Deutscher Bundestag Drucksache 18/993 18. Wahlperiode 02.04.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Krischer, Peter Meiwald, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/821 – Quecksilberemissionen aus Kohlekraftwerken Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In der Antwort auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/8776 stellte die Bundesregierung im Jahr 2012 fest: „Ein Vergleich der deutschen Emissionsgrenzwerte gemäß der 13. BImSchV mit den Grenzwerten der Final Rule für US-Kraftwerke ist nicht möglich, weil Letzteren völlig andere Randbedingungen bezüglich Kohlequalität, Heizwert, Bezugszeitraum, unter anderem zugrunde liegen. Auch eine Umrechnung der US-Werte auf deutsche Werte ist deshalb nicht möglich.“ Das ist nach Ansicht der Fragesteller fachlich unzutreffend; eine Umrechnung war und ist ohne Weiteres möglich. Zwischenzeitlich haben die neuen Grenzwerte in den USA für beispielsweise Quecksilber Rechtskraft erhalten und werden umgesetzt (www.epa.gov, 77 FR 9304). Daher kann jetzt ein Vergleich der Situation in den USA und Deutschland auf gesicherter Basis erfolgen. Die Fragesteller vertreten entgegen der Bundesregierung die Auffassung, dass man die Emissionsgrenzwerte in den USA und in Deutschland sehr wohl miteinander vergleichen kann. Dazu eine kurze allgemeinverständliche Erläuterung : In Deutschland wird die emittierte Quecksilbermenge auf das Abgasvolumen bezogen, d. h. die deutschen Emissionsgrenzwerte werden in Mikrogramm je Normkubikmeter an trockenem Abgas angegeben (Abgasvolumen bei festgelegtem Standarddruck von 1 atm, Standardtemperatur von 0° C und einem Sauerstoffgehalt von beispielsweise 6 Vol.-Prozent). So liegt bei Kohlekraftwerken der Tagesmittelwert für Quecksilber bei 30 Mikrogramm und der Jahresmittelwert bei 10 Mikrogramm je Normkubikmeter. In den USA werden tatsächlich andere Einheiten für die Begrenzung der Quecksilberemissionen verwendet. So wird die emittierte Quecksilbermenge nicht auf das Abgasvolumen bezogen, sondern auf den „Energie-Eintrag“ mit der Kohle, beschrieben durch ihren „Brennwert“ (oberer Heizwert). Dieses US-amerikanische GrenzDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 28. März 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. wertkonzept hat den Vorteil, dass die Emissionsbegrenzung unabhängig von der wechselnden Zusammensetzung der Kohlen ist. Sowohl deutsche wie auch US-amerikanische Messgeräte zur Überwachung der Emissionen messen nach Information der Fragesteller zunächst die Quecksilberkonzentration im aktuellen Abgasvolumen. Während man in Deutschland Drucksache 18/993 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode dann von hier aus auf das Abgasvolumen im Normzustand (bei einem vorgegebenen Bezugssauerstoffgehalt) umrechnet, rechnet man in den USA auf die oben genannten energetischen Bezugsgrößen um; für letzteres benötigt man die Kohlezusammensetzung („Elementaranalyse“) und den am Messort vorliegenden Sauerstoffgehalt. Ein US-Grenzwert unterscheidet sich daher von einem deutschen Grenzwert nur durch die Art der Umrechnung; beides sind vergleichbare Rechengrößen, die hier wie dort auf Konzentrationsmessungen im Reingas zurückgehen (in Mikrogramm je Kubikmeter). Daher kann man natürlich den US-Grenzwert mit den bekannten Grundrechenarten auch in Konzentrationswerte des Reingases umrechnen und mit den in Deutschland vorhandenen Grenzwerten vergleichen. Man muss den Brennwert und die Zusammensetzung der verfeuerten Kohlen ermitteln, daraus die Abgasmenge, die bei Verbrennung der Kohle entsteht, und bei der weiteren Umrechnung auch den Sauerstoffgehalt am Messort (Kamin) sowie den Bezugssauerstoffgehalt des deutschen Grenzwerts beachten. So kommt man nach Berechnung der Fragesteller für existierende Kraftwerke bei Verfeuerung hochwertiger Steinkohlen am Ende auf einen US-Grenzwert von 1,4 Mikrogramm je Normkubikmeter (für Braunkohle gibt es einen höheren Grenzwert von 4,1 Mikrogramm je Normkubikmeter) – beides bei 6 Vol.- Prozent Sauerstoff. Der US-Grenzwert ist als Monatsmittelwert festgelegt, der über einen Zeitraum von 30 Tagen fortschreitend ermittelt wird („rolling average“) und nicht überschritten werden darf. Auch hier macht der Vergleich mit Deutschland keine Probleme. Der deutsche Grenzwert von 10 Mikrogramm je Normkubikmeter beispielsweise stellt einen Jahresmittelwert dar. Hätte der Gesetzgeber den deutschen Jahresmittelwert auch als Monatsmittelwert festgelegt, dann läge er oberhalb von 10 Mikrogramm je Normkubikmeter, wenn man vom gleichen Anforderungsniveau ausgeht. Somit ist es möglich, die Grenzwertregime zu vergleichen. Weiterhin sah die Bundesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Bundestagsdrucksache 17/8776) die toxikologische Begründung für die Quecksilber-Emissionsreduzierung in den USA im Wesentlichen darin, dass der Anteil der Risikogruppen (Bevölkerung mit hohem Fischverzehr) in den USA deutlich höher sei (Great Lakes) als in Deutschland. Nach „www.thru.de“ konnten im Jahr 2011 nur zwei Kohlekraftwerke in Deutschland den US-amerikanischen Grenzwert einhalten. Ein Drittel der Kraftwerke lag unter 3 Mikrogramm je Normkubikmeter, die Mehrzahl der Kraftwerke wies Jahresmittelwerte im Bereich von 3 bis 20 Mikrogramm auf, zwei Kraftwerke lagen im Bereich von 20 bis 25 Mikrogramm je Normkubikmeter . Die gesamte Jahresfracht an Quecksilberemissionen in die Luft lag bei 4 950 kg. 1. Ist die Bundesregierung nach wie vor der Meinung, dass die Grenzwerte in den USA mit den deutschen Grenzwerten nicht vergleichbar sind, und wenn ja, wie begründet sie dies konkret? 2. Welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang daraus, dass die zuständigen Fachleute des Umweltbundesamtes im gleichen Jahr der Beantwortung der Kleinen Anfrage auf dem 44. Kraftwerkstechnischen Kolloquium in Dresden Umrechnungsergebnisse des US-Grenzwertes auf die in Deutschland übliche Einheit veröffentlicht haben und zahlenmäßig zu den gleichen Ergebnissen gekommen sind (1,5 bzw. 4,1 Mikrogramm/Normkubikmeter)? Die Fragen 1 und 2 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Vergleichbarkeit emissionsbegrenzender Vorgaben erfordert die Kenntnis der messtechnischen Randbedingungen (insbesondere zulässige oder vor- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/993 geschriebene Messverfahren) sowie die Kenntnis der Konventionen, die der Beurteilung des gemessenen Wertes im Verhältnis zum einzuhaltenden Emissionsgrenzwert zugrunde liegen. Emissionsbegrenzende Vorgaben sind nicht durch bloße Gegenüberstellung der numerischen Werte vergleichbar. 3. Hat die Bundesregierung in der in der Vorbemerkung der Fragesteller zitierten Antwort auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/8776 hinsichtlich der Kohlequalität die Gehalte an Quecksilber, Chlor und Brom, Schwefel sowie den Aschegehalt gemeint? Wenn ja, ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die in den USA verfeuerten Kohlen aus Sicht des Quecksilbergehalts und der Quecksilberabscheidung grundsätzlich verschieden von in Deutschland verfeuerten Importkohlen (wie Importkohlen aus den USA, Kolumbien, Südafrika, Australien, Russland) sind? Nein. Die Aussage zur Kohlequalität bezog sich, wie die Fragesteller in der Vorbemerkung zutreffend ausführen, auf die für das US-amerikanische Grenzwertkonzept erforderliche Kenntnis der Kohlezusammensetzung mit Blick auf die energetischen Bezugsgrößen. 4. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass die Mehrzahl der Importkohlen halogenarm ausfallen und daher Quecksilber(II)- oxid (HgO) als Hauptspezies im Abgas zu erwarten ist, und falls nein, warum nicht? Eine umfassende Übersicht über die Halogengehalte der in deutschen Steinkohlekraftwerken eingesetzten Importsteinkohlen liegt der Bundesregierung nicht vor. Bekannt ist, dass Steinkohlen aus Kolumbien, USA, Russland, Australien und Südafrika im Vergleich zu deutschen Steinkohlen häufig vergleichsweise geringere Halogengehalte aufweisen. Ein zunehmender Ersatz von deutschen Steinkohlen durch solche Importsteinkohlen kann unter der Annahme von ansonsten unveränderten Anlagen- und Betriebsbedingungen zu einem höheren Anteil von HgO im Reingas führen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Quecksilbergehalte von Steinkohlen je nach Herkunft ebenfalls schwanken können; so weisen halogenarme Importsteinkohlen oftmals auch geringere Quecksilbergehalte auf als heimische Steinkohlen . 5. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Grenzwerte für Quecksilber für die existierenden Steinkohlekraftwerke in den USA um rund den Faktor 10 schärfer festgelegt sind, als dies für Deutschland der Fall ist, und falls nein, wie begründet sie dies? Steinkohlekraftwerke in Deutschland dürfen im Tagesmittel eine Quecksilberkonzentration von 0,03 mg/m3 nicht überschreiten; sie unterliegen ab dem Jahr 2019 zusätzlich einem im Jahresmittel einzuhaltenden Grenzwert von 0,01 mg/m3. Die Anforderungen gelten für neue sowie für bestehende Anlagen. In den USA gilt für bestehende Steinkohlekraftwerke ein Quecksilberemissionsgrenzwert von umgerechnet etwa 1,5 µg/m3 (entsprechend 0,0015 mg/m3), der im gleitenden 30-Tage-Mittel nicht überschritten werden darf. Zur Vergleichbarkeit der Grenzwerte wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. Drucksache 18/993 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass aufgrund dieses Grenzwertes in den USA in den vorhandenen Kohlekraftwerken spezielle Abgasreinigungstechnologien für die Quecksilberabscheidung installiert wurden und dass es für Deutschland bei den hier festgelegten Grenzwerten nicht zu einer derartigen Nachrüstung gekommen ist? Ob ein bestehendes Kohlekraftwerk quecksilberspezifische Maßnahmen ergreifen muss, um den geltenden Emissionsgrenzwert sicher einhalten zu können, ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Neben den Eigenschaften der eingesetzten Kohle sind insbesondere die bereits vorhandene Abgasreinigung und ihre Betriebsweise maßgeblich. Wenn zusätzliche, quecksilberspezifische Maßnahmen notwendig sind, werden auch diese individuell entsprechend der vorhandenen Anlagentechnik und den eingesetzten Kohlen ausgewählt, installiert und betrieben. Dies gilt grundsätzlich sowohl für Anlagen in Deutschland als auch für solche in den USA. Die umfängliche und hochwertige Abgasreinigung in deutschen Steinkohlekraftwerken (SCR-Katalysator zur Reduzierung von Stickstoffoxiden , Elektrofilter für die Staubabscheidung und eine meist nass arbeitende Entschwefelungsanlage zur Minderung von Schwefeloxidemissionen) ermöglicht bereits als Nebeneffekt eine nennenswerte Quecksilberabscheidung, so dass diese Anlagen den Quecksilbergrenzwert ohne quecksilberspezifische zusätzliche Maßnahmen einhalten können und Reingas-Betriebswerte weit unterhalb des Grenzwertes aufweisen. 7. Ist der Bundesregierung bekannt, dass bis heute rund 100 Steinkohlekraftwerke in den USA den Grenzwert von 1,4 Mikrogramm je Normkubikmeter im Routinebetrieb problemlos einhalten können (K. Dombrowski, K. Arambasic, N. K. Sirinivasan, International conference on Environmental , Oktober 2013), und wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus für deutsche Steinkohlekraftwerke? Der Bundesregierung ist aus der einschlägigen Fachliteratur bekannt, dass etliche Steinkohlekraftwerke in den USA nachgerüstet worden sind mit dem Ziel der Einhaltung der neuen Anforderungen. Detaillierte Informationen über ihre sichere und dauerhafte Einhaltung auf Ebene der einzelnen Anlage liegen der Bundesregierung nicht vor. 8. Schlussfolgert die Bundesregierung daraus, dass die Quecksilberabscheidung , wie sie in den USA betrieben werden, dem Stand der Technik entsprechen ? In den USA kommen in den Steinkohlekraftwerken unterschiedliche Maßnahmen zur zusätzlichen Quecksilberabscheidung zur Anwendung. Ob diese jeweils als Stand der Technik anzusehen sind, hängt nicht nur von dem Nachweis ab, dass sie sich im alltäglichen Anlagenbetrieb bewähren; neben der bezweckten und erzielten Minderung der Quecksilbergehalte im Reingas ist vielmehr auch zu prüfen, wo und in welcher Form das abgeschiedene Quecksilber verbleibt. So ist eine bloße Verlagerung der Emissionen von der Luft- auf die Wasserseite zu vermeiden; schließlich sollte auch ein verstärkter Eintrag von Quecksilber in Abfälle und Kraftwerksnebenprodukte wie Flugasche oder REAGips vermieden werden. Vor diesem Hintergrund sind z. B. Verfahren, die mit einer Aktivkohleeindüsung in den Abgasstrom vor dem Elektrofilter arbeiten, kritisch zu betrachten, sei es, dass eine Verwertung als Flugasche wegen zu hoher Aktivkohleanteile gefährdet ist, oder sei es, dass im Falle einer weiterhin zulässigen Flugascheverwertung vermehrt Quecksilber in andere Stoffkreisläufe – z. B. in Bauprodukte – eingeschleust wird. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/993 Die Bemühungen der Bundesregierung sind darauf gerichtet, nachhaltige und medienübergreifend wirksame Maßnahmen zur Begrenzung von QuecksilberEinträgen in die Medien (Wasser, Luft, Boden) und die Stoffkreisläufe (Produkte ) zu fördern und zu veranlassen. Dies gilt nicht nur für Kohle, sondern auch für andere Energieträger sowie für Rohstoffe und Produkte, soweit deren Förderung und Einsatz ebenfalls mit der Freisetzung von – bis dato immobilem – Quecksilber verbunden ist. 9. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung , wenn Anwohner von Kohlekraftwerken vor dem Hintergrund der technischen Erfahrungen in den USA die Einhaltung eines Grenzwertes von 1,4 Mikrogramm je Normkubikmeter im Monatsmittel auf dem Klageweg durchsetzen wollen? Der Stand der Technik findet seinen Niederschlag in der Beschreibung des Standes der Technik der Europäischen Merkblätter zu den Besten Verfügbaren Techniken (BVT). Die Anforderungen des aktuellen BVT-Merkblattes Großfeuerungsanlagen aus dem Jahre 2005 wurden in die novellierte Verordnung über Großfeuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen (13. BImSchV) vom 20. Mai 2013 übernommen. Das BVT-Merkblatt Großfeuerungsanlagen wird derzeit revidiert; der Abschluss des Revisionsprozesses ist in der zweiten Jahreshälfte 2014 zu erwarten. In den Revisionsprozess sind nach den europäischen Vorgaben die beteiligten Kreise auch aus der Industrie und Nichtregierungsorganisationen einzubinden. Entsprechend den Vorgaben der Industrieemissionsrichtlinie sind die daraus abgeleiteten BVT-Schlussfolgerungen verpflichtend in mitgliedstaatliches Recht umzusetzen. Auf die Durchsetzung dieser Anforderungen könnten sich Nachbarklagen richten. 10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Übernahme der USGrenzwerte in Deutschland die Quecksilberemissionen aus Kohlekraftwerken um knapp 80 Prozent reduzieren würde, und falls nein, von welchem Wert geht sie aus? Eine Reduzierung um knapp 80 Prozent würde erreicht werden, wenn alle Kohlekraftwerke im Mittel Betriebswerte von 1 µg/m3 erreichen würden. Die in den USA vorgegebenen Grenzwerte für Braunkohle lassen erheblich höhere Betriebswerte zu. Aufgrund der unterschiedlichen Anteile von Braun- und Steinkohle in den USA (Braunkohle nachrangig) und Deutschland (Braun- und Steinkohle etwa ausgeglichen) würde bei einer Übernahme der amerikanischen Vorgaben hier mit einer deutlich geringeren Reduzierung zu rechnen sein. 11. Wie beurteilt die Bundesregierung im Zusammenhang mit ihrer toxikologischen Begründung für die Emissionsreduzierung in den USA (siehe Antwort auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/8776) das Risiko für vergleichbare Risikogruppen in Deutschland mit hohen Fischverzehrsgewohnheiten (regional: Nord- und Ostsee, Bodensee etc., Berufsgruppen , wie Fischer oder Angler, und besondere Ernährungsgewohnheiten , wie Pescetarier)? In der Antwort der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 17/8776 auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema „Quecksilberbelastung für Mensch und Umwelt“ wurde zu Frage 5 auf Seite 4 Folgendes ausgeführt: „Nach den Auswertungen des LExUKon-Projektes (Lebensmittelbedingte Ex- position gegenüber Umweltkontaminanten) des Bundesinstituts für Risiko- Drucksache 18/993 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode bewertung und auf Grundlage der Daten der Nationalen Verzehrsstudie II (NVS II) erreichen Durchschnittsverzehrer von Fisch in Deutschland eine Methyl -Hg- Aufnahme von 0,17 μg/kg KG pro Woche und damit eine Ausschöpfung des PTWI von 11 Prozent. Vielverzehrer nehmen über Fisch 0,55 μg/kg KG pro Woche auf und schöpfen den PTWI zu 34 Prozent aus. Es war festzustellen, dass mit steigendem Alter die Methyl-Hg-Aufnahme aufgrund des zunehmenden Fischverzehrs ansteigt. Die Gesamt-Hg-Aufnahme über alle Lebensmittel beträgt für Durchschnittsverzehrer 0,49 μg/kg KG pro Woche und für Vielverzehrer 0,9 μg/kg KG pro Woche. Damit wird der Beurteilungswert von 2,4 μg/kg KG pro Woche zu 21 Prozent bzw. 37 Prozent ausgeschöpft. Der Beurteilungswert dient zur toxikologischen Einordnung von Gesamt-Hg; er trägt der Bedingung der JECFA-Stellungnahme Rechnung, dass der Anteil von Methyl -Hg am Gesamt-Hg zwei Drittel nicht überschreiten darf.“ Diese Stellungnahme behält aktuell weiterhin ihre Gültigkeit. Ebenso wird die folgende Ausführung zu Frage 5 auf Bundestagsdrucksache 17/8776, S. 5 weiterhin als wissenschaftlich begründet angesehen: „Die aktuelle Gefährdungsabschätzung für Methylquecksilber in den USA fokussiert auf den Fischverzehr von Binnenfischern. Diese Berufsgruppe ist nicht repräsentativ für den Fischkonsum des Durchschnittsamerikaners. Normalerweise wird in den USA von einer täglichen Fischverzehrsmenge von 7 g/Person pro Tag – noch unterhalb der deutschen Norm – ausgegangen. Bei ihrer Risikobewertung haben die US-Wissenschaftler einen täglichen Fischverzehr von Süßwasserfischen von 173 g/Tag und eine Referenzdosis RfD von 0,1 μg/kg Körpergewicht pro Tag zugrunde gelegt. Die Annahme bezüglich der Verzehrsmenge an Süßwasserfisch ist deutlich höher als sie für die Risikobewertung durch europäische Behörden verwendet wird.“ Es liegen keine Verzehrdaten für die in der Frage angesprochenen besonderen Bevölkerungsgruppen vor, die potentielle Hochverzehrer von Fisch sind. 12. Hält die Bundesregierung es daher aus dem im Bundes-Immissionsschutzgesetz normierten Vorsorgeprinzip heraus nicht angezeigt, die Quecksilbergrenzwerte abzusenken, und falls nein, warum nicht? Nein. Auf die Antwort zu Frage 11 wird verwiesen. 13. Hält die Bundesregierung es für erforderlich, für diese Risikogruppen, ähnlich wie dies in Nordamerika erfolgt (M. Bunke, Universität Hamburg, 2007), Empfehlungen zur Begrenzung des Fischverzehrs zu geben, und wie sieht sie in diesem Zusammenhang das besonders hohe Gesundheitsrisiko für ungeborenes Leben sowie Säuglinge und Kleinkinder? Auf der Internetseite des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) sind Verzehrsempfehlungen für Fisch veröffentlicht, die sich auf die möglicherweise hohen Quecksilbergehalte bei bestimmten Fischarten beziehen. Diese Verzehrsempfehlungen betreffen nur die Bevölkerungsgruppen der Schwangeren und Stillenden, weil Föten und Neugeborene als besonders empfindliche Risikogruppen gegenüber der toxischen Wirkung von Methylquecksilber gelten (www.bmub.bund.de/themen/gesundheit-chemikalien/ gesundheit-und-umwelt/lebensmittelsicherheit/verbrauchertipp/ Stand: 19. März 2014). Entsprechend der Antwort zu Frage 11 dieser Kleinen Anfrage hält es die Bundesregierung nicht für notwendig darüber hinaus Verzehrsempfehlungen für Durchschnittsverzehrer oder Vielverzehrer weiterer Bevölkerungsgruppen bezüglich des Fischverzehrs unter singulärer Betrachtung der Quecksilberbe- lastung zu geben. In diesem Zusammenhang wird erneut auf die Antwort zu Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/993 Frage 3 auf Bundestagsdrucksache 17/8776 verwiesen, in welcher auf Seite 3 Folgendes ausgeführt wird: „Zur Beurteilung der Hg-Konzentrationen in Blut und Urin hat die Kommission Human-Biomonitoring (HBM) sogenannte HBM-Werte abgeleitet. Anhand dieser Werte ist für Deutschland festzustellen, dass Hg-Konzentrationen im Blut und im Urin, bei denen eine gesundheitliche Beeinträchtigung nicht ausreichend sicher ausgeschlossen werden kann, bei weniger als 1 Prozent der Bevölkerung beobachtet wurde.“ Eine Betrachtung des Fischkonsums unter dem alleinigen Aspekt einer Quecksilberbelastung ist nicht sachgerecht. Dementsprechend wird auf die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) Bezug genommen, die bei Fisch auch ausdrücklich auf die wertvollen Nährstoffe Jod, Selen und Omega-3-Fettsäuren in Seefisch verweist (siehe auch unter www.dge.de, „Vollwertig essen und trinken nach den 10 Regeln der DGE“). Eine umfangreichere Darstellung des Max Rubner-Institutes zum Fischverzehr findet sich unter: www.mri.bund.de//fileadmin/Veroeffentlichungen/Verbraucherinformationen/ Fisch-Ernaehrung_2011.pdf. 14. Sieht die Bundesregierung hier auch eine Mitverantwortung Deutschlands als Kohleland für die Emissionssituation in Skandinavien oder im Mittelmeerraum , und falls nein, warum nicht? Die Bundesregierung ist sich der Mitverantwortung Deutschlands bewusst. Es gehört zu den wenigen Ländern in Europa, die Quecksilbergrenzwerte für Kohlekraftwerke eingeführt haben. EU-weit geltende Grenzwerte konnten bislang nicht durchgesetzt werden. 15. Kann die Bundesregierung ihre Ankündigung (vgl. Antwort zu Frage 1 der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/276) einhalten, die Emissionsdaten aus dem Jahr 2012 des Emissionskatasters „www.thru.de“ am 31. März 2014 online zu stellen, und falls nein, wann ist mit einer Veröffentlichung zu rechnen? Ja. 16. In welchem Umfang hat sich die Emissionsfracht in den Jahren 2012 und 2013 in Deutschland durch die zunehmende Erzeugung von Kohlestrom, insbesondere Strom aus Braunkohlekraftwerken, erhöht? Weder das PRTR-Protokoll noch die E-PRTR-VO fordern Angaben zum eingesetzten Brennstoff. Eine Aufschlüsselung nach Brennstoffen (hier Braunbzw . Steinkohle) ist somit nicht möglich. Ausgewertet werden die Gesamtemissionen für den jeweiligen Schadstoff auf Ebene der Betriebseinrichtung. Darüber hinaus liegen Daten für die Jahre 2012 und 2013 der Bundesregierung nicht vor. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass für die Entwicklung des Quecksilberemissionsmassenstroms aus Kohlekraftwerken die Entwicklung der Erzeugung von Kohlestrom nicht die maßgebliche Rolle spielt. Im Übrigen war die zusätzliche Erzeugung von Strom aus Braunkohle im Jahr 2013 im Vergleich zum Jahr 2012 mit einem Rückgang des dafür notwendigen Braunkohleeinsatzes verbunden. Der Emissionstrend wird vielmehr maßgeblich durch die eingesetzten Kohlen, den vorhandenen Kraftwerkspark und durch den Einsatz und die Fortentwicklung von emissionsmindernden Maßnahmen in den Anlagen be- stimmt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333