Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 13. September 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9652 18. Wahlperiode 16.09.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/9493 – Weiterhin hohe Dispositions- und Überziehungszinsen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Zinssätze für die Überziehung von Konten sind in Deutschland immer noch sehr hoch, was in einer aktuellen Studie der Stiftung Warentest erneut unterstrichen wird (Finanztest, 9/2016, S. 26 ff.). Dispozinssätze, also Zinssätze für die Überziehung des Kontos im erlaubten Rahmen, von aktuell rund 9,5 Prozent im Durchschnitt (FMH Finanzberatung, 2016, https://girokonto. fmh.de/rechner/fmh2/schnellcheck.aspx) stellen eine große Diskrepanz im Verhältnis zum Leitzinssatz der Europäischen Zentralbank dar, der aktuell bei 0,00 Prozent liegt (EZB, 2016, www.ecb.europa.eu/stats/monetary/rates/ html/index.en.html). Bei der Überziehung eines Kontos über den vorgesehenen Rahmen fallen sogar noch höhere Zinssätze an (bei einzelnen Banken mehr als15 Prozent; FMH Finanzberatung, 2016, https://girokonto.fmh.de/ rechner/fmh2/schnellcheck.aspx).Die Unkosten der Banken für die Gewährung eines Kredits können die Bruttomarge der Banken nicht rechtfertigen, zumal sich der Interbankenzinssatz sogar im negativen Bereich befindet (EMMI, 2016, https://girokonto.fmh.de/rechner/fmh2/schnellcheck.aspx). Das Vorgehen der Finanzinstitute stellt somit in einigen Fällen eine ungerechtfertigte Belastung zahlreicher Menschen in Deutschland dar, die sich häufig bereits ohnehin am Rande des Existenzminimums bewegen. Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften wollte die Bundesregierung anstatt einer Deckelung der Zinssätze lediglich die Transparenz für die Ausweisung der Zinssätze erhöhen und die Beratungsmöglichkeiten verbessern. Unter den gegebenen Marktbedingungen wären die Banken jedoch selbst bei höherer Transparenz nicht gezwungen, ihre Dispositions- und Überziehungszinssätze anzupassen , da Personen bei der Eröffnung ihres Kontos in der Regel zuerst auf die laufenden Kosten der Kontoführung achten müssen und nicht auf die Höhe der Dispositions- und Überziehungszinsen (vzbv, 2015, S. 24, www.vzbv.de/ sites/default/files/downloads/Wohnimmobilienkreditrichtlinie-Umsetzung- Stellungnahme-vzbv-2015-02-13.pdf). Hinzu kommt, dass sich die Institute gerade im ländlichen Raum oftmals in einer Monopol- oder Oligopolposition befinden , sodass bei den Zinssätzen ein mangelnder Wettbewerbsdruck vorliegt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9652 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Preisspanne der angebotenen Zinssätze (zwischen 4,23 Prozent und 12,59 Prozent; FMH Finanzberatung, 2016, https://girokonto.fmh.de/rechner/fmh2/ schnellcheck.aspx) offenbart, dass in vielen Fällen keinerlei Orientierung an den realen Kosten stattfindet. Das Vorgehen der Banken ist durchaus lukrativ, da die Verbraucherinnen und Verbraucher laut Bundesbank wegen Kontoüberziehungen über 34 Milliarden Euro Schulden bei den Banken haben und somit ein Prozentpunkt höhere Zinsen 340 Millionen Euro Mehreinnahmen für die Banken bedeuten (Finanztest, 9/2016, S. 27). Wie eine aktuelle Untersuchung des Marktwächters Finanzen der Verbraucherzentralen zeigt, fehlt es aber auch nach wie vor an der von der Bundesregierung angestrebten Transparenz. Bei einer Analyse im November 2015 wurde deutlich , dass die Informationen zu den Bedingungen des Dispozinses schwer zu finden waren und insbesondere Informationen zu Zinsanpassung oder Referenzzinssätzen fehlten. Bei 69 Prozent der 371 untersuchten Kreditinstitute waren zwar Angaben über den Sollzinssatz auf den Internetseiten zu finden. Nur 32 Institute , also weniger als 10 Prozent, hatten aussagekräftige und belastbare Informationen zu den von ihnen angebotenen Dispositionskrediten bereitgestellt. Bei den anderen Instituten waren keinerlei Angaben zum zugrunde liegenden Referenzzinssatz oder zu Anpassungsregeln und -zeitpunkten zu finden. In der aktuellen Untersuchung haben die Verbraucherzentralen nun diese 32 Banken genauer untersucht und festgestellt, dass diese in Sachen Transparenz vorbildlichen Institute sich jedoch nicht alle an die auf ihrer Internetseite dargestellten Zinsanpassungsregeln halten. Dies war bei acht der 32 Institute der Fall. Bei vier Instituten waren die Angaben zu den Anpassungsregeln des Dispozinses mittlerweile nicht mehr zu finden (ZEIT online, 2016, www.zeit.de/news/2016- 07/30/banken-verbraucherschuetzer-intransparenz-und-willkuer-beim-dispo- 30110403). Bei einer Untersuchung der Stiftung Warentest wurde festgestellt, dass 30 Institute sich nicht an die neuen Regelungen halten. Ein Kreditinstitut veröffentlichte den Zinssatz gar nicht und bei 29 Banken war nicht klar erkennbar , wie hoch die Überziehungsgebühren tatsächlich ausfallen (ZEIT ONLINE, 2016, www.zeit.de/wirtschaft/2016-08/dispokredit-zu-hoch-bankenfinanztest ). Beispielsweise orientiert sich in einem Fall der Zinssatz an der Bonität der Kundschaft, was zu einer Spanne von 4,75 bis 12,75 Prozent führt. Wie es zur Einstufung der Zahlungsfähigkeit kommt, bleibt jedoch unklar (Finanztest , 9/2016, S. 28). 1. Wann wird die Bundesregierung das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften in seiner Fassung vom 11. März 2016 bezüglich der Dispositions- und Überziehungszinsen evaluieren? Seit dem 21. März 2016 sind die Kreditinstitute verpflichtet, dem Verbraucher eine Beratung zu möglichen kostengünstigen Alternativen zur Inanspruchnahme einer geduldeten oder eingeräumten Überziehungsmöglichkeit und zu möglichen Konsequenzen einer weiteren Überziehung anzubieten. Im Regierungsentwurf zum Umsetzungsgesetz ist vorgesehen, diese Regelung in fünf Jahren zu evaluieren (Bundestagsdrucksache 18/5922, S. 73). Bereits jetzt steht die Bundesregierung in einem intensiven Dialog mit den Verbraucherorganisationen, der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung und der Deutschen Kreditwirtschaft, um die Einführung der neuen Regelungen zum Dispositionskredit aktiv zu begleiten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9652 2. Liegen der Bundesregierung Kenntnisse darüber vor, wie die im Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vorgesehenen Informationspflichten der Kreditinstitute , auf ihren Internetseiten die Höhe der Zinsen für den Dispokredit anzugeben , umgesetzt werden? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Kenntnisse vor. 3. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über die Umsetzung der im Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vorgeschriebenen Beratungsangebote der Kreditinstitute : a) über die Anzahl der Schreiben der Kreditinstitute, b) über den Anteil der tatsächlich stattgefundenen Beratungsgespräche, c) über den Anteil der tatsächlich stattgefundenen Umschuldungen? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Kenntnisse vor. 4. Inwiefern ist nach Auffassung der Bundesregierung die bei einer Bank für neue Zahlungskonten geltende Regelung, dass bei häufiger bzw. länger anhaltender Beanspruchung des Dispokredites die Bank selbständig eine Umschuldung vornimmt, eine geeignete Lösung? Das Kreditinstitut ist ohnehin verpflichtet, dem Verbraucher eine Beratung zu Umschuldungsmöglichkeiten anzubieten. Es ist dann Sache des Verbrauchers, zu entscheiden, ob er diese Beratung zum Anlass nimmt, mit seiner Bank eine Umschuldung zu vereinbaren. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass Kreditinstitute ohne eine solche vertragliche Vereinbarung mit dem Kunden „selbständig“ umschulden. 5. Warum sind aus Sicht der Bundesregierung trotz der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie die Zinsen für Kontoüberziehungen laut Stiftung Warentest nur minimal unter dem Vorjahreswert? Der Stichtag der Untersuchung durch Stiftung Warentest war der 1. Juli 2016. Die Beobachtung erfolgte damit circa drei Monate nach dem Inkrafttreten der verbesserten Transparenzregeln. 6. Welches Ziel hat sich die Bundesregierung gesetzt, bis wann und auf welche marktentsprechende Höhe (Orientierung an einem Referenzzinssatz) die Dispositions- und Überziehungszinssätze gesenkt werden sollen? Die Bundesregierung setzt keine Preisziele. 7. Liegt nach Einschätzung der Bundesregierung ein „transparenter Wettbewerb “ bereits vor, in dessen Umfeld ein Wert für Dispozinsen „von 10 Prozent und mehr nicht gehalten werden“ kann (Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Ulrich Kelber, 2015, Plenarprotokoll 18/125, S. 12172), wie begründet sie diese Bewertung, beziehungsweise welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? Nein, die Verpflichtung der Banken, die Höhe der Dispozinsen auf ihren Webseiten klar und eindeutig anzugeben, ist erst seit wenigen Monaten in Kraft. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9652 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den jüngsten Ergebnissen des Marktwächters Finanzen der Verbraucherzentralen und der Stiftung Warentest, wonach a) sich einzelne Banken nicht an die eigenen Zinsanpassungsregeln halten, b) eine Bank den Zinssatz gar nicht ausweist, c) die Transparenz bei den Angaben der gerade vormals vorbildlichen Banken bezüglich deren Dispositions- und Überziehungszinsen zum Teil abgenommen hat? Die Datenerhebung bei der angeführten Untersuchung des Marktwächters Finanzen vom November 2015 erfolgte im Zeitraum vom 24. Mai 2015 bis zum 31. August 2015. Zu diesem Zeitpunkt galten die am 21. März 2016 in Kraft getretenen Vorschriften zum Dispo noch nicht. Im Übrigen sind diesbezügliche Rechtsverstöße durch die bestehenden zivilrechtlichen und aufsichtsrechtlichen Instrumentarien zu verfolgen. 9. Inwieweit hält die Bundesregierung Überziehungszinssätze bei mangelnder Transparenz und der Oligopolstellung einzelner Banken im ländlichen Raum von teils mehr als 15 Prozent für gerechtfertigt (bitte begründen)? Die von der Bundesregierung geschaffenen Transparenzregeln gelten auch im ländlichen Raum. Im Übrigen rechtfertigt die Bundesregierung nicht die auf dem Markt angebotenen Zinssätze. 10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass allein durch eine höhere Transparenz und mehr Beratung die Höhe der Dispositions- und Überziehungszinssätze in absehbarer Zeit nicht maßgeblich reduziert werden wird, oder wie begründet sie eine abweichende Einschätzung, und welchen Zeitraum hält sie dafür für realistisch? Die Maßnahmen der Bundesregierung zur Verbesserung der Transparenz und Beratung sind grundsätzlich geeignet, den Wettbewerb der Anbieter zu fördern und die Zinsentwicklung positiv zugunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher zu beeinflussen. 11. Lehnt die Bundesregierung die Deckelung der Dispositions- und Überziehungszinssätze , zum Beispiel in Form eines monatlich anzupassenden Deckels , der sich an einheitlichen Regeln orientiert, welche die volatilen Zinsentwicklungen am Markt widerspiegeln, nach wie vor ab? Ja. 12. Können aus Sicht der Bundesregierung die zusätzlichen Zinsen für die Verbraucherinnen und Verbraucher, die bei einer Überschreitung des Disporahmens anfallen, aufgrund einer höheren Bruttomarge zu Fehlanreizen bei den Banken führen und eine bessere Beratung verhindern? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse dazu vor, ob durch mögliche Fehlanreize etwaige Falschberatung bei geduldeten Überziehungen verursacht worden ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9652 13. Wann wird die im Zahlungskontengesetz vorgesehene Rechtsverordnung zur Konkretisierung der Anforderungen an Vergleichswebsites für Zahlungskonten vorgelegt? Die Rechtsverordnung tritt frühestens neun Monate nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem die Europäische Kommission die für einen EU-weiten Zahlungskontenvergleich erforderliche sogenannte standardisierte Unionsterminologie als Delegierten Rechtsakt erlassen hat (Artikel 9 Absatz 1 Satz 1 des Umsetzungsgesetzes zur Zahlungskontenrichtlinie). Diese Begriffe und Begriffsbestimmungen für die wesentlichen Zahlungskontendienste, die mindestens der Mehrzahl der Mitgliedstaaten gemein sind, werden derzeit von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) erarbeitet und sollen der Europäischen Kommission bis zum 18. September 2016 übermittelt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333