Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 10. Oktober 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9943 18. Wahlperiode 12.10.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Annalena Baerbock, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/9770 – Position der Bundesregierung zur Weiterentwicklung des Europäischen Emissionshandels nach 2020 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Bereits im Juli 2015 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Weiterentwicklung des europäischen Emissionshandels für die Zeit nach 2020 vorgelegt, mit dem der Emissionshandelssektor seinen Beitrag zur Erreichung des europäischen Klimaziels von einer Reduktion der Treibhausgasemissionen von mindestens minus 40 Prozent bis 2030 leisten soll. Nach den Vorschlägen der Europäischen Kommission soll dafür z. B. die Gesamtzahl der auf dem Markt erhältlichen Zertifikate jährlich um 2,2 Prozent statt der bisherigen 1,74 Prozent reduziert werden und 710 Millionen Zertifikate in zwei Innovations - und Modernisierungsfonds fließen. Insgesamt sollen weiterhin rund 6,3 Milliarden Zertifikate kostenlos (entsprechend 43 Prozent der Gesamtmenge ) an 50 Industriesektoren verteilt werden. Seit Oktober 2015 werden Vorschläge u. a. im EU-Ministerrat diskutiert. In der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Erneuter Preisverfall von Emissionshandelszertifikaten “ vom März 2016 (Bundestagsdrucksache 18/7938) hatte die Bundesregierung u. a. darauf verwiesen, zu verschiedenen Fragen noch in der Abstimmung zu sein bzw. Analysen vorzunehmen oder auszuwerten. 1. Stützt die Bundesregierung den Ansatz der Europäischen Kommission hinsichtlich der Weiterentwicklung des europäischen Emissionshandels für die Zeit nach 2020, wenn nein, warum nicht? 2. Wo sieht die Bundesregierung den maßgeblichen Änderungsbedarf am Kommissionsvorschlag, und wofür setzt sie sich warum ein? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs wie folgt gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung prüft derzeit die Details des Vorschlags der Kommission zur Überarbeitung des EU-Emissionshandels für die Zeit nach 2020 und bereitet eine Stellungnahme vor. Maßstab sind hierfür die Beschlüsse des Europäischen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9943 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Rates vom Oktober des Jahres 2014, u. a. auch im Hinblick auf die Anreizwirkung und die Vermeidung von Carbon Leakage, die vollumfänglich umgesetzt werden müssen. 3. Mit welchen Einnahmen für den Bundeshaushalt aus den Versteigerungserlösen von Emissionszertifikaten in der Zeit nach 2020 rechnet die Bundesregierung auf der Basis der Kommissionsvorschläge? Die Bundesregierung als Markteilnehmer gibt keine eigenen Bewertungen zum Handelsgeschehen am Zertifikatemarkt ab. Der Preis für Emissionszertifikate hängt von der Ausgestaltung des Kommissionsvorschlags ab. 4. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Einnahmen aus den Auktionserlösen von Emissionszertifikaten von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ab 2020 verpflichtend für Klimaschutz ausgegeben werden müssen, wenn nein, warum nicht? Die Europäische Kommission schlägt vor, die bisherige Verwendungsregel mit unterschiedlichen Optionen zu Mittelverwendung zu erweitern. Die Bundesregierung lehnt eine verbindliche Verpflichtung ab, da dies eine Vorfestlegung des Haushaltgesetzgebers darstellt. Die Bundesregierung weist jedoch darauf hin, dass gegenwärtig in Deutschland die Einnahmen aus der Versteigerung von Zertifikaten in den Energie- und Klimafonds (EKF) fließen, der Energie- und Klimavorhaben zugutekommt. 5. Setzt sich die Bundesregierung in Brüssel dafür ein, die anstehende Weiterentwicklung des europäischen Emissionshandels insbesondere für strukturelle Reformen und eine stärkere Verknappung von Zertifikaten über die bereits beschlossene Marktstabilitätsreserve hinaus einzusetzen, um im Emissionshandel wieder stärkere Preisanreize für Investitionen in emissionsarme Technologien zu erhalten, nachdem der Preis für Emissionszertifikate auf dem Spotmarkt auf zuletzt sogar knapp 4 Euro abgesunken war, wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung hat sich aktiv für die Einführung einer Marktstabilitätsreserve und die Überführung von Backloading- und Restmengen in die Reserve eingesetzt, um die Überschüsse zu reduzieren und im Emissionshandel wieder stärkere Preisanreize für Investitionen in emissionsarme Technologien zu erhalten . Die Reform wird ab dem Jahr 2019 wirksam. Die Bundesregierung setzt sich auch bei der Überarbeitung des europäischen Emissionshandelssystems für die vierte Handelsperiode nach dem Jahr 2020 dafür ein, dass die Reform fortgeführt und umgesetzt wird und dabei die Einführung einer Marktstabilitätsreserve nicht schwächt. 6. Wie ist der derzeitige Stand hinsichtlich der Verfolgung und Prüfung der Diskussionen und Vorschläge zur Einführung eines europäischen CO2-Mindestpreises durch die Bundesregierung (siehe Antwort auf Bundestagsdrucksache 18/7938), und zu welchem Schluss ist sie diesbezüglich bislang gelangt ? Diskussionen und Vorschläge zu einem Mindestpreis auf europäischer Ebene werden seitens der Bundesregierung verfolgt und geprüft. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9943 7. Wird sich die Bundesregierung u. a. aus Gründen der klimapolitischen Verlässlichkeit und Rechtssicherheit über das Jahr 2030 hinaus dafür einsetzen, dass heute schon die jährlichen Emissionsobergrenzen (CAPs) bis 2050 fortschrieben werden sollten, die sich an dem Beschluss der Klimakonferenz von Paris orientieren, wonach in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts die Treibhausgasemissionen netto null sein sollen, wenn nein, warum nicht, und was ist das Ergebnis der Bundesregierung hinsichtlich ihrer bisherigen Prüfung im Hinblick auf die Konsequenzen aus dem Übereinkommen von Paris (siehe Antwort auf Bundestagsdrucksache 18/7938)? Die EU hat für 2050 bereits ein THG-Minderungsziel beschlossen (Minderung der Treibhausgasemissionen um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 kosteneffizient als Gruppe der Industrienationen). Im Oktober 2014 wurde das Minderungsziel für 2030 beschlossen und wird nun in Rechtsakte umgesetzt; die Festlegung eines Zwischenziels für 2040 und eines entsprechenden Klima- und Energierahmens stehen auf europäischer Ebene gegenwärtig nicht an. Die Auswirkungen des Paris-Abkommens in langfristiger Sicht werden von der EU im Übrigen zurzeit geprüft und die Kommission hat angekündigt, hierzu in 2018 einen Bericht vorzulegen . 8. Mit welcher Begründung sollen aus Sicht der Bundesregierung weiterhin emissionshandelsbedingte Strompreissteigerungen kompensiert werden, auch wenn für ihre Gewährung selbst der absolute Preis für Strom nicht maßgeblich ist und er auch nicht Grundlage der Kompensation ist, wenn doch die Börsenstrompreise insgesamt z. B. durch den Ausbau der erneuerbaren Energien sinken? 9. Erachtet die Bundesregierung die Möglichkeit zur Kompensation von emissionshandelsseitig gestiegenen Strompreisen insbesondere in Deutschland weiterhin als notwendig, angesichts der Tatsache, dass vor allem durch den Ausbau der erneuerbaren Energien die Börsenstrompreise in der Vergangenheit in Deutschland spürbar gesunken sind, wenn ja, warum? Die Fragen 8 und 9 werden aufgrund des Sachzusammenhangs wie folgt gemeinsam beantwortet. Der Emissionshandel verteuert die Stromerzeugung in emissionsstarken Kraftwerken im Vergleich zu emissionsschwachen Kraftwerken. Dies ist gewünscht, um eine Umstellung der Stromerzeugung auf emissionsärmere Kraftwerke zu bewirken . Solange es fossile Stromerzeugung gibt, wird es daher eine durch den Emissionshandel bedingte Kostenerhöhung bei den Strompreisen geben. Diese Kosten haben Wettbewerber in Drittstaaten ohne vergleichbare Anforderungen nicht zu tragen, so dass in den betroffenen Sektor die Gefahr der Produktionsverlagerung besteht (Carbon Leakage). Grundlage für die Kompensation sind ausschließlich Mehrkosten durch den Emissionshandel unabhängig von der Höhe des Strompreises. 10. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Möglichkeit zur Kompensation von emissionshandelsbedingten Strompreissteigerungen auf europäischer Ebene zukünftig eingeschränkt oder gestrichen wird, wenn nein, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 1 und 2 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9943 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 11. Wie beurteilt die Bundesregierung im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des europäischen Emissionshandels die Gefahr einer zukünftigen Produktionsverlagerung ins außereuropäische Ausland, nachdem inzwischen China am Aufbau eines eigenen landesweiten Emissionshandelssystems arbeitet, das ab 2017 in Kraft gesetzt werden soll und dessen Ausgestaltung sich immer stärker konkretisiert? 12. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung angesichts dieser aktuellen Entwicklung in China in Bezug auf a) die gegenwärtig weitgehend freie Zuteilung von Emissionszertifikaten an die Industrie, b) die gegenwärtigen Regelungen zur Vermeidung von emissionshandelsbedingten Produktionsverlagerungen ins außereuropäische Ausland, c) den aktuellen europäischen Zertifikatepreis von nur knapp 4 Euro, und wie schlägt sich dies in der aktuellen Verhandlungsposition in Brüssel nieder? Die Fragen 11 und 12 werden aufgrund des Sachzusammenhangs wie folgt gemeinsam beantwortet. Das Pariser Abkommen führt nicht ohne Weiteres dazu, dass international gesehen die gleichen Klimaschutzanstrengungen bestehen. Die national festgelegten Klimaschutzbeiträge („Nationally determined contributions“) unter dem Paris- Abkommen zeigen bislang deutliche Unterschiede in den Ambitionsniveaus. Das Emissionshandelssystem in China ist noch nicht in Kraft und sieht ebenfalls Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon Leakage vor. Die Bundesregierung tritt allerdings dafür ein, dass in der EU eine regelmäßige Überprüfung des Carbon- Leakage-Risikos stattfindet. 13. Von welchen anderen Regionen der Welt, abgesehen von China, geht nach Ansicht der Bundesregierung eine relevante Carbon-Leakage-Gefahr aus, und warum? Die Carbon-Leakage-Gefahr lässt sich nicht regional eingrenzen, sondern bezieht sich auf die Handelsbeziehungen der innerhalb der EU hergestellten Produkte und dem EU-Ausland. 14. Welche konkreten Positionen vertritt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang zur Reform des Emissionshandels bezüglich neuer Carbon- Leakage-Kriterien in Brüssel? Auf die Antwort zu Frage 1 und 2 wird verwiesen. 15. Welche konkreten Positionen vertritt die Bundesregierung innerhalb der Verhandlungen zur Reform des Emissionshandels bezüglich neuer Benchmarks für die freie Zuteilung von Emissionszertifikaten, und anhand welcher Kriterien sollten sich diese Benchmarks bemessen? Auf die Antwort zu Frage 1 und 2 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9943 16. Setzt sich die Bundesregierung in Brüssel für die Einführung einer Revisionsklausel ein, damit der Emissionshandel zeitnah an die sich aus dem Pariser Klimaabkommen ergebenden Verpflichtungen, wie z. B. einer notwendigen Änderung der Klimaziele, angepasst werden kann, wenn nein, warum nicht? Der Vorschlag der Kommission zur Weiterentwicklung des EU-Emissionshandels nach 2020 setzt hinsichtlich der Ambition das beim Europäischen Rat im Oktober 2014 beschlossene Ziel einer EU-internen Reduktion von mindestens minus 40 Prozent bis 2030 in den von EU-Emissionshandel betroffenen Sektoren um. Auf dieses Ziel hat sich die EU in Paris mit der Meldung als national festgelegter Beitrag auch international verpflichtet. Es muss geprüft werden, welche Implikationen sich für die europäische Klimapolitik aus den langfristigen Zielsetzungen des Paris-Abkommens (Artikel 2 und 4) ergeben. Hierzu sieht das Abkommen von Paris einen regelmäßigen Überprüfungs - und Aktualisierungsmechanismus vor. Die Bundesregierung möchte sicherstellen , dass der im Übereinkommen von Paris vorgesehene dynamische Überprüfungsmechanismus auch auf EU-Ebene widergespiegelt wird. Die EU Kommission hat mit der Mitteilung COM (2016) 110 vom 2. März 2016 „The Road from Paris“ eine erste Bewertung des Paris-Abkommens und Einschätzung zu den Folgen für die EU-Klimapolitik vorgelegt. 17. Erachtet die Bundesregierung eine regelmäßige Überprüfung der zulässigen Emissionsobergrenzen als notwendig und sinnvoll, damit diese z. B. an einem schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien angepasst werden können und sich so z. B. der Druck zum Abschalten alter fossiler Kraftwerke sowie zur Effizienzsteigerung erhöht, und setzt sie sich in Brüssel dafür ein, wenn nein, warum nicht? Für die festgelegte Dauer der Emissionsobergrenze ist der Ausbau der erneuerbaren Energien bereits im Zielpfad berücksichtigt. Erst wenn die Entwicklung von den unterstellten Pfaden abweicht oder auch die wirtschaftliche Entwicklung in relevantem Maße abweicht, hat dies Einfluss auf die Umlaufmenge, die durch den MSR-Mechanismus stabilisiert wird. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333