Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 21. September 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9722 18. Wahlperiode 22.09.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, Susanna Karawanskij, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/9468 – Home Office V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mit der Debatte über „Arbeit 4.0“ und dem Wandel der Arbeitswelt durch eine zunehmende Digitalisierung sowie die Ausweitung der Wissensarbeit und die Forderung nach einer besseren Vereinbarkeit von Arbeit und Familie rückt die Arbeit im Home Office zunehmend in den Fokus. Obwohl viele Beschäftigte zumindest teilweise zuhause arbeiten wollen, arbeiten derzeit nur etwa 12 Prozent aller abhängig Beschäftigten überwiegend oder teilweise im Home Office (Karl Brenke: Home Office: Möglichkeiten werden bei weitem nicht ausgeschöpft , in: DIW-Wochenbericht 5/2016). Sowohl Bundesministerien als auch Unternehmen und Wissenschaftler loten derzeit Möglichkeiten und Potenziale aus, wobei jedoch zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass zentrale Fragen noch nicht befriedigend beantwortet werden konnten. Zusätzlich erschweren unterschiedliche Begrifflichkeiten wie Teleheimarbeit , mobile Telearbeit oder alternierende Telearbeit eine genauere Betrachtung . Während einerseits die Arbeit im Home Office als Möglichkeit angesehen wird, die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern und aktive Familienpolitik zu leisten (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend : Digitalisierung – Chancen und Herausforderungen für die partnerschaftliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf, 2016), legt eine Untersuchung aus Großbritannien nahe, dass Heimarbeit die klassische Rollenverteilung der Geschlechter in der Arbeitswelt und Familie zementiert (Dan Wheatley: Good to be home? Time-use and satisfaction levels among home-based teleworkers, in: New Technology, Work and Employment 3/2012). Bei der Umsetzung der Möglichkeit zur vollständigen oder teilweisen Heimarbeit setzt offenbar zumindest ein Teil der Unternehmen auf die Reduktion der eingerichteten Arbeitsplätze im Betrieb (www.zeit.de/karriere/beruf/2013-09/ home-office-mobiles-arbeiten/seite-) und für die Arbeitswelt der vollständig oder teilweise im Home Office Tätigen stellt sich spätestens nach einem einschlägigen Urteil des Bundessozialgerichts die Frage nach dem Unfallschutz in der heimischen Arbeitsumgebung: Das Gericht erkannte den Unfall einer Heimarbeiterin auf dem Weg vom Schreibtisch zum Wasserhahn in der Küche nicht als Arbeitsunfall an (Aktenzeichen B 2 U 5/15 R). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9722 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Wie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiten nach Kenntnis der Bundesregierung im Home Office (bitte mit Angabe der jeweiligen Bundesländer sowie von Geschlecht, Wirtschaftszweig, Qualifikation, Einkommen, vertraglicher Arbeitszeit, Anzahl der geleisteten Überstunden, Anzahl der jeweiligen Haushaltsmitglieder und eigenen Kindern sowie differenziert nach dem jeweiligen Umfang der Tätigkeit im Home Office: gesamte Arbeitszeit, bis drei Viertel der Arbeitszeit, bis zur Hälfte der Arbeitszeit, weniger häufig, unregelmäßig), und bei wie vielen dieser Arbeitsverhältnisse liegt außerdem eine Vereinbarung zu flexiblen Arbeitszeiten vor? Derzeit liegen nach Erkenntnissen der Bundesregierung Daten nur zu Teilaspekten der Homeoffice-Nutzung in Deutschland vor. Im Jahr 2015 gaben 20 Prozent der Befragten der zweiten Befragungswelle der repräsentativen Beschäftigten- und Betriebsbefragung, des Linked Personnel Panels (LPP), an, dass sie zumindest gelegentlich für ihren Arbeitgeber von zu Hause aus arbeiten. Dieses Ergebnis basiert auf der Studie „Arbeitsqualität und wirtschaftlicher Erfolg“, die in einer Forschungskooperation, bestehend aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), dem Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre (ABWL) und Personalwirtschaftslehre der Universität zu Köln und dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), durchgeführt wurde (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Forschungsbericht 460, Mobiles und entgrenztes Arbeiten und Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Monitor: Mobiles und entgrenztes Arbeiten „Aktuelle Ergebnisse einer Betriebs- und Beschäftigtenbefragung“). Das LPP ist auf Betriebe mit mehr als 50 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten beschränkt und schließt Betriebe der Branchen Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, öffentlicher Dienst sowie mildtätige Organisationen aus. Demnach besitzen die Angaben aus der Befragung auch nur für diesen Teil der deutschen Betriebslandschaft Gültigkeit. Ferner verwendet das LPP eine breite Definition von Tätigkeiten im Homeoffice. Andere Datenquellen können durch unterschiedliche Definitionen in Bezug auf Tätigkeiten im Homeoffice oder „von zu Hause aus arbeiten“ zu anderen Ergebnissen führen (vgl. Karl Brenke, Home Office: Möglichkeiten werden bei Weitem nicht ausgeschöpft, in: DIW-Wochenbericht 5/2016). Basierend auf Daten des LPP arbeiten 31 Prozent der Angestellten zumindest gelegentlich von zu Hause aus. 35 Prozent der angestellten Männer und 24 Prozent der angestellten Frauen arbeiten zumindest gelegentlich im Homeoffice. Unter den Arbeiterinnen und Arbeitern sind lediglich 2 Prozent gelegentlich im Homeoffice tätig. Dies dürfte hauptsächlich auf die Art der ausgeübten Tätigkeit zurückzuführen sein. Die Mehrheit der Beschäftigten (65 Prozent), die das Homeoffice nutzen, arbeiten ausschließlich stundenweise von zu Hause aus. Etwa 20 Prozent der Beschäftigten arbeiten sowohl ganze Tage als auch stundenweise von zu Hause aus, 16 Prozent arbeiten ausschließlich ganze Tage im Homeoffice. Arbeiten im Homeoffice kann in Form von Betriebsvereinbarungen, Tarifverträgen oder individuell vertraglich geregelt sein. Die LPP Befragung hat ergeben, dass bei 16 Prozent derjenigen, die zu Hause arbeiten, dies vertraglich geregelt ist. Angestellte, die gelegentlich von zu Hause aus arbeiten, sind im Durchschnitt 43,5 Stunden pro Woche tätig, und dabei fallen 6,4 Überstunden pro Woche an. Die Mehrarbeit kann sowohl im Homeoffice als auch an der Arbeitsstätte stattfinden . Im Vergleich dazu arbeiten Angestellte, die nie von zu Hause aus arbeiten, 39,4 Stunden pro Woche und machen 3,3 Überstunden pro Woche. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9722 Insgesamt zeigt sich, dass ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Akademikerinnen und Akademiker sowie Beschäftigte in Leitungsfunktion häufiger von zu Hause aus arbeiten. In Ostdeutschland arbeiten weniger Beschäftigte im Homeoffice. Für einzelne Bundesländer liegen der Bundesregierung keine Daten vor. 2. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl der im Home Office tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer seit 2009 entwickelt (bitte jährlich aufgeschlüsselt angeben)? Die erste Befragungswelle des LPP fand im Zeitraum 2012/2013 statt. Die zweite Befragungswelle wurde im Frühjahr 2015 durchgeführt. Zwischen diesen beiden Erhebungen haben sich die Anteile derjenigen, die gelegentlich von zu Hause aus arbeiten, nicht verändert. 3. Wie viele Betriebe haben nach Kenntnis der Bundesregierung bestehende Home-Office-Regelungen wieder abgeschafft und, falls bekannt, warum? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 4. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Ausgleich von Mehrarbeit durch Freizeitausgleich oder Lohn für Home-Office-Beschäftigte im Vergleich zu Beschäftigten ohne Home-Office-Tätigkeit geregelt? Bei Homeoffice-Beschäftigten wird etwaige Mehrarbeit deutlich häufiger gar nicht kompensiert (38 Prozent) als bei Beschäftigten ohne Homeoffice-Tätigkeit (6 Prozent). Beschäftigte, die nicht von zu Hause aus arbeiten, können anfallende Mehrarbeit häufiger durch Freizeitausgleich (53 vs. 39 Prozent), durch Lohnausgleich (20 vs. 6 Prozent) oder durch eine Kombination aus beidem (21 vs. 16 Prozent ) kompensieren. Die einzelnen Werte entstammen nachfolgender Tabelle: Kein Home Office Home Office Freizeitausgleich 53,0 % 39,1 % Lohnausgleich 19,6 % 6,4 % Kombination 21,1 % 16,1 % Keine Kompensation 6,4 % 38,4 % 100,1 % 100,0 % Quelle: Linked Personnel Panel Beschäftigtenbefragung 2015; hochgerechnete Werte.  5. Wie unterscheidet sich nach Kenntnis der Bundesregierung das Lohngefüge Vollzeitbeschäftigter mit Home-Office-Anteilen vom Lohngefüge der Vollzeitbeschäftigten ohne Home Office (bitte differenziert nach Bundesländern sowie nach den Gehaltsgruppen bis 1 050, 1 051 bis 1 500, 1 501 bis 2 000, 2 001 bis 3 000 und über 3 000 Euro monatlich angeben)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9722 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Wie viele Betriebe bieten nach Kenntnis der Bundesregierung Home Office an? Knapp ein Drittel (30 Prozent; Quelle: LPP-Betriebsbefragung 2014) der Betriebe bietet seinen Beschäftigten die Möglichkeit, Homeoffice zu nutzen. In großen Betrieben mit über 500 Beschäftigten bieten über 50 Prozent diese Möglichkeit an. Zwischen der Dienstleistungsbranche und dem verarbeitenden Gewerbe gibt es keine messbaren Unterschiede in Bezug auf die Möglichkeit der Beschäftigten , von zu Hause aus arbeiten zu können. Da der Anteil mit steigender Betriebsgröße zunimmt und die vorliegenden Daten des LPP auf Betriebe mit mindestens 50 Beschäftigten beschränkt sind, dürfte der Durchschnittswert für alle Betriebe in Deutschland – also einschließlich kleiner Betriebe – tatsächlich niedriger ausfallen. Auf die Antwort zu Frage 1 zur Einschränkung der Gültigkeit der vorhandenen Daten wird verwiesen. 7. Seit wann und auf Basis welcher Vereinbarungen (Tarifvertrag und/oder Betriebsvereinbarung ) sind die in Frage 6 erfragten Angebote geregelt? Homeoffice-Nutzung kann durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder eine individuelle vertragliche Vereinbarung geregelt sein. Es kann davon ausgegangen werden, dass erst ab dem Vorhandensein der benötigten technologischen Infrastruktur Homeoffice-Nutzung im breiteren Maße Gebrauch fand. Nach Kenntnis der Bundesregierung stammen die ersten einschlägigen Betriebsvereinbarungen aus den 1990er Jahren. 8. In wie vielen Betrieben, die Home Office anbieten, gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung eine Regelung über eine Rückkehrgarantie an den betrieblichen Arbeitsplatz? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 9. Wie viele Betriebe bieten nach Kenntnis der Bundesregierung für die Home- Office-Tätigkeit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Schulungen an, etwa zur Arbeitsorganisation oder zur Einrichtung des Telearbeitsplatzes, und wie viele Betriebe bieten mit der Steuerung und Anleitung von Mitarbeitern in Home-Office-Tätigkeit betrauten Führungskräften Fortbildung an, etwa zur Organisation, Betreuung und zu rechtlichen Hintergründen für Home-Office-Tätigkeit? Bedarfsgerechte Schulungen sind ein wichtiges Instrument, um die Kompetenzen der Beschäftigten und Führungskräfte im Umgang mit den Anforderungen von Homeoffice-Tätigkeiten zu fördern. Sofern Bedarf besteht, sollten Arbeitgeber entsprechende Angebote bereitstellen. Genaue Daten hierzu liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9722 10. Wie viele Betriebe haben nach Kenntnis der Bundesregierung sowohl Home Office als auch das Prinzip von Shared Desks in ihren Niederlassungen eingeführt , und wie viele Arbeitsplätze sind davon jeweils betroffen? Wie haben sich diese Zahlen seit 2009 entwickelt (bitte mit Angabe der jährlichen Veränderungen)? 11. Wie viele Betriebe haben nach Kenntnis der Bundesregierung, etwa im Rahmen der Einführung von Shared Desks, weniger Arbeitsplätze in ihren Betriebsgebäuden als sie benötigen würden, wenn sie jedem Mitarbeiter einen eigenen Arbeitsplatz zur Verfügung stellten (ohne überwiegend im Außendienst tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter), und wie viele Arbeitsplätze betrifft das? 12. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittlichen Kosten für einen durchschnittlichen Büroarbeitsplatz pro Monat? 13. Wie viele Betriebe stellen nach Kenntnis der Bundesregierung Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen in Home-Office-Tätigkeit Arbeitsmittel zur Verfügung, und wie viele Betriebe leisten ihren in Home Office tätigen Mitarbeitern Aufwandspauschalen oder anderweitige Erstattungen für die betriebliche Nutzung des heimischen Arbeitsplatzes? Die Fragen 10, 11, 12 und 13 werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 14. Wie hoch taxiert die Bundesregierung die steuerlich geltend gemachten Aufwendungen für die Nutzung häuslicher Arbeitszimmer von in Home Office tätigen Arbeitnehmern für das jüngste Jahr, für das entsprechende Zahlen vorliegen? Daten für Arbeitnehmer liegen der Bundesregierung nicht gesondert vor. Nach den Daten der Lohn- und Einkommensteuerstatistik des Statistischen Bundesamtes haben im Veranlagungszeitraum 2012 rund 890.000 unbeschränkt Steuerpflichtige (Erwerbstätige insgesamt) auf der Anlage N der Einkommensteuererklärung Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von rund 925 Mio. Euro geltend gemacht. Gemäß § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) können diese Aufwendungen – begrenzt auf 1.250 Euro – nur zum Abzug gebracht werden, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Stellt das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit dar, ist ein unbegrenzter Abzug der Aufwendungen möglich. 15. Wie viele Betriebe haben nach Kenntnis der Bundesregierung Arbeitszeiterfassungssysteme für Home-Office-Tätigkeiten eingeführt? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 16. Wie viele Betriebe haben nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen von Home-Office-Vereinbarungen die Abnahme der heimischen Arbeitsstätten nach dem Arbeitsschutzgesetz, der Bildschirmarbeitsverordnung und der Arbeitsstättenverordnung geregelt, und wie viele Betriebe haben die heimischen Arbeitsstätten ihrer Home-Office-Beschäftigten tatsächlich abgenommen bzw. durch qualifiziertes Personal abnehmen lassen? Der Bundesregierung liegen insoweit keine Kenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9722 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Empfehlungen der Fokusgruppe „Orts- und zeitflexibles Arbeiten“ des Nationalen IT-Gipfels (www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/ a880-orts-und-zeitflexibles-arbeiten-gestalten.pdf?__blob=publication File&v=1), wonach mittels Gefährdungsbeurteilungen künftig auch Risiken im Rahmen von Home Office zu erfassen sind? Die aktuelle Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) gilt nur in Arbeitsstätten. Nach der Begriffsbestimmung in § 2 der ArbStättV umfasst die Arbeitsstätte alle Arbeitsplätze auf dem Betriebsgelände oder auf Baustellen. Im Privatbereich gilt die ArbStättV derzeit nicht. Die Bundesregierung plant allerdings die eingeschränkte Ausweitung des Geltungsbereiches der ArbStättV auf den Bereich der Telearbeit in Privatbereichen. Es sollen mit einer Änderung der ArbStättV klare Bedingungen für Telearbeit – also die berufliche Tätigkeit an einem vom Arbeitgeber fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz im Privatbereich des Beschäftigten – festgelegt werden (z. B. arbeitsvertragliche Regelung oder betriebliche Vereinbarung über Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen, Ausstattung etc.). So ist im Rahmen der Änderungen auch geplant, dass der Arbeitgeber für Telearbeitsplätze nach der Ausstattung des Bildschirmarbeitsplatzes im Privatbereich durch eine Gefährdungsbeurteilung die Arbeitsbedingungen für den Telearbeitsplatz beurteilen und den Beschäftigten unterweisen muss, soweit der eingerichtete Telearbeitsplatz von dem im Betrieb abweicht; die Eigenart von Telearbeitsplätzen im Privatbereich ist dabei zu berücksichtigen. 18. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus neueren Gerichtsurteilen zur eingeschränkten Gültigkeit der betrieblichen Unfallversicherung bei Arbeit im Home Office (etwa Bundessozialgericht, Aktenzeichen B 2 U 5/15 R)? Sieht die Bundesregierung insbesondere Handlungsbedarf bei der Ausweitung der betrieblichen Unfallversicherung für Home-Office-Tätigkeiten oder die Notwendigkeit einer Verpflichtung zur privaten Unfallversicherung bei Home-Office-Beschäftigten? Wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht? Das Bundessozialgericht hat in dem erwähnten Urteil vom 5. Juli 2016 – B 2 U 5/15 R – entschieden, dass die in Telearbeit arbeitende Klägerin, die in ihrer Wohnung ausrutschte und sich verletzte, keinen Arbeitsunfall erlitten habe. Die Klägerin sei auf dem Weg von der Arbeitsstätte zur Küche und damit in den persönlichen Lebensbereich ausgerutscht. Diesen Weg habe sie nicht zurückgelegt, um ihre versicherte Beschäftigung auszuüben, sondern um sich Wasser zum Trinken zu holen. Damit sei sie einer typischen eigenwirtschaftlichen, nicht einer versicherten Tätigkeit nachgegangen. Aussagen darüber, ob und ggf. welche Schlussfolgerungen aus dem Urteil zu ziehen sind, können derzeit nicht getroffen werden. Über das Urteil liegen bisher lediglich eine Pressemitteilung des Bundessozialgerichts vom 5. Juli 2016 und der Terminbericht vor. Die schriftliche Urteilsbegründung bleibt abzuwarten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/9722 19. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen der Untersuchung „Good to be home?“ (erschienen in New Technology, Work and Employment 3/2012) des britischen Ökonomen Dan Wheatley, denen zufolge Frauen in Heimarbeit die durch den Wegfall des Weges zum betrieblichen Arbeitsplatz gewonnene Zeit signifikant stärker zur Pflege von Angehörigen und zur Arbeit im Haushalt einsetzen als Männer und sieht die Bundesregierung vor diesem Hintergrund die Ausweitung von Home Office als probates Mittel zur Stärkung der Gleichbehandlung der Geschlechter und als Mittel aktiver Familienpolitik? Die Bundesregierung strebt das Leitbild einer partnerschaftlichen Vereinbarkeit von Familie und Beruf an. Um dem Wunsch der Eltern nach mehr Partnerschaftlichkeit nachzukommen, sind eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie mehr Zeitsouveränität für Frauen und Männer wichtige Voraussetzungen. Vor allem das Arbeiten im Homeoffice kann ein geeignetes Instrument darstellen, berufliche und familiäre Belange besser als bisher miteinander zu vereinbaren und dadurch die Gleichbehandlung der Geschlechter zu stärken. Einer aktuellen, vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend herausgegebenen Expertise zufolge erklären 85 Prozent derjenigen Beschäftigten , die bereits heute mit Hilfe von digitalen Hilfsmitteln von zu Hause arbeiten können, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Familie gut gelingt.1 Die Beschäftigen, die solche Möglichkeiten nicht wahrnehmen können, erklären dies dagegen nur zu 33 Prozent. Berufstätige Eltern erzielen durch die Nutzung von Homeoffice-Angeboten eine Zeitersparnis von durchschnittlich 4,4 Stunden in der Woche, die vor allem der Familie und der Betreuung der Kinder zugutekommt . Insbesondere Väter geben zudem zu 40 Prozent an, dass sie die freigewordene Zeit nutzen, um ihre berufstätige Partnerin zu entlasten. Der gleiche Zugang zu Homeoffice-Angeboten für berufstätige Mütter und Väter könnte für eine partnerschaftliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf demnach bedeutend sein. Im Gegensatz zu anderen Mitteln, die ebenfalls eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf bewirken können – etwa die Nutzung von Teilzeitangeboten –, scheint die Nutzung von Homeoffice-Angeboten in der Regel nicht mit Einschnitten beim Einkommen oder Nachteilen für die Karriere verbunden zu sein, sofern gleichzeitig die Präsenzkultur in deutschen Unternehmen abnimmt und flexible Arbeitszeitarrangements nicht zu einer Verfestigung tradierter Rollenmodelle führen. Darüber hinaus können Homeoffice-Angebote insbesondere für Mütter die Möglichkeit eines früheren beziehungsweise umfänglicheren Wiedereinstiegs im Anschluss an die Geburt des Kindes bieten. 20. Wie bewertet die Bundesregierung die regelmäßige Verknüpfung von ortsflexibler mit zeitflexibler Arbeit, bzw. sieht die Bundesregierung es insbesondere als geboten an, Home-Office-Tätigkeit vorzugsweise mit Vereinbarungen zur zeitflexiblen Tätigkeit zu verknüpfen? Falls ja, warum, und falls nein, warum nicht? Die Arbeitsvertragsparteien können Telearbeit oder auch mobile Arbeit vereinbaren . Es bleibt ihnen überlassen, ob sie in diesem Zusammenhang besondere Vereinbarungen zur Gestaltung der Arbeitszeit treffen. Hierbei sind die gesetzlichen Regelungen sowie eventuelle kollektivvertragliche Vorgaben zu beachten. 1 BMFSFJ, Digitalisierung – Chancen und Herausforderungen für die partnerschaftliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf, 2015. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9722 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 21. Sieht die Bundesregierung besondere Risiken für die Rechte von Beschäftigten infolge zunehmender Vereinbarungen zur zeitflexiblen Tätigkeit im Rahmen von Home-Office-Regelungen, insbesondere was Ruhezeiten und Zeiten der Nichterreichbarkeit angeht? Sowohl bei Telearbeit als auch bei mobiler Arbeit gelten die Grundsätze des Arbeits - und Gesundheitsschutzes, insbesondere sind auch die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes zu beachten. Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung ist der Arbeitgeber verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, die die Gesundheit seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schützen. 22. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus aktuellen Überlegungen zu Anpassungen des Arbeitszeitgesetzes (vgl. „Orts- und zeitflexibles Arbeiten gestalten“ (www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF- Publikationen/a880-orts-und-zeitflexibles-arbeiten-gestalten.pdf?__blob= publicationFile&v=1), insbesondere bei den gesetzlichen Ruhezeiten, angesichts der aus arbeitsmedizinischer Sicht damit verbundenen Gefahren für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (vgl. www.bundestag.de/blob/ 437294/fe1921720c18a9dfd26ab58dd7f9b06b/wd-6-086-16-pdf-data.pdf)? Die Gestaltung der Arbeitszeit einschließlich der Ruhezeiten ist ein zentrales Thema des Dialogprozesses Arbeiten 4.0 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Verbände, Institutionen und Unternehmen sind intensiv in diesen Dialogprozess eingebunden. Der Dialogprozesses soll Ende 2016 mit einem Weißbuch Arbeiten 4.0 seinen Abschluss finden. In diesem Dokument sollen sich die gewonnenen Erkenntnisse und Ergebnisse aus dem Dialog wiederfinden und Gestaltungsoptionen erörtert werden. 23. Sind der Bundesregierung betriebliche Praxislabore bekannt, wie sie von der Plattform „Digitale Arbeitswelt“ des Nationalen IT-Gipfels in der Broschüre „Orts- und zeitflexibles Arbeiten gestalten“ (www.bmas.de/SharedDocs/ Downloads/DE/PDF-Publikationen/a880-orts-und-zeitflexibles-arbeitengestalten .pdf?__blob=publicationFile&v=1) vorgeschlagen werden, oder sind der Bundesregierung Vorbereitungen entsprechender Projekte bekannt? Falls ja, wie und von welchen Wissenschaftlern werden diese Projekte begleitet , und wie wird sichergestellt, dass die Projekte nicht vornehmlich interessengeleitet nach betrieblichen Interessen ausgewertet werden? 24. Wie viele dieser Projekte arbeiten nach explorativem, wie viele nach wirkungsbezogenem Ansatz? Die Fragen 23 und 24 werden gemeinsam beantwortet. Eine Empfehlung der Plattform „Digitale Arbeitswelt“ ist, wo es für sinnvoll erachtet wird, betriebliche Praxislabore zur betrieblichen Gestaltung und für Forschungszwecke einzurichten, in deren Rahmen ergebnisoffen neue sozialpartnerschaftliche Gestaltungsansätze entwickelt und konkrete Veränderungen im direkten Betriebsablauf erprobt werden können. Weitergehende Konzepte, Formate und konkrete Fragestellungen solcher Praxislabore sind noch weiterzuentwickeln und auszuformulieren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/9722 25. Sind nach Einschätzung der Bundesregierung für die in Frage 23 genannten betrieblichen Praxislabore mit wissenschaftlicher Begleitung Ausnahmen von Regelungen, wie zum Beispiel dem Arbeitszeitgesetz, dem Arbeitsschutzgesetz , der Arbeitsstättenverordnung und/oder von Öffnungsklauseln von Tarifverträgen und/oder von Betriebsvereinbarungen, erforderlich, und wenn ja, inwieweit? Die Überlegungen zu betrieblichen Praxislaboren wurden in der IT-Gipfel-Arbeitsgruppe „Orts- und zeitflexibles Arbeiten“ der Plattform „Digitale Arbeitswelt “ diskutiert. Betriebliche Praxislabore sind nach Einschätzung der Bundesregierung ein interessanter Ansatz, um vor Ort sachgerechte Lösungen durch die tariflichen und betrieblichen Sozialpartner zu finden. Deshalb arbeitet die Bundesregierung bei den weiteren Überlegungen eng mit den Sozialpartnern zusammen . 26. Welche Projekte zur Erforschung orts- und/oder zeitflexiblen Arbeitens werden derzeit und wurden bislang von der Bundesregierung finanziert oder finanziell unterstützt (bitte das jeweilige Projekt sowie die Höhe und den Zeitraum der finanziellen Unterstützung auflisten)? Welche Unterstützung plant die Bundesregierung für das kommende Haushaltsjahr ? Die Projekte, die auf die Erforschung von orts-/und zeitflexiblen Arbeiten ausgerichtet sind, sind in der nachstehenden Tabelle aufgeführt. Vier Projekte in der Feldphase laufen auch im kommenden Haushaltjahr, drei davon wurden erst in diesem Sommer gestartet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9722 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Name des Projektes Laufzeit Förderung durch Bundesmittel Abgeschlossen Verbundprojekt: Integration und Implementierung von Flexibilitätsstrategien bei Stamm- und Zeitarbeitnehmern (Flex4Work) 01.08.2009 – 30.09.2013 1.192.399,26 € Verbundprojekt: Flexibilität und Verfügbarkeit durch Arbeit auf Abruf (RUF) 01.08.2009 – 31.10.2013 1.227.039,20 € Kurzexpertise „Orts- und zeitflexibles Arbeiten in Betrieben“ 06.07.2015 – 30.09.2015 18.730,60 € Kurzexpertise „Rechtsfragen des Arbeitszeitrechts“ 12.08.2015 – 04.02.2016 22.163,75 € Bericht und Monitor „Mobiles und entgrenztes Arbeiten“ 19.12.2014 – 12.10.2015 46.465,75 € In der Feldphase MASTER – Management ständiger Erreichbarkeit – Neue Wege zum gesunden Umgang mit modernen Informations- und Kommunikationsmedien 01.09.2014 – 31.08.2017 399.000,00 € Verbundprojekt: Lebenszeit 4.0 – Zeitgerechte Region am Beispiel Nordstadt+ (zeitgerecht) 01.07.2016 – 30.06.2019 1.535.395,19 € Verbundprojekt: Präventionsorientierte Gestaltung mobiler Arbeit (prentimo) 01.01.2016 – 30.04.2019 1.757.812,37 € Zeitreich 01.07.2016 – 30.06.2019 929.000,00 € Kurzexpertise „Potenziale unfreiwilliger Teilzeit in Deutschland“ 29.04.2016 – 30.09.2016 27.800,00 € Kurzexpertise „Lage der Arbeitszeit – Ausgangslage und Beschäftigtenwünsche“ 09.06.2016 – 30.09.2016 68.415,00 € Kurzexpertise „Anreize für ausgehandelte betriebliche Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung“ 10.08.2016 – 30.09.2016 22.000,00 € Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333