Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 11. Oktober 2016 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/9944 18. Wahlperiode 12.10.2016 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Brigitte Pothmer, Corinna Rüffer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/9772 – Verhinderung des Missbrauchs von Werkverträgen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bunderegierung hat einen Gesetzentwurf zur Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vorgelegt. Ziel ist es unter anderem, den Missbrauch von Werkverträgen zu verhindern. Dabei geht es der Bundesregierung einerseits um die Abgrenzung von Werk- und Arbeitsverträgen. Andererseits sollen auch Vertragskonstruktionen verhindert werden, die in der Praxis nichts anderes sind als verdeckte Arbeitnehmerüberlassung. Nach der Einigung beim Koalitionsgipfel am 10. Mai 2016 sagte die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles, dass es bald zum ersten Mal in der Geschichte Regeln gebe, „die durch Transparenz den Missbrauch von Werkverträgen eindämmen“ (Reuters, 10. Mai 2016). 1. Welche klarstellenden gesetzlichen Regelungen sollen zukünftig Vertragskonstruktionen verhindern, mit denen Werk- oder Dienstverträge an Fremdfirmen vergeben, aber tatsächlich illegale Arbeitnehmerüberlassung durchgeführt wird? a) Warum werden mit dem neuen § 611a im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zwar eine Abgrenzung zwischen abhängiger und selbstständiger Tätigkeit vorgenommen, aber im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) keine Kriterien zur Abgrenzung von Werk- bzw. Dienstverträgen und Leiharbeit aufgenommen? b) Warum verzichtet die Bundesregierung im geplanten Gesetz auf eine Beweislastumkehr im AÜG, mit der die Auftrag gebenden Betriebe im Zweifelsfall das Vorliegen eines echten Werk- bzw. Dienstvertragsverhältnisses nachweisen müssen? Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthält ein Bündel an Maßnahmen gegen verdeckte Arbeitnehmerüberlassungen, bei denen Unternehmen einen als Werk- oder Dienstvertrag bezeichneten Vertrag abschließen, tatsächlich aber eine Arbeitnehmerüberlassung praktiziert wird. Aus Sicht der Bundesregierung ist Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9944 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode dieses Maßnahmebündel geeignet, rechtsmissbräuchliche Vertragskonstruktionen bei Werkverträgen zu Lasten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu verhindern. Insbesondere ist vorgesehen, dass ein vermeintlicher Werkunternehmer und sein Auftraggeber auch bei Vorlage einer Verleiherlaubnis nicht bessergestellt sind, als diejenigen, die unerlaubt Arbeitnehmerüberlassung betreiben. Der Missbrauch sogenannter Vorratsverleiherlaubnisse wird damit verhindert. Hierzu muss eine Arbeitnehmerüberlassung zukünftig ausdrücklich und vorab als solche bezeichnet und offengelegt werden (§ 1 Absatz 1 Satz 5 und 6 AÜG-E). Bei Verstößen hiergegen wird gesetzlich angeordnet, dass ein Arbeitsverhältnis mit dem vermeintlichen Werkbesteller und tatsächlichem Entleiher entsteht (§ 9 Absatz 1 Nummer 1a i. V. m. § 10 AÜG-E). Zudem ist die verdeckte Arbeitnehmerüberlassung bußgeldbewehrt (§ 16 Absatz 1 Nummer 1c und 1d AÜG-E). Ergänzend ist vorgesehen, dass auch der Leiharbeitnehmer und die Leiharbeitnehmerin vor jeder Überlassung darüber zu informieren ist, dass er oder sie als Leiharbeitskraft tätig wird (§ 11 Absatz 2 Satz 4 AÜG-E). Auch die Verletzung dieser Vorgabe ist bußgeldbewehrt (§ 16 Absatz 1 Nummer 8 AÜG). Flankiert werden diese Regelungen durch gesetzliche Klarstellungen zur besseren Abgrenzbarkeit von verschiedenen Formen des Fremdpersonaleinsatzes inklusive der Arbeitnehmerüberlassung. Dies erfolgt entsprechend der Vereinbarung im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD durch gesetzliche Niederlegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu. Diese Rechtsprechung beinhaltet keine Beweislastumkehr. Konkret wird im Gesetzentwurf in Übernahme der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit § 611a BGB-E gesetzlich niedergelegt, wer Arbeitnehmer ist. Dies dient auch der besseren Abgrenzung zu scheinselbständigen Personen. Ergänzt wird § 611a BGB-E durch § 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG-E, der ebenfalls entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung bestimmt, unter welchen Voraussetzungen eine Arbeitnehmerüberlassung vorliegt. Dies dient der besseren Abgrenzung zwischen dem Einsatz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als Leiharbeitskräfte im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung oder als Erfüllungsgehilfen im Rahmen eines Werk- bzw. Dienstvertrages. Schließlich wird - wiederum in Übernahme der höchstrichterlichen Rechtsprechung - gesetzlich klargestellt, dass es sowohl für eine Arbeitnehmereigenschaft (§ 611a Satz 4 BGB-E) als auch für eine Arbeitnehmerüberlassung (§ 12 Absatz 1 Satz 2 AÜG-E) nicht auf die Vertragsbezeichnung ankommt, wenn sich aus der tatsächlichen Durchführung des Vertrags ergibt, dass die Bezeichnung unzutreffend ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9944 2. Warum wurde §1 AÜG in der Form neu definiert, dass Beschäftigte zur Arbeitsleistung überlassen werden, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seine Weisungen unterliegen? a) Ist die neue Definition so zu verstehen, dass es sich nur dann um illegale Arbeitnehmerüberlassung handelt, wenn der einzelne Beschäftigte einer Werkvertragsfirma den Weisungen des Auftrag gebenden Betriebs unterliegt ? Wenn nein, wie ist die Definition zu verstehen? b) Kann diese neue Definition in der Folge dazu führen, dass illegale Arbeitnehmerüberlassung schwerer nachzuweisen ist, wenn große per Werkvertrag tätige Belegschaften auch eigene Führungskräfte der Werkvertragsfirmen umfassen? Wenn nein, warum nicht? Zum Hintergrund und dem klarstellenden Regelungsgehalt von § 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG-E wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Eine Änderung der rechtlichen Bewertung des Einsatzes von Arbeitnehmerteams mit eigenen Führungskräften ist weder ersichtlich noch beabsichtigt. Soweit ein Team einschließlich der Führungskraft in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert ist und den Weisungen des Entleihers unterliegt, ist wie bisher auch Arbeitnehmerüberlassung gegeben. 3. Warum wird die Bundesregierung für den Fall einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung ein Widerspruchsrecht für Leiharbeitskräfte im Gesetz aufnehmen , mit dem die Beschäftigten erklären können, dass sie Beschäftigte der Leiharbeitsfirma bleiben wollen, und wie ist diese Regelung mit der Zielsetzung vereinbar, dass das Gesetz den Missbrauch von Werkverträgen verhindern soll? Das Widerspruchsrecht dient dem Schutz der von Artikel 12 des Grundgesetzes geschützten freien Berufs- und Arbeitgeberwahl. Bereits heute – ohne ausdrückliche Regelung – wird in der Rechtsprechung und Fachliteratur teilweise angenommen , dass einer Leiharbeitskraft bei illegaler Überlassung ohne Erlaubnis ein Recht zum Widerspruch zusteht (siehe Jürgen Ulber, in: Ulber, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz , 4.A., § 10, Rn. 5 m. w. N.). Die vorgesehene gesetzliche Regelung schafft hier Klarheit zugunsten der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Gleichzeitig macht das Widerspruchsrecht eine gesetzeswidrige Überlassung nicht weniger riskant, ist kein Mittel zu deren vorsorglicher und vorheriger Absicherung und stellt kein Einfallstor für Missbrauch zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dar. Das Widerspruchsrecht ist in seiner zeitlichen und sachlichen Reichweite in mehrfacher Weise eng begrenzt. Der Widerspruch darf nicht vorsorglich (§ 9 Absatz 2 AÜG-E) und muss innerhalb eines Monats (§ 9 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b AÜG-E) erklärt werden. Bei Fortführung einer rechtswidrigen Überlassung trotz Widerspruch entsteht ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher , weil der vorherige Widerspruch für den fortgeführten rechtswidrigen Einsatz nicht greift (§ 9 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b AÜG-E). Das Widerspruchsrecht legalisiert darüber hinaus nicht eine rechtswidrige Einsatzpraxis. Diese bleibt selbst bei einer wirksamen Ausübung des Widerspruchsrechts illegal und bußgeldbewehrt . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9944 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) Bestätigt die Bundesregierung, dass Betriebe, die einen gerichtlich festgestellten Schein-Werkvertrag vergeben haben, zukünftig nur eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 16 Absatz 1 Nummer 1a AÜG (illegaler Entleih ) begehen, aber alle anderen bisherigen Rechtsfolgen, d. h. dass die Betriebe Arbeitgeber der illegal überlassenen Beschäftigten werden, Anspruch auf Lohnnachzahlung, Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträge und dass sie für die Fremdfirma bürgen, für sie entfallen, wenn die Beschäftigten der Werkvertragsfirma mit Verzichtserklärungen das geplante Widerspruchsrecht in Anspruch genommen haben? Wenn nein, warum nicht? Das Widerspruchsrecht ist in seiner zeitlichen und sachlichen Reichweite in mehrfacher Weise eng begrenzt. Es entsteht sowohl bei einem verspäteten Widerspruch , als auch bei Fortführung einer rechtswidrigen Überlassung nach Abgabe der fristgerechten Widerspruchserklärung ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher , weil der vorherige Widerspruch für einen fortgeführten rechtswidrigen Einsatz nicht greift. Falls ein Leiharbeitnehmer oder eine Leiharbeitnehmerin an seinem /ihrem Arbeitsverhältnis mit einem vermeintlichen Werkunternehmer und tatsächlichem Verleiher nach § 9 Absatz 1 Nummer 1a AÜG-E innerhalb der Monatsfrist und ohne Fortsetzung des illegalen Einsatzes wirksam festhält, bleibt der Verleiher der vertragliche Arbeitgeber. Infolgedessen können auch die an einen Wechsel des Vertragsarbeitgebers anknüpfenden Regelungen nicht mehr zur Anwendung kommen. Dies bedeutet jedoch weder eine Legalisierung der verdeckten Überlassung noch eine Suspendierung der für die Arbeitnehmerüberlassung geltenden Regelungen. So hat der Leiharbeitnehmer bei Ausübung des Widerspruchsrechts einen Anspruch auf Lohnnachzahlung, wenn ihm aufgrund der Arbeitnehmerüberlassung insbesondere wegen Geltung des Gleichstellungsgrundsatzes ein höherer Lohn zusteht. Auch sind für diesen höheren Lohn die Sozialversicherungsbeiträge nachzuerheben. b) Bestätigt die Bundesregierung, dass die im Rahmen des Widerspruchsrechts abgegebene Verzichtserklärung im Moment der Abgabe unwiderruflich wirksam wird, obwohl die Vermutung, dass es sich um einen Schein-Werkvertrag handelt, erst zu einem späteren Zeitpunkt festgestellt werden kann? Wenn nein, warum nicht? Eine Festhaltenserklärung nach § 9 AÜG-E kann als einseitige Willenserklärung nach den allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angefochten werden, zum Beispiel nach § 123 BGB bei einer Abgabe aufgrund widerrechtlicher Drohung. Zudem greift ein vorheriger Widerspruch nicht, wenn eine verdeckte Überlassung im Rahmen eines Scheinwerkvertrages nach Abgabe der Widerrufserklärung fortgeführt und aufgedeckt wird. Infolge der Fortführung entsteht ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher nach § 9 Absatz 1 Nummer 1a AÜG-E. Dauerte die verdeckte Überlassung länger als einen Monat, ist ein Widerspruch zudem nach § 9 Absatz 1 Nummer 1a AÜG-E zeitlich ausgeschlossen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9944 c) Bestätigt die Bundesregierung, dass die veränderte Passage im Gesetz – „tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so beginnt die Frist mit Eintritt der Unwirksamkeit“ – nur in seltenen, eher theoretischen Fällen greift, weil die Verzichtserklärungen der Werkvertragsbeschäftigten nur dann unwirksam werden, wenn sie nachweisen können, dass ein anfangs legaler Werkvertrag im Laufe der Zeit in einen Schein-Werkvertrag verändert wurde? Wenn nein, warum nicht? Die zitierte Passage aus § 9 Absatz 1 Nummer 1 AÜG-E entspricht dem bisherigen und fortgeltenden § 10 Absatz 1 Satz 1, 2. Halbsatz AÜG und dient dem systematischen Abgleich mit dieser Vorschrift. d) Bestätigt die Bundesregierung, dass eine Werkvertragskraft, die eine Verzichtserklärung unterschrieben hat, nicht mehr auf Festanstellung beim Einsatzunternehmen klagen kann? Wenn nein, warum nicht? Ein Widerspruch nach § 9 AÜG-E beinhaltet keine Verzichtserklärung zu einer gerichtlichen Klage. Zudem dürfte es aufgrund der zeitlichen und sachlichen Beschränkungen des Widerspruches vielfach zur gesetzlichen Anordnung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher nach § 10 AÜG-E kommen (siehe Antworten zu den Fragen 3 und 3b). e) Bestätigt die Bundesregierung, dass es für Betriebe, die einen Werkvertrag vergeben, legal ist, zukünftig routinemäßig zu Beginn der Werkvertragstätigkeiten von allen Werkvertragsbeschäftigten eine Verzichtserklärung einzuholen? Wenn nein, warum nicht? Eine vor Beginn einer verdeckten Überlassung abgegebene Festhaltenserklärung ist unwirksam; es entsteht daher ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher. Bei Fortführung einer rechtswidrigen Überlassung nach einer zu Beginn des Einsatzes abgegebenen Widerspruchserklärung entsteht ebenfalls ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher, weil der vorherige Widerspruch für einen fortgeführten rechtswidrigen Einsatz nicht greift (siehe Antworten zu den Fragen 3 und 3b). Dauert die verdeckte Überlassung länger als einen Monat, ist ein Widerspruch zudem zeitlich ausgeschlossen. f) Welche Bedeutung haben noch die Kontrollen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit im Bereich der Werkverträge, wenn zukünftig die Werkvertrag gebenden Betriebe routinemäßig Verzichtserklärungen einfordern ? Die Bedeutung der Kontrollen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung bleibt von der Abgabe einer Festhaltenserklärung unberührt. Ungeachtet dessen, dass es bei Abgabe einer wirksamen Festhaltenserklärung nicht zum Arbeitgeberwechsel kommt, stellen beispielsweise die Überlassung einer Leiharbeitnehmerin oder eines Leiharbeitnehmers ohne die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis (Verstoß gegen § 1 AÜG), das Tätigwerdenlassen einer/-s von einem Verleiher ohne Erlaubnis überlassenen Leiharbeitnehmerin oder Leiharbeitnehmers, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9944 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode die unterbliebene, nicht richtige oder nicht rechtzeitige Bezeichnung einer Überlassung als Arbeitnehmerüberlassung im Überlassungsvertrag (Verstoß gegen § 1 Absatz 1 Satz 5 AÜG-E), die unterbliebene, nicht richtige oder nicht rechtzeitige Konkretisierung der Person des Leiharbeitnehmers (Verstoß gegen § 1 Absatz 1 Satz 6 AÜG-E) und die Überlassung eines Leiharbeitnehmers für länger als 18 aufeinanderfolgende Monate an denselben Entleiher (Verstoß gegen § 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG-E). Ordnungswidrigkeiten gemäß § 16 Absatz 1 Nummern 1, 1a, 1c, 1d und 1e AÜG-E dar. Für die Verfolgung und Ahndung dieser Ordnungswidrigkeiten ist gemäß § 16 Absatz 3 AÜG-E in den Fällen des § 16 Absatz 1 Nrn. 1, 1a, 1c und 1d AÜG-E die Finanzkontrolle Schwarzarbeit und im Fall des § 16 Absatz 1 Nummer 1e AÜG-E die Bundesagentur für Arbeit zuständig. Voraussetzung einer Ahndung als Ordnungswidrigkeit ist jeweils, dass es sich nicht um eine zulässige Werkvertragsgestaltung handelt, sondern bei der Durchführung des Vertrages tatsächlich (verdeckte) Arbeitnehmerüberlassung praktiziert wird. Auch dies ist daher Bestandteil der Prüfungen. g) Wird das Widerspruchsrecht zukünftig die Betriebe, die einen Schein- Werkvertrag vergeben haben, vor Rechtsfolgen (Fingierung Arbeitsverhältnis , Nachzahlung Lohn bzw. Sozialversicherungsbeiträge, Haftung als Bürge) schützen, wie die bisherige Möglichkeit, eine Verleiherlaubnis vorzuhalten, die mit dem geplanten Gesetz deswegen abgeschafft wird? Wenn nein, warum nicht? Der bisherige Missbrauch von sog. Vorratsverleiherlaubnissen wird mit dem Gesetzentwurf abgestellt. Die ausdrückliche Regelung des Widerspruchsrechts schafft kein neues Einfallstor für Missbrauch. Der Gesetzentwurf ermöglicht keinen vorsorglichen Widerspruch. h) Welches Bundesministerium war mit der Einfügung und Formulierung des Widerspruchsrechts befasst? Der Gesetzentwurf wurde entsprechend der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung mit den Ressorts abgestimmt und von der Bundesregierung im Kabinett beschlossen. i) Mit welchen Verbänden und Rechtswissenschaftlern gab es zum geplanten Widerspruchsrecht einen persönlichen Austausch, bevor der Gesetzentwurf im Kabinett verabschiedet wurde? Verbände und Fachkreise wurden entsprechend der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung beteiligt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat den Gesetzentwurf insbesondere mit den Sozialpartnern in zahlreichen Gesprächsterminen intensiv erörtert. j) Welche Papiere aus welchen Verbänden, und welchen juristischen Fachzeitschriften sind der Bundesregierung bekannt, in denen die Einführung des Widerspruchsrechts als notwendig und geboten dargestellt wird? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/9944 k) Inwiefern ist das Widerspruchsrecht nach Meinung der Bundesregierung notwendig, um die „Berufsfreiheit nach Artikel 12 des GG“ zu schützen? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. l) Wie viele Fälle sind der Bundesregierung bekannt, in denen Beschäftigte bei der Aufdeckung von Schein-Werkverträgen gegen die Übernahme in einen Auftrag gebenden Betrieb juristisch vorgegangen sind, weil sie Beschäftigte der Werkvertragsfirma bleiben wollten? Für eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen eines (Schein-)Werkvertrages sieht das geltende Recht bislang nicht vor, dass ein Arbeitsverhältnis mit dem vermeintlichen Besteller und tatsächlichen Entleiher entsteht. Diese Rechtsfolge wird erst mit dem vorliegenden Gesetzentwurf geregelt. m) Warum führt die Bundesregierung nicht ein Widerspruchsrecht für die Beschäftigten zu dem Zeitpunkt ein, wenn ein Werkvertrag gerichtlich als Schein-Werkvertrag beurteilt wird, um die „Berufsfreiheit“ zu garantieren und gleichermaßen den Missbrauch von Werkverträgen zu verhindern? Bei der Ausgestaltung des Widerspruchsrechts war ein Ausgleich zu treffen zwischen den Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, am Arbeitsverhältnis mit ihrem vertraglichen Arbeitgeber festhalten zu können, und der Verhinderung eines länger andauernden rechtsunsicheren Schwebezustandes hinsichtlich der bestehenden oder bereits im Zeitverlauf abgewickelte Vertragsverhältnisse . Der Gesetzentwurf der Bundesregierung löst dies dahingehend auf, dass einerseits dem Leiharbeitnehmer ein Widerspruchsrecht eingeräumt wird, und dieses andererseits dahingehend deutlich eingeschränkt wird, dass es spätestens einen Monat nach Beginn der rechtswidrigen Überlassung ausgeübt werden muss. 4. Was spricht aus Sicht der Bundesregierung gegen ein Verbandsklagerecht für die zuständige Gewerkschaft, um den Missbrauch von Werk- bzw. Dienstverträgen effektiv zu verhindern, weil Beschäftigte allein häufig nicht klagen aufgrund der berechtigten Sorge, dass sie benachteiligt oder gar entlassen werden, wenn sie zweifelhafte Werk- und Dienstvertragskonstruktionen problematisieren? Bereits nach geltendem Recht können Gewerkschaften betroffene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der Geltendmachung ihrer Rechte unterstützen, indem sie im Gerichtsverfahren als deren Prozessvertreter oder Beistände auftreten. Ein Verbandsklagerecht würde Fragen danach aufwerfen, wie das Einverständnis der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sichergestellt würde. Darüber hinaus kann die Frage, ob ein Werk-, Dienst- oder Arbeitsvertrag vorliegt, in der Regel nur unter Beachtung der konkreten Durchführung des Vertragsverhältnisses im Einzelfall beurteilt werden. Daher könnte ein Verfahren ohnehin nicht ohne die Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers oder der betroffenen Arbeitnehmerin durchgeführt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 18/9944 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Warum enthält der neue § 611a BGB im Vergleich zum ersten Entwurf nur noch eine allgemeine Definition anstelle der konkreten Kriterien zur Abgrenzung von abhängiger und selbstständiger Tätigkeit? a) Warum verzichtet die Bundesregierung im aktuellen Gesetzentwurf im Vergleich zum ersten Entwurf auf eine Beweislastumkehr, mit der die Auftrag gebenden Betriebe im Zweifelsfall das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit nachweisen müssen? b) Inwiefern wird die Definition im neuen § 611a BGB einer modernen, sich wandelnden Arbeitswelt gerecht, damit einerseits Schein-Selbstständigkeit verhindert, aber andererseits echte Selbstständigkeit nicht erschwert wird? Im § 611a BGB-E wird definiert, wer Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer ist. Hierzu wird die höchstrichterliche Rechtsprechung gesetzlich festgeschrieben. Diese Kodifizierung wird den Anforderungen einer modernen und sich wandelnden Arbeitswelt gerecht. Dies gewährleistet insbesondere die bei der Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von anderen Vertragsverhältnissen stets vorzunehmende Gesamtbetrachtung im Einzelfall. c) Inwiefern führt der neue § 611a BGB dazu, dass es zukünftig nicht mehr zu langwierigen und bürokratischen Statusfeststellungsverfahren kommt, wie es heute der Fall ist? Die Bewertung der Statusfeststellungsverfahren als langwierig und bürokratisch macht sich die Bundesregierung nicht zu Eigen. Die Kodifikation maßgeblicher Abgrenzungskriterien zur erleichterten Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft in § 611a BGB-E kann mittelbar einen positiven Einfluss auf die sozialversicherungsrechtliche Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit haben. Denn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind immer auch abhängig Beschäftigte im Sinne des Sozialversicherungsrechts . d) Warum verändert die Bundesregierung nichts an den unterschiedlichen Statusfeststellungsverfahren im Sozial-, Arbeits- und Steuerrecht, um einerseits bürokratische Parallelprüfungen zu verhindern und andererseits die Planungssicherheit der Selbstständigen und deren Auftraggebenden zu erhöhen? In den benannten Rechtsgebieten gibt es im Detail abweichende Begriffsverständnisse und Verfahren. Diese sind Ausdruck ihrer jeweils unterschiedlichen Funktionen und Regelungszusammenhänge – das Arbeitsrecht ist als Teil des Zivilrechts von der Dispositionsbefugnis der Parteien in ganz anderem Maße geprägt als die dem öffentlichen Recht zugehörigen Rechtsgebiete Steuer- und Sozialversicherungsrecht . Daher gibt es auch keine rechtsgebietsübergreifende einheitliche Abgrenzung der Selbständigen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bzw. abhängig Beschäftigten. Neben diesen materiell-rechtlichen Unterschieden stehen nicht zuletzt auch die unterschiedlichen Verfahrensgrundsätze (Parteimaxime im Zivilrecht, Offizialmaxime im öffentlichen Recht) der Einführung eines für alle Rechtsgebiete geltenden einheitlichen Statusfeststellungsverfahrens entgegen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/9944 6. Warum stellt die Bundesregierung mit dem geplanten Gesetz nur das bereits bestehende Informationsrecht des Betriebsrats klar, und warum werden nicht weitergehende Vorschläge des Bundesrates (Bundestagsdrucksache 18/14) zur Mitbestimmung bei Fremdpersonaleinsatz aufgegriffen, um die Rechte des Betriebsrats tatsächlich zu stärken? a) Was spricht dagegen, die heute geltenden Zustimmungsverweigerungsgründe in § 99 Absatz 2 Nummer 1, 3 und 6 des Betriebsverfassungsgesetzes analog zur Leiharbeit auch auf den Einsatz von Fremdpersonal, das aufgrund von Werk- und Dienstverträgen länger als einen Monat auf dem Gelände des Betriebs tätig ist, auszudehnen? Das Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen verfolgt den Zweck des Schutzes der vorhandenen Belegschaft durch Mitspracherechte des Betriebsrats bei der personellen Zusammensetzung des Arbeitsverbandes. Dieser Schutzzweck setzt eine Eingliederung der einzustellenden Person in den Betrieb des Arbeitgebers voraus. Die in der zitierten Bundesrats-Initiative vorgeschlagene Regelung geht weit über diesen Personenkreis hinaus. b) Was spricht aus Sicht der Bundesregierung dagegen, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beim Arbeitsschutz analog zur Leiharbeit auf die Werk- bzw. Dienstvertragsbeschäftigten erweitert wird, deren Arbeitsschutz bisher faktisch nicht durchgesetzt werden kann? Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Absatz 1 Nummer 7 BetrVG bezieht sich auf die Durchführung der bestehenden Gesetze über den Arbeits- und Gesundheitsschutz . Voraussetzung für ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist zunächst eine arbeitsschutzrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers für in seinem Betrieb tätige Werkvertragsarbeitnehmer. Der Arbeitgeber des Stammbetriebs hat gegenüber Arbeitnehmerinnen und Arbeitgebern anderer Arbeitgeber, die im Rahmen eines Werkvertrags bei ihm tätig sind, kein Weisungsrecht und es besteht hier kein Über-/Unterordnungsverhältnis. Entsprechend dieser Einordnung im Arbeitsrecht ist auch im Arbeitsschutzrecht jeder Arbeitgeber für seine Beschäftigten verantwortlich. Werden Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber an einem Arbeitsplatz tätig, so verpflichtet § 8 Absatz 1 ArbSchG diese Arbeitgeber bei der Durchführung der Sicherheits- und Gesundheitsbestimmungen zusammenzuarbeiten und Maßnahmen zur Verhütung von Gefahren abzustimmen. In diesem Rahmen sind auch die jeweiligen Beteiligungsrechte der Betriebsräte nach § 87 Absatz 1 Nummer 7 BetrVG zu beachten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333