Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 9. September 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9618 18. Wahlperiode 13.09.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Werner, Sigrid Hupach, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/9346 – Auswirkungen des Entwurfs für ein Bundesteilhabegesetz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In ihrem Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD im Jahr 2013 vereinbart, ein neues „Bundesleistungsgesetz“ zu erarbeiten und „die Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht“ weiterzuentwickeln. Nach einem hochrangigen und langen Beteiligungsprozess von Behinderten-, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, Selbstvertretungsorganisationen, Gewerkschaften , Schwerbehindertenvertretungen und der Wissenschaft sowie Abstimmungen mit Ländern, Kommunen und zwischen den Bundesministerien wurde am 26. April 2016 ein Referentenentwurf für ein Bundesteilhabegesetz (BTHG) vorgelegt. Dieser wurde mit geringen Änderungen am 28. Juni 2016 vom Bundeskabinett beschlossen und wird in den kommenden Monaten als Gesetzentwurf der Bundesregierung das parlamentarische Verfahren durchlaufen. Die zuvor beteiligten Verbände, Vereine und Organisationen zeigten sich Ende Mai bei einer Anhörung dazu im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) verwundert und teils verärgert darüber, dass ihre im Rahmen des Beteiligungsprozesses geäußerten Vorschläge kaum Berücksichtigung fanden. Die Reaktionen fielen sehr kritisch aus. Sie reichten von Formulierungen erheblichen Änderungsbedarfes bis zur Ablehnung des Gesetzesvorschlages (wie unter anderem auf www.kobinet-nachrichten.org nachzuvollziehen). In den zahlreichen Stellungnahmen aus der Zivilgesellschaft sowie im Aufruf „Nachbesserung jetzt!“ vom 21. Juli 2016 und in den „Sechs gemeinsamen Kernforderungen zum Bundesteilhabegesetz“ des Deutschen Behindertenrates (DBR), der Fach- und Wohlfahrtsverbände und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), denen sich bis zum 18. Juli 2016 über 130 Verbände, Vereine und Organisationen angeschlossen haben, wird beispielsweise die Einschränkung des leistungsberechtigten Personenkreises, des Wunsch- und Wahlrechts und des Rechts auf Selbstbestimmung gemäß der rechtsverbindlichen UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) kritisiert. Auch die weiterhin bestehenden Kostenvorbehalte und die Anrechnung von Einkommen und Vermögen bei notwendigen Teilhabeleistungen werden, trotz geringer Verbesserungen, einhellig abgelehnt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9618 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Ebenso werden eine Regionalisierung und Zersplitterung von Standards für die Bedarfsermittlung und Leistungserbringung befürchtet und abgelehnt. Es bleiben nach Auffassung der Fragesteller zu viele Fragen offen, die es zu klären gilt. 1. Ist die Bundesregierung der Auffassung, mit dem BTHG ein „modernes Teilhaberecht “ zu schaffen, das den Vorgaben der UN-BRK entspricht, wie es CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt haben (bitte begründen)? Am 26. März 2009 ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention – UN-BRK) in Deutschland in Kraft getreten. Die UN-BRK ist seither geltendes Recht und eine wichtige Leitlinie für die Behindertenpolitik in Deutschland. Bund, Länder und Gemeinden sowie die Sozialversicherung und andere Institutionen arbeiten ständig an der Weiterentwicklung der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Mit der Ratifikation der UN-BRK hat sich die Bundesrepublik Deutschland dazu bekannt, das deutsche Recht grundsätzlich in Übereinstimmung mit diesem Menschenrechtsübereinkommen weiterzuentwickeln . Der Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen bei den Vereinten Nationen hat der Bundesrepublik Deutschland in seinen „Abschließenden Bemerkungen über den ersten Staatenbericht Deutschlands“ vom 13. Mai 2015 eine Vielzahl von Handlungsempfehlungen zur weiteren Umsetzung der UN-BRK gegeben . So soll die Bundesrepublik Deutschland unter anderem die gesetzliche Definition von Behinderung mit den allgemeinen Grundsätzen und Bestimmungen der UN-BRK in Einklang bringen, ausreichende Finanzmittel verfügbar machen, um die Deinstitutionalisierung und selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderungen zu fördern, die Voraussetzungen für einen inklusiven Arbeitsmarkt schaffen, eine Prüfung des Umfangs vornehmen, in dem Menschen mit Behinderungen ihr persönliches Einkommen verwenden, um ihre Bedarfe zu decken und selbstbestimmt zu leben, und Menschen mit Behinderungen soziale Dienstleistungen zur Verfügung stellen, die ihnen Inklusion, Selbstbestimmung und die Entscheidung, in der Gemeinschaft zu leben, ermöglichen. Folgende Ziele sollen im Lichte der UN-BRK mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) verwirklicht werden: Dem neuen gesellschaftlichen Verständnis einer inklusiven Gesellschaft soll durch einen neu gefassten Behinderungsbegriff Rechnung getragen werden. Leistungen sollen wie aus einer Hand erbracht und zeitintensive Zuständigkeitskonflikte der Träger untereinander sowie Doppelbegutachtungen zulasten der Menschen mit Behinderungen vermieden werden. Die Position der Menschen mit Behinderungen im Verhältnis zu den Rehabilitationsträgern und den Leistungserbringern soll durch eine ergänzende unabhängige Teilhabeberatung gestärkt werden. Die Anreize zur Aufnahme einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sollen auf persönlicher und institutioneller Ebene verbessert werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9618 Die Möglichkeiten einer individuellen und den persönlichen Wünschen entsprechenden Lebensplanung und -gestaltung sollen unter Berücksichtigung des Sozialraumes bei den Leistungen zur sozialen Teilhabe gestärkt werden. Die Leistungen zur Teilhabe an Bildung sollen insbesondere im Hinblick auf studierende Menschen mit Behinderungen verbessert werden. Die Zusammenarbeit der unter dem Dach der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation befindlichen Rehabilitationsträger und die Transparenz des Rehabilitationsgeschehens sollen verbessert werden. Das Recht der Eingliederungshilfe soll zu einem modernen Teilhaberecht weiterentwickelt werden, in dessen Mittelpunkt der Mensch mit seinen behinderungsspezifischen Bedarfen steht. Gleichzeitig soll keine neue Ausgabendynamik entstehen und die bestehende durch Verbesserungen in der Steuerungsfähigkeit der Eingliederungshilfe gebremst werden. Im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) und im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) sollen präventive Maßnahmen ergriffen und neue Wege erprobt werden, um die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit (drohenden) Behinderungen zu erhalten und so Übergänge in die Eingliederungshilfe zu reduzieren . Im Schwerbehindertenrecht soll das ehrenamtliche Engagement der Schwerbehindertenvertretungen gestärkt, sollen Mitwirkungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen in Werkstätten für behinderte Menschen verbessert und sollen die besonders schweren Beeinträchtigungen von taubblinden Menschen berücksichtigt werden. Diese Zielsetzungen des Bundesteilhabegesetzes entsprechen nach Auffassung der Bundesregierung den Vorgaben der UN-BRK. 2. Welche Konsequenzen und Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus zahlreichen sehr kritischen bis ablehnenden Stellungnahmen von Behinderten -, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, Selbstvertretungsorganisationen und Gewerkschaften – hierbei insbesondere aus dem Aufruf „Nachbesserung jetzt!“ vom 21. Juli 2016 – und den „Sechs gemeinsamen Kernforderungen zum Bundesteilhabegesetz“, denen sich bis zum 18. Juli 2016 über 130 Verbände, Vereine und Organisationen angeschlossen haben? Die Bundesregierung hat am 28. Juni 2016 den Regierungsentwurf für das BTHG beschlossen. Handlungsbedarf infolge der Anhörungen zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wurde bereits im Rahmen der Erarbeitung des Regierungsentwurfes und des Kabinettbeschlusses berücksichtigt . Nunmehr obliegt es dem Deutschen Bundestag und dem Deutschen Bundesrat zu entscheiden, ob weitere Veränderungen am Gesetzentwurf herbeigeführt werden. 3. Welche Regelungen im BTHG werden nach Einschätzung der Bundesregierung zu Verschlechterungen für bisher Leistungsberechtigte der Eingliederungshilfe führen? Mit dem BTHG erfolgt ein Systemwechsel. Es werden sowohl strukturelle als auch leistungsrechtliche Veränderungen durch ein Bündel von Maßnahmen am geltenden Recht vorgenommen. Ziel des BTHG ist es, die Lebenssituation von Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9618 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Befürchtungen möglicher Leistungsverschlechterungen für bisher Leistungsberechtigte sollen insbesondere mit einer Evidenzbeobachtung, Besitzstandsregelungen und einer Umsetzungsbegleitung nach Artikel 25 Absatz 2 des BTHG-Entwurfs begegnet werden. 4. Für welche Regelungen ist ein Bestandsschutz im geplanten BTHG vorgesehen ? Im BTHG sind folgende Übergangsregelungen vorgesehen, die im Einzelfall auch als Bestandsschutz wirken können: Für ambulant betreute Menschen gilt nach § 149 SGB IX des BTHG-Entwurfs unter bestimmten Voraussetzungen das Recht des Bundessozialhilfegesetzes in der am 26. Juni 1996 geltenden Fassung weiter. Personen, die Leistungen der Eingliederungshilfe empfangen haben und deren ambulante Betreuung am 26. Juni 1996 sichergestellt war, können weiterhin die bisherigen ambulanten Leistungen in Anspruch nehmen, selbst wenn eine stationäre Einrichtung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Diese Übergangsregelung besteht bereits im heutigen Recht der Sozialhilfe (§ 130 SGB XII) und wird auch für die neu geregelte Eingliederungshilfe unverändert beibehalten. § 150 SGB IX des BTHG-Entwurfs enthält eine Übergangsregelung zum Einsatz des Einkommens. Sie stellt für Ausnahmefälle unter bestimmten Voraussetzungen sicher, dass Leistungsberechtigte durch den aufzubringenden Beitrag nach dem neuen Recht der Eingliederungshilfe ab dem 1. Januar 2020 nicht höher belastet werden als nach dem am 31. Dezember 2019 geltenden Recht des SGB XII. Durch § 139 SGB XII des BTHG-Entwurfs wird eine Übergangsregelung geschaffen , die bei Inkrafttreten der Änderung des § 42b SGB XII gewährleistet, dass es für Menschen mit Behinderungen im Vergleich zum Rechtsstand am 31. Dezember 2019 keine Veränderung bei der Höhe der anzuerkennenden Bedarfe für Unterkunft und Heizung gibt. Für Leistungsberechtigte in einer ambulanten Wohnform, die zugleich Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel SGB XII und Leistungen der Eingliederungshilfe bekommen, gilt nach § 139 SGB XII des BTHG-Entwurfs auch ab dem Jahr 2020, dass es sich bei dieser Wohnform um eine Wohnung nach § 42b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2 SGB XII des BTHG-Entwurfs handelt. Dies ist bei der Bestimmung der Höhe der anzuerkennenden Bedarfe für Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen. Für Wohnformen einer stationären Einrichtung nach § 27b SGB XII gilt diese Unterkunft weiterhin als persönlicher Wohnraum mit Gemeinschaftsräumen nach § 42b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 SGB XII des BTHG-Entwurfs , solange durch bauliche und sonstige Änderungen die Voraussetzungen für eine Wohnung nach § 42b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2 SGB XII nicht erfüllt werden. Die Rechtsänderungen wirken sich folglich nicht auf Wohnverhältnisse aus, die vor dem 1. Januar 2020 begründet worden sind und nach dem 31. Dezember 2019 weiter bestehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9618 5. Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung den Behinderungsbegriff der UN-BRK nicht korrekt und vollständig ins geplante BTHG übernommen und die Wörter „volle“ und „wirksame“ zur Beschreibung der Teilhabe weggelassen ? Bei der Neufassung des Behinderungsbegriffs im Rahmen des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) werden das in Art. 1 Satz 2 UN-BRK formulierte Verständnis von Behinderung sowie der Behinderungsbegriff des Behindertengleichstellungsgesetzes berücksichtigt. Die Formulierung „volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft“ ist prominent in die Vorschrift des § 1 SGB IX des BTHG-Entwurfs aufgenommen und sichert somit Menschen mit Behinderungen Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. 6. Warum wird in § 99 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) (neu) – Leistungsberechtigter Personenkreis – eine „Einschränkung der Fähigkeit zur Teilhabe an der Gesellschaft in erheblichem Maße“ als Voraussetzung definiert, obwohl dies die UN-BRK nicht vorsieht, und wie kann diese einschränkende Regelung im Einklang mit der UN-BRK stehen? Die Definition des leistungsberechtigten Personenkreises der Eingliederungshilfe orientiert sich an dem Verständnis von Behinderung im Sinne der UN-BRK. Die Spezifizierung durch das Merkmal „Einschränkung der Fähigkeit zur Teilhabe an der Gesellschaft in erheblichem Maße“ zielt darauf, dass der bisher leistungsberechtigte Personenkreis leistungsberechtigt bleibt. Die Regelung des neuen § 99 SGB IX im Entwurf eines BTHG in der Gesamtheit bildet das gewandelte fachliche Verständnis von Behinderung ab, das sich u.a. in der Internationen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der UN-BRK widerspiegelt . Die Regelung verbindet das gewandelte fachliche Verständnis mit der für die Eingliederungshilfe unabdingbaren Notwendigkeit, eine „in erheblichem Maße eingeschränkte Fähigkeit am Leben in der Gesellschaft“ im Einzelfall festzustellen. Mit der Regelung wird auch die heutige Praxis abgebildet, in der der Begriff der „wesentlichen Behinderung“ bereits entsprechend ausgelegt wird. 7. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass mit „der Neuregelung“ […] „der leistungsberechtigte Personenkreis nicht ausgeweitet und nicht eingeschränkt “ (S. 285, Gesetzentwurf – GE – für ein BTHG) wird, ohne im Vorfeld mögliche Auswirkungen dieser Regelung wissenschaftlich fundiert zu untersuchen? Der Bundesgesetzgeber muss nachhalten und beurteilen können, ob die mit dem BTHG verbundenen gesetzgeberischen Ziele trotz anspruchsvoller Sach- und Rechtsfragen und der Ausführung des Rechts durch die Länder zielgenau erreicht werden. Mit der Umsetzungsbegleitung nach Artikel 25 Absatz 2 des BTHG-Entwurfs wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales deshalb ermächtigt, im Einvernehmen mit den Ländern eine Untersuchung zur Implementation der reformierten Eingliederungshilfe durchzuführen. Mit den Erkenntnissen dieser Untersuchung soll der Gesetzgeber Hinweise auf etwaige Veränderungsbedarfe erhalten. Mit der Untersuchung soll insbesondere festgestellt werden, ob die wesentlichen Ziele der Reform der Eingliederungshilfe – Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen und Bremsen der Ausgabendyna- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9618 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode mik – erreicht werden. Die Erkenntnisse der Untersuchung sollen mit den Erkenntnissen der Evidenzbeobachtung verknüpft werden, mit welcher die Länder ab dem Inkrafttreten des neuen SGB IX, Teil 2, im Jahr 2020 beginnen. Mit der Untersuchung und der Unterstützung der Implementation kann bereits im Jahr 2017 begonnen werden, um möglichst frühzeitig Erkenntnisse für die erforderliche Vergleichsbetrachtung bei der Umsetzung von altem Recht und neuem Recht zu gewinnen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann im Benehmen mit den Ländern Dritte mit der Untersuchung und der Umsetzungsunterstützung beauftragen. 8. Wie soll aus Sicht der Bundesregierung eine Kann-Regelung eine Einschränkung des leistungsberechtigten Personenkreises verhindern, wenn „die Leistungsgewährung im pflichtgemäßen Ermessen des Trägers der Eingliederungshilfe “ (S. 286, GE BTHG) liegt? Ziel der Bundesregierung ist es, den bisherigen leistungsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe beizubehalten. Die Regelung zum leistungsberechtigten Personenkreis ist insoweit bereits zielführend, als eine in der Praxis erfolgte Prüfung verschiedener Beispiele zur Zugehörigkeit zum Personenkreis zeigte, dass die vorgesehene Regelung keine Einschränkung des leistungsberechtigten Personenkreises zur Folge hat. Dennoch wurde zusätzlich eine Ermessensregelung in den Gesetzentwurf aufgenommen, um mögliche Lücken zu schließen. Die Regelung beinhaltet einen Anspruch auf eine pflichtgemäße Ausübung des Ermessens. Im Einzelfall kann das Ermessen so weit eingeschränkt sein, dass nur eine einzige Entscheidung fehlerfrei möglich ist (sog. „Ermessensreduzierung auf Null“). 9. Gelten befristete Leistungen der Tages- oder Kurzzeitpflege als „ohne konkreten Bezug zum Arbeitsleben tagesstrukturierende Leistungen zur Förderung [...] sozialer Teilhabe“ (S. 287, GE BTHG), die einen Leistungsbezug nach Kapitel 4 SGB IX (neu) ausschließen (bitte begründen)? Die Befürchtungen eines Leistungsausschlusses in dieser Konstellation sind unbegründet . Pflegeleistungen stellen keine Leistungen zur Förderung der sozialen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen dar, sie sind Aufgabe der Eingliederungshilfe . Bei Vorliegen der Voraussetzungen umfasst die Eingliederungshilfe auch künftig tagesstrukturierende Leistungen zur sozialen Teilhabe. 10. Welche Auswirkungen wird § 99 SGB IX (neu) auf die Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen haben? Wird es nach Einschätzung der Bundesregierung Verschlechterungen und Einschränkungen geben? Im Lichte des neuen Verständnisses von Behinderung werden nicht mehr typisierte Behinderungsarten kraft Gesetzes als Voraussetzung für den leistungsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe herangezogen. Mit dem neuen Recht werden Menschen mit Behinderungen entsprechend ihrer Individualität differenziert betrachtet. Im Mittelpunkt stehen der einzelne Mensch, seine ganz persönliche Situation und seine verfügbaren Ressourcen. Dieses Verständnis von Behinderung spiegelt sich an der ICF) derWHO wider. Ob der Mensch mit Behinderungen zum leistungsberechtigten Personenkreis gehört, ist nach dem Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/9618 Verständnis der UN-BRK das Ergebnis der Wechselwirkung zwischen der individuellen Beeinträchtigung und den in der Gesellschaft vorhandenen Barrieren sowie der ICF als Klassifikationssystem, das die Aktivitäten und die Teilhabeeinschränkung sowie die jeweiligen Kontextfaktoren berücksichtigt. 11. Welche Auswirkungen wird § 99 SGB IX (neu) auf Länder, Kommunen und auf die entsprechend zuständigen Träger und Verwaltungen in finanzieller, personeller und struktureller Hinsicht haben, wenn diese Regelungen in die Realität umgesetzt und bürokratisch geprüft werden müssen? Schon im Rahmen des geltenden Rechts ist zu prüfen, ob Menschen mit Behinderungen zum leistungsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe gehören . Über die Regelung zum Zugang zu den Leistungen im geltenden Recht hat der Träger der Sozialhilfe nach heutiger Rechtslage insbesondere das Merkmal der „wesentlichen Behinderung“ zu prüfen. Da die Prüfung des Leistungszugangs sowohl nach altem als auch nach neuem Recht durchzuführen ist, sind insoweit keine grundsätzlichen Ausgabensteigerungen zu erwarten. 12. Mit welchen Maßnahmen sollen Länder und Kommunen im Jahr 2020 die Einsparungen von 100 Millionen Euro, der im Bundesteilhabegesetz genannten „Effizienzrendite in der Eingliederungshilfe durch bessere Steuerung “, erfüllen? Mit dem BTHG wird eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen um die Steuerungsfähigkeit der Eingliederungshilfe zu erhöhen. Die wichtigsten Maßnahmen sind das in der Eingliederungshilfe ergänzend zum Teilhabeplanverfahren anzuwendende Gesamtplanverfahren sowie Regelungen im Vertragsrecht, die zu einer effizienteren Leistungserbringung durch die Leistungsanbieter führen sollen. Durch die beiden präventiv wirkenden Modellvorhaben in den Rechtskreisen SGB II und SGB VI sollen Menschen mit drohenden Behinderungen und drohender Erwerbsunfähigkeit innovative Maßnahmen zuteilwerden , mit denen der Erhalt der Erwerbsfähigkeit gesichert werden kann. Mittelbar sollen damit auch die Zugänge in die Eingliederungshilfe wirksam gebremst werden. Zudem sind Verbesserungen im Vertragsrecht vorgesehen. Hierbei wird im Gesetzentwurf angenommen, dass alle Maßnahmen, die die Steuerungsfähigkeit der Eingliederungshilfe erhöhen und die Zugänge verringern, zu einer dauerhaften Reduzierung des Ausgabenanstiegs bei den Trägern der Eingliederungshilfe ab dem Jahr 2020 und in den Folgejahren führen. Bei der Berechnung der Angaben im Gesetzentwurf wurden 0,5 Prozent der für das Jahr 2020 prognostizierten Ausgaben in Höhe von 20,9 Mrd. Euro zugrunde gelegt. Für eine Prognose der Ausgaben der Eingliederungshilfe, die ohne die Steuerungseffekte des BTHG eintreten würden, wurden die tatsächlichen Bruttoausgaben der Eingliederungshilfe des Jahres 2014 mit der durchschnittlichen Wachstumsrate der Jahre 2010 bis 2014 bis zum Jahr 2020 fortgeschrieben. Daraus ergeben sich geschätzte Minderausgaben für die Länder und Gemeinden in Höhe von rund 100 Mio. Euro durch die Maßnahmen dieses Gesetzes im Jahr 2020. Die Realisierung der Effizienzrendite liegt in der Umsetzungsverantwortung der Träger der Eingliederungshilfe und der Länder, die die Umsetzung des neuen Rechts mit Landesausführungsbestimmungen steuern. Mit dem BTHG werden den Trägern der Eingliederungshilfe Instrumentarien zur Erhöhung ihrer Steuerungsfähigkeit an die Hand gegeben. Die Umsetzung kann jedoch nur durch die zuständige Verwaltungsebene erfolgen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9618 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 13. Wie entwickeln sich, nach Annahme der Bundesregierung, die Einsparungen durch die „Effizienzrendite in der Eingliederungshilfe durch bessere Steuerung “ in den folgenden zehn Jahren nach 2020? Durch die Erhöhung der Steuerungsfähigkeit und die Verringerung der Zugänge in die Eingliederungshilfe wird pauschalierend von einer aufwachsenden Effizienzrendite im Jahr des Inkrafttretens 2020 und den Folgejahren ausgegangen. Die Effizienzrendite schwächt die erwarteten Ausgabensteigerungen in der Eingliederungshilfe , die ohne das BTHG eintreten würden, ab. Im Jahr des Inkrafttretens wird eine Effizienzrendite im Umfang von 0,5 Prozent der in diesem Jahr prognostizierten Ausgaben in Höhe von rund 20,9 Mrd. Euro zugrunde gelegt. In den Folgejahren 2021 und 2022 steigt diese Effizienzrendite in 0,5 Prozent- Schritten bis auf 1,5 Prozent an. Somit ergeben sich geschätzte Minderausgaben für die Länder und Gemeinden in Höhe von rund 100 Mio. Euro durch die Maßnahmen dieses Gesetzes ab dem Jahr 2020. Die Minderausgaben entwickeln sich damit fort bis auf ein Einsparvolumen von rund 380 Mio. Euro im Jahr 2025, jeweils bezogen auf die prognostizierten Gesamtausgaben der Eingliederungshilfe . Für die darauffolgenden Jahre bleibt es bei einer Effizienzrendite von 1,5 Prozent der Gesamtausgaben. Derzeit liegen keine Einschätzungen vor, wie sich die Gesamtausgaben der Eingliederungshilfe nach dem Jahr 2025 entwickeln. 14. Auf welcher Daten- und Berechnungsgrundlage geht die Bundesregierung von Einsparungen in dieser Höhe aus? Die Gesamtausgaben der Eingliederungshilfe der zurückliegenden Jahre als Berechnungsgrundlage für die Quantifizierung und Prognose der zu erwartenden Ausgabensteigerung in künftigen Jahren ergeben sich aus der Bundesstatistik für die Sozialhilfe. Die angenommene Effizienzrendite von 100 Mio. Euro für das Jahr 2020 für die gesamte Eingliederungshilfe ist ein pauschalierter Schätzwert, der keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Kostenentwicklung zulässt. Da die Kostenentwicklung in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich ist, wird dies auch für die Entwicklung der Effizienzrendite zutreffen. 15. Wie viele Menschen mit Behinderungen beziehen nach geltendem Recht Leistungen der Eingliederungshilfe? Im Laufe des Berichtsjahres 2014 bezogen insgesamt in und außerhalb von Einrichtungen 860.489 Personen Eingliederungshilfe nach dem 6. Kapitel SGB XII. Am Jahresende 2014 (Stichtagsbetrachtung) waren es 710 665 Personen. Aktuellere Zahlen für das Jahr 2015 liegen derzeit noch nicht vor und sind voraussichtlich erst zum Jahresende 2016 zu erwarten. 16. Wie viele Menschen mit Behinderungen beziehen gleichzeitig Leistungen der Eingliederungshilfe und Pflegeleistungen Über die gleichzeitige Inanspruchnahme von Eingliederungshilfe und Pflegeleistungen nach dem SGB XI bzw. Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel SGB XII liegen nur eingeschränkte Informationen vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/9618 a) nach dem SGB XI und Für das SGB XI liegen nur Angaben für vollstationäre Einrichtungen vor. Demnach erhielten im Jahr 2015 87.963 Personen in vollstationären Einrichtungen einen Zuschuss nach § 43a SGB XI. Diese Personen erhalten ebenfalls Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XII. b) „Hilfe zur Pflege“ nach dem SGB XII Siebtes Kapitel? Für das SGB XII liegen aus den Standardaufbereitungen der SGB XII-Statistik keine Informationen vor. Eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes hat ergeben, dass 1,8 Prozent der Empfängerinnen und Empfänger von Eingliederungshilfe außerhalb von Einrichtungen gleichzeitig auch Hilfe zur Pflege erhalten (entspricht 5 032 Fällen im Jahr 2013). Bei den Empfängerinnen und Empfängern in Einrichtungen waren es 0,5 Prozent (entspricht 2 272 Fällen im Jahr 2013). 17. Wie viele Menschen mit Behinderungen werden voraussichtlich gemäß dem geplanten neuen Recht des BTHG, insbesondere gemäß § 99 SGB IX (neu), entsprechende Leistungen beziehen? 18. Wie wird sich, nach Kenntnis der Bundesregierung, die Zahl von Bezieherinnen und Beziehern von Teilhabeleistungen der Eingliederungshilfe aufgrund der geplanten Regelungen in den nächsten zehn Jahren entwickeln? Die Fragen 17 und 18 werden gemeinsam beantwortet. In Bezug auf die Regelung zum leistungsberechtigten Personenkreis (§ 99 SGB IX des BTHG-Entwurfs) ist es Ziel der Bundesregierung, dass der leistungsberechtigte Personenkreis unverändert bleibt. Mit dem Inkrafttreten des neuen Rechts der Eingliederungshilfe im SGB IX Teil 2 können aber andere Regelungsbereiche des Gesetzentwurfs zu einer Ausweitung des leistungsberechtigten Personenkreises führen: Das neue Recht der Eingliederungshilfe sieht Verbesserungen bei der Anrechnung von Einkommen und Vermögen auf die Fachleistungen vor. Dadurch können künftig auch Menschen mit Behinderungen Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten, die nach dem geltenden Recht nicht bedürftig sind (Mehrausgaben im Jahr 2020 ca. 355 Mio. Euro). Die flächendeckende Einführung des Budgets für Arbeit und die Zulassung anderer Leistungsanbieter wird dazu führen, dass diese Leistungen von zusätzlichen Personen in Anspruch genommen werden, die bislang keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben als Fachleistung bezogen haben (Mehrausgaben im Jahr 2020 ca. 100 Mio. Euro). Die Leistungen zur Teilhabe an Bildung werden ausgeweitet, indem sie künftig auch die schulische Weiterbildung erfassen (Mehrausgaben im Jahr 2020 ca. 3 Mio. Euro). Bereits im Gesetzentwurf für das BTHG wird darauf hingewiesen, dass eine tragfähige Schätzung der damit verbundenen Ausweitung der Anzahl der Leistungsbezieher in der Eingliederungshilfe kaum möglich ist, da viele Menschen von mehr als einer Verbesserung betroffen sind und keine verlässlichen Anhaltspunkte zu möglichen Verhaltensänderungen infolge der Neuregelungen vorliegen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9618 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 19. Wie wird sich nach Einschätzung der Bundesregierung das Verhältnis der Zahl von Bezieherinnen und Beziehern von Teilhabeleistungen zur Zahl der Bezieherinnen und Bezieher von Pflegeleistungen entwickeln? Prognosen liegen der Bundesregierung hierzu nicht vor. Im Rahmen der Evaluation nach § 18c des Elften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XI werden auch die Auswirkungen auf Leistungen anderer Sozialleistungsträger , wie die Eingliederungshilfe, zu untersuchen sein. 20. Wie begegnet die Bundesregierung Befürchtungen, dass es angesichts der Regelungen im geplanten BTHG in § 91 Absatz 3 SGB IX (neu) zu einer Aufteilung in teilhabefähige und nicht teilhabefähige Menschen mit Behinderungen kommen wird (wie unter anderem in der Stellungnahme vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e. V. vom 18. Mai 2016 formuliert)? Die von den Fragestellern angenommene Differenzierung in teilhabefähige und nicht teilhabefähige Menschen findet nicht statt. Die Eingliederungshilfe und die Soziale Pflegeversicherung bleiben eigenständige soziale Sicherungssysteme mit jeweils spezifischer gesetzlicher Aufgabenzuweisung. Die Eingliederungshilfe erbringt weiterhin Leistungen zur Förderung der Teilhabe an der Gesellschaft, die Pflegeversicherung weiterhin Leistungen zum Erhalt und zur Förderung der Selbständigkeit in der eigenen Häuslichkeit bzw. im häuslichen Umfeld sowie zur vollstationären Pflege. § 91 Absatz 3 SGB IX des BTHG-Entwurfs bezieht sich ausschließlich auf Fälle von Leistungsidentitäten zwischen den Leistungen der Eingliederungshilfe und den Leistungen der Pflege und regelt für diese Fälle das erforderliche Rangverhältnis zwischen Leistungen der Pflege (nach dem SGB XI, dem 7. Kapitel SGB XII und dem BVG) und den Leistungen der Eingliederungshilfe im häuslichen Umfeld. Die Vorschrift ist insoweit sachlich zwingend für die Zuweisung der Leistungspflicht an die Leistungsträger. Im Zusammenhang mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff werden sich Leistungsidentitäten zwischen den Leistungen der Eingliederungshilfe und den Leistungen der Pflege ergeben. Dies betrifft insbesondere die pflegerischen Betreuungsmaßnahmen im häuslichen Umfeld. Nur soweit eine Leistungsidentität zwischen der Eingliederungshilfe einerseits und der Sozialen Pflegeversicherung andererseits insbesondere für Betreuungsmaßnahmen besteht, ist die vorgesehene Regelung zum Vorrang-/Nachrangverhältnis unverzichtbar, um Rechtsunsicherheit und Doppelleistungen zu vermeiden. Besteht ein Bedarf an Leistungen der Eingliederungshilfe, der keine Leistungsidentität zu pflegerischen Leistungen aufweist, bleiben diese Bedarfe selbstverständlich unberührt. 21. Warum gehen aus Sicht der Bundesregierung im geplanten BTHG in § 102 SGB IX (neu) Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen zur Teilhabe an Bildung und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation den Leistungen zur sozialen Teilhabe vor? Die Rangfolge der einzelnen Leistungen basiert vor allem auf den Zielsetzungen, die mit den Leistungen verbunden sind: Zunächst sind alle Möglichkeiten zur Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes auszuschöpfen. Auf dieser Grundlage sind die Möglichkeiten einer Teilhabe am Arbeitsleben abzuklären und umzusetzen. Gleiches gilt für den Bereich der Bildung. Leistungen zur Sozialen Teilhabe mit dem Ziel der Ermöglichung oder Erleichterung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft kommen nur dann in Betracht, wenn die umfassenden Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/9618 Zielsetzungen nicht durch die sachlich vorrangigen Leistungen erreicht werden können. Dieser Vorrang gilt jedoch nur im Verhältnis derjenigen Leistungen, die „gleich, gleichartig, einander entsprechend oder deckungsgleich“ sind. Die Vorrangregelung verfolgt damit lediglich den Zweck, das Verhältnis der Leistungen untereinander zu klären, wenn mehrere Leistungen in Betracht kommen. 22. Welche Gefahr sieht die Bundesregierung, dass mit dieser Regelung in § 102 SGB IX (neu) in Verbindung mit § 76 SGB IX (neu) Menschen mit schwersten Behinderungen, die nicht in eine Werkstatt für behinderte Menschen möchten, gegen ihren Wunsch einen Werkstattplatz annehmen müssen, und in welchem Verhältnis steht nach Auffassung der Bundesregierung diese Regelung zum Inklusionsverständnis der UN-BRK? Die Vorrangregelung in § 102 SGB IX des BTHG-Entwurfs verfolgt lediglich den Zweck, das Verhältnis der Leistungen untereinander zu klären, wenn mehrere Leistungen für den anspruchsberechtigten Menschen unter Berücksichtigung seines Wunsch- und Wahlrechts und nach den Besonderheiten des Einzelfalls tatsächlich in Betracht kommen. Deshalb folgt aus der Vorschrift auch keine Verpflichtung , in einer Werkstatt für behinderte Menschen zu arbeiten. 23. Wie definiert die Bundesregierung „häusliches Umfeld im Sinne des § 36 SGB XI“, und gehören stationäre Einrichtungen der Behindertenhilfe zum häuslichen Umfeld? Die Begrifflichkeit „im häuslichen Umfeld im Sinne des § 36 des Elften Buches“, wie sie beispielsweise in § 91 Absatz 3 SGB IX des BTHG-Entwurfs verwendet wird, dient der Abgrenzung zwischen den Leistungen der Eingliederungshilfe und den Leistungen der Pflege. Denn durch die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs werden sich künftig insbesondere bei den pflegerischen Betreuungsmaßnahmen im häuslichen Umfeld Schnittstellen zwischen beiden Leistungen ergeben. Vor diesem Hintergrund wird zunächst danach abzugrenzen sein, ob die zu erbringende Leistung dem häuslichen oder dem außerhäuslichen Umfeld des Berechtigten zuzuordnen ist. Ist sie dem häuslichen Umfeld im Sinne des § 36 SGB XI zuzuordnen, gilt für die Leistung grundsätzlich der Vorrang der Pflege und damit der Vorrang der Pflegeversicherung. Außerhalb des häuslichen Umfelds gehen die Leistungen der Eingliederungshilfe den Leistungen der Pflege vor (vgl. § 91 Absatz 3 Satz 2 SGB IX des BTHG-Entwurfs). Leistungen innerhalb des häuslichen Umfelds im Sinne des § 36 SGB XI werden dann erbracht, wenn ein enger räumlicher Bezug zur Wohnung der Pflegebedürftigen bzw. zu dem Haushalt, in dem die Pflegebedürftigen in der Regel gepflegt werden, besteht und die pflegerische Versorgung der Berechtigten im Vordergrund steht. Aufgabe der insoweit zur Verfügung stehenden ambulanten Leistungen ist es, die Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten der Pflegebedürftigen so weit wie möglich zu beseitigen oder zu mindern und eine Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit zu verhindern. Kein derart enger räumlicher Bezug besteht hingegen beispielsweise bei Leistungen, die zur Unterstützung beim Besuch von Kindergarten oder Schule, bei der Ausbildung, Berufstätigkeit oder sonstigen Teilhabe am Arbeitsleben dienen. Aus Sicher der Bundesregierung sind demnach stationäre Einrichtungen der Behindertenhilfe dem häuslichen Umfeld im Sinne des § 36 SGB XI nicht zuzuordnen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9618 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 24. Welche Auswirkungen werden die Regelungen in den §§ 76, 91 und 102 SGB IX (neu) auf Menschen mit schwersten Behinderungen und ihre Angehörigen haben? Der Leistungskatalog zur Sozialen Teilhabe in § 76 SGB IX des BTHG-Entwurfs trägt der zunehmenden Bedeutung der sozialen Teilhabe im Rahmen der personenzentrierten Neuausrichtung der Eingliederungshilfe Rechnung. Mit ihm werden die Möglichkeiten einer individuellen und den persönlichen Wünschen entsprechenden Lebensplanung und -gestaltung gestärkt. Die Regelungen zur Sozialen Teilhabe tragen zu größtmöglicher Transparenz und Rechtssicherheit bei. Die eindeutigen Begriffsdefinition von sozialer Teilhabe und die vorgenommene Abgrenzung der Leistungen der sozialen Teilhabe von den anderen Leistungen dienen der Herstellung von Rechtsklarheit im Interesse der Menschen mit Behinderungen . 25. Welche Auswirkungen werden die §§ 76, 91 und 102 SGB IX (neu) auf Länder , Kommunen und auf die entsprechend zuständigen Träger und Verwaltungen in finanzieller, personeller und struktureller Hinsicht haben, wenn diese Regelungen in die Realität und inhaltlich umgesetzt werden müssen? Schon im geltenden Recht ist eine individuelle Prüfung notwendig, welche Bedarfe im Rahmen der nachrangigen Eingliederungshilfe bestehen und wie diese gedeckt werden können. Zukünftig kommt im Kontext personenzentrierter Leistungsgestaltung und -erbringung der Teilhabe- bzw. Gesamtplanung eine Schlüsselfunktion zu. Sie ist die Grundlage für die Sicherstellung bedarfsdeckender Leistungen. Die Gesamtplanung erfolgt umfassend unter ganzheitlicher Perspektive . Die Bedarfsermittlung- und -feststellung erstreckt sich auf alle Lebenslagen des Menschen mit Behinderungen. In diesem Zusammenhang hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen einer Gesamtbetrachtung alle Arbeitsschritte, die von einem verbesserten Gesamtplanverfahren in der Eingliederungshilfe umfasst sind, wissenschaftlich untersucht. Dabei ging es nicht um die finanzielle Auswirkung einer einzelnen Regelung, sondern um die Ermittlung einer handhabbaren Größenordnung für zu erwartende Mehrkosten bei den Trägern der Eingliederungshilfe, die mit einer im Sinne der Personenzentrierung verbesserten Fallbearbeitung einhergehen würden. Zur Bestimmung der Verwaltungskosten der Fallbearbeitung in der Eingliederungshilfe (6. Kapitel SGB XII) hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) beauftragt, eine Erhebung bei ausgewählten örtlichen und überörtlichen Trägern der Eingliederungshilfe durchzuführen („Verwaltungskosten der Fallbearbeitung in der Eingliederungshilfe nach Kapitel 6 SGB XII“, Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) vom März 2015). Die Erhebung wurde im Zeitraum November 2014 bis Dezember 2014 durchgeführt und in zwei Workshops mit den teilnehmenden Kommunen erörtert. Ziel der Expertise war es, die Verwaltungskosten der Fallbearbeitung in der Eingliederungshilfe so verlässlich abzubilden, dass eine ungefähre Schätzung des damit verbundenen Kostenvolumens möglich ist. Für die Träger der Eingliederungshilfe werden auf dieser Grundlage die zu erwartenden Mehrausgaben einer verbesserten Fallbearbeitung auf rund 50 Mio. Euro geschätzt. Bei der Untersuchung wurde angenommen, dass bei komplexen, insbesondere trägerübergreifenden Bedarfskonstellationen künftig ein Teilhabeplan- bzw. er- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/9618 gänzendes Gesamtplanverfahren mit Konferenzen unter Beteiligung aller beteiligten Leistungsträger vorgesehen wird. In weniger komplexen Fällen wurde hingegen zur Minimierung des Erfüllungsaufwandes angenommen, dass ein reduziertes Verfahren weiterhin ausreichend ist. In den komplexen Leistungsfällen (nach dieser Studie geschätzt 15 bis 20 Prozent aller Leistungsfälle) wird zusätzliches Personal erforderlich sein, das zudem für die intensivere Fallbearbeitung fachlich weitergehend qualifiziert sein sollte. Ausgehend von rund 180 000 neuen Leistungsfällen in der Eingliederungshilfe pro Jahr wären dies bis zu 36 000 komplexe Leistungsfälle im Jahr, zu deren Erledigung 720 (angenommener Personalschlüssel für die Fallbearbeitung 1:50) qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigt werden. Das zusätzliche und entsprechend qualifizierte Personal für die Bearbeitung der erwarteten komplexen Leistungsfälle wird nach Schätzungen dieser Expertise des ISG jährliche Mehrausgaben in Höhe von 40 bis 60 Mio. Euro verursachen (Mittelwert 50 Mio. Euro). Der Wert von 50 Mio. Euro wird im Gesetzentwurf dementsprechend als eine Mehrbelastung der Länder/Gemeinden ausgewiesen. 26. Inwieweit erachtet die Bundesregierung das Wunsch- und Wahlrecht im Sinne der UN-BRK von Menschen mit Behinderungen als berücksichtigt, wie im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD versprochen, wenn im geplanten BTHG in § 104 SGB IX (neu) Kostenvergleiche von Leistungen und Zumutbarkeitsprüfungen vorgesehen sind sowie in § 116 SGB IX (neu) eine gemeinschaftliche Erbringung von Leistungen (das sog. Zwangspooling ) bei Zumutbarkeit ermöglicht wird? Da die Umsetzung der sozialen Rechte der UN-BRK die Gestaltung von Leistungs - und Teilhaberechten betrifft, kommt dem Gesetzgeber hierbei – wie allgemein im Bereich des Leistungsrechts – ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Konkrete Gesetzgebungsaufträge zur Implementierung von Teilhaberechten bzw. eine unmittelbare Geltung der UN-BRK lassen sich daraus nicht herleiten. Artikel 19 der UN-BRK unterliegt im Übrigen als Teilhaberecht – wie andere wirtschaftliche , soziale und kulturelle Rechte der UN-BRK auch – dem Progressionsvorbehalt des Artikels 4 Absatz 2 Satz 2 UN-BRK und damit grundsätzlich einem staatlichen Ressourcenvorbehalt. Daher steht es zur staatlichen Verpflichtung zur Gewährleistung des Wunsch- und Wahlrechts nach Artikel 19 UN-BRK nicht in Widerspruch, wenn der Gesetzgeber hierbei auch Kostengesichtspunkte mit berücksichtigt . 27. Wie definiert die Bundesregierung „das im Sozialrecht bewährte Kriterium der Zumutbarkeit“ (S. 289 und 290, GE BTHG), und wie soll die bundeseinheitliche inhaltliche Umsetzung dieses Kriteriums sichergestellt werden? Das Kriterium der Zumutbarkeit wird in § 104 SGB IX des BTHG-Entwurfs definiert . Maßgeblich sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände des Menschen mit Behinderungen. 28. Mit Einsparungen in welcher Höhe rechnet die Bundesregierung im Zuge der Einführung der gemeinsamen Inanspruchnahme von Teilhabeleistungen, dem sogenannten „Zwangspooling“? Der Gesetzentwurf des BTHG sieht bei der Eingliederungshilfe eine gemeinsame Inanspruchnahme bei den Leistungen zur Teilhabe an Bildung sowie bei den Leistungen zur Sozialen Teilhabe vor. Die gemeinsame Inanspruchnahme von Teil- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9618 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode habeleistungen ist auch heute schon möglich. Durch die gemeinsame Inanspruchnahme von Leistungen sind Einsparungen in geringem, nicht quantifizierbarem Umfang denkbar. Da die gemeinsame Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Regierungsentwurf unter einem gesetzlichen Zumutbarkeitsvorbehalt steht, in dem die persönlichen , familiären und örtlichen Umstände Berücksichtigung finden, macht sich die Bundesregierung den von den Fragestellern verwendeten Begriff des „Zwangs-Poolings“ ausdrücklich nicht zu eigen. 29. In welchem Maße wird aus Sicht der Bundesregierung einem Menschen mit Behinderungen das in Artikel 19 UN-BRK festgeschriebene Recht der freien Wahl der Wohnform und auf Selbstbestimmung garantiert, oder kann ein individuelles Wohnen, wenn ja, wie begründet, aufgrund der §§ 104 und 116 aus Kostengründen versagt werden? Auf die Antwort zu Frage 26 wird verwiesen. 30. Welche Auswirkungen werden die §§ 104 und 116 SGB IX (neu) laut Bundesregierung auf Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen haben ? Die beiden Regelungen sind im Kontext zu sehen. Nach § 104 SGB IX (neu) bestimmen sich die Leistungen nach der Besonderheit des Einzelfalls, angemessene Wünsche des Leistungsberechtigten sind zu berücksichtigen und dabei ist auch die Zumutbarkeit zu prüfen. Dabei ist insbesondere die individuelle Lebenssituation im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zu würdigen. Ein wesentlicher Beitrag , dem besonderen Anliegen der Leistungsberechtigten Rechnung zu tragen, ergibt sich auch durch das neue partizipative Teilhabe- und Gesamtplanverfahren. Dort wird der Leistungsberechtigte an allen Verfahrensschritten beteiligt, es wird mit ihm gemeinsam über seine Wünsche beraten und der Gesamtplan wird gemeinsam mit ihm aufgestellt. 31. Welche Auswirkungen werden die §§ 104 und 116 SGB IX (neu) auf Länder , Kommunen und auf die entsprechend zuständigen Träger und Verwaltungen in finanzieller, personeller und struktureller Hinsicht haben, wenn diese Regelungen in die Realität und inhaltlich umgesetzt werden müssen? Schon im geltenden Recht sind die Besonderheit des Einzelfalls und die Möglichkeiten einer gemeinsamen Inanspruchnahme von Leistungen zu prüfen. Die Regelungen sind künftig bei allen Leistungsträgern im Rahmen des partizipativen Teilhabe- bzw. Gesamtplanverfahrens zu berücksichtigen. Im Übrigen wird zu den finanziellen Auswirkungen auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. 32. Inwieweit steht das Versprechen, welches CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbarten, dass die Leistungen „sich am persönlichen Bedarf orientieren und entsprechend eine[m] bundeseinheitlichen Verfahre[n] personenbezogen ermittelt werden“ sollen, im Einklang mit der im vorliegenden BTHG formulierten Regelung in § 118 Absatz 2 SGB IX (neu), mit der die Landesregierungen ermächtigt werden, „durch Rechtsverordnung das Nähere über das Instrument zur Bedarfsermittlung zu bestimmen“? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/9618 33. Wird mit dieser Ermächtigung der Länder im BTHG das Versprechen nach bundesweit einheitlichen Kriterien und Verfahren zur Bedarfsermittlung erfüllt? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 32 und 33 werden gemeinsam beantwortet. Die Vorschriften des BTHG für das Bedarfsermittlungsverfahren und die Gesamtplanung in der Eingliederungshilfe stehen im Einklang mit der in Frage 32 angeführten Formulierung im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD. Bei der Beantwortung ist allerdings zwischen „Verfahren“ und „Instrumenten“ zu differenzieren . Die Regelungen für das bundeseinheitliche Gesamtplanverfahren sind Gegenstand des § 117 SGB IX des BTHG-Entwurfs. Spezifizierungen für die konkrete Feststellung der Leistungen im Rahmen der Gesamtplankonferenz erfolgen in den §§ 119 ff. SGB IX des BTHG-Entwurfs. Diesbezüglich ist eine weitergehende Verordnungsermächtigung zugunsten der Landesregierungen nicht vorgesehen. Die Regelungen zu den „Instrumenten“ der Bedarfsermittlung beinhaltet § 118 SGB IX des BTHG-Entwurfs. Ein Instrument ist ein konkretes Werkzeug (z. B. Fragebogen, Leitfaden, Checkliste), das auf einer wissenschaftlichen Grundlage beruht. § 118 SGB IX des BTHG-Entwurfs regelt allerdings nicht, mit welchem konkreten Instrument der Träger der Eingliederungshilfe den individuellen Bedarf ermittelt. Die Länder führen die Eingliederungshilfe als eigene Angelegenheiten aus. Vor diesem Hintergrund soll das BTHG lediglich die grundsätzliche Orientierung der Instrumente an der ICF vorgeben. Darüber hinaus werden die Landesregierungen in ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über die konkrete Ausgestaltung der Instrumente zur Bedarfsermittlung bestimmen. 34. Welche Auswirkungen wird § 118 SGB IX (neu) laut der Bundesregierung auf Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen haben? Hinsichtlich der Instrumente der Bedarfsermittlung kommt der Orientierung an der ICF zentrale Bedeutung zu, um einem zeitgemäßen und auf wissenschaftlicher Grundlage fußenden Verständnis von Behinderungen Rechnung zu tragen. Dabei stehen die Wechselwirkungen zwischen dem einzelnen Menschen und seiner Umwelt im Vordergrund, die durch das biopsychosoziale Modell der ICF konkretisiert werden. Das Instrument hat auf dieser Grundlage die Beschreibung einer nicht nur vorübergehenden Beeinträchtigung der Aktivität und Teilhabe in neun Lebensbereichen, die sich an denen der ICF orientieren, vorzusehen. Eine individuelle Bedarfsermittlung auf fachlich anerkannter Grundlage wird somit im Sinne der leistungsberechtigten Menschen mit Behinderungen sichergestellt . Sofern auf Verlangen des Leistungsberechtigten Angehörige als Person des Vertrauens am Gesamtplanverfahren beteiligt werden, können sie auch in die Bedarfsermittlung einbezogen werden. Mit der ICF-Orientierung wird gewährleistet, dass der gesamte Prozess der Bedarfsermittlung einem allgemein anerkannten und transparenten Prinzip folgt, das die Leistungsberechtigten und ihre Vertrauenspersonen im Einzelfall nachvollziehen können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9618 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 35. Welche Auswirkungen wird § 118 SGB IX (neu) auf Länder, Kommunen und auf die entsprechend zuständigen Träger und Verwaltungen in finanzieller , personeller und struktureller Hinsicht haben, wenn diese Regelungen in die Realität und inhaltlich umgesetzt werden müssen? Im Rahmen der Umsetzung des § 118 SGB IX des BTHG-Entwurfs müssen die genannten Stellen prüfen, inwieweit die in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich aktuell zum Einsatz kommenden Instrumente der Bedarfsermittlung die normierten Kriterien bereits erfüllen und ggf. entsprechende Anpassungen auch in personeller Hinsicht vornehmen. Im Übrigen wird zu den finanziellen Auswirkungen auf die Antwort zu Frage 25 verwiesen. 36. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der ablehnenden Haltung gegenüber jeglichen Überlegungen, die Gesetzgebungskompetenz für die Eingliederungshilfe auf die Länder zu übertragen , wie es beispielsweise der Sozialverband Deutschland e. V. (SoVD) in seiner Stellungnahme vom 20. Mai 2016 formuliert? 37. Wie begegnet die Bundesregierung der Forderung des SoVD (Stellungnahme vom 20. Mai 2016), dass es keine „föderale Zersplitterung des Rechts, aber auch von Standards und Maßstäben, die Art und Umfang der Leistungsgewährung in der Eingliederungshilfe betreffen“, geben darf? Die Fragen 36 und 37 werden gemeinsam beantwortet. Mit dem Gesetzentwurf für das BTHG macht der Bundesgesetzgeber von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz im Bereich der öffentlichen Fürsorge nach Artikel 74 Absatz 1 Nummer 7 i. V. mit Artikel 72 Absatz 2 GG Gebrauch, soweit er die Eingliederungshilfe durch Bundesgesetz regelt. Im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung hat der Bund das Gesetzgebungsrecht nur, wenn und soweit dies zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder zur Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich ist. Die vom SoVD kritisierten Länderöffnungsklauseln führen nicht zu einer Rechtszersplitterung, sondern dienen nach Einschätzung der Bundesregierung der bedarfsorientierten und effizienten Aufgabenwahrnehmung. 38. In welcher Weise wird die Bundesregierung die Abschließenden Bemerkungen über den ersten Staatenbericht des UN-Fachausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu Artikel 19 UN-BRK umsetzen, in denen der Ausschuss empfiehlt, a) Schritte zur Novellierung von § 13 Absatz 1 Satz 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch zu unternehmen mit dem Ziel, mit Hilfe umfangreicherer sozialer Assistenzdienste Inklusion, Selbstbestimmung und die Entscheidung , in der Gemeinschaft zu leben, zu ermöglichen; b) ausreichende Finanzmittel verfügbar zu machen, um die Deinstitutionalisierung und selbstbestimmtes Leben zu fördern, einschließlich höherer Finanzmittel für die Bereitstellung ambulanter Dienste in der Gemeinde, die Menschen mit geistigen oder psychosozialen Behinderungen auf der Grundlage der freien und informierten Einwilligung der bzw. des Betroffenen bundesweit die erforderliche Unterstützung gewähren; Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/9618 c) den Zugang zu Programmen und Leistungen zu verbessern, die das Leben in der Gemeinschaft unterstützen und behinderungsbedingte Aufwendungen decken (bitte getrennt beantworten)? Im Rahmen von mehr als 60 Empfehlungen vom 13. Mai 2015 hat der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen gegenüber Deutschland deutlich gemacht, wo er aus seiner Sicht hinsichtlich der Umsetzung der UN- BRK noch Handlungsbedarf sieht. Die Bundesregierung prüft diese Empfehlungen sehr genau. Hierzu zählen auch die Empfehlungen im Zusammenhang mit der Umsetzung von Artikel 19 UN-BRK. Allerdings berühren die Empfehlungen nicht nur den Zuständigkeitsbereich der Bundesregierung, sondern richten sich entsprechend Artikel 4 Absatz 5 UN-BRK an alle föderalen Ebenen. Das heißt, die Bundesregierung kann grundsätzlich auch nur für ihren Zuständigkeitsbereich Aussagen treffen, wie sie sich inhaltlich mit den Empfehlungen auseinandersetzt. Unter anderem hat sich die Bundesregierung bereits im Rahmen der Erarbeitung des Nationalen Aktionsplans 2.0 zur UN-Behindertenrechtskonvention mit den Empfehlungen des UN-Fachausschusses auseinandergesetzt und geprüft, inwieweit die einzelnen Empfehlungen bereits bei der Weiterentwicklung des NAP Berücksichtigung finden können. Sie werden im NAP 2.0 mit mehreren Maßnahmen in verschiedenen Handlungsfeldern aufgegriffen, schwerpunktmäßig im Handlungsfeld „Bauen und Wohnen“. Zu den Maßnahmen zählt beispielsweise die Umsetzung der Empfehlungen der Arbeitsgruppe „Altersgerechter Umbau im Quartier“ im Rahmen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen. Mit dieser Maßnahme werden sowohl die Empfehlung des UN-Fachausschusses aufgegriffen, die Deinstitutionalisierung und selbstbestimmtes Leben zu fördern (siehe Frage 38 b)) als auch die Empfehlung , den Zugang zu Programmen und Leistungen zu verbessern, die das Leben in der Gemeinschaft unterstützen (siehe Frage 38c)). Neben dem Abbau von Barrieren durch altersgerechten Umbau von Wohngebäuden wurden in der Arbeitsgruppe auch Ansätze auf Quartiersebene („Vom Gebäude zum Quartier“) erörtert. Dazu zählen z. B. eine altersgerechte Ausstattung entsprechender Infrastrukturangebote , Anlaufstellen für ältere Menschen sowie Kommunikations- und Begegnungsmöglichkeiten . Erörtert wurde auch, wie Beratungsinfrastrukturen gefördert , Vernetzungsstrukturen im Quartier gestärkt und wie alle wichtigen Akteure für die Anforderungen an eine altersgerechte Wohnraum- und Quartiersentwicklung sensibilisiert werden können. Zu den Themen wurden Handlungsempfehlungen für die verschiedenen föderalen Ebenen erarbeitet. Ziel sollte grundsätzlich sein, dass ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen ein möglichst selbstbestimmtes Leben in ihrer eigenen Wohnung führen können. Die Bundesregierung hat daher am 1. Oktober 2014 die Zuschussförderung im KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“ wieder eingeführt. Private Eigentümer und Mieter konnten – unabhängig von Einkommen und Alter – Zuschüsse beantragen, um Barrieren in Wohngebäuden abzubauen und bauliche Maßnahmen zur Einbruchsicherung vorzunehmen. Seit Einführung des Programms 2009 haben Bund und KfW über 250 000 Wohneinheiten gefördert. Eine weitere Maßnahme des NAP 2.0 sind Städtebauförderungsprogramme wie das Programm „Soziale Stadt“, mit denen der Bund den Ländern Finanzmittel zur Verfügung stellt, damit diese u.a. zur barrierefreien Gestaltung des Wohnumfel- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9618 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode des in den Stadtquartieren eingesetzt werden können. Dies dient auch der Umsetzung der Empfehlung des UN-Fachausschusses, die Deinstitutionalisierung und selbstbestimmtes Leben zu fördern (siehe Frage 38 b)). Als ressortübergreifende Maßnahme wurde im NAP 2.0 ein regelmäßiger Austausch der Bundesressorts zur Gestaltung eines inklusiven Sozialraums verankert. Da diese Gestaltung aber Aufgabe aller staatlichen Ebenen und hier insbesondere auch die kommunale Ebene gefordert ist, sieht der NAP 2.0 als weitere Maßnahme einen regelmäßigen Austausch von Bund und Ländern zur Gestaltung eines inklusiven Sozialraums vor. Bei diesem Austausch soll es vor allem um eine Bestandsaufnahme gehen, wie es auf Landes- bzw. kommunaler Ebene um die Gestaltung inklusiver Sozialräume bestellt ist bzw. welche guten Beispiele – hier gibt es z. B. verschiedene ambulante Wohnformen oder mobile Versorgungsdienste für psychisch beeinträchtigte Menschen auf Landesebene – bereits existieren , die auch bundesweit Schule machen könnten. Das Thema „Inklusiver Sozialraum“ in Anknüpfung an die Empfehlungen des UN-Fachausschusses zu Artikel 19 UN-BRK wird im Übrigen auch Schwerpunkt der diesjährigen „Inklusionstage“ sein, zu denen das Bundesministerium für Arbeit und Soziales am 13./14. Oktober 2016 einlädt. Die Veranstaltung richtet sich an Menschen mit Behinderungen und ihre Verbände, an alle übrigen Organisationen und Verbände der Zivilgesellschaft sowie alle Bundesressorts und an Leistungsträger sowie Leistungserbringer. Auch die Länder und die kommunale Ebene sind eingeladen. 39. Erachtet die Bundesregierung vor diesem Hintergrund die finanziellen Mittel , die für das BTHG bereitgestellt wurden, als ausreichend, oder werden diese Mittel noch ausgeweitet? Im Gesetzentwurf für das BTHG werden in der Allgemeinen Begründung unter der Überschrift „IV. Gesetzesfolgen“ die erwarteten Haushaltsausgaben von Bund und Ländern sowie der Erfüllungsaufwand dargestellt. Die Bundesregierung hält die vorgesehenen Mittel für ausreichend. 40. Erachtet die Bundesregierung vor diesem Hintergrund die auch im geplanten BTHG verankerten Kostenvorbehalte als menschenrechtlich tragbar? Wenn ja, warum? Wenn nein, was soll noch geändert werden? Der Gesetzentwurf für das BTHG enthält keine Kostenvorbehalte. Die gesetzlichen Neuregelungen treten vorbehaltlos in Kraft. 41. Entspricht, nach Einschätzung der Bundesregierung, die immer noch vorgesehene Anrechnung von Einkommen und Vermögen der Menschen mit Behinderungen , die auf Teilhabeleistungen angewiesen sind, einem modernen und menschenrechtlich fundierten Teilhabeverständnis, welches auch der UN-Fachausschuss vertritt? Für das „moderne und menschenrechtlich fundierte Teilhabeverständnis“ sind für die Bundesregierung die nach den international anerkannten Regeln der Artikel 31, 32 und 33 der Wiener Vertragsrechtskonvention (WVK) auszulegenden Normen der UN-BRK maßgeblich. Im Rahmen dieser Auslegung ist auch die Rechtsauffassung des UN-Fachausschusses mit heranzuziehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/9618 Eine Verpflichtung, die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen vollständig bedürftigkeitsunabhängig auszugestalten, kann der UN-BRK nicht entnommen werden. Zwar beinhaltet das Recht auf „angemessenen Lebensstandard “ in Artikel 28 Absatz 1 BRK auch eine „stetige Verbesserung der Lebensbedingungen “. Selbst wenn man hiervon auch wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten des Einzelnen umfasst sieht, die durch die Verpflichtung zum Einkommens - und Vermögenseinsatz bei der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII zumindest faktisch eingeschränkt werden, ist dies durch die Begrenztheit staatlicher Ressourcen gerechtfertigt (Progressionsvorbehalt nach Artikel 4 Absatz 2 UN- BRK) bzw. überschreitet nicht den – im Bereich der Leistungsrechts generell – weit gefassten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Konkrete Gesetzgebungsaufträge zur Implementierung von Teilhaberechten bzw. eine unmittelbare Geltung lassen sich zudem aus Artikel 28 UN-BRK nicht herleiten, und damit auch kein unmittelbarer Anspruch des Einzelnen gegen den Gesetzgeber auf Freilassung von Einkommen und Vermögen. Unbeschadet dessen nimmt die Bundesregierung die aus Artikel 4 Absatz 2 UN-BRK folgende Verpflichtung ernst, „nach und nach die volle Verwirklichung dieser Rechte (hier aus Artikel 28 Absatz 1 UN-BRK) zu erreichen“. Mit dem BTHG erfolgt ein grundlegender Systemwechsel mit einer ausgewogenen Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit insbesondere von erwerbstätigen Menschen mit Behinderungen. So werden die Regelungen über die Anrechnung von Einkommen und die Heranziehung von Vermögen bei der Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe durch das BTHG stufenweise im Sinne der Betroffenen verbessert, was auch zu einer Verbesserung ihrer Lebensbedingungen führt. Diese Neuregelung führt dazu, dass insbesondere diejenigen Menschen mit Behinderungen , die bisher trotz niedriger Einkommen einen Eigenanteil tragen mussten, stärker entlastet werden bzw. keinen eigenen Beitrag mehr zu den Eingliederungshilfeleistungen aufbringen müssen. In einer ersten Stufe, die als Übergangsregelung bereits zum 1. Januar 2017 in Kraft tritt, profitieren Bezieher von Leistungen der Eingliederungshilfe von Verbesserungen bei der Anrechnung von eigenem Erwerbseinkommen und von einem gegenüber dem geltenden Recht deutlich erhöhten Vermögensfreibetrag, mit dem sie eine angemessene Lebensführung und eine angemessene Alterssicherung sicherstellen können. In einer zweiten Stufe, die zum 1. Januar 2020 in Kraft tritt, wird das derzeitige, dem Fürsorgegedanken verpflichtete Anrechnungsverfahren durch ein Eigenbeitragsverfahren ersetzt. Nur oberhalb eines Freibetrages sollen die leistungsberechtigten Menschen mit Behinderungen mit ihrem Einkommen zu den Aufwendungen der Eingliederungshilfe beitragen, soweit Leistungen nicht ohnehin einkommensunabhängig nach § 138 SGB IX des BTHG-Entwurfs gewährt werden. 42. Für welche Maßnahmen wurden und werden die im März 2015 per Kabinettsbeschluss vom BTHG abgekoppelten 5 Milliarden Euro verwendet (bitte einzeln nach Maßnahme und dafür entstandenen Kosten auflisten)? Am 16. Juni 2016 haben sich Bund und Länder für die im Koalitionsvertrag zugesagten fünf Milliarden Euro Entlastung der Kommunen auf einen Transferweg geeinigt: vier Milliarden Euro im Verhältnis 3:2 über den Umsatzsteueranteil der Gemeinden und eine Erhöhung der Bundesbeteiligung an Kosten der Unterkunft Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9618 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode (KdU), eine Milliarde Euro über den Umsatzsteueranteil der Länder. Die Bundesauftragsverwaltung soll durch diese Verteilung nicht ausgelöst werden. Das bedeutet grundsätzlich: Erhöhung des Umsatzsteueranteils der Gemeinden um 2,4 Mrd. Euro Erhöhung der Bundesbeteiligung an den KdU um 1,6 Mrd. Euro Erhöhung des Umsatzsteueranteils der Länder um 1,0 Mrd. Euro. 43. Aus welchem Haushaltsposten des Bundes wurden diese Mittel finanziert? Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass die Kommunen im Rahmen der Verabschiedung des BTHG im Umfang von 5 Mrd. Euro jährlich entlastet werden sollen. Dies hat die Bundesregierung im Finanzplan ab 2018 durch eine Globale Mindereinnahme berücksichtigt. Aufgrund des nunmehr feststehenden Transferwegs kann im Rahmen des Aufstellungsverfahrens zum Bundeshaushalt 2018 eine entsprechende Berücksichtigung im Bundeshaushalt erfolgen (Kapitel 60 01 Titel 015 01 „Umsatzsteuer“, Kapitel 11 01 Titel 632 11 „Beteiligung des Bundes an den Leistungen für Unterkunft und Heizung“). 44. Werden die im Rahmen des Koalitionsbeschlusses vom 1. Juni 2016 zum BTHG aufgeführten 5 Milliarden Euro zusätzlich zu den im März 2015 abgekoppelten 5 Milliarden Euro aufgebracht? Wenn ja, für welche Regelungen im geplanten BTHG sollen diese Mittel verwendet werden – beispielsweise für Leistungsausweitungen –, oder sollen sie lediglich zur Entlastung der Kommunen und damit zur Übernahme von Aufwendungen der Kommunen dienen? Wenn nicht, warum wurden diese Mittel dann im Zusammenhang mit dem BTHG aufgeführt? Bei den im Koalitionsbeschluss vom 1. Juni 2016 zum BTHG genannten 5 Mrd. Euro handelt es sich um die im Koalitionsvertrag zugesagten 5 Mrd. Euro zur Entlastung der Kommunen. Die gesetzgeberische Umsetzung der beschlossenen Entlastung der Kommunen um 5 Mrd. Euro erfolgt nicht im Rahmen des BTHG. 45. Aus welchem Haushaltsposten des Bundes werden diese Gelder finanziert? Zur Beantwortung wird auf die Antwort zu Frage 43 verwiesen. 46. Mit welcher Begründung ist weder eine Erhöhung der Beschäftigungsquote noch der Ausgleichsabgabe im geplanten BTHG vorgesehen, obwohl der Bundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble, im vergangenen Jahr den Vorschlag zur Verdoppelung der Ausgleichsabgabe machte (vgl. DER SPIEGEL, Ausgabe 30 vom 18. Juli 2015)? Das Kabinett hat am 28. Juni 2016 den Gesetzentwurf zum BTHG beschlossen. Dieser umfasst keine Aussage zu einer Erhöhung der Beschäftigungsquote oder Ausgleichsabgabe. Der Vorschlag, die Ausgleichsabgabe zu verdoppeln, wurde im Rahmen der Überlegungen zum Entwurf des BTHG geprüft. Es ist aber offen, inwieweit die Thematik künftig aufgegriffen wird. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Anstrengungen für die berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt weiter zu erhöhen. Dies erfolgt insbesondere im Rahmen der beschäftigungspolitischen Aktivitäten des Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/9618 UN-Behindertenrechtskonvention, wie z. B. durch die verstärkte Sensibilisierung von Betrieben und Unternehmen für das Arbeitskräftepotenzial und die Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen im Rahmen der Inklusionsinitiative für Ausbildung und Beschäftigung. Die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Im Jahr 2014 waren bei den beschäftigungspflichtigen Arbeitgebern rund 1 014 000 schwerbehinderte und diesen gleichgestellte Menschen beschäftigt. Das ist ein Zuwachs um rund 42 Prozent gegenüber dem Jahr 2002, in dem das heutige System der gestaffelten Ausgleichsabgabe eingeführt wurde. Die Beschäftigungsquote ist in diesem Zeitraum von 3,8 Prozent auf 4,7 Prozent gestiegen. Damit ist die gesetzliche Zielquote von 5 Prozent noch nicht erreicht, aber die Tendenz ist positiv. Dies zeigt, dass das gegenwärtige System von Beschäftigungspflicht und gestaffelter Ausgleichsabgabe Wirkung zeigt. 47. Welchen zusätzlichen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung in Hinblick auf Artikel 27 UN-BRK, nach dem alle Menschen mit Behinderungen das gleiche Recht auf Arbeit haben wie Menschen ohne Behinderungen? Mit Artikel 27 UN-BRK anerkennen die Vertragstaaten das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen, durch Arbeit den eigenen Lebensunterhalt in einem offenen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarkt verdienen zu können bzw. das Verbot jeglicher Diskriminierungen aufgrund von Behinderungen in allen Angelegenheiten im Zusammenhang mit Beschäftigung. Das Recht auf Arbeit und Beschäftigung nach Artikel 27 UN-BRK zählt zu den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten im Sinne von Artikel 4 Absatz 2 UN-BRK, auf das der Progressionsvorbehalt und der darin enthaltene „Vorbehalt des Möglichen“ Anwendung finden. Grundsätzlich obliegt es dem Gesetzgeber, zu entscheiden, wie er im Rahmen der verfügbaren Mittel die Verwirklichung des Rechts aus Artikel 27 UN-BRK sicherstellt. Dabei gilt, dass „gleiches Recht“ nicht heißt, dass es ein allgemeines Recht auf Arbeit gibt. Die Bundesregierung hat sich vor dem Hintergrund des Artikels 27 UN-BRK zum Ziel gesetzt, die Anstrengungen für die berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt weiter zu erhöhen und dies im Koalitionsvertrag zur 18. Legislaturperiode verbindlich festgelegt. Wie bereits in ihrem 2011 verabschiedeten und noch bis 2021 laufenden Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (NAP) legt die Bundesregierung auch in ihrem im Juni 2016 beschlossenen NAP 2.0, der auf den ersten NAP aufsetzt, wieder einen besonderen Schwerpunkt auf Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Integration von Menschen mit Behinderungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Zu den vorgeschlagenen Einzelmaßnahmen wird auf den NAP 2.0. der Bundesregierung vom 28. Juni 2016 verwiesen, der unter www.gemeinsam-einfach-machen.de veröffentlicht ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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