Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 16. September 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9654 18. Wahlperiode 19.09.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Wöllert, Pia Zimmermann, Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache18/9394 – Schutz vor Nadelstichverletzungen in Gesundheitsversorgung und Pflege V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nadelstichverletzungen (NSV) zählen zu den häufigsten Arbeitsunfällen von Beschäftigten im Gesundheitswesen und in der Pflege (www.dgch.de/fileadmin/ media/pdf/servicemeldungen/062_Nadelstichverl_Leitfaden.pdf). Unter diesem Begriff werden gefährliche Verletzungs- und Kontaktarten – das sind Stiche, Schnitte, Sekretspritzer in Auge und Mund sowie infektiöse Kontakte mit Haut und Schleimhaut – in der Gesundheitsversorgung zusammengefasst. In Deutschland geht man allein im stationären Bereich jährlich von mindestens 500 000 Verletzungen aus. Schätzungen besagen, dass sich jeder Beschäftigte im Durchschnitt mindestens alle zwei Jahre sticht oder schneidet (www.nadelstichverletzung.de/nadelstichverletzungen.html). Experten sprechen auch davon, dass bis zu 90 Prozent der tatsächlichen Verletzungsfälle nicht oder nicht ordnungsgemäß gemeldet werden (Wicker, Allwinn et al. „Häufigkeit von Nadelstichverletzungen in einem deutschen Universitätsklinikum ...“, Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie, Februar 2007, Band 57/2, S. 42 bis 49). Der Anteil dieses sogenannten Underreportings sei in Deutschland mit fast 90 Prozent besonders hoch (S. Wicker, in: Deutsches Ärzteblatt, Jg. 104, Ausgabe 45/2007, S. A 3103). Neben der Gesundheitsgefährdung für Patienten, Menschen mit Pflegebedarf und Beschäftigte und den oft chronischen gesundheitlichen Schäden infolge solcher Verletzungen entstehen dem Sozialversicherungssystem hohe, aber vermeidbare finanzielle Belastungen. Am 1. Juni 2010 wurde die Richtlinie 2010/32/EU zur Vermeidung von Verletzungen durch scharfe bzw. spitze Instrumente im Krankenhaus- und Gesundheitssektor verabschiedet. Sie sieht unter anderem vor, dass Beschäftigten im Gesundheitssektor sichere Instrumente zur Verfügung gestellt und sie ausreichend im Umgang mit den Instrumenten geschult werden müssen. In Deutschland wurde diese Richtlinie im Jahr 2013 über eine Novellierung der Biostoffverordnung (BioStoffV) umgesetzt. Umsetzungsinstrument dieser Biostoffverordnung sind seit dem Jahr 2003 die „Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe“ (TRBA). Diese Regeln wurden mehrfach angepasst. Bereits seit August 2007 sind herkömmliche spitze und scharfe Arbeitsgeräte, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9654 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode wenn immer technisch möglich, durch Instrumente mit Sicherheitsvorrichtung zu ersetzen, um Beschäftigte vor Nadelstichverletzungen zu schützen (Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege – TRBA 250, Nummer 4.2.5). Durchschnittlich 50 Prozent der Verletzungen könnten nach der sogenannten Frankfurter Nadelstichstudie durch sichere Instrumente vermieden werden. (S. Wicker, in: Deutsches Ärzteblatt, Jg. 104, Ausgabe 45/2007 S. A 3106). Seit dem Jahr 2008 darf ein Arbeitgeber auch dann nicht mehr auf verletzungssichere Instrumente verzichten, wenn er sichere Arbeitsabläufe festlegt, die das Verletzungsrisiko minimieren. Seit dem Jahr 2014 sind in allen Tätigkeiten, in denen eine Infektionsgefahr besteht oder auch nur angenommen werden kann, sichere Instrumente sowie der Einsatz von geschultem Personal in ausreichender Anzahl vorgeschrieben. Die TRBA 250 gilt auch für stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen. Nach einer Umfrage der Initiative „Safety First!“ im Jahr 2014 hat sich jedoch über die Hälfte (58,9 Prozent) der befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Altenpflege an einem scharfen oder spitzen medizinischen Instrument verletzt, www.nadelstichverletzung.de/media/148/Auswertung_ Umfrage_Nadelstichverletzungen_in_der_Altenpflege.pdf. Fast alle Befragten (94,1 Prozent) kennen die möglichen Folgen einer Nadelstichverletzung. Instrumente mit Sicherheitsmechanismus werden jedoch nur bei weniger als einem Drittel der Befragten tatsächlich eingesetzt. Zwei Drittel der Pflegekräfte können die eingesetzten Arbeitsmittel nicht selbst wählen, da sie in der Regel durch den Hausarzt patientenindividuell verordnet werden. Diese Instrumente, wie z. B. Pen-Nadeln für die Insulininjektion, werden dann in der Häuslichkeit aufbewahrt, aber durch Dritte – die Behandlungs- oder Pflegekräfte – angewandt , weil schwerstkranke oder sehr alte pflegebedürftige Menschen diese selbst nicht handhaben können. Daraus entstehen Gefährdungssituationen, Konflikte zwischen den Anforderungen des Arbeitsschutzrechts und dem Versicherungsrecht sowie entsprechende Abrechnungsprobleme. Einige Krankenkassen wie die BARMER GEK und die AOK Rheinland/Hamburg weigern sich, Sicherheitsinstrumente im Rahmen der Hilfsmittelversorgung nach § 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zu erstatten, wie aus Schreiben des Hessischen Apothekerverbands e. V. und der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen hervorgeht, die den Fragenstellenden vorliegen. Sie begründen dies damit, dass Sicherheitsinstrumente primär dem Arbeitsschutz und nicht der medizinischen Versorgung dienen und diese damit nicht in der Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung liegen. Bei anderen gesetzlichen Krankenkassen wiederum scheint die Erstattung möglich zu sein. Hauptursache für Arbeitsunfälle bleibt die hohe Arbeitsdichte infolge Personalmangels , die Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegerinnen und Pfleger bewältigen müssen. Eine entscheidende Rolle spielt offensichtlich aber auch die Art der Einrichtung, in der die Beschäftigten arbeiten. Während im Krankenhaus die Versorgung mit Sicherheitsprodukten meist selbstverständlich ist, scheint dies in Pflegeheimen und vor allem in der ambulanten Pflege nicht so zu sein (www.nadelstichverletzung.de/besonderheiten_altenpflege.html). Die zunehmende sogenannte Ambulantisierung der Versorgung erfordert jedoch auch im ambulanten Sektor und in allen Pflegeeinrichtungen einen wirksamen Schutz vor vermeidbaren, gefährlichen Verletzungen. 1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl gemeldeter Arbeitsunfälle infolge von Nadelstichverletzungen seit dem Jahr 2007 (wenn möglich bitte nach Krankenhäusern, Arztpraxen, stationären und ambulanten Pflegediensten unterscheiden)? Tabelle 1 gibt eine Übersicht der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) (hochgerechnete Stichprobenstatistik) über die meldepflichtigen Nadelstichverletzungen wieder, die nach der EU-weit geltenden Schlüsselnummer Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9654 06.14 „handgeführte [..] Werkzeuge – für stechende und schneidende ärztliche und chirurgische Arbeiten“ entsprechend der ESAW-Methodik1 erfasst wurden. Eine Aufschlüsselung nach dem Arbeitsumfeld (Krankenhaus, Arztpraxis, stationärer und ambulanter Pflegedienst) ist in dieser Methodik nicht vorgesehen und kann daher nicht ausgewiesen werden. Meldepflichtige Arbeitsunfälle durch stechende u. schneidende ärztliche Werkzeuge [Messer, Klinge, Spritze] Berichtsjahr Fallzahlen 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 3959 3612 1870 1962 1374 1349 1053 1162 Tabelle 1: hochgerechnete Stichprobenstatistik der DGUV von 2007 bis 2014 über meldepflichtige Arbeitsunfälle durch stechende u. schneidende ärztliche Werkzeuge 2. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil von Arbeitsunfällen , bei denen sich Pflegekräfte an bereits benutzten Injektionsnadeln verletzt haben? Statistische Daten zum Anteil der durch benutzte Injektionsnadeln verursachten Nadelstichverletzungen liegen der Bundesregierung nicht vor. 3. Wie viele Beschäftigte waren nach Kenntnis der Bundesregierung wegen derartiger Verletzungen arbeitsunfähig, und wie viele waren länger als sechs Wochen krankgeschrieben? In Tabelle 2 werden die Zahlen der Nadelstichverletzungen dargestellt, die zu einer Arbeitsunfähigkeit geführt haben. Dabei wurden die Fälle berücksichtigt, bei denen aufgrund einer möglichen Infektionsgefährdung eine HIV- oder Hepatitis- Postexpositionsprophylaxe durchgeführt wurde. 1 Europäische Statistik über Arbeitsunfälle (ESAW) nach Verordnung (EG) Nr. 1338/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 zu Gemeinschaftsstatistiken über öffentliche Gesundheit und über Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9654 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Branche 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Humanmedizin Fälle mit AUF 32 42 30 26 37 42 50 39 48 davon AUF > 6 Wo 1 4 2 1 1 4 4 2 2 Zahnmedizin Fälle mit AUF 38 52 44 59 59 58 69 81 80 davon AUF > 6 Wo 1 2 2 2 2 1 Therapeutische Praxen Fälle mit AUF 5 5 5 8 3 4 6 6 7 davon AUF > 6 Wo Kliniken Fälle mit AUF 100 123 109 137 124 116 132 151 145 davon AUF > 6 Wo 3 4 4 6 5 6 5 5 4 Pflege ambulant Fälle mit AUF 10 9 9 17 20 21 23 13 14 davon AUF > 6 Wo 2 1 1 2 1 1 Pflege stationär Fälle mit AUF 21 26 30 31 36 36 51 43 39 davon AUF > 6 Wo 1 1 2 1 2 2 1 übrige Branchen Fälle mit AUF 36 34 24 51 57 64 49 82 58 davon AUF > 6 Wo 2 1 1 2 1 2 1 1 Gesamt Fälle mit AUF 242 291 251 329 336 341 380 415 391 davon AUF > 6 Wo 7 12 9 12 13 13 14 13 9 Tabelle 2: Statistik der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege zu Fällen mit Arbeitsunfähigkeit (AUF) nach Nadelstichverletzungen, bei denen eine HIV- oder Hepatitis -Postexpositionsprophylaxe bei Versicherten durchgeführt wurde 4. Wie viele Beschäftigte und wie viele Patienten bzw. Menschen mit Pflegebedarf haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung infolge solcher Verletzungen mit HIV oder Hepatitis C infiziert? Bezogen auf Infektionen von Patienten bzw. Menschen mit Pflegebedarf durch Nadelstichverletzungen liegen der Bundesregierung keine Daten vor. Die Zahl der durch Nadelstichverletzungen mit HIV oder Hepatitis B oder C infizierten Beschäftigten lässt sich nicht ermitteln. Aus der Statistik der anerkannten Berufskrankheiten-sind allerdings die Fallzahlen ersichtlich, bei denen es durch eine berufliche (versicherte) Tätigkeit zur Infektion mit den genannten Krankheiten gekommen ist (s. Tabelle 3). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9654 Tabelle 3: Anzahl anerkannter Berufskrankheiten (BK-Nr. 3101) gemäß Berufskrankheiten -Dokumentation (BK-DOK) der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) Hinsichtlich der von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege anerkannten, beruflich verursachten Infektionskrankheiten liegen der Bundesregierung die aus Tabelle 4 ersichtlichen Daten vor. BK 3101 Hepatitis B Hepatitis C Anerkannte Berufskrankheiten darunter neue BK Renten Anerkannte Berufskrankheiten darunter neue BK Renten 2010 11 1 45 27 2011 22 3 31 23 2012 14 5 47 29 2013 19 7 26 16 2014 11 4 27 20 Tabelle 4: Statistik der BGW zur Anzahl der anerkannten Berufskrankheiten (BK-Nr. 3101) 5. Wie viele Beschäftigte wurden nach Kenntnis der Bundesregierung infolge derartiger Arbeitsunfälle als berufsunfähig, teilweise erwerbsunfähig oder erwerbsunfähig durch die zuständigen Unfallversicherungen anerkannt? Im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung werden Verletztenrenten gewährt , wenn es auf Grund eines Arbeitsunfalls, Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 Prozent gekommen ist. Die Anzahl der neuen anerkannten Arbeitsunfallrenten durch Nadelstichverletzungen ist in Tabelle 5 wiedergegeben . Berichtsjahr 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Anzahl 3 2 2 1 0 2 2 1 Tabelle 5: Neue Arbeitsunfallrenten nach Verletzungen durch stechende und schneidende ärztliche Werkzeuge (Quelle. Referat -Statistik der DGUV) Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9654 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Wie viele Anträge auf Berufs- und bzw. oder Erwerbsunfähigkeit wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2007 jährlich gestellt, und wie hoch ist die Ablehnungsrate? In der gesetzlichen Unfallversicherung werden Renten nicht auf Antrag, sondern von Amts wegen im Rahmen der Betreuung des Versicherungsfalls gewährt. Daher gibt es auch keine Rentenantrags-Statistik. Bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) werden 30 bis 50 Prozent der angezeigten blutübertragbaren Virusinfektionen als Berufskrankheit anerkannt. Eine konkrete Zuordnung von Anzeigen zu Anerkennungen innerhalb eines definierten Zeitrahmens ist nicht möglich, da die Zahl der Meldungen und die der Entscheidungen im Zeitraum eines Kalenderjahres nicht identisch sind. Einen Überblick über Anzeigen und Anerkennungen von Hepatitis B und C im Rahmen des Berufskrankheitenverfahrens ist Bild 1 zu entnehmen : Bild 1: Grafik der BGW über den Verlauf von Anzeigen und Anerkennungen von Hepatitis B und C als Berufskrankheit (BK 3110)* 7. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2003 die jährlichen Ausgaben der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) für Heilbehandlungen bei durch Blut übertragenen Virusinfektionen (bitte nach Heilbehandlung, beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen und Rentenzahlungen unterscheiden)? Der Bundesregierung liegen Daten über die jährlichen Ausgaben der BGW für Hepatitis C und für HIV vor. Diese sind getrennt nach Heilbehandlung, beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen und Rentenzahlungen in den Tabellen 7 und 8 wiedergegeben. Der starke Anstieg der Kosten für die Hepatitis C in 2015 ist auf die neuen, interferonfreien Therapien der HCV-Infektion zurückzuführen. * Die farbige Darstellung der Abbildung ist auf Bundestagsdrucksache 18/9654 auf der Internetseite des Deutschen Bundestages abrufbar. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/9654 Kostenart/ Titel Buchungsjahr Medizinische Rehabilitation Berufliche Rehabilitation Renten, Abfindungen und Sterbegeld Feststellungskosten Gesamt 2003 3.107.458,42 € 76.397,69 € 5.312.175,88 € 469.005,80 € 8.965.037,79 € 2004 3.810.073,45 € 54.786,22 € 5.229.950,04 € 557.863,70 € 9.652.673,41 € 2005 3.553.085,78 € 75.047,72 € 5.954.796,50 € 483.165,76 € 10.066.095,76 € 2006 3.582.652,74 € 60.162,29 € 5.783.795,23 € 465.713,87 € 9.829.326,13 € 2007 2.988.052,35 € 46.992,07 € 6.187.289,61 € 389.815,49 € 9.612.149,52 € 2008 2.825.520,42 € 42.942,02 € 5.822.117,42 € 384.856,21 € 9.075.436,07 € 2009 3.021.466,20 € 39.321,43 € 6.023.577,00 € 361.848,23 € 9.446.213,56 € 2010 2.887.782,55 € 49.711,42 € 6.136.047,32 € 349.133,08 € 9.421.674,37 € 2011 2.317.146,83 € 11.997,52 € 6.227.916,76 € 283.059,76 € 8.840.120,87 € 2012 4.210.140,75 € 79.932,75 € 6.603.602,34 € 237.346,53 € 11.167.022,37 € 2013 3.173.558,52 € 64.503,10 € 6.339.269,66 € 303.316,76 € 9.880.648,04 € 2014 6.538.447,74 € 11.065,46 € 6.210.614,98 € 251.170,58 € 13.011.298,76 € 2015 14.499.588,23 € 6.429,16 € 6.265.327,72 € 249.488,44 € 21.020.833,55 € Tabelle 7: Jährliche Entschädigungsleistungen der BGW nach Kostenart für Hepatitis C Kostenart/ Titel Buchungsjahr Medizinische Rehabilitation Berufliche Rehabilitation Renten, Abfindungen und Sterbegeld Feststellungskosten Gesamt 2003 275.361,33 € 4.948,24 € 301.596,14 € 3.467,42 € 585.373,13 € 2004 498.826,47 € 22.329,89 € 381.760.00 € 14.968,59 € 917.884,95 € 2005 395.388,92 € 32.875,38 € 416.005.15 € 8.532,40 € 852.801,85 € 2006 365.268,16 € 27.126,13 € 347.922,50 € 7.609,60 € 747.926,39 € 2007 429.954,35 € 24.828,15 € 378.796,58 € 10.898.59 € 843.441,67 € 2008 489.248,58 € 3.380,00 € 392.091,16 € 7.864,70 € 892.584,44 € 2009 585.786,33 € € 3.854,62 € 380.794,47 € 7.206,97 € 977.642,39 € 2010 520.922,01 € 2.937,06 € 378.958,61 € 6.883,19 € 909.700,87 € 2011 408.865,72 € 3.916,08 € 360.206,79 € 9.557,16 € 782,545,75 € 2012 507.655,92 € 4.160,04 € 854.061,92 € 12.406,29 € 1.378.284,17 € 2013 619.810,64 € 4.160,04 € 459.549,56 € 8.523,22 € 1.092.043,46 € 2014 625.283,63 € 5.200,05 € 613.497,80 € 9.117,55 € 1.253.099,03 € 2015 540.894,82 € 4.160,04 € 477.209,96 € 36.170,76 € 1.058.435,58 € Tabelle 8: Jährliche Entschädigungsleistungen der BGW nach Kostenart für HIV/AIDS Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9654 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die durchschnittliche Höhe entstehender Kosten durch eine gemeldete NSV vor? Durchschnittlich verausgabt die BGW pro gemeldeter Nadelstichverletzung 110 Euro. 9. Wie viele Klagen gab es nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2007 im Zusammenhang mit Verletzungen durch Injektionsnadeln oder fehlenden sicheren Instrumenten und daraus folgenden Infektionen? Der Bundesregierung liegen die Zahlen der BGW über Klagen vor, die seit dem Jahr 2010 im Rahmen von Berufskrankheitenverfahren zu blutübertragbaren Viruserkrankungen erhoben wurden. Diese betragen Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Zahl erhobener Klagen 30 17 25 20 16 17 Eine Differenzierung danach, ob Infektionen aufgrund von Verletzungen durch Injektionsnadeln oder aufgrund fehlender Sicherheitsgeräte hervorgerufen wurden , erfolgt nicht, da der Versicherungsschutz auch bei Verwendung konventioneller Instrumente besteht. 10. Aus welchen Gerichtsentscheidungen erwächst nach Auffassung der Bundesregierung Handlungsbedarf, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dieser Rechtsprechung? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 19 verwiesen. 11. In welcher Form werden nach Kenntnis der Bundesregierung Daten zu derartigen Verletzungen erfasst, und welche Maßnahmen hält die Bundesregierung zur Verbesserung der Datenlage für erforderlich? Von den Trägern der Gesetzlichen Unfallversicherung werden alle meldepflichtigen Unfälle erfasst und nach einem standardisierten Verfahren dokumentiert. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung führt für die gewerblichen Berufsgenossenschaften und die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand die sich daraus ergebenden Gemeinschaftsstatistiken. Darüber hinaus führt die BGW Forschungsprojekte zu Nadelstichverletzungen durch, um deren Ursachen genauer zu erfassen. In einer aktuellen Studie werden Unfallanzeigen mit Hinweisen auf Nadelstichverletzungen ausgewertet. Es ist beabsichtigt, nach Vorlage der Ergebnisse zu prüfen, ob der Bedarf für weitere Erhebungen besteht. 12. Welche Handlungserfordernisse zeichnen sich nach Auffassung der Bundesregierung aus den vorliegenden Daten speziell für die ambulante und stationäre Altenpflege ab? Nach Auswertung der in der Antwort zu Frage 11 genannten Studie ist zu prüfen, ob weiterer Handlungsbedarf besteht. Aufgrund der dabei gewonnenen Erkenntnisse ist zu prüfen, ob die Regelungen der Technischen Regel für Biologische Arbeitsstoffe 250 (TRBA 250) für die ambulante und stationäre Altenpflege zu ergänzen sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/9654 13. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zur Prüfpraxis vor, insbesondere über Häufigkeit und Art der Prüfungen zur Umsetzung von Arbeitsschutzvorschriften und der TRBA in der ambulanten Krankenpflege sowie in Pflegeeinrichtungen, und welche potentiellen Verletzungsrisiken wurden jeweils am häufigsten festgestellt? Die Überprüfung der Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften obliegt den Ländern und den Unfallversicherungsträgern. Dabei erfolgen die Prüfungen im Rahmen regelmäßiger bzw. anlassbezogener Besichtigungen oder bei Schwerpunktaktionen . Bei Überprüfungen in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes und der ambulanten Pflege wird immer auch die Umsetzung der TRBA 250 kontrolliert. Die Prävention von Nadelstichverletzungen ist dabei ein zentrales Element. Statistisch auswertbare Daten aus der Vollzugspraxis zur Bewertung potentieller Verletzungsrisiken liegen der Bundesregierung nicht vor. 14. Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung die Verfügbarkeit von Arbeitsschutzmaterialien in Pflegeeinrichtungen geprüft, und welche Erkenntnisse liegen dazu vor, ob den Pflegekräften jederzeit vorschriftsmäßige Materialien zum Arbeitsschutz in ausreichender Menge zur Verfügung stehen? Die Notwendigkeit bzw. die Verfügbarkeit von Sicherheitsgeräten wird auf Basis der Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber festgelegt und bei der Betriebsbesichtigung in den einzelnen Einrichtungen festgestellt. Die tatsächliche Verfügbarkeit lässt sich nur in stationären Einrichtungen prüfen. Bei ambulanten Pflegediensten ist eine Überprüfung nur in deren Diensträumen möglich. Der Bundesregierung liegen keine statistischen Daten zur Verfügbarkeit von Arbeitsschutzmaterialien vor. 15. Stehen nach Kenntnis der Bundesregierung dem medizinischen und pflegerischen Personal in allen Krankenhäusern, stationären Pflegeeinrichtungen und ambulanten Versorgungssituationen bedarfsdeckend Sicherheitskanülen für Injektionen oder zum Anlegen venöser Zugänge zur Verfügung? Nach Kenntnis der Bundesregierung stehen bereits in einem großen Teil der Krankenhäuser und in den Rettungsdiensten Sicherheitsgeräte bedarfsdeckend zur Verfügung und werden regelmäßig eingesetzt. Auch in Arztpraxen erfolgt eine Umstellung auf Sicherheitsgeräte, sie kann jedoch noch nicht als abgeschlossen angesehen werden. Über den Grad der Bereitstellung in der ambulanten Pflege liegen den Vollzugsbehörden keine Daten vor. 16. In welchen Behandlungssituationen müssen für Beschäftigte in der Altenpflege Sicherheitskanülen zwingend zur Verfügung gestellt werden? Wer ist für die Bereitstellung dieser Produkte verantwortlich? Die Pflicht, auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes Sicherheitsgeräte zur Verfügung zu stellen, wird in § 11 Absatz 2 Biostoffverordnung (BioStoffV) geregelt. In welchen Fällen dies immer zutrifft, ist in Nummer 4.2.5 Absatz 4 der TRBA 250 konkret geregelt. Dazu gehören die Behandlung und Versorgung von Patienten, die nachgewiesenermaßen durch Erreger der Risikogruppe 3 (einschließlich 3**) oder höher infiziert sind, die Behandlung fremdgefährdender Patienten, Tätigkeiten im Rettungsdienst und in der Notfallaufnahme sowie Tätigkeiten in Krankenhäusern bzw. Krankenstationen des Justizvollzugs. Sicherheitsgeräte sind auch bei Blutentnahmen, sonstige Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9654 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Punktionen zur Entnahme von Körperflüssigkeiten und beim Legen von Gefäßzugängen zu verwenden. Soweit die Beschaffung der Sicherheitsgeräte dem Arbeitgeber obliegt, ist er für deren Bereitstellung verantwortlich. 17. Gilt nach Auffassung der Bundesregierung die Sicherheitskanüle rechtlich in allen Versorgungsbereichen einheitlich als Hilfsmittel oder als Arbeitsmittel ? Welche Begründung liegt dieser Klassifizierung zugrunde, und in welchen rechtlichen Vorschriften ist diese geregelt? Im Hinblick auf den Arbeitsschutz ist der Begriff des Arbeitsmittels in der Betriebssicherheitsverordnung umfassend definiert. Danach können auch Hilfsmittel im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Arbeitsmittel sein. Als Hilfsmittel im Sinne der GKV kommen Arbeitsmittel jedoch nur in Betracht, wenn sie zur Erfüllung des medizinischen Nutzens erforderlich sind. Ärzte können gemäß § 7 der Hilfsmittelrichtlinie Einzelproduktverordnungen vornehmen, sofern sie den Einsatz eines speziellen Hilfsmittels für den Versicherten für notwendig halten und dies entsprechend begründen. 18. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über unterschiedliche Verfahren zur Erstattung durch Krankenversicherungen vor, wenn Sicherheitskanülen in der Pflege vom Hausarzt als Hilfsmittel verordnet werden (bitte nach privaten Versicherungsunternehmen und gesetzlichen Krankenkassen unterscheiden)? Der Bunderegierung ist bekannt, dass es bei der Kostenerstattung von Sicherheitsgeräten , die vom Hausarzt als Hilfsmittel verordnet wurden, keine einheitliche Vorgehensweise bei den Krankenversicherungen gibt. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse über die Verfahren zur Erstattung der Kosten für Sicherheitskanülen und ähnliche Sicherheitsinstrumente durch gesetzliche Krankenkassen und private Krankenversicherungsunternehmen vor. 19. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Ablehnungen einiger Krankenkassen zur Kostenerstattung mit der Begründung, es handele sich bei Sicherheitskanülen nicht um ein Hilfs-, sondern um ein Arbeitsmittel (vgl. Vorbemerkung)? Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass in den Fällen, in denen der Einsatz medizinischer Instrumente mit integriertem Sicherheitsmechanismus zum Schutz der Beschäftigten in Einrichtungen des Gesundheitswesens erforderlich ist, dieser Schutz auch sichergestellt werden muss. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium für Gesundheit prüfen, ob hierfür Regelungen erforderlich sind, die über die bestehenden Vorschriften hinausgehen. 20. Welche Möglichkeiten haben nach Kenntnis der Bundesregierung Beschäftigte , um sichere Arbeitsbedingungen und entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen auch bei fehlendem Betriebs- oder Personalrat einzufordern? Auch in Betrieben ohne Betriebsrat haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausreichende Möglichkeiten, um sichere Arbeitsbedingungen und entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen einzufordern. So schreibt § 81 Absatz 3 Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich vor, dass in Betrieben, in denen kein Betriebsrat besteht , der Arbeitgeber die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu allen Maß- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/9654 nahmen zu hören hat, die Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben können. Durch dieses allgemeine Anhörungsrecht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird die Transparenz des betrieblichen Arbeitsschutzes auch in Betrieben ohne Betriebsrat gestärkt. Darüber hinaus sind die Beschäftigten nach § 17 Absatz 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) berechtigt, dem Arbeitgeber Vorschläge zu allen Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit zu machen. Nach § 17 Absatz 2 ArbSchG können Beschäftigte auch die zuständige Behörde kontaktieren, wenn konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass die vom Arbeitgeber getroffenen Schutzmaßnahmen für den Gesundheitsschutz und die Sicherheit bei der Arbeit nicht ausreichen und der Arbeitgeber hierauf gerichtete Beschwerden der Beschäftigten nicht abgeholfen hat. Den Beschäftigten dürfen daraus keine Nachteile entstehen. 21. Welche Institutionen können in welcher Weise Verstöße einer Gesundheitsoder Pflegeeinrichtung gegen die Arbeitsschutzrichtlinien und die TRBA sanktionieren? Nach § 25 Absatz 2 ArbSchG in Verbindung mit § 20 Nummer 16 BioStoffV kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, wenn nach § 11 Absatz 2 BioStoffV spitze und scharfe medizinische Instrumente vor Aufnahme der Tätigkeit durch solche zu ersetzen sind, bei denen keine oder eine geringere Gefahr von Stich- und Schnittverletzungen besteht, dies aber nicht oder nicht rechtzeitig erfolgt. Wer vorsätzlich handelt und hierdurch Leben oder Gesundheit eines Beschäftigten gefährdet, handelt nach § 26 Nummer 2 ArbSchG strafbar (§ 21 Absatz 1 BioStoffV). Geahndet werden können die Verstöße durch die nach Landesrecht zuständigen Behörden. 22. Wie viele Einrichtungen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung aufgrund solcher Verstöße seit dem Jahr 2007 tatsächlich sanktioniert (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Eine Ahndung solcher Verstöße ist erst seit der Novellierung der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffverordnung – BioStoffV) im Jahre 2013 möglich. Daten hierzu liegen der Bundesregierung nicht vor, da in den zuständigen Länderbehörden keine gesonderte Erfassung erfolgt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9654 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 23. Welche Projekte, einschließlich Forschungsvorhaben, hat die Bundesregierung aufgelegt oder gefördert, um Regelungslücken zu schließen, die Datenlage zu verbessern und in Kooperation der zuständigen Bundesministerien für Gesundheit sowie Arbeit und Soziales bundeseinheitliche Regelungen umzusetzen? Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat schon im Vorfeld der rechtlichen Regelungen zum Schutz vor Nadelstichverletzungen folgende Studien durchgeführt, deren Ergebnisse bereits in die Rechtsetzung eingeflossen sind: Jahr Durchgeführtes Projekt 2004 Metaanalyse zu Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit präventiver Maßnahmen bei Nadelstichverletzungen von Beschäftigten in Gesundheitsberufen (Gemeinschaftsprojekt mit der DGUV) 2005 bis 2007 Im Rahmen des Modellprogramms zur Bekämpfung arbeitsbedingter Erkrankungen wurde das Vorhaben „STOP – Sicherheit durch Training , Organisation und Produktauswahl“ gefördert, um die modellhafte Entwicklung von Konzepten und Programmen zur Reduzierung von Schnitt- und Nadelstichverletzungen anzustoßen. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333