei der Prüfung gesundheitsbedingter Abschiebungshindernisse Berücksichtigung finden können sollen, damit zu vereinbaren, dass verbindliche medizinische Standards zur Behandlung posttraumatischer Belastungsstörungen die Psychotherapie als das Behandlungsmittel der Wahl vorsehen und eine ausschließlich medikamentöse Behandlung in solchen Fällen nicht angezeigt ist, sondern mindestens mit psychotherapeutischen Interventionen kombiniert werden muss (vgl. Stellungnahme der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer zum Referentenentwurf des BMI, Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 25. November 2015, S. 3)? Die gesetzliche Neuregelung hat nicht die Frage zum Gegenstand, wer mit welchen Methoden Krankheiten behandeln sollte oder darf. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/9603 25. Wie ist nach Auffassung der Bundesregierung die gesetzliche Neuregelung, wonach nur Atteste approbierter Ärztinnen und Ärzte, nicht aber Stellungnahmen und Gutachten psychologischer Psychotherapeutinnen und -therapeuten bei der Prüfung gesundheitsbedingter Abschiebungshindernisse Berücksichtigung finden können sollen, damit zu vereinbaren, dass Psychologische Psychotherapeutinnen und -therapeuten seit der Verabschiedung des Psychotherapeutengesetzes vor über 15 Jahren eine geregelte Ausbildung absolvieren müssen und mit der Approbation zur Behandlung psychisch erkrankter Patientinnen und Patienten befugt und aufgrund ihrer Ausbildung besonders geeignet sind, während im Gegenzug approbierte Ärztinnen und Ärzte (z. B. der Kardiologie, Orthopädie usw.) häufig nicht über eine entsprechende Fachkunde in Bezug auf bei Geflüchteten häufig auftretende psychische Erkrankungen verfügen, wenn sie keine entsprechende Zusatzqualifikation erworben haben (vgl. www2.psychotherapeutenkammer-berlin.de/ uploads/20160203_pm_bptk_asylrechtspaket_ii.pdf“: „Für eine qualifizierte Begutachtung von psychischen Erkrankungen reicht eine Approbation als Arzt aber nicht aus“, stellt der BPtK-Präsident fest: „Depressionen und posttraumatische Erkrankungen erfordern einschlägige fachärztliche oder psychotherapeutische Kompetenz“) (bitte begründen)? Die gesetzliche Neuregelung schließt nicht aus, dass im konsiliarischen Wege Erkenntnisse der Angehörigen anderer Heilberufe in die ärztliche Bescheinigung einfließen, deren Fachkenntnisse somit auch bei der Diagnose nutzbar gemacht werden können. Zudem stellt das Erfordernis einer ärztlichen Bescheinigung, die auch eine somatische Abklärung sicherstellen soll, keine gesetzgeberische Neuheit dar. Ein entsprechendes Erfordernis findet sich etwa auch in § 18 Absatz 2 Satz 2 der Bundesbeihilfeverordnung. 26. Warum ist in der Begründung zu Artikel 2 Nummer 1 des Gesetzentwurfs zur Einführung beschleunigter Asylverfahren auf Bundestagsdrucksache 18/7538 davon die Rede, dass psychische Erkrankungen, z. B. PTBS „schwer diagnostizier- und überprüfbar“ seien (die BPtK bezeichnet diese Aussage als „fachlich falsch“, Ausschussdrucksache 18(4)488, S. 12), obwohl psychische Erkrankungen von Fachleuten „hinreichend sicher diagnostiziert “ werden können, wie auch der BDP in einem Schreiben vom 2. Dezember 2015 an den Bundesinnenminister dargelegt hat (S. 2, bitte begründen )? Umstände wie diejenigen, die die Fragesteller in Frage 22 dargestellt haben, können die Diagnose zum Beispiel erschweren. Ergänzend kann auf den von den Fragestellern erwähnten Evaluierungsbericht des nordrhein-westfälischen Innenministeriums verwiesen werden, in dessen Teil I auf Seite 12 f. der Bericht eines Gesundheitsamtes zitiert wird: „Immer wieder kommt es vor, dass das Gesundheitsamt von der Ausländerbehörde beauftragt wird, die Reisefähigkeit eines abgelehnten Asylbewerbers zu begutachten , der nach Abschluss der rechtlichen Prüfung seines Asylantrages ein Privatgutachten oder ein Attest eines behandelnden Arztes einreicht, in dem eine Posttraumatische Belastungsstörung wegen angeblich erlittener Folter diagnostiziert wird. In einem laufenden Gutachtenfall lagen sowohl die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Ablehnung wie auch das Privatgutachten vor. Es fiel dabei auf, dass die vom Gericht verwerteten Aussagen des Antragsstellers erheblich von den später vom Privatgutachter vorgetragenen Schilderungen abwichen. Für den ärztlichen Gutachter des Gesundheitsamtes, dem nun die Fragestellung der Reisefähigkeit ins Herkunftsland vorgelegt wird, bedeutet dies, dass er im Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9603 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Grunde über die Glaubwürdigkeit der Aussagen und Schilderungen des Asylbewerbers zu erlittener Folter oder ähnlicher Traumatisierungen entscheiden soll. Die Übernahme des Gutachtenauftrags erfordert die Würdigung von Aussagen, die die eigentlich zuständigen Entscheidungsbehörden und Gerichte gar nicht kennen, weil sie erst später gegenüber einem Arzt oder Psychologen gemacht wurden. Nun verfügen die Fachärztinnen und -ärzte beim Gesundheitsamt in der Regel weder über tiefere Kenntnisse der politischen und ethnischen Problematik im Heimatland des Begutachteten noch über eine forensische Ausbildung in der Glaubwürdigkeitsüberprüfung von Aussagen. Sie sind auch nicht legitimiert, gerichtliche Entscheidungen zu Asylanträgen im Nachhinein de facto zu korrigieren . Die normale psychiatrische Untersuchung des abgelehnten Asylbewerbers wird daher in diesen besonders gelagerten Fällen eine aussagepsychologische Glaubwürdigkeitsprüfung nicht ersetzen können.“ 27. Welche Erkenntnisse oder Einschätzungen hat die Bundesregierung dazu, in welchem Umfang (auch relativ zur Gesamtzahl der ausgestellten Atteste und Gutachten) von Ärztinnen und Ärzten bzw. psychologischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten bewusst falsche Atteste oder Gutachten im Kontext aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausgestellt wurden oder werden (bitte darlegen), und stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass hiervon nicht bereits dann die Rede sein kann, wenn unterschiedliche Diagnosen unterschiedlicher Medizinerinnen und Mediziner vorliegen, weil unterschiedliche Einschätzungen und unterschiedlich intensive Kenntnisse des jeweiligen Einzelfalls zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können, ohne dass von einem „Gefälligkeitsgutachten“ gesprochen werden kann (bitte ausführen)? Die Bundesregierung steht in einem ständigen Dialog mit den Ländern und einigen ihrer Ausländerbehörden. In diesem Zusammenhang wurde von auffälligen Attestierungen von Krankheiten rückzuführender Ausländerinnen und Ausländer berichtet. Es werde eine Vielzahl von Attesten vorgelegt, die auffallen, weil immer wieder die gleichen Ärzte mit gleichlautendem Inhalt oder fehlender fundierter Begründung Reiseunfähigkeit attestieren. Häufig enthalte eine größere Anzahl gleichlautender Atteste aber auch zu Beginn der Ausführungen Formulierungen wie „Verdachtsdiagnose“, woran sich unmittelbar das Votum anschließe, es solle keine Abschiebung erzwungen werden. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass Landesbehörden hierzu Statistiken führen, so dass dementsprechend keine Quoten angegeben werden können. Zu klären, ob jeweils ein Fall vorliegt, in dem „unterschiedliche Einschätzungen und unterschiedlich intensive Kenntnisse des jeweiligen Einzelfalls zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können“, oder ob es sich um ein vorsätzlich falsch erstelltes medizinisches Gesundheitszeugnis handelt, ist Angelegenheit der Strafverfolgungsbehörden. 28. Wenn der Bundesregierung keine verlässlichen Informationen dazu vorliegen , in welchem Umfang angeblich bewusst falsche „Gefälligkeitsatteste“ erstellt werden, worauf begründet sich dann das vom Bundesinnenminister geäußerte Misstrauen, es könne nicht sein, dass „immer noch zu viele Atteste von Ärzten ausgestellt“ würden, „wo es keine echten gesundheitlichen Abschiebungshindernisse gibt“ (siehe Vorbemerkung)? Die Ausstellung entsprechender Atteste durch niedergelassene Ärzte oder andere Medizinalpersonen, von denen der Aussteller weiß, dass sie inhaltlich unzutreffend sind, stellt eine Straftat nach § 278 des Strafgesetzbuches dar. Weiß der Aussteller , dass das entgeltlich erstellte Attest zur Erlangung einer Duldung verwen- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/9603 det werden soll, macht er sich zudem nach § 96 Absatz 1 Nummer 2 in Verbindung mit § 95 Absatz 2 Nummer 2 des Aufenthaltsgesetzes (Einschleusen von Ausländern) strafbar. Die Bekämpfung der genannten Straftaten soll nach Auffassung der Bundesregierung konsequent erfolgen und ist nicht davon abhängig, dass ein bestimmtes Mengengerüst erreicht wird. 29. Ist der Bundesregierung bekannt, dass Ärztinnen und Ärzten per Berufsordnung dazu verpflichtet sind, sich an gewisse Regeln und genaue Richtlinien zu halten und bei Nichteinhaltung die zuständigen Landesärztekammern dies überprüfen können? In wie vielen Fällen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung solche Verfahren mit welchem Ergebnis im Zusammenhang mit der medizinischen Prüfung medizinischer Abschiebungshindernisse, und wie viele Ärztinnen und Ärzte wurden bislang nach Kenntnis der Bundesregierung wegen falsch ausgestellter Atteste mit welchen Sanktionen belegt (bitte ausführen)? Der Bundesregierung ist bekannt, dass Ärztinnen und Ärzte in der Ausübung ihres Berufes bestimmten berufsordnungsrechtlichen Berufspflichten unterliegen. Regelungen der ärztlichen Berufsausübung unterliegen nach dem Grundgesetz der Zuständigkeit der Länder, die auch die Einhaltung des ärztlichen Berufsrechts überwachen. Diese haben es in ihren Heilberufs- und Kammergesetzen weitgehend den (Landes-)Ärztekammern überlassen, entsprechende Berufsordnungen aufzustellen. Rechtswirkung entfalten die Berufsordnungen, wenn sie durch die Kammerversammlungen der (Landes-)Ärztekammern als Satzung beschlossen und von den Aufsichtsbehörden (in der Regel den Landesgesundheitsministerien) genehmigt wurden. Über die Anzahl der genannten Verfahren, die mit der medizinischen Prüfung von Abschiebehindernissen in einem Zusammenhang stehen, wird keine Bundesstatistik geführt, weshalb hierzu keine quantitativen Erkenntnisse vorliegen. 30. Inwiefern, wann, und in welcher Form wird das Bundesinnenministerium in einen Dialog mit Ärztinnen und Ärzten sowie psychologischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten treten, um die umstrittenen Fragen des ausländerrechtlichen und praktischen Umgangs mit (psychisch) kranken Menschen , insbesondere bei Abschiebungen, zu besprechen und zu klären, und wenn dies nicht beabsichtigt ist, warum nicht (bitte darlegen)? Der Bundesminister des Innern hat mit dem Bundesminister für Gesundheit und dem Präsidenten der Bundesärztekammer vereinbart, dass unter anderem Aspekte dieses Themas in einem Gespräch auf Expertenebene, zu dem die Bundesärztekammer einladen wird, im September 2016 erörtert werden. 31. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Einschätzung des Gutachters H. W. G. (FAZ vom 14. Juli 2016: „Arzt statt Abschiebung“), dass nur etwa 20 Prozent der Traumatisierungen bei Geflüchteten tatsächlich erkannt würden, weil es – trotz Verpflichtungen aus der Asylverfahrensrichtlinie – kein Verfahren gebe, mit dem vulnerable Personen identifiziert würden (bitte ausführen)? Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass die Ausführungen in dem von den Fragestellern herangezogenen Zeitungsartikel sich offensichtlich auf die Umsetzung der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahmerichtlinie) und nicht auf die Umsetzung der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie) beziehen. Hierzu hat die Bundesregierung bereits in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9603 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Verbesserungen der gesundheitlichen und psychosozialen Versorgung von Geflüchteten zur Umsetzung der EU- Aufnahmerichtlinie“ (Bundestagsdrucksache 18/9009) umfassend Stellung genommen . Insbesondere wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 22 verwiesen. 32. Inwieweit haben der Bund oder nach Kenntnis der Bundesregierung die Länder wann evaluiert, welche gesundheitlichen Belastungen und welche kurz-, mittel- und langfristigen negativen Folgewirkungen Abschiebungen von Personen hatten, die gesundheitsbedingte Abschiebungshindernisse geltend gemacht haben, und wenn keine Evaluation erfolgt ist, warum nicht? Durch den Bund ist keine derartige Evaluation durchgeführt worden. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass eine Landesbehörde eine solche Evaluation durchgeführt hat. Für die Durchführung einer entsprechenden Evaluation gab es keinen Anlass, und es bestand hierzu auch keine rechtliche Verpflichtung. 33. Inwieweit kommt die Bundesrepublik Deutschland nach der Verschärfung des Umgangs mit (psychisch) kranken Menschen bei Abschiebungen durch das Asylpaket II noch den durch die Bundesregierung am 29. August 2011 gegenüber dem UN-Antifolterausschuss eingegangenen Zusicherungen (www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/ Pakte_Konventionen/CAT/cat_state_report_germany_5_2009_list_of_issues_ AntwortNReg2011_en.pdf, dort S. 6, Nummer 7) nach, jegliche Abschiebung zu unterlassen, solange eine PTBS nicht ausgeschlossen werden kann oder irgendein Anzeichen für ein Gesundheitsrisiko im Zusammenhang mit einer Abschiebung besteht („Before a foreign national is handed over to the Federal Police for deportation, the Länder authorities must conduct a medical examination if there is any indication of a health risk or other risks which could have an impact on execution of the order. These examinations are conducted with a special focus on post-traumatic stress disorders (PTBS). As long as the existence of a post-traumatic stress disorder cannot be ruled out, removal by air will not take place“), und wie ist mit der damaligen Zusicherung , PTBS stünden bei solchen gesundheitlichen Überprüfungen im Fokus, vereinbar, dass nach der Begründung der entsprechenden Verschärfung von § 60 Absatz 7 Satz 2 AufenthG ein zu beachtendes gesundheitsbedingtes Abschiebungshindernis „in Fällen von PTBS regelmäßig nicht angenommen werden“ könne (Bundestagsdrucksache 18/7538, Begründung zu Artikel 2 Nummer 1; bitte ausführlich begründen)? Die Aussage gilt weiterhin. Sie bezog sich von vornherein auf Fälle, in denen Anhaltspunkte vor allem für eine posttraumatische Belastungsstörung vorliegen. Dazu, wann solche Anhaltspunkte vorliegen, wird auf die Antwort zu Frage 19 verwiesen und nochmals betont, dass entgegen der Auffassung der Fragesteller der Umgang mit psychisch oder anderweitig kranken Menschen insoweit nicht verschärft worden ist, weil die Abschiebungshindernisse in materieller Hinsicht unangetastet geblieben sind. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 18 hingewiesen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/9603 34. Wie lauten die aktuellen Zahlen des Ausländerzentralregisters (AZR) zu Geduldeten in Deutschland (bitte auch nach den 15 wichtigsten Herkunftsstaaten , Geschlecht, Alter und Bundesländern differenzieren), und wie groß ist die Zahl der aus medizinischen Gründen geduldeten Personen (bitte ebenfalls nach den 15 wichtigsten Herkunftsstaaten, Geschlecht, Alter und den Bundesländern differenzieren)? Detaillierte Angaben zu den insgesamt 168 212 Geduldeten in Deutschland zum Stichtag 30. Juni 2016 können der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Zahlen in der Bundesrepublik Deutschland lebender Flüchtlinge zum Stand 30. Juni 2016“ (Bundestagsdrucksache 18/9302) zu Frage 18 entnommen werden. Ergänzende Angaben zu Duldungen aus medizinischen Gründen können den nachfolgenden Tabellen entnommen werden: Duldungen aus medizinischen Gründen zum Stichtag 30.06.2016 1.762 männlich 804 weiblich 958 18 Jahre und älter 1.211 unter 18 Jahre 551 Herkunftsländer insgesamt 1.762 darunter: Albanien 294 Serbien 283 Kosovo 243 Mazedonien 177 Vereinigte Arabische Emirate 108 Montenegro 69 Bosnien-Herzegowina 48 Kuwait 46 Russische Föderation 46 Saudi Arabien 44 Katar 27 Türkei 26 Afghanistan 22 Ghana 21 Syrien 21 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9603 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Länder insgesamt 1.762 davon Baden-Württemberg 50 Bayern 135 Berlin 43 Brandenburg 6 Bremen 165 Hamburg 19 Hessen 79 Mecklenburg-Vorpommern 0 Niedersachsen 337 Nordrhein-Westfalen 657 Rheinland-Pfalz 73 Saarland 12 Sachsen 4 Sachsen-Anhalt 17 Schleswig-Holstein 65 Thüringen 100 35. Wie aussagekräftig sind diese Zahlen nach Einschätzung der Bundesregierung , nachdem die neue Kategorie medizinischer Duldungsgründe im AZR im November 2015 eingeführt wurde (vgl. FAZ vom 14. Juli 2016: „Arzt statt Abschiebung“), wie lange dauert die entsprechende technische Anpassung der IT-Systeme der Ausländerbehörden, und womit begründet das Bundesinnenministerium seine Auffassung, Duldungsgründe würden bei einer Duldungsverlängerung „häufig nicht aktualisiert“ (ebd.)? Die bisherige Zahl der von den Ausländerbehörden an das Ausländerzentralregister (AZR) übermittelten Duldungen aus medizinischen Gründen dürfte nach Einschätzung der Bundesregierung nicht der tatsächlichen Größenordnung entsprechen . Einige Gründe hierfür sind bekannt. So ist die technische Möglichkeit, eine Duldung als eine solche „aus medizinischen Gründen“ im AZR zu kategorisieren, erst seit Mitte November 2015 bundesseitig geschaffen worden. Zuvor konnten diese Fälle nicht gesondert erfasst werden, sondern waren in der Kategorie „aus sonstigen Gründen“ zu speichern. In den IT-Systemen der Ausländerbehörden vor Ort erfolgen die erforderlichen technischen Anpassungen an AZR-Änderungen regelmäßig zeitlich verzögert, so dass angenommen werden kann, dass auch diese Änderung zeitlich später umgesetzt worden ist. Bei der Verlängerung bestehender Duldungen kann zudem – gerade in Zeiten starker Belastungen der Ausländerbehörden - vermutet werden, dass Änderungen beim Duldungsgrund häufig nicht umgeschrieben worden sind, mit der Folge, dass Duldungen aus medizinischen Gründen weiterhin in der Kategorie „aus sonstigen Gründen“ verblieben sind oder aber dass Duldungen, bei denen zwischenzeitlich die Gründe „wegen fehlender Reisedokumente“ oder „aufgrund familiärer Bindungen zu einem Duldungsinhaber“ weggefallen sind und nunmehr Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/9603 eine Duldung aus medizinischen Gründen erfolgt ist, gleichwohl in ihrer bisherigen Kategorie verblieben sind. 36. Inwieweit sind nach Einschätzung der Bundesregierung die Angaben des AZR zu medizinischen Duldungsgründen, unabhängig von der möglicherweise noch beschränkten Aussagekraft dieser Angaben, vereinbar mit Einschätzungen , wonach 70 Prozent der Männer unter 40 Jahren vor einer Abschiebung für krank und nicht transportfähig erklärt würden bzw. wonach 70 Prozent der Ausreisepflichtigen psychische Erkrankungen als Vollzugshindernis geltend gemacht hätten, und welche generellen Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Daten des AZR zu medizinischen Duldungsgründen? Anhand der Datenlage im AZR können die von den Fragestellern genannten Einschätzungen weder bestätigt noch widerlegt werden. Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Daten des AZR zu medizinischen Duldungsgründen derzeit nicht. 37. Besaß der syrische Attentäter von Ansbach nach Kenntnis der Bundesregierung (zuletzt) eine Duldung aus medizinischen Gründen, inwieweit war eine Suizidgefahr für den Fall einer drohenden Abschiebung nach Bulgarien im konkreten Fall diagnostiziert oder vorgebracht worden, und inwieweit, und mit welcher Begründung haben Behörden und Gerichte eine solche Suizidgefahr gegebenenfalls als Abschiebungshindernis gewertet oder nicht (bitte auch im Zeitverlauf darstellen), und mit welcher Begründung und aufgrund welcher geänderten Umstände hat insbesondere das BAMF am 13. Juli 2016, entgegen der vorherigen Duldungspraxis, entschieden, den Betroffenen zur Ausreise nach Bulgarien aufzufordern und ihm andernfalls eine Abschiebung anzudrohen, obwohl konkrete Hinweise auf einen drohenden Suizid bzw. sogar für einen „spektakulären Selbstmord“ für diesen Fall vorlagen (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 26. Juli 2016: „Erster Selbstmordanschlag in Deutschland“, DIE WELT vom 27. Juli 2016: „Mohammed D. war ‚spektakulärer Selbstmord‘ zuzutrauen“; bitte ausführen)? Der Täter von Ansbach hatte am 21. August 2014 einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gestellt. Bei der Asylantragstellung wurde eine erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt und der Fingerabdruck mit der zentralen europäischen Fingerabdruckdatenbank (Eurodac) abgeglichen . Hierbei ergab sich, dass der Antragsteller bereits in anderen europäischen Staaten (Bulgarien und Österreich) registriert worden war. Daraufhin nahm das BAMF am 4. September 2014 Kontakt mit den bulgarischen Behörden auf, da dort die Asylantragsstellung als erstes erfolgte. Diese teilten mit, dass dem Antragsteller dort bereits im Dezember 2013 subsidiärer Schutz gewährt worden war. Daher hat das BAMF entsprechend der geltenden Rechtslage den in der Bundesrepublik Deutschland gestellten Asylantrag am 2. Dezember 2014 als unzulässig abgelehnt, da bereits in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union internationaler Schutz gewährt wurde und die Abschiebung nach Bulgarien angeordnet. Dies bedeutet, dieser Person steht eine nochmalige inhaltliche Prüfung ihres Asylantrages (ihrer Fluchtgründe) in Deutschland nicht zu, da mit dem vorangegangen Verfahren im EU-Mitgliedstaat eine Schutzgewährung bereits festgestellt wurde. Der Antragsteller hätte sich demnach in Bulgarien mit dem zuerkannten subsidiären Schutz aufhalten können und keine drohende Abschiebung in sein Heimatland befürchten müssen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9603 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Gegen die Entscheidung des Bundesamts hat der Antragsteller am 11. Dezember 2014 vor dem Verwaltungsgericht Ansbach Klage erhoben. Aufgrund der durch neu eingereichte Atteste nachgewiesenen Reiseunfähigkeit hat das BAMF die ausgesprochene Abschiebeanordnung aufgehoben. Die grundsätzliche Entscheidung des BAMF, den Antrag aus oben genannten Gründen als unzulässig zu betrachten, bestätigte das Gericht. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wurde daraufhin am 27. Februar 2015 eingestellt. Seitdem hielt sich der Ausländer geduldet in Deutschland auf. Im März 2016 bat die zuständige Ausländerbehörde das BAMF, die Möglichkeit einer Abschiebung nach Bulgarien nochmals zu prüfen. In diesem Zusammenhang wird den Betroffenen und auch den rechtlichen Vertretern ausdrücklich Gelegenheit gegeben, zur Frage der Wiedereinreisesperre bei einer möglichen Abschiebung (Einreise- und Aufenthaltsverbot) Stellung zu nehmen. Eine entsprechende Anfrage erfolgte auch in diesem Fall. Eine Stellungnahme ging nicht ein. Daraufhin erließ das BAMF eine Ausreiseaufforderung, verbunden mit einer erneuten Abschiebungsandrohung nach Bulgarien. 38. Inwieweit haben nach Kenntnis der Bundesregierung Behörden und Gerichte bei der Prüfung von Abschiebungshindernissen in Bezug auf die geplante Abschiebung des psychisch kranken syrischen Flüchtlings (vgl. www.br.de/ nachrichten/mittelfranken/inhalt/attentaeter-ansbach-behandlung-ausgesetzt- 100.html), des späteren Attentäters von Ansbach, nach Bulgarien berücksichtigt , dass er dort nach eigenen Angaben inhaftiert, misshandelt und ihm eine medizinische Behandlung (Granatsplitter in Armen und Beinen) verweigert und er zudem in die Obdachlosigkeit entlassen worden sein soll (Letzteres deckt sich mit allgemeinen Informationen zu Bulgarien, etwa von PRO ASYL, die im Kern auch vom Auswärtigen Amt bestätigt wurden: www.proasyl.de/news/auswaertiges-amt-bestaetigt-fluechtlinge-bleiben-inbulgarien -schutzlos/), was insbesondere Vorgaben des EU-Rechts zum Umgang mit besonders schutzbedürftigen Asylsuchenden widersprechen würde (bitte ausführen)? Die zunächst vom BAMF erlassene Abschiebungsanordnung wurde wegen der attestierten Reiseunfähigkeit aufgehoben. Beim späteren Erlass der Abschiebungsandrohung beschränkt sich die Prüfungspflicht des BAMF auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote; inlandsbezogene Hindernisse, insbesondere die Reisefähigkeit, und sonstige Duldungsgründe sind nach Eintritt der Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung von der Ausländerbehörde des betreffenden Landes im Rahmen der Vorbereitung einer Abschiebung zu prüfen. Eine ausdrückliche Tenorierung nationaler Abschiebungsverbote in Bezug auf sichere Drittstaaten war vor Inkrafttreten des Integrationsgesetzes gesetzlich nicht vorgesehen. Eine inhaltliche Prüfung im Rahmen des Erlasses der Abschiebungsandrohung bzw. -anordnung erfolgte gleichwohl. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/9603 39. Welche Informationen liegen der Bundesregierung dazu vor, aus welchen Gründen die weitere Kostenübernahme für die Therapie des psychisch kranken syrischen Flüchtlings, des späteren Attentäters von Ansbach, erst nach monatelanger Verzögerung genehmigt wurde (einem Antrag von Januar 2016 sei erst zum 1. August 2016 entsprochen worden; vgl. www.br.de/nachrichten/mittelfranken/inhalt/attentaeter-ansbach-behandlungausgesetzt -100.html), wer hat nach Kenntnis der Bundesregierung den Verlängerungsantrag für die Kostenübernahme in welchem konkreten Verfahren geprüft, inwieweit waren die eingeschränkten Bedingungen der Behandlungskostenübernahme im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes für die Verzögerung (mit-)verantwortlich, und inwieweit geht die Bundesregierung davon aus, dass die Behandlungsunterbrechung eine psychische Destabilisierung des Attentäters und seine Bereitschaft für ein Selbstmordattentat zumindest befördert haben könnte (bitte ausführen)? Dazu liegen der Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor, da die Asylbewerberleistungen in die Zuständigkeit der Länder fallen. 40. Welche konkreten Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den bekannt gewordenen Abläufen im Zusammenhang mit dem psychisch kranken Attentäter von Ansbach, insbesondere in Hinblick auf verbesserte Behandlungsmöglichkeiten für psychisch erkrankte Geflüchtete und einen anderen Umgang mit in anderen Ländern anerkannten Flüchtlingen, die oft aus guten Gründen nicht zurückkehren können, was auch der vormalige Präsident des BAMF, Dr. Manfred Schmidt, bestätigte, als er im Januar 2015 erklärte: „Das Schlimmste, was ihnen heute passieren könnte, wäre, anerkannter Flüchtling in Italien zu werden“, da dort „selbst Familien mit Kleinkindern unter Brücken schlafen“ müssen (Fränkische Landeszeitung vom 20. Januar 2015) – was sich mühelos auf die Situation anerkannter Flüchtlinge z. B. in Bulgarien übertragen lässt und die Verzweiflung des syrischen Flüchtlings angesichts der drohenden Abschiebung nach Bulgarien erklärt (bitte ausführen )? Die Anschläge von Würzburg und Ansbach werden von der Bundesregierung auf das Schärfste verurteilt und sind durch nichts zu rechtfertigen oder zu relativieren. Die Bundesregierung hält die von den Fragestellern nahegelegten Zusammenhänge für abwegig und weist entsprechende Spekulationen als haltlos und unverantwortlich zurück. Nicht zuletzt im Hinblick auf die von einzelnen Flüchtlingen möglicherweise ausgehenden Gefahren hat die Bundeskanzlerin am 28. Juli 2016 einen Neun-Punkte-Plan für mehr Sicherheit vorgelegt. Der Bundesminister des Innern hat am 11. August 2016 in Konkretisierung dieses Neun-Punkte-Plans einen umfangreichen und thematisch umfassenden Maßnahmenkatalog zur Erhöhung der Sicherheit in Deutschland vorgestellt. Die Bundesregierung wird zügig die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um Gefährdungen insbesondere durch psychisch kranke Flüchtlinge früher als bisher erkennen und ihnen effektiver als bisher begegnen zu können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333